Landgericht Traunstein Beschluss, 18. Juli 2016 - 4 T 2293/16

bei uns veröffentlicht am18.07.2016

Gericht

Landgericht Traunstein

Tenor

1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 angeordneten und bis 27.06.2016 vollzogenen Haft wird zurückgewiesen (Az.: 4 T 2112/16).

2. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 27.06.2016 angeordneten und bis 07.07.2016 vollzogenen Haft wird zurückgewiesen (Az.: 4 T 2293/16).

3. Dem Betroffenen wird für beide Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe gewährt und jeweils Rechtsanwalt Patrick Wischmann, Hannover, zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Traunstein ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

4. Die Kosten der beiden Beschwerdeverfahren trägt jeweils der Betroffene.

5. Der Geschäftswert wird für beide Beschwerdeverfahren auf je 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Nach unerlaubter Einreise wurde der Betroffene am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr im Bereich der Gemeinde A. polizeilich kontrolliert, wobei er sich mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen konnte. Am 04.12.2015 wurde ihm die Abschiebung schriftlich angedroht. Mit Schreiben vom 04.12.2015 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Laufen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.06.2016. Der Betroffene sei nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko dorthin abzuschieben. Es liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 3, 4, 5 AufenthG vor. Der Betroffene habe durch das Wegwerfen seines Reisepasses seine gesetzliche Mitwirkungspflicht zur Feststellung der Identität verletzt (§ 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG). Er habe für seine Schleusung 600,00 € bezahlt (§ 2 Abs. 14 Nr. 4 AufenthG). Aufgrund seiner Aussage bestehe der Verdacht, dass der Betroffene untertaucht und sich der Zurückschiebung entziehen wolle (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).

Nach persönlicher Anhörung vom 04.12.2015 (Akte XIV 41/15 des Amtsgerichts Laufen, Protokoll Bl. 21/22), ordnete das Amtsgericht Laufen mit Beschluss vom 04.12.2015 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an. Die Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht Traunstein nach persönlicher Anhörung durch den beauftragten Richter am 17.12.2015 mit Beschluss vom 22.01.2016 zurück (Az.: 4 T 4349/15). Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde wies der BGH mit Beschluss vom 12.05.2016 (Az.: V ZB 27/16) zurück.

Am 27.01.2016 wurde der Betroffene vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) mündlich angehört. Mit Bescheid vom 05.02.2016 (Akte des Amtsgerichts Mühldorf am Inn, 3 XIV 57/16, Bl. 55/61) wurde der Asylantrag des Betroffenen abgelehnt und dem Betroffenen die Abschiebung angekündigt.

Mit Schreiben vom 25.05.2016 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Mühldorf am Inn die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.06.2016 (Az. AG Mühldorf am Inn: 3 XIV 57/16). Zur Begründung führte sie aus, dass die benötigten Dokumente am 14.12.2015 an die marokkanische Botschaft in Berlin übersandt worden seien. Die hieran anschließende Überprüfung durch die marokkanischen Behörden dauere noch an, es seien regelmäßig Sachstandsanfragen erfolgt. Mit einem Ergebnis sei innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen. Nach richterlicher Anhörung am 02.06.2016 verlängerte das Amtsgericht Mühldorf am Inn mit Beschluss vom 02.06.2016 die Verlängerung der Sicherungshaft bis zum 15.06.2016 an.

Mit Schreiben vom 09.06.2016 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Mühldorf am Inn die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.07.2016 (Az. AG Mühldorf am Inn: 1 XIV 65/16). Zur Begründung führte sie aus, dass die beteiligte Behörde in regelmäßigen Abständen bei der marokkanischen Botschaft in Berlin und über Verbindungsbeamten bei den zuständigen Behörden in Marokko Sachstandsanfragen getätigt habe. Der Verbindungsbeamte sei am 06.06.2016 beim marokkanischen Innenministerium vorstellig geworden und habe eine prioritäre Behandlung der Haftfälle zugesagt erhalten. Laut seinen Angaben sei in den nächsten Tagen mit einer Antwort zu rechnen. Nach erfolgter Identifizierung werde noch ca. eine Woche für die Flugbuchung benötigt.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beantragte mit Schriftsatz vom 09.06.2016, 10.06.2016 (Bl. 12/14) die Zurückweisung des Haftantrags.

Nach richterlicher Anhörung am 13.06.2016 (Protokoll Bl. 15/16 der Akte 1 XIV 65/16) verlängerte das Amtsgericht Mühldorf am Inn mit Beschluss vom 13.06.2016 die Sicherungshaft bis zum 30.06.2016. Mit Schriftsatz vom 14.06.2016 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen den Beschluss vom 13.06.2016 Beschwerde ein, beantragte die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen und stellte Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe (Bl. 23/24, 1 XIV 65/169. Das Amtsgericht Mühldorf am Inn half am 14.06.2016 der Beschwerde nicht ab und legte die Akte des Landgericht Traunstein vor (Az. Landgericht Traunstein: 4 T 2112/16).

Nach Erledigung der Beschwerde aufgrund Verlängerung der Haft wies das Landgericht Traunstein mit Beschluss vom 15.06.2016 (Az.: 4 T 1933/16) den Feststellungsantrag betreffend den Beschluss vom 02.06.2016 zurück.

Mit Schreiben vom 23.06.2016 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Mühldorf am Inn die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 14.07.2016 (Az. AG Mühldorf am Inn: 1 XIV 73/16). Zur Begründung führte sie aus, dass die Identifizierung durch die marokkanischen Behörden noch betrieben werde. Bisher sei jedoch noch keine Antwort eingegangen. Nach richterlicher Anhörung am 27.06.2016 (Protokoll Bl. 19/20 der Akte 1 XIV 73/16) verlängerte das Amtsgericht Mühldorf am Inn mit Beschluss vom 27.06.2016 die Sicherungshaft bis zum 14.07.2016. Mit Schriftsatz vom 27.06.2016 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen gegen den Beschluss vom 27.06.2016 Beschwerde ein, beantragte die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen und stellte Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe (Bl. 30/31). Das Amtsgericht Mühldorf am Inn half am 28.06.2016 der Beschwerde nicht ab und legte das Verfahren dem Landgericht Traunstein vor (Az. Landgericht Traunstein: 4 T 2293/16). Mit Schriftsatz vom 01.07.2016 wurde die Beschwerde ergänzend begründet.

Am 30.06.2016 teilte die beteiligte Behörde zunächst telefonisch mit, dass eine Verbalnote der marokkanischen Behörden vorliege, wonach der Betroffene identifiziert sei und übernommen werde. Am 01.07.2016 wurde die Verbalnote in Ablichtung vorgelegt. Am 07.07.2016 teilte die beteiligte Behörde mit, dass eine Flugbuchung für den gleichen Tag um 17.45 Uhr von Flughafen München nach Casablanca vorliege. Der Betroffene wurde am 07.07.2016 nach Casablanca/Marokko abgeschoben.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beantragte mit Schriftsatz vom 14.07.2016 die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft.

II.

1. Gegen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung durch Beschlüsse des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 und 27.06.2016 ist jeweils gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 und 27.06.2016 wurden jeweils fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt und sind zulässig. Da sich beide Beschwerdeverfahren erledigt haben, betreffend den Beschluss vom 13.06.2016 durch die Haftverlängerung vom 27.06.2016 und betreffend den Beschluss vom 27.06.2016 durch die am 07.07.2016 erfolgte Abschiebung, kann nach § 62 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft begehrt werden.

2. Die Feststellungsanträge betreffend die Beschlüsse vom 13.06.2016 und vom 27.06.2016 sind jeweils unbegründet.

Der Betroffene war aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 AufenthG). Seine Einreise war unerlaubt, da er den erforderlichen Pass nach § 3 AufenthG oder Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG nicht besaß (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Die vollziehbare Ausreisepflicht besteht darüber hinaus gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG.

a) Den beiden Verlängerungen der Zurückschiebehaft lag jeweils ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag der beteiligten Ausländerbehörde vom 09.06.2016 und 23.06.2016 zugrunde.

Für Zurückschiebehaftanträge werden insbesondere Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Zurückschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 - 5 FamFG). Inhalt und Umfang der erforderlichen Darlegung bestimmen sich nach dem Zweck des Begründungserfordernisses. Es soll gewährleisten, dass das Gericht die Grundlagen erkennt, auf welche die Behörde ihren Antrag stützt, und dass das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Übermittlung des Haftantrags nach § 23 Abs. 2 FamFG gewahrt wird (BGH vom 22. Juli 2010, V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511). Die Darlegungen dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falles ansprechen (BGH vom 15.09.2011, FGPrax 2011, 317). Für Anträge auf Verlängerung der Haft gelten die Vorschriften über die erstmalige Antragstellung entsprechend (§ 425 Abs. 3 FamFG).

(1) Aus den Haftanträgen der beteiligten Behörde vom 09.06.2016 und 23.06.2016 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.

(2) Der Antrag vom 09.06.2016 enthält eine Begründung, dass die beteiligte Behörde voraussichtlich noch weitere drei Wochen für die beabsichtigte Abschiebung benötigt. Da der Betroffene nicht im Besitz eines Reisepasses ist, musste über das marokkanische Konsulat ein Passersatzpapier beschafft werden. Die erforderlichen Passbeschaffungsmaßnahmen wurden nach Mitteilung der beteiligten Ausländerbehörde durch Vorlage der nötigen Unterlagen bei der marokkanischen Botschaft am 14.12.2015 eingeleitet. Wie die beteiligte Behörde mitteilte, wurden in regelmäßigen Abständen bei der marokkanischen Botschaft in Berlin und über den Verbindungsbeamten der Bundespolizei bzw. des BKA in Marokko bei den zuständigen Behörden Sachstandsanfragen getätigt; insbesondere wurde der Verbindungsbeamte am 06.06.2016 bei dem marokkanischen Innenministerium vorstellig, wo ihm eine prioritäre Behandlung der aktuellen Haftfälle zugesagt wurde. Da die beteiligte Behörde aufgrund der Angaben des Verbindungsbeamten „in den nächsten Tagen mit einer Antwort“ rechnete, war der Zeitansatz der Haftverlängerung mit zwei weiteren Wochen für die Prüfungszeit der Fingerabdrücke durch die marokkanischen Behörden und einer Woche Flugbuchung und Durchführung der Abschiebung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Die Ausländerbehörde hat auf die Bearbeitung der Verfahren durch die beteiligten ausländischen Behörden selbst keinen Einfluss; dortige Verzögerungen sind ihr nicht zuzurechnen (vgl. BGH, V ZA 2/10, NJOZ 2011, 125). Der Umstand, dass sich nachträglich herausgestellt hat, dass die Abschiebung innerhalb dieser Frist nicht möglich war, macht den Antrag nicht fehlerhaft.

Die o.g. Ausführungen gelten für den Antrag vom 23.06.2016 entsprechend. Innerhalb der mit diesem Antrag angesetzten Frist von weiteren drei Wochen war die Abschiebung möglich. Die Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen, dass nicht absehbar sei, wie lange die Maßnahmen in Marokko dauern, treffen daher nicht zu.

(3) In den Haftanträgen ist ausgeführt, dass dem Betroffenen nach § 59 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung angedroht wurde.

b) Der Haftantrag enthält das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein für die geplante Zurückschiebung. Im Übrigen ist dieses Einvernehmen nach der aktuellen Fassung des § 72 Abs. 4 AufenthG nicht mehr erforderlich.

c) Es bestand der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. Abs. 14 Ziffer 4, 5 AufenthG.

Nach § 2 Abs. 14 Ziffer 4 AufenthG kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96 AufenthG aufgewandt hat, die für ihn nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren. Der mittellose Betroffene hat - gemäß seinen Ausführungen in der mündlichen Anhörung vom 17.12.2015 - für die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland nach seinen Angaben bei der richterlichen Anhörung 800,00 € an einen Schleuser gezahlt, was für ihn einen erheblichen Betrag darstellt, der im Falle einer Abschiebung nach Marokko vergeblich aufgewendet worden wäre.

Es bestand auch der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. 14 Ziffer 5 AufenthG. Danach kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine erhebliche Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Betroffene hatte bereits anlässlich der polizeilichen Vernehmung am 03.12.2015 auf die Frage, ob er sich einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zur Verfügung halten würde, angegeben, dass er für den Fall, dass er nach Marokko abgeschoben würde, untertauchen würde. Bei der richterlichen Anhörung vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 17.12.2015 hat er ebenfalls betont, dass er sich der Abschiebung nicht stellen würde. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Betroffene sich einer Abschiebung nicht gestellt hätte, sondern untergetaucht würde, um sich in ein anderes Land abzusetzen.

Da die beteiligte Behörde die Abschiebung in sein Heimatland betreibt, ist unerheblich, ob der Betroffene der Überstellung in ein anderes (evtl. EU-Land) zustimmen würde.

d) Die Haft war nicht wegen des gestellten Asylantrages aufzuheben. Der schriftliche Asylantrag (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 AsylG) ging am 11.01.2016 beim BAMF ein. Da gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Ziffer 5 AufenthG Sicherungshaft verhängt wurde, stand die Asylantragstellung der Aufrechterhaltung der Haft nicht entgegen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 AsylG). Noch vor Ablauf der Frist von vier Wochen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 AsylG) wurde der Asylantrag am 02.02.2016 abgelehnt.

e) Der Haftgrund ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (§ 62 Abs. 1 AufenthG) zu bejahen, da ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Zurückschiebung nicht gegeben ist. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, um seine Zurückschiebung sicherzustellen. Der Betroffene hat nicht glaubhaft dargetan, dass er sich einer Zurückschiebung nicht entziehen will, § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.

f) Das Verfahren wurde von der beteiligten Behörde mit der nötigen Beschleunigung betrieben. Der erforderliche Antrag für die Beschaffung von Passersatzpapieren lag seit dem 14.12.2015 der marokkanischen Botschaft vor. Auf die weitere Dauer des Verfahrens bei den marokkanischen Behörden hat die beteiligte deutsche Ausländerbehörde keinen Einfluss.

g) Die Zurückschiebehaft wurde in der zentralen Abschiebehafteinrichtung in Mühldorf am Inn vollzogen (§ 62a Abs. 1 AufenthG).

h) Gemäß § 62 Abs. 4 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monate angeordnet werden und in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Vorliegend hat der Betroffene die über sechs Monate hinausgehende Dauer bis zur Abschiebung und eine damit entsprechend lange Haft selbst zu vertreten und seine Abschiebung verhindert. Ein Verhindern setzt voraus, dass ein von dem Willen des Ausländers abhängiges pflichtwidriges Verhalten ursächlich dafür ist, dass die Abschiebung nicht erfolgen konnte, wenn also das für die Abschiebung bestehende Hindernis auf ein Tun, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf ein Unterlassen zurückgeht, während er zu einem Tun verpflichtet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25.02.2010, V ZA 2/10). In den dem Betroffenen zuzurechnenden und von ihm hinnehmbaren Zeitraum fällt grundsätzlich auch das Prüfungsverfahren, das die Heimatbehörde bis zur positiven Bescheidung für sich in Anspruch nehmen kann (vgl. BGH, a. a. O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Betroffene hat die über drei Monate hinausgehende Dauer bis zur Abschiebung und eine damit entsprechend lange Haft selbst zu vertreten. Er hat - wie sich aus seiner Aussage bei der polizeilichen Vernehmung und vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 15.12.2015 ergibt - bei seiner Flucht seinen Pass weggeworfen, wodurch ein langwieriges Verfahren zur Beschaffung des Passersatzpapieres erforderlich wurde.

Trotz Belehrung anlässlich der persönlichen Anhörung am 15.12.2015 hat der Betroffene während der Bearbeitungszeit keine Versuche unternommen, die Bearbeitung durch eigene Anstrengungen zu beschleunigen (z. B. durch die Beschaffung einer Geburtsurkunde, einer ID-Karte, einer Passkopie) oder indem er sich selbst an die Botschaft/das Konsulat gewandt hätte, §§ 48 Abs. 3, 82 AufenthG. Durch die Übersendung von Papieren oder Beibringung von Bestätigungen durch Verwandte oder Bekannte des Betroffenen hätte sich das Verfahren beschleunigen lassen. Der Betroffene hat von Anfang an deutlich gemacht, an seiner Abschiebung nach Marokko nicht mitzuwirken. Zur Überzeugung der Kammer war das pflichtwidrige Verhalten des Betroffenen mitursächlich dafür, dass die Abschiebung erst am 07.07.2016 durchgeführt werden konnte.

3. Die erneute Anhörung im Beschwerdeverfahren war nicht erforderlich. Der Betroffene wurde bei der erstmaligen Anordnung sowohl durch das Amtsgericht, als auch durch den beauftragten Richter der 4. Zivilkammer am 15.12.2015 persönlich angehört. Bei den Anhörungen zu den Verlängerungsanträgen äußerte der Betroffene dass er dazu nichts mehr zu sagen habe. Von einer erneuten Anhörung waren daher keine neuen Erkenntnisse zu erwarten (§ 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG).

4. Dem Betroffenen war in beiden Beschwerdeverfahren antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und wegen der Schwierigkeit der Rechtslage ein Rechtsanwalt beizuordnen (§ 76 Abs. 1 FamFG; § 114 ZPO).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG

6. Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

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Landgericht Traunstein Beschluss, 18. Juli 2016 - 4 T 2293/16

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Tenor 1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 angeordneten und bis 27.06.2016 vollzogenen Haft wird zurückgewiesen (Az.: 4 T 2112/16). 2.

Landgericht Traunstein Beschluss, 15. Juni 2016 - 4 T 1933/16

bei uns veröffentlicht am 15.06.2016

Tenor 1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 02.06.2016, Az. 3 XIV 57/16 angeordneten Verlängerung der Haft wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverf

Amtsgericht Laufen Beschluss, 04. Dez. 2015 - XIV 41/15

bei uns veröffentlicht am 04.12.2015

Tenor 1. In der Freiheitsentziehungssache (Sicherung der Abschiebung) gegen … wird die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 angeordnet. 2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeor

Landgericht Traunstein Beschluss, 22. Jan. 2016 - 4 T 4349/15

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

Tenor 1. Die Beschwerde des Betroffenen vom 04.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene. 3. Der Geschäftswert für das Besc
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Landgericht Traunstein Beschluss, 18. Juli 2016 - 4 T 2293/16

bei uns veröffentlicht am 18.07.2016

Tenor 1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 angeordneten und bis 27.06.2016 vollzogenen Haft wird zurückgewiesen (Az.: 4 T 2112/16). 2.

Referenzen

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

Tenor

1. In der Freiheitsentziehungssache (Sicherung der Abschiebung) gegen … wird die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 angeordnet.

2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

Gründe:

D. Betroffene ist … Staatsangehöriger und reiste von Österreich kommend im Amtsgerichtsbezirk Laufen erneut in das Bundesgebiet ein, wo er am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr in …….. einer polizeilichen Kontrolle unterzogen wurde. Dabei wurde festgestellt, dass der Betroffene weder Aufenthaltserlaubnis noch Reisepass hatte und bereits am 29.11.2015 nach Österreich zurückgeschoben wurde.

Es liegt ein zulässiger Haftantrag einer zuständigen Behörde vor. Hierzu wurde d. Betroffene richterlich angehört. Auf den Haftantrag und das Anhörungsprotokoll wird Bezug genommen.

Die Voraussetzungen für die Abschiebung und die Haft zu ihrer Sicherung sind gegeben (§§ 58, 62 AufenthG). D. Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50, § 62 Abs. 3 Nr. 1, 58 AufenthG).

D. Betroffenen ist nunmehr bekannt, dass seine Abschiebung betrieben wird und er hier kein Aufenthaltsrecht zu erwarten hat. Zudem bestehen im Bundesgebiet keine gefestigten sozialen Bindungen.

Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 62 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 2 Abs. 14 AufenthG). Nach den Gesamtumständen besteht der begründete Verdacht, dass d. Betroffene sich der Abschiebung entziehen will:

Der Betroffene täuschte über seine Identität, insbesondere durch Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten sowie das Vorgeben einer falschen Identität (§ 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG). Der Betroffene hat sich seiner Ausweisdokumente durch Wegwerfen in das Mittelmeer gezielt entledigt und sich zunächst als irakischer Staatsangehöriger ausgegeben, um seine Weiterreise/Einreise zu erzielen.

Der Betroffene hat zudem ausdrücklich erklärt, dass er sich der Abschiebung entziehen und untertauchen will (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).

Die zuständige Behörde hat ausreichend dargelegt, dass die Abschiebung innerhalb der angeordneten Frist durchgeführt werden kann.

Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen oder die Haftanordnung unverhältnismäßig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Zur Sicherung der Abschiebung ist die Haftanordnung unerlässlich. Die Anordnung ist zulässig, auch wenn die Abschiebung vss. nicht innerhalb von drei Monaten erfolgen kann, weil der Betroffene durch das Wegwerfen der Ausweisdokumente selbst die Ursache dafür gesetzt hat, dass die Abschiebung nicht schneller erfolgen kann.

Das erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein (§ 72 Abs. 4 AufenthG) ist im vorliegenden Fall durch Staatsanwalt … erteilt worden.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 422 FamFG

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen vom 04.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Betroffene wurde bereits nach unerlaubter Einreise am 29.11.2015 nach Österreich zurückgewiesen (vgl. Einreiseverweigerung Bl. 20, Befragung Bl. 14/16). Erneut reiste er in der Folgezeit zu Fuß von Österreich aus kommend nach Deutschland ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr im Bereich der Gemeinde Anger konnte sich der Betroffene mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen (vgl. Vermerk Bl. 19). Der Betroffene wurde am 03.12.2015 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise polizeilich vernommen (Protokoll Bl. 11/13). Hierbei gab er an, dass er im Falle einer Abschiebung untertauchen würde. Am 04.12.2015 wurde ihm die Abschiebung schriftlich angedroht.

Mit Schreiben vom 04.12.2015 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Laufen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.06.2016. Für den Betroffenen liege kein EURODAC-Treffer vor (Bl. 18). Der Betroffene sei nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko dorthin abzuschieben. Es liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 3, 4, 5 AufenthG vor. Der Betroffene habe durch das Wegwerfen seines Reisepasses seine gesetzliche Mitwirkungspflicht zur Feststellung der Identität verletzt (§ 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG). Er habe für seine Schleusung 600,00 € bezahlt (§ 2 Abs. 14 Nr. 4 AufenthG). Aufgrund seiner Aussage bestehe der Verdacht, dass der Betroffene untertaucht und sich der Zurückschiebung entziehen wolle (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).

Am 04.12.2015 hörte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Laufen den Betroffenen an (Protokoll Bl. 21/22). Mit Beschluss vom 04.12.2015 (Bl. 23/25) ordnete das Amtsgericht Laufen gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an. Das Amtsgericht nahm Fluchtgefahr an, da der Betroffene ausdrücklich erklärt habe, dass er die Absicht habe unterzutauchen. Der Betroffene legte zu Protokoll des Amtsgerichts Laufen am 04.12.2015 Beschwerde ein, der das Amtsgericht Laufen mit Beschluss vom 04.12.2015 nicht abhalf. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen legte mit Schriftsatz vom 13.12.2015, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 Beschwerde ein, beantragte die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen und stellte Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (Bl. 35/36).

Der beauftragte Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein hörte den Betroffenen am 17.12.2015 persönlich an (Protokoll Bl. 31/33). Mit Schriftsätzen vom 11.01.2016 (Bl. 42/45) und 17.01.2016 (Bl. 56) begründete der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Beschwerde und teilte mit, dass der Betroffene Asylantrag gestellt habe und zwar am 09.12.2015 per Post und am 11.01.2016 per Fax. Die beteiligte Behörde teilte mit Schreiben vom 12.01.2016 mit, dass nach Auskunft des BAMF vom 04.01.2016 dort kein Asylantrag eingegangen sei, mit E-mail vom 22.01.2016 teilte sie mit, dass der Asylantrag nach Auskunft des BAMF dort am 11.01.2016 einging.

Mit Beschluss vom 12.01.2016 wurde dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe gewährt und der Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.

II.

1. Gegen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung durch Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese wurde fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt und ist zulässig.

2. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist unbegründet.

Der Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 AufenthG). Seine Einreise war unerlaubt, da er den erforderlichen Pass nach § 3 AufenthG oder Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG nicht besaß (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Die vollziehbare Ausreisepflicht besteht darüber hinaus gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG.

a) Die Haftanordnung ist nicht wegen möglicher Unzuständigkeit des erkennenden Richters des Amtsgerichts Laufen aufzuheben. Soweit der Beschwerdeführer die Zuständigkeit des Richters am Amtsgericht nach der Geschäftsverteilung rügt, ist dies unerheblich, da selbst die Entscheidung eines unzuständigen Richters den Beschluss nicht rechtswidrig machen würde (§ 22d GVG).

b) Der Anordnung der Zurückschiebehaft lag ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag der beteiligten Ausländerbehörde vom 04.12.2015 zugrunde. Für Zurückschiebehaftanträge werden insbesondere Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Zurückschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 - 5 FamFG). Inhalt und Umfang der erforderlichen Darlegung bestimmen sich nach dem Zweck des Begründungserfordernisses. Es soll gewährleisten, dass das Gericht die Grundlagen erkennt, auf welche die Behörde ihren Antrag stützt, und dass das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Übermittlung des Haftantrags nach § 23 Abs. 2 FamFG gewahrt wird (BGH vom 22. Juli 2010, V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511). Die Darlegungen dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falles ansprechen (BGH vom 15.09.2011, FGPrax 2011, 317).

(1) Aus dem Haftantrag der beteiligten Behörde vom 04.12.2015 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.

(2) Der Antrag enthält eine Begründung, dass die beteiligte Behörde voraussichtlich sechs Monate für die beabsichtigte Abschiebung benötigt. Da der Betroffene nicht im Besitz eines Reisepasses ist, muss über das marokkanische Konsulat in Berlin ein Passersatzpapier beschafft werden, was nach Auskunft der marokkanischen Botschaft vier bis sechs Monate dauert. Anschließend muss noch der Flug nach Marokko organisiert werden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die beteiligte Behörde die Prognose der Dauer der Haft auf der Grundlage der Auskunft der marokkanischen Botschaft getroffen hat. Nach Auffassung der Kammer stellt diese Auskunft eine hinreichende Tatsachengrundlage dar. Die Kammer kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Verpflichtung erkennen, Vergleichsfälle für Abschiebungen nach Marokko zu benennen.

(3) Im Haftantrag ist ausgeführt, dass dem Betroffenen nach § 59 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung angedroht wurde.

c) Der Haftantrag enthält das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein für die geplante Zurückschiebung. Im Übrigen ist dieses Einvernehmen nach der seit 24.10.2015 gültigen Fassung des § 72 Abs. 4 AufenthG nicht mehr erforderlich.

d) Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. Abs. 14 Ziffer 4, 5 AufenthG.

Nach § 2 Abs. 14 Ziffer 4 AufenthG kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96 AufenthG aufgewandt hat, die für ihn nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren. Der mittellose Betroffene hat - gemäß seinen Ausführungen in der mündlichen Anhörung vom 17.12.2015 - für die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland nach seinen Angaben bei der richterlichen Anhörung 800,00 € an einen Schleuser gezahlt, was für ihn einen erheblichen Betrag darstellt, der im Falle einer Abschiebung nach Marokko vergeblich aufgewendet worden wäre.

Es besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. 14 Ziffer 5 AufenthG. Danach kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine erhebliche Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Betroffene hatte bereits anlässlich der polizeilichen Vernehmung am 03.12.2015 auf die Frage, ob er sich einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zur Verfügung halten würde, angegeben, dass er für den Fall, dass er nach Marokko abgeschoben würde, untertauchen würde. Bei der richterlichen Anhörung vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 17.12.2015 hat er ebenfalls betont, dass er sich der Abschiebung nicht stellen würde. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Betroffene sich einer Zurückschiebung nicht stellen und untertauchen würde, um sich in ein anderes Land abzusetzen. Da die beteiligte Behörde die Abschiebung in sein Heimatland betreibt, ist unerheblich, ob der Betroffene der Überstellung in ein anderes (evtl. EU-Land) zustimmen würde.

Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zu den Haftgründen nach der Verordnung [EG] Nr. 604/2013 (Dublin-III-Verordnung) sind unerheblich, da die beteiligte Behörde keine Überstellung nach der Dublin - III - Verordnung, sondern eine Abschiebung in das Heimatland des Betroffenen betreibt. Für die Abschiebehaft ist keine „erhebliche“ Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Dublin - III - Verordnung erforderlich, sondern eine „einfache“ Fluchtgefahr nach §§ 62 Abs. 3 Ziffer 5, 2 Abs. 14 AufenthG.

e) Die Haft war nicht wegen des gestellten Asylantrages aufzuheben. Wie sich aus der Mitteilung der beteiligten Behörde ergibt, ist der schriftliche Asylantrag (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 AsylG) am 11.01.2016 beim BAMF eingegangen. Da gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Ziffer 5 AufenthG Sicherungshaft verhängt wurde, steht die Asylantragstellung der Aufrechterhaltung der Haft nicht entgegen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 AsylG). Es obliegt der zuständigen Behörde zu überwachen, dass seit Eingang des Asylantrages bis zur Entscheidung des BAMF nicht mehr als vier Wochen vergehen (§ 14 Abs. 3 Satz 34 AsylG).

f) Die Haftanordnung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 2013/33/EU (künftig: Aufnahmerichtlinie) aufzuheben. Die Richtlinie ist zunächst durch den nationalen Gesetzgeber umzusetzen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass eine Umsetzung in nationales Recht innerhalb der gesetzten Frist gemäß Art. 31 der Richtlinie nicht erfolgte und deren Art. 9 daher unmittelbare Anwendung findet, ist die Kammer der Auffassung, dass die unterbliebene schriftliche Mitteilung der Haftgründe und der Belehrung über die Rechtsmittel nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung führen. Art. 9 der Aufnahmerichtlinie verlangt keine mündliche Anhörung des Betroffenen. Vielmehr könnte nach dieser Richtlinie die Haftanordnung durch eine Verwaltungs- oder Justizbehörde auch in einem schriftlichen Verfahren ergehen. Das nationale deutsche Recht geht über diese Verfahrensgarantien hinaus, da nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG eine persönliche Anhörung des Betroffenen erforderlich ist. Wie sich aus dem vorliegenden Protokoll des Amtsgerichts Laufen ergibt, wurde dem Betroffenen - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - der fertige Beschluss mündlich vom anwesenden Dolmetscher übersetzt. Der Betroffene kannte aufgrund dessen die Gründe, die zu seiner Inhaftierung geführt haben. Da der Beschluss des Amtsgerichts eine Rechtsmittelbelehrung enthält (§ 39 FamFG), die auch übersetzt wurde, war dem Betroffenen die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels bekannt.

Der Beschluss des Amtsgerichts betreffend die Anordnung von Sicherungshaft ist auch nicht deshalb rechtswidrig, als der Betroffene nicht schriftlich über die Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung belehrt wurde. Die Verletzung von Verteidigungsrechten des Betroffenen, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, hat nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit einer angeordneten Abschiebungshaft zur Folge; ein solcher Verfahrensfehler führt nur dann zu einer Aufhebung der Haftanordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. BGH, 12.03.2015, V ZB 187/14). Dies ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, da der Betroffene von der Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung Gebrauch gemacht hat.

g) Der Haftgrund ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (§ 62 Abs. 1 AufenthG) zu bejahen, da ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Zurückschiebung nicht gegeben ist. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, um seine Zurückschiebung sicherzustellen. Der Betroffene hat nicht glaubhaft dargetan, dass er sich einer Zurückschiebung nicht entziehen will, § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.

h) Das Verfahren wird von der beteiligten Behörde mit der nötigen Beschleunigung betrieben. Der erforderliche Antrag für die Beschaffung von Passersatzpapieren liegt seit dem 14.12.2015 der marokkanischen Botschaft vor. Auf die weitere Dauer des Verfahrens bei den marokkanischen Behörden hat die beteiligte deutsche Ausländerbehörde keinen Einfluss.

i) Die Zurückschiebehaft wird in der zentralen Abschiebehafteinrichtung in Mühldorf am Inn vollzogen (§ 62a Abs. 1 AufenthG).

j) Die Abschiebung kann voraussichtlich aufgrund der Dauer der Beschaffung der Passersatzpapiere nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden. Eine über drei Monate hinausgehende Haftanordnung ist aber nur dann zulässig, wenn aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen die Abschiebung erst nach mehr als drei Monaten durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Betroffene hat die voraussichtlich über drei Monate hinausgehende Dauer bis zur Abschiebung und eine damit entsprechend lange Haft selbst zu vertreten. Er hat - wie sich aus seiner Aussage bei der polizeilichen Vernehmung und vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein ergibt - bei seiner Flucht seinen Pass weggeworfen, wodurch ein langwieriges Verfahren zur Beschaffung des Passersatzpapieres erforderlich wird.

k) Die Haft ist nicht wegen Verstoßes der Benachrichtigung einer Vertrauensperson (§ 432 FamFG) aufzuheben. Der Betroffene hat beim Amtsgericht keine Vertrauensperson benannt. Die Bitte um ein Telefonat stellt keine Benennung einer Vertrauensperson dar. Im Übrigen geht die Kammer aufgrund ihrer Erfahrung davon aus, dass der Betroffene in der Abschiebehafteinrichtung die Möglichkeit hatte, ein Telefonat zu führen und selbst eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Eine Bestellung einer Vertrauensperson durch das Amtsgericht verbietet sich, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine durch das Gericht bestellte Person durch den Betroffenen als Person seines Vertrauens angesehen würde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG

4. Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 27/16
vom
12. Mai 2016
in der Abschiebungshaftsache
ECLI:DE:BGH:2016:120516BVZB27.16.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 22. Januar 2016 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er reiste, nachdem er Ende November 2015 wegen unerlaubter Einreise nach Österreich zurückgewiesen worden war, erneut unerlaubt nach Deutschland ein. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2015 hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen nach Marokko bis längstens 3. Juni 2016 angeordnet. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und die Feststellung, dass der Beschluss des Amtsgerichts ihn in seinen Rechten verletzt hat.

II.


2
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts liegt der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 4 und 5 AufenthG vor. Der mittellose Betroffene habe für die Überfahrt von der Türkei nach Grie- chenland 800 € an einen Schleuser gezahlt, was für ihn einen erheblichen Be- trag darstelle, der bei einer Abschiebung nach Marokko vergeblich aufgewendet worden wäre. Zudem habe er bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, dass er für den Fall einer Abschiebung nach Marokko untertauchen würde. Auch bei der richterlichen Anhörung habe er betont, dass er sich einer Abschiebung nicht stellen werde.

III.


3
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
4
1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die Haftanordnung rechtsfehlerfrei auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG gestützt worden.
5
Nach § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG kann die ausdrückliche Erklärung des Ausländers, dass er sich der Abschiebung entziehen will, ein Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr sein. Eine solche Erklärung liegt vor, wenn der Ausländer klar zum Ausdruck bringt, dass er nicht freiwillig in den in der Abschiebungsandrohung genannten Zielstaat reisen und sich vor allem auch nicht für eine behördliche Durchsetzung seiner Rückführung zur Verfügung halten würde (vgl. BTDrucks. 18/4097, S. 33). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Be- schwerdegericht rechtsfehlerfrei bejaht. Es stellt zum einen darauf ab, dass der Betroffene bei seiner polizeilichen Anhörung am 3. Dezember 2015 angegeben hatte, dass er, wenn er nach Marokko zurückkehren müsse, untertauchen würde. Zum anderen stützt es sich auf die Angaben des Betroffenen bei seiner Anhörung am 17. Dezember 2015 durch den beauftragten Richter des Beschwerdegerichts. Dort hatte der Betroffene angegeben, dass er bei einem durch die Behörde gebuchten Flug nach Marokko nicht mitfliegen würde und für den Fall einer Entlassung aus der Haft zu seinen Verwandten ginge, die sich in Frankfurt , Köln, Belgien und Spanien aufhielten. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat der Betroffene damit klar zum Ausdruck gebracht, dass er keinesfalls freiwillig nach Marokko zurückkehren und sich behördlichem Zwang zur Durchsetzung der Rückführung durch eine Weiterreise nach Frankfurt, Köln, Belgien oder Spanien entziehen würde.
6
2. Da der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG erfüllt ist, kommt es auf die Frage, ob die Haftanordnung auch auf § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 2 und 4 AufenthG gestützt werden durfte, nicht an.

IV.


7
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 36 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 136 Abs. 1 Nr. 2 GNotKG.
Stresemann Brückner Weinland
Kazele Haberkamp

Vorinstanzen:
AG Laufen, Entscheidung vom 04.12.2015 - XIV 41/15 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 22.01.2016 - 4 T 4349/15 -

Tenor

1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 02.06.2016, Az. 3 XIV 57/16 angeordneten Verlängerung der Haft wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

3. Dem Betroffenen wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt U. L., B. Straße ... H., zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Traunstein ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Betroffene wurde bereits nach unerlaubter Einreise am 29.11.2015 nach Österreich zurückgewiesen. Erneut reiste er in der Folgezeit zu Fuß von Österreich aus kommend nach Deutschland ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr im Bereich der Gemeinde Anger konnte sich der Betroffene mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen. Der Betroffene wurde am 03.12.2015 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise polizeilich vernommen (Bl. 17/20). Hierbei gab er an, er habe keinen Pass. Diesen habe er ins Meer geworfen, damit ihn keiner nach Marokko zurückschieben könne.

Mit Beschluss vom 04.12.2015 ordnete das Amtsgericht Laufen gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an, Az. XIV 41/15 (Bl. 37/40). Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht Traunstein mit Beschluss vom 22.01.2016, Az. 4 T 4349/15 (Bl. 42/50) zurück.

Am 27.01.2016 wurde der Betroffene vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) mündlich angehört (Bl. 51/54). Mit Bescheid vom 05.02.2016 (Bl. 55/61) wurde der Asylantrag des Betroffenen abgelehnt und dem Betroffenen die Abschiebung angekündigt.

Am 25.05.2016 beantragte die beteiligte Behörde die Verlängerung der Anordnung der Freiheitsentziehung (Bl. 2/9). Zur Begründung führt sie aus, die benötigten Dokumente seien am 14.12.2015 an die marokkanische Botschaft in Berlin übersandt worden. Die hieran anschließende Überprüfung durch die marokkanischen Behörden dauere noch an, es seien regelmäßig Sachstandsanfragen erfolgt. Mit einem Ergebnis sei innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen.

Nach richterlicher Anhörung am 02.06.2016 (Bl. 68/69) ordnete das Amtsgericht Mühldorf am Inn mit Beschluss vom 02.06.2016 (Bl. 70/75) die Verlängerung der Sicherungshaft bis zum 15.06.2016 an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.06.2016 (Bl. 78/79) legte der Betroffene gegen den Beschluss Beschwerde ein, beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit und stellte Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Er begründete das Rechtsmittel ergänzend mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 06.06.2016 (Bl. 82/83) und 09.06.2016 (Bl. 88/89). Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, einer Haftverlängerung stehe entgegen, dass der Betroffene seine Abschiebung nicht aktiv verhindert habe.

Das Amtsgericht Mühldorf am Inn half der Beschwerde nicht ab (Bl. 80).

Die beteiligte Behörde nahm am 07.06.2016 ergänzend Stellung (Bl. 84/87).

Mit Beschluss vom 13.06.2016, Az. 1 XIV 65/16 (Bl. 90/95) verlängerte das Amtsgericht Mühldorf am Inn auf Antrag der beteiligten Behörde die Sicherungshaft erneut bis zum 30.06.2016.

II.

1. Gegen die Anordnung der Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese wurde fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt.

2. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss vom 02.06.2016 angeordneten Verlängerung der Sicherungshaft ist unbegründet.

a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Antrag auf Verlängerung der Haft nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).

Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (BGH, Beschluss vom 10.10.2013 - V ZB 55/13 m.w.N.).

Daran gemessen lag der Verlängerung der Sicherungshaft ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag zugrunde.

Aus dem Verlängerungsantrag der beteiligten Behörde vom 25.05.2016 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.

Der Antrag enthält eine Begründung, warum die beabsichtigte Abschiebung innerhalb der zunächst angeordneten sechs Monate nicht möglich war, und warum diese in naher Zukunft möglich sein wird. Die benötigten Dokumente seien am 14.12.2015 an die marokkanische Botschaft in Berlin übersandt worden. Die hieran anschließende Überprüfung durch die marokkanischen Behörden dauere noch an, es seien regelmäßig Sachstandsanfragen erfolgt. Mit einem Ergebnis sei innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen.

b) Gemäß § 62 Abs. 3 S. 1 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monate angeordnet werden. Sie kann in den Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Die Voraussetzungen dafür liegen vor. Der Betroffene hat seine Abschiebung verhindert.

Ein Verhindern setzt voraus, dass ein von dem Willen des Ausländers abhängiges pflichtwidriges Verhalten ursächlich dafür ist, dass die Abschiebung nicht erfolgen konnte, wenn also das für die Abschiebung bestehende Hindernis auf ein Tun, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf ein Unterlassen zurückgeht, während er zu einem Tun verpflichtet ist (BGH, Beschluss vom 25.2.2010 - ZA 2/10 m.w.N.).

In den dem Betroffenen zuzurechnenden und von ihm hinnehmbaren Zeitraum fällt grundsätzlich auch das Prüfungsverfahren, das die Heimatbehörden bis zur positiven Bescheidung für sich in Anspruch nehmen (BGH, a.a.O.).

aa) Vorliegend hat der Betroffene im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 03.12.2015 (Bl. 17/19) angegeben, seinen Pass ins Meer geworfen zu haben, um einer eventuellen Rückführung in sein Heimatland zu entgehen. In seiner Anhörung vor dem BAMF am 27.01.2016 hat er wiederholt ausgeführt, alle seine Papiere ins Meer geworfen zu haben. Dieses Verhalten stellt eine Vernichtung des Passes dar. In der Vernichtung des Passes liegt ein aktives Tun des Betroffenen, welches ein langwieriges Verfahren zur Beschaffung entsprechender Identitätspapiere ausgelöst hat. Diese sind Voraussetzung für eine Abschiebung, so dass das Verhalten des Betroffenen eine Verhinderung seiner Abschiebung darstellt (so auch Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 207. Aufl., § 62 AufenthG, Rn. 18; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., § 62 AufenthG, Rn. 141).

bb) Der Betroffene ist zudem gem. § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG als auch gem. § 48 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung eines Identitiätspapiers mitzuwirken. Verweigert er die Mitwirkung, verhindert er gleichzeitig seine Abschiebung, denn dann erhält er von seinem Heimatstaat keine Ersatzpapiere, so dass er in diesen nicht einreisen und auch nicht abgeschoben werden kann.

Gegen diese Mitwirkungspflicht hat der Betroffene, der hierüber ausweislich der Niederschrift der Anhörung vor dem BAMF vom 27.01.2016 belehrt wurde, verstoßen. Er hätte zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen können, indem er nähere Angaben zu seiner Herkunft im Heimatland, seinen Verwandtschaftsverhältnissen, und zu den Behörden, die Unterlagen über ihn führen, tätigt. Ebenfalls hätte er sich bemühen können, Kopien seiner Geburtsurkunde oder seines Passes beizubringen. Dass er über entsprechende Dokumente verfügt, dürfte sich aus dem Besitz eines Passes schließen lassen.

Sämtliche vorbezeichnete Maßnahmen hätten zu einer Beschleunigung des Verfahrens geführt.

c) Die Haftanordnung ist nicht deswegen rechtswidrig, weil die beteiligte Behörde die Abschiebungsvoraussetzungen nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben hätte.

Diese steht - auch über ihren Verbindungsbeamten in Marokko - in ständigem persönlichen Kontakt mit dem zuständigen marokkanischen Innenministerium und hat gegenüber diesem wiederholt auf die Dringlichkeit des Verfahrens sowohl schriftlich als auch mündlich hingewiesen.

Das Verfahren wird mithin seit dem 14.12.2015 fortwährend betrieben.

d) Weiterhin ist die Haftanordnung auch nicht deswegen rechtswidrig, weil absehbar ist, dass die Abschiebung innerhalb des nach dem Gesetz vorgesehenen zeitlichen Rahmens unmöglich ist.

Zwar darf die Haft zur Sicherung der Abschiebung gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung dann nicht aufrechterhalten werden, wenn sich im Beschwerdeverfahren - wie vorliegend - ergibt, dass eine Abschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraumes nicht mehr durchgeführt werden kann (BGH, Beschluss vom 10.04.2014 - V ZB 110/13). Zu berücksichtigen ist insoweit aber eine schon angeordnete Haftverlängerung (BGH, a.a.O.). Diese ist vorliegend durch Beschluss des Amtsgerichs Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 erfolgt. Die beteiligte Behörde hat diese Haftverlängerung unverzüglich beantragt, als absehbar war, dass eine Abschiebung in dem ursprünglich beantragten Zeitraum nicht möglich ist.

e) Letztlich ist die Haftverlängerung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu bejahen, § 62 Abs. 1 AufenthG. Ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Abschiebung ist nicht gegeben. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, die Abschiebung sicherzustellen. Aufgrund seiner polizeilichen Angaben zur Vernichtung seines Passes und des Grundes hierfür (Verhinderung der Abschiebung) ist zu befürchten, dass sich der Betroffene einer Abschiebung entziehen wird.

Wie bereits ausgeführt, liegt es am Betroffenen selbst, die Dauer seiner Haft durch entsprechende Mitwirkungshandlungen maßgeblich zu verkürzen.

3. Die Kammer hat von einer weiteren Anhörung im Beschwerdeverfahren abgesehen, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

5. Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergeht gem. §§ 61 Abs. 1 S. 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

6. Dem Betroffenen war antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und wegen der Schwierigkeiten der Rechtslage ein Rechtsanwalt beizuordnen, § 76 FamFG, § 114 ZPO.

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Antrag soll von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden.

(2) Das Gericht soll den Antrag an die übrigen Beteiligten übermitteln.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/10
vom
22. Juli 2010
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Werden in der Begründung des Haftantrags die Tatsachen, auf denen die
Ausreisepflicht des Betroffenen beruht, nicht oder falsch vorgetragen, leidet die
richterliche Anordnung der Freiheitsentziehung an einem Verfahrensmangel,
der zu ihrer Rechtswidrigkeit führt.
BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10 - LG Hannover
AG Hannover
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Lemke, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Dem Betroffenen wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Rinkler Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 28 des Landgerichts Hannover vom 19. Januar 2010 bewilligt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss der Zivilkammer 28 des Landgerichts Hannover vom 19. Januar 2010 und der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 30. November 2009 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem Land Niedersachsen auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:


I.

1
Der Betroffene reiste erstmalig Anfang 2008 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ein von ihm am 6. Februar 2008 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 5. März 2008 als unzulässig zurückgewiesen und die Überstellung des Betroffenen nach Art. 18 Dublin II-Verordnung in die Slowakische Republik angeordnet, in der der Betroffene zuvor ebenfalls Asyl beantragt hatte. Die Überstellung scheiterte, weil der Betroffene die Aufnahmeein-richtung, in der er untergebracht war, verließ und danach sein Aufenthalt für die Behörden unbekannt war.
2
Nach Ankündigung einer Rücküberstellung des Betroffenen aus dem Königreich der Niederlande in die Bundesrepublik Deutschland hob das Bundesamt am 5. Oktober 2009 den Bescheid vom 5. März 2008 auf und kündigte eine neue Entscheidung über den Asylantrag an, weil eine Überstellung des Betroffenen in die Slowakische Republik infolge Zeitablaufs nicht mehr zulässig war. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2009 wurde der Asylantrag vom 6. Februar 2008 als offensichtlich unbegründet abgelehnt, der Betroffene zum Verlassen des Bundesgebietes binnen einer Woche aufgefordert und eine Abschiebung nach Georgien angedroht. Dieser Bescheid wurde der Aufnahmeeinrichtung, in der der Betroffene im Jahr 2008 untergebracht war, mit der Bitte um Aushändigung übersandt und ging dort am 9. Oktober 2009 ein. In der Rückantwort teilte die Aufnahmeeinrichtung dem Bundesamt mit, dass der Betroffene die Einrichtung am 21. Januar 2009 verlassen habe und sein Aufenthaltsort nicht bekannt sei.
3
Nach Überstellung des Betroffenen aus den Niederlanden ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 2 (Ausländerbehörde) die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens zum 28. Februar 2010 und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung an. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Am 20. Februar 2010 wurde der Betroffene abgeschoben. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt er, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Landgerichts und der Haftanordnung des Amtsgerichts festzustellen.

II.

4
Das Beschwerdegericht hat den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG bejaht und ein Abschiebungshindernis auf Grund des Asylantrags des Betroffenen vom 6. Februar 2008 verneint. Die Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG sei mit dem Bescheid des Bundesamtes vom 7. Oktober 2009 erloschen, der nach § 10 Abs. 2 AsylVfG als am 12. Oktober 2009 zu-gestellt gelte, so dass der Betroffene seit dem 20. Oktober 2009 vollziehbar ausreisepflichtig sei.

III.

5
Die nach § 70 Abs. 3 Nr. 3 FamFG statthafte (dazu: Senat, Beschl. v. 25. Februar 2010, V ZB 172/09, NVwZ 2010, 726, 727) und gemäß § 71 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 62 FamFG ist begründet.
6
1. Die Abschiebungshaft durfte von dem Amtsgericht schon deshalb nicht angeordnet und von dem Beschwerdegericht nicht bestätigt werden, weil es an einem wirksamen Antrag der Beteiligten zu 2 auf Anordnung der Freiheitsentziehung fehlt.
7
a) Das Vorliegen eines zulässigen Antrages der zuständigen Verwaltungsbehörde nach § 417 FamFG ist Verfahrensvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen (Senat, Beschl. v. 30. März 2010, V ZB 79/10, Rn. 7; Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 12, juris).
8
Der Haftantrag ist nach § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG zu begründen. Ein Verstoß gegen den Begründungszwang führt zur Unzulässigkeit des Antrags (Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 14, juris). Für die Abschiebungs - und Zurückschiebungshaftanträge werden insbesondere Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen , zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführung der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG).
9
b) Die Begründung des Haftantrags der Beteiligten zu 2 vom 25. November 2010 genügt diesen Anforderungen nicht.
10
aa) In dem Antrag fehlt die nach § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG erforderliche Angabe der Tatsachen, aus denen sich die Ausreisepflicht des Betroffenen ergab. Die den Antrag stellende Behörde muss dazu aufzeigen, dass dem Betroffenen ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet nicht zusteht. Hierfür ist der Grund der Ausreisepflicht zu bezeichnen, zu dessen Sicherung die Abschiebungshaft angeordnet werden soll. Ergibt sich die Ausreisepflicht aus einem vollziehbaren Bescheid, muss die Behörde in dem Haftantrag auf diesen Bescheid Bezug nehmen (vgl. Bahrenfuss/Grotkopp, FamFG, § 417 Rn. 4; Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 417 Rn. 8).
11
Dem entspricht der Haftantrag der Beteiligten zu 2 nicht, weil in diesem nur der bereits aufgehobene Bescheid des Bundesamtes vom 5. März 2008, jedoch nicht der Bescheid vom 7. Oktober 2009 erwähnt ist, aus dem allein sich die Ausreisepflicht des Betroffenen im Zeitpunkt der Beantragung der Abschiebungshaft ergeben konnte.
12
bb) Den Anforderungen an die Begründung des Haftantrags wird auch nicht dadurch genügt, dass nach der Akte der Bescheid des Bundesamtes vom 7. Oktober 2009 dem Haftantrag beilag. Die Behörde muss nämlich in dem Antrag selbst die die Verlassenspflicht begründenden Tatsachen bezeichnen. Nur dann ist gewährleistet, dass das Gericht die Grundlagen erkennt, auf welche die Behörde ihren Antrag stützt, und das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Übermittlung des Haftantrags nach § 23 Abs. 2 FamFG gewahrt wird (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Dodegge, FamFG, § 417 Rn. 14).
13
cc) Eine mögliche Heilung eines unvollständigen schriftlichen Haftantrags durch eine zu Protokoll des Haftrichters erklärte Ergänzung der Begründung (dazu Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 17, juris) ist hier nicht erfolgt, weil nach dem Protokoll der Anhörung vom 30. November 2009 von der Beteiligten zu 2 niemand zugegen war, dem Betroffenen allein der Haftantrag bekannt gegeben wurde und er sich dazu äußern konnte.
14
dd) Auf einen unvollständigen Antrag darf keine Haft angeordnet werden; vielmehr ist der Antrag - wenn keine Nachbesserung erfolgt - als unzulässig zu verwerfen (Bahrenfuss/Grotkopp, FamFG, § 417 Rn. 6; Bassenge/Roth/Gottwald , FamFG/RpflG, 12. Aufl., § 418 FamFG Rn. 5).
15
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand, weil es auch in der Beschwerdeinstanz an einem ordnungsgemäßen Haftantrag gefehlt hat (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 24). Die Beteiligte zu 2 hat nur den Haftantrag vom 25. November 2010 gestellt.
16
Die Mängel in jenem Haftantrag sind auch nicht durch die davon abweichenden Ausführungen in den Schriftsätzen der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz behoben worden, in denen die Beteiligte zu 2 zur Begründung der Ausreisepflicht des Betroffenen sich auf den Bescheid des Bundesamtes vom 5. Oktober 2009 gestützt, und auf dessen Einwand, ihm sei dieser Bescheid unbekannt gewesen, sich auf die Zustellungsfiktionen in § 10 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 Satz 4 AsylVfG berufen hat. Bei der ordnungsgemäßen Antragstellung durch die Behörde handelt es sich um eine unverzichtbare Verfahrensgarantie, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 GG fordert (BVerfG NVwZ-RR 2009, 304, 305; Senat, Beschl. v. 29. April 2010, V ZB 218/09, Rn. 19, juris).
17
3. Da ein Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 417 FamFG nicht mit der Argumentation für unbeachtlich erklärt werden kann, dass die Freiheitsentziehung materiell zu Recht angeordnet worden sei (BVerfG NVwZRR 2009, 304, 305), kommt es auf alle weiteren Ausführungen der Beteiligten nicht an.

IV.

18
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, dem Land Niedersachen, als derjenigen Körperschaft, der die beteiligte Behörde angehört (vgl. § 430 FamFG) zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten.
19
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 KostO.
Krüger Lemke RinBGH Dr. Stresemann ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben. Krüger Czub Roth Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 30.11.2009 - 44 XIV 144/09 -
LG Hannover, Entscheidung vom 19.01.2010 - 28 T 62/09 -

(1) In dem Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist eine Frist für die Freiheitsentziehung bis zur Höchstdauer eines Jahres zu bestimmen, soweit nicht in einem anderen Gesetz eine kürzere Höchstdauer der Freiheitsentziehung bestimmt ist.

(2) Wird nicht innerhalb der Frist die Verlängerung der Freiheitsentziehung durch richterlichen Beschluss angeordnet, ist der Betroffene freizulassen. Dem Gericht ist die Freilassung mitzuteilen.

(3) Für die Verlängerung der Freiheitsentziehung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZA 2/10
vom
25. Februar 2010
in der Freiheitsentziehungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Der Antrag des Betroffenen, ihm Verfahrenskostenhilfe für die Einlegung einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 15. Januar 2010 zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Der Betroffene behauptet, algerischer Staatsangehöriger zu sein; er reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt vor dem 5. Dezember 2003 ohne die erforderlichen Papiere in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit seit dem 1. März 2004 bestandskräftiger Verfügung der Ausländerbehörde wurde er ausgewiesen ; der sofortige Vollzug und die Abschiebung nach Algerien wurden angeordnet.
2
Zwischen dem 16. April 2004 und dem 24. März 2006 war der Aufenthalt des Betroffenen geduldet. Mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 14. März 2006 wurde er vergeblich aufgefordert, am 22. März 2006 an einer Sammelvorführung vor Vertretern der algerischen Botschaft teilzunehmen. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, sich einen gültigen Pass oder Ausweisersatzpapiere zu beschaffen, die dazu notwendigen Erklärungen abzugeben und sonstige Mitwirkungshandlungen vorzunehmen.
3
Am 15. März 2009 wurde der Betroffene festgenommen. Mit rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts vom 16. März 2009 wurde gegen den Betroffenen zur Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine seinerzeit zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe Haft für die Dauer von höchstens 3 Monaten, längstens bis zum 15. Juni 2009, angeordnet.
4
Seit dem 6. Juni 2009 befindet er sich in Abschiebehaft.
5
Seit Anfang Mai 2009 bemüht sich die Ausländerbehörde vergeblich, die Staatsangehörigkeit des Betroffenen zu klären. Derzeit wird davon ausgegangen , dass er marokkanischer Staatsangehöriger ist. Ein Identifizierungsverfahren wird in Marokko durchgeführt. Angaben zur Identifizierung macht der Betroffene nicht.
6
Auf Antrag der Ausländerbehörde hat das Amtsgericht mehrfach die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen angeordnet , zuletzt mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 bis zum Ablauf des 9. März 2010. Die Beschwerde des Betroffenen ist erfolglos geblieben. Dagegen will er Rechtsbeschwerde einlegen. Dafür beantragt er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts.

II.

7
Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass begründete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Betroffene Marokkaner sei, dass die Passersatzpapierbeschaffung zwar noch Zeit in Anspruch nehmen werde, es aber nicht ersichtlich sei, dass die Abschiebung nicht innerhalb der angeordneten Haftdauer erfolgen könne. Zudem habe die Ausländerbehörde das Verfahren immer schnellstmöglich betrieben.

III.

8
1. Der Betroffene erfüllt die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat jedoch keine Aussicht auf Erfolg.
9
2. Die Rechtsbeschwerde wäre allerdings statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG) und auch im Übrigen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG zulässig. Die Zurückweisung der Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der Verlängerung der Haftdauer ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
10
a) Falls der Betroffene rügen will, dass seine Anhörung vor dem Amtsgericht nicht ordnungsgemäß war, weil sie nicht im Beisein seines Bevollmächtigten stattgefunden hat, hätte das keinen Erfolg. Einem Verfahrensbevollmächtigten muss zwar die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Anhörungstermin teilzunehmen (OLG Karlsruhe InfAuslR 2006, 90; OLG Schleswig OLGR 2007, 495). Das ist hier aber erfolgt. Der Bevollmächtigte ist am Tag des Eingangs des Antrags der Ausländerbehörde bei dem Amtsgericht per Telefax zu dem Anhörungstermin am 10. Dezember 2009 geladen worden. Eine Teilnahme er- folgte wegen einer Terminskollision nicht. Ein Verlegungsantrag wurde nicht gestellt. Daher liegt keine verfahrensfehlerhafte Anhörung vor.
11
b) Sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht haben ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Betroffene nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 5 AufenthG zur Sicherung der Abschiebung in Haft zu nehmen war, weil die Ausreisefrist abgelaufen ist, der Betroffene seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, und die begründete Gefahr besteht, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wird. Aufgrund des bestandskräftigen Bescheids der Ausländerbehörde vom 29. Januar 2004 ist der Betroffene seit dem 2. März 2004 vollziehbar ausreisepflichtig. Er konnte jedoch erst am 15. März 2009 festgenommen werden. Aufgrund dieser Umstände und der Tatsache, dass der Betroffene nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere ist, besteht der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen wird.
12
c) Nach § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in den Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden (§ 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Die Voraussetzungen dafür liegen vor. Der Betroffene hat seine Abschiebung verhindert.
13
aa) Ein Verhindern liegt vor, wenn ein von dem Willen des Ausländers abhängiges pflichtwidriges Verhalten ursächlich dafür ist, dass die Abschiebung nicht erfolgen konnte (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Juli 1996, V ZB 14/96, NJW 1996, 2796; BayObLG, Beschl. v. 16. September 2004, 4Z BR 070/04, juris Rdn. 13), wenn also das für die Abschiebung bestehende Hindernis auf ein Tun des Ausländers, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf ein Unterlassen zurückgeht, während er zu einem Tun verpflicht ist (OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 243).
14
bb) Die Verpflichtung des Betroffenen, an der Beschaffung von Passersatzpapieren mitzuwirken, ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Verweigert er die Mitwirkung, verhindert er gleichzeitig seine Abschiebung, denn dann erhält er von seinem Heimatstaat keine Ersatzpapiere, so dass er in diesen nicht einreisen und auch nicht abgeschoben werden kann (OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 243). Gegen diese Mitwirkungspflicht, über die der Betroffene mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 14. März 2006 belehrt wurde, hat er schuldhaft verstoßen. Seine Angaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit haben erhebliche Zweifel an dem Wahrheitsgehalt aufgeworfen mit der Folge , dass umfangreiche Ermittlungen bei konsularischen Vertretungen mehrerer Staaten erforderlich geworden sind. Das hat zur Verzögerung der Abschiebung geführt, was der Betroffene zu vertreten hat. Denn in den ihm zuzurechnenden und von ihm daher hinzunehmenden Zeitraum fällt grundsätzlich auch das Prüfungsverfahren , das die Heimatbehörden bis zur positiven Bescheidung für sich in Anspruch nehmen (OLG München, Beschl. v. 9. Juli 2009, 34 Wx 057/09, juris Rdn 18; OLG Hamm JMBlNW 2007, 177; BayObLG InfAuslR 2000, 454).
15
cc) Sind die Möglichkeiten der Klärung der Staatsangehörigkeit erschöpft und kann die Ausländerbehörde deshalb keine konkreten Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung mehr treffen, ist die Anordnung der Abschiebungshaft allerdings nicht mehr zulässig, da sie ihren Zweck, die Abschiebung zu sichern , nicht mehr erfüllen kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1. Oktober 2008, I-3 Wx 206/08, juris Rdn. 11; BayObLG InfAuslR 2001, 446). So liegt es hier jedoch nicht. Die Identitätsfeststellung durch die marokkanischen Behörden ist noch nicht abgeschlossen. Eine Aussichtlosigkeit der laufenden Ermittlungen ist derzeit nicht gegeben, da es ernsthafte Anhaltspunkte für eine marokkanische Staatsangehörigkeit des Betroffenen gibt. Die Sicherungshaft dient hier somit nicht dem Zweck, den Betroffenen zur Abgabe von Erklärungen zu veranlassen (sog. Beugehaft).
16
d) Die Haftanordnung ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Ausländerbehörde die Abschiebungsvorbereitungen nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben hätte. Seit Mai 2009 wird das Verfahren fortwährend betrieben. Bereits während der Strafhaft wurde der Betroffene der algerischen Botschaft vorgeführt. Auch das marokkanische Generalkonsulat wurde noch während der Strafhaft um Durchführung eines Identifizierungsverfahrens gebeten. Die lange Dauer der Identifizierung hat ihre Ursache in der Beteiligung von drei Staaten, der Notwendigkeit der Durchführung von entsprechenden Sammelvorführungen und den hiermit einhergehenden organisatorischen Maßnahmen. Ferner hat die Ausländerbehörde Ermittlungen in Tunesien, Algerien und Marokko z. T. parallel durchführen lassen. Insbesondere gegenüber Marokko hat sie zudem auf die besondere Dringlichkeit des Verfahrens sowohl mündlich als auch schriftlich hingewiesen. Auf die Bearbeitung der Verfahren durch die beteiligten ausländischen Behörden selbst hat die Ausländerbehörde jedoch keinen Einfluss. Dortige Verzögerungen sind ihr nicht zuzurechnen (OLG München, Beschl. v. 9. Juli 2009, 34 Wx 057/09, juris; OLG Hamm JMBlNW 2007, 177; BayObLG InfAuslR 2000, 454).
17
e) Die Haftanordnung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil absehbar ist, dass die Abschiebung innerhalb des nach dem Gesetz vorgeschriebenen zeitlichen Rahmens unmöglich ist (vgl. hierzu OLG Karlsruhe FGPrax 1995, 207). Zwar hat das marokkanische Generalkonsulat mit Schreiben vom 8. September 2009 mitgeteilt, dass "die Identifizierung der Fingerabdrücke des Betreffenden eine genaue Untersuchung erfordert und daher eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt". Dem kann aber nicht entnommen werden, wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist. Zudem hat das Regierungspräsidium dem Amtsgericht im Juni 2009 mitgeteilt, dass von fünf bei dem marokkanischen Generalkonsulat beantragten Identifizierungsverfahren zwei innerhalb von drei Monaten positiv beschieden worden, ein weiteres im Zeitraum von drei bis sechs Monaten und zwei Verfahren aus dem Jahr 2008 noch nicht abgeschlossen seien. Nach den Erfahrungen der Zentralen Ausländerbehörde ist in einem Zeitraum von bis zu 10 Monaten nach Übersenden des Passersatzpapier-Antrages mit einem positiven Rücklauf aus Marokko zu rechnen. Da das Passersatzpapier für den Betroffenen bei dem marokkanischen Generalkonsulat am 18. Mai 2009 beantragt worden ist, ist somit nicht ausgeschlossen, dass es rechtzeitig einen positiven Bescheid geben kann.
18
f) Schließlich ist die Haftanordnung bis zum 9. März 2010 auch im Übrigen verhältnismäßig. Sie unterschreitet die mögliche Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten nach § 62 Abs. 3 AufenthG. Zudem befindet sich der Betroffene zwar seit dem 15. März 2009 in Haft. Ausweislich des Vollstreckungsblatts musste aber zunächst bis zum 5. Juni 2009 eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden. Die Vollstreckung der Sicherungshaft begann demnach am 6. Juni 2009 und dauert somit bis heute keine neun Monate.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 10.12.2009 - 271 XIV 417/09 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 15.01.2010 - 26 T 106/09 -

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und
a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder
b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig handelt,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,
3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht,
4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder
5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a zugunsten eines minderjährigen ledigen Ausländers handelt, der ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder einer dritten Person, die die Fürsorge oder Obhut für ihn übernommen hat, in das Bundesgebiet einreist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und
2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.

(1) Der Asylantrag ist bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Das Bundesamt kann den Ausländer in Abstimmung mit der von der obersten Landesbehörde bestimmten Stelle verpflichten, seinen Asylantrag bei einer anderen Außenstelle zu stellen. Der Ausländer ist vor der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung darauf hinzuweisen, dass nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines Asylantrages die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes Beschränkungen unterliegt. In Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 ist der Hinweis unverzüglich nachzuholen.

(2) Der Asylantrag ist beim Bundesamt zu stellen, wenn der Ausländer

1.
einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt,
2.
sich in Haft oder sonstigem öffentlichem Gewahrsam, in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet, oder
3.
minderjährig ist und sein gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
Die Ausländerbehörde leitet einen bei ihr eingereichten schriftlichen Antrag unverzüglich dem Bundesamt zu. Das Bundesamt bestimmt die für die Bearbeitung des Asylantrags zuständige Außenstelle.

(3) Befindet sich der Ausländer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 in

1.
Untersuchungshaft,
2.
Strafhaft,
3.
Vorbereitungshaft nach § 62 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes,
4.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes, weil er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat,
5.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes,
6.
Mitwirkungshaft nach § 62 Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes,
7.
Ausreisegewahrsam nach § 62b des Aufenthaltsgesetzes,
steht die Asylantragstellung der Anordnung oder Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Dem Ausländer ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich selbst vorher anwaltlichen Beistands versichert. Die Abschiebungshaft endet mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes, spätestens jedoch vier Wochen nach Eingang des Asylantrags beim Bundesamt, es sei denn, es wurde auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren ein Auf- oder Wiederaufnahmeersuchen an einen anderen Staat gerichtet oder der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 oder als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZA 2/10
vom
25. Februar 2010
in der Freiheitsentziehungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Der Antrag des Betroffenen, ihm Verfahrenskostenhilfe für die Einlegung einer Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 15. Januar 2010 zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Der Betroffene behauptet, algerischer Staatsangehöriger zu sein; er reiste zu einem nicht bekannten Zeitpunkt vor dem 5. Dezember 2003 ohne die erforderlichen Papiere in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit seit dem 1. März 2004 bestandskräftiger Verfügung der Ausländerbehörde wurde er ausgewiesen ; der sofortige Vollzug und die Abschiebung nach Algerien wurden angeordnet.
2
Zwischen dem 16. April 2004 und dem 24. März 2006 war der Aufenthalt des Betroffenen geduldet. Mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 14. März 2006 wurde er vergeblich aufgefordert, am 22. März 2006 an einer Sammelvorführung vor Vertretern der algerischen Botschaft teilzunehmen. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, sich einen gültigen Pass oder Ausweisersatzpapiere zu beschaffen, die dazu notwendigen Erklärungen abzugeben und sonstige Mitwirkungshandlungen vorzunehmen.
3
Am 15. März 2009 wurde der Betroffene festgenommen. Mit rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts vom 16. März 2009 wurde gegen den Betroffenen zur Sicherung der Abschiebung im Anschluss an eine seinerzeit zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe Haft für die Dauer von höchstens 3 Monaten, längstens bis zum 15. Juni 2009, angeordnet.
4
Seit dem 6. Juni 2009 befindet er sich in Abschiebehaft.
5
Seit Anfang Mai 2009 bemüht sich die Ausländerbehörde vergeblich, die Staatsangehörigkeit des Betroffenen zu klären. Derzeit wird davon ausgegangen , dass er marokkanischer Staatsangehöriger ist. Ein Identifizierungsverfahren wird in Marokko durchgeführt. Angaben zur Identifizierung macht der Betroffene nicht.
6
Auf Antrag der Ausländerbehörde hat das Amtsgericht mehrfach die Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen angeordnet , zuletzt mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 bis zum Ablauf des 9. März 2010. Die Beschwerde des Betroffenen ist erfolglos geblieben. Dagegen will er Rechtsbeschwerde einlegen. Dafür beantragt er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts.

II.

7
Das Beschwerdegericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass begründete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Betroffene Marokkaner sei, dass die Passersatzpapierbeschaffung zwar noch Zeit in Anspruch nehmen werde, es aber nicht ersichtlich sei, dass die Abschiebung nicht innerhalb der angeordneten Haftdauer erfolgen könne. Zudem habe die Ausländerbehörde das Verfahren immer schnellstmöglich betrieben.

III.

8
1. Der Betroffene erfüllt die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat jedoch keine Aussicht auf Erfolg.
9
2. Die Rechtsbeschwerde wäre allerdings statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG) und auch im Übrigen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG zulässig. Die Zurückweisung der Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der Verlängerung der Haftdauer ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden.
10
a) Falls der Betroffene rügen will, dass seine Anhörung vor dem Amtsgericht nicht ordnungsgemäß war, weil sie nicht im Beisein seines Bevollmächtigten stattgefunden hat, hätte das keinen Erfolg. Einem Verfahrensbevollmächtigten muss zwar die Möglichkeit eingeräumt werden, an dem Anhörungstermin teilzunehmen (OLG Karlsruhe InfAuslR 2006, 90; OLG Schleswig OLGR 2007, 495). Das ist hier aber erfolgt. Der Bevollmächtigte ist am Tag des Eingangs des Antrags der Ausländerbehörde bei dem Amtsgericht per Telefax zu dem Anhörungstermin am 10. Dezember 2009 geladen worden. Eine Teilnahme er- folgte wegen einer Terminskollision nicht. Ein Verlegungsantrag wurde nicht gestellt. Daher liegt keine verfahrensfehlerhafte Anhörung vor.
11
b) Sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht haben ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Betroffene nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 5 AufenthG zur Sicherung der Abschiebung in Haft zu nehmen war, weil die Ausreisefrist abgelaufen ist, der Betroffene seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, und die begründete Gefahr besteht, dass sich der Betroffene der Abschiebung entziehen wird. Aufgrund des bestandskräftigen Bescheids der Ausländerbehörde vom 29. Januar 2004 ist der Betroffene seit dem 2. März 2004 vollziehbar ausreisepflichtig. Er konnte jedoch erst am 15. März 2009 festgenommen werden. Aufgrund dieser Umstände und der Tatsache, dass der Betroffene nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere ist, besteht der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen wird.
12
c) Nach § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in den Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden (§ 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Die Voraussetzungen dafür liegen vor. Der Betroffene hat seine Abschiebung verhindert.
13
aa) Ein Verhindern liegt vor, wenn ein von dem Willen des Ausländers abhängiges pflichtwidriges Verhalten ursächlich dafür ist, dass die Abschiebung nicht erfolgen konnte (vgl. Senat, Beschl. v. 11. Juli 1996, V ZB 14/96, NJW 1996, 2796; BayObLG, Beschl. v. 16. September 2004, 4Z BR 070/04, juris Rdn. 13), wenn also das für die Abschiebung bestehende Hindernis auf ein Tun des Ausländers, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf ein Unterlassen zurückgeht, während er zu einem Tun verpflicht ist (OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 243).
14
bb) Die Verpflichtung des Betroffenen, an der Beschaffung von Passersatzpapieren mitzuwirken, ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Verweigert er die Mitwirkung, verhindert er gleichzeitig seine Abschiebung, denn dann erhält er von seinem Heimatstaat keine Ersatzpapiere, so dass er in diesen nicht einreisen und auch nicht abgeschoben werden kann (OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 243). Gegen diese Mitwirkungspflicht, über die der Betroffene mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 14. März 2006 belehrt wurde, hat er schuldhaft verstoßen. Seine Angaben zu seiner Identität und Staatsangehörigkeit haben erhebliche Zweifel an dem Wahrheitsgehalt aufgeworfen mit der Folge , dass umfangreiche Ermittlungen bei konsularischen Vertretungen mehrerer Staaten erforderlich geworden sind. Das hat zur Verzögerung der Abschiebung geführt, was der Betroffene zu vertreten hat. Denn in den ihm zuzurechnenden und von ihm daher hinzunehmenden Zeitraum fällt grundsätzlich auch das Prüfungsverfahren , das die Heimatbehörden bis zur positiven Bescheidung für sich in Anspruch nehmen (OLG München, Beschl. v. 9. Juli 2009, 34 Wx 057/09, juris Rdn 18; OLG Hamm JMBlNW 2007, 177; BayObLG InfAuslR 2000, 454).
15
cc) Sind die Möglichkeiten der Klärung der Staatsangehörigkeit erschöpft und kann die Ausländerbehörde deshalb keine konkreten Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung mehr treffen, ist die Anordnung der Abschiebungshaft allerdings nicht mehr zulässig, da sie ihren Zweck, die Abschiebung zu sichern , nicht mehr erfüllen kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1. Oktober 2008, I-3 Wx 206/08, juris Rdn. 11; BayObLG InfAuslR 2001, 446). So liegt es hier jedoch nicht. Die Identitätsfeststellung durch die marokkanischen Behörden ist noch nicht abgeschlossen. Eine Aussichtlosigkeit der laufenden Ermittlungen ist derzeit nicht gegeben, da es ernsthafte Anhaltspunkte für eine marokkanische Staatsangehörigkeit des Betroffenen gibt. Die Sicherungshaft dient hier somit nicht dem Zweck, den Betroffenen zur Abgabe von Erklärungen zu veranlassen (sog. Beugehaft).
16
d) Die Haftanordnung ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Ausländerbehörde die Abschiebungsvorbereitungen nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben hätte. Seit Mai 2009 wird das Verfahren fortwährend betrieben. Bereits während der Strafhaft wurde der Betroffene der algerischen Botschaft vorgeführt. Auch das marokkanische Generalkonsulat wurde noch während der Strafhaft um Durchführung eines Identifizierungsverfahrens gebeten. Die lange Dauer der Identifizierung hat ihre Ursache in der Beteiligung von drei Staaten, der Notwendigkeit der Durchführung von entsprechenden Sammelvorführungen und den hiermit einhergehenden organisatorischen Maßnahmen. Ferner hat die Ausländerbehörde Ermittlungen in Tunesien, Algerien und Marokko z. T. parallel durchführen lassen. Insbesondere gegenüber Marokko hat sie zudem auf die besondere Dringlichkeit des Verfahrens sowohl mündlich als auch schriftlich hingewiesen. Auf die Bearbeitung der Verfahren durch die beteiligten ausländischen Behörden selbst hat die Ausländerbehörde jedoch keinen Einfluss. Dortige Verzögerungen sind ihr nicht zuzurechnen (OLG München, Beschl. v. 9. Juli 2009, 34 Wx 057/09, juris; OLG Hamm JMBlNW 2007, 177; BayObLG InfAuslR 2000, 454).
17
e) Die Haftanordnung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil absehbar ist, dass die Abschiebung innerhalb des nach dem Gesetz vorgeschriebenen zeitlichen Rahmens unmöglich ist (vgl. hierzu OLG Karlsruhe FGPrax 1995, 207). Zwar hat das marokkanische Generalkonsulat mit Schreiben vom 8. September 2009 mitgeteilt, dass "die Identifizierung der Fingerabdrücke des Betreffenden eine genaue Untersuchung erfordert und daher eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt". Dem kann aber nicht entnommen werden, wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist. Zudem hat das Regierungspräsidium dem Amtsgericht im Juni 2009 mitgeteilt, dass von fünf bei dem marokkanischen Generalkonsulat beantragten Identifizierungsverfahren zwei innerhalb von drei Monaten positiv beschieden worden, ein weiteres im Zeitraum von drei bis sechs Monaten und zwei Verfahren aus dem Jahr 2008 noch nicht abgeschlossen seien. Nach den Erfahrungen der Zentralen Ausländerbehörde ist in einem Zeitraum von bis zu 10 Monaten nach Übersenden des Passersatzpapier-Antrages mit einem positiven Rücklauf aus Marokko zu rechnen. Da das Passersatzpapier für den Betroffenen bei dem marokkanischen Generalkonsulat am 18. Mai 2009 beantragt worden ist, ist somit nicht ausgeschlossen, dass es rechtzeitig einen positiven Bescheid geben kann.
18
f) Schließlich ist die Haftanordnung bis zum 9. März 2010 auch im Übrigen verhältnismäßig. Sie unterschreitet die mögliche Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten nach § 62 Abs. 3 AufenthG. Zudem befindet sich der Betroffene zwar seit dem 15. März 2009 in Haft. Ausweislich des Vollstreckungsblatts musste aber zunächst bis zum 5. Juni 2009 eine Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden. Die Vollstreckung der Sicherungshaft begann demnach am 6. Juni 2009 und dauert somit bis heute keine neun Monate.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 10.12.2009 - 271 XIV 417/09 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 15.01.2010 - 26 T 106/09 -

(1) Ein Ausländer ist verpflichtet,

1.
seinen Pass, seinen Passersatz oder seinen Ausweisersatz und
2.
seinen Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung
auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist. Ein deutscher Staatsangehöriger, der zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, ist verpflichtet, seinen ausländischen Pass oder Passersatz auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, wenn
1.
ihm nach § 7 Absatz 1 des Passgesetzes der deutsche Pass versagt, nach § 8 des Passgesetzes der deutsche Pass entzogen worden ist oder gegen ihn eine Anordnung nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes ergangen ist, wenn Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer beabsichtigt, das Bundesgebiet zu verlassen oder
2.
die Voraussetzungen für eine Untersagung der Ausreise nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes vorliegen und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung des ausländischen Passes oder Passersatzes zur Durchführung oder Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich sind.

(2) Ein Ausländer, der einen Pass oder Passersatz weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist.

(3) Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Kommt der Ausländer seiner Verpflichtung nicht nach und bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist, können er und die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden. Der Ausländer hat die Maßnahme zu dulden.

(3a) Die Auswertung von Datenträgern ist nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat nach Maßgabe von Absatz 3 erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Der Ausländer hat die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung von Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Die Datenträger dürfen nur von einem Bediensteten ausgewertet werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch die Auswertung von Datenträgern erlangt werden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.

(4) Wird nach § 5 Abs. 3 oder § 33 von der Erfüllung der Passpflicht (§ 3 Abs. 1) abgesehen, wird ein Ausweisersatz ausgestellt. Absatz 3 bleibt hiervon unberührt.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.