Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17

bei uns veröffentlicht am06.09.2018

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.512,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Bereicherungsansprüche aus der Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages.

Die Klägerin war bis zum 31.10.2010 bei der S… AG angestellt und ist seitdem selbständig. Zum 01.12.2004 hatte die S… AG bei einem Versicherungskonsortium, dessen federführender Konsorte die Beklagte ist, im Rahmen einer Gruppenversicherung den Abschluss einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge beantragt (Versicherungsschein Nr. 5/549358/15142 bis 2010, ab 2010: 38 100 339 2). Es handelte sich um eine Direktversicherung durch Umwandlung von Bruttoarbeitseinkommen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG. Versicherungsnehmer des Gruppenversicherungsvertrages war die S… AG, versicherte Person die Klägerin als deren Arbeitnehmerin. Der jährliche Beitrag betrug 1.752,00 € bei einer Beitragszahlungsdauer bis 30.11.2027 (vgl. Versicherungsantrag als Anlage der Klagepartei und Bescheinigung Anlage BLD 1). Die Beiträge wurden direkt durch die S… AG vom Arbeitseinkommen der Klägerin abgezogen und an die Beklagte abgeführt. Der Klägerin entstanden dadurch steuerliche Vorteile. Die Klägerin hat aus dem Versicherungsvertrag eine unverfallbare Anwartschaft i.S.d. § 1b Abs. 1 S. 1, Abs. 5 BetrAVG erworben.

Zum 31.10.2010 endete das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der S… AG. Die streitgegenständliche Versicherung wurde ab dem 01.12.2010 durch die Klägerin als Versicherungsnehmerin einer Einzelversicherung bei der Beklagten fortgeführt (vgl. Versicherungsschein vom 01.12.2010 als Anlage der Klagepartei und Schreiben der Beklagten vom 29.11.2010, Anlage BLD 2). Der jährliche Gesamtbeitrag betrug 1.853,28 €. Die Klägerin zahlte diese Beiträge im Zeitraum 2010 bis 2013. Zum 01.12.2013 wurde der Vertrag auf Wunsch der Klägerin beitragsfrei gestellt.

Zum 01.12.2016 kündigte die Klägerin den Vertrag bei der Beklagten. Im Rahmen der Rückabwicklung zahlte die Beklagte nur den anteiligen Rückkaufswert bezogen auf den Stichtag 01.12.2010 in Höhe von 6.397,00 € aus (vgl. Schreiben der Beklagten vom 19.12.2016, Anlage BLD 3). Im übrigen wird der Vertrag weiter beitragsfrei fortgeführt. Eine Belehrung der Klägerin über ein Widerrufsrecht erfolgte weder bei Vertragsschluss 2004, noch bei Umschreibung des Versicherungsvertrages 2010. Mit Schreiben vom 14.03.2017 widersprach der Klägervertreter dem Abschluss des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages.

Die Klägerin ist der Meinung, dass ihr aufgrund des Widerspruchs die noch nicht ausbezahlten Beiträge für die Laufzeit des Gruppenversicherungsvertrages in Höhe von 10.512,00 € zustünden. Da die Klägerin – insoweit unstreitig - bei Abschluss des Vertrages, weder bei der Einzel - noch der Gruppenversicherung, über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden sei und auch die erforderliche Verbraucherinformation gemäß Anlage D zu § 10a VAG nicht erhalten habe, könne der Widerruf von ihr noch erklärt werden. Wirtschaftlich betrachtet sei die Klägerin im Rahmen der Direktversicherung als Versicherungsnehmerin anzusehen. Jedenfalls sei das Widerspruchsrecht auf die Klägerin übergegangen. Insoweit würden auch keine Besonderheiten der betrieblichen Altersversorgung greifen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.512,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5,60% aus 1.752,00 € vom 01.01.2005 bis zum 01.12.2016,

aus weiteren 1.752,00 € seit dem 01.01.2006 bis zum 01.12.20016 in Höhe von 5,10%,

aus weiteren 1.752,00 € vom 01.01.2007 bis zum 01.12.20016 in Höhe von 4,80%,

aus weiteren 1.752,00 € vom 01.01.2008 bis zum 01.12.20016 in Höhe von 3,70%,

aus weiteren 1.752,00 € vom 01.01.2009 bis zum 01.12.20016 in Höhe von 4,50% und aus weiteren 1.752,00 € vom 01.01.2010 bis zum 01.12.20016 in Höhe von 4,30% sowie

aus weiteren 10.512,00 € vom 02.12.2016 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin vom 01.12.2013 - 01.12.2014 die Beitragszahlungen wieder aufgenommen habe, danach sei der Vertrag erneut beitragsfrei gestellt worden. Die Beklagte meint, dass die Rechtsprechung des BGH zur teleologischen Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F auf den vorliegenden Lebensversicherungsvertrag nicht anwendbar sei, da ursprüngliche Versicherungsnehmerin ein Unternehmer und keine Verbraucherin gewesen sei, so dass infolge Zeitablaufs kein Widerspruch hinsichtlich der Gruppenversicherung mehr erfolgen könne. Als lediglich versicherte Person habe die Klägerin kein eigenes Widerspruchsrecht erlangt. Alleine durch die Überleitung der Gruppenin eine Einzelversicherung sei ebenfalls kein eigenes Widerspruchsrecht der Klägerin entstanden. Einem Widerspruch stünden zudem die Besonderheiten der betrieblichen Altersversorgung entgegen. In analoger Anwendung des § 2 Abs. 2 S. 5 BetrAVG sei eine Rückabwicklung ausgeschlossen. Daneben habe die Klägerin nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages jedenfalls eine Rückabwicklung verwirkt. Schließlich wendet sich die Beklagte gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche.

Termin zur mündlichen Verhandlung fand statt am 11.07.2018. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

A.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die begehrten Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB oder sonstigem Rechtsgrund nicht zu.

Die Klägerin kann dem streitgegenständlichen Vertrag nicht nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (in der Fassung vom 01.08.2001, im Folgenden a.F.) widersprechen, auch wenn die Beklagte unstreitig weder der damaligen Arbeitgeberin der Klägerin, der S… AG, noch der Klägerin selbst eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Widerrufsbelehrung erteilt hat.

Der Widerspruch der Klägerin, mit der diese die Rückabwicklung des Versicherungsvertrages erreichen will, scheitert jedenfalls an § 2 Abs. 2 S. 4, 5 Hs. 1 BetrAVG analog.

I.

Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass es sich beim streitgegenständlichen Versicherungsvertrag um ein Instrument der betrieblichen Altersversorgung (Entgeltumwandlung) handelt, wobei die Klägerin, die den Versicherungsvertrag nach § 2 Abs. 2 S. 1, 2 BetrAVG fortführt, bereits eine unverfallbare Anwartschaft erworben hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 3, § 1a, § 1b Abs. 5, § 2 Abs. 5 BetrAVG).

§ 2 Abs. 2 S. 4, 5 Hs. 1 BetrAVG lautet sowohl in der aktuellen als auch der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 2004 geltenden Fassung in den wesentlichen Passagen wie folgt:

„Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des … berechneten [Zeit-]Werts weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; “

Die sozialpolitische Funktion der betrieblichen Altersversorgung erfasst das staatliche Interesse, dass ein Arbeitnehmer im Alter nicht der Allgemeinheit zur Last fällt und dient auch der notwendigen Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter (BAG Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16, NJW 2018, 2346 unter Hinweis auf BT-Drs. 7/1281 S. 19). Mit ihrer Hilfe soll der Lebensstandard des Arbeitnehmers oder gegebenenfalls seiner Hinterbliebenen nach Ausscheiden aus dem Berufs- bzw. Erwerbsleben zumindest teilweise gesichert werden, da das beständig sinkende Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Versorgungslücken führt. Insoweit liegt es auch im Interesse des einzelnen Arbeitnehmers, seine betriebliche Altersversorgung aufrecht zu erhalten (BAG Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16, NJW 2018, 2346). Dem Betriebsrentengesetz liegt dabei die Intention zugrunde, Betriebsrentenanwartschaften angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung für die spätere Alterssicherung der Arbeitnehmer möglichst lückenlos bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu sichern und zu erhalten (BAG aaO, vgl. auch BT-Drs. 15/2150 S. 52; BT-Drs. 7/1281 S. 26). Es soll verhindert werden, dass unverfallbare Anwartschaften - wie die der Klägerin - vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgezahlt und für die Vermögensbildung, den Ausgleich von Schulden oder den Konsum statt für die vorgesehene Versorgung verwendet werden (BAG Urt. v. 26.4.2018 – 3 AZR 586/16, NJW 2018, 2346).“

Deshalb widerspräche z.B. eine Berechtigung des Arbeitnehmers, die Beendigung des Direktversicherungsvertrags durch den Arbeitgeber vorzeitig zu erzwingen und das angesparte Kapital zur Tilgung von Schulden zu verwerten, grundsätzlich dem Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung (BAG aaO).

Auch durch die Verfügungsbeschränkungen des § 2 BetrAVG soll im Rahmen des rechtlich Möglichen die bestehende Anwartschaft für den Versorgungszweck erhalten bleiben (BGH, Urteil vom 08. Juni 2016 – IV ZR 346/15, r+s 2016, 416 Rn. 28 unter Hinweis auf BT-Drucks. 7/1281 S. 26). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen durch § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG in Ergänzung von § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG gerade dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer Verfügungen, die den Versorgungszweck gefährden könnten, verboten sein (BGH aaO m.w.N.). Der Versorgungszweck der Anwartschaften soll also möglichst lückenlos gesichert werden (BGH, Beschluss vom 05. Dezember 2013 – IX ZR 165/13, r+s 2014, 189). § 2 Abs. 2 S. 4, 5 BetrAVG stellen deshalb gesetzliche Verbote i.S.d. § 134 BGB dar (Schipp in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 2 BetrAVG Rn. 40; Hübner in Uckermann/Fuhrmanns/Ostermayer/Doetsch, Das Recht der betrieblichen Altersversorgung § 2 Rn. 82).

II.

Nach seinem Wortlaut ist die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 4, 5 1. Hs BetrAVG auf den hier streitgegenständlichen Fall eines Widerspruchs nach § 5 VVG a.F. nicht anwendbar. Vom Wortlaut werden lediglich Abtretung, Beleihung und Kündigung des Versicherungsvertrages erfasst.

Die Kammer ist allerdings der Ansicht, dass die hier im Raum stehende Konstellation eine analoge, d.h. entsprechende Anwendung der § 2 Abs. 2 Satz 4, 5 1. Hs BetrAVG erfordert und zulässt. Voraussetzung der entsprechenden Anwendung einer Vorschrift sind eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes und eine vergleichbare Interessenlage (st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 13. März 2018 – II ZR 158/16, NJW-RR 2018, 738).

1. Ob eine derartige Lücke im Gesetz vorhanden ist, die im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, Urteil vom 13. März 2018 – II ZR 158/16, NJW-RR 2018, 738). Lücken im Gesetz können auch nachträglich dadurch entstehen, dass infolge der technischen oder der wirtschaftlichen Entwicklung neue Fragen auftauchen, die im Rahmen des Regelungszwecks nunmehr der Regelung bedürfen, die aber der Gesetzgeber noch nicht gesehen hat (BGH aaO).

Ausgehend von der Regelungsabsicht des § 2 Abs. 2 Satz 4, 5 1. Hs BetrAVG, wonach die bestehende Anwartschaft für den Versorgungszweck erhalten werden soll, ist ohne weiteres zu konstatieren, dass die Verfügungsbeschränkungen, die sich auf Abtretung, Beleihung und Kündigung beschränken, hinsichtlich des Widerspruchs nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. eine Lücke enthalten. Zwar mag sein, dass der Gesetzgeber die Einbeziehung des Widerspruchs in den „Katalog“ der Verfügungsbeschränkungen bewusst unterlassen hat. Dann läge eine bewusste Lücke vor, die eine Analogie nicht rechtfertigen würde. Ein „normaler“ Widerspruch nach § 5a VVG a.F. wäre aber nach der bis zum Urteil des BGH vom 07.05.2014 (IV ZR 76/11 –, BGHZ 201, 101 = r+s 204, 340) geltenden Rechtswirklichkeit in seinen Wirkungen allenfalls auf einen Zeitraum von einem Jahr beschränkt gewesen (§ 5a Absatz 2 Satz 4 VVG a.F.). Während dieses Prämienzahlungszeitraums hätte es aber schon nicht zu einer unverfallbaren Anwartschaft kommen können, da diese einen längeren Mindestbestandszeitraum erforderte (je nach Geltungszeitraum 3 oder gar 5 Jahre: § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG).

Es ist hingegen auszuschließen, dass der Gesetzgeber bei seinen Erwägungen die Konstellation eines gutgläubigen, nicht treuwidrig handelnden Arbeitnehmers bzw. Versicherten/Versicherungsnehmers vor Augen hatte, der den Bestand des der betrieblichen Altersversorgung zu Grunde liegenden Versicherungsvertrages buchstäblich noch Jahrzehnte nach Abschluss desselben durch ein „ewiges Widerspruchsrecht“ zu Fall bringen kann.

2. Die Beendigung des Versicherungsvertrages durch Widerspruch und die damit nach der einschlägigen BGH-Rechtsprechung einhergehende weitgehende Rückabwicklung ist in seinen Wirkungen mit dem normierten Tatbestand der Kündigung vergleichbar.

In beiden Fällen stehen die angesparten Prämien nicht mehr für die Erfüllung des Leistungsversprechens des Versicherers zugunsten des versicherten Arbeitnehmers zur Verfügung. Sie werden vielmehr - mehr oder weniger vollständig - an den Versicherungsnehmer ausgekehrt, so dass dieser uneingeschränkt über sie verfügen kann. Der Versicherungsnehmer kann die Anwartschaft liquidieren und für andere Zwecke als den ursprünglich intendierten Versorgungszweck verwenden. Sowohl bei uneingeschränkter Kündigung als auch bei Rückabwicklung nach Widerspruch könnte die Anwartschaft nicht möglichst lückenlos bis zum Eintritt des Versorgungsfalls gesichert und erhalten werden. Kündigung und „ewiges Widerspruchsrecht“ sind deshalb lediglich formal unterschiedliche Ausprägungen einer Konstellation, die der Gesetzgeber durch § 2 Abs. 2 Satz 4, 5 1. Hs BetrAVG gerade vermeiden wollte. Damit ist nach Ansicht der Kammer auch die für eine analoge Anwendung der Norm erforderliche vergleichbare Interessenlage zu bejahen.

Der von der Klägerin erklärte Widerspruch ist deshalb nichtig (§ 134 BGB).

III.

Nach dem Vorstehenden kommt es auf die Beantwortung der Fragen,

– ob der Klägerin als im Rahmen des „ersten Vertragsschlusses“ lediglich Versicherter überhaupt ein ursprüngliches Widerspruchsrecht zustand, sondern nur der S… AG als Versicherungsnehmerin,

– ob die S… AG als ursprüngliche Vertragspartnerin als Nicht-Verbraucherin überhaupt Subjekt eines „ewigen Widerspruchsrechts“ im Sinne der Rechtsprechung des BGH zu § 5a Absatz 2 S. 4 VVG a.F. sein kann, da die hierfür maßgeblichen Gründe des Verbraucherschutzes insoweit nicht greifen,

– ob der Klägerin im Zusammenhang des Übergangs des Versicherungsvertrages auf sie erneut hätte über ein Widerspruchsrecht belehrt werden müssen (letztlich offen gelassen von BGH, Beschluss vom 23. März 2017 – IV ZR 365/13, BeckRS 2016, 118153),

– ob ein etwaiges Widerrufsrecht der Klägerin verwirkt wäre, da jedenfalls ein über alle Vertragsmodalitäten voll informierter Versicherungsnehmer, der deutlich macht, dass er den Vertrag unbedingt fortsetzen will, rechtsmissbräuchlich handeln kann, wenn er sich nach jahrelanger Prämienzahlung auf eine nicht ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchsrecht beruft (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 2015 – IV ZR 117/15, BeckRS 2016, 02173), nicht mehr entscheidungserheblich an.

IV.

Dass die bereits von der Beklagten an die Klägerin ausgezahlten 6.397,00 Euro geringer sind als das in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildete geschäftsplanmäßige Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan der Beklagten gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG berechneten Wertes, hat die Klägerin nicht behauptet.

Einen weitergehenden Rückzahlungsanspruch hat die Klägerin deshalb nicht. Mangels Anspruchs in der Hauptsache hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf die eingeklagten Zinsen.

B.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Verkündet am 06.09.2018

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17

Referenzen - Gesetze

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17 zitiert 14 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1 Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung


(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführ

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 2 Höhe der unverfallbaren Anwartschaft


(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1b Unverfallbarkeit und Durchführung der betrieblichen Altersversorgung


(1) Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 169 Rückkaufswert


(1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben,

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 5 Abweichender Versicherungsschein


(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht i

Betriebsrentengesetz - BetrAVG | § 1a Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung


(1) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersv

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 06. Sept. 2018 - 2 O 5504/17 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2013 - IX ZR 165/13

bei uns veröffentlicht am 05.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 165/13 vom 5. Dezember 2013 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 35, 36 Abs. 1; BetrAVG § 2 Abs. 2 Satz 5; VVG § 169 Abs. 1 Ist ein Arbeitnehmer nach Unverfallbarke

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Nov. 2015 - IV ZR 117/15

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 117/15 vom 11. November 2015 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2015:111115BIVZR117.15.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhard

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Apr. 2018 - 3 AZR 586/16

bei uns veröffentlicht am 26.04.2018

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. Juli 2016 - 9 Sa 14/16 - wird zurückgewiesen.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2018 - II ZR 158/16

bei uns veröffentlicht am 13.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 158/16 Verkündet am: 13. März 2018 Kirchgeßner Justizinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2017 - IV ZR 365/13

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 365/13 vom 23. März 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:230317BIVZR365.13.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen,die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Ric

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2016 - IV ZR 346/15

bei uns veröffentlicht am 08.06.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Juni 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über d

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2014 - IV ZR 76/11

bei uns veröffentlicht am 07.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR76/11 Verkündet am: 7. Mai 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 5a F.: 21. Juli 1994; Zweite

Referenzen

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft). Ein Arbeitnehmer behält seine Anwartschaft auch dann, wenn er aufgrund einer Vorruhestandsregelung ausscheidet und ohne das vorherige Ausscheiden die Wartezeit und die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hätte erfüllen können. Eine Änderung der Versorgungszusage oder ihre Übernahme durch eine andere Person unterbricht nicht den Ablauf der Fristen nach Satz 1. Der Verpflichtung aus einer Versorgungszusage stehen Versorgungsverpflichtungen gleich, die auf betrieblicher Übung oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Der Ablauf einer vorgesehenen Wartezeit wird durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 nicht berührt. Wechselt ein Arbeitnehmer vom Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, bleibt die Anwartschaft in gleichem Umfange wie für Personen erhalten, die auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbleiben.

(2) Wird für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen und sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt (Direktversicherung), so ist der Arbeitgeber verpflichtet, wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen. Eine Vereinbarung, nach der das Bezugsrecht durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen auflösend bedingt ist, ist unwirksam. Hat der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen, so ist er verpflichtet, den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen geendet hat, bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(3) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt (Pensionskasse und Pensionsfonds), so gilt Absatz 1 entsprechend. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(4) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt. Die Versorgungszusage gilt in dem Zeitpunkt als erteilt im Sinne des Absatzes 1, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Unterstützungskasse gehört.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung einschließlich eines möglichen Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Absatz 1a erfolgt, behält der Arbeitnehmer seine Anwartschaft, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet; in den Fällen der Absätze 2 und 3

1.
dürfen die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Leistung verwendet,
2.
muss dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen eingeräumt und
3.
muss das Recht zur Verpfändung, Abtretung oder Beleihung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen werden.
Im Fall einer Direktversicherung ist dem Arbeitnehmer darüber hinaus mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.

(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ist jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.

(2) Ist bei einer Direktversicherung der Arbeitnehmer nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden, so gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung, wenn

1.
spätestens nach 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers das Bezugsrecht unwiderruflich ist und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände nicht vorhanden sind,
2.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, nach dem Versicherungsvertrag die Überschußanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind und
3.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 ist weiterhin möglich.

(3) Für Pensionskassen gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von der Pensionskasse nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder, soweit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist, nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 219 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Geschäftsunterlagen) auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Leistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von der Pensionskasse auf Grund des Geschäftsplans oder der Geschäftsunterlagen zu erbringende Leistung, wenn nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder den Geschäftsunterlagen

1.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, Überschußanteile, die auf Grund des Finanzierungsverfahrens regelmäßig entstehen, nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind oder die Steigerung der Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers der Entwicklung seines Arbeitsentgelts, soweit es unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherungen liegt, entspricht und
2.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Absatz 2 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3a) Für Pensionsfonds gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch, soweit er über die vom Pensionsfonds auf der Grundlage der nach dem geltenden Pensionsplan im Sinne des § 237 Absatz 1 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes berechnete Deckungsrückstellung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet.

(4) Eine Unterstützungskasse hat bei Eintritt des Versorgungsfalls einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer, der nach § 1b Abs. 4 gleichgestellt ist, und seinen Hinterbliebenen mindestens den nach Absatz 1 berechneten Teil der Versorgung zu gewähren.

(5) Bei einer unverfallbaren Anwartschaft aus Entgeltumwandlung tritt an die Stelle der Ansprüche nach Absatz 1, 3a oder 4 die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen; dies gilt entsprechend für eine unverfallbare Anwartschaft aus Beiträgen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage.

(6) An die Stelle der Ansprüche nach den Absätzen 2, 3, 3a und 5 tritt bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zu seinem Ausscheiden geleisteten Beiträge (Beiträge und die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erzielten Erträge), mindestens die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Durchführung des Anspruchs des Arbeitnehmers wird durch Vereinbarung geregelt. Ist der Arbeitgeber zu einer Durchführung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse (§ 1b Abs. 3) oder über eine Versorgungseinrichtung nach § 22 bereit, ist die betriebliche Altersversorgung dort durchzuführen; andernfalls kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung (§ 1b Abs. 2) abschließt. Soweit der Anspruch geltend gemacht wird, muss der Arbeitnehmer jährlich einen Betrag in Höhe von mindestens einem Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch für seine betriebliche Altersversorgung verwenden. Soweit der Arbeitnehmer Teile seines regelmäßigen Entgelts für betriebliche Altersversorgung verwendet, kann der Arbeitgeber verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleich bleibende monatliche Beträge verwendet werden.

(1a) Der Arbeitgeber muss 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.

(2) Soweit eine durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung besteht, ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung ausgeschlossen.

(3) Soweit der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltumwandlung für betriebliche Altersversorgung nach Abs. 1 hat, kann er verlangen, dass die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllt werden, wenn die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird.

(4) Falls der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis kein Entgelt erhält, hat er das Recht, die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen. Der Arbeitgeber steht auch für die Leistungen aus diesen Beiträgen ein. Die Regelungen über Entgeltumwandlung gelten entsprechend.

(1) Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft). Ein Arbeitnehmer behält seine Anwartschaft auch dann, wenn er aufgrund einer Vorruhestandsregelung ausscheidet und ohne das vorherige Ausscheiden die Wartezeit und die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hätte erfüllen können. Eine Änderung der Versorgungszusage oder ihre Übernahme durch eine andere Person unterbricht nicht den Ablauf der Fristen nach Satz 1. Der Verpflichtung aus einer Versorgungszusage stehen Versorgungsverpflichtungen gleich, die auf betrieblicher Übung oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Der Ablauf einer vorgesehenen Wartezeit wird durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 nicht berührt. Wechselt ein Arbeitnehmer vom Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, bleibt die Anwartschaft in gleichem Umfange wie für Personen erhalten, die auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbleiben.

(2) Wird für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen und sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt (Direktversicherung), so ist der Arbeitgeber verpflichtet, wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen. Eine Vereinbarung, nach der das Bezugsrecht durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen auflösend bedingt ist, ist unwirksam. Hat der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen, so ist er verpflichtet, den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen geendet hat, bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(3) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt (Pensionskasse und Pensionsfonds), so gilt Absatz 1 entsprechend. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(4) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt. Die Versorgungszusage gilt in dem Zeitpunkt als erteilt im Sinne des Absatzes 1, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Unterstützungskasse gehört.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung einschließlich eines möglichen Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Absatz 1a erfolgt, behält der Arbeitnehmer seine Anwartschaft, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet; in den Fällen der Absätze 2 und 3

1.
dürfen die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Leistung verwendet,
2.
muss dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen eingeräumt und
3.
muss das Recht zur Verpfändung, Abtretung oder Beleihung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen werden.
Im Fall einer Direktversicherung ist dem Arbeitnehmer darüber hinaus mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.

(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ist jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.

(2) Ist bei einer Direktversicherung der Arbeitnehmer nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden, so gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung, wenn

1.
spätestens nach 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers das Bezugsrecht unwiderruflich ist und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände nicht vorhanden sind,
2.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, nach dem Versicherungsvertrag die Überschußanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind und
3.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 ist weiterhin möglich.

(3) Für Pensionskassen gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von der Pensionskasse nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder, soweit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist, nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 219 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Geschäftsunterlagen) auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Leistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von der Pensionskasse auf Grund des Geschäftsplans oder der Geschäftsunterlagen zu erbringende Leistung, wenn nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder den Geschäftsunterlagen

1.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, Überschußanteile, die auf Grund des Finanzierungsverfahrens regelmäßig entstehen, nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind oder die Steigerung der Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers der Entwicklung seines Arbeitsentgelts, soweit es unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherungen liegt, entspricht und
2.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Absatz 2 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3a) Für Pensionsfonds gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch, soweit er über die vom Pensionsfonds auf der Grundlage der nach dem geltenden Pensionsplan im Sinne des § 237 Absatz 1 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes berechnete Deckungsrückstellung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet.

(4) Eine Unterstützungskasse hat bei Eintritt des Versorgungsfalls einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer, der nach § 1b Abs. 4 gleichgestellt ist, und seinen Hinterbliebenen mindestens den nach Absatz 1 berechneten Teil der Versorgung zu gewähren.

(5) Bei einer unverfallbaren Anwartschaft aus Entgeltumwandlung tritt an die Stelle der Ansprüche nach Absatz 1, 3a oder 4 die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen; dies gilt entsprechend für eine unverfallbare Anwartschaft aus Beiträgen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage.

(6) An die Stelle der Ansprüche nach den Absätzen 2, 3, 3a und 5 tritt bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zu seinem Ausscheiden geleisteten Beiträge (Beiträge und die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erzielten Erträge), mindestens die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 8. Juli 2016 - 9 Sa 14/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine zugunsten des Klägers bestehende Direktversicherung zu kündigen und den Originalversicherungsschein an die Versicherung herauszugeben.

2

Der 1965 geborene Kläger ist seit dem 1. September 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Die Parteien vereinbarten am 13. März 2001, dass ein Anspruch des Klägers auf Barlohn iHv. 2.000,00 DM jährlich in einen Anspruch auf Verschaffung eines Versicherungsschutzes umgewandelt werden soll. Die Beklagte verpflichtete sich, den umgewandelten Betrag in eine Direktversicherung bei der Versicherungsgesellschaft einzuzahlen. In der Umwandlungsvereinbarung wurden dem Kläger bzw. seinen Hinterbliebenen ein unwiderrufliches Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung einschließlich der Überschussanteile eingeräumt.

3

Auf Antrag der Parteien wurde im Mai 2001 die Versicherungsnehmereigenschaft einer vom Kläger bereits im Dezember 2000 bei der A Lebensversicherung AG (im Folgenden Versicherungsgesellschaft) abgeschlossenen Lebensversicherung auf die Beklagte übertragen. Der Kläger ist Versicherter. Im Todesfall erhält seine Ehefrau die Versicherungsleistung. Die am 1. Dezember 2028 ablaufende Versicherung ruht seit dem Jahr 2009. Am 1. Dezember 2015 betrug ihr Vertragswert 6.932,83 Euro. Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 kündigte der Kläger den Versicherungsvertrag. Die Beklagte weigerte sich, der Kündigung zuzustimmen oder den Vertrag selbst zu kündigen.

4

Der Kläger hat vorgetragen, er befinde sich in einer finanziellen Notlage, da er mit der Rückführung eines Baudarlehns iHv. 1.775,75 Euro im Rückstand sei. Er benötige das Geld aus der Direktversicherung, um zu verhindern, dass die Bank seinen Baudarlehnsvertrag kündige und die Zwangsvollstreckung seiner Immobilie einleite. Die Beklagte habe diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten mitverursacht. Denn sie habe Entgeltfortzahlungsansprüche aus dem Jahr 2012 erst erfüllt, nachdem er - der Kläger - diese gerichtlich geltend gemacht habe.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, den bei der A Lebensversicherung AG, bestehenden Lebensversicherungsvertrag Deutsche Fondspolice mit der Versicherungsscheinnummer, in dem er versicherte Person ist, zu kündigen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem Besitz befindliche Original-Versicherungspolice vom 9. Januar 2001 des fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrags Deutsche Fondspolice der A Lebensversicherungs AG mit der Versicherungsscheinnummer an die A Lebensversicherung AG, zu übersenden.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Antrag zu 2. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

9

I. Der zulässige Klageantrag zu 1. ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die zugunsten des Klägers bestehende Direktversicherung im laufenden Arbeitsverhältnis zu kündigen. Ein solcher Anspruch ergibt sich - mangels einer entsprechenden Regelung - nicht aus der von den Parteien geschlossenen Umwandlungsvereinbarung vom 13. März 2001. Auch auf § 241 Abs. 2 BGB kann sich der Kläger nicht mit Erfolg stützen.

10

1. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann jede Partei nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet sein. Der Arbeitgeber ist daher gehalten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragsparteien nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers gilt auch für die Vermögensinteressen der Arbeitnehmer (vgl. etwa BAG 20. Juni 2017 - 3 AZR 179/16 - Rn. 86 mwN). Dies kann grundsätzlich zu der Verpflichtung des Arbeitgebers führen, bei der Wahrung oder Entstehung von Ansprüchen seiner Arbeitnehmer mitzuwirken, die diese gegenüber Dritten - auch privaten Versicherungsträgern - erwerben können (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 444/08 - Rn. 14). Die Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers erfasst allerdings grundsätzlich nicht ausschließlich private Vermögensinteressen des Arbeitnehmers (vgl. MHdB/Reichold 4. Aufl. Bd. 1 § 91 Rn. 12; Ulbrich/Britz DB 2015, 247, 249; zur allgemeinen Pflicht des Arbeitgebers, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen: vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 598/04 - Rn. 57, BAGE 116, 104; ErfK/Preis 18. Aufl. § 611a BGB Rn. 632).

11

2. Danach hat der Kläger kein schützenswertes Interesse an einer Auflösung des Versicherungsvertrags. Dies gilt auch, wenn man zu seinen Gunsten annimmt, dass die von ihm behauptete finanzielle Notlage mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht, weil die Beklagte Entgeltfortzahlungsansprüche aus dem Jahr 2012 erst nach gerichtlichen Auseinandersetzungen erfüllt hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

12

a) Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe kein überwiegendes Interesse an der begehrten Kündigung. Es gebe andere Maßnahmen, um den noch ausstehenden, verhältnismäßig geringfügigen Restbetrag iHv. 1.775,75 Euro gegenüber der baufinanzierenden Bank auszugleichen. Der Beklagten drohten durch eine Kündigung der Direktversicherung ein hoher Verwaltungsaufwand sowie ein Haftungsrisiko aufgrund sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Probleme. Sie sei auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten nicht verpflichtet, die Direktversicherung zu kündigen.

13

b) Bei der tatrichterlichen Interessenabwägung kommt dem Berufungsgericht ein Beurteilungsspielraum zu. Seine Würdigung ist vom Revisionsgericht deshalb nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht bei der Unterordnung des Sachverhalts unter Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle wesentlichen Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat. Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist dann möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (vgl. etwa BAG 30. August 2017 - 7 AZR 864/15 - Rn. 41 mwN).

14

c) Es kann dahinstehen, ob die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Interesse der Beklagten an einer Aufrechterhaltung der Direktversicherung überwiege, weil mildere Mittel als die Auflösung des Versicherungsvertrags möglich seien und durch die Beendigung des Versicherungsvertrags für die Beklagte nicht nur ein erhöhter Verwaltungsaufwand, sondern auch ein Haftungsrisiko entstehe, rechtsfehlerfrei ist. Denn jedenfalls ist das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sozialpolitische Gesichtspunkte gegen eine Verpflichtung der Beklagten sprechen, die Direktversicherung gegenüber der Versicherungsgesellschaft zu kündigen. Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Kündigung dargetan.

15

aa) Der Arbeitgeber darf bei seiner Entscheidung, eine zugunsten des Arbeitnehmers bestehende Direktversicherung nicht aufzulösen, sozialpolitische Erwägungen einbeziehen.

16

(1) Die sozialpolitische Funktion der betrieblichen Altersversorgung erfasst - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht lediglich „generelle sozialpolitische Aspekte“ wie das staatliche Interesse, dass ein Arbeitnehmer im Alter nicht der Allgemeinheit zur Last fällt. Sie dient vielmehr auch der notwendigen Ergänzung der durch die Sozialversicherung gewährten Sicherung der Arbeitnehmer im Alter (BT-Drs. 7/1281 S. 19). Mit ihrer Hilfe soll der Lebensstandard des Arbeitnehmers oder gegebenenfalls seiner Hinterbliebenen nach Ausscheiden aus dem Berufs- bzw. Erwerbsleben zumindest teilweise gesichert werden, da das beständig sinkende Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. etwa Rentenversicherungsbericht 2017 der Bundesregierung S. 38) zu Versorgungslücken führt (vgl. ErfK/Steinmeyer 18. Aufl. § 1a BetrAVG Rn. 1 mwN; Höfer/Höfer BetrAVG Bd. I Stand März 2018 Kap. 1 Rn. 49). Insoweit liegt es auch im Interesse des einzelnen Arbeitnehmers, seine betriebliche Altersversorgung aufrecht zu erhalten (vgl. Ulbrich/Britz DB 2015, 247, 251; UFOD/Grünhagen bAV § 3 BetrAVG Rn. 4 f.).

17

(2) Mit der Einführung eines gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltumwandlung in § 1a BetrAVG hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Interesse fördern will. Die Regelung steht im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung der Bevölkerungsstruktur und der daran geknüpften Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Gesetzgeber wollte den eigenverantwortlichen Aufbau einer kapitalgedeckten privaten oder betrieblichen Altersversorgung begünstigen, den er zur Schließung drohender Versorgungslücken im Alter als unerlässlich ansah (vgl. BT-Drs. 14/4595 S. 1 und S. 37 f.; siehe hierzu auch BAG 12. Juni 2007 - 3 AZR 14/06 - Rn. 29, BAGE 123, 72).

18

(3) Der gesetzgeberische Wille, Arbeitnehmern den Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung im Interesse der damit verbundenen Sicherungsfunktion zu ermöglichen, wird ergänzt durch die dem Betriebsrentengesetz zugrundeliegende Intention, Betriebsrentenanwartschaften angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung für die spätere Alterssicherung der Arbeitnehmer möglichst lückenlos bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu sichern und zu erhalten (vgl. auch BT-Drs. 15/2150 S. 52; BT-Drs. 7/1281 S. 26). Es soll verhindert werden, dass unverfallbare Anwartschaften - wie die des Klägers - vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgezahlt und für die Vermögensbildung, den Ausgleich von Schulden oder den Konsum statt für die vorgesehene Versorgung verwendet werden (vgl. hierzu auch BAG 17. Oktober 2000 - 3 AZR 7/00 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 96, 54; Blomeyer/Rolfs/Otto/Rolfs BetrAVG 6. Aufl. § 3 Rn. 2).

19

(4) Den besonderen Schutz von Versorgungsanwartschaften, jedenfalls soweit sie auf Zusagen beruhen, die - wie im Fall des Klägers - nach dem 31. Dezember 2000 erteilt wurden (vgl. § 30f Abs. 1 Satz 2 BetrAVG), hat der Gesetzgeber für die im Wege der Entgeltumwandlung erfolgende betriebliche Altersversorgung auch durch flankierende Regelungen zum Ausdruck gebracht. Dementsprechend sieht § 1b Abs. 5 BetrAVG vor, dass solche Anwartschaften sofort unverfallbar und damit sogleich nach § 7 Abs. 2 BetrAVG insolvenzgeschützt sind. § 1b Abs. 5 BetrAVG bestimmt, dass dem Arbeitnehmer bei einer Entgeltumwandlung im Durchführungsweg der Direktversicherung sofort ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen ist, ihm alle Überschussanteile über eine Erhöhung der Versicherungsleistung zugutekommen müssen und der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen haben muss. Auch § 1a Abs. 4 BetrAVG lässt die Intention des Gesetzgebers, Lücken in der betrieblichen Altersversorgung zu vermeiden, erkennen. Die Vorschrift sieht für den Fall einer Entgeltumwandlungsabrede vor, dass der Arbeitnehmer auch im laufenden Arbeitsverhältnis das Recht hat, die Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen fortzusetzen, wenn er kein Entgelt erhält. Damit wird dem Arbeitnehmer die Befugnis eingeräumt, unmittelbar eigene Mittel für den Aufbau seiner Altersversorgung einzusetzen. Eine Möglichkeit für den Arbeitnehmer, das angesammelte Kapital nach einer Auflösung des Versorgungsvertrags anderweitig zu verwenden, enthält die Regelung allerdings gerade nicht (vgl. LAG Hamm 19. Februar 2014 - 4 Sa 1384/13 - Rn. 21).

20

(5) Die den gesetzlichen Vorschriften zugrundeliegenden Wertungen sind auch für den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses im Hinblick auf die Direktversicherung prägend und deshalb bei der Bestimmung von Inhalt und Grenzen der arbeitgeberseitigen Rücksichtnahmepflicht zu beachten. Eine Berechtigung des Arbeitnehmers, die Beendigung des Direktversicherungsvertrags vorzeitig zu erzwingen und das angesparte Kapital zur Tilgung von Schulden zu verwerten, widerspräche grundsätzlich dem Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung. Unerheblich ist, dass die Entgeltumwandlungsabrede der Parteien bereits im Jahr 2001 und damit vor Inkrafttreten des durch Art. 9 Nr. 4 des Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 (Art. 35 des Gesetzes) eingefügten § 1a BetrAVG abgeschlossen wurde. Nach § 1a Abs. 2 BetrAVG schließt eine schon bestehende Entgeltumwandlung Ansprüche nach § 1a BetrAVG aus. Damit behandelt das Gesetz eine vor dessen Inkrafttreten vereinbarte Entgeltumwandlung grundsätzlich gleichwertig mit einer auf gesetzlicher Grundlage begründeten Entgeltumwandlung.

21

bb) Der Kläger hat kein schützenswertes Interesse dargelegt, das geeignet wäre, die mit der Entgeltumwandlungsvereinbarung bezweckte Absicherung im Alter zu beseitigen.

22

(1) Mit der gesetzlichen Zwecksetzung einer Vereinbarung über die Umwandlung von Entgelt in Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist es nicht vereinbar, wenn der Kläger von seiner Arbeitgeberin verlangen könnte, die Direktversicherung zu kündigen, um ihm zu ermöglichen, das für den Versorgungsfall bereits angesparte Kapital für den Ausgleich von Verbindlichkeiten zu verwenden. Es kann dahinstehen, ob etwas anderes gelten würde, wenn eine Zwangsversteigerung seines Hauses unmittelbar bevorstünde und die Auflösung der Direktversicherung mit der Auszahlung des Rückkaufswerts den Verlust des selbst genutzten Wohneigentums verhinderte. Eine solche akute Notlage hat der Kläger nicht vorgetragen. Er hat lediglich eine abstrakte Gefahr behauptet.

23

(2) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass dem Kläger bzw. seinen Hinterbliebenen in der Entgeltumwandlungsvereinbarung ein unwiderrufliches Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung einschließlich der Überschussanteile eingeräumt worden ist. Dies entspricht den für die Entgeltumwandlung geltenden gesetzlichen Vorgaben (§ 1b Abs. 5 Satz 2 BetrAVG). Hieraus kann der Kläger daher nichts Weitergehendes herleiten. Auch bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung eines Dritten verbleibt das Recht, das Versicherungsverhältnis zu kündigen, beim Versicherungsnehmer (vgl. BGH 8. Juni 2016 - IV ZR 346/15 - Rn. 12 und 17 f.; 2. Dezember 2009 - IV ZR 65/09 - Rn. 14 mwN). Eine Obliegenheit, an der Auflösung des Versicherungsvertrags mitzuwirken, folgt hieraus nicht.

24

3. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, dass der Arbeitgeber eine allein arbeitgeberseitig finanzierte betriebliche Altersversorgung im Wege der Direktversicherung kündigt, muss der Senat nicht entscheiden. Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor.

25

II. Der Klageantrag zu 2. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Es handelt sich nach der gebotenen Auslegung um einen unechten Hilfsantrag, der erkennbar nur für den Fall gestellt ist, dass dem Antrag zu 1. stattgegeben wird. Unschädlich ist, dass der Kläger das Eventualverhältnis nicht ausdrücklich in der Fassung seiner Anträge zum Ausdruck gebracht hat (vgl. etwa BAG 21. März 2017 - 3 AZR 464/15 - Rn. 46 mwN).

26

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Ahrendt    

        

    Wemheuer    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ist jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.

(2) Ist bei einer Direktversicherung der Arbeitnehmer nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden, so gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung, wenn

1.
spätestens nach 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers das Bezugsrecht unwiderruflich ist und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände nicht vorhanden sind,
2.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, nach dem Versicherungsvertrag die Überschußanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind und
3.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 ist weiterhin möglich.

(3) Für Pensionskassen gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von der Pensionskasse nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder, soweit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist, nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 219 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Geschäftsunterlagen) auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Leistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von der Pensionskasse auf Grund des Geschäftsplans oder der Geschäftsunterlagen zu erbringende Leistung, wenn nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder den Geschäftsunterlagen

1.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, Überschußanteile, die auf Grund des Finanzierungsverfahrens regelmäßig entstehen, nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind oder die Steigerung der Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers der Entwicklung seines Arbeitsentgelts, soweit es unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherungen liegt, entspricht und
2.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Absatz 2 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3a) Für Pensionsfonds gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch, soweit er über die vom Pensionsfonds auf der Grundlage der nach dem geltenden Pensionsplan im Sinne des § 237 Absatz 1 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes berechnete Deckungsrückstellung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet.

(4) Eine Unterstützungskasse hat bei Eintritt des Versorgungsfalls einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer, der nach § 1b Abs. 4 gleichgestellt ist, und seinen Hinterbliebenen mindestens den nach Absatz 1 berechneten Teil der Versorgung zu gewähren.

(5) Bei einer unverfallbaren Anwartschaft aus Entgeltumwandlung tritt an die Stelle der Ansprüche nach Absatz 1, 3a oder 4 die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen; dies gilt entsprechend für eine unverfallbare Anwartschaft aus Beiträgen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage.

(6) An die Stelle der Ansprüche nach den Absätzen 2, 3, 3a und 5 tritt bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zu seinem Ausscheiden geleisteten Beiträge (Beiträge und die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erzielten Erträge), mindestens die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Juni 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Auszahlung des Rückkaufswerts einer Lebensversicherung.

2

Im Jahr 1994 schloss die damalige Arbeitgeberin des Klägers für diesen bei der Beklagten eine Lebensversicherung als Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung ab. Der Kläger wurde als unwiderruflich Bezugsberechtigter bestimmt. Als Versicherungsbeginn war der 1. Dezember 1994, als Versicherungsablauf der 30. November 2017 vereinbart.

3

Mit Schreiben vom 30. Juli 2013 bat der Kläger die Beklagte wegen langjähriger Krankheit und einer daraus resultierenden wirtschaftlichen Notlage um die Auszahlung der Versicherungssumme zum 1. Dezember 2013; die Arbeitgeberin erklärte im selben Schreiben, sie sei "[m]it der Kündigung einverstanden". Die Beklagte bestätigte die Kündigung zunächst mit Schreiben an die Arbeitgeberin vom 2. August 2013 zum 1. September 2013 und sodann mit Schreiben vom 14. August 2013 zum 1. Dezember 2013. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 erklärte die Arbeitgeberin, sie widerspreche der Kündigung, woraufhin die Beklagte ihr und dem Kläger mit Schreiben vom 8. November 2013 mitteilte, dass die Versicherung fortgeführt werde.

4

Die Arbeitgeberin erklärte mit Schreiben vom 30. Dezember 2013/7. Januar 2014 erneut die Kündigung des Versicherungsvertrages. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 8. Januar 2014 wurde sie auf Antrag des Klägers zur Kündigung des Lebensversicherungsvertrages verurteilt.

5

Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 7. Januar 2014 fristlos zum 31. Januar 2014. Nachdem die Arbeitgeberin die Beklagte über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert hatte, verweigerte diese die Auszahlung des Rückkaufswerts.

6

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung des Rückkaufswerts abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf den Rückkaufswert der Lebensversicherung bereits aufgrund der ersten Kündigung des Versicherungsvertrages zu. Die Arbeitgeberin habe darin zwar die Kündigung nicht ausdrücklich selbst ausgesprochen, doch ihre Einverständniserklärung zeige ihren eindeutigen Willen zur Beendigung des Vertrages. Den durch diese Kündigung ausgelösten Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Rückkaufswerts habe ihm die Arbeitgeberin weder einseitig noch gemeinschaftlich mit der Beklagten wieder entziehen können. Vereinbarten Versicherungsnehmer und Versicherer ohne Einbeziehung des bezugsberechtigten Dritten nach einer Kündigungserklärung die Fortsetzung des Versicherungsvertrages mit der Folge, dass der Auszahlungsanspruch des Bezugsberechtigten wieder entfiele, so liege darin ein Vertrag zulasten Dritter, der dem geltenden Vertragsrecht grundsätzlich fremd sei.

9

Doch auch wenn man die einvernehmliche Aufhebung der ersten Kündigung als wirksam ansähe, wäre der Anspruch als Folge der zweiten Kündigung zum 1. Dezember 2014 entstanden. Dem stehe nicht entgegen, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Satz 4 BetrAVG der Rückkaufswert aufgrund einer Kündigung des Versicherungsvertrages vom ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen werden könne. Sinn und Zweck dieser Regelung sprächen dagegen, deren Rechtsfolgen auch dann eintreten zu lassen, wenn die Kündigung des Versicherungsvertrages noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer ausgesprochen werde. Die Auszahlungssperre verfolge den Zweck, den ausgeschiedenen Arbeitnehmer, dem anstelle der arbeitsrechtlichen Versorgungszusage die Versicherungsleistung zugewandt worden sei, an der alsbaldigen Realisierung des Rückkaufswerts zu hindern. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses sei der Arbeitgeber dagegen grundsätzlich nicht gehindert, die Versicherung zu kündigen. Dies gelte auch dann, wenn die Kündigung im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werde und der Rückkaufswert erst nach dessen Ende fällig werde.

10

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

11

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts nicht bereits aufgrund der Kündigung vom 30. Juli 2013 entstanden.

12

a) In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht allerdings das Schreiben vom 30. Juli 2013 als Kündigungserklärung der Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin, die auch bei der unwiderruflichen Bezugsberechtigung eines Dritten allein zur Kündigung berechtigt ist (vgl. Senatsurteil vom 2. Dezember 2009 - IV ZR 65/09, r+s 2010, 385 Rn. 14), ausgelegt. Das Berufungsgericht hat sich mit der Erklärung der Versicherungsnehmerin, sie sei mit der Kündigung einverstanden, befasst. Entscheidungserhebliche Auslegungsgesichtspunkte, die es dabei übersehen haben könnte, zeigt die Revision nicht auf; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Eine eigene Willenserklärung setzt voraus, dass der Erklärende durch seine Äußerung einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck bringt, der auf die Begründung, Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - X ZR 97/99, BGHZ 145, 343 unter II 1 b aa). Er muss dabei entgegen der Ansicht der Revision weder aufgrund eigener Initiative handeln noch persönliche Zwecke verfolgen. Es steht dem Willen der Arbeitgeberin zur Beendigung des Versicherungsvertrages, den das Berufungsgericht der Erklärung entnommen hat, daher nicht entgegen, wenn sie ihre Erklärung ausschließlich auf Wunsch des Klägers abgegeben und kein eigenes Interesse daran gehabt haben sollte.

13

b) Die Arbeitgeberin hat das Versicherungsverhältnis jedoch nach dieser Kündigungserklärung durch eine Vereinbarung mit der Beklagten fortgesetzt.

14

aa) Zwar konnte die Arbeitgeberin die Rechtswirkungen der Kündigung nicht durch eine einseitige Erklärung beseitigen. Die Kündigung hat als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zur Folge. Eine Kündigung kann daher nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden (Senatsurteile vom 22. Juni 1988 - IVa ZR 25/87, VersR 1988, 1013 unter II 2; vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83, VersR 1985, 54 unter III). Die Parteien haben aber im Rahmen der Vertragsfreiheit die Möglichkeit, den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigung durch - einverständliche - Vereinbarung aufzuheben (BGH, Urteil vom 24. Juni 1998 - XII ZR 195/96, BGHZ 139, 123 unter 3 c; vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1988 aaO). Eine entsprechende Vereinbarung führt indessen nicht ohne weiteres und unterschiedslos zur Fortsetzung des gekündigten Vertrages. Bei der Beurteilung der Wirkungen, die einer Vereinbarung über die Aufhebung der Kündigungsfolgen zukommt, ist danach zu unterscheiden, ob die Vereinbarung vor Ablauf der Kündigungsfrist oder erst danach getroffen wird, denn bis zum Ablauf der Kündigungsfrist besteht das Vertragsverhältnis der Parteien fort. Jedenfalls dann, wenn die einverständliche Aufhebung der Kündigung noch vor Ablauf der Kündigungsfrist, also während der Geltung des Vertrages vereinbart wird, bleibt der gekündigte Vertrag unverändert in Kraft (BGH, Urteile vom 24. Juni 1998 aaO; vom 6. Oktober 1983 - I ZR 127/81, VersR 1984, 138 unter B I 2 c aa; vom 20. März 1974 - VIII ZR 31/73, MDR 1974, 750 unter B I 2). Das wirksam gekündigte Versicherungsverhältnis lebt dann aufgrund der Vereinbarung beider Vertragspartner wieder auf (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1988 aaO; vom 3. Oktober 1984 aaO). In der Erklärung der Rücknahme oder des Widerrufs der Kündigung durch den Versicherungsnehmer während der laufenden Kündigungsfrist ist daher ein Angebot zur Fortsetzung des ursprünglichen Vertragsverhältnisses zu sehen (vgl. MünchKomm-VVG/Fausten, 2. Aufl. § 11 Rn. 154; Rixecker in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 11 Rn. 12).

15

So liegt es hier. Die Beklagte nahm das entsprechende Angebot der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 8. November 2013 und damit während der laufenden Kündigungsfrist an. Die Arbeitgeberin hatte die Kündigung zum 1. Dezember 2013, d.h. zum Schluss des laufenden Versicherungsjahres, der nach § 4 Abs. 1 Spiegelstrich 1 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung (ALB) das Ende der Kündigungsfrist darstellt, erklärt. Ein früherer Beendigungszeitpunkt ergab sich nicht aus der zunächst erfolgten Bestätigung der Kündigung durch die Beklagte zum 1. September 2013, da die Arbeitgeberin einer solchen abweichenden Vereinbarung zum Vertragsende nicht zugestimmt hatte, bevor die Beklagte mit ihrem weiteren Schreiben die Kündigung zum 1. Dezember 2013 bestätigte.

16

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bedurfte die Vereinbarung zur Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses während der laufenden Kündigungsfrist nicht der Zustimmung des Klägers. Sein unwiderrufliches Bezugsrecht stand der Vereinbarung nicht entgegen.

17

Solange das Versicherungsverhältnis besteht, bleibt der Versicherungsnehmer und nicht der Bezugsberechtigte befugt, über eine Beendigung oder Fortsetzung des Vertrages zu entscheiden. Bei der Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung ist im versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis der Arbeitgeber gegenüber dem Versicherer Inhaber aller Rechte und Pflichten aus dem Vertrag, insbesondere aller Verfügungs- und Gestaltungsrechte (BGH, Beschluss vom 10. Februar 1993 - XII ZB 80/88, VersR 1993, 728 unter 2 b bb; vgl. Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 42 Rn. 222). Auch bei Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unterschiedlich verfügen (Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02, NJW 2003, 2679 unter II 2 b).

18

Die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses greift nicht in eine geschützte Rechtsposition des Klägers ein. Zwar erwirbt der Bezugsberechtigte mit der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen regelmäßig sofort (Senatsurteil vom 18. Juni 2003 aaO unter II 1 a). Dies schließt den Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages ein (Senatsurteile vom 2. Dezember 2009 aaO Rn. 11; vom 18. Juni 2003 aaO unter II 2 b). Das bedeutet jedoch nur, dass so der mit dem Verzicht auf das Widerrufsrecht verfolgte Zweck erreicht wird, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2003 aaO unter II 1 a). Ohne das Einverständnis des Begünstigten kann daher über das Bezugsrecht, das mit der Unwiderruflichkeit sofort zu dessen Vermögen gehört (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - IX ZR 41/14, NJW 2015, 341 Rn. 14), nicht verfügt werden. Sein Recht ist darauf gerichtet, dass ihm seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht mehr zugunsten eines anderen entzogen werden können. Diese Vermögenszuordnung wird aber durch die Vereinbarung einer Fortsetzung des Versicherungsvertrages nicht beeinträchtigt, da das Bezugsrecht des Begünstigten unverändert bestehen bleibt. Das Recht des Bezugsberechtigten soll nach dem regelmäßigen Verständnis der Begünstigungserklärung sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche umfassen (Senatsurteile vom 2. Dezember 2009 aaO; vom 18. Juni 2003 aaO unter II 2 b). Ob solche Ansprüche fällig werden, unterliegt dagegen während des bestehenden Vertragsverhältnisses der Disposition von Versicherungsnehmer und Versicherer. Der Kläger erwarb daher auch durch die zunächst erfolgte Kündigungserklärung keine Rechtsposition, die über sein unverändert fortbestehendes Bezugsrecht hinausging. Eine vorzeitige Beendigung des Versicherungsvertrages und damit die Auszahlung des Rückkaufswerts konnte er nicht beanspruchen.

19

2. Ob die Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin das so fortgesetzte Versicherungsverhältnis mit ihrer Erklärung vom 30. Dezember 2013/7. Januar 2014 wirksam gekündigt hat, so dass die rechtlichen Wirkungen der Kündigung nach § 4 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ALB zum Schluss des laufenden Versicherungsjahres, d.h. zum 1. Dezember 2014, eintraten, kann nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

20

a) Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG einer Auszahlung des Rückkaufswerts aufgrund dieser Kündigung nicht entgegensteht. Diese Vorschrift verbietet innerhalb ihres Anwendungsbereiches für die zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossene Direktversicherung eine Inanspruchnahme des nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG berechneten Rückkaufswerts oder - bei älteren Versicherungsverträgen - des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrages und bestimmt, dass im Falle einer Kündigung die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt wird. § 169 Abs. 1 VVG176 Abs. 1 VVG a.F.) findet dann insoweit keine Anwendung, § 2 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG.

21

§ 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG schließt eine Inanspruchnahme des Rückkaufswerts jedoch nur dann aus, wenn die Kündigungserklärung dem Versicherer erst nach dem Ausscheiden des versicherten Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zugeht. Erhält der Versicherer die vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer erklärte Kündigung dagegen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, steht die Vorschrift einer späteren Auszahlung des Rückkaufswerts auch an den inzwischen ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht im Wege. Dieses Verständnis der Vorschrift, das auch das Berufungsgericht zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, folgt aus einer Auslegung des Gesetzes.

22

aa) Die Vorschrift lässt nur bei isolierter Betrachtung ihres Wortlauts offen, unter welchen Voraussetzungen die Versicherung durch eine Kündigung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt wird und der Rückkaufswert nicht in Anspruch genommen werden kann. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung innerhalb des § 2 Abs. 2 BetrAVG folgt jedoch, dass sie von vornherein nur die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts durch den vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer erfasst. § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG ergänzt seinem Wortlaut zufolge § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG. Dieser verbietet ausdrücklich, dass "der ausgeschiedene Arbeitnehmer" die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in der dort bestimmten Höhe abtritt oder beleiht. Daran unmittelbar anknüpfend schließt Satz 5 die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts "in dieser Höhe", d.h. der in Satz 4 geregelten, aus. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass beide Regelungen gleichermaßen nur Verfügungen über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis erfassen.

23

Dies entspricht auch der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG. Der Entwurf des § 2 Abs. 2 BetrAVG sah zunächst nur die Beschränkungen in Satz 4 vor. Die Einfügung von § 2 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG begründete der Gesetzgeber damit, dass Satz 4 dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer Verfügungen, die den Versorgungszweck gefährden könnten, verbiete, solche Verfügungen jedoch auch durch Geltendmachung des Rückkaufswerts aufgrund einer Kündigung des Versicherungsvertrages möglich seien (BT-Drucks. 7/2843 S. 7). Durch die Einbeziehung der Geltendmachung des Rückkaufswerts in das Verfügungsverbot werde die Sicherung des Versorgungszweckes lückenlos verwirklicht (aaO).

24

bb) Die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts durch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer, d.h. die Auszahlung oder anderweitige Verwertung (vgl. ErfK/Steinmeyer, 16. Aufl. § 2 BetrAVG Rn. 33) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist jedoch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Versicherungsvertrag noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer gekündigt wurde.

25

Wie der Senat bereits in seinem nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 22. Juli 2015 (IV ZR 437/14, NJW 2015, 3303) ausgeführt hat, stellt § 2 Abs. 2 Satz 4 bis 6 BetrAVG für den Fall Schranken auf, dass der Arbeitgeber den ausscheidenden Arbeitnehmer auf die Versicherungsleistung verwiesen hat (aaO Rn. 23). Danach wird zwar das Recht des Arbeitnehmers eingeschränkt, die Lebensversicherung zu kündigen, zu beleihen oder abzutreten (aaO). Hieraus ergibt sich aber nur, dass die Verfügungsmacht des Arbeitnehmers, wenn die Versicherung auf ihn übergeht, in ihrem sachlichen Umfang in bestimmter Hinsicht beschränkt ist (aaO; vgl. Kemper/Kisters-Kölkes/Berenz/Huber, BetrAVG 6. Aufl. § 2 Rn. 164; Jumpertz in Förster/Cisch/Karst, Betriebsrentengesetz 14. Aufl. § 2 Rn. 31; Höfer in Höfer/Reiners/Wüst, BetrAVG Band I Stand März 2013 § 2 Rn. 1; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, Betriebsrentengesetz 2. Aufl. § 2 Rn. 257). Die Verfügungsbeschränkungen in § 2 Abs. 2 Satz 4 bis 6 BetrAVG erfassen daher nur die Fälle, in denen die Versicherung auf den ausgeschiedenen Arbeitnehmer übertragen wurde. Diese Übertragung vollzieht sich nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrAVG, der dem Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit gibt, den vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer hinsichtlich seiner unverfallbaren Anwartschaft auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung auf die vom Versicherer zu erbringende Leistung zu verweisen und damit die eigene Einstandspflicht zu begrenzen. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer kann in diesen Fällen die Versicherung als eigene weiterführen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 1993 - XII ZB 80/88, VersR 1993, 728 unter II 2 d). An diese Regelung knüpfen die Verfügungsbeschränkungen des § 2 Abs. 2 Satz 4 bis 6 BetrAVG an. Der systematische Zusammenhang schließt nicht nur die Inanspruchnahme des Rückkaufswerts nach § 2 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 1 BetrAVG, sondern auch die im zweiten Halbsatz geregelte Kündigung ein. Die Verweisung des Arbeitnehmers auf die Versicherung, durch die er regelmäßig auch Versicherungsnehmer wird (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG 6. Aufl. § 2 Rn. 227; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert aaO Rn. 257), erfolgt erst nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG.

26

Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich auch nichts anderes aus § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG, nach dem § 2 BetrAVG für Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, entsprechend anwendbar ist, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG in der hier vorgenommenen Auslegung ist für diese Personen eindeutig bestimmt. Auch in diesen Fällen gibt es einen bestimmten "Zeitpunkt des Ausscheidens" aus dem Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2002 - II ZR 192/00, NJW 2002, 3632 unter II 1).

27

cc) Diese Beschränkung der Vorschrift auf die Kündigung nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie dem Willen des Gesetzgebers.

28

Durch die Verfügungsbeschränkungen des § 2 BetrAVG soll im Rahmen des rechtlich Möglichen die bestehende Anwartschaft für den Versorgungszweck erhalten bleiben (BT-Drucks. 7/1281 S. 26). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen dabei aber durch § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG in Ergänzung von § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG gerade dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer Verfügungen, die den Versorgungszweck gefährden können, untersagt werden (vgl. BT-Drucks. 7/2843 S. 7). Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet (BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 165/13, r+s 2014, 189 Rn. 2; vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG 6. Aufl. § 2 Rn. 260; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert aaO Rn. 256).

29

Diesem Gesetzeszweck dienen die Verfügungsbeschränkungen jedoch nur dann, wenn die Kündigung durch den Arbeitnehmer als neuen Versicherungsnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ausgesprochen wird. Will der Arbeitnehmer dagegen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses seine Anwartschaft liquidieren und veranlasst er daher den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer, den Versicherungsvertrag zu kündigen, treffen die Parteien des Arbeitsverhältnisses damit eine entsprechende Vereinbarung zur Änderung oder Aufhebung der arbeitsvertraglichen Versorgungszusage.

30

Solche Vereinbarungen beschränkt das Betriebsrentengesetz nur durch § 3 Abs. 1 BetrAVG, nach dem unverfallbare Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur unter den dort geregelten Voraussetzungen abgefunden werden dürfen. Nach dem Willen des Gesetzgebers bleibt die Abfindung von Anwartschaften während des bestehenden Arbeitsverhältnisses dagegen zulässig, wenn die Abfindung nicht im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt (vgl. BT-Drucks. 15/2150 S. 52). § 3 Abs. 1 BetrAVG ist danach auf Vereinbarungen, durch die unverfallbare Versorgungsanwartschaften mit oder ohne Zahlung einer Abfindung eingeschränkt oder aufgehoben werden, nur anzuwenden, wenn diese Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen werden (BGH, Urteil vom 21. Mai 2003 - VIII ZR 57/02, NJW 2003, 3350 unter II 1; vgl. BAGE 65, 341 unter I 1 c; Schwintowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 43 Rn. 117). Die Vorschrift setzt einen sowohl zeitlichen als auch sachlichen Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden des Arbeitnehmers und der Abfindungsvereinbarung voraus (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG 6. Aufl. § 3 Rn. 23; BeckOK-Arbeitsrecht/Molkenbuhr, Stand 1. Dezember 2015 § 3 BetrAVG Rn. 2).

31

Eine einvernehmliche Abfindung von Versorgungsanwartschaften im bestehenden Arbeitsverhältnis, die nicht in den Anwendungsbereich des § 3 BetrAVG fällt, wird dann aber auch nicht durch § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG ausgeschlossen. Vielmehr bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 7 BetrAVG, dass § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG sogar eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 BetrAVG - soweit dessen Ausnahmeregelungen reichen - nicht verbietet. § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG setzt daher einer Kündigung des Versicherungsvertrages während des bestehenden Arbeitsverhältnisses keine engeren Schranken, als dies § 3 BetrAVG für die der Kündigung zugrundeliegende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer tut, falls diese im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht. Ob ein solcher Zusammenhang vorliegt, betrifft allein die Abfindungsregelung des § 3 BetrAVG.

32

b) Die Kündigung des Versicherungsvertrages wäre danach allerdings dann unwirksam und der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Rückkaufswerts ausgeschlossen, wenn die Kündigung des Versicherungsvertrages auf einer nach § 3 Abs. 1 BetrAVG unzulässigen Abfindungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Arbeitgeberin beruhte.

33

Nach § 3 Abs. 1 BetrAVG darf eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft nur unter den Voraussetzungen der - vorliegend nicht einschlägigen - weiteren Absätze dieser Vorschrift abgefunden werden. Eine hiervon abweichende Abfindungsregelung ist gemäß § 134 BGB nichtig (BGH, Urteil vom 15. Juli 2002 aaO unter II 2; BAG, NZA 1985, 218). Das Verbot erfasst nicht nur die Vereinbarung der Abfindung als Grundgeschäft, sondern auch das Erfüllungsgeschäft (Höfer/Reiners/Wüst aaO Stand Juni 2011 § 3 Rn. 79; Blomeyer/Rolfs/Otto aaO § 3 Rn. 42). Bei der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Direktversicherung ist daher der Versicherer zur Auszahlung des Rückkaufswerts nicht verpflichtet, wenn die Inanspruchnahme der Leistung auf einer verbotswidrigen Abfindungsvereinbarung beruht (vgl. Höfer/Reiners/Wüst aaO Stand Juni 2011 Rn. 85).

34

III. Das Berufungsgericht hat sich bisher nicht damit befasst, ob die Kündigung des Versicherungsvertrages auf einer Abfindungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber, die im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand, beruhte. Aufgrund der zeitlichen Nähe zwischen der Kündigung des Versicherungsvertrages und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt dies aber zumindest in Betracht. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, ergänzende Feststellungen zu treffen.

Mayen                                  Felsch                                 Harsdorf-Gebhardt

                Dr. Karczewski                       Dr. Bußmann

(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ist jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.

(2) Ist bei einer Direktversicherung der Arbeitnehmer nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden, so gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung, wenn

1.
spätestens nach 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers das Bezugsrecht unwiderruflich ist und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände nicht vorhanden sind,
2.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, nach dem Versicherungsvertrag die Überschußanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind und
3.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 ist weiterhin möglich.

(3) Für Pensionskassen gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von der Pensionskasse nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder, soweit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist, nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 219 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Geschäftsunterlagen) auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Leistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von der Pensionskasse auf Grund des Geschäftsplans oder der Geschäftsunterlagen zu erbringende Leistung, wenn nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder den Geschäftsunterlagen

1.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, Überschußanteile, die auf Grund des Finanzierungsverfahrens regelmäßig entstehen, nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind oder die Steigerung der Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers der Entwicklung seines Arbeitsentgelts, soweit es unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherungen liegt, entspricht und
2.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Absatz 2 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3a) Für Pensionsfonds gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch, soweit er über die vom Pensionsfonds auf der Grundlage der nach dem geltenden Pensionsplan im Sinne des § 237 Absatz 1 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes berechnete Deckungsrückstellung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet.

(4) Eine Unterstützungskasse hat bei Eintritt des Versorgungsfalls einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer, der nach § 1b Abs. 4 gleichgestellt ist, und seinen Hinterbliebenen mindestens den nach Absatz 1 berechneten Teil der Versorgung zu gewähren.

(5) Bei einer unverfallbaren Anwartschaft aus Entgeltumwandlung tritt an die Stelle der Ansprüche nach Absatz 1, 3a oder 4 die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen; dies gilt entsprechend für eine unverfallbare Anwartschaft aus Beiträgen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage.

(6) An die Stelle der Ansprüche nach den Absätzen 2, 3, 3a und 5 tritt bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zu seinem Ausscheiden geleisteten Beiträge (Beiträge und die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erzielten Erträge), mindestens die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 165/13
vom
5. Dezember 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist ein Arbeitnehmer nach Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft Versicherungsnehmer
einer Direktversicherung der betrieblichen Altersversorgung geworden, kann in dem
Insolvenzverfahren über sein Vermögen der allein aus den Beiträgen seines Arbeitgebers
gebildete Rückkaufswert nach Kündigung der Versicherung nicht zur Masse
gezogen werden.
BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2013 - IX ZR 165/13 - OLG Hamm
LG Münster
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp und die
Richterin Möhring
am 5. Dezember 2013

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Juli 2013 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat richtig entschieden. Der Kläger hat nach Kündigung der auf der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung beruhenden Direktversicherung (§ 1b Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung , fortan: BetrAVG) keinen Anspruch darauf, dass der beklagte Versicherer den Rückkaufswert an die Masse zahlt. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG darf der Rückkaufswert in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG berechneten Wertes aufgrund einer Kündigung des Versicherungsvertrages nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündi- gung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt; § 169 Abs. 1 VVG findet insoweit keine Anwendung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Rückkaufswert allein auf Leistungen des Arbeitgebers beruht. Dass vorliegend nicht der ausgeschiedene Arbeitnehmer selbst, sondern nach Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens über sein Vermögen der Treuhänder den Versicherungsvertrag gekündigt hat und die Zahlung des Rückkaufswerts verlangt, ändert angesichts der gesetzlichen Regelung nichts.
2
Der Gesetzgeber wollte durch § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5 BetrAVG erreichen , dass die bestehende Anwartschaft im Interesse des Versorgungszwecks aufrecht erhalten wird, und verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet. Das entspricht der Grundkonzeption der §§ 1b und 2 BetrAVG, die darauf ausgerichtet ist, die Versorgungsanwartschaft beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aufrecht zu erhalten und die Fälligkeit unangetastet zu lassen. Der Versorgungszweck der Anwartschaften soll möglichst lückenlos gesichert werden (BGH, Beschluss vom 11. November 2010 - VII ZB 87/09, WM 2010, 2366 Rn. 6). Mit diesen Verfügungsbeschränkungen korrespondiert ein Pfändungsverbot, § 851 Abs. 1 ZPO. Die Unpfändbarkeit gilt uneingeschränkt für die vor Verfügungen des Arbeitnehmers umfassend geschützte Versorgungsanwartschaft (BGH, aaO Rn. 7). Was für die Einzelvollstreckung gilt, verlangt über § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO auch Geltung für die Gesamtvollstreckung. Diese Grundsätze ergeben sich hinreichend klar aus dem Gesetz und bedürfen keiner weiteren Bestätigung durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 25.10.2012 - 115 O 113/12 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.07.2013 - I-20 U 260/12 -

(1) Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. Der Mindestanspruch auf Leistungen wegen Invalidität oder Tod vor Erreichen der Altersgrenze ist jedoch nicht höher als der Betrag, den der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen erhalten hätten, wenn im Zeitpunkt des Ausscheidens der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären.

(2) Ist bei einer Direktversicherung der Arbeitnehmer nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 1b Abs. 1 und 5 vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschieden, so gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von dem Versicherer nach dem Versicherungsvertrag auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Versicherungsleistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von dem Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags zu erbringende Versicherungsleistung, wenn

1.
spätestens nach 3 Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers das Bezugsrecht unwiderruflich ist und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände nicht vorhanden sind,
2.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, nach dem Versicherungsvertrag die Überschußanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind und
3.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer darf die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 des Versicherungsvertragsgesetzes berechneten Wertes weder abtreten noch beleihen. In dieser Höhe darf der Rückkaufswert auf Grund einer Kündigung des Versicherungsvertrags nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt. § 169 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes findet insoweit keine Anwendung. Eine Abfindung des Anspruchs nach § 3 ist weiterhin möglich.

(3) Für Pensionskassen gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, daß sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch nach Absatz 1, soweit er über die von der Pensionskasse nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder, soweit eine aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht vorgeschrieben ist, nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen und den fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 9 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 219 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Geschäftsunterlagen) auf Grund der Beiträge des Arbeitgebers zu erbringende Leistung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet. An die Stelle der Ansprüche nach Satz 1 tritt die von der Pensionskasse auf Grund des Geschäftsplans oder der Geschäftsunterlagen zu erbringende Leistung, wenn nach dem aufsichtsbehördlich genehmigten Geschäftsplan oder den Geschäftsunterlagen

1.
vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, Überschußanteile, die auf Grund des Finanzierungsverfahrens regelmäßig entstehen, nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden sind oder die Steigerung der Versorgungsanwartschaften des Arbeitnehmers der Entwicklung seines Arbeitsentgelts, soweit es unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherungen liegt, entspricht und
2.
der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen hat.
Absatz 2 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3a) Für Pensionsfonds gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass sich der vom Arbeitgeber zu finanzierende Teilanspruch, soweit er über die vom Pensionsfonds auf der Grundlage der nach dem geltenden Pensionsplan im Sinne des § 237 Absatz 1 Satz 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes berechnete Deckungsrückstellung hinausgeht, gegen den Arbeitgeber richtet.

(4) Eine Unterstützungskasse hat bei Eintritt des Versorgungsfalls einem vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer, der nach § 1b Abs. 4 gleichgestellt ist, und seinen Hinterbliebenen mindestens den nach Absatz 1 berechneten Teil der Versorgung zu gewähren.

(5) Bei einer unverfallbaren Anwartschaft aus Entgeltumwandlung tritt an die Stelle der Ansprüche nach Absatz 1, 3a oder 4 die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen; dies gilt entsprechend für eine unverfallbare Anwartschaft aus Beiträgen im Rahmen einer beitragsorientierten Leistungszusage.

(6) An die Stelle der Ansprüche nach den Absätzen 2, 3, 3a und 5 tritt bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung das dem Arbeitnehmer planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der bis zu seinem Ausscheiden geleisteten Beiträge (Beiträge und die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erzielten Erträge), mindestens die Summe der bis dahin zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.

(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.

(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 158/16 Verkündet am:
13. März 2018
Kirchgeßner
Justizinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) § 73 Abs. 3 GmbHG ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

b) Ein Liquidator einer GmbH, der bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens an
die Gesellschafter eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gläubiger
nicht berücksichtigt hat, ist dem Gläubiger analog § 268 Abs. 2 Satz 1, § 93
Abs. 5 AktG unmittelbar zum Ersatz bis zur Höhe der verteilten Beträge verpflichtet
, wenn die Gesellschaft bereits im Handelsregister gelöscht ist.
BGH, Urteil vom 13. März 2018 - II ZR 158/16 - LG Waldshut-Tiengen
AG Waldshut-Tiengen
ECLI:DE:BGH:2018:130318UIIZR158.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Wöstmann, Sunder und Dr. Bernau sowie die Richterin B. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 17. Mai 2016 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte war Liquidator und Alleingesellschafter sowie Geschäftsführer der F. GmbH (im Folgenden: F. GmbH).
2
Von Juli bis Dezember 2010 erbrachte die Klägerin für die F. GmbH Steuerberaterleistungen. Im gleichen Jahr erstellte sie den Jahresabschluss der Gesellschaft sowie deren Körperschafts- und Gewerbesteuererklärung jeweils für 2009. Der Jahresabschluss, welcher eine Rückstellung „für Abschluss und Prüfung“ in Höhe von 2.500 € auswies, wurde am 3. Dezember 2010 zwischen den Parteien besprochen und dem Beklagten übergeben.
3
Mitte 2010 beschloss der Beklagte die Auflösung der Gesellschaft. Am 24. Juni 2010 wurde die Auflösung der F. GmbH im Handelsregister eingetragen und anschließend im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Am 24. Januar 2011 wurde die GmbH im Handelsregister gelöscht.
4
Für die im Jahr 2010 erbrachten Leistungen stellte die Klägerin der F. GmbH mit Schreiben vom 29. Juni 2012 einen Betrag in Höhe von 2.246,96 € in Rechnung. Bei der Liquidation und vor Verteilung des Vermögens der GmbH war diese Forderung unberücksichtigt geblieben.
5
Mit der Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung dieser Forderung.
6
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 73 Abs. 3 GmbHG in Höhe von 2.246,96 € zu.
9
Zwar hafte der Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG nur gegenüber der Gesellschaft. § 73 Abs. 3 GmbHG stelle jedoch ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, so dass die Klägerin den Beklagten unmittelbar in An- spruch nehmen könne. § 73 Abs. 3 GmbHG sichere das Befriedigungsrecht der Gläubiger der GmbH, indem er Ausschüttungen des Gesellschaftsvermögens vor der Befriedigung der Gläubiger verbiete. Der Direktanspruch des Gläubigers komme daher erst zum Tragen, wenn die Liquidation abgeschlossen sei.
10
Der Beklagte habe schuldhaft gegen dieses Schutzgesetz verstoßen, da er den ihm bekannten Anspruch der Klägerin gegen die F. GmbH in Höhe von 2.246,96 € vor Verteilung des Gesellschaftsvermögens unberücksichtigt gelassen habe.
11
Er habe die Klägerin damit so zu stellen, wie sie bei einer Berücksichtigung der Forderung bei der Liquidation gestanden hätte. Der in der Bilanz zurückgestellte Betrag in Höhe von 2.500 € hätte zur vollen Befriedigung ausgereicht , so dass der Beklagte den vollen Rechnungsbetrag nebst Zinsen schulde.
12
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Klägerin steht die von ihr geltend gemachte Forderung in dem vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang zu.
13
1. Allerdings folgt der Anspruch der Klägerin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 73 Abs. 3 GmbHG, da § 73 GmbHG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist (MünchKommGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 73 Rn. 43 f.; Altmeppen in Roth/ Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 73 Rn. 22 f.; Servatius in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 15; Hohner in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl., § 73 Rn. 40; aA Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 73 Rn. 32; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 73 Rn. 13; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 6; Brünkmans/Hofmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 30; Nerlich in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 49; Büteröwe in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 73 GmbHG Rn. 15; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 73 Rn. 22; Gesell in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 73 Rn. 29; Kohlmann/Dormehl in Saenger, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 40; Passarge in Passarge/Torwegge, Die GmbHG in der Liquidation, 2008, § 8 Rn. 494; Paura in Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., § 73 Rn. 48).
14
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Norm Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Zudem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen ist, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26; Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 21; Urteil vom 11. Juni 2013 - II ZR 80/12, ZIP 2013, 1565 Rn. 35, jeweils mwN).
15
b) Nach diesen Maßstäben ist § 73 GmbHG kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
16
aa) Gegen eine Einordnung des § 73 GmbHG als Schutzgesetz spricht der Wille des historischen Gesetzgebers.
17
Zwar dient die Norm auch dem Schutz der Gläubiger vor der Gefahr, dass sie infolge einer Ausschüttung des allein haftenden Gesellschaftsvermögens mit ihren Forderungen ausfallen. Gemäß § 73 Abs. 3 GmbHG ist der Liquidator aber allein der Gesellschaft gegenüber verpflichtet. Lediglich für diese sieht die Norm einen Anspruch auf Ersatz bei Pflichtverletzungen vor (RGZ 109, 387, 391; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 73 Rn. 14; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 73 Rn. 13).
18
Es war eine bewusste Entscheidung des historischen Gesetzgebers, bei Verletzung der Pflichten des Liquidators nach § 73 GmbHG mit Absatz 3 der Norm lediglich eine Innenhaftung zu begründen. In der Begründung zu dem Entwurf des heutigen § 73 GmbHG wird zwar ausgeführt, dass die Festsetzung des Sperrjahres und die dem Liquidator dabei obliegenden Pflichten zugunsten der Gesellschaftsgläubiger normiert wurden. Gleichzeitig wird aber klargestellt, es reiche aus, wenn die Ersatzpflicht der Liquidatoren für eine Zuwiderhandlung allein gegenüber der Gesellschaft bestehe (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, 1891, § 72 S. 113). Auch der spätere - letztlich nicht umgesetzte - Regierungsentwurf eines GmbHG hielt die Streichung des Absatz 3 für erforderlich, um den § 73 GmbHG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB einordnen zu können (Regierungsentwurf eines GmbHG, BT-Drucks. VI/3088, S. 207 und BT-Drucks. 7/253, S. 207 jeweils zu § 224 GmbHG-E).
19
Soweit eingewandt wird (K. Schmidt in ZIP 1981, 1, 8), dass die Begründung des historischen Gesetzgebers des GmbHG von 1891 zu § 72 des Entwurfs jener der Begründung zu § 62 des Entwurfs gleiche, welcher dem § 64 GmbHG a.F. mit einigen Änderungen im Wesentlichen entspreche und für den die drittschützende Wirkung anerkannt sei, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Zwar hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16. Dezember 1958 (VI ZR 245/57, BGHZ 29, 100, 103) die Eigenschaft des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. als Schutzgesetz anerkannt. Indes sahen die Regierungsentwürfe eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) von 1972 und 1973 (BT-Drucks. VI/3088 und BT-Drucks. 7/253) in Kenntnis dieser Rechtsprechung den Absatz 3 von § 73 GmbHG dennoch als Hindernis für die Einordnung der Norm als Schutzgesetz an.
20
Darüber hinaus vermag die Anerkennung des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. als Schutzgesetz keine Anhaltspunkte dafür zu bieten, auch § 73 GmbHG als Schutzgesetz anzuerkennen, da es insoweit an der Vergleichbarkeit der Regelungsinhalte der Normen fehlt. § 64 Abs. 1 GmbHG a.F., welcher dem heutigen § 15a InsO entspricht, normierte die Insolvenzantragspflicht, ohne dass an dessen Verletzung Rechtsfolgen geknüpft sind, die mit jenen des § 73 Abs. 3 GmbHG vergleichbar sind. Zudem geht der Schutzumfang des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. weit über den des § 73 GmbHG hinaus. Die Normierung der Insolvenzantragspflicht dient nicht nur der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, sondern bezweckt auch, insolvenzreife Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds vom Geschäftsverkehr fernzuhalten, damit durch das Auftreten solcher Gebilde nicht Gläubiger geschädigt oder gefährdet werden (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014 - II ZR 113/13, NZI 2015, 234 Rn. 21). Die Norm verbie- tet dabei nicht nur Vermögensverschiebungen zugunsten der Gesellschafter. Sie schützt die Gläubiger auch vor sonstigen Nachteilen, die eintreten können, wenn der Insolvenzantrag verspätet gestellt wird.
21
bb) Gegen eine Einordnung des § 73 GmbHG als Schutzgesetz spricht auch der Gesetzeszweck.
22
Bei der Entscheidung, ob eine Norm als Schutzgesetz anzusehen ist, ist auf den objektiven Gesetzeszweck, die ratio legis, abzustellen und zu prüfen, ob die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruches, auch soweit er nicht erkennbar vom Gesetz erstrebt wird, in den fraglichen Fällen sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 29; Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 21). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
23
Zwar dient die in § 73 GmbHG normierte Ausschüttungssperre und angeordnete Haftung der Liquidatoren auch dem Schutz der Gläubiger, indem die Liquidatoren zum Ersatz der verteilten Beträge solidarisch verpflichtet sind, wenn sie den Absätzen 1 und 2 dieser Vorschrift zuwider handelnd das Vermögen der Gesellschaft vor Tilgung und Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft und vor Ablauf eines Sperrjahres verteilen oder den geschuldeten Betrag eines bekannten Gläubigers nicht hinterlegen. Dies macht § 73 GmbHG indes nicht zum Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
24
Die Ausformung der Haftung nach § 73 Abs. 3 GmbHG als reine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft entspricht derjenigen der Kapitalerhaltungsvorschriften in §§ 30, 31 GmbHG. Für diese hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass es sich nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handelt und der intendierte Gläubigerschutz dadurch erreicht wer- den könne, dass die Gläubiger die sich aus der Verletzung von § 30 GmbHG ergebenden Erstattungs- und Schadensersatzansprüche der Gesellschaft pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen können (BGH, Urteil vom 19. Februar 1990 - II ZR 268/88, BGHZ 110, 342, 360).
25
Der Einwand, § 73 GmbHG gehe mit der von ihm normierten "totalen Ausschüttungssperre" über den Schutz des § 30 GmbHG hinaus, da die Norm jegliche Ausschüttung verbiete, bevor die Voraussetzungen von § 73 Abs. 1 und 2 GmbHG erfüllt seien, auch wenn reichhaltige Rücklagen vorhanden seien (Kleindiek in Lutter/Hommelhof, GmbHG, 19. Aufl., § 73 Rn. 1), trägt nicht. Im Ergebnis wird hierdurch lediglich das Kapitalerhaltungsgebot strenger gefasst, nicht jedoch werden zusätzliche Pflichten gegenüber außenstehenden Dritten begründet. § 73 GmbHG regelt - wie §§ 30, 43 GmbHG oder § 93 AktG, für die bereits höchstrichterlich geklärt ist, dass sie keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind (BGH, Urteil vom 19. Februar 1990 - II ZR 268/88, ZIP 1990, 578, 584) - allein die Pflichten des Liquidators aus seinem durch die Bestellung begründeten Rechtsverhältnis zur Gesellschaft. Deren Verletzung ist ebenso wenig wie die Kapitalerhaltungsregel der Parallelnorm des § 30 GmbHG geeignet, zugunsten außenstehender Dritter Ansprüche zu begründen.
26
cc) Gegen die Einordnung des § 73 Abs. 3 GmbHG als Schutzgesetz spricht zudem der Verweis auf § 43 Abs. 3 und 4 GmbHG.
27
Nach § 43 Abs. 3 S. 2 GmbHG ist § 9b Abs. 1 GmbHG entsprechend anzuwenden. Die darin normierten Vergleichs- und Verzichtsverbote der Gesellschaft auf Ersatzansprüche wären entbehrlich, wenn den Gläubigern ein eigener deliktischer Schadensersatzanspruch zustünde.
28
Daneben bestimmt § 43 Abs. 4 GmbHG eine spezielle Verjährungsregel. Durch die Annahme, § 73 GmbHG stelle ein Schutzgesetz dar, würde diese unterlaufen, denn die regelmäßige Verjährung (§§ 195, 199 BGB) eines Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB könnte nach den Umständen des Einzelfalles und für die einzelnen Gläubiger unterschiedlich - kürzer, aber auch länger - ausfallen.
29
2. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).
30
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich - für den hier vorliegenden Fall der Beendigung der Liquidation - aus einer entsprechenden Anwendung der § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG (MünchKommGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 73 Rn. 36; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 73 Rn. 13; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 11. Aufl., § 73 Rn. 29; Brünkmans/Hofmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 28; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 73 Rn. 13; Kolmann/Dormehl in Saenger, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 42; Paura in Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., § 73 Rn. 49; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 73 Rn. 21; Servatius in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 15; Nerlich in Michalski/Heidinger/ Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 49; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 6; Passarge in Passarge/Torwegge, Die GmbHG in der Liquidation 2008, § 8 Rn. 493).
31
a) Voraussetzung der entsprechenden Anwendung einer Vorschrift sind eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes und eine vergleichbare Interessenlage (BGH, Urteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, NJW 2008, 2257 Rn. 7 ff.; Urteil vom 25. September 2009 - V ZR 36/09, NJW 2009, 3644 Rn. 10; Urteil vom 4. August 2010 - XII ZR 118/08, NJW 2010, 3087 Rn. 11; Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 390/12, NJW 2014, 778 Rn. 26 f.; Urteil vom 16. April 2015 - I ZR 69/11, NJW 2015, 3511 Rn. 30 f.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
32
aa) Eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes besteht.
33
(1) Ob eine derartige Lücke im Gesetz vorhanden ist, die im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also , gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, Urteil vom 13. November 2001 - X ZR 134/00, BGHZ 149, 165, 174; Urteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 126/07, NJW 2008, 2257 Rn. 7). Lücken im Gesetz können auch nachträglich dadurch entstehen, dass infolge der technischen oder der wirtschaftlichen Entwicklung neue Fragen auftauchen, die im Rahmen des Regelungszwecks nunmehr der Regelung bedürfen, die aber der Gesetzgeber noch nicht gesehen hat (Larenz/Canaris, Methode der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 200).
34
(2) Eine nachträgliche Unvollständigkeit im Gesetz liegt vor.
35
Gemäß § 73 Abs. 3 GmbHG haftet der Liquidator allein der Gesellschaft gegenüber, wenn er bei der Liquidation gegen seine Pflichten nach § 73 Abs. 1 und 2 GmbHG verstößt. Das GmbHG enthält indes keine Bestimmung, die den Gläubigern das Recht einräumt, diesen Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator aus § 73 Abs. 3 GmbHG unmittelbar im eigenen Namen geltend zu machen. Der Gläubiger hat lediglich die Möglichkeit, einen Titel gegen die Gesellschaft zu erwirken und sich im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach §§ 829, 835 ZPO den Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG pfänden und überweisen zu lassen.
36
Später hat der Gesetzgeber erkannt, dass es infolge der wirtschaftlichen Entwicklungen über Jahrzehnte entgegen seiner ursprünglichen Regelungsabsicht notwendig ist, dem Gesellschaftsgläubiger einen unmittelbaren Anspruch gegen den Abwickler im Falle der Verletzung seiner Pflichten aus § 73 GmbHG entsprechend den Regelungen im Aktienrecht zu gewähren (BTDrucks. VI/3088 S. 207; BT-Drucks. 7/253 S. 207 jeweils zu § 224 GmbHG-E). Auch wenn die beabsichtigte Streichung des § 73 Abs. 3 GmbHG letztlich nicht erfolgte, womit der Gesetzgeber über § 823 Abs. 2 BGB einen Direktanspruch begründen wollte, so bleibt doch die Erkenntnis der Notwendigkeit eines Direktanspruchs infolge veränderter wirtschaftlicher Umstände durch den Gesetzgeber bestehen.
37
(3) Die Unvollständigkeit ist planwidrig.
38
(a) Zwar ergibt sich aus der Begründung der Entwürfe zum heutigen § 73 GmbHG von 1891 die ursprüngliche Auffassung des Gesetzgebers, es reiche aus, den Gläubigern bei Pflichtverletzungen des Liquidators die Befriedigungsmöglichkeit durch Zugriff auf den der Gesellschaft zustehenden Ersatzanspruch gegen den Liquidator zu gewähren (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, 1891, zu § 72 S. 113). Aus dem Verweis in den Materialien zu § 73 GmbHG auf die Begründung zu § 62 GmbHG (Entwurf eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nebst Begründung und Anlagen, 1891, zu § 62, S. 110) und dort wiederum auf die Materialen zu § 43 GmbHG folgt weiter, es solle insoweit ausreichen, dass der Ersatz an die Gesellschaft geleistet werde und die Befriedigung der Gläubiger nicht durch Verfügungen der Gesellschaft über Ersatzansprüche vereitelt werden können.
39
Der Schutz vor Verfügungen der Gesellschaft reicht indes nicht aus, um die Gläubiger der Gesellschaft vor sämtlichen Ausfällen zu schützen. Denn die Ausfälle der Gläubiger bei einem Verstoß des Liquidators gegen § 73 GmbHG beruhen regelmäßig nicht auf einer Verfügung der Gesellschaft, sondern auf der besonderen Situation im Abwicklungsstadium.
40
(b) Soweit der Gesetzgeber von 1891 noch davon ausging, dass es ausreiche , wenn der Ersatz an die Gesellschaft geleistet werde, lässt dies außer Acht, dass regelmäßig erst nach Beendigung der Liquidation und Auflösung der Gesellschaft bekannt wird, dass die Verteilung von Gesellschaftsvermögen pflichtwidrig erfolgt ist. In diesem Stadium ist der nur mittelbare Zugriff auf den Liquidator besonders gefährdet. Die mittelbare Befriedigung des Gläubigers erfolgt im Grundsatz dadurch, dass die Gesellschaft ihren Anspruch gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG geltend macht oder geltend machen kann. Damit trägt der Gläubiger das Risiko, dass die Haftungsansprüche von der Gesellschaft , deren Gesellschafter selbst kein unmittelbares Interesse an der Durchsetzung der Ansprüche gegen den Liquidator haben, nicht beigetrieben oder durch gesellschaftsinterne Einwirkungen beeinträchtigt werden und so der mit § 73 GmbHG beabsichtigten Gläubigerschutz unterlaufen wird.
41
Zwar hat der Gläubiger die Möglichkeit, einen Titel gegen die Gesellschaft zu erlangen, der ihm die Pfändung des Anspruchs der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG erlaubt. Dabei handelt es sich indes um einen zeitintensiven, kostenträchtigen und nicht prozessökonomischen Weg.
42
Wenn die GmbH im Handelsregister bereits gelöscht und noch Vermögen vorhanden ist, muss der Gläubiger zunächst beim zuständigen Registergericht die Anordnung der Nachtragsliquidation und die Bestellung eines Nach- tragsliquidators beantragen (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 74 Rn. 19; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 60 Rn. 104), da der Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG, wenn der Gläubiger im Liquidationsverfahren zu Unrecht übergangen worden ist, Vermögen darstellt (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 74 Rn. 20; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 74 Rn. 21; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 74 Rn. 7). Damit der Gläubiger hierauf zugreifen kann, muss es einen Rechtsinhaber geben, der darüber verfügen und gegen den er notfalls einen Titel erwirken kann (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1988 - II ZR 92/88, BGHZ 105, 259, 261). Bereits in diesem besonderen registergerichtlichen Verfahren hat der Gläubiger sowohl das Bestehen seiner Forderung gegen die Gesellschaft als auch die Nicht-Beendigung der Gesellschaft aufgrund noch vorhandenen Vermögens - namentlich den Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG - glaubhaft zu machen (Kleindiek in Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 74 Rn. 20; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 74 Rn. 21; Nerlich in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 74 Rn. 50; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 74 Rn. 7 ff.; Krafka/ Kühn, RegisterR, 10. Aufl., Rn. 437). Sobald das Registergericht die Nachtragsliquidation angeordnet hat, muss der Gläubiger gegen die Gesellschaft im Klageverfahren vor dem Amts- oder Landgericht mit allen prozessualen Risiken einen Titel erstreiten und sich im Anschluss daran im Rahmen der Zwangsvollstreckung den Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator nach §§ 829, 835 ZPO pfänden und überweisen lassen. Schließlich hat er dann in einem eigenständigen weiteren Verfahren noch den Einziehungsprozess unmittelbar gegen den Liquidator zu führen.
43
(c) Das Schutzdefizit nach Beendigung der Liquidation steht in Diskrepanz zu dem Gläubigerschutz des Aktienrechts und widerspricht der Regelungsabsicht des GmbHG und insbesondere des § 73 GmbHG.
44
Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und - wie die Entwürfe eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) der Bundesregierung vom 31. Januar 1972 und vom 26. Februar 1973 aufzeigen - seine Auffassung gewandelt. Die Gesetzesentwürfe von 1972 (BT-Drucks. VI/3088) und 1973 (BT-Drucks. 7/253) gingen von der Notwendigkeit aus, den Gläubigern einen Direktanspruch gegen den Abwickler zuzuerkennen, damit diese den Abwickler in gleicher Weise wie im Aktienrecht unmittelbar in Anspruch nehmen können (Regierungsentwurf eines GmbHG, BT-Drucks. VI/3088, S. 207; BTDrucks. 7/253, S. 207 zu § 224 GmbHG-E).
45
Der Gesetzgeber hat die Entwürfe eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) der Bundesregierung vom 31. Januar 1972 (BT-Drucks. VI/3088) und 26. Februar 1973 (BT-Drucks. 7/253) zwar bisher nicht umgesetzt. Entgegen der Auffassung der Revision steht dies der Annahme einer planwidrigen Regelungslücke jedoch nicht entgegen. Daraus kann nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, er wolle einen Direktanspruch des Gläubigers gegen den Liquidator ausschließen. Die Umsetzung ist unterblieben, weil es aus Sicht des Gesetzgebers andere vordringlichere Vorhaben gab (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GmbHG vom 2. September 1977, BT-Drucks. 8/134, S. 27). Mit dem Änderungsentwurf der Bundesregierung sollten dann zumindest die dringlichsten Änderungen des reformbedürftigen GmbHG alsbald verwirklicht werden (BT-Drucks. 8/134, S. 27).
46
bb) Die planwidrige Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung der § 268 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG zu schließen. Ein unmittelbarer Anspruch des Gläubigers gegen den Liquidator besteht jedenfalls dann, wenn die Liquidation der GmbH beendet und lediglich ein Gläubiger vorhanden ist. Denn insoweit ist die bestehende Interessenlage bei § 73 Abs. 3 GmbHG mit der vergleichbar, die in den § 268 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG geregelt ist. Davon ist der Gesetzgeber selbst ausgegangen, der dem Gläubiger die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Abwickler in gleicher Weise wie im Aktienrecht eröffnen wollte (BT-Drucks. VI/3088, S. 207; BT-Drucks. 7/253, S. 207 zu § 224 GmbHG-E).
47
(1) Der Liquidator der GmbH, der gegen das liquidationsspezifische Kapitalerhaltungsgebot nach § 73 Abs. 1 GmbHG verstoßen hat, ist gemäß § 73 Abs. 3 GmbHG der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Der Anspruch aus § 73 Abs. 3 GmbHG hat dieselbe Rechtsnatur wie der Anspruch aus § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG (pflichtwidrige Verteilung von Gesellschaftsvermögen) für den der Direktanspruch nach § 93 Abs. 5 AktG besteht. Genauso wie § 73 GmbHG handelt es sich bei § 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG um eine Kapitalerhaltungsvorschrift.
48
Der Direktanspruch nach § 93 Abs. 5 AktG setzt voraus, dass der Gläubiger von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen kann. Diese Situation liegt regelmäßig dann vor, wenn bereits Gesellschaftsvermögen unter Verstoß gegen Gläubigerschutzvorschriften verteilt worden ist und das übrige Vermögen der juristischen Person keine Aussicht auf Befriedung mehr bietet oder die Liquidation bereits beendet ist.
49
Nach dem Recht der GmbH müssten die Gläubiger in derselben Situation zunächst die Gesellschaft verklagen und dann die Zwangsvollstreckung in ihren Schadensersatzanspruch gegen den Liquidator aus § 73 Abs. 3 GmbHG betreiben. Diesen unnötigen Umweg vermeidet die entsprechende Anwendung der § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG und vereinfacht so die Gläubigerbefriedigung. Mit dem Direktanspruch werden die Gefahren ausgeschaltet, die bei einem nur mittelbaren verbandsinternen Schutz die Befriedigung der Gläubiger vereiteln können. Ein sachlicher Grund, der eine Übertragung dieses Schutzes auf das Recht der GmbH verbietet, ist nicht ersichtlich.
50
(2) Auch die Stellung des Abwicklers der Aktiengesellschaft auf der einen Seite und die des Liquidators der GmbH auf der anderen Seite gleicht sich nach Beendigung der Liquidation im Wesentlichen.
51
Im Liquidationsstadium geht es nicht mehr um eine werbende Geschäftstätigkeit der jeweiligen Gesellschaft (GmbH oder Aktiengesellschaft) mit unterschiedlichen wirtschaften Zielen und Auswirkungen, sondern nur noch um die Abwicklung derselben. Die Aufgaben die die §§ 264 ff. AktG bzw. §§ 65 ff. GmbHG den Abwicklern bzw. Liquidatoren jeweils zuweisen, lassen in diesem Stadium keine wesentlichen Unterschiede erkennen.
52
(3) Gegen die Analogie spricht nicht, dass die Gläubiger einer Aktiengesellschaft die Möglichkeit haben, nicht nur die Organhaftung gegen den Abwickler , sondern auch Rückgewähransprüche gegen die Aktionäre aus § 264 Abs. 2, § 62 Abs. 1 AktG im Wege eines Direktanspruchs nach § 62 Abs. 2 AktG geltend machen zu können. Zwar gibt es im Recht der GmbH keine vergleichbare Regelung und die Gesellschafter können nur mittelbar in Anspruch genommen werden. Dies vermag jedoch nicht die Übertragung der aktienrechtlichen Verfolgungsbefugnis ins GmbH-Recht auszuschließen. Dass es ein Direktanspruch gegenüber den Gesellschaftern bei der GmbH nicht gibt, führt insbesondere nicht zu einer einseitigen Gefahrabwälzung auf den Liquidator oder einer ungerechtfertigten Entlastung der Gesellschafter. Zum einen ist der Liquidator der Gesellschaft gemäß § 73 Abs. 3 GmbHG zum Ersatz aller verteilten Beträge verpflichtet, während die Gesellschafter nur anteilig haften. Zum anderen handelt es sich bei der mittelbaren Inanspruchnahme der Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen - im Vergleich zu der Pfändung des An- spruchs der Gesellschaft gegen den Liquidator - um den umständlicheren und unsichereren Weg, um einen Ersatzanspruch wegen pflichtwidriger Verteilung von Gesellschaftsvermögen durchzusetzen.
53
b) Die Anspruchsvoraussetzungen der § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG analog, § 73 Abs. 3 S. 1 GmbHG sind gegeben.
54
aa) Die entsprechende Anwendung der § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG gibt der Klägerin die Befugnis, den Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator aus § 73 Abs. 3 S. 1 GmbHG unmittelbar im eigenen Namen geltend zu machen und Zahlung an sich zu verlangen.
55
(1) Soweit vertreten wird, der Direktanspruch nach § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG analog sei subsidiär und die Geltendmachung des Anspruchs gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbHG durch die Gesellschaft habe Vorrang (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 73 Rn. 13; Nerlich in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 49; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 73 Rn. 13; Paura in Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., § 73 Rn. 49; Kohlmann/Dormehl in Saenger, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 42), wobei der Gläubiger der GmbH eine Frist setzen könne (K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 73 Rn. 29; Brünkmanns/Hofmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 28; MünchKommGmbHG/ Müller, 2. Aufl., § 73 Rn. 36), gilt dies jedenfalls nicht für den Fall, dass die GmbH bereits gelöscht ist (Büteröwe in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 73 GmbHG Rn. 14; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 73 Rn. 21). Dies widerspräche der mit der Gewährung des Direktanspruchs bezweckten vereinfachten Gläubigerbefriedigung nach Löschung der GmbH. Denn anderenfalls würde eine Nachtragsliquidation notwendig, was durch die Gewährung ei- nes unmittelbaren Anspruchs des Gläubigers gegen den Liquidator gerade vermieden werden soll.
56
(2) Aus denselben Erwägungen kann der Gläubiger Zahlung an sich verlangen und ist nicht darauf beschränkt, Zahlung an die Gesellschaft zu fordern, wenn die Voraussetzungen der § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG analog vorliegen (MünchKommGmbHG/Müller, 2. Aufl., § 73 Rn. 36; aA Brünkmanns/Hofmann in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 28; Nerlich in Michalski/ Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 73 Rn. 51).
57
Die Gewährung eines eigenen Anspruchs des Gläubigers der Gesellschaft entsprechend § 268 Abs. 2, § 93 Abs. 5 AktG dient der vereinfachten Gläubigerbefriedigung und Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutz nach Löschung der GmbH. Ziel des Direktklagerechts ist die Befriedigung des ursprünglich gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruchs. Der Gläubiger soll so gestellt werden, als hätte er bereits einen Titel gegen die Gesellschaft erwirkt, den Ersatzanspruch gegen den Liquidator aus § 73 Abs. 3 GmbHG gepfändet und zur Einziehung überwiesen bekommen. Eine Beschränkung des Gläubigers darauf, lediglich Zahlung an die Gesellschaft verlangen zu können, unterbricht diesen Weg der vereinfachten Gläubigerbefriedigung. Dies gilt jedenfalls, wenn - wie hier - lediglich ein Gläubiger vorhanden ist.
58
bb) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler und von der Revision unangefochten festgestellt, dass die Klägerin gegen die Gesellschaft die in der Rechnung vom 29. Juni 2012 abgerechnete und fällige Forderung aus Steuerberaterleistungen in Höhe von 2.246,96 € hat.
59
cc) Die Klägerin hat von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Gesellschaft gelöscht ist.
60
dd) Der Gesellschaft steht gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach § 73 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu. Das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unangefochten - festgestellt, dass der Beklagte schuldhaft gegen § 73 Abs.1 und 2 GmbHG verstoßen habe, da er die ihm bekannten Ansprüche der Klägerin vor Verteilung des Gesellschaftsvermögens unberücksichtigt gelassen habe.
61
Nach § 93 Abs. 5 AktG muss zwar grundsätzlich eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegen. Bei einem Verstoß gegen die Sondertatbestände des § 93 Abs. 3 AktG - welcher hier aufgrund der pflichtwidrigen Verteilung von Gesellschaftsvermögen (§ 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG) vorliegt - besteht das Verfolgungsrecht der Gläubiger jedoch ohne Rücksicht auf die Schwere des Verschuldens (MünchKommAktG/Spindler, 4. Aufl., § 93 Rn. 269; Dauner-Lieb in Henssler/ Strohn, GesR, 3. Aufl., § 93 Rn. 50; Koch in Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 93 Rn. 82; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 298).
62
ee) Der Beklagte ist zur Zahlung der vollen von der Klägerin eingeforderten Summe verpflichtet. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dem Beklagten sei der Anspruch der Klägerin vor der Verteilung des Gesellschaftsvermögens bekannt gewesen. Der Beklagte hat die Klägerin so zu stellen, wie sie bei einer Berücksichtigung der Forderung bei der Liquidation gestanden hätte. Das Gesellschaftsvermögen hätte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur vollen Befriedigung ausgereicht, so dass der Beklagte an die Klägerin den Rechnungsbetrag in Höhe von 2.246,96 € sowie die wegen der Nichtberücksichtigung der Forderung angefallenen Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB ab dem 30. Juli 2012 zu zahlen hat.
Drescher Wöstmann Sunder Bernau B. Grüneberg
Vorinstanzen:
AG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 27.08.2015 - 7 C 3/14 -
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 17.05.2016 - 2 S 51/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR76/11 Verkündet am:
7. Mai 2014
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VVG § 5a F.: 21. Juli 1994;
Zweite Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs
sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG Artikel 15 Abs. 1 Satz 1;
Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung)
sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung
) Artikel 31 Abs. 1
1. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der
Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (C-209/12) richtlinienkonform einschränkend
auszulegen.
2. Danach enthält § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine planwidrige Regelungslücke, die
richtlinienkonform dergestalt zu schließen ist, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens
- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
nicht anwendbar ist, aber auf die übrigen Versicherungsarten uneingeschränkt
Anwendung findet.
3. Im Falle der Unanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. besteht das Widerspruchsrecht
des Versicherungsnehmers, der nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht
belehrt worden ist und/oder die Versicherungsbedingungen oder eine
Verbraucherinformation nicht erhalten hat, grundsätzlich fort.
4. Ist der Versicherungsvertrag infolge eines rechtzeitigen Widerspruchs nicht wirksam
zustande gekommen, ist bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der erlangte
Versicherungsschutz zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2014

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. März 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs richtet.
Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen und Schadensersatz.

2
Er beantragte bei der Beklagten den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 1998. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er erst mit dem Versicherungsschein. Er wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht nach § 5a des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG) in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) belehrt.
3
Diese mehrfach geänderte und mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft getretene Vorschrift hatte in der bis zum 31. Juli 2001 gültigen Fassung folgenden Wortlaut: "(1) Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen , wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterla- gen schriftlich widerspricht. … (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht , den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Ab- weichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie."
4
Von Dezember 1998 bis Dezember 2002 zahlte der Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 51.129,15 €. Nachdem er den Vertrag am 1. Juni 2007 gekündigt hatte, kehrte ihm die Beklagte im September 2007 einen Rückkaufswert von 52.705,94 € aus. Mit Schreiben vom 31. März 2008 erklärte der Kläger den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. gegenüber der Beklagten und forderte sie zur Rückzahlung aller Beiträge nebst Zinsen auf.
5
Der Kläger meint, der Rentenversicherungsvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen die unten genannten Richtlinien verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe er den Widerspruch erklären können. Außerdem sei ihm die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn vor Vertragsschluss nicht über Abschlusskosten, Provisionen, Stornokosten und deren Verrechnung nach dem Zillmerverfahren, die damit verbundenen Nachteile im Falle einer Kündigung sowie über die Berechnung der Überschussbeteiligung informiert habe.
6
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger in der Hauptsache unter Verrechnung des Rückkaufswerts weitere 22.272,56 € von der Beklagten verlangt hat, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Diese Forderung verfolgt der Kläger mit der Revision weiter.
7
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 28. März 2012 (VersR 2012, 608) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zwei- ten Richtlinie 90/619/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 79/267/EWG (Zweite Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 330 S. 50) unter Berücksichtigung des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung, ABl. L 360 S. 1) dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung - wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - entgegensteht , nach der ein Rücktritts- oder Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt oder W iderspruch belehrt worden ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 19. Dezember 2013 (C-209/12, VersR 2014, 225) die Vorlagefrage bejaht.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist bezüglich der Schadensersatzforderung als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9
A. Dieses hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Rückerstattungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Da er bei Antragstellung die Versicherungs- bedingungen und die Verbraucherinformation noch nicht von der Beklagten erhalten habe, sei trotz der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Vertragsparteien der Versicherungsvertrag zunächst schwebend unwirksam gewesen und hätte durch den Widerspruch des Klägers endgültig unwirksam werden können. Die Beklagte habe den Kläger nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht belehrt , so dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Vertrag sei gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erst ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie, d.h. spätestens mit Ablauf des Monats Januar 2000, rückwirkend endgültig wirksam geworden. Der lange nach Ablauf der Jahresfrist erklärte Widerspruch des Klägers habe hieran nichts mehr ändern können. Die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
10
Der Kläger habe auch keinen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Prämien und Erstattung entgangener Zinsvorteile wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss.
11
B. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht zulässig. Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht ein Widerspruchsrecht des Klägers und einen daraus abgeleiteten Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verneint hat. Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen , zugelassen. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es geht nicht um eine - unzulässige - Beschränkung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen. Die zum Anlass für die Zulassung genommene Frage betrifft einen tatsächlich und rechtlich selbständigen , abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05, VersR 2008, 1524 Rn. 7; BGH, Urteile vom 19. April 2013 - V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 9; vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5; jeweils m.w.N.). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Der - auf Vertragsaufhebung und Rückzahlung der Prämien gerichtete - Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung, über den das Berufungsgericht entschieden hat, bestünde ungeachtet der Entscheidung zum Zustandekommen des Vertrags nach § 5a VVG a.F. und konnte daher von der Zulassung ausgenommen werden.
12
C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Kläger ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht versagt werden.
13
I. Der Kläger kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Prämien verlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.

14
1. Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil der Kläger mit seinem Schreiben vom 31. März 2008 rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
15
a) Da die Beklagte dem Kläger bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine den Anforderungen des § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) a.F. genügende Verbraucherinformation unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem so genannten Policenmodell. Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. dazu nur Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 10; Senatsurteil vom 24. November 2010 - IV ZR 252/08, VersR 2011, 337 Rn. 22; jeweils m.w.N.).
16
Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungs- nehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen könnte. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber dem Kläger nicht in Lauf gesetzt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte die Beklagte den Kläger auch im Zuge der Annahme des Antrags und Übersendung des Versicherungsscheins nicht in drucktechnisch deutlicher Form i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über sein Widerspruchsrecht.
17
b) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem der Kläger die erste von ihm geschuldete Prämie im Dezember 1998 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung sein Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als er diesen im März 2008 erklärte. Indes bestand sein Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
18
aa) Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225).
19
(1) Dieser hat entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des Art. 31 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. entgegensteht, nach der ein Rücktrittsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Ver- sicherungsprämie erlischt, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist (aaO Rn. 32).
20
(2) An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund des in Art. 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerten Umsetzungsgebots und des aus Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) folgenden Grundsatzes der Unionstreue zudem verpflichtet , die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihnen dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 10; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 30; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 m.w.N.; Riesenhuber /Roth, Europäische Methodenlehre 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 17 m.w.N.). Terminologisch unterscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung (Riesenhuber/Neuner aaO § 13 Rn. 2; Riesenhuber/Roth aaO § 14 Rn. 17; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 m.w.N.; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
21
(3) Einer Auslegung im engeren Sinne ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht zugänglich. Dem steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen. Sie bestimmte ein Erlöschen des Widerspruchsrechts unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer über dieses Recht belehrt war. Die Regelung ist aber richtlinienkonform teleologisch dergestalt zu reduzieren, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung (Art. 1 Ziffer 1 A bis C der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierungder Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992) grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat. Hingegen ist § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - innerhalb seiner zeitlichen Geltungsdauer - für alle Versicherungsarten außerhalb des Bereichs der Richtlinien unverändert anwendbar.
22
(a) Die Vorschrift weist die für eine teleologische Reduktion erforderliche verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes auf (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 31; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 22 m.w.N.).
23
(aa) Eine solche liegt vor, wenn das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber die Regelung in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass sie nicht richtlinienkonform ist (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 34; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris Rn. 11). Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht nur dann gegeben, wenn Wertungswidersprüche zwischen zwei innerstaatlichen Normen bestehen (so aber: OLG München VersR 2013, 1025, 1029 m.w.N.; Höpfner, RdA 2013, 16, 22 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 26. November 2008 aaO). Dies lässt sich der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen und entspricht auch nicht etwa einem zwingenden Verständnis der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieser hat sich im Sinne einer Vermutungsregel geäußert, dass ein Mitgliedstaat , der von einem mit einer Richtlinie eingeräumten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht hat, die Verpflichtungen aus der Richtlinie auch in vollem Umfang umsetzen wollte (EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 112 - Pfeiffer u.a.). Der Normzweck ist daher - außer im Falle einer ausdrücklichen Umsetzungsverweigerung - unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu bestimmen, eine Richtlinie korrekt umzusetzen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollte (vgl. zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 257). Die Richtlinie dient dabei gleichzeitig als Maßstab der Lückenfeststellung sowie der Lückenschließung (Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1415 m.w.N.).
24
(bb) § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. steht in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz verfolgten Grundanliegen, die Dritte Richtlinie Lebensversicherung ordnungsgemäß umzusetzen. Bei § 5a VVG a.F. handelt es sich insgesamt um eine Umsetzungsnorm. Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG zum VAG ergibt sich, dass der in diesem Gesetz enthaltene neue § 10a u.a. Art. 31 i.V.m. Anhang II. A. der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie über die Verbraucherinformation vor Abschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages in deutsches Recht umsetzt (BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Die Verbraucherinformation sollte eingeführt werden, weil bei den unter die Dritte Richtlinie fallenden Versicherungsunternehmen die Bedingungen und Berechnungsgrundlagen nicht mehr Teil des vorab zu genehmigenden Geschäftsplanes waren (Begr. Ausschussempfehlung BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Der aufgrund der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses hinzugekommene neue § 5a VVG stellt eine Einschränkung des § 10a VAG dar. Er beruht ausweislich der Begründung dieser später umgesetzten Anregung darauf, dass die im Regierungsentwurf des § 10a VAG geplanten, vor Abschluss des Vertrages zu erfüllenden Informationsverpflichtungen "in der Praxis auf z.T. unüberwindbare Schwierigkeiten stießen" (BT-Drucks. 12/7595 aaO). Vor diesem Hintergrund stellen § 10a VAG und § 5a VVG einen einheitlich zu betrachtenden Komplex dar, mit dem die Dritte Richtlinie Lebensversicherung in deutsches Recht umgesetzt wurde (ebenso Brand, VersR 2014, 269, 274). Dies ist auch der Begründung der Ausschussempfehlung zu entnehmen, die ausdrücklich von einer Verknüpfung der Vorschriften des § 10a VAG und § 5a VVG spricht. Die Regelung in zwei verschiedenen Gesetzen beruhe lediglich darauf, dass die Konkretisierung der Verbraucherinformation im VAG verbleiben müsse, weil es sich um eine gewerberechtliche Frage handele und die Ansiedlung im VAG Voraussetzung für eine Kontrolle durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen sei (BT-Drucks. 12/7595 aaO).
25
Der nationale Gesetzgeber bezweckte danach mit § 5a VVG a.F. nicht primär eine Harmonisierung des Aufsichtsrechts. Diese - in der Instanzrechtsprechung immer wieder vertretene - These lässt sich aus dem für die Verbraucherinformation maßgeblichen 23. Erwägungsgrund zur Dritten Richtlinie Lebensversicherung, die der nationale Gesetzgeber umsetzen wollte, nicht entnehmen. Dort wird das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers so umschrieben: "Im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts wird dem Verbraucher eine größere und weiter gefächerte Auswahl von Verträgen zur Verfügung stehen. Um diese Vielfalt und den verstärkten Wettbewerb voll zu nutzen, muss er im Besitz der notwendigen Informationen sein, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen." Ein Bezug zum Aufsichtsrecht ist daraus nicht zu entnehmen.
26
Die zu der Ausnahmeregelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. gegebene Begründung, die Ausschlussfrist sei im Interesse des Rechtsfriedens erforderlich (BT-Drucks. 12/7595 S. 111), ändert nichts am Zweck des gesamten Regelungskomplexes, die Richtlinie umzusetzen. Strebt der Gesetzgeber eine richtlinienkonforme Umsetzung an, ist diesem - wenn auch möglicherweise unvollkommen verwirklichten - Zweck Vorrang vor der mit der Einzelnorm verfolgten Zielrichtung zu geben (vgl. Riesenhuber/Roth, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 14 Rn. 59; so im Ergebnis auch BGH; Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, juris; Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148; vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27; vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248; a.A. Brand, VersR 2014, 269, 274).
27
(b) Die Regelungslücke des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist richtlinienkonform dergestalt zu schließen, dass die Vorschrift im Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, aber auf die von der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nicht erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet (so auch OLG Celle, Urteil vom 27. Februar 2014 - 8 U 192/13, juris Rn. 42 ff.).
28
(aa) Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss den allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen und in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union sind im Rahmen einer interpretatorischen Gesamtabwägung (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 § 15 Rn. 37) hinreichend umzusetzen. Dabei dürfen die Grenzen des den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zustehenden Gestaltungsspielraums nicht überschritten werden (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, BGB 73. Aufl. Einl. Rn. 56). Weder das Gemeinschaftsrecht noch das nationale Recht fordern eine einheitliche Auslegung des europäischen und des national-autonomen Rechts (Riesenhuber/Habersack/ Mayer aaO § 15 Rn. 24 ff., 36; Mörsdorf, ZIP 2008, 1409, 1416 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Das Gebot richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts reicht nur so weit wie der in Art. 288 Abs. 3 AEUV verankerte Umsetzungsbefehl der entsprechenden Richtlinie (Mörsdorf aaO). Zulässig ist demnach eine gespaltene Auslegung dergestalt, dass eine nationale Norm durch richtlinienkonforme Auslegung nur insoweit korrigiert wird, als sie mit den Anforderungen der Richtlinie nicht übereinstimmt , und im überschießenden - nicht europarechtlich determinierten - Teil unverändert bleibt (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 36 f.).
29
(bb) Der gegenüber der allgemeinen, für alle Versicherungen geltenden Regelung des § 5a VVG a.F. engere Anwendungsbereich der Dritten Richtlinie Lebensversicherung nur für Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung rechtfertigt eine gespaltene Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. Auf diese Weise wird zum einen dem Willen des Gesetzgebers zur Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen und zum anderen für die übrigen, nicht davon erfassten Versicherungsarten die Ausschlussfrist im Interesse der angestrebten Rechtssicherheit beibehalten. Der Gesetzgeber wollte im allgemeinen Teil des VVG eine einheitliche Bestimmung für alle Versicherungsarten treffen. Dies ergibt sich daraus, dass er auf eine Definition des genauen Zeitpunktes der Informationserteilung verzichtet hat, um bei der Frage, wann eine Information noch vor Abschluss des Vertrages erfolgt, den Besonderheiten der einzelnen Versicherungsarten und Vertriebsformen Rechnung tragen zu können und Raum für vertragliche Vereinbarungen zu lassen (Begr. RegE BT-Drucks. 12/6959 S. 55). Der Gesetzgeber hat zwei Entscheidungen getroffen: eine Strukturentscheidung , das Widerspruchsrecht und sein Erlöschen einheitlich für alle Versicherungen zu regeln, und eine Sachentscheidung mit dem Inhalt des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. (vgl. zu dieser Differenzierung grundsätzlich Riesenhuber/Habersack/Mayer, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010 aaO § 15 Rn. 38). Die Richtlinienwidrigkeit der Sachentscheidung im Bereich der von der Richtlinie erfassten Versicherungsarten war ihm nicht bekannt. Dass er an der Strukturentscheidung festgehalten hätte, wenn er eine abweichende Sachentscheidung für Lebens- und Rentenversicherungen hätte treffen müssen, ist nicht anzunehmen (vgl. Riesenhuber /Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 38 m.w.N.; Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551). Eine Vermutung, der Gesetzgeber hätte für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift eine richtlinienkonforme Auslegung gewollt, lässt sich aus der Gleichbehandlung im Wortlaut der Norm nicht herleiten (vgl. Herdegen, WM 2005, 1921, 1930 zu § 5 Abs. 2 HWiG a.F.). In einem Großteil der Anwendungsfälle der Norm kann der gesetzgeberische Wille Geltung erlangen, ohne den Anwendungsbereich der Richtlinie zu berühren (vgl. Herdegen aaO). Im überschießend geregelten Bereich der Nicht-Lebensversicherung sind abweichende Auslegungsgesichtspunkte zu beachten (vgl. Riesenhuber/Habersack/Mayer aaO § 15 Rn. 43). Insoweit bestehen keine entsprechenden Richtlinienvorgaben.
30
Die mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG ebenfalls umgesetzte Dritte Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung ) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG; ABl. L 228 S. 1) fordert zwar auch Verbraucherinformationen , sieht jedoch - anders als die Dritte Richtlinie Lebensversicherung - nicht vor, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages "mindestens" die "Modalitäten der Ausübung des Widerrufs und Rücktrittsrechts" mitzuteilen. Zudem hält das nationale Recht den Versicherungsnehmer außerhalb der Lebensversicherung im Hinblick auf die zu erteilenden Informationen für weniger schützenswert. Darauf deutet das in der Empfehlung des Finanzausschusses zu § 5a VVG a.F. genannte Beispiel des Rückkaufswertes in der Lebensversicherung hin (Begr. Aus- schussempfehlung, BT-Drucks. 12/7595 S. 102). Den Produkten der Lebensversicherung wird große Komplexität beigemessen, was die Bedeutung des Verbraucherschutzes erhöht. Hinzu kommt, dass sich der Versicherungsnehmer einer Lebens- oder Rentenversicherung, anders als bei Versicherungen mit jährlicher Wechselmöglichkeit, regelmäßig über einen langen Zeitraum an das Produkt und den Versicherer bindet. Die Entscheidung für einen Vertrag hat hier weiter reichende Folgen und größere wirtschaftliche Bedeutung als bei den meisten anderen Versicherungsarten. Dies findet Ausdruck in § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG in der Fassung vom 2. Dezember 2004, der die Widerspruchsfrist für Lebensversicherungsverträge entsprechend der Vorgabe des Art. 17 der Fernabsatzrichtlinie II (Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. L 271 S. 16) auf 30 Tage verlängert und damit mehr als verdoppelt hat. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Lebens- und Rentenversicherungen gebietet Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichbehandlung von Lebensund Rentenversicherungen mit anderen Versicherungen.
31
(cc) Das gegen eine gespaltene Auslegung angeführte Argument der Abgrenzungsschwierigkeiten (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 261 f.) greift bei § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nicht. Eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Versicherungsarten ist ohne weiteres möglich und hängt - anders als die Unterscheidung zwischen verschiedenen Haustürsituationen - nicht von Zufällen des Geschehensablaufes ab.

32
Die gespaltene Auslegung verstößt auch nicht gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Prinzip der Rechtssicherheit, das Vertrauensschutz für den Bürger gewährleistet. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 33 m.w.N.). Die uneingeschränkte Anwendung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität im Schrifttum von Anfang an bezweifelt wurde (Berg, VuR 1999, 335, 341 f.; Lorenz, VersR 1997, 773, 782; vgl. Vorlagebeschluss vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608 Rn. 16 m.w.N.).
33
Die richtlinienkonforme Reduktion des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bedeutet keine gesetzeswidrige (contra legem) Rechtsschöpfung (so aber OLG München, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 14 U 1804/13, juris Rn. 52 ff.; VersR 2013, 1025, 1028). Wie ausgeführt, kann § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar nicht im engeren Sinne ausgelegt, jedoch im Wege der nach nationalem Recht zulässigen und erforderlichen teleologischen Reduktion richtlinienkonform fortgebildet werden, so dass ein ausreichender Anwendungsbereich der gesetzgeberischen Sachentscheidung verbleibt.
34
Schließlich lässt sich der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine - in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnte (EuGH, NJW 1994, 2473 Rn. 20 - Dori/Recreb; NJW 1986, 2178 Rn. 48 - Marshall) - horizon- tale Drittwirkung der Richtlinie hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248, 259 f.). Zur Anwendung kommt vielmehr im Rahmen des national methodologisch Zulässigen fortgebildetes nationales Recht.
35
bb) Das Widerspruchsrecht des Klägers ist nicht aus anderen Gründen entfallen.
36
(1) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen. Da der Kläger über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt wurde, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch nicht sachgerecht ausüben (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 24).
37
(2) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt - anders als in der Sache IV ZR 52/12 (aaO) - schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den §§ 7 Abs. 2 VerbrKrG, 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 16).
38
cc) Der Kläger verstößt mit seiner Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
39
(1) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat er sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und be- sondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, NJW 2014, 1230 Rn. 13 m.w.N.). Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen , weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit EuGH, VersR 2014, 225 Rn. 30).
40
(2) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung (vgl. dazu Brand, VersR 2014, 269, 276). Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 103/11, NJW-RR 2013, 757 Rn. 12 m.w.N.). Die Beklagte kann keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, den Kläger über sein Widerspruchsrecht zu belehren.
41
2. Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht - etwa in Anlehnung an die Rechtsfigur des faktischen Vertragsverhältnisses - auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken.
42
a) Allein eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (effet utile). Stünde dem Versicherungsnehmer bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung nur ein Lösungsrecht mit Wirkung ex nunc zu, bliebe der Verstoß gegen die Belehrungspflicht sanktionslos. Dies würde dem Gebot des Art. 4 Abs. 3 EUV nicht gerecht, der verlangt, dass sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben, achten und unterstützen. Daher darf die Anwendung des nationalen Rechts die Tragweite und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen. Dies bedeutet auch, die Vorgaben der Richtlinien und des Gerichtshofs der Europäischen Union im nationalen Recht möglichst vollständig durchzusetzen (EuGH, NZA 2013, 891 Rn. 71 - Asociatia ACCEPT). Wie der Gerichtshof der Europäischen Union ausgeführt hat, regelten die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht den Fall, dass der Versicherungsnehmer nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde, und damit auch nicht die Folgen, die das Unterbleiben der Belehrung für dieses Recht haben konnte. Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 3 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung sah vor, dass "die [für den Rücktritt erforderlichen Voraus- setzungen … gemäß dem auf den Versicherungsvertrag … anwendbaren [nationalen] Recht geregelt [wurden]" (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, VersR 2014, 225 Rn. 22). Die Mitgliedstaaten mussten jedoch dafür sorgen, dass die praktische Wirksamkeit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung unter Berücksichtigung des mit diesen verfolgten Zwecks gewährleistet ist (EuGH aaO Rn. 23). Aus der Struktur und aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Dritten Richtlinie Lebensversicherung hat der Gerichtshof der Europäischen Union eindeutig geschlossen, mit ihr habe sichergestellt werden sollen, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt wird (EuGH aaO Rn. 25).
43
Eine nationale Bestimmung wie § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten , zu einem Zeitpunkt erlischt, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt war, läuft daher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit deren praktischer Wirksamkeit zuwider (EuGH aaO Rn. 26). Diese kann nur gewährleistet werden , wenn der nicht ordnungsgemäß belehrte Versicherungsnehmer im Falle eines Widerspruchs die von ihm gezahlten Prämien grundsätzlich zurückerhält. Das gilt umso mehr, als es bei dem in § 5a VVG a.F. vorgesehenen Widerspruch nicht um den Rücktritt von einem bereits zustande gekommenen Vertrag geht, sondern darum, das Zustandekommen des Vertrages zu verhindern. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung. Danach soll der Versicherungsnehmer für die Zukunft von allen aus diesem Vertrag resultierenden Verpflichtungen befreit werden. Dies betrifft aber nur den Fall, dass er ordnungsgemäß belehrt wurde. Der nicht oder nicht ausreichend belehrte Versicherungsnehmer muss hingegen so gestellt werden, als ob er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Dann hätte er sein Widerspruchsrecht ausüben können und mangels wirksamen Vertrages keine Prämien gezahlt.
44
b) Eine Einschränkung der bereicherungsrechtlichen Abwicklung ist nicht etwa geboten, um Widersprüche zu den §§ 9 Abs. 1 und 152 Abs. 2 VVG n.F. zu vermeiden. Danach erhält der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien, wenn er auf sein Widerrufsrecht, die Rechtsfolgen des Widerrufs und den zu zahlenden Betrag hingewiesen worden ist und zugestimmt hat, dass der Versicherungsschutz vor Ende der Widerrufsfrist beginnt, und bei Unterbleiben des Hinweises zusätzlich den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder - falls dies günstiger ist - die für das erste Jahr des Versicherungsschutzes gezahlten Prämien zurück. Einer rückwirkenden analogen Anwendung der genannten Vorschriften steht Art. 1 Abs. 1 EGVVG entgegen, nach dem auf Altverträge grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2008 das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden ist. Unabhängig davon, ob man im Vertragsschluss bereits einen abgeschlossenen Sachverhalt sieht, in den wegen des Verbotes der echten Rückwirkung nicht eingegriffen werden darf (so Looschelders/Pohlmann/Brand, VVG 2. Aufl. Art. 1 EGVVG Rn. 14), können auf Altverträge Vorschriften des neuen VVG, die vor oder bei Abschluss des Vertrages zu beachten sind, auch nach dem 31. Dezember 2008 keine Anwendung finden (Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 118 zu Art. 1 Abs. 1 EGVVG). Das gilt auch für das Widerrufsrecht des § 8 Abs. 1 VVG n.F., das den Vertragsparteien bei Vertragsschlüssen vor 2008 nicht bekannt sein konnte, sowie für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß den §§ 9 Abs. 1, 152 Abs. 2 VVG n.F., die an die vorvertragliche Belehrungspflicht nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG n.F. anknüpfen.

45
II. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle Prämien, die er an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch einen wirksamen Versicherungsvertrag verpflichtet zu sein. Im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm darf bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden (vgl. EuGH, NJW 2010, 1511 Rn. 48; BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 250/09, juris unter 1). Eine einschränkungslose Ausgestaltung des W iderspruchsrechts auch auf der Rechtsfolgenseite wäre nicht sachgerecht. Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (so auch OLG München, VersR 2013, 1025 Rn. 28). Daher muss sich der Kläger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den er jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil , dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann (BGH, Urteile vom 30. Juni 1983 - III ZR 114/82, NJW 1983, 2692 unter III 3; vom 2. Dezember 1982 - III ZR 90/81, NJW 1983, 1420 unter IV 1 b). Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen wer- den; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen.
46
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben. Das gilt auch für die vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten in Abrede gestellten Nutzungszinsen, mit denen sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht befasst hat.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2010- 22 O 587/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 31.03.2011- 7 U 147/10 -

(1) Einem Arbeitnehmer, dem Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 21. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens drei Jahre bestanden hat (unverfallbare Anwartschaft). Ein Arbeitnehmer behält seine Anwartschaft auch dann, wenn er aufgrund einer Vorruhestandsregelung ausscheidet und ohne das vorherige Ausscheiden die Wartezeit und die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung hätte erfüllen können. Eine Änderung der Versorgungszusage oder ihre Übernahme durch eine andere Person unterbricht nicht den Ablauf der Fristen nach Satz 1. Der Verpflichtung aus einer Versorgungszusage stehen Versorgungsverpflichtungen gleich, die auf betrieblicher Übung oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Der Ablauf einer vorgesehenen Wartezeit wird durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 nicht berührt. Wechselt ein Arbeitnehmer vom Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, bleibt die Anwartschaft in gleichem Umfange wie für Personen erhalten, die auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes verbleiben.

(2) Wird für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen und sind der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt (Direktversicherung), so ist der Arbeitgeber verpflichtet, wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen das Bezugsrecht nicht mehr zu widerrufen. Eine Vereinbarung, nach der das Bezugsrecht durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen auflösend bedingt ist, ist unwirksam. Hat der Arbeitgeber die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgetreten oder beliehen, so ist er verpflichtet, den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen geendet hat, bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(3) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt (Pensionskasse und Pensionsfonds), so gilt Absatz 1 entsprechend. Als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage im Sinne des Absatzes 1 gilt der Versicherungsbeginn, frühestens jedoch der Beginn der Betriebszugehörigkeit.

(4) Wird die betriebliche Altersversorgung von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt, die auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährt (Unterstützungskasse), so sind die nach Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 und 2 genannten Voraussetzungen und vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Unternehmen ausgeschiedenen Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen den bis zum Eintritt des Versorgungsfalles dem Unternehmen angehörenden Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen gleichgestellt. Die Versorgungszusage gilt in dem Zeitpunkt als erteilt im Sinne des Absatzes 1, von dem an der Arbeitnehmer zum Kreis der Begünstigten der Unterstützungskasse gehört.

(5) Soweit betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung einschließlich eines möglichen Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Absatz 1a erfolgt, behält der Arbeitnehmer seine Anwartschaft, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet; in den Fällen der Absätze 2 und 3

1.
dürfen die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Leistung verwendet,
2.
muss dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer das Recht zur Fortsetzung der Versicherung oder Versorgung mit eigenen Beiträgen eingeräumt und
3.
muss das Recht zur Verpfändung, Abtretung oder Beleihung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen werden.
Im Fall einer Direktversicherung ist dem Arbeitnehmer darüber hinaus mit Beginn der Entgeltumwandlung ein unwiderrufliches Bezugsrecht einzuräumen.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 365/13
vom
23. März 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:230317BIVZR365.13.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen,die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 23. März 2017

beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 9. Zivilsenat - vom 29. Oktober 2013 wird gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4.432,38 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) war gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen , weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 auf die beabsichtigte Zurückweisung hingewiesen. Auf die dortigen Gründe wird ergänzend Bezug genommen.
2
Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 24. Februar 2017 gibt keine Veranlassung, von der Zurückweisung der Revision abzusehen.
3
Es kann dahinstehen, ob im Jahr 2003 das Versicherungsverhältnis automatisch oder - wie die Revision meint - im Wege einer echten Vertragsübernahme auf d. VN überging. Im letzteren Fall hätte ein etwaiges Widerspruchsrecht d. VN nicht ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages von Anfang an verhindern können. Diese Wirkung möchte d. VN mit seiner Widerspruchs-/Widerrufserklärung vom 28. Januar 2013 erreichen. Diese Erklärung enthält zwar keine ausdrückliche Bezugnahme auf den Vertragsschluss durch den früheren Arbeitgeber d. VN im Jahr 2001. Sie bezieht sich aber nach ihrer dem Versicherer als Empfänger erkennbaren Zielrichtung auf den Versicherungsvertrag als solchen und nicht auf die Übernahme desselben. Wie die Revision in ihrer Stellungnahme zum Hinweis des Senats einräumt, will sich d. VN "im größtmöglichen Umfang" rückwirkend vom Versicherungsverhältnis lösen. Demgemäß verlangt er ausweislich der Forderungsaufstellung alle - nicht nur die von ihm, sondern auch die von seinem früheren Arbeitgeber gezahlten - Prämien zurück.
4
Ein möglicherweise auf d. VN übergegangenes Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 VVG kann der Revision schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sie insoweit aus dem in dem Hinweisbeschluss genannten Gründen nicht zugelassen ist. Auch wenn das Berufungsgericht die zu § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG genannten Gründe für "uneingeschränkt auf die Problematik einer etwaigen Europarechtswidrigkeit des § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG (a.F.)" übertragbar gehalten hat, hat es die Zulassung eindeutig und wirksam auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch beschränkt.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.07.2013- 332 O 90/13 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.10.2013- 9 U 116/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 117/15
vom
11. November 2015
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2015:111115BIVZR117.15.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 11. November 2015

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 25. Zivilsenat - vom 9. Dezember 2014 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:


1
I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
2
Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 1996 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein eine Broschüre, welche die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) mit einer Belehrung über das Widerspruchsrecht enthielt.
3
D. VN zahlte ab September 1996 zunächst regelmäßig die Prämien. Nachdem er ab März 1999 in Beitragsrückstand geraten war und auf Erinnerung und Mahnung nicht reagiert hatte, erklärte der Versicherer unter dem 24. August 1999 die Kündigung wegen Beitragsrückständen. Da d. VN die rückständigen Beiträge nicht ausglich, rechnete der Versicherer mit Schreiben vom 3. September 1999 das Versicherungsverhältnis ab und kündigte die Auszahlung des Rückkaufswertes an. Daraufhin bat d. VN um Rücknahme der Kündigung sowie Unterbrechung der Versicherung für ein Jahr. Hiermit erklärte sich der Versicherer einverstanden. Im August 2000 bat der Versicherer d. VN um eine Erklärung hinsichtlich der Fortführung des Vertragsverhältnisses. Mangels Reaktion d. VN schickte der Versicherer ihm im November 2000 einen Verrechnungsscheck i.H. des Rückkaufswertes gemäß der Abrechnung. D. VN übersandte per Fax eine Wiederherstellungserklärung und fügte hinzu, dass der Scheck nicht eingelöst werde. Der Versicherer übersandte d. VN mit Datum vom 30. November 2000 einen Nachtrag zum Versicherungsschein. Nachdem der Versicherer erfahren hatte, dass der Scheck doch eingelöst worden war, forderte er den Rückkaufswert zurück. D. VN wurde zur Rückzahlung verurteilt und hatte kurz vorher den Rückkaufswert zurückgezahlt.

4
Mit Schreiben vom 28. Juli 2009 erklärte d. VN u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG, hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
5
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 11.589,42 €.
6
Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Mangels wirksamer Widerspruchsbelehrung habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Jahresfrist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei europarechtswidrig.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
8
II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN sei es jedenfalls wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf einen etwaigen Anspruch zu berufen. Ein Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. sei verfristet. Die 1996 erteilte Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen.

9
Die Rücknahme der Kündigung der Beklagten auf Ersuchen d. VN sei als Neuabschluss des Versicherungsvertrages nach dem Antragsmodell zu bewerten. Anderenfalls hätte d. VN über ein Rücktrittsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. belehrt werden müssen. Das Rücktrittsrecht sei gemäß § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. jedoch einen Monat nach Zahlung der ersten Folgeprämie nach dieser Vereinbarung erloschen.
10
Einem Bereicherungsanspruch stehe jedenfalls § 242 BGB entgegen. Einem VN, der mit Überlassung der Versicherungspolice die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erhalten habe, sei nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Unwirksamkeit nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt. Damit komme es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den gemeinschaftsrechtlichen Lebensversicherungsrichtlinien vereinbar sei, nicht entscheidungserheblich an. Dies gelte auch für einen Anspruch nach Rücktritt gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F., selbst dann, wenn - wie nicht - mangels ausreichender Belehrung über das Rücktrittsrecht ein ewiges Rücktrittsrecht bestünde. Hier lägen besonders gravierende Umstände vor, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Aufgrund der Kündigung, die durch Beitragsrückstände veranlasst gewesen sei, sei der Vertrag zunächst abgewickelt worden; d. VN habe den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechungeingelöst und erst später den Betrag an den Versicherer zurückgeführt. Er habe durch sein Bemühen um die Wiederinkraftsetzung des Vertrages dem Versicherer deutlich gemacht, dass er den Vertrag unbedingt habe fortsetzen wollen, und dies zu einem Zeitpunkt, als er über alle Vertragsmodalitäten voll informiert gewesen sei. Der Versicherer habe des- halb darauf vertrauen können, dass der Vertrag durchgeführt werden solle und nicht mit einem Rücktritt oder einem Widerruf rechnen müssen. Bei dieser Sachlage stelle sich der gleichwohl erklärte Widerspruch/Widerruf als grob widersprüchliches Verhalten dar.
11
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
12
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
13
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Vereinbarkeit der Regelung in § 8 Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht, auf welche es ankomme, bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei. Dasselbe gelte für die Frage, ob bei einer Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerrufs/Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen seien und ob eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegenstehe.
14
1. Die erstgenannte Frage ist mittlerweile geklärt. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) hat der Senat entschieden , dass die in § 8 Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 4 VVG a.F. getroffene Regelung, nach welcher auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht dieses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, richtlinienkon- form einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie im Bereich der Lebens - und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von § 8 VVG a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet. Für das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als für das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. einen Vertragsschluss nach dem Antragsmodell, d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen bereits bei Antragstellung voraussetzt. Entscheidend ist allein , dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungsnehmer die Rücktrittsmöglichkeit ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre. Diese Gefahr wird durch die Frist des § 8 Abs. 5 VVG a.F. gegenüber der vom Senat zuvor beanstandeten Frist in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. noch dadurch verschärft, dass das Rücktrittsrecht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. nicht erst ein Jahr, sondern bereits einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte (Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 aaO Rn. 22). Für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19. Dezember 2013 (EuGH, VersR 2014, 225) hinreichend geklärt.
15
2. Ob bei einer - als Neuabschluss des Versicherungsvertrages zu wertenden - Wiederinkraftsetzung des Lebensversicherungsvertrages die Voraussetzungen eines Widerspruchs oder Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden.

16
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist, selbst wenn eine etwa erforderliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. unterblieb. Allgemein gültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a.F. einer Anwendung von § 242 BGB entgegensteht, können nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben im Einzelfall obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
17
Das Berufungsgericht hat besonders gravierende Umstände genannt , die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Es hat berücksichtigt, dass der Vertrag aufgrund der durch Beitragsrückstände veranlassten Kündigung zunächst abgewickelt worden war und d. VN den Scheck über den Rückkaufswert sogar - entgegen seiner Versprechung - eingelöst hatte und erst auf die Klage des Versicherers diesem den Betrag zurückzahlte. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts machte d. VN durch seine Bitte, den Vertrag fortzuführen, deutlich, dass er den Vertrag in jedem Fall fortsetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er durch die 1996 erteilte, umfassende Verbraucherinformation und die Versicherungsbedingungen über alle Vertragsmodalitäten informiert. Der Versicherer konnte deshalb darauf vertrauen, dass der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen erneut abgeschlossen und fortgeführt werden solle, zumal d. VN nicht erkennen ließ, dass er erneute oder wiederholte Informationen über die Vertragsmodalitäten benötigte, und den neu abgeschlossenen Vertrag ohne Beanstandungen durchführte.
18
Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den gleichwohl später erklärten Widerspruch und Rücktritt als grob widersprüchliches Verhalten werten.
19
Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte könne schutzwürdiges Vertrauen nicht beanspruchen, weil sie - unterstellt - dem Kläger keine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchs- und Rücktrittsrecht erteilt habe, greift dies im Streitfall nicht. Die Treuwidrigkeit knüpft nach den rechtsfehlerfreien - und angesichts der besonderen Fallumstände überzeugenden - Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die jahrelange Prämienzahlung an, sondern liegt darin, dass der Kläger bei der Beklagten durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Wiederinkraftsetzung des Vertrages den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen.
20
3. Aus den genannten Gründen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.
21
Das Berufungsurteil weist keine Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, soweit sich die Revision zusätzlich darauf beruft, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei dem Kläger im Jahr 1996 keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt worden. Die Belehrung in der Verbraucherinformation ist - was die Revision nicht in Zweifel zieht - drucktechnisch deutlich hervorgehoben. Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Anders als die Revision meint, konnte d. VN die in der Widerspruchsbelehrung erwähnte "Überlassung der … für den Vertragsschluss maßgeblichen Verbraucherinformation" ohne weiteres so verstehen , dass es auf die Verbraucherinformation ankam, die er laut dem rechts neben der Belehrung abgedruckten Hinweis "gemäß § 10a, Ab- satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)" auf den nachfolgenden Seiten erhielt.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.02.2014- 25 O 16184/13 -
OLG München, Entscheidung vom 09.12.2014- 25 U 1381/14 -

(1) Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers oder durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen.

(2) Der Rückkaufswert ist nur insoweit zu zahlen, als dieser die Leistung bei einem Versicherungsfall zum Zeitpunkt der Kündigung nicht übersteigt. Der danach nicht gezahlte Teil des Rückkaufswertes ist für eine prämienfreie Versicherung zu verwenden. Im Fall des Rücktrittes oder der Anfechtung ist der volle Rückkaufswert zu zahlen.

(3) Der Rückkaufswert ist das nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode berechnete Deckungskapital der Versicherung, bei einer Kündigung des Versicherungsverhältnisses jedoch mindestens der Betrag des Deckungskapitals, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt; die aufsichtsrechtlichen Regelungen über Höchstzillmersätze bleiben unberührt. Der Rückkaufswert und das Ausmaß, in dem er garantiert ist, sind dem Versicherungsnehmer vor Abgabe von dessen Vertragserklärung mitzuteilen; das Nähere regelt die Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 2. Hat der Versicherer seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, kann er für die Berechnung des Rückkaufswertes an Stelle des Deckungskapitals den in diesem Staat vergleichbaren anderen Bezugswert zu Grunde legen.

(4) Bei fondsgebundenen Versicherungen und anderen Versicherungen, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen, ist der Rückkaufswert nach anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik als Zeitwert der Versicherung zu berechnen, soweit nicht der Versicherer eine bestimmte Leistung garantiert; im Übrigen gilt Absatz 3. Die Grundsätze der Berechnung sind im Vertrag anzugeben.

(5) Der Versicherer ist zu einem Abzug von dem nach Absatz 3 oder 4 berechneten Betrag nur berechtigt, wenn er vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten ist unwirksam.

(6) Der Versicherer kann den nach Absatz 3 berechneten Betrag angemessen herabsetzen, soweit dies erforderlich ist, um eine Gefährdung der Belange der Versicherungsnehmer, insbesondere durch eine Gefährdung der dauernden Erfüllbarkeit der sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Verpflichtungen, auszuschließen. Die Herabsetzung ist jeweils auf ein Jahr befristet.

(7) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer zusätzlich zu dem nach den Absätzen 3 bis 6 berechneten Betrag die diesem bereits zugeteilten Überschussanteile, soweit sie nicht bereits in dem Betrag nach den Absätzen 3 bis 6 enthalten sind, sowie den nach den jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Kündigung vorgesehenen Schlussüberschussanteil zu zahlen; § 153 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.