Landgericht Stendal Beschluss, 30. Dez. 2014 - 509 StVK 179/13

ECLI:ECLI:DE:LGSTEND:2014:1230.509STVK179.13.0A
30.12.2014

Tenor

Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom 11. März 2013 wird die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013, mit welcher sie den Antrag des Antragstellers vom 25. Februar 2013 auf Senkung der Telefongebühren abgelehnt hat, aufgehoben und die Antragsgegnerin wird verpflichtet, erneut - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - über den Antrag des Antragstellers auf Senkung der Telefongebühren zu entscheiden.

Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Antragstellers hat die Landeskasse zu tragen.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Strafgefangener in der JVA Burg.

2

Bei der JVA Burg handelt es sich um eine Justizvollzugsanstalt, bei welcher einzelne Aufgaben des Strafvollzuges über ein privates Unternehmen, die CC Justizdienstleistungen GmbH & Co. KG, sichergestellt werden (Public Privat Partnership-project).

3

Die Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Burg können seit dem 1. Mai 2009 über das Gefangenentelefonsystem der Fa. BB Communications GmbH, welches in den einzelnen Vollzugsabteilungen der JVA Burg installiert ist, telefonieren.Alternative Telefonnutzungsmöglichkeiten stehen den Gefangenen der JVA Burg nicht zur Verfügung.

4

Die BB Communications GmbH ist ein 1998 gegründetes Unternehmen, welches seit 1999 Gefangenentelefonanlagen und mittlerweile europaweit Kommunikationssysteme im Strafvollzug betreibt. Sie ist - nach eigenen Angaben - Marktführerin im Bereich der Gefängnistelefonie (vgl. www.tel.io/de). Europaweit sind bereits über 300 BB-Anlagen im Betrieb.

5

Die Verbindungsentgelte betragen pro Minute in der JVA Burg 0,10 € für Ortsgespräche, 0,20 € für Ferngespräche, 0,70 € für Mobilfunkgespräche und zwischen 0,60 € und 2,60 € für Auslandsgespräche. Die Telefongespräche können von den Gefangenen nach Errichtung eines sog. "BB-Kontos" geführt werden. Auf dieses Konto können auch die Angehörigen der Gefangenen und sonstige Dritte Beträge einzahlen.

6

Bereits unter dem 11. und 16. Juli 2002 schlossen das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Ministerium der Justiz und die BB Communications GmbH einen sog. „Rahmenvertrag über die Erbringung von Telekommunikationsleistungen für die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten und Jugendanstalten des Bundeslandes Sachsen-Anhalt“.

7

In diesem Rahmenvertrag heißt es unter anderem wörtlich:

8

§ 1 Vertragsgegenstand

9

1. Gegenstand dieses Vertrages ist die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen für die Justizvollzugsanstalten .und Jugendanstalten (Justizvollzugsanstalten) des Landes unter Verwendung einer technischen Anlage - nachstehend BB-Call-Telefonanlage („TECT") genannt

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Voraussetzung für die Erbringung der Telekommunikationsdienstleistungen ist die Nutzung der TECT und der entsprechenden Software (TECT-Manager-Software).

11

2. BB stellt den Justizvollzugsanstalten die TECT und die zu deren Betrieb erforderliche Software kostenfrei zur Verfügung und installiert die Anlage für die Benutzung durch die Gefangenen. BB und jede einzelne Justizvollzugsanstalt klären nach den örtlichen Gegebenheiten den Bedarf an Geräten und Gegenständen, die für die Bereitstellung der Telekommunikationsdienstleistungen benötigt werden, und legen in einer Ergänzungsvereinbarung nach dem Muster der Anlagen A und B die Auflistung der überlassenen Geräte und Gegenstände und deren Aufstellorte fest. Die Geräte und Gegenstände, die Bestandteile der TECT sind und der Justizvollzugsanstalt zur Nutzung bereitgestellt werden, verbleiben im Eigentum der BB.

12

3. BB übernimmt für die Justizvollzugsanstalten die Verwaltung des Telefonverkehrs der Gefangen, die Abrechnung angefallener Telefonentgelte, die Einrichtung und Wartung der TECT, die Bereitstellung des Zugangs zum Telefonnetz, einschließlich der erforderlichen Leistungskapazitäten (im folgenden „Telefonie"), insgesamt im folgenden „Telekommunikationsdienstleistung" (spezifiziert in Anlage C). BB sichert eine Jahresgesamtverfügbarkeit der Telefoniemöglichkeit von 97, 7 % zu.

13

4. BB sichert dem Land einen dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Sicherheitsstandard zu.“

14

15

„§ 3 Betrieb der Anlage, Zutritt zu den Betriebsräumen in den Justizvollzugsanstalten und Störungen

16

1. Die Justizvollzugsanstalten sind die Betreiber der TECT und Auftraggeber der Telekommunikationsdienstleistungen. Sie treffen die Entscheidung über Art und Umfang des den Gefangenen zu gestattenden Telefonverkehrs, insbesondere über Beschränkungen auf bestimmte Rufnummern bzw. die Vorenthaltung des Zugangs zu bestimmten Rufnummern sowie die allgemein oder im Einzelfall anzuordnenden Überwachungsmaßnahmen. Das Telekommunikationsangebot innerhalb der Justizvollzugsanstalten gegenüber den Gefangenen wird ausschließlich im Namen der Justizvollzugsanstalten erklärt und wahrgenommen. Die Gefangenen werden durch Aushändigung entsprechender Merkblätter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine vertraglichen Beziehungen zwischen ihnen und BB bestehen. Die Justizvollzugsanstalten stimmen ihre Benutzungsbedingungen für die Gefangenen vor deren Bekanntgabe mit BB ab.

17

2. Die Justizvollzugsanstalten erheben sämtliche zur Erbringung der Dienstleistung (Anlage C) erforderlichen Daten unter Beachtung aller relevanten Datenschutzvorschriften und stellen BB diese und sonstige relevanten Informationen für die Laufzeit des Vertragsverhältnisses zur Verfügung. Die Justizvollzugsanstalten werden die Gefangenen bei der Datenerhebung auf ihre Datenschutzrechte und die erforderliche Weitergabe der Daten an einen Dritten hinweisen.

18

3. Die Justizvollzugsanstalten werden dafür Sorge tragen, dass der Zugang zum Aufstellort der TECT sowie zu den TECT-Workstations nur autorisiertem Personal gestattet ist und dass die technischen Anlagen nur durch geschultes Personal bedient werden.

19

4. Die Justizvollzugsanstalten werden die äußerliche Reinigung und Pflege sowie den ohne besondere technische Fachkenntnisse gegebenenfalls durchzuführenden Austausch von geringwertigen Ersatzteilen an den BBphones durchführen. Die Ersatzteile werden im Rahmen der Wartung durch BB kostenfrei zur Verfügung gestellt.

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21

9. Für die Störungsbeseitigung am TECT-Hauptsystem werden die nachstehenden Fristen definiert:

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Montag bis Freitag innerhalb von 8 Stunden in der Zeit von 8 Uhr bis 20 Uhr
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Samstags, Sonntags und an gesetzlichen Feiertagen innerhalb von 10 Stunden in der Zeit von 8 Uhr bis 20 Uhr

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Die Frist beginnt mit dem Eingang der sowohl mittels Telefax als auch fernmündlich vorzunehmenden Störungsmeldung der Justizvollzugsanstalt bei der BB.“

25

26

§ 4 Durchführung und Abrechnung der Telefonie

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1. Die Justizvollzugsanstalten erfassen mittels der von BB zur Verfügung gestellten TECT-Manager-Software die persönlichen Daten der Gefangenen, die eine Telefoniemöglichkeit beantragt und genehmigt bekommen haben. Nach Genehmigung richtet die Justizvollzugsanstalt die Telefonkonten für neu zugegangene Gefangene unverzüglich ein und teilt den Gefangenen die notwendigen Kontoinformationen (PIN-Brief) mit.

28

2. Die Wahrnehmung des Telefonieangebots erfolgt ausschließlich auf Guthabenbasis. Die Justizvollzugsanstalten überweisen für jeden teilnehmenden Gefangen die für die Nutzung von Telekommunikationsdienstleistungen bestimmten Beträge (jeweiliges Guthaben des Telefonkontos) nach Abbuchung vom Eigen- oder Hausgeldkonto schnellstmöglich auf das von BB für die einzelne Justizvollzugsanstalt eingerichtete Treuhandkonto. BB ordnet den gezahlten Gesamtbetrag den registrierten Gefangen individuell zu, protokolliert den jeweiligen Telefonverkehr jedes Gefangenen und verrechnet die tatsächlichen, individuellen Telefonkosten mit dem Guthabenbetrag des jeweiligen Gefangenen, bis der jeweilige Betrag aufgebraucht ist.

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3. BB lässt Telefonie für einen registrierten Gefangenen mit Erfassung der Daten und Buchung eines Guthabenbetrages auf dem Telefonkonto in dem Umfang des gebuchten Betrages bereits vor Überweisung des entsprechenden Betrages durch die Justizvollzugsanstalten zu. Das Risiko für Erfassungsfehler tragen insoweit die Justizvollzugsanstalten.

30

4. BB hat gegenüber den Justizvollzugsanstalten einen Anspruch auf Ausgleich für sämtliche, auf den Eingaben der Justizvollzugsanstalten beruhenden und durch Gefangene wahrgenommene Telefonleistungen.“

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32

㤠5 Vertragsdauer

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1. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 10 (zehn) Jahre. Die Vertragslaufzeit verlängert sich stillschweigend um jeweils weitere 5 (fünf) Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von einem Jahr vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt wird.

34

2. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

35

§ 6 Haftung, Gewährleistung

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37

3. Das Land bzw. die Justizvollzugsanstalten haften nicht für entgangenen Gewinn, soweit zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einer Justizvollzugsanstalt vorübergehend kein Telefonverkehr gestattet werden kann. Sie haften auch nicht für Schäden an den BBphones, die durch Vandalismus von Gefangenen entstanden sind. Insoweit beschädigte BBphones werden von BB kostenfrei ersetzt.

38

§ 7 Kündigung

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40

2. BB kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende kündigen, wenn

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42

b) so wesentliche Veränderungen an den technischen Anlagen durchzuführen sind oder sich die wirtschaftliche Grundlage dieses Vertrags auf Grund vollzugsbedingter Einschränkungen während der Vertragsdauer so weit verschlechtert, dass der BB ein Festhalten an dem Vertrag zu den vereinbarten Konditionen nicht mehr zumutbar ist.

43

§10 Leistungen der Justizvollzugsanstalten

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1. Die Justizvollzugsanstalt trägt die laufenden Raumkosten sowie die laufenden Energiekosten für die TECT. Die Wandmontage der BBphones erfolgt durch die BB bzw. nach deren Vorgaben im Einvernehmen mit der jeweiligen Justizvollzugsanstalt. BB kann damit auf ihre Kosten die örtliche Arbeitsverwaltung der Justizvollzugsanstalten beauftragen.

45

2. Die Justizvollzugsanstalten veranlassen die Einrichtung der für die Administration erforderlichen ISDN-Basis-Anschlüsse. Die Kosten der ISDN-Anschlüsse trägt BB, soweit nicht vorhandene ISDN-Leitungen der jeweiligen Justizvollzugsanstalt ohne zusätzliche Grundgebühren mitgenutzt werden können. BB trägt die anfallenden Verbindungsentgelte für die Übertragung der Administrationsdaten in das BB-Rechenzentrum und erhält die monatliche Rechnung einschließlich Einzelverbindungsnachweis.

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3. Die Justizvollzugsanstalten tragen die Kosten für das Verbrauchsmaterial zur Verwaltung der Telefonkonten (PIN-Briefe und Druckerpatronen).“

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㤠13 Verschiedenes

48

49

7. Der Vertrag soll in allen Justizvollzugsanstalten des Landes möglichst zügig umgesetzt werden. Ist dafür in einzelnen Justizvollzugsanstalten aufgrund der baulichen Gegebenheiten ein überdurchschnittlicher Verkabelungsaufwand erforderlich, der die wirtschaftlichen Möglichkeiten der BB und die Grenzen der Zumutbarkeit übersteigt, so ist mit dem Ministerium der Justiz im Einzelfall Einvernehmen für das weitere Vorgehen - ggf. eine Kostenbeteiligung des Landes - herbeizuführen. Die Vertragspartner vereinbaren, dass in solchen Fällen die Umsetzung des Vertrages für die betroffene Justizvollzugsanstalt solange ruht, bis die dafür erforderlichen Haushaltsmittel bereit gestellt werden können. Nach Ermittlung des erforderlichen Verkabelungs- und sonstigen Ausstattungsaufwands in den einzelnen Anstalten stellen die Vertragspartner Einvernehmen darüber her, dass die Voraussetzungen für die Umsetzung des Vertrags vorliegen und wann mit der Ausstattung jeder einzelnen Anstalt begonnen werden kann.“

50

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Rahmenvertrag Nr. 5630/2002 (Anlage 1 zu der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 17. Januar 2014, Bl. 124 ff. Bd. I) verwiesen.

51

Ausweislich eines Vermerks des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. Dezember 2008 wird die Gefangenentelefonie in der JVA Burg über die Projektgesellschaft sichergestellt und die Firma CC hat sich der Firma BB als Nachunternehmen bedient (vgl. Vermerk des MJ LSA vom 12. Dezember 2008, Bl. 143 Bd. I d.A.). Über die Abwicklung/Nutzung des von der Firma CC bereitgestellten Telefonsystems wurde eine ergänzende Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Firma BB Communications GmbH geschlossen. Es heißt in diesem Vertrag zwischen der BB Communications GmbH und der Antragsgegnerin unter anderem wörtlich:

52

㤠2 Kosten und Abrechnung

53

1. Der Preis einer Tarifeinheit, die Taktlängen sowie die Tarifzonen und Tarifzeiten für ein Gespräch über die PHON-10 entsprechen während der Vertragslaufzeit der jeweils gültigen TEB von BB. Die TEB wird als Anlage II wesentlicher Bestandteil dieser Vereinbarung. Änderungen der Tarife sind im Einvernehmen mit der JVA möglich.

54

2. Die JVA schuldet der BB die Gebühren für die jeweils von den Gefangenen geführten Telefonate. BB ist verpflichtet, einen Verbindungsaufbau nur auf Guthabenbasis zuzulassen. Eventuelle Fehlbuchungen bzw. Rückerstattungen werden von BB ausschließlich gegenüber der JVA als Auftraggeber ausgeglichen.“

55

㤠8 Verschiedenes

56

1. Während der Vertragslaufzeit verpflichtet sich die JVA, die Telekommunikation für Gefangene ausschließlich über die PHON-10 zuzulassen. Die JVA hat das Recht, einem Gefangenen in vollzugsgebotenen Einzelfällen, Telefonate unter Inanspruchnahme dienstlicher Telefonanlagen zu gestatten.

57

2. BB ist berechtigt, die von ihr der JVA geschuldeten Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. BB ist weiter berechtigt, die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag ganz oder teilweise auf einen Dritten zu übertragen. Die JVA ist von jeglicher Übertragung unverzüglich schriftlich zu unterrichten. Die JVA hat in dem Fall die Möglichkeit, dieses Vertragsverhältnis innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung schriftlich fristlos zu kündigen. Macht die JVA von diesem Recht keinen Gebrauch, besteht das Vertragsverhältnis mit dem neuen Vertragspartner bzw. mit BB und dem nunmehr verpflichteten Dritten zu den bisherigen Konditionen fort. Aus Anlass einer solchen Übertragung kommen weitere Ansprüche der JVA nicht in Betracht.

58

3. Für den Fall, dass ein Insasse oder sonst ein von der JVA zugelassener Benutzer Ansprüche unmittelbar gegen BB im Zusammenhang mit diesem Vertrag geltend macht, werden diese Anliegen an die JVA weitergegeben und von der JVA bearbeitet. Sollte der Insasse oder sonst ein von der JVA zugelassener Benutzer gleichwohl unmittelbar gegen BB die Ansprüche weiterverfolgen, wird die JVA BB in jeder Weise unterstützen und BB mit allen erforderlichen Informationen und Nachweisen versorgen, damit BB die Richtigkeit der geltend gemachten Ansprüche prüfen kann und sich ggf. gegen die Geltendmachung auch gerichtlich ausreichend wehren kann.“

59

In der Anlage I „Durchführungsregelungen und Leistungsverzeichnis" (TDL) heißt es unter anderem wörtlich:

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5. Die JVA erfasst unverzüglich die persönlichen Daten der Gefangenen, die eine Telefoniemöglichkeit beantragt und genehmigt bekommen haben, richtet die jeweiligen Telefonkonten ein und teilt den Gefangenen die notwendigen Kontoinformationen (PIN-Brief) mit.

61

6. Das Telefonieangebot erfolgt ausschließlich auf Guthabenbasis. Die JVA überweist für jeden teilnehmenden Gefangenen bestimmte Beträge (jeweiliges Guthaben des Telefonkontos) vom Eigen- oder Hausgeldkonto schnellstmöglich auf das für die JVA von BB eingerichtete Treuhandkonto.

62

BB ordnet den gezahlten Gesamtbetrag den registrierten Gefangenen individuell zu, protokolliert den jeweiligen Telefonverkehr eines jeden Gefangenen und verrechnet dann die tatsächlichen, individuellen Telefonkosten mit dem Guthabenbetrag des jeweiligen Gefangenen, bis der jeweilige Betrag aufgebraucht Ist.

63

7. BB lässt Telefonie für einen Gefangenen bereits mit Erfassung der Daten und Umbuchung eines Guthabenbetrages auf das Telefonkonto in dem Umfang des gebuchten Betrages zu, also bereits vor tatsächlicher Überweisung des entsprechenden Betrages durch die JVA. Das Risiko für Erfassungsfehler trägt insoweit die JVA. Die JVA übermittelt BB für den zurückliegenden Buchungsmonat schriftlich (per Post oder per Fax) eine Aufstellung der durch die Zahlstelle gebuchten Guthabenbeträge für die einzelnen Telefonkonten. Hierzu genügt ein Ausdruck des Buchungsjournals, welches über die von BB zur Verfügung gestellte Verwaltungssoftware (ADMIN-10 Software) bereitgestellt wird.

64

8. Restguthaben von Gefangenen, die einen Betrag von 0,50 EUR unterschreiten und nicht ausdrücklich innerhalb von zwölf Monaten vom Gefangenen durch die JVA abgefordert werden, verfallen zugunsten von BB, worauf die JVA in ihren Nutzungsbedingungen ausdrücklich hinweist.

65

9. Soweit es durch die JVA gestattet ist, dass externe Personen den Gefangenen Beträge zum Telefonieren überweisen, kann dies auch bis auf weiteres auf ein Sammelkonto von BB erfolgen. BB wird den auf den jeweiligen Gefangenen entfallenden Betrag seinem Telefonkonto umgehend gutschreiben. Die JVA weist den Gefangenen darauf hin, dass Zahlungen Dritter, die unmittelbar an BB getätigt werden, nur mit einer entsprechenden Zweckbestimmung verwandt werden können.

66

67

12. Die JVA stimmt ihre Nutzungsbedingungen für die Gefangenen vor deren Bekanntgabe mit BB ab.“

68

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Nr. 3006/2008 zwischen der BB Communications GmbH und der JVA Burg sowie dem Vertragsannex (Bl. 145 ff. Bd. I d. A.) verwiesen.

69

Eine Ausschreibung für die Vergabe der Gefangenentelefonie ist in dem Land Sachsen-Anhalt seit den frühen 1990-er Jahren nicht mehr erfolgt.

70

Der Antragsteller hat überwiegend soziale Kontakte aus dem Raum Bielefeld und Umgebung. Hierbei handelt es sich um seine Verlobte/Freundin, seine Mutter, seine Tante sowie die Eltern seiner Verlobten/Freundin. Weiter unterhält er Kontakte zu Anwälten in anderen Bundesländern. Er führt monatlich umfangreich Ferngespräche zur Aufrechterhaltung seiner sozialen Kontakte. Im Monat März 2013 hatte der Antragsteller Telefonkosten in Höhe von 233,90 € und im Monat April 2013 von 230,70 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Auszug der Verbindungsnachweise für die Monate März und April 2013 (Anlage K1 zu der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 7. Mai 2013, Bl. 19 ff. Bd. I d. A.) verwiesen.

71

Der Antragsteller beantragte bei der Antragsgegnerin am 25. Februar 2013, die Telefontarife zu senken. Die Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag mündlich am 28. Februar 2013 ab. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin auf Nachfrage aus, der Vertrag mit der BB Communications GmbH lasse keine anderen Preise zu.

72

Gegen die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Schreiben vom 6. März 2013, eingegangen bei Gericht am 11. März 2013.

73

Der Antragsteller trägt vor, die Familie seiner Verlobten bringe monatlich ca. 300,00 € zur Aufrechterhaltung seiner sozialen Kontakte auf und überweise diesen Betrag an die Firma BB. Er sei auf das Führen der Telefongespräche angewiesen, weil er nur so seine sozialen Kontakte aufrechterhalten und pflegen könne.Die überhöhten Telefontarife stellten eine besondere Belastung für ihn dar. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, ihn bei der Aufrechterhaltung seiner sozialen Kontakte zu unterstützen und sie wäre verpflichtet gewesen, sich mit seinem Antrag konkret auseinanderzusetzen. Sie hätte andere Möglichkeiten der Durchführung der Gefangenentelefonie prüfen müssen, wie beispielsweise die Aushändigung von Handys mit Prepaid-Karte.

74

Das BB-Telefonsystem sei nicht die kostengünstigste Variante im Bereich der Gefangenentelefonie, die Tarifstruktur des Mitbewerbers „FF“ sei kostengünstiger.

75

Er beantragt sinngemäß,

76

die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Telefongebühren zu senken bzw. ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

77

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

78

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück zu weisen.

79

Die Antragsgegnerin trägt vor, das BB-Telefonsystem sei für die Gefangenen das kostengünstigste und gleichzeitig für den Vollzug sicherste Gefangenentelefonsystem im Bundesgebiet, um Ferngespräche zu führen.

80

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 11. November 2013 (Bl. 82 f. Bd. I d. A.) Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … vom 4. April 2014 (Bl. 164 - 197 Bd. I d. A.), dessen ergänzende Stellungnahmen vom 1. September 2014 (Bl. 62 - 90 Bd. II d. A.) und vom 4. November 2014 (Bl. 130 Bd. II d. A.) sowie auf seine mündlichen Ausführungen in der nichtöffentlichen Anhörung am 2. Dezember 2014 (vgl. Protokoll über die nichtöffentliche Anhörung vom 2. Dezember 2014, Bl. 173 - 176 Bd. II d. A.) verwiesen.

81

Die Kammer hat ferner Auskünfte über die Telefongebühren der Gefangenentelefonie in Rheinland-Pfalz eingeholt sowie Auskünfte über die Gefangenentelefonie in der JVA Heidering. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Ludwigshafen vom 14. November 2014 (Bl. 162 - 163 Bd. II d. A.) sowie auf den Vermerk der Kammer vom 25. November 2014 (Bl. 168 Bd. II d. A.) verwiesen.

82

Die Kammer hat die Beteiligten persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll über die nichtöffentliche Anhörung am 2. Dezember 2014 verwiesen.

83

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Stellungnahmen nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

84

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom 11. März 2013 ist als Verpflichtungsantrag iSd § 109 StVollzG mit dem Begehren, die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 aufzuheben und sie entweder zur Senkung der Telefongebühren oder zur Neubescheidung zu verpflichten (§ 115 Abs. 4 StVollzG) zulässig und in dem, im Tenor genannten Umfang, auch begründet.

85

A. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Antragstellers vom 11. März 2013 ist zulässig. Der Antragsteller kann mit der Behauptung, die von der Vollzugsbehörde berechneten Telefongebühren seien unverhältnismäßig und entsprächen nicht marktgerechten Preisen, nach den §§ 109 ff. StVollzG Rechtsschutz suchen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.2010, 2 BvR 328/07, zitiert nach juris).

86

B. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet. Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 ist aufzuheben (§ 115 Abs. 2 Satz 1 StVollzG) und die Antragsgegnerin ist mangels Spruchreife zu verpflichten, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden (§ 115 Abs. 4 Satz 2 StVollzG).

87

1. Gemäß § 32 Satz 1 StVollzG kann dem Gefangenen gestattet werden, Ferngespräche zu führen. Diese Vorschrift gewährt dem Gefangenen keinen Anspruch darauf, Ferngespräche zu führen. Die Gefangenen haben jedoch in Bezug auf die Zulassung von Telefongesprächen einen Anspruch auf einen fehlerfreien Ermessensgebrauch (vgl. Schwind, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., § 32 Rn. 2 unter Hinweis auf OLG Dresden ZfStrVO 1994, 306; OLG Koblenz NStZ 1993, 558; KG in NStZ-RR 1997, 61). Die Antragsgegnerin hat das ihr gemäß § 32 Abs. 1 StVollzG zustehende Ermessen ausgeübt, indem sie den Gefangenen das Führen von Telefongesprächen mit dem Gefangenentelefoniesystem der Fa. BB Communications GmbH gestattet.

88

2. In der Rechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, dass den Gefangenen die Möglichkeit des Telefonierens nicht entgeltfrei eingeräumt werden muss (vgl. KG, Beschluss vom 19. Juli 1996, 5 Ws 326/96 Vollz; so auch die Verwaltungsvorschrift zu § 32 StVollzG). Zur Begründung zieht die Rechtsprechung - welcher sich die Kammer anschließt - den Grundsatz heran, dass die Verhältnisse im Strafvollzug so weit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden sollen (§ 3 Abs. 1 StVollzG). Allerdings - so das Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 15.07.2010, 2 BvR 328/07, zitiert nach juris) - kann dieser Grundsatz, mit dem der Gesetzgeber dem Resozialisierungsgebot Rechnung trägt (vgl. BVerfGE 45, 187 [239]) nicht die Belastung Gefangener mit Entgelten rechtfertigen, die, ohne dass verteuernde Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzuges dies notwendig machten, deutlich über dem außerhalb des Vollzuges Üblichen liegen. Auch mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der es gebietet, Strafe nur als ein in seinen negativen Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen nach Möglichkeit zu minimierendes Übel zu vollziehen, wäre dies nicht vereinbar. Entgelte, die die Anstalt für Leistungen an den Gefangenen erhebt, müssen daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Auch die Fürsorgepflicht der Anstalt gebietet es, die finanziellen Interessen der Gefangenen zu wahren (vgl. BVerfG a. a. O. unter Hinweis auf KG, Beschluss vom 27. Juli 2001 - 5 Ws 112/01 Vollz, zitiert nach juris; OLG Dresden, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 2 Ws 38/07, StV 2008, S. 89 [90]; OLG Hamm, Beschluss vom 19. November 1987 - 1 Vollz (Ws) 82/87 - NStZ 1988, S. 247). Die Missachtung wirtschaftlicher Interessen der Gefangenen wäre auch unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgrundsatz (vgl. BVerfGE 98, 169 [203]).

89

Aus diesen Bindungen kann die Anstalt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch nicht nach Belieben lösen, indem sie für die Erbringung von Leistungen Dritte einschaltet, die im Verhältnis zum Gefangenen einer entsprechenden Bindung nicht unterliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Dezember 2007 - 2 BvR 1061/05, zitiert nach juris). Jedenfalls für Konstellationen, in denen die Anstalt im Zusammenhang mit einer gesetzlichen Verpflichtung Leistungen durch einen privaten Betreiber erbringen lässt, auf den die Gefangenen ohne am Markt frei wählbare Alternativen angewiesen sind, ist dementsprechend anerkannt, dass die Anstalt sicherstellen muss, dass der ausgewählte private Anbieter die Leistung zu marktgerechten Preisen erbringt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010, 2 BvR 328/07).

90

3. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, welcher sich die Kammer anschließt, ist die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 28. Februar 2013 ermessensfehlerhaft; sie verstößt gegen § 3 Abs. 1 StVollzG. Im Ergebnis der Beweisaufnahme hat sich erwiesen, dass die von der Antragsgegnerin erhobenen Telefongebühren deutlich über den außerhalb des Vollzugs üblichen Entgelten liegen, ohne dass verteuernde Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzugs dies noch notwendig machen; insbesondere liegen mittlerweile kostengünstigere Anbieter für die Gefangenentelefonie vor.

(1)

91

Die von den Gefangenen in der JVA Burg zu zahlenden Telefongebühren liegen deutlich über den außerhalb des Vollzugs üblichen Telefongebühren. Seit Freigabe des Festnetztelefonmarktes am 1. Januar 1998 sind die Tarife für Telefonate im Laufe der Jahre außerhalb des Vollzuges erheblich gesunken. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014 den Preisindex des Statistischen Bundesamtes für die Telekommunikationsdienstleistungen aufgeführt. Diesem ist zu entnehmen, dass seit dem Jahr 1999 der Verbraucherpreisindex sowohl im Bereich Festnetz und Internet als auch im Bereich Mobilfunk deutlich, teilweise sogar drastisch, gefallen ist (vgl. S. 78 f. der ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014). Dem entspricht, dass mittlerweile das Führen eines Orts- und Ferngespräches im Festnetz für 0,01 €/min. und das Führen eines Mobilfunkgespräches für 0,02 - 0,09 €/min. über Call by Call-Verbindungen möglich ist (vgl. billiger-telefonie.de).

92

Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme hierzu ausgeführt, dass es zu den deutlichen Preisreduzierungen in der Telefonietrotz eines erheblichen Aufwandes in Bezug auf die signifikante Umgestaltung des Telekommunikationsmarktes und trotz eines Technologiewechsels gekommen sei. Infolge der geänderten Rahmenbedingungen seien neue Geschäftsmodelle (z. B. Call by Call) und neue Produkte (z. B. Calling-Card) entstanden, und die Realisierung dieser Veränderungen sei vielfach mit der Einführung neuer Softwaresysteme verbunden gewesen. Durch Technologiewechsel von der leitungsvermittelnden Telefonie hin zur paketvermittelten Telefonie (Voice over IP) seien in der Regel auch die Implementierung völlig neuer Funktionsmodelle und neuer Vermittlungssysteme erforderlich geworden, gleichwohl seien die Preise gefallen.

93

Verbunden mit den Endverbraucherpreisen seien auch die Preise für die Vorleistungsprodukte gefallen. Derartige Produkte (Weiterleitung, Terminierung von Verbindungen) nutze auch die BB Communications GmbH.

94

(2) Die Bedingungen und Erfordernisse des Strafvollzuges machen im Ergebnis der Beweisaufnahme die erhobenen Telefongebühren von 0,10 €/min. für ein Ortsgespräch, 0,20 €/min. für ein Ferngespräch, 0,70 €/min. für ein Mobilfunkgespräch sowie 0,60 - 2,60 €/min. für ein Auslandsgespräch nicht mehr notwendig.

95

Es liegen mittlerweile private Anbieter im Bereich der Gefangenentelefonie vor, die zu deutlich kostengünstigeren Tarifen ihre Dienstleistungen anbieten, was - neben den weiteren Feststellungen des Sachverständigen zu den anfallenden Kosten der Gefangenentelefonie - eine fehlende Notwendigkeit der Höhe der derzeitigen Telefonkosten indiziert ; ferner liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die besonderen Leistungsmerkmale der Gefangenentelefonie in der JVA Burg deutlich höhere Tarife als die der günstigeren Anbieter im Bereich der Gefangenentelefonie rechtfertigen könnten.

96

Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen …. vom 4. April 2014 liegen bundesweit insgesamt fünf private Anbieter für die Gefangenentelefonie vor mit folgenden Verbindungspreisen:

97

Anbieter

Preis pro Minute (in Euro, inkl. MWSt.)

Ort

Fern

Mobil 

Ausland

DD

0,10

0,10

0,30

0,15 - 0,80

EE

        

        

        

        

FF

0,07

0,07

0,37

0,48 - 1,50

GG (JVA FM IV)

0,10

0,20

0,70

0,60 - 2,60

FF JVA Aachen

0,05

0,05

0,31

0,44 - 1,50

BB

0,10

0,20

0,70

0,60 - 2,60

98

Nach Angaben der JVA Ludwigshafen mit Schreiben vom 14. November 2014 berechnet das Unternehmen sagi.de Verbindungspreise in Höhe von 0,13 €/min. für Ortsgespräche, 0,20 €/min. für Ferngespräche, 0,60 €/min. für Mobilfunkgespräche und 0,60 € bis 3,00 €/min. für Auslandsgespräche. Diese Tarife gelten für die gesamte Gefangenentelefonie in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten (vgl. Bl. 162 f. Bd. II d. A.).

99

Das Unternehmen BB Communications GmbH versorgt dabei nach eigenen Angaben (vgl. Stellungnahme der BB Communications GmbH vom 19. Juni 2014, welche sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat) im Inland ca. 100 Anstalten, die Deutsche Telekom ca. 20 Anstalten und das Unternehmen EE ca. 25 Anstalten mit Gefangenentelefonie, bei insgesamt über 200 Justizvollzugsanstalten und sonstigen Justizeinrichtungen (Sozialtherapeutische Anstalten, Jugendarrestanstalten und Justizvollzugskrankenhäuser) (vgl.de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Justizvollzugsanstalten_in_Deutschland). Das Unternehmen FF, gegründet im Mai 2013 und mittlerweile umbenannt in JJ GmbH (vgl. www. FF.de), versorgt ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen das Justizvollzugskrankenhaus Hohenasberg sowie die Abteilung der Sicherungsverwahrung der JVA Aachen mit Gefangenentelefonie, das Unternehmen DD GmbH versorgt nach Auskunft der Anstaltsleiterin der JVA Heidering gemeinsam mit dem Magdeburger Unternehmen HH (… GmbH) die JVA Heidering mit Telefonie, wobei die JVA Heidering im Jahr 2012 die Telefonie und das Fernsehen als Gesamtleistung ausgeschrieben hat (vgl. Vermerk der Kammer vom 25. November 2014, Bl. 168 Bd. II VH).

100

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin scheidet eine Vergleichbarkeit der von ihr geltend gemachten Verbindungspreise mit denjenigen der günstigeren Anbieter nicht aus:

101

Die Telefongebühren der Antragsgegnerin sind zunächst mit den von der Fa. FF erhobenen Gebühren vergleichbar, auch wenn die Fa. FF derzeit „nur“ eine Abteilung der Sicherungsverwahrung innerhalb einer Justizvollzugsanstalt sowie ein Justizvollzugskrankenhaus mit Telefonie versorgt.

102

Auf Nachfrage der Kammer hat die Antragsgegnerin mit Stellungnahme vom 20. November 2014 mitgeteilt, die vollzuglichen Rahmenbedingungen seien sowohl für Strafgefangene als auch für Sicherungsverwahrte gleich und ein Unterschied bestehe lediglich darin, dass die Sicherungsverwahrten ihren Telefonapparat im jeweiligen Haftraum hätten. Daraus folgt, dass auch die Telefonie für die Sicherungsverwahrten die Leistungsmerkmale aufweisen muss, welche bei der Gefangenentelefonie üblich sind, insbesondere die Begrenzung der Telefoniedienstleistung nach Volumen (Dauer), Kosten, Gesprächsanzahl oder Gesprächsabstand, Mithör- und Mitschnittfunktionen, Beschränkung zulässiger Ziele (Black/White-List), manuelle Gesprächsfreigabe, Trennen/Not-Aus, Festlegung einer Betriebszeit und Erfassung von Verbindungsdaten (zu den Leistungsmerkmalen der Gefangenentelefonie vgl. Seiten 8 und 24 des Gutachten des Sachverständigen vom 4. April 2014). Gleiches gilt für die Versorgung eines Justizvollzugskrankenhauses mit Telefonie, da auch während der Unterbringung eines Strafgefangenen in einem Justizvollzugskrankenhaus die Freiheitsstrafe weiter vollstreckt wird und daher die gleichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind. Die Verwaltungstätigkeit, insbesondere das Einrichten und ggf. Umbuchen von Konten, dürfte in einem Justizvollzugskrankenhaus aufgrund des üblicherweise ständig wechselnden Patientenstammes, im Vergleich zu der einer Justizvollzugsanstalt, sogar deutlich erhöht sein.

103

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 4. April 2014 auch einen Vergleich der Leistungsmerkmale der Telefonie der BB Communications GmbH mit den Leistungsmerkmalen der Telefonie der Firma FF vorgenommen und bis auf die Gewährung von 10 Freiminuten pro Monat durch die BB Communications GmbH keinen Unterschied festgestellt (vgl. S. 24 des vorgenannten Gutachtens).

104

Soweit die BB Communications GmbH meint, im Falle einer Ausschreibung wäre die Firma FF nicht zu berücksichtigen, weil nicht die Gewähr dafür bestehe, dass die von diesem Unternehmen versprochene Leistung auch tatsächlich erbracht werde, ist dies angesichts der betriebenen Telefonie in einem Haftkrankenhaus sowie in einer Abteilung der Sicherungsverwahrung eine Behauptung "ins Blaue hinein".

105

Auch die von dem Sachverständigen ermittelten Telefonverbindungsentgelte der JVA Heidering sind in den Vergleich einzustellen. Die DD GmbH hat entgegen der Angaben der BB Communications GmbH in der Stellungnahme vom 19. Juni 2014 (Anlage 1 zu der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 11. Juli 2014) die Gefangenentelefonie nicht „gleichsam als Werbeangebot“ angeboten, weil sie hauptsächlich Fernsehnetze in den Haftanstalten installiert und betreibt und die Gefangenentelefonie lediglich ein Nebenprodukt darstellt. Vielmehr hat die JVA Heidering nach Angaben der Anstaltsleiterin die Telefonie gemeinsam mit dem Fernsehen als Gesamtleistung ausgeschrieben; die Anstaltsleiterin hat ferner angegeben, die Telefonie werde im Wesentlichen von dem Magdeburger Unternehmen HH gestellt. Die Gefangenen in der JVA Heidering könnten auch wählen, ob sie nur die Telefonie, nur das Fernsehen oder beides nutzen möchten.

106

Der Sachverständige hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass die Schaffung konvergenter Netze, die unabhängig vom gewählten Übertragungsmedium alle möglichen Varianten von Telekommunikationsdienstleistungen ermöglichten, Gegenstand der Entwicklung der letzten 15-20 Jahre gewesen und es mittlerweile allgemein üblich sei, eine Infrastruktur mehrfach zu nutzen. Insoweit ist von der Antragsgegnerin nicht konkret vorgetragen worden, dass bei ihr eine solche Mehrfachnutzung generell ausgeschlossen ist.

107

Die Kammer verkennt nicht, dass die Anbieter, die neben der BB Communications GmbH mehrere Justizvollzugsanstalten mit Gefangenentelefonie versorgen (Dt. Telekom und EE.de), Telefonverbindungspreise verlangen, welche denen der BB Communications GmbH im Wesentlichen entsprechen. Dies führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis; insbesondere sind nicht deshalb die Telefonverbindungspreise der BB Communications GmbH "marktgerecht". Zum einen haben die bereits seit etlichen Jahren auf dem Markt vorhandenen Anbieter sich preislich auf hohem Niveau angeglichen, sodass eine „echte Konkurrenz“ zwischen ihnen kaum besteht. Auch ist der im Land Sachsen-Anhalt seit vielen Jahren geltende Rahmenvertrag der BB Communications GmbH zu berücksichtigen, welcher der BB Communications GmbH ihren Platz als ausschließlicher Telefonanbieter sichert, was es neu entstehenden Konkurrenzunternehmen - im Vergleich zum liberalisierten Telefonanbietermarkt außerhalb des Vollzuges - deutlich erschwert, konkurrierende Angebote durchzusetzen.

108

Dass die Telefonverbindungspreise des privaten Anbieters, welchen die JVA Burg ausgewählt hat, deutlich über denjenigen des derzeit günstigsten Anbieters liegen, ergibt sich ferner aus den Berechnungen des Sachverständigen, welche dieser nach Durchführung eines Ortstermins in der JVA Burg und unter Berücksichtigung der Informationen der BB Communications GmbH und der Antragsgegnerin sowie aufgrund von allgemeinen Annahmen auf Basis üblicher Realisierungsvarianten sowie nach Gegenüberstellung des Leistungsangebots des günstigen Anbieters mit dem Anbieter der JVA Burg, erstellt hat. Danach liegt das Leistungsangebot des privaten Anbieters der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der jedem Gefangenen gewährten zehn Telefonfreiminuten um 272 % über dem Angebot des günstigsten Anbieters für Gefangenentelefonie (Fa. FF in der JVA Aachen (Sicherungsverwahrung)). Bei der Berechnung hat der Sachverständige einen Zeitraum von 90 Tagen und das in diesem Zeitraum erfasste Gesprächsaufkommen in der JVA Burg zugrunde gelegt (vgl. S. 23 des Gutachtens vom 4. April 2014, Bl. 186 Bd. I d. A.).

109

Weiter hat der Sachverständige nach Schätzung der Material- und Montagekosten der Gefangenentelefonie in der JVA Burg, der lokalen Betriebskosten, der Kosten für die zentrale Infrastruktur (Telefonieserver Adminio und zentrales Datenbanksystem auf Basis Microsoft SQL), der zentralen Betriebskosten, der Kosten für die Grundinvestition/Entwicklung der Anwendung „Gefangenentelefonie“, des Personalaufwandes und unter Berücksichtigung der Fremdkosten/Vorleistungen (Bezugspreise, welche der private Gefangenentelefonieanbieter bei den Verbindungsnetzbetreibern einkauft, nämlich: 0,007 €/min. für Orts- und Ferngespräche sowie 0,02 €/min. für Mobilfunk- und Auslandsgespräche), eines Jahreserlöses von gerundet 103.000,00 € ermittelt (vgl. S. 25 des Gutachtens vom 4. April 2014, Bl. 188 Bd. I d. A.) und die Gewinnspanne auf ca. 66 % geschätzt. Auf Nachfrage hat der Sachverständige hierbei ausgeführt, dass eine gesunde Gewinnspanne bei 10- 15 % liege.

110

Auch im Vergleich der Telefonverbindungspreise der Orts- (0,10 €/min.) mit denen der Ferngespräche (0,20 €/min.) wird deutlich, dass die Gefangenen mit Telefonpreisen für die Ferngespräche belastet werden, die mit sog. verteuernden Bedingungen und Erfordernissen des Strafvollzuges nicht zu rechtfertigen sind. Der Bezugspreis, welcher von dem Telefonieanbieter bei dem Verbindungsnetzbetreiber einzukaufen ist, beträgt für Orts- und Ferngespräche 0,007 €/min. und weist damit keinen Unterschied auf; gleiches gilt im Übrigen für Mobilfunk- und Auslandsgespräche bei einem Bezugspreis von 0,02 €/min. Die Anforderungen für Orts- und Ferngespräche im Rahmen der Gefangenentelefonie (vgl. Leistungsmerkmale) sind identisch. Nach Angaben des Sachverständigen in der nichtöffentlichen Anhörungen macht es für die BB Communications GmbH auch keinen Unterschied, ob ein Gefangener ein Orts- oder Ferngespräch führt, weil eben der Bezugspreis der gleiche sei und welcher im Vergleich zu früher dramatisch gesunken sei.

111

Die Angaben und Bewertungen des Sachverständigen sind - auch unter Berücksichtigung seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014 - nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Die Einwände der BB Communications GmbH, welche sich die Antragsgegnerin zu Eigen gemacht hat, führen zu keiner abweichenden Bewertung:

112

Die Berücksichtigung von weiteren, als in dem Gutachten und in der ergänzenden Stellungnahme angeführten Leistungsmerkmale bei der Ermittlung der Telefonpreisbildung ist nicht geboten. Das von dem privaten Anbieter der Antragsgegnerin angeführte Leistungsmerkmal des „Erkennens und Unterbrechens der Rufweiterleitung“ stellt nach den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen keinen erheblichen, näher zu berücksichtigenden Faktor für die Preisbildung dar. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass dieses Leistungsmerkmal von ihm nicht in die Leistungsbeschreibung aufgenommen worden sei, da es nicht den gewünschten Schutz externer Teilnehmer vor unzulässigen Anrufen der Gefangenen gewährleisten könne. Unterstelle man, dass ein Teilnehmer außerhalb der JVA einen Anruf aus der JVA auf einen anderen Anschluss weiterleiten wolle, so müsse er diese Funktion der Anrufweiterschaltung (nur) in seinem Endgerät (z. B. Fritz!-Box) aktivieren. Der Umstand einer Weiterschaltung sei dann ausschließlich durch Mithören bzw. Mitschneiden der Verbindung identifizierbar. Ein permanenter, zuverlässiger Schutz bestimmter Teilnehmer vor Anrufen von Gefangenen sei daher durch die ausschließliche Erkennung einer Anrufweiterschaltung im Netz nicht realisierbar.

113

Es ist nicht erheblich, dass die Antragsgegnerin hier anderer Ansicht ist, weil der jeweilige Empfänger von einer solchen technischen Möglichkeit überhaupt erst mal Kenntnis haben und in der Lage sein müsse, die Fritz!-Box entsprechend zu manipulieren und er im Zeitpunkt des Anrufes das Gerät tatsächlich aktiviert haben müsse. Die Ausführungen des privaten Anbieters der Antragsgegnerin, welche sich diese zu Eigen gemacht hat, bestätigen insoweit vielmehr die Feststellungen des Sachverständigen.

114

Im Übrigen - so der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014 sowie mündlich im Anhörungstermin - sei eine aufwendige technische Vorrichtung mit diesem Leistungsmerkmal nicht verbunden, es handele sich vielmehr um ein Standardleistungsmerkmal des ISDN, welches in vielen Telefonanlagen erkannt und verarbeitet werde.

115

Bei dem Leistungsmerkmal der „Umbuchung von Guthaben bei Verlegung des Gefangenen“ handelt es sich nach Auffassung der Kammer um kein für den Vollzug zwingend notwendiges Merkmal, auch wenn der Anstaltsleiter im Rahmen der nichtöffentlichen Anhörung am 2. Dezember 2014 angegeben hat, dieses Leistungsmerkmal sei von den Gefangenen und den Justizvollzugsanstalten konkret gewollt gewesen, damit die Gefangenen bei einer Verlegung nicht zwei bis drei Wochen bis zur erneuten Möglichkeit des Führens von Telefongesprächen warten müssten. Der Kammer erschließt sich die Dauer der Errichtung eines neuen Telefonkontos und des Zugangs zu der Telefonie bei Verlegung eines Gefangenen als auch bei Neuzugang eines Gefangenen aber nicht. Der Antragsteller hat hierzu vorgetragen, er habe als Neuzugang in der JVA Dessau nach einem Tag seine PIN zu seinem Telefonkonto erhalten und habe telefonieren können. Nach der Feststellung des Sachverständigen ist der Umzug von Guthaben bei Verlegung zwischen den Justizvollzugsanstalten über das Buchungssystem „Basis“ möglich; die (gegebenenfalls) lange Dauer von zwei bis drei Wochen bis zur Errichtung eines Telefonkontos führt die Kammer daher im Wesentlichen auf die Bearbeitungswege im Vollzug zusammen. So hat auch der Anstaltsleiter im Rahmen der Anhörung angegeben, dass die Dauer der Errichtung eines Telefonkontos auch mit den Bearbeitungswegen im Vollzug zusammenhängt.

116

Soweit der Sachverständige nicht sämtliche Telefongeräte und auch nicht das Vorenthalten von Ersatzgeräten in seinem Gutachten berücksichtigt hat, wirkt sich dies in der Kostenschätzung des Sachverständigen nur geringfügig aus. Den Stückpreis für ein Telefongerät hat der Sachverständige auf 300 € und die Kosten der Vorenthaltung von Ersatzgeräten auf 1.770,00 € geschätzt, wobei sich die jährlichen Kosten bei einer Abschreibungsdauer von fünf Jahren noch reduzieren (vgl. hierzu Seite 8 ff. der ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014).

117

Der Sachverständige musste bei der Preisermittlung auch nicht die Kosten für die Unterhaltung des Rechenzentrums der BB Communications GmbH in Berlin in Ansatz bringen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass für ein Angebot einer störungsfreien Telefonie in den Gefangenenanstalten stets zwei Zentren zur Verfügung zu stehen haben, für den Fall, dass eines der beiden Rechenzentren ausfällt. Der Sachverständige hat insoweit zudem ausgeführt, dass ihm von Herrn P. (anwesender Mitarbeiter der BB Communications GmbH beim Ortstermin) mitgeteilt worden sei, der Standort in Berlin sei neu und die Versorgung der JVA Burg erfolge ausschließlich vom Standort Hamburg aus. Ferner hat der Sachverständige angegeben, dass für den Standort Hamburg im Gutachten vom 4. April 2014 die Redundanz zentraler Systemkomponenten berücksichtigt worden sei. Diese gewährleiste eine Fortsetzung des Betriebes bei Ausfall von Systemkomponenten.

118

Soweit die Antragsgegnerin geltend gemacht hat, der Sachverständige habe die Personalkosten als auch die Vorhaltung der zentralen Anlagen der BB Communications GmbH (in Hamburg und mittlerweile in Berlin), die mit einem ganz erheblichen technischen und finanziellen Aufwand verbunden seien, der wegen der besonderen Anforderungen der Software häufig im siebenstelligen Bereich pro Jahr liege, nicht berücksichtigt und meint, der Sachverständige habe den Sachverhalt defizitär ermittelt, da er die Zentrale der BB Communications GmbH nicht aufgesucht habe, verkennt sie, dass der Sachverständige nicht gehalten war, das konkrete Geschäftsmodell der BB Communications GmbH zu untersuchen. Dies wäre vorliegend schon nicht zielführend gewesen, da nach eigenen Angaben der BB Communications GmbH der „Schwerpunkt (des Unternehmens) in der Entwicklung von Programmen zur Optimierung der Gefängnistelefonie liegt“ (vgl. S. 7 der Stellungnahme der BB Communications GmbH vom 27. September 2014, Anlage K2 zu der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 29. September 2014, Bl. 104 d. A. II). Gegenstand des Beweisthemas war es jedoch ausweislich des Beweisbeschlusses nicht, Kosten der privaten Unternehmen bei der Entwicklung (hervorgehoben durch das Gericht) von Programmen zur Optimierung der Gefängnistelefonie zu ermitteln. Im Übrigen fehlen auch jegliche konkrete Angaben des privaten Anbieters - ob im Ortstermin des Sachverständigen, an welchem ein Vertreter der BB Communications GmbH ohne Kenntnis der Kammer teilgenommen hat, noch in den beiden umfangreichen Stellungnahmen der BB Communications GmbH, welche die Antragsgegnerin sich zu eigen gemacht und zur Akte gereicht hat - darüber, welche konkreten Berechnungen/Schätzungen des Sachverständigen in welcher Höhe nicht zutreffen und wie hoch konkret der Aufwand „bei der Pflege der Software in Fällen ihrer Störung und bei Störung der Leitungen" in Bezug auf die JVA Burg ist. Die Angabe der BB Communications GmbH, die Software sei auf hochdifferenzierte Nutzungsanforderungen zugeschnitten, sie müsse wegen der individuellen Anforderungen der Strafanstalt mit ihren unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen hohe Anforderungen erfüllen (vgl. Stellungnahme vom 27. September 2014), ist ohne Gehalt. Die hochdifferenzierten Nutzungsanforderungen (Leistungsmerkmale) hat der Sachverständige in dem Gutachten dargestellt und berücksichtigt; diese Leistungsmerkmale beziehen sich auch auf die sog. individuellen Anforderungen der Strafanstalt mit ihren - wohl im Wesentlichen gleichen - und gerade nicht unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen.

119

Der Sachverständige musste aus o.g. Gründen auch nicht die Zentrale der BB Communications GmbH in Hamburg aufsuchen.Ihm ist vielmehr zuzustimmen, dass sich ein entscheidender Erkenntnisgewinn durch die Inaugenscheinnahme der Zentrale ohne ausreichende Vorbereitung nicht erschließt.

120

So hat der Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme dargelegt, dass ihm die von der BB Communications GmbH - nach eigenen Angaben vorbereitete umfangreiche Dokumentation der gesamten Funktionsumgebung - nach Frage zu eventuell enthaltener Geschäftsgeheimnisse, nicht übergeben wurde, er aber derartige Unterlagen als Grundlage für die Vorbereitung eines Termins in der Zentrale hätte verwenden können.

121

Soweit die BB Communications GmbH über die Antragsgegnerin weiter vorgetragen hat, Anschaffungen und die Pflege der Software „Adminio“ seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, da die Kosten für die periodisch anstehenden Umstellungen allein im Jahr 2014 über eine Million Euro ausmachten, ist dem wiederum entgegenzuhalten, dass der Sachverständige ausweislich des Beweisbeschlusses nicht gehalten war, das Geschäftsmodell und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens BB Communications GmbH zu beurteilen.

122

Die Kammer folgt insoweit aber auch den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in der ergänzenden Stellungnahme vom 1. September 2014, dass ein externer Dienstleistungspartner für die notwendigen Leistungsmerkmale der (gesamten von BB Communications GmbH angebotenen) Gefangenentelefonie Kosten für den zentralen Telefoniedienst in Höhe von 120.000,00 € pro Jahr verlangen würde (vgl. hierzu S. 21 - 24 der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 1. September 2014, Bl. 82 - 85 Bd. II d. A.). Bereits in seinem Gutachten vom 4. April 2014 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die speziellen, aus der Gefangenentelefonie resultierenden technischen Anforderungen mit flexiblen Dienstplattformen effektiv realisierbar seien und derartige Dienstplattformen bereits seit 15 Jahren über den erforderlichen Leistungsumfang verfügten; daher seien die überhöhten Entgelte für die Gefangenentelefonie nicht als erforderlich anzusehen (S. 34 des Gutachtens vom 4. April 2014, Bl. 197 Bd. I d. A.).) Ergänzend hat er im Rahmen der Erörterung in der nichtöffentlichen Anhörung am 2. Dezember 2014 ausgeführt, es sei ihm absolut rätselhaft, wie es dazu kommen könne, dass die BB Communications GmbH für die Weiterentwicklung der Software noch eine Million Euro veranschlage. Die betriebene Anlage sei seit 1996 bekannt. Diesen nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen schließt sich die Kammer an.

123

Schließlich ist zu bedenken, dass Ausgangspunkt für die rechtliche Überprüfung der Entscheidung der Antragsgegnerin, ihren Telefontarif nicht zu senken, nicht die Prüfung des Geschäftsmodells der BB Communication GmbH ist, sondern - neben der Fürsorgepflicht der Anstalt, die finanziellen Interessen der Gefangenen zu wahren - der Angleichungsgrundsatz gemäß § 3 Abs. 1 StVollzG, welcher bestimmt, dass die Verhältnisse im Strafvollzug soweit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden sollen. Hierbei kann sich die Antragsgegnerin bei Vorliegen von deutlich günstigeren Telefonieanbietern und angesichts des Umstands, dass die Telefongebühren außerhalb des Vollzuges nur ein Bruchteil der Gebühren im Vollzug ausmachen, nicht darauf zurückziehen, die Telefonverbindungspreise könnten aufgrund des abgeschlossenen Vertrages mit dem privaten Anbieter nicht gesenkt werden. Das Vorhandensein kostengünstiger Anbieter hätte die Antragsgegnerin mittlerweile vielmehr berücksichtigen müssen, zumal die Entscheidung der Antragsgegnerin offen lässt, ob sie sich ihrer Fürsorgepflicht, dem Grundsatz der Angleichung der Verhältnisse im Strafvollzug mit den allgemeinen Lebensverhältnissen (§ 3 Abs. 1 StVollzG) sowie dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgrundsatz bewusst war.

124

Ein neues Sachverständigengutachten ist nicht einzuholen. Die Antragsgegnerin hat in der nichtöffentlichen Anhörung am 2. Dezember 2014 auch ausdrücklich davon abgesehen, die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens zu beantragen.

125

4. Spruchreife liegt nicht vor (§ 115 Abs. 4 Satz 2 StVollzG). Die Höhe der konkreten Telefonverbindungsgebühren kann nicht von der Kammer bestimmt werden; dies liegt im Ermessen der Antragsgegnerin. Sie hat zu entscheiden, ob sie bei ihrem Vertragspartner auf eine angemessene Senkung der Preise hinwirkt oder die Gefangenentelefonie neu ausschreibt (vgl. LG Gießen, Beschluss vom 10. Oktober 2013, 2 StVK-Vollz 1111, 1190/12). Allerdings ist die Rechtsauffassung der Kammer bei einer erneuten Entscheidung von der Vollzugsbehörde zu beachten. Die Vollzugsbehörde wird sich daher nicht darauf zurückziehen können, einen (langfristigen) Vertrag mit der BB Communications GmbH geschlossen zu haben, der ihr in der Preisgestaltung keine Möglichkeit zur Anpassung der Telefongebühren an die Verhältnisse außerhalb des Vollzuges gibt.

III.

126

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 StVollzG; die Streitwertentscheidung beruht auf den §§ 52, 60 GKG.


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Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 121 Kosten des Verfahrens


(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Ver

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung


(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 115 Gerichtliche Entscheidung


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die na

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Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ei

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 3 Gestaltung des Vollzuges


(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden. (2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. (3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich i

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 32 Ferngespräche und Telegramme


Dem Gefangenen kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen oder Telegramme aufzugeben. Im übrigen gelten für Ferngespräche die Vorschriften über den Besuch und für Telegramme die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend. Ist die Überwachu

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Tenor 1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

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(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Dem Gefangenen kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen oder Telegramme aufzugeben. Im übrigen gelten für Ferngespräche die Vorschriften über den Besuch und für Telegramme die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend. Ist die Überwachung der fernmündlichen Unterhaltung erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung dem Gesprächspartner des Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Vollzugsbehörde oder den Gefangenen mitzuteilen. Der Gefangene ist rechtzeitig vor Beginn der fernmündlichen Unterhaltung über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.

(1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.

(2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken.

(3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern.

(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.

(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.

(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.

(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.

(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.