Landgericht Trier Urteil, 27. Sept. 2017 - 8031 Js 20631/16 jug. 2a Ns


Gericht
Gründe
I.
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Die Berufungsbeschränkung ist wirksam, §§ 2 Abs. 2 JGG, 318 S. 1 StPO. Eine isolierte Anfechtung einer unterbliebenen oder fehlerhaften Einziehungsentscheidung ist grundsätzlich und insbesondere auch im Jugendstrafrecht zulässig (BGH, Urt. 4 Str 126/10 v. 17. Juni 2010 = BGHSt 55, 174 ff. m. w. N.). Zwar ist eine Rechtsmittelbeschränkung nach den allgemeinen Grundsätzen nur dann wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (BGH, Urt. 3 StR 246/04 v. 2. Dezember 2004 = NStZ-RR 2005, 104). So verhält es sich aber im vorliegenden Fall. Die gegenüber dem Angeklagten ausgesprochene Einheitsjugendstrafe von zehn Monaten ist einerseits so bemessen, dass eine erzieherische Einwirkung auf ihn noch möglich ist. Andererseits kann die Kammer ausschließen, dass das Jugendschöffengericht diesen sehr maßvollen Freiheitsentzug niedriger festgesetzt hätte, hätte es daneben eine erweiterte Einziehung in Höhe von 4.000 EUR angeordnet. Insofern darf nicht verkannt werden, dass der Angeklagte über ein regelmäßiges Einkommen verfügt, dass ihm eine kurzfristige ratenweise Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit ermöglicht. Schließlich ist die Rückwirkung einer Einziehungsanordnung auf den Strafausspruch auch dadurch begrenzt, dass diese selbst weder eine Strafe noch eine strafähnliche Maßnahme darstellt (siehe hierzu BGH, Urt. 1 StR 115/02 v. 21. August 2002).
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Durch die Berufungsbeschränkung sind folgende Feststellungen zur Person des Angeklagten und zum Tatgeschehen im Urteil des Jugendschöffengerichts vom 19. Juli 2017 für die Kammer bindend geworden:
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Die Eltern des 21-jährigen Angeklagten trennten sich, als er 7 oder 8 Jahre alt war. Er blieb bei seiner Mutter und wuchs bei ihr und seinem Stiefvater auf. Von diesem ist seine Mutter mittlerweile wieder geschieden. Mit 12 Jahren kam er für ein Jahr in eine Jugendhilfeeinrichtung, danach kehrte er zu seiner Mutter zurück. Seit 2 Jahren lebt er in einer eigenen Wohnung. Er besuchte zunächst die ... Grundschule und danach das Gymnasium, wobei es zwei Wechsel gab. Zum achten Schuljahr wechselte er auf die Realschule Plus und erreichte schließlich den Realschulabschluss. Auf dem ...-Technikum erreichte er das Fachabitur. 2014 bis 2015 absolvierte er ein Anstellungspraktikum bei der Firma T... Software Entwicklung in .... Seit 2015 arbeitet er bei dieser Firma als Softwareentwickler. Er verdient 1.690 Euro netto und hat an Warmmiete 550 Euro zu zahlen. Er hat verschiedene Schulden, die er ratenweise abträgt, insgesamt hat er monatlich Raten in Höhe von 580 Euro zu zahlen. Seit er 15 Jahre alt ist, kifft er, seit seinem Auszug mit 18 Jahren hat er seinen Konsum gesteigert. Seit 2016 kamen Opiate, Heroin und Subotex als Heroinersatz hinzu. Seit dem 15.05.2017 absolvierte er einen Selbstentzug mit Begleitung des Hausarztes. Er konsumiert noch THC. Er möchte eine ambulante Therapie bei der Suchtberatungsstelle „... e.V." absolvieren und hat diesbezüglich einen Termin am 25.07.2017 bei der Suchtberatungsstelle.
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Der Angeklagte ist wie folgt voreingetragen:
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Am 27.08. 2014 sah die Staatsanwaltschaft Trier in einem Verfahren wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes (8033 Js 14579/14) von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG ab.
II.
- 6
Der Angeklagte war in den Jahren 2015 und 2016 in Trier als Betäubungsmittelhändler aktiv und schaffte sich durch den gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln eine zusätzliche Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang. Über die erforderliche Betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis verfügte der Angeklagte, wie ihm bekannt war, nicht. Im Einzelnen liegen dem Angeklagten die folgenden Taten zur Last:
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1:
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Am 22.02.2015 bestellte sich der Angeklagte von ... aus über die Internetseite shiny-flakes.com 100g Haschisch und 100 Ecstasy-Pillen. Die Lieferung kam bei dem Angeklagten jedoch nicht an. Sie war von ihm zu Weiterverkauf bestimmt gewesen.
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2-5:
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Im dem Zeitraum September/Oktober 2016 kaufte der Angeklagte bei vier Gelegenheiten bei dem gesondert verfolgten A... C... M... D... in T... jeweils 100 Gramm Cannabisblüten. Diese Betäubungsmittel wurden in der Folgezeit von dem Angeklagten sodann in T... gewinnbringend weiterverkauft.
- 11
6:
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Am 18.10.2016 hatte der Angeklagte bei dem gesondert verfolgen A... C... M... D... in T... erneut 100 Gramm Cannabisblüten bestellt, die an ihn für 850 Euro geliefert werden sollten und die er in der Folgezeit in T... gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Eine Auslieferung scheiterte jedoch an der vorherigen Festnahme von D... und der damit verbundenen Sicherstellung der Betäubungsmittel.“
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Die Berufungshauptverhandlung zu folgenden ergänzenden Feststellungen geführt:
1.
- 14
Der Angeklagte arbeitet noch für seinen Arbeitgeber T... Software Entwicklung bei unverändertem Gehalt. Auch seine monatlichen Ausgaben sind gleich geblieben.
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Mit Ausnahme von Cannabis konsumiert er keine Betäubungsmittel mehr. Außerdem begann er am 25. Juli 2017, Beratungsgespräche in der Suchtberatungsstelle „... e. V.“ in T... wahrzunehmen.
2.
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Die insgesamt 400 Gramm Cannabisblüten (oben festgestellte Fälle 2 bis 5), die der Angeklagte im September und Oktober 2016 bei vier Gelegenheiten von dem gesondert verfolgten A... C... M... D... in T... zu Preisen von 8,50 bis 10 EUR je Gramm ankaufte, verkaufte er teils für 10 und teils für 11 EUR je Gramm an seine Abnehmer weiter. Welche Teilmengen er für 10 oder 11 EUR verkaufte, hat sich in der Berufungshauptverhandlung nicht mehr aufklären lassen.
III.
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Die ergänzenden Feststellungen zur Person des Angeklagten und zum Tatgeschehen beruhen auf seiner Einlassung in der Berufungshauptverhandlung.
IV.
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Durch die Berufungsbeschränkung sind der Schuld- und Strafausspruch des Jugendschöffengerichts in Rechtskraft erwachsen. Der Angeklagte machte sich mithin des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen strafbar und wurde zu einer Einheitsjugendstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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Nach den ergänzend getroffenen Feststellungen zur Sache ist die Einziehungsentscheidung des Jugendschöffengerichts abzuändern und gemäß den §§ 73 Abs. 1, 73c S. 1 StGB in der Fassung vom 1. Juli 2017 die erweiterte Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 4.000 EUR in das Vermögen des Angeklagten anzuordnen.
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Gemäß Art. 316h EGStGB sind abweichend von § 2 Abs. 5 StGB die Vorschriften über die Einziehung eines Tatertrages oder des Wertersatzes eines Tatertrages gemäß den §§ 73 ff. StGB in der Fassung vom 1. Juli 2017, zurückgehend auf das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872), auch auf solche Taten anzuwenden, die sich zeitlich vor deren Inkrafttreten ereigneten.
- 21
Der Angeklagte nahm durch den Verkauf von 400 Gramm Cannabisblüten in den Fällen 2 bis 5, wobei die Kammer zu seinen Gunsten von einem Verkaufspreis von stets 10 EUR pro Gramm ausgeht, einen Gesamtbetrag von mindestens 4.000 EUR ein. Bereits vor der Gesetzesnovellierung vom 13. April 2017 war in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, dass sich das abzuschöpfende erlangte „etwas" im Sinne des § 73 StGB a. F. nach dem sog. Brutto-Prinzip bemisst (BGH, Urt. 1 StR 115/02 v. 21. August 2002 = BGHSt 47, 369 ff.; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 73 Rn. 8 jew. m. w. N.). Dieses bedeutet, dass - anders als vom Jugendschöffengericht angenommen - nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat, einzuziehen ist. Insbesondere ist bei der Berechnung des aus einem Verkaufsgeschäft Erlangten vom gesamten Verkaufserlös ohne Abzug des Einkaufspreises auszugehen (BGH a. a. O.). Durch § 73d Abs. 1 S. 2 StGB n. F. ist diese Rechtsprechung nunmehr kodifiziert worden.
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Die vorliegend vom Angeklagten eingenommenen 4.000 EUR sind zwar in seinem Vermögen nicht mehr vorhanden, jedoch bestimmt § 73c StGB n. F., dass insofern ein Geldbetrag einzuziehen ist, der dem Wert dieses Erlangten entspricht.
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Der Einziehung steht des Weiteren nicht entgegen, dass der Angeklagte bei Tatbegehung noch ein Heranwachsender war, auf den gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden ist (st. Rspr. zu den §§ 73 ff. StGB a. F., siehe hierzu und dem folgenden BGH, Urt. 4 Str 126/10 v. 17. Juni 2010 = BGHSt 55, 174 ff. m. w. N.). So sind die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar. Hieran knüpft § 8 Abs. 3 JGG an, wonach das Gericht neben Jugendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit sind auch die im siebenten Titel des dritten Abschnitts des Strafgesetzbuchs genannten Maßnahmen der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) gemeint. Hiervon nimmt § 6 JGG lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus. Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen, wie etwa die Freistellung von wirtschaftlichen Belastungen, unterlaufen werden; § 6 JGG ist eine Ausnahmevorschrift. Deshalb ist nicht nur die Anordnung der Einziehung, sondern auch diejenige der erweiterten Einziehung des Wertersatzes zulässig. Für dieses Ergebnis streiten auch systematische Erwägungen: Das Jugendgerichtsgesetz geht in § 76 Satz 1 JGG selbst von der Zulässigkeit der Anordnung der Einziehung aus. Die Anordnung Einziehung eines Wertersatzes entspricht auch nicht der Verhängung einer im Jugendgerichtsgesetz nicht vorgesehenen Geldstrafe. Zwar wird die vom Gericht bestimmte Geldsumme wie eine Geldstrafe beigetrieben (§ 459g Abs. 2 StPO); dem zur Wertersatzeinziehung Verurteilten droht jedoch im Falle der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe. Das Jugendgerichtsgesetz sieht zudem verschiedentlich die Auferlegung von Geldzahlungen vor (vgl. nur § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 JGG) und bewehrt deren schuldhafte Nichterfüllung mit Jugendarrest (§ 15 Abs. 3 Satz 2 JGG). Schließlich ermächtigt das Jugendgerichtsgesetz insbesondere auch zur Abschöpfung des strafbar erlangten Gewinns durch Zahlung eines Geldbetrages (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG).
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Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass in dem Falle eines einzuziehenden Geldbetrag in Höhe von lediglich 400 EUR die Möglichkeit für das Jugendschöffengericht bestanden hätte, mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von einer Einziehung gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 1 StPO abzusehen. Auch insoweit ist das angefochtene Urteil fehlerhaft.
V.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO (siehe OLG Düsseldorf, Beschl. 3 Ws 343/81 v. 30. Oktober 1981; Meyer-Goßner, StPO, 59. Aufl., § 473 Rn. 15).

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(1) Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.
(2) Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Der Staatsanwalt kann ohne Zustimmung des Richters von der Verfolgung absehen, wenn die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen.
(2) Der Staatsanwalt sieht von der Verfolgung ab, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits durchgeführt oder eingeleitet ist und er weder eine Beteiligung des Richters nach Absatz 3 noch die Erhebung der Anklage für erforderlich hält. Einer erzieherischen Maßnahme steht das Bemühen des Jugendlichen gleich, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Der Staatsanwalt regt die Erteilung einer Ermahnung, von Weisungen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, 7 und 9 oder von Auflagen durch den Jugendrichter an, wenn der Beschuldigte geständig ist und der Staatsanwalt die Anordnung einer solchen richterlichen Maßnahme für erforderlich, die Erhebung der Anklage aber nicht für geboten hält. Entspricht der Jugendrichter der Anregung, so sieht der Staatsanwalt von der Verfolgung ab, bei Erteilung von Weisungen oder Auflagen jedoch nur, nachdem der Jugendliche ihnen nachgekommen ist. § 11 Abs. 3 und § 15 Abs. 3 Satz 2 sind nicht anzuwenden. § 47 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.
(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.
(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
(1) Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.
(2) Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet werden. Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf Jugendarrest nicht verbunden werden.
(2) Neben Jugendstrafe können nur Weisungen und Auflagen erteilt und die Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. Unter den Voraussetzungen des § 16a kann neben der Verhängung einer Jugendstrafe oder der Aussetzung ihrer Verhängung auch Jugendarrest angeordnet werden. Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.
(3) Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden. Ein Fahrverbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
- 1.
Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: - a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist, - b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
- 2.
Amtsträger: wer nach deutschem Recht - a)
Beamter oder Richter ist, - b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder - c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
- 2a.
Europäischer Amtsträger: wer - a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, - b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder - c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
- 3.
Richter: wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist; - 4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter: wer, ohne Amtsträger zu sein, - a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder - b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist; - 5.
rechtswidrige Tat: nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht; - 6.
Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; - 7.
Behörde: auch ein Gericht; - 8.
Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; - 9.
Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.
(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.
(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.
(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.
(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.
Der Staatsanwalt kann bei dem Jugendrichter schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfachten Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendrichter ausschließlich Weisungen erteilen, Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 Nr. 1 anordnen, Zuchtmittel verhängen, auf ein Fahrverbot erkennen, die Fahrerlaubnis entziehen und eine Sperre von nicht mehr als zwei Jahren festsetzen oder die Einziehung aussprechen wird. Der Antrag des Staatsanwalts steht der Anklage gleich.
(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.
(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.
(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.
(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.
(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.
(1) Der Richter kann dem Jugendlichen auferlegen,
- 1.
nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, - 2.
sich persönlich bei dem Verletzten zu entschuldigen, - 3.
Arbeitsleistungen zu erbringen oder - 4.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen.
(2) Der Richter soll die Zahlung eines Geldbetrages nur anordnen, wenn
- 1.
der Jugendliche eine leichte Verfehlung begangen hat und anzunehmen ist, daß er den Geldbetrag aus Mitteln zahlt, über die er selbständig verfügen darf, oder - 2.
dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus der Tat erlangt, oder das Entgelt, das er für sie erhalten hat, entzogen werden soll.
(3) Der Richter kann nachträglich Auflagen ändern oder von ihrer Erfüllung ganz oder zum Teil befreien, wenn dies aus Gründen der Erziehung geboten ist. Bei schuldhafter Nichterfüllung von Auflagen gilt § 11 Abs. 3 entsprechend. Ist Jugendarrest vollstreckt worden, so kann der Richter die Auflagen ganz oder zum Teil für erledigt erklären.
(1) Das Gericht kann mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn
- 1.
das Erlangte nur einen geringen Wert hat, - 2.
die Einziehung nach den §§ 74 und 74c des Strafgesetzbuchs neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fällt oder - 3.
das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordern oder die Herbeiführung der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschweren würde.
(2) Das Gericht kann die Wiedereinbeziehung in jeder Lage des Verfahrens anordnen. Einem darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft hat es zu entsprechen. § 265 gilt entsprechend.
(3) Im vorbereitenden Verfahren kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränken. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.