Landgericht Ravensburg Urteil, 07. Aug. 2015 - 8 O 29/09 KfH 2

bei uns veröffentlicht am07.08.2015

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) an die Fa. T. 95.804,45 EUR zu bezahlen,

b) an die Fa. L. Inh. (Klägerin zu 2.), den nach der Befriedigung der Gläubigerin zu a) verbliebenen Rest aus der Forderung gegen die Beklagte in Höhe von 220.280,57 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % seit dem 01.03.2009 bis zum 16.03.2009 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.03.2009 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Fa. L. Inh. (Klägerin zu 2.), 297.700,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 01.04.2008 bis zum 27.12.2011 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 28.12.2011 zu bezahlen.

3. Von den Gerichtskosten in erster Instanz und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten in erster Instanz tragen die Klägerin zu 1. einen Anteil von 13 %, die Klägerin zu 2. einen Anteil von 40 % und die Beklagte 47 %.

Die Beklagte trägt 63 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. in erster Instanz und 38 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. in erster Instanz.

Von den Kosten des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 2. einen Anteil von 43 % und die Beklagte 57 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Streitwerte:

I. Erste Instanz bis 28.06.2013

        

1. Streitwert der Klage (ab 28.04.2013)

        

Provisionsanspruch

421.004,31 EUR

Handelsvertreterausgleichsanspruch

315.350,00 EUR

Summe 

736.354,31 EUR

2. im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachte

        

begründete Ansprüche (siehe unter II. 5. b), c) und f)    

        

der Gründe des Schlussurteils vom 28.06.2013):

        

77.277,71 EUR + 8.355,21 EUR + 14.474,-- EUR =

100.107,72 EUR

unbegründete Ansprüche (II. 5. a), c) - e)

        

der Gründe des Schlussurteils vom 28.06.2013):

        

51.238,43 EUR + 3.586,69 EUR + 4.760,-- EUR + 1.130,50 EUR =

  60.715,62 EUR

Gesamtstreitwert

897.177,65 EUR

II. Teilstreitwerte in erster Instanz bis 28.06.2013

        

im Verhältnis der Klägerin zu 1. und der Beklagten:

442.210,17 EUR

(Provisionsanspruch 281.386,83 EUR
+ Gegenanspr. 160.823,34 EUR)

        

im Verhältnis der Klägerin zu 2. und der Beklagten:

781.281,62 EUR

(Provisionsanspruch 465.931,62 EUR
+ Ausgleichsanspruch 315.350,00 EUR)

        

III. Erste Instanz ab 29.06.2013 und Berufungsinstanz

        

Provisionsanspruch

220.280,57 EUR

Ausgleichsanspruch

297.700,80 EUR

Gesamtstreitwert

517.981,37 EUR

Tatbestand

 
Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten Vergütung für behauptete Handelsvertretertätigkeit sowie Handelsvertreterausgleich.
Die Beklagte lässt vor allem Bekleidungsartikel nach ihren Designvorgaben bei Drittbetrieben produzieren, insbesondere auch im Ausland, und vertreibt diese Artikel dann an den Handel. Sie nimmt in diesem Zusammenhang bei den jeweiligen Rechteinhabern Lizenzen, so auch für die streitgegenständlichen Produkte der Marke „X.“. Die Fa. L. KG erbrachte zur streitgegenständlichen Zeit Dienstleistungen im Lizenzmarketing.
Ab Ende 2006/Anfang 2007 kam es unter - in Einzelheiten streitiger - Vereinbarung hälftiger Gewinnbeteiligung zur Zusammenarbeit zwischen der L. KG und der Beklagten hinsichtlich des Vertriebs von Produkten der Marke „X.“. Die Fa. L. KG vermittelte der Beklagten mehrere umfangreiche Aufträge der Fa. R. GmbH. Außerdem bezog die Fa. L. KG selbst Produkte von der Beklagten; unter anderem diese Lieferungen sind Gegenstand von Gegenansprüchen der Beklagten.
Im vorliegenden Prozess hat zunächst die Fa. L. KG am 10.03.2009 Klage erhoben und dabei im Wege der Stufenklage Auskunfts- und Provisionsansprüche geltend gemacht. Nach dem Vortrag der Klägerin zu 2. wurde die Komplementärin der KG, die Fa. L. Ltd., Anfang 2010 beendet, womit die Klägerin zu 1., die Kommanditistin I., als Gesamtrechtsnachfolgerin Inhaberin der streitbefangenen Forderung geworden sei. Weiter hat die Klägerin zu 2. vorgetragen, das I. Unternehmen und Firma am 12.03.2010 an ihren Ehemann S. übertragen habe, der damit Inhaber der ursprünglich der KG zustehenden Forderungen und an Stelle von I. des vorliegenden Rechtsstreits geworden sei. Die Beklagte hat die Rechtsnachfolge bestritten und einem Parteiwechsel widersprochen.
Die Klägerin zu 2. hat im weiteren Prozessverlauf die Klage auf den jetzt ebenfalls streitgegenständlichen Handelsvertreterausgleichsanspruch erweitert. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die streitgegenständlichen Forderungen in erheblichem Umfang gepfändet worden seien.
Durch Schlussurteil vom 28.06.2013 hat das Landgericht den Beklagten verurteilt,
1. an die Klägerin 220.280,57 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % p. a. seit dem 01.03.2009 bis zum 16.03.2009 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.03.2009 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt an die Klägerin 297.700,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % p. a. seit dem 01.04.2008 bis zum 27.12.2011 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 28.12.2011 zu bezahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht Stuttgart das Schlussurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass I. hinsichtlich der geltend gemachten Provisionsforderung Partei des Rechtsstreits geblieben sei, da der auf Klägerseite geltend gemachte Übergang der Forderung auf die Klägerin zu 2. als gewillkürter Parteiwechsel ohne die Zustimmung der Beklagten nicht zulässig gewesen sei, und dass das Landgericht daher noch eine Entscheidung in diesem Prozessrechtsverhältnis treffen müsse. Zum weiteren Verfahren hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass der Beklagten noch Gelegenheit zu geben sei, ihr Bestreiten der von der Klägerseite zur Bezifferung zugrunde gelegten Zahlen zu substantiieren, und dass, soweit der Vergütungsanspruch und der Handelsvertreterausgleichsanspruch gepfändet seien, die jeweiligen Klagen auf Zahlung an die Pfändungsgläubiger umzustellen seien. Weiter hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es nunmehr erhebliche Zweifel habe, ob zwischen der Fa. L. KG und der Beklagten konkludent ein Handelsvertretervertrag zustande gekommen sei, insbesondere wenn der unter Beweis gestellte Vortrag der Beklagten zutreffen sollte, dass zu Beginn der Zusammenarbeit der Abschluss eines Handelsvertretervertrages diskutiert, jedoch von der Beklagten der Abschluss eines solchen Vertrages für Produkte der Marke „X.“ ausdrücklich abgelehnt worden sei.
10 
Wegen des streitigen Vortrags der Parteien bis zum Schlussurteil vom 28.06.2013 wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
11 
Die Klägerinnen haben im Berufungsverfahren und nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht weiter vorgetragen:
12 
Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass ein Handelsvertretervertrag zustande gekommen sei. Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages auf Vermittlung der Fa. L. KG von der R. GmbH erteilten vier Aufträgen eine Vielzahl von Artikeln gebündelt bestellt worden seien, wobei es Preis-, Mengen- und Terminverhandlungen zu jedem einzelnen Artikel gegeben habe. Die Klägerinnen behaupten, dass die Fa. L. KG in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden gewesen sei, indem sie umfangreiche Betreuungsaufgaben zu Produktion, Kundenservice und Produktentwicklung zugewiesen bekommen habe, ihr Knowhow bei der Strategieplanung eingebracht sowie Produkt- und Marktbeobachtung und das Produktmarketing übernommen habe und auch ihrer Berichtspflicht regelmäßig nachgekommen sei. Die Klägerinnen behaupten weiter, dass es der erkennbare Wille der Vertragsparteien gewesen sei, den Vertriebsweg über Großhandelskunden, namentlich der Metro Group, für den Absatz der Produkte der Marke „X.“ zu erschließen und ständig Geschäftsabschlüsse zu vermitteln, was sich auch aus dem Gesamtvolumen der Aufträge ersehen lasse. Schließlich behaupten die Klägerinnen, dass die Vermittlungstätigkeit noch um zugekaufte Fremdprodukte (Schuhe und Taschen) erweitert worden sei und dass die Fa. L. KG auch Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf weitere Kunden entfaltet habe. Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Tatsache, dass bezüglich Produkten der Marke „W.“ am 01.03.2007 ein Handelsvertretervertrag schriftlich geschlossen worden sei (Anlage B 7), nicht aber bezüglich Produkten der Marke „X.“, nicht gegen ein Handelsvertreterverhältnis spreche. Denn der bezüglich des Vertriebs von Produkten der Marke „W.“ abgeschlossene schriftliche Vertrag sei nur deshalb geschlossen worden, weil der auf Vorschlag von Herrn S. eingeschaltete Handelsvertreter R. dies ausdrücklich verlangt habe.
13 
Zur Höhe des Provisionsanspruchs meint die Klägerin zu 1., dass der Vortrag der Beklagten zu den Gutschriften und Stornorechnungen nicht ausreichend substantiiert sei. Insbesondere müssten die provisionsreduzierenden Gründe im Sinne des § 87a Abs. 3 HGB für Stornierungen und Gutschriften konkret benannt und die Beträge konkret beziffert werden. Soweit die Beklagte sich darauf berufe, dass die Zuordnung der Zahlungen zu den einzelnen Rechnungen, Gutschriften und Stornorechnungen unzumutbar sei, müsse sie darauf verwiesen werden, dass es sich um ihre eigene Buchhaltung handle, deren Unübersichtlichkeit mit ihr heimgehen müsse.
14 
Zum Bestehen des Handelsvertreterausgleichsanspruchs ist die Klägerin zu 2. der Ansicht, dass ein Grund zur fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages gem. E-Mail vom 26.02.2008 nicht vorgelegen habe. Hierzu behauptet sie, dass die Rechte für Produkte der Marke „X. 4“ der Fa. L. KG oder der Klägerin zu 2. zu keinem Zeitpunkt angeboten worden seien, und dass die Fa. L. KG bezüglich der Rechte für Produkte der Marke „X. 5“ erst am 23.04.2008, also nach Beendigung des Handelsvertretervertrages durch die Kündigung der Beklagten, einen Lizenzvertrag geschlossen habe.
15 
Die Klägerin zu 1. beantragt zuletzt:
16 
Die Beklagte wird verurteilt,
17 
a) an die Fa. T. 95.804,45 EUR zu bezahlen,
18 
b) an die Fa. L. Inh. (Klägerin zu 2.), den nach der Befriedigung der Gläubigerin zu a) verbliebenen Rest aus der Forderung gegen die Beklagte in Höhe von 220.280,57 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % seit dem 01.03.2009 bis zum 16.03.2009 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.03.2009 zu bezahlen,
19 
und die Klägerin zu 1. beantragt zu Ziff. 1 b) hilfsweise für den Fall, dass das Gericht an Stelle der Klägerin zu 2. den Firmeninhaber, S., für aktivlegitimiert halten sollte,
20 
die Beklagte zu verurteilen, an Herrn S. den nach Befriedigung der Gläubigerin zu a) verbliebenen Rest aus der Forderung gegen die Beklagte in Höhe von 220.280,57 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % seit dem 01.03.2009 bis zum 16.03.2009 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.03.2009 zu bezahlen.
21 
Die Klägerin zu 2. beantragt zuletzt:
22 
Die Beklagte wird verurteilt, an die Fa. L. Inh. (Klägerin zu 2.), 297.700,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 01.04.2008 bis zum 27.12.2011 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 28.12.2011 zu bezahlen.
23 
und die Klägerin zu 2. beantragt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht an Stelle der Klägerin zu 2. den Firmeninhaber, S., für aktivlegitimiert halten sollte:
24 
Die Beklagte wird verurteilt, an Herrn S. 297.700,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 01.04.2008 bis zum 27.12.2011 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz 28.12.2011 zu bezahlen.
25 
Die Beklagte beantragt,
26 
die Klage abzuweisen.
27 
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren und nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht weiter vorgetragen:
28 
Die Beklagte ist der Auffassung, zwischen der Fa. L. KG und der Beklagten sei kein Handelsvertreterverhältnis begründet worden, vielmehr hätten die Parteien ein Rechtsverhältnis sui generis unterhalten; die Tätigkeit der Fa. L. KG weise allenfalls die Qualität eines Handelsagenten oder eines Gelegenheitsvermittlers auf. Die Beklagte behauptet, die Fa. L. KG sei nicht betraut gewesen, Geschäfte zu vermitteln, was sich unter anderem daraus ergebe, dass diese lediglich vier Besuche bei der Fa. R. GmbH ausgeführt habe und keine weitergehenden Aufgabenstellungen oder gar konkrete weitergehende Kundenakquisitionsbemühungen entfaltet habe; außerdem sei der Fa. L. KG auch nicht die Wahrnehmung der Interessen der Beklagten übertragen worden, was bei einer Handelsvertreterbeziehung immanent sei. Weiter fehlt es aus Sicht der Beklagten auch an den Voraussetzungen einer ständigen Betrauung mit der Vermittlung von Geschäften und der Bemühung um eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen. Den monetären Umfang der Geschäftsbeziehungen hält die Beklagte für bedeutungslos, da dies kein Qualifikationskriterium für die Rechtsnatur eines Handelsvertreterverhältnisses darstelle. Schließlich meint die Beklagte, dass auch deshalb kein Handelsvertreterverhältnis anzunehmen sei, weil die Parteien etwas anderes vereinbart hätten. Hierzu behauptet sie, die Fa. L. KG sei als eigenständiger Vertriebspartner aufgetreten, was sich insbesondere auch aus deren Bestellformularen ergebe. Im Gegensatz zu einem Handelsvertreter sei die Fa. L. KG auch Ansprechpartner für Detailabwicklungen mit Kunden gewesen und sie sei auch weitreichend in die Lizenzierungs- und Vermarktungsstrategien betreffend die Marken „X.“ bzw. „x.“ verflochten gewesen, was weit über die Funktion oder Tätigkeit eines Handelsvertreters hinausgehe.
29 
Zur Höhe des Provisionsanspruchs ist die Beklagte weiterhin der Ansicht, dass von den vom Sachverständigen K. ermittelten Umsätzen eine Reihe von Gutschriften und Stornorechnungen abzuziehen seien. Auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26.02.2015 (Bl. 720 ff. d. A.) und vom 17.04.2015 (Bl. 884 ff. d. A.) wird insoweit verwiesen.
30 
Zum Handelsvertreterausgleichsanspruch meint die Beklagte, dass die Anwendung des § 89b HGB schon deshalb ausscheide, weil zwischen der Fa. L. KG und der Beklagten kein Handelsvertreterverhältnis zustande gekommen sei. Außerdem ist nach Ansicht der Beklagten aufgrund der völlig atypischen Vertragskonstellation ein Handelsvertreterausgleichsanspruch ohnehin nicht gegeben, da eine wesentlich höhere als die verkehrsübliche Provision an die Fa. L. KG gehen sollte, nämlich 50 % des Reingewinns; dies sei bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen.
31 
Weiter steht die Beklagte auf dem Standpunkt, ein etwa anzunehmender Ausgleichsanspruch sei nach § 89b Abs. 3 HGB ausgeschlossen, denn die Beklagte habe mit E-Mail vom 26.02.2008 das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt und für die Kündigung habe ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens der Fa. L. KG vorgelegen. Die Beklagte behauptet hierzu, dass die Fa. L. KG während der Laufzeit des Vertrages hinter dem Rücken der Beklagten eine eigene Lizenz mit der Fa. S. bzw. der Fa. F. GmbH für Produkte der Konkurrenzmarke „X. 4“ und „X. 5“ gezeichnet habe und dann Produkte dieser Marke produziert habe oder dies zumindest versucht habe. Sie vertritt die Ansicht, dass bereits die Tatsache, dass die Fa. L. KG noch während der Vertragslaufzeit Gespräche über den Erwerb einer Lizenz für ein Konkurrenzprodukt geführt habe, ein fristloser Kündigungsgrund sei.
32 
Zur Höhe eines etwa bestehenden Ausgleichsanspruchs meint die Beklagte, dass dieser maximal bei 34.710,-- EUR liegen könne. Auf den Vortrag der Beklagten in der Berufungsschrift vom 07.10.2013, dort S. 20 ff. (= Bl. 601 ff. d. A.) wird insoweit verwiesen.
33 
Das Gericht hat bis zum Erlass des Schlussurteils vom 28.06.2013 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin J. sowie Parteivernehmung des Inhabers der Klägerin. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2011 (Bl. 414 ff. d. A.) verwiesen. Außerdem wurde im Zwangsmittelverfahren gem. Beweisbeschluss vom 08.06.2011 (Bl. 103 ff. d. Akten des Zwangsmittelverfahrens) ein Sachverständigengutachten zur Frage der Erfüllung des Anspruchs der Klägerin auf Erteilung eines Buchauszugs eingeholt. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten des Wirtschaftsprüfers K. vom 08.02.2012 (Bl. 136 d. Akten des Zwangsmittelverfahrens) verwiesen.
34 
Das Gericht hat nach Zurückverweisung an das Landgericht weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J., M. und R. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2015 (Bl. 940 ff. d. A.) verwiesen.
35 
Nach der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.07.2015 (Bl. 965 ff. d. A.) ergänzend zur Höhe des Provisionsanspruchs vorgetragen.

Entscheidungsgründe

 
I.
36 
Der Klägerin zu 1. steht gem. §§ 87 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 HGB ein Provisionsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 372.126,07 EUR brutto zu. Zu verrechnen und im Wege der Aufrechnung zu berücksichtigen sind Gegenforderungen in Höhe von 151.845,50 EUR, so dass noch 220.280,57 EUR offen sind.
1.
37 
Die Klägerin zu 1. ist zur Geltendmachung der Provisionsforderungen der Fa. L. KG berechtigt.
38 
Die Vollbeendigung der Komplementärin der ursprünglichen Klägerin Fa. L. KG, der Fa. L. Ltd., hat dazu geführt, dass die bisherige Kommanditistin I. Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden ist und das Vermögen der KG auf sie übergegangen ist. Die Weiterübertragung des Unternehmens von I. an S. hat mangels Zustimmung der Beklagten keinen Einfluss auf ihre Parteistellung. Diese Übertragung hat lediglich zur Folge, dass die Klägerin zu 1. nur Zahlung an die tatsächliche nunmehrige Inhaberin der Provisionsforderungen, nämlich die Klägerin zu 2., verlangen kann.
39 
Die Pfändung der Provisionsforderungen zugunsten der Fa. T. gegenüber der Klägerin zu 2. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.09.2012 hat gem. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO auf den Prozess keinen Einfluss und steht daher der Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin zu 1. nicht entgegen. Die Pfändung ist allerdings wirksam und hat zur Folge, dass im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft nur noch Zahlung an die jeweiligen Pfändungsgläubiger verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.1986, VIII ZR 64/85, Rn. 15 - Juris).
40 
Die Forderungspfändung durch die Fa. B. gem. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 11.03.2010, der Drittschuldnerin zugestellt am 31.03.2010 (Anl. Kl. 1 nach Bl. 638 d. A.), und die weitere Forderungspfändung der Fa. Y. gem. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24.03.2010 (Anl. Kl. 2 nach Bl. 638 d. A.) wurden erst nach der am 12.03.2010 erfolgten Abtretung der Forderungen an S. wirksam, da jedenfalls der Zeitpunkt der Zustellung an die Drittschuldnerin nach dem Abtretungszeitpunkt liegt.
41 
Die weitere Pfändung durch die Fa. Z. gegenüber S. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18.02.2014 (Anl. Kl. 8 nach Bl. 644 d. A.) ist ebenfalls unwirksam, da die gepfändeten Forderungen darin nicht bestimmt genug bezeichnet werden.
2.
42 
Zwischen der Fa. L. KG und der Beklagten ist stillschweigend ein Handelsvertreterverhältnis über die Vermittlung von Aufträgen bezüglich Artikeln der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH zu Stande gekommen.
43 
Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 84 Abs. 1 HGB). Die Verpflichtung des Handelsvertreters, sich ständig um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu bemühen, muss nicht förmlich und nicht ausdrücklich niedergelegt sein, sie kann sich auch aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln (BGH MDR 1987, 375; BGH NJW-RR 1990, 354). Hiervon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Vertrag von den Parteien tatsächlich durchgeführt wird (BGH, NJW 1983, 1727, 1728). Maßgebend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung, wobei alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Fa. L. KG als Handelsvertreterin damit betraut war, für die Beklagte Artikel der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH zu vermitteln:
a)
44 
Unstreitig haben die Fa. L. KG und die Beklagte vereinbart, dass die Fa. L. KG den Verkauf von Artikeln der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH vermitteln und dafür eine Provision von 50 % des Deckungsbeitrags II erhalten sollte. Damit bestand Einigkeit über den wesentlichen Vertragsinhalt, nämlich einerseits die Provisionshöhe und andererseits die Aufgabe der Beklagten, nämlich die Vermittlung von Aufträgen der Fa. R. GmbH bezüglich Produkten der Marke „X.“.
45 
Die Tatsache, dass es sich nur um einen einzigen Kunden handelte, steht der Annahme eines Handelsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es Aufgabe der Klägerin auch gewesen ist, der Beklagten noch weitere Kunden zu vermitteln. Entscheidend für die Abgrenzung der Handelsvertreter- zur Maklertätigkeit ist, dass diese auf ein bestimmtes Objekt bezogen ist, während der Handelsvertreter den Umsatz mit immer wieder neu produzierten Objekten vermitteln soll (BGH, Urteil vom 01.04.1992, Rn. 14 - Juris). Vorliegend war Letzteres der Fall, denn die Produkte waren größtenteils nicht bei der Beklagten vorrätig, sondern mussten erst noch nach den Vorgaben der Beklagten bei Drittunternehmen produziert werden.
46 
Auch die Vereinbarung der Provisionshöhe nicht als Prozentsatz des Verkaufspreises, sondern als Prozentsatz des Deckungsbeitrags II ist nicht ungebräuchlich für ein Handelsvertreterverhältnis. Gerade wenn, wie im vorliegenden Fall, die Einkaufs- und Verkaufspreise und der Aufwand des Unternehmers am Anfang der Vertragsbeziehung nicht feststehen und damit unklar ist, welcher Erlös am Schluss verteilt werden kann, ist eine derartige Vereinbarung naheliegend. Auch ist - zumindest im vorliegenden Fall - die mit dieser Berechnungsmethode ermittelte Erlösbeteiligung nicht ungewöhnlich hoch. Denn die hier ausgeurteilte Nettoprovision von 312.710,99 EUR bei Nettoumsätzen von 2.153.490,33 EUR (siehe unten unter 4. und Berechnung im Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 14, 15) entspricht einem Provisionssatz von etwa 15 %, der bei Handelsvertretern im Bereich des Üblichen liegt.
b)
47 
Es hat sich auch nicht nur um eine Gelegenheitsvermittlung gehandelt, sondern um eine ständige Beauftragung. Das Merkmal „ständig“ in § 84 HGB bedeutet nicht langfristig oder auf unbestimmte Zeit, genügend ist vielmehr die Betrauung auf gewisse Zeit, wobei entscheidend das Bemühen um eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen ist (BGH Urteil vom 12.03.2015, VII ZR 336/13, Rn. 11, 12 - Juris; OLG Bamberg, BB 1965, 1167; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 84 Rn. 12). Dass das Bemühen der Fa. L. KG auf eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen gerichtet sein sollte, ergibt sich aus folgenden Umständen:
48 
aa) Bei seiner informatorischen Befragung hat der Beklagte eingeräumt, dass es der Beklagten darum gegangen sei, dass von der Fa. L. KG möglichst viele Aufträge akquiriert werden und von der Beklagten durchgeführt werden sollten.
49 
bb) Hätte es sich um eine Gelegenheitsvermittlung gehandelt, so wäre zu erwarten gewesen, dass bei jedem einzelnen Vorabauftrag der R. GmbH wieder neu über die Provisionierung zwischen der Beklagten und der Fa. L. KG verhandelt hat. So haben es die Vertragsparteien aber nicht gehandhabt. Vielmehr sind nach dem ersten Vorabauftrag laufend weitere Vorabaufträge erteilt worden, und anfangs wurden auch alle auf Grund dieser Aufträge erzielten Umsätze nach dem gleichen Schema anstandslos vergütet.
50 
cc) Gegen eine Gelegenheitsvermittlung spricht auch das vermittelte Auftragsvolumen. Der BGH hat beispielsweise zum Fall einer Vermittlung von Geschäften mit einem Auftragsvolumen von mehr als 3 Mio. DM und einer Provision von 150.000,-- DM über einen Zeitraum von vier Jahren ausgeführt, dass sich dies schwer mit einer Einstufung als Gelegenheitsagent vereinbaren ließe (BGH MDR 1987, 375).
51 
Zwar hat es sich im vorliegenden Fall insgesamt nur um vier Aufträge gehandelt, die die Fa. L. KG bis zur Kündigung vermittelt hat. Dies waren jedoch Sammelbestellungen, in denen Einzelaufträge mit einer Vielzahl von Artikeln gebündelt wurden. Der Kläger hat in der Zeit vom 02.01.2007 bis zum 04.09.2007 den Verkauf von 147.772 Artikeln mit einem Auftragswert von 1.332.547,27 EUR durch die Fa. L. KG vermittelt, und in der Zeit vom 02.11.2007 bis 21.11.2007 Bestellungen für weitere 108.750 Artikel mit einem Auftragswert von 855.761 EUR platziert, die zur Auslieferung Anfang 2008 anstanden. Wenn man die Umsätze mit den Firmen W., O. und G. von insgesamt etwa 155.000 EUR außer Betracht lässt, wurde ein Umsatz mit der R. GmbH in Höhe von rund 2 Mio. EUR vermittelt.
52 
Selbst wenn man unterstellt, dass beim ersten kleineren Auftrag im Jahr 2007 noch eine Gelegenheitsvermittlung angestrebt wurde und die Beklagte sich nicht dauerhaft verpflichten wollte, hatte sich die Geschäftsbeziehung in der Folgezeit mit Erteilung von weiteren drei großen Aufträgen so verfestigt, dass eine auf Dauer angelegten beiderseitigen Bindung vorlag, wobei das Ziel verfolgt wurde, weitere Aufträge der Großkundin Fa. R. GmbH zu erhalten.
53 
dd) Für das von der Fa. L. KG geschuldete Bemühen spricht weiter, dass diese eine umfangreiche unterstützende Tätigkeit entfaltet hat. Beispielsweise hat der Inhaber der Klägerin zu 2. als damaliger Mitarbeiter der Fa. L. KG an einer Besprechung zwischen der Beklagten und der Einkaufsorganisation der Kundin R., nämlich der M.B. vom 14.08.2007 (Protokoll Anlage K 38) teilgenommen, bei der verschiedene Punkte, auch die Entwicklung weiterer Produkte, besprochen wurden, sowie an einer Besprechung der Beklagten mit der Fa. D. vom 24.04.2007 (Protokoll Anl. K 41), bei der es um die Lizenzstrategie ging und er damit beauftragt wurde, einen Vorschlag zur Änderung der bisherigen Lizenzstrategie zu machen. Außerdem hat die Fa. L. KG unstreitig auch bei der Abwicklung der Aufträge assistiert, etwa im Auftrag der Beklagten Preise der für einen Auftrag in Betracht kommenden Unterlieferanten abgefragt.
54 
Wäre die Fa. L. KG nur zu punktuellen Tätigkeiten zur Vermittlung einzelner Aufträge verpflichtet gewesen, so wäre zu erwarten gewesen, dass solche vorbereitenden oder nachbereitenden Tätigkeiten von der Fa. L. KG der Beklagten gesondert in Rechnung gestellt worden wären.
55 
Die von der Klägerin entfaltete unterstützende Tätigkeit spricht auch nicht deshalb gegen eine Einstufung als Handelsvertreter, weil sie nicht zum Kernbereich der Auftragsvermittlung im engeren Sinne gehört. Denn die Tätigkeit des Handelsvertreters setzt nicht die Erbringung von Diensten höherer Art voraus. Es kommt lediglich darauf an, ob die Tätigkeit des Handelsvertreters mitursächlich für den Abschluss des vermittelten Geschäfts geworden ist (BGH, Urteil vom 12.03.2015, VII ZR 336/13, Rn. 11, 12 - Juris). Das war hier aber der Fall.
56 
ee) Ein gewisses Indiz gegen das Vorliegen eines Handelsvertretervertrages ist zwar, dass bezüglich der Produkte der Marke „X.“ kein schriftlicher Handelsvertretervertrag“ geschlossen wurde, während dies bei der Marke „W.“ der Fall war. Die Klägerinnen konnten ihre Behauptung, dass der schriftliche Vertrag bezüglich der Marke „W.“ nur deshalb aufgesetzt wurde, weil der an dem Geschäft beteiligte Zeuge R. auf einen schriftlichen Vertrag Wert legte, nicht nachweisen, denn der Zeuge R. hat diese Behauptung nicht bestätigt.
57 
Andererseits ist die fehlende schriftliche Fixierung nur ein schwaches Indiz. Denn der Beklagten ist der Nachweis für ihre Behauptung, dass bei Beginn der Zusammenarbeit der Abschluss eines schriftlichen Handelsvertretervertrags bezüglich der Vermittlung von Produkten der Marke „X.“ ausdrücklich diskutiert und von ihr abgelehnt worden sein soll, nicht gelungen. Die Beweisaufnahme war zu diesem Punkt unergiebig. Weder die Zeugin J. noch der Zeuge M. konnten sich bei ihrer Befragung im Verhandlungstermin vom 10.06.2015 an ein Gespräch erinnern, bei dem es um den Abschluss eines Handelsvertretervertrags ging.
58 
ff) Das Gesamtbild der Geschäftsbeziehung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Fa. L. KG als Handelsvertreterin und nicht als Gelegenheitsvermittlerin, Handelsmaklerin oder auf Grund einer Vereinbarung sui generis tätig werden sollte. Vielmehr liegt das klassische Bild eines Handelsvertretervertrages vor, wenn auch mit gewissen Besonderheiten, dass nämlich nur Bestellungen eines Großkunden vermittelt werden sollten, dass die Vergütung vom Deckungsbeitrag II abhängig sein sollte und dass die Fa. L. KG nicht ausschließlich vermittelnd sondern darüber hinaus auch unterstützend tätig wurde.
3.
59 
Das Handelsvertreterverhältnis endete zum 31.03.2008. Die E-Mail der Beklagten vom 26.02.2008 ist als außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche fristgemäße Kündigung des Handelsvertretervertrages auszulegen. Die Kündigungsfrist betrug nach § 89 Abs. 1 HGB einen Monat, so dass die Kündigung vom 26.02.2008 zum 31.03.2008 wirksam wurde.
a)
60 
Die Kündigungsfrist von einem Monat resultiert daraus, dass der Vertrag bei Kündigung noch kein Jahr andauerte. Denn es ist davon auszugehen, dass ein verbindlicher Handelsvertretervertrag frühestens im März 2007 zustande kam, als der Umsatz mit der Fa. R. GmbH eine größere Dimension erreichte und die erste Abrechnung (vom 05.03.2007 gem. Anlagenkonvolut B 5) erteilt wurde.
b)
61 
Der Vertrag hat nicht vorzeitig durch fristlose Kündigung der Beklagten mit der E-Mail vom 26.02.2008 geendet. Die Beklagte hat zwar behauptet, die Fa. L. KG habe hinter ihrem Rücken einen Lizenzvertrag über Konkurrenzprodukte der Marke „X. 4“ oder „X. 5“ geschlossen und solche Produkte produziert oder dies zumindest versucht.
62 
Aus der - mit Einverständnis der Parteien verwerteten - schriftlichen Aussage des von der Beklagten benannten Zeugen S. (Bl. 905 d. A.) ergibt sich jedoch, dass im Januar 2008 zwar Vorgespräche mit der Fa. L. KG über den Erwerb einer Lizenz für Produkte mit dem Zeichen „X. 5“ geführt wurden, der Vertrag aber außerhalb der Laufzeit des Handelsvertretervertrages, nämlich am 23.04.2008 unterzeichnet wurde. Der Auffassung der Beklagten, bereits diese Vorgespräche seien ein so schwerwiegender Verstoß gegen die Vertragspflichten eines Handelsvertreters, dass im vorliegenden Fall eine fristlose Kündigung gerechtfertigt war, kann nicht gefolgt werden. Angesichts der kurzen Kündigungsfrist, die nur einen Monat betrug, war der Beklagten die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Zu berücksichtigen ist dabei auch das eigene Verhalten der Beklagten. Denn es ist unstreitig, dass die Beklagte schon etwa zwei Monate, bevor sie die E-Mail vom 26.02.2008 versandte, entgegen der bisherigen Praxis die Fa. L. KG aus der Geschäftsbeziehung mit der Fa. R. GmbH heraushielt und auf die E-Mails der Fa. L. KG nicht mehr reagierte. Die Fa. L. KG musste sich daher auf ein eventuelles baldiges Ende der Geschäftsbeziehungen einstellen und notwendige Vorbereitungen für die Zeit nach Vertragsende treffen.
4.
63 
Der Provisionsanspruch der Klägerin zu 1. beläuft sich der Höhe nach auf brutto 372.126,07 EUR.
64 
Provisionspflichtig sind gem. §§ 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 HGB alle von der Fa. L. KG der Beklagten vermittelten Aufträge, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages der Beklagten zugegangen sind. Dies war bei den vier Aufträgen 01/2007 - 03/2007 und 01/2008, die jetzt noch streitgegenständlich sind, unstreitig der Fall.
65 
Auf die Ermittlung der Provisionshöhe im Schlussurteil vom 28.06.2013 (S. 13 – 15) wird verwiesen. Die zunächst geltend gemachte Forderung wurde um die Umsätze aus den Vorabaufträgen Nr. 1101 bis 1106, die erst am 03.04.2008 erteilt wurden, bereinigt (Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 13 unter 4 a)). Grundlage der Berechnung im Schlussurteil vom 28.06.2013 sind die Zahlen gem. detailliertem Vortrag der Klägerseite mit Schriftsatz vom 28.04.2013. Diese Zahlen sind der Aufstellung gem. Anlage III des Gutachtens des Sachverständigen K. entnommen. Die Aufwandspauschale der Beklagten von 20 % und die Abzüge wegen anteiliger Konditionen und Lizenzgebühren sind dabei berücksichtigt. Gegen die Berechnung hat die Beklagte keine substantiierten Einwände vorgebracht.
66 
Soweit die Beklagte weiterhin moniert, dass Stornobeträge und Gutschriften nicht berücksichtigt seien, ist ihr Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Das Gericht hat mit Verfügung vom 13.04.2015 (Bl. 879 f. d. A.) darauf hingewiesen, dass weder zum Umfang noch zu den Gründen der Stornierungen und Gutschriften ausreichend konkret vorgetragen worden sei, da die Angabe der Beträge der jeweiligen Gutschriften und Stornierungen mit einer nachvollziehbaren Darstellung des Grundes für jede Rechnung oder Gutschrift fehle, sowie auch an einer Verknüpfung der pdf-Dokumente mit Belastungsanzeigen zu den Rücklieferscheinen, Stornorechnungen und Gutschriften. Anhand des Vortrags kann nicht nachvollzogen werden, ob den Stornierungen und Gutschriften Vorgänge zu Grunde liegen, die nicht von der Beklagten zu vertreten sind, denn nur dann entfiele der Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3 S. 2 HGB (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 87a Rn. 30). Auch der ergänzende Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 17.04.2015 erfüllt diese Anforderung nicht. Der darin gestellte Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen würde der Ausforschung dienen und ist daher unbeachtlich.
67 
Soweit die Beklagte außerdem im Schriftsatz vom 10.07.2015 beanstandet, dass der Ausgangsfehler des Gutachtens des Wirtschaftsprüfers K. darin liege, dass „gleichsam zu beachtende Aufwendung und Kosten“ nicht berücksichtigt wurden, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, an welchem Punkt Aufwendungen oder Kosten unberücksichtigt geblieben sein sollen. Weder leitet die Beklagte ihre im Schriftsatz vom 10.07.2015 genannten Zahlen nachvollziehbar aus einer eigenen Berechnung her, noch nimmt sie konkret Bezug auf die Zahlen der Klägerin oder des Gutachters.
68 
Soweit es sich bei der Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 10.07.2015 um neuen Tatsachenvortrag handeln sollte, kann dieser im vorliegenden Urteil nicht verwertet werden. Denn neuer Tatsachenvortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist unbeachtlich (§ 296a ZPO). Den Parteien war zwar in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 eine Äußerungsfrist bis um 10.07.2015 zum Ergebnis der Beweisaufnahme gewährt worden, jedoch nicht zu neuem Tatsachenvortrag. Auch ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wegen des neuen Schriftsatzes vom 10.07.2015 nicht angezeigt, da weder die Voraussetzungen für eine notwendige Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 2 ZPO vorliegen, noch wesentlichen neuen Umstände vorgetragen wurden, die eine im Ermessen des Gerichts liegende Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 1 ZPO als sinnvoll erscheinen ließen.
5.
69 
Von der Klagforderung sind im Wege der Verrechnung und Aufrechnung Gegenansprüche der Beklagten in Höhe von 151.845,50 EUR abzuziehen. Dieser Betrag entspricht dem Vortrag der Beklagten und wird auch von der Klägerin zu 1. nicht mehr angegriffen.
70 
Hieraus ergibt sich folgende Abrechnung des restlichen Provisionsanspruchs:
71 
(entspricht der Berechnung
im Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 15)
        
        
Provisionsanspruch der Klägerin zu 1.
        
372.126,07 EUR
abzgl. unstreitiger Provisionszahlung
6.737,78 EUR
        
abzgl. Provisionszahlungen
45.000,00 EUR
        
abzgl. Warenlieferungen zum GH-Preis
77.277,71 EUR
        
abzgl. Erstattungsanspruch Lieferung Fa. K.    
8.355,21 EUR
        
abzgl. Kostenerstattungsanspruch
  14.474,80 EUR
        
        
151.845,50 EUR
 ./. 151.845,50 EUR
verbleiben zugunsten der Klägerin zu 1.
        
220.280,57 EUR
6.
72 
Die Klägerin zu 1. kann hierauf Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 BGB beanspruchen, also ab 17.03.2009. Für die Zeit vom 01.03.2009 bis 16.03.2009 stehen ihr Fälligkeitszinsen gem. §§ 352 Abs. 2, 353 HGB in Höhe von 5 % zu.
II.
73 
Der Klägerin zu 2. steht ein Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs gem. § 89b HGB in Höhe von 297.700,80 EUR zu.
1.
74 
Die Klägerin zu 2. ist berechtigt, den Ausgleichsanspruch geltend zu machen. Die Pfändung durch die Fa. Z gegenüber S. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18.02.2014 ist unwirksam, da die gepfändeten Forderungen darin nicht bestimmt genug bezeichnet werden.3.
75 
Der Ausgleichsanspruch wurde rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB durch Schriftsatz vom 02.12.2008 (Anl. K 10) geltend gemacht.
2.
76 
Der Anspruch ist nicht nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass die von ihr am 26.02.2008 ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnisses auf einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens der Fa. L. KG beruht.
77 
Soweit die Beklagte behauptet, die Kündigung sei auf Druck der Fa. R. GmbH wegen Fehlverhaltens Herrn S. notwendig gewesen, hätte sie im Einzelnen angeben müssen, inwieweit diese Beschwerden auf schuldhaftem Verhalten des Herrn S. beruhen. Eine ohne Verschulden des Unternehmers ausgesprochene Druckkündigung reicht nicht aus (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 89b Rn. 67). Die Beklagte hat hier lediglich auf unseriöse Geschäftspraktiken verwiesen, über die sich die Fa. M. und die Fa. R. GmbH beschwert hätten, und hat in diesem Zusammenhang außerdem noch ein Angebot von T-Shirts der Marke T. angeführt, wofür die Beklagte keine Lizenz gehabt habe. Welches konkrete Verhalten Herrn S. zu welchem Zeitpunkt pflichtwidrig gewesen sein soll, wird aber offen gelassen.
78 
Soweit die Beklagte den Grund zur fristlosen Kündigung darin sieht, die Fa. L. KG sei mit eigenen Lizenzen unerlaubt in Wettbewerb zu der Beklagten getreten, wird auf die Ausführungen oben unter I. 3. verwiesen. Der tatsächliche Abschluss des Lizenzvertrages bezüglich eines Konkurrenzprodukts der Marke „X. 5“ erfolgte erst nach Beendigung der Vertragsbeziehung der Fa. L. KG mit der Beklagten. In der bloßen Anbahnung eines Lizenzvertrages, der erst nach Beendigung des Handelsvertretervertrages unterzeichnet wurde, kann keine schwerwiegende Vertragsverletzung gesehen werden, da die Fa. L. KG auf Grund des Verhaltens der Beklagten mit einer Kündigung des Handelsvertretervertrages rechnen und Vorsorge für die Zeit danach treffen musste.
3.
79 
Der Höhe nach ist der Ausgleichsanspruch der Klägerin zu 2. nach § 89b Abs. 2 HGB auf den Betrag einer durchschnittlich während der Tätigkeit der Klägerin erzielten Jahresprovision von 243.555,40 EUR begrenzt.
80 
Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:
81 
Provisionsanspruch brutto
(s. Schlussurteil v. 28.06.2013, S. 15 )
372.126,07 EUR
Der vorgenannte Betrag von 372.126,07 EUR
        
wurde in einem Vertragszeitraum von 15 Monaten    
        
erwirtschaftet, so dass auf einen Monatszeitraum
        
durchschnittlich entfallen:
24.808,40 EUR
Die Bruttojahresprovision
(der zwölffache Monatsbetrag)
        
beträgt also durchschnittlich:
297.700,80 EUR
4.
82 
Der nach § 89b Abs. 1 ermittelte Rohausgleich ist höher als der vorgenannte nach § 89b Abs. 2 ermittelte Höchstbetrag von 297.700,80 EUR (Betrag einer durchschnittlichen Jahresprovision) so dass dieser Höchstbetrag für den Anspruch der Klägerin zu 2. maßgeblich bleibt.
83 
Maßgebend für die Ermittlung des Rohausgleichs ist eine Prognose über die künftige Entwicklung der Geschäftsverbindung, ob der Unternehmer in der Lage sein wird, erhebliche Vorteile aus der Geschäftsverbindung zu ziehen (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014 , § 89b Rn. 12, 16). Im vorliegenden Fall erscheint nach richterlicher Schätzung ein Prognosezeitraum von fünf Jahren als angemessen. Denn bei Beendigung des Handelsvertretervertrages bestand die Verbindung erst knapp ein Jahr bei stark steigender Umsatztendenz. Ein Abwandern der Kundin oder Provisionsverluste waren bei dieser positiven Entwicklung nicht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als linear 20 % zu erwarten. Bei dieser Quote betragen die Provisionseinnahmen während des Prognosezeitraums:
84 
Ausgangsbasis Jahresprovision
        
297.700,80 EUR
1. Jahr
80 % der
Ausgangsbasis
238.160,64 EUR
2. Jahr
80 % des
Vorjahrs
190.528,51 EUR
3. Jahr
80 % des
Vorjahrs
152.422,80 EUR
4. Jahr
80 % des
Vorjahrs
121.938,24 EUR
5. Jahr
80 % des
Vorjahrs
97.550,59 EUR
Provisionseinnahmen gesamt
        
800.600,78 EUR
abgezinst mit dem Faktor
51,7256 (bei 6 % Abzinsung
        
        
nach Gillardon) ergibt dies
einen Rohausgleich von
        
        
670.933,49 EUR : 60 Monate x 51,7256 =
        
690.192,57 EUR
5.
85 
Zur Begründung des Zinsanspruchs wird auf das Schlussurteil vom 28.06.2013 (S. 20, 21) Bezug genommen .
III.
1.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 269 Abs. 3 ZPO.
87 
Der fiktive Gesamtstreitwert in erster Instanz beträgt 1.223.491,70 EUR und setzt sich wie folgt zusammen: Im Provisionsstreit zwischen der Klägerin zu 1. und der Beklagten ging es um 442.210,17 EUR (die bis zum behaupteten Parteiwechsel geltend gemachten Provisionsforderungen von 281.386,83 und Gegenforderungen von 160.823,34 EUR), und bei der Auseinandersetzung über den Ausgleichsanspruch zwischen der Klägerin zu 2. und der Beklagten war ein Betrag von 315.350,-- EUR streitig. Außerdem hat die Klägerin zu 2. Provisionsansprüche von 465.931,62 EUR eingeklagt.
88 
Das Teilunterliegen der Klägerin zu 1. beläuft sich auf 161.213,98 EUR und ermittelt sich aus dem Unterliegen in Höhe von 61.106,26 EUR bei dem Provisionsanspruch und in Höhe von 100.107,72 bei den zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüchen. Das Teilunterliegen der Klägerin zu 2. beläuft sich auf 465.931,62 EUR bezüglich des Provisionsanspruchs und 17.649,31 EUR bezüglich des Ausgleichsanspruchs, insgesamt also 483.580,93 EUR. Die Beklagte schließlich unterliegt mit 280.996,19 EUR gegenüber der Klägerin zu 1. und mit 297.700,80 EUR gegenüber der Klägerin zu 2., insgesamt also mit 578.696,99 EUR.
89 
Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz anhängig gewesenen Forderungen unterliegt die Klägerin zu 2. mit 220.280,57 EUR (Provisionsanspruch) und die Beklagte mit 297.700,80 EUR (Ausgleichsanspruch).
2.
90 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Gründe

 
I.
36 
Der Klägerin zu 1. steht gem. §§ 87 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 HGB ein Provisionsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 372.126,07 EUR brutto zu. Zu verrechnen und im Wege der Aufrechnung zu berücksichtigen sind Gegenforderungen in Höhe von 151.845,50 EUR, so dass noch 220.280,57 EUR offen sind.
1.
37 
Die Klägerin zu 1. ist zur Geltendmachung der Provisionsforderungen der Fa. L. KG berechtigt.
38 
Die Vollbeendigung der Komplementärin der ursprünglichen Klägerin Fa. L. KG, der Fa. L. Ltd., hat dazu geführt, dass die bisherige Kommanditistin I. Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden ist und das Vermögen der KG auf sie übergegangen ist. Die Weiterübertragung des Unternehmens von I. an S. hat mangels Zustimmung der Beklagten keinen Einfluss auf ihre Parteistellung. Diese Übertragung hat lediglich zur Folge, dass die Klägerin zu 1. nur Zahlung an die tatsächliche nunmehrige Inhaberin der Provisionsforderungen, nämlich die Klägerin zu 2., verlangen kann.
39 
Die Pfändung der Provisionsforderungen zugunsten der Fa. T. gegenüber der Klägerin zu 2. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.09.2012 hat gem. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO auf den Prozess keinen Einfluss und steht daher der Geltendmachung der Forderung durch die Klägerin zu 1. nicht entgegen. Die Pfändung ist allerdings wirksam und hat zur Folge, dass im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft nur noch Zahlung an die jeweiligen Pfändungsgläubiger verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 12.03.1986, VIII ZR 64/85, Rn. 15 - Juris).
40 
Die Forderungspfändung durch die Fa. B. gem. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 11.03.2010, der Drittschuldnerin zugestellt am 31.03.2010 (Anl. Kl. 1 nach Bl. 638 d. A.), und die weitere Forderungspfändung der Fa. Y. gem. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24.03.2010 (Anl. Kl. 2 nach Bl. 638 d. A.) wurden erst nach der am 12.03.2010 erfolgten Abtretung der Forderungen an S. wirksam, da jedenfalls der Zeitpunkt der Zustellung an die Drittschuldnerin nach dem Abtretungszeitpunkt liegt.
41 
Die weitere Pfändung durch die Fa. Z. gegenüber S. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18.02.2014 (Anl. Kl. 8 nach Bl. 644 d. A.) ist ebenfalls unwirksam, da die gepfändeten Forderungen darin nicht bestimmt genug bezeichnet werden.
2.
42 
Zwischen der Fa. L. KG und der Beklagten ist stillschweigend ein Handelsvertreterverhältnis über die Vermittlung von Aufträgen bezüglich Artikeln der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH zu Stande gekommen.
43 
Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 84 Abs. 1 HGB). Die Verpflichtung des Handelsvertreters, sich ständig um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu bemühen, muss nicht förmlich und nicht ausdrücklich niedergelegt sein, sie kann sich auch aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln (BGH MDR 1987, 375; BGH NJW-RR 1990, 354). Hiervon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn der Vertrag von den Parteien tatsächlich durchgeführt wird (BGH, NJW 1983, 1727, 1728). Maßgebend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung, wobei alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Das Gesamtbild der tatsächlichen Handhabung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Fa. L. KG als Handelsvertreterin damit betraut war, für die Beklagte Artikel der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH zu vermitteln:
a)
44 
Unstreitig haben die Fa. L. KG und die Beklagte vereinbart, dass die Fa. L. KG den Verkauf von Artikeln der Marke „X.“ an die Fa. R. GmbH vermitteln und dafür eine Provision von 50 % des Deckungsbeitrags II erhalten sollte. Damit bestand Einigkeit über den wesentlichen Vertragsinhalt, nämlich einerseits die Provisionshöhe und andererseits die Aufgabe der Beklagten, nämlich die Vermittlung von Aufträgen der Fa. R. GmbH bezüglich Produkten der Marke „X.“.
45 
Die Tatsache, dass es sich nur um einen einzigen Kunden handelte, steht der Annahme eines Handelsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es Aufgabe der Klägerin auch gewesen ist, der Beklagten noch weitere Kunden zu vermitteln. Entscheidend für die Abgrenzung der Handelsvertreter- zur Maklertätigkeit ist, dass diese auf ein bestimmtes Objekt bezogen ist, während der Handelsvertreter den Umsatz mit immer wieder neu produzierten Objekten vermitteln soll (BGH, Urteil vom 01.04.1992, Rn. 14 - Juris). Vorliegend war Letzteres der Fall, denn die Produkte waren größtenteils nicht bei der Beklagten vorrätig, sondern mussten erst noch nach den Vorgaben der Beklagten bei Drittunternehmen produziert werden.
46 
Auch die Vereinbarung der Provisionshöhe nicht als Prozentsatz des Verkaufspreises, sondern als Prozentsatz des Deckungsbeitrags II ist nicht ungebräuchlich für ein Handelsvertreterverhältnis. Gerade wenn, wie im vorliegenden Fall, die Einkaufs- und Verkaufspreise und der Aufwand des Unternehmers am Anfang der Vertragsbeziehung nicht feststehen und damit unklar ist, welcher Erlös am Schluss verteilt werden kann, ist eine derartige Vereinbarung naheliegend. Auch ist - zumindest im vorliegenden Fall - die mit dieser Berechnungsmethode ermittelte Erlösbeteiligung nicht ungewöhnlich hoch. Denn die hier ausgeurteilte Nettoprovision von 312.710,99 EUR bei Nettoumsätzen von 2.153.490,33 EUR (siehe unten unter 4. und Berechnung im Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 14, 15) entspricht einem Provisionssatz von etwa 15 %, der bei Handelsvertretern im Bereich des Üblichen liegt.
b)
47 
Es hat sich auch nicht nur um eine Gelegenheitsvermittlung gehandelt, sondern um eine ständige Beauftragung. Das Merkmal „ständig“ in § 84 HGB bedeutet nicht langfristig oder auf unbestimmte Zeit, genügend ist vielmehr die Betrauung auf gewisse Zeit, wobei entscheidend das Bemühen um eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen ist (BGH Urteil vom 12.03.2015, VII ZR 336/13, Rn. 11, 12 - Juris; OLG Bamberg, BB 1965, 1167; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 84 Rn. 12). Dass das Bemühen der Fa. L. KG auf eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen gerichtet sein sollte, ergibt sich aus folgenden Umständen:
48 
aa) Bei seiner informatorischen Befragung hat der Beklagte eingeräumt, dass es der Beklagten darum gegangen sei, dass von der Fa. L. KG möglichst viele Aufträge akquiriert werden und von der Beklagten durchgeführt werden sollten.
49 
bb) Hätte es sich um eine Gelegenheitsvermittlung gehandelt, so wäre zu erwarten gewesen, dass bei jedem einzelnen Vorabauftrag der R. GmbH wieder neu über die Provisionierung zwischen der Beklagten und der Fa. L. KG verhandelt hat. So haben es die Vertragsparteien aber nicht gehandhabt. Vielmehr sind nach dem ersten Vorabauftrag laufend weitere Vorabaufträge erteilt worden, und anfangs wurden auch alle auf Grund dieser Aufträge erzielten Umsätze nach dem gleichen Schema anstandslos vergütet.
50 
cc) Gegen eine Gelegenheitsvermittlung spricht auch das vermittelte Auftragsvolumen. Der BGH hat beispielsweise zum Fall einer Vermittlung von Geschäften mit einem Auftragsvolumen von mehr als 3 Mio. DM und einer Provision von 150.000,-- DM über einen Zeitraum von vier Jahren ausgeführt, dass sich dies schwer mit einer Einstufung als Gelegenheitsagent vereinbaren ließe (BGH MDR 1987, 375).
51 
Zwar hat es sich im vorliegenden Fall insgesamt nur um vier Aufträge gehandelt, die die Fa. L. KG bis zur Kündigung vermittelt hat. Dies waren jedoch Sammelbestellungen, in denen Einzelaufträge mit einer Vielzahl von Artikeln gebündelt wurden. Der Kläger hat in der Zeit vom 02.01.2007 bis zum 04.09.2007 den Verkauf von 147.772 Artikeln mit einem Auftragswert von 1.332.547,27 EUR durch die Fa. L. KG vermittelt, und in der Zeit vom 02.11.2007 bis 21.11.2007 Bestellungen für weitere 108.750 Artikel mit einem Auftragswert von 855.761 EUR platziert, die zur Auslieferung Anfang 2008 anstanden. Wenn man die Umsätze mit den Firmen W., O. und G. von insgesamt etwa 155.000 EUR außer Betracht lässt, wurde ein Umsatz mit der R. GmbH in Höhe von rund 2 Mio. EUR vermittelt.
52 
Selbst wenn man unterstellt, dass beim ersten kleineren Auftrag im Jahr 2007 noch eine Gelegenheitsvermittlung angestrebt wurde und die Beklagte sich nicht dauerhaft verpflichten wollte, hatte sich die Geschäftsbeziehung in der Folgezeit mit Erteilung von weiteren drei großen Aufträgen so verfestigt, dass eine auf Dauer angelegten beiderseitigen Bindung vorlag, wobei das Ziel verfolgt wurde, weitere Aufträge der Großkundin Fa. R. GmbH zu erhalten.
53 
dd) Für das von der Fa. L. KG geschuldete Bemühen spricht weiter, dass diese eine umfangreiche unterstützende Tätigkeit entfaltet hat. Beispielsweise hat der Inhaber der Klägerin zu 2. als damaliger Mitarbeiter der Fa. L. KG an einer Besprechung zwischen der Beklagten und der Einkaufsorganisation der Kundin R., nämlich der M.B. vom 14.08.2007 (Protokoll Anlage K 38) teilgenommen, bei der verschiedene Punkte, auch die Entwicklung weiterer Produkte, besprochen wurden, sowie an einer Besprechung der Beklagten mit der Fa. D. vom 24.04.2007 (Protokoll Anl. K 41), bei der es um die Lizenzstrategie ging und er damit beauftragt wurde, einen Vorschlag zur Änderung der bisherigen Lizenzstrategie zu machen. Außerdem hat die Fa. L. KG unstreitig auch bei der Abwicklung der Aufträge assistiert, etwa im Auftrag der Beklagten Preise der für einen Auftrag in Betracht kommenden Unterlieferanten abgefragt.
54 
Wäre die Fa. L. KG nur zu punktuellen Tätigkeiten zur Vermittlung einzelner Aufträge verpflichtet gewesen, so wäre zu erwarten gewesen, dass solche vorbereitenden oder nachbereitenden Tätigkeiten von der Fa. L. KG der Beklagten gesondert in Rechnung gestellt worden wären.
55 
Die von der Klägerin entfaltete unterstützende Tätigkeit spricht auch nicht deshalb gegen eine Einstufung als Handelsvertreter, weil sie nicht zum Kernbereich der Auftragsvermittlung im engeren Sinne gehört. Denn die Tätigkeit des Handelsvertreters setzt nicht die Erbringung von Diensten höherer Art voraus. Es kommt lediglich darauf an, ob die Tätigkeit des Handelsvertreters mitursächlich für den Abschluss des vermittelten Geschäfts geworden ist (BGH, Urteil vom 12.03.2015, VII ZR 336/13, Rn. 11, 12 - Juris). Das war hier aber der Fall.
56 
ee) Ein gewisses Indiz gegen das Vorliegen eines Handelsvertretervertrages ist zwar, dass bezüglich der Produkte der Marke „X.“ kein schriftlicher Handelsvertretervertrag“ geschlossen wurde, während dies bei der Marke „W.“ der Fall war. Die Klägerinnen konnten ihre Behauptung, dass der schriftliche Vertrag bezüglich der Marke „W.“ nur deshalb aufgesetzt wurde, weil der an dem Geschäft beteiligte Zeuge R. auf einen schriftlichen Vertrag Wert legte, nicht nachweisen, denn der Zeuge R. hat diese Behauptung nicht bestätigt.
57 
Andererseits ist die fehlende schriftliche Fixierung nur ein schwaches Indiz. Denn der Beklagten ist der Nachweis für ihre Behauptung, dass bei Beginn der Zusammenarbeit der Abschluss eines schriftlichen Handelsvertretervertrags bezüglich der Vermittlung von Produkten der Marke „X.“ ausdrücklich diskutiert und von ihr abgelehnt worden sein soll, nicht gelungen. Die Beweisaufnahme war zu diesem Punkt unergiebig. Weder die Zeugin J. noch der Zeuge M. konnten sich bei ihrer Befragung im Verhandlungstermin vom 10.06.2015 an ein Gespräch erinnern, bei dem es um den Abschluss eines Handelsvertretervertrags ging.
58 
ff) Das Gesamtbild der Geschäftsbeziehung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Fa. L. KG als Handelsvertreterin und nicht als Gelegenheitsvermittlerin, Handelsmaklerin oder auf Grund einer Vereinbarung sui generis tätig werden sollte. Vielmehr liegt das klassische Bild eines Handelsvertretervertrages vor, wenn auch mit gewissen Besonderheiten, dass nämlich nur Bestellungen eines Großkunden vermittelt werden sollten, dass die Vergütung vom Deckungsbeitrag II abhängig sein sollte und dass die Fa. L. KG nicht ausschließlich vermittelnd sondern darüber hinaus auch unterstützend tätig wurde.
3.
59 
Das Handelsvertreterverhältnis endete zum 31.03.2008. Die E-Mail der Beklagten vom 26.02.2008 ist als außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche fristgemäße Kündigung des Handelsvertretervertrages auszulegen. Die Kündigungsfrist betrug nach § 89 Abs. 1 HGB einen Monat, so dass die Kündigung vom 26.02.2008 zum 31.03.2008 wirksam wurde.
a)
60 
Die Kündigungsfrist von einem Monat resultiert daraus, dass der Vertrag bei Kündigung noch kein Jahr andauerte. Denn es ist davon auszugehen, dass ein verbindlicher Handelsvertretervertrag frühestens im März 2007 zustande kam, als der Umsatz mit der Fa. R. GmbH eine größere Dimension erreichte und die erste Abrechnung (vom 05.03.2007 gem. Anlagenkonvolut B 5) erteilt wurde.
b)
61 
Der Vertrag hat nicht vorzeitig durch fristlose Kündigung der Beklagten mit der E-Mail vom 26.02.2008 geendet. Die Beklagte hat zwar behauptet, die Fa. L. KG habe hinter ihrem Rücken einen Lizenzvertrag über Konkurrenzprodukte der Marke „X. 4“ oder „X. 5“ geschlossen und solche Produkte produziert oder dies zumindest versucht.
62 
Aus der - mit Einverständnis der Parteien verwerteten - schriftlichen Aussage des von der Beklagten benannten Zeugen S. (Bl. 905 d. A.) ergibt sich jedoch, dass im Januar 2008 zwar Vorgespräche mit der Fa. L. KG über den Erwerb einer Lizenz für Produkte mit dem Zeichen „X. 5“ geführt wurden, der Vertrag aber außerhalb der Laufzeit des Handelsvertretervertrages, nämlich am 23.04.2008 unterzeichnet wurde. Der Auffassung der Beklagten, bereits diese Vorgespräche seien ein so schwerwiegender Verstoß gegen die Vertragspflichten eines Handelsvertreters, dass im vorliegenden Fall eine fristlose Kündigung gerechtfertigt war, kann nicht gefolgt werden. Angesichts der kurzen Kündigungsfrist, die nur einen Monat betrug, war der Beklagten die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Zu berücksichtigen ist dabei auch das eigene Verhalten der Beklagten. Denn es ist unstreitig, dass die Beklagte schon etwa zwei Monate, bevor sie die E-Mail vom 26.02.2008 versandte, entgegen der bisherigen Praxis die Fa. L. KG aus der Geschäftsbeziehung mit der Fa. R. GmbH heraushielt und auf die E-Mails der Fa. L. KG nicht mehr reagierte. Die Fa. L. KG musste sich daher auf ein eventuelles baldiges Ende der Geschäftsbeziehungen einstellen und notwendige Vorbereitungen für die Zeit nach Vertragsende treffen.
4.
63 
Der Provisionsanspruch der Klägerin zu 1. beläuft sich der Höhe nach auf brutto 372.126,07 EUR.
64 
Provisionspflichtig sind gem. §§ 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 HGB alle von der Fa. L. KG der Beklagten vermittelten Aufträge, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages der Beklagten zugegangen sind. Dies war bei den vier Aufträgen 01/2007 - 03/2007 und 01/2008, die jetzt noch streitgegenständlich sind, unstreitig der Fall.
65 
Auf die Ermittlung der Provisionshöhe im Schlussurteil vom 28.06.2013 (S. 13 – 15) wird verwiesen. Die zunächst geltend gemachte Forderung wurde um die Umsätze aus den Vorabaufträgen Nr. 1101 bis 1106, die erst am 03.04.2008 erteilt wurden, bereinigt (Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 13 unter 4 a)). Grundlage der Berechnung im Schlussurteil vom 28.06.2013 sind die Zahlen gem. detailliertem Vortrag der Klägerseite mit Schriftsatz vom 28.04.2013. Diese Zahlen sind der Aufstellung gem. Anlage III des Gutachtens des Sachverständigen K. entnommen. Die Aufwandspauschale der Beklagten von 20 % und die Abzüge wegen anteiliger Konditionen und Lizenzgebühren sind dabei berücksichtigt. Gegen die Berechnung hat die Beklagte keine substantiierten Einwände vorgebracht.
66 
Soweit die Beklagte weiterhin moniert, dass Stornobeträge und Gutschriften nicht berücksichtigt seien, ist ihr Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Das Gericht hat mit Verfügung vom 13.04.2015 (Bl. 879 f. d. A.) darauf hingewiesen, dass weder zum Umfang noch zu den Gründen der Stornierungen und Gutschriften ausreichend konkret vorgetragen worden sei, da die Angabe der Beträge der jeweiligen Gutschriften und Stornierungen mit einer nachvollziehbaren Darstellung des Grundes für jede Rechnung oder Gutschrift fehle, sowie auch an einer Verknüpfung der pdf-Dokumente mit Belastungsanzeigen zu den Rücklieferscheinen, Stornorechnungen und Gutschriften. Anhand des Vortrags kann nicht nachvollzogen werden, ob den Stornierungen und Gutschriften Vorgänge zu Grunde liegen, die nicht von der Beklagten zu vertreten sind, denn nur dann entfiele der Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3 S. 2 HGB (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 87a Rn. 30). Auch der ergänzende Vortrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 17.04.2015 erfüllt diese Anforderung nicht. Der darin gestellte Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen würde der Ausforschung dienen und ist daher unbeachtlich.
67 
Soweit die Beklagte außerdem im Schriftsatz vom 10.07.2015 beanstandet, dass der Ausgangsfehler des Gutachtens des Wirtschaftsprüfers K. darin liege, dass „gleichsam zu beachtende Aufwendung und Kosten“ nicht berücksichtigt wurden, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, an welchem Punkt Aufwendungen oder Kosten unberücksichtigt geblieben sein sollen. Weder leitet die Beklagte ihre im Schriftsatz vom 10.07.2015 genannten Zahlen nachvollziehbar aus einer eigenen Berechnung her, noch nimmt sie konkret Bezug auf die Zahlen der Klägerin oder des Gutachters.
68 
Soweit es sich bei der Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 10.07.2015 um neuen Tatsachenvortrag handeln sollte, kann dieser im vorliegenden Urteil nicht verwertet werden. Denn neuer Tatsachenvortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist unbeachtlich (§ 296a ZPO). Den Parteien war zwar in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2015 eine Äußerungsfrist bis um 10.07.2015 zum Ergebnis der Beweisaufnahme gewährt worden, jedoch nicht zu neuem Tatsachenvortrag. Auch ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung wegen des neuen Schriftsatzes vom 10.07.2015 nicht angezeigt, da weder die Voraussetzungen für eine notwendige Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 2 ZPO vorliegen, noch wesentlichen neuen Umstände vorgetragen wurden, die eine im Ermessen des Gerichts liegende Wiedereröffnung gem. § 156 Abs. 1 ZPO als sinnvoll erscheinen ließen.
5.
69 
Von der Klagforderung sind im Wege der Verrechnung und Aufrechnung Gegenansprüche der Beklagten in Höhe von 151.845,50 EUR abzuziehen. Dieser Betrag entspricht dem Vortrag der Beklagten und wird auch von der Klägerin zu 1. nicht mehr angegriffen.
70 
Hieraus ergibt sich folgende Abrechnung des restlichen Provisionsanspruchs:
71 
(entspricht der Berechnung
im Schlussurteil vom 28.06.2013, S. 15)
        
        
Provisionsanspruch der Klägerin zu 1.
        
372.126,07 EUR
abzgl. unstreitiger Provisionszahlung
6.737,78 EUR
        
abzgl. Provisionszahlungen
45.000,00 EUR
        
abzgl. Warenlieferungen zum GH-Preis
77.277,71 EUR
        
abzgl. Erstattungsanspruch Lieferung Fa. K.    
8.355,21 EUR
        
abzgl. Kostenerstattungsanspruch
  14.474,80 EUR
        
        
151.845,50 EUR
 ./. 151.845,50 EUR
verbleiben zugunsten der Klägerin zu 1.
        
220.280,57 EUR
6.
72 
Die Klägerin zu 1. kann hierauf Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit gem. §§ 291, 288 BGB beanspruchen, also ab 17.03.2009. Für die Zeit vom 01.03.2009 bis 16.03.2009 stehen ihr Fälligkeitszinsen gem. §§ 352 Abs. 2, 353 HGB in Höhe von 5 % zu.
II.
73 
Der Klägerin zu 2. steht ein Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs gem. § 89b HGB in Höhe von 297.700,80 EUR zu.
1.
74 
Die Klägerin zu 2. ist berechtigt, den Ausgleichsanspruch geltend zu machen. Die Pfändung durch die Fa. Z gegenüber S. mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18.02.2014 ist unwirksam, da die gepfändeten Forderungen darin nicht bestimmt genug bezeichnet werden.3.
75 
Der Ausgleichsanspruch wurde rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 HGB durch Schriftsatz vom 02.12.2008 (Anl. K 10) geltend gemacht.
2.
76 
Der Anspruch ist nicht nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass die von ihr am 26.02.2008 ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnisses auf einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens der Fa. L. KG beruht.
77 
Soweit die Beklagte behauptet, die Kündigung sei auf Druck der Fa. R. GmbH wegen Fehlverhaltens Herrn S. notwendig gewesen, hätte sie im Einzelnen angeben müssen, inwieweit diese Beschwerden auf schuldhaftem Verhalten des Herrn S. beruhen. Eine ohne Verschulden des Unternehmers ausgesprochene Druckkündigung reicht nicht aus (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 89b Rn. 67). Die Beklagte hat hier lediglich auf unseriöse Geschäftspraktiken verwiesen, über die sich die Fa. M. und die Fa. R. GmbH beschwert hätten, und hat in diesem Zusammenhang außerdem noch ein Angebot von T-Shirts der Marke T. angeführt, wofür die Beklagte keine Lizenz gehabt habe. Welches konkrete Verhalten Herrn S. zu welchem Zeitpunkt pflichtwidrig gewesen sein soll, wird aber offen gelassen.
78 
Soweit die Beklagte den Grund zur fristlosen Kündigung darin sieht, die Fa. L. KG sei mit eigenen Lizenzen unerlaubt in Wettbewerb zu der Beklagten getreten, wird auf die Ausführungen oben unter I. 3. verwiesen. Der tatsächliche Abschluss des Lizenzvertrages bezüglich eines Konkurrenzprodukts der Marke „X. 5“ erfolgte erst nach Beendigung der Vertragsbeziehung der Fa. L. KG mit der Beklagten. In der bloßen Anbahnung eines Lizenzvertrages, der erst nach Beendigung des Handelsvertretervertrages unterzeichnet wurde, kann keine schwerwiegende Vertragsverletzung gesehen werden, da die Fa. L. KG auf Grund des Verhaltens der Beklagten mit einer Kündigung des Handelsvertretervertrages rechnen und Vorsorge für die Zeit danach treffen musste.
3.
79 
Der Höhe nach ist der Ausgleichsanspruch der Klägerin zu 2. nach § 89b Abs. 2 HGB auf den Betrag einer durchschnittlich während der Tätigkeit der Klägerin erzielten Jahresprovision von 243.555,40 EUR begrenzt.
80 
Dieser Betrag errechnet sich wie folgt:
81 
Provisionsanspruch brutto
(s. Schlussurteil v. 28.06.2013, S. 15 )
372.126,07 EUR
Der vorgenannte Betrag von 372.126,07 EUR
        
wurde in einem Vertragszeitraum von 15 Monaten    
        
erwirtschaftet, so dass auf einen Monatszeitraum
        
durchschnittlich entfallen:
24.808,40 EUR
Die Bruttojahresprovision
(der zwölffache Monatsbetrag)
        
beträgt also durchschnittlich:
297.700,80 EUR
4.
82 
Der nach § 89b Abs. 1 ermittelte Rohausgleich ist höher als der vorgenannte nach § 89b Abs. 2 ermittelte Höchstbetrag von 297.700,80 EUR (Betrag einer durchschnittlichen Jahresprovision) so dass dieser Höchstbetrag für den Anspruch der Klägerin zu 2. maßgeblich bleibt.
83 
Maßgebend für die Ermittlung des Rohausgleichs ist eine Prognose über die künftige Entwicklung der Geschäftsverbindung, ob der Unternehmer in der Lage sein wird, erhebliche Vorteile aus der Geschäftsverbindung zu ziehen (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014 , § 89b Rn. 12, 16). Im vorliegenden Fall erscheint nach richterlicher Schätzung ein Prognosezeitraum von fünf Jahren als angemessen. Denn bei Beendigung des Handelsvertretervertrages bestand die Verbindung erst knapp ein Jahr bei stark steigender Umsatztendenz. Ein Abwandern der Kundin oder Provisionsverluste waren bei dieser positiven Entwicklung nicht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als linear 20 % zu erwarten. Bei dieser Quote betragen die Provisionseinnahmen während des Prognosezeitraums:
84 
Ausgangsbasis Jahresprovision
        
297.700,80 EUR
1. Jahr
80 % der
Ausgangsbasis
238.160,64 EUR
2. Jahr
80 % des
Vorjahrs
190.528,51 EUR
3. Jahr
80 % des
Vorjahrs
152.422,80 EUR
4. Jahr
80 % des
Vorjahrs
121.938,24 EUR
5. Jahr
80 % des
Vorjahrs
97.550,59 EUR
Provisionseinnahmen gesamt
        
800.600,78 EUR
abgezinst mit dem Faktor
51,7256 (bei 6 % Abzinsung
        
        
nach Gillardon) ergibt dies
einen Rohausgleich von
        
        
670.933,49 EUR : 60 Monate x 51,7256 =
        
690.192,57 EUR
5.
85 
Zur Begründung des Zinsanspruchs wird auf das Schlussurteil vom 28.06.2013 (S. 20, 21) Bezug genommen .
III.
1.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 269 Abs. 3 ZPO.
87 
Der fiktive Gesamtstreitwert in erster Instanz beträgt 1.223.491,70 EUR und setzt sich wie folgt zusammen: Im Provisionsstreit zwischen der Klägerin zu 1. und der Beklagten ging es um 442.210,17 EUR (die bis zum behaupteten Parteiwechsel geltend gemachten Provisionsforderungen von 281.386,83 und Gegenforderungen von 160.823,34 EUR), und bei der Auseinandersetzung über den Ausgleichsanspruch zwischen der Klägerin zu 2. und der Beklagten war ein Betrag von 315.350,-- EUR streitig. Außerdem hat die Klägerin zu 2. Provisionsansprüche von 465.931,62 EUR eingeklagt.
88 
Das Teilunterliegen der Klägerin zu 1. beläuft sich auf 161.213,98 EUR und ermittelt sich aus dem Unterliegen in Höhe von 61.106,26 EUR bei dem Provisionsanspruch und in Höhe von 100.107,72 bei den zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüchen. Das Teilunterliegen der Klägerin zu 2. beläuft sich auf 465.931,62 EUR bezüglich des Provisionsanspruchs und 17.649,31 EUR bezüglich des Ausgleichsanspruchs, insgesamt also 483.580,93 EUR. Die Beklagte schließlich unterliegt mit 280.996,19 EUR gegenüber der Klägerin zu 1. und mit 297.700,80 EUR gegenüber der Klägerin zu 2., insgesamt also mit 578.696,99 EUR.
89 
Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz anhängig gewesenen Forderungen unterliegt die Klägerin zu 2. mit 220.280,57 EUR (Provisionsanspruch) und die Beklagte mit 297.700,80 EUR (Ausgleichsanspruch).
2.
90 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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Landgericht Ravensburg Urteil, 07. Aug. 2015 - 8 O 29/09 KfH 2 zitiert 16 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 265 Veräußerung oder Abtretung der Streitsache


(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. (2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einf

Handelsgesetzbuch - HGB | § 89b


(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87


(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87a


(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Untern

Handelsgesetzbuch - HGB | § 352


(1) Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, mit Ausnahme der Verzugszinsen, ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert für das Jahr. Das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfuß

Handelsgesetzbuch - HGB | § 89


(1) Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Mo

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - VII ZR 336/13

bei uns veröffentlicht am 12.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR336/13 Verkündet am: 12. März 2015 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

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(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.

(3) Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

(4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist.

(5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätzen 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

11
b) Die Schuldnerin war nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien auch im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB ständig damit betraut, für die Beklagte Geschäfte zu vermitteln. Hierzu genügt nicht, dass der Handelsvertreter nach der Vereinbarung mit dem Unternehmer für diesen nicht nur einmal, sondern immer wieder Geschäfte vermittelt; vielmehr muss er nach dieser Vereinbarung dazu verpflichtet sein, sich ständig um Geschäfte zu bemühen: nicht der Umstand, dass Geschäftsbeziehungen von längerer Dauer bestehen, sondern die beiderseitige , auf Dauer berechnete Bindung ist entscheidend (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 - IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818, 2819; vom 12. November 1986 - I ZR 107/84, MDR 1987, 375; vom 4. Dezember 1981 - I ZR 200/79, MDR 1982, 545, 546; vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, MDR 1972, 230 m.w.N.). Wer dagegen zwar des Öfteren Geschäfte für einen anderen vermittelt , ohne aber zu Bemühungen hierzu verpflichtet zu sein, ist nicht Handelsvertreter , sondern gegebenenfalls Makler (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, aaO).

(1) Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist.

(2) Die Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 können durch Vereinbarung verlängert werden; die Frist darf für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den Handelsvertreter. Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den Handelsvertreter vereinbarte Frist.

(3) Ein für eine bestimmte Zeit eingegangenes Vertragsverhältnis, das nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. Für die Bestimmung der Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses maßgeblich.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.

(3) Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

(4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist.

(5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätzen 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, mit Ausnahme der Verzugszinsen, ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert für das Jahr. Das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfußes versprochen sind.

(2) Ist in diesem Gesetzbuche die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen, so sind darunter Zinsen zu fünf vom Hundert für das Jahr zu verstehen.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

11
b) Die Schuldnerin war nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien auch im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB ständig damit betraut, für die Beklagte Geschäfte zu vermitteln. Hierzu genügt nicht, dass der Handelsvertreter nach der Vereinbarung mit dem Unternehmer für diesen nicht nur einmal, sondern immer wieder Geschäfte vermittelt; vielmehr muss er nach dieser Vereinbarung dazu verpflichtet sein, sich ständig um Geschäfte zu bemühen: nicht der Umstand, dass Geschäftsbeziehungen von längerer Dauer bestehen, sondern die beiderseitige , auf Dauer berechnete Bindung ist entscheidend (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 - IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818, 2819; vom 12. November 1986 - I ZR 107/84, MDR 1987, 375; vom 4. Dezember 1981 - I ZR 200/79, MDR 1982, 545, 546; vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, MDR 1972, 230 m.w.N.). Wer dagegen zwar des Öfteren Geschäfte für einen anderen vermittelt , ohne aber zu Bemühungen hierzu verpflichtet zu sein, ist nicht Handelsvertreter , sondern gegebenenfalls Makler (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1971 - VII ZR 102/70, aaO).

(1) Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist.

(2) Die Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 können durch Vereinbarung verlängert werden; die Frist darf für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den Handelsvertreter. Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den Handelsvertreter vereinbarte Frist.

(3) Ein für eine bestimmte Zeit eingegangenes Vertragsverhältnis, das nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. Für die Bestimmung der Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses maßgeblich.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.

(3) Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

(4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist.

(5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätzen 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, mit Ausnahme der Verzugszinsen, ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert für das Jahr. Das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfußes versprochen sind.

(2) Ist in diesem Gesetzbuche die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen, so sind darunter Zinsen zu fünf vom Hundert für das Jahr zu verstehen.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.