Landgericht München I Teil-Grund- und Teil-Endurteil, 27. Juli 2016 - 37 O 24526/14
Tatbestand
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz zu zahlen in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 454.457,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 aus § 288 Abs. 1 S. 1 BGB bis zum 31.12.2001, in Höhe von jährlich 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz bis zum 28.07.2014 und in Höhe von jährlich 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 29.07.2014
aus 33.078,29 EUR seit dem 27.06.2001,
aus weiteren 35.506,93 EUR seit dem 14.09.2001,
aus weiteren 24.371,46 EUR seit dem 05.12.2002,
aus weiteren 37.269,00 EUR seit dem 16.02.2005,
aus weiteren 90.627,07 EUR seit dem 09.03.2005,
aus weiteren 79.181,25 EUR seit dem 10.10.2008,
aus weiteren 82.139,61 EUR seit dem 31.10.2008 und aus weiteren 72.283,83 EUR seit dem 18.11.2008.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an die Klägerin Gutachterkosten in Höhe von 12.126,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.030,45 EUR freizustellen.
Die Klage wird abgewiesen.
Gründe
A.
B.
I.
II.
III.
C.
I.
II.
III.
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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
(1) Befindet sich die Urkunde nach der Behauptung des Beweisführers in den Händen einer öffentlichen Behörde oder eines öffentlichen Beamten, so wird der Beweis durch den Antrag angetreten, die Behörde oder den Beamten um die Mitteilung der Urkunde zu ersuchen.
(2) Diese Vorschrift ist auf Urkunden, welche die Parteien nach den gesetzlichen Vorschriften ohne Mitwirkung des Gerichts zu beschaffen imstande sind, nicht anzuwenden.
(3) Verweigert die Behörde oder der Beamte die Mitteilung der Urkunde in Fällen, in denen eine Verpflichtung zur Vorlegung auf § 422 gestützt wird, so gelten die Vorschriften der §§ 428 bis 431.
Erachtet das Gericht die Tatsache, die durch die Urkunde bewiesen werden soll, für erheblich und den Antrag für begründet, so ordnet es, wenn der Gegner zugesteht, dass die Urkunde sich in seinen Händen befinde, oder wenn der Gegner sich über den Antrag nicht erklärt, die Vorlegung der Urkunde an.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.
(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.
(1) Für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden sind, haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner. Die §§ 25, 26 und 28 des Handelsgesetzbuchs sowie § 125 in Verbindung mit § 22 bleiben unberührt; zur Sicherheitsleistung ist nur der an der Spaltung beteiligte Rechtsträger verpflichtet, gegen den sich der Anspruch richtet.
(2) Für die Erfüllung der Verpflichtung nach § 125 in Verbindung mit § 23 haften die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner. Bei Abspaltung und Ausgliederung können die gleichwertigen Rechte im Sinne des § 125 in Verbindung mit § 23 auch in dem übertragenden Rechtsträger gewährt werden.
(3) Diejenigen Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten nach Absatz 1 Satz 1 im Spaltungs- und Übernahmevertrag nicht zugewiesen worden sind, haften für diese Verbindlichkeiten, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach der Spaltung fällig und daraus Ansprüche gegen sie in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Haftung der in Satz 1 bezeichneten Rechtsträger ist beschränkt auf den Wert des ihnen am Tag des Wirksamwerdens zugeteilten Nettoaktivvermögens. Für vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründete Versorgungsverpflichtungen auf Grund des Betriebsrentengesetzes beträgt die in Satz 1 genannte Frist zehn Jahre.
(4) Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem die Eintragung der Spaltung in das Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers nach § 125 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 bekannt gemacht worden ist. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.
(5) Einer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art bedarf es nicht, soweit die in Absatz 3 bezeichneten Rechtsträger den Anspruch schriftlich anerkannt haben.
(6) Die Ansprüche nach Absatz 2 verjähren in fünf Jahren. Für den Beginn der Verjährung gilt Absatz 4 Satz 1 entsprechend.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
14d O 4/14 |
Verkündet am 19.11.2015 SchmitzJustizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
|
Landgericht Düsseldorf IM NAMEN DES VOLKES Urteil |
||
pp
3hat die 14 d. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 03.09.2015durch pp
4für R e c h t erkannt:
5Die Klage wird abgewiesen.
6Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streitverkündeten trägt die Klägerin.
7Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
8T a t b e s t a n d :
9Die Klägerin macht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus eigenem und abgetretenem Recht dreier Tochtergesellschaften Ansprüche auf Schadensersatz wegen der Zahlung kartellbedingt überhöhter Preise bei der Regulierung von Versicherungsfällen im Bereich von Autoglasschäden im Zeitraum von März 1998 bis Dezember 2006 geltend.
10Die Klägerin ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und steht an der Spitze der HUK-COBURG-Unternehmensgruppe. Im Bereich der Kraftfahrversicherungen sind neben der Klägerin, die Angehörige des öffentlichen Dienstes versichert, die I AG, die I2 AG und die C AG als Tochtergesellschaften der Klägerin tätig. Bei den Unternehmen der I1 waren im Januar 2010 etwa 8,5 Mio. Fahrzeuge versichert. Durch die als Anlagen K 1-3 vorgelegten Vereinbarungen vom 08. bzw. 09.12.2010 traten die vorgenannten Tochtergesellschaften ihre streitgegenständlichen Kartellschadensersatzansprüche an die die Abtretung annehmende Klägerin ab.
11Die Beklagten gehören zur B mit mindestens 130 Unternehmen und sind Tochterunternehmen der B1., Ltd. mit Sitz in Japan. Die B1., Ltd. erwarb im Jahr 1981 die Mehrheit an der G, dem europäischen Marktführer im Geschäftsfeld Flachglas. Zur G gehörte bereits die T1, die im Bereich Autoglas tätig war. Im Jahr 2002 erwarb die B1., Ltd. sodann 100 % des Anteils an der von ihr bis dahin beherrschten G. Die Beklagte zu 3) mit Sitz in Belgien, die bis zum 01.09.2007 als G1 firmierte, ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B1., Ltd. und die europäische Zentrale der L mit Niederlassungen und Tochtergesellschaften in mehreren europäischen Ländern. Die Beklagte zu 2) mit Sitz in Belgien – bis Mai 2001 firmierend unter K, bis 2002 unter Splintex SA und bis Januar 2004 unter T2 – ist ihre 100%-ige Tochtergesellschaft, ebenso die Beklagte zu 1) – bis 2004 firmierend unter T GmbH - mit Sitz in Wegberg, die dem Geschäftsbereich Automotive angehört und unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Autoglas befasst ist.
12Mit ihrer Bußgeldentscheidung vom 12.11.2008, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K 5 Bezug genommen wird, stellte die Europäische Kommission (im Folgenden: Kommission) die Beteiligung von insgesamt 18 Unternehmen (im Folgenden: Kartellanten) – darunter die Beklagten und Streitverkündeten – an europaweiten wettbewerbswidrigen Kartellabsprachen im Markt für Autoglas bei der Erstausrüstung und der Reparatur von PKW und leichten Nutzfahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von max. 3,5 t im Zeitraum vom 10.03.1998 bis 11.03.2003 fest und verhängte gegen die beteiligten Unternehmen C2 in Höhe von insgesamt 1,383 Mrd. F. Auf die Unternehmensgruppe der Beklagten entfiel dabei ein wegen der Kooperation der N2-Gruppe mit der Kommission um 50 % reduziertes Bußgeld von 113.500.000,-- EUR. Dabei stellte die Kommission die Beteiligung von insgesamt vier Unternehmensgruppen bzw. wirtschaftlichen Einheiten fest, und zwar neben der der L (im Folgenden: N2) die der Compagnie de N, einem börsennotierten französischen Industriekonzern, dem die Streitverkündeten zu 1. – 4. Angehören (im Folgenden: Saint Gobain), der englischen N1-Gruppe, der die Streitverkündeten zu 5. – 9. Angehören (im Folgenden: N1) sowie des Glasherstellers N3 mit Sitz in Belgien, der Streitverkündeten zu 10.. Dabei waren N, N1 und N2 nach den - jeweils unbestritten gebliebenen - tatsächlichen Feststellungen der Kommission im Bußgeldbescheid zusammen für mehr als 90 % aller Lieferungen von Originalglasteilen für neue Kraftfahrzeuge im europäischen Wirtschaftsraum verantwortlich (Anlage K 5, Rz. 34). Bezugsalternativen zu diesen drei Unternehmensgruppen gab es nicht (Rz. 488). Die Kartellanten verzichteten auf jeden Wettbewerb miteinander und kooperierten stattdessen. Sie tauschten sensible Informationen, Preise und Rabatte aus und sprachen insbesondere ihr Verhalten gegenüber den Automobilherstellern ab, nachdem diese in sog. RFQ-Schreiben (Request for Quotation-Schreiben) die Autoglashersteller zur Abgabe von Angeboten aufgefordert hatten. Die Absprachen deckten den gesamten europäischen Wirtschaftsraum ab (Rz. 538). Dabei gab es im Kartellzeitraum zwischen den drei großen Kartellanten teils bi-, teils trilateral 37 Treffen und 51 sonstige Kontaktaufnahmen. An den Treffen waren die Beklagten seit 18.05.1998 größtenteils aktiv beteiligt (Rz. 98, 100, 651), ab Ende November 2001 auch N3.
13Die Bußgeldentscheidung ist gegenüber den Beklagten rechtskräftig geworden, da sie kein Rechtsmittel eingelegt haben; die übrigen am Autoglaskartell beteiligten Autoglashersteller haben gegen die Bußgeldentscheidung jeweils Nichtigkeitsklage zum Gericht der Europäischen Union (EuG) erhoben. Das EuG wies die Klagen durch die Urteile vom 27.03.2014 (T-56/09 und T-73/09, Anlage K 94) bzw. vom 17.12.2014 (T-72-/09, Anlage K 95) jeweils ab, die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.
14Bei Autoglas wird zwischen Einscheiben- und Verbundsicherheitsglas differenziert, wobei ersteres hauptsächlich für Seiten- und Heckscheiben, letzteres für Frontscheiben eingesetzt wird. Es bestehen dabei mannigfache technische Anforderungen an die einzelnen Scheibenarten, etwa im Hinblick auf die Wölbung, Schall- und Lichtschutz und den Einsatz von Regensensoren (Anlage K 5, Rz. 28, 32 und 69).
15Autoglas wird produziert zum einen für den Originalausrüstermarkt der Automobilhersteller, den sog. Original Equipment Manufacturer (OEM)-Markt, wobei der Automobilhersteller sowohl für die Erstausrüstung als auch für den Originalersatzteilmarkt, den Original Equipment Spares (OES-)-Markt, einkauft, und zum anderen – auch durch die Beklagten und Streitverkündeten - für den freien Ersatzteilmarkt für Autoglas, der in Lizenz gefertigte Scheiben, die sog. Identscheiben, betrifft. Erstere sind mit den Marken des jeweiligen Automobilherstellers, letztere mit den Marken der Glashersteller versehen.
16Vom gesamten europäischen Autoglasmarkt entfallen – wie die Kommission unter Bezugnahme auf ihre Fusionkontrollentscheidung in der Sache G1 vom 07.08.1998 (Fall IV./M.1230) festgestellt hat, etwa 90 % auf den Originalteilemarkt und etwa 15 % auf den freien Ersatzteilmarkt, wobei sich der Originalteilemarkt zu 90 - 95 % auf den Erstausrüstermarkt (OEM) und zu 5 - 10 % auf den Ersatzteilmarkt (OES) aufteilt. Nach der im Kartellzeitraum geltenden Gruppenfreistellungsverordnung (Art. 30 Nr. 10 lit. b der Verordnung (EG) Nr. #####/#### über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge vom 28.06.1995) mussten die Automobilhersteller den Werkstätten und Händlern ihres Vertriebssystems den Weiterverkauf von Originalersatzteilen an freie Werkstätten gestatten, soweit sie diese für die Instandsetzung oder –haltung eines KFZ verwendeten. Nachfolgend wird eine vereinfachte schematische Übersicht der Marktstruktur, basierend auf der Darstellung der Klägerin auf S. 19 des Schriftsatzes vom 02.04.2012 (Bl. 688 GA), wiedergegeben:
17 18Auf dem Markt für Originalautoglasscheiben stehen den Autoglasherstellern mithin die Automobilhersteller gegenüber. Auf dem europäischen Markt verfügen die größten sechs Automobilhersteller nach den unstreitig gebliebenen Feststellungen der Kommission in der Bußgeldentscheidung vom 12.11.2008 über eine Nachfragemacht von mehr als 80 %, die größten vier Hersteller von mehr als 60 %. Die Automobilhersteller forderten die Autoglashersteller mittels des RFQ-Schreibens zur Abgabe eines Angebots auf, das jeweils mit einer konkreten Kostenaufschlüsselung (Cost-break-down) vorzulegen war. Die Automobilhersteller vergaben Aufträge dabei sowohl an einzelne Autoglashersteller für ein ganzes Automodell oder auch für nur einzelne Scheiben, verteilten aber einzelne Aufträge auch an mehrere Lieferanten (sog. single, dual oder multi-sourcing-strategy, Rz. 60 ff. der Anlage K 5). Der Auftragsvergabe folgte eine Entwicklungsphase von 10 Monaten bis drei Jahren bis zur Produktion. Die Verträge mit den Autoglasherstellern hatten unterschiedliche Laufzeiten von einem Jahr bis zu „lebenslänglich“ für ein konkretes Modell (typischerweise 5-7 Jahren), wobei auch bei der „lebenslänglichen“ Vergabe regelmäßig Nachverhandlungen mit den Lieferanten erfolgten (Rz. 62 ff.). Gleichzeitig gab es auch nur jährliche Bezugsverträge, die es den Automobilherstellern ermöglichten, die Preise jedes Jahr neu zu verhandeln. Der freie Ersatzteilmarkt hingegen war strukturell völlig anders aufgestellt, wie die Kommission in Rz. 11 der Bußgeldentscheidung im Einzelnen ausführt, die von den Autoglasherstellern erzielten Preise waren deutlich höher als die gegenüber den Automobilherstellern für OES-Scheiben erzielten Preise.
19KFZ-Werkstätten, Versicherungen und Sachverständige nutzen für Reparaturkostenkalkulationen vielfach Kalkulationsprogramme. Die bei KFZ-Sachverständigen und Versicherungen am weitesten verbreitete Software ist die der B GmbH, in der unter anderem die unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) der Automobilhersteller für Original-Ersatzteile zum Weiterkauf an Endkunden enthalten sind (im Folgenden: Audatex). Diese UVP weisen gegenüber den Einkaufspreisen der Automobilhersteller erhebliche Aufschläge auf. Daneben werden auch andere Kalkulationsprogramme wie Datev, Eurotax-Schwacke und – mit verhältnismäßig geringer Marktdurchdringung - Eucon benutzt.
20Die Klägerin hat einen Antrag auf Akteneinsicht bei der Kommission auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. #####/#### des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.05.2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission (Transparenzverordnung) gestellt, um Zugang zu einzelnen in der Bußgeldentscheidung zitierten Dokumenten zu erhalten. Den Antrag hat die Kommission am 23.02.2012 abgelehnt (GESTDEM #####/####, Anlage K 67). Hiergegen hat die Klägerin am 23.04.2012 Nichtigkeitsklage zum EuG erhoben.
21Die Klägerin behauptet, sie und ihre drei Tochtergesellschaften hätten bei der Regulierung von Versicherungsfällen im Bereich von Autoglasschäden kartellbedingt überhöhte Preise für Autoglas im Kartell- und Nachkartellzeitraum von März 1998 bis Dezember 2006 in Höhe von mindestens 21,56 Mio. F zahlen müssen.
22Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Vorhandensein einer Preisüberhöhung auf der ersten Stufe, d.h. gegenüber den Automobilherstellern, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung schon aufgrund der Kartellbildung zu vermuten sei. Die Wirksamkeit des Kartells ergebe sich aber auch aus den Ausführungen der Kommission in der Bußgeldentscheidung zu Inhalt, Häufigkeit und Dauer der Treffen. Die Kommission habe ausdrücklich die Wirksamkeit des Kartells bestätigt. Es liege auch in der Natur der Sache, dass angesichts der Absprache der Angebotspreise, die die Kartellanten auf die RFQ-Schreiben angeboten hätten, der letztlich erfolgreiche Bieter einen Preis habe durchsetzen können, der über dem Preis gelegen habe, der sich im funktionierenden Wettbewerb gebildet hätte. Die Autoglashersteller hätten im Verhältnis zu den Automobilherstellern auch sehr wohl einen Preissetzungsspielraum. Des Weiteren sei die Wirksamkeit von Kartellen wirtschaftstheoretisch belegt. Insoweit verweist die Klägerin insbesondere auf die Untersuchung von Oxera für die Kommission im Hinblick auf die Ermittlung von kartellbedingten Schäden, wonach Hardcore-Kartellen eindeutig eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung zukomme (Anlage K 49), und auf das von ihr eingeholte, als Anlage K 69 vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. M vom 28.03.2012. Danach ergebe sich die Wirksamkeit des Kartells unter Heranziehung der Spieltheorie theoretisch und empirisch.
23Die Klägerin behauptet, dass die prozentuale Preisüberhöhung auf der ersten Marktstufe in vollem Umfang auf die nachgelagerten Absatzstufen einschließlich der der Klägerin bzw. ihrer Tochtergesellschaften weitergegeben worden sei. Grund hierfür sei eine weitgehend unelastische Nachfrage der Versicherungsnehmer und die spezielle Preisbildung bei der Regulierung von Kraftfahrzeugschäden durch Versicherungen. Diese sei dadurch gekennzeichnet, dass Nachfrage und Kostentragungspflicht auseinander fielen und für den Versicherungsnehmer kein Anreiz bestehe, eine besonders preisgünstige Werkstätte für die Reparatur aufzusuchen bzw. anstelle der Originalersatzteile Identscheiben einbauen zu lassen. Dass der Einkaufspreis der Automobilhersteller ein entscheidender Faktor für die Höhe des Scheibenpreises auf Ebene der Endabnehmer sei, ergebe sich hiervon abgesehen schon aus der Tatsache, dass die Automobilhersteller eine reine Handelsfunktion hätten. Die Annahme, dass die Einkaufskosten für die Kalkulation der OES-Preise unberücksichtigt blieben, entbehre jeder Grundlage. Zwar habe sich in der jüngeren Vergangenheit eine Preispositionierung vom klassischen cost-plus-Ansatz hin zum „value-based“-Ansatz (d.h. marktorientierten Ansatz) etabliert. Diese Entwicklung sei aber bis zum Ende der Kartellabsprache noch nicht abgeschlossen gewesen, weshalb im Kartellzeitraum überwiegend nach Cost-Plus-Methode kalkuliert worden sei. Auch die Tatsache, dass Autoglas als kaskorelevantes Teil wegen des Strebens der Automobilhersteller nach möglichst günstigen Typenklassifizierungen ihrer PKW-Modelle durch die Autoversicherungen möglichst günstig angeboten werden solle, führe zu einer engen Orientierung am Einkaufspreis im Sinne der bloßen Erreichung einer Mindestmarge. Weiterhin hätten die seit Ende der 90er Jahre einsetzenden umfassenden technischen Innovationen zu einer engen Orientierung der Automobilhersteller an den Einkaufspreisen geführt, da bei Produktinnovationen ein marktorientierter Kalkulationsansatz ausscheide. Die im Bereich des Autoglases zu beobachtende Vervielfältigung des Abgabepreises liege im Übrigen für Automobilteile noch eher niedrig und sei insbesondere auf dem Ersatzteilmarkt nicht überraschend.
24Die Klägerin meint, dass selbst wenn die Automobilhersteller ihre Preise an denen der Wettbewerber ausgerichtet hätten, dies nichts an der Weitergabe der Preiserhöhung ändere, da auch die Wettbewerber aufgrund des hohen Marktanteils des Autoglaskartells von mehr als 90 % von kartellbedingt überhöhten Preisen betroffen gewesen seien und ihre Preise entsprechend erhöht hätten. Denn es sei ökonomisch zu erwarten, dass das Kartell auch für Identscheiben Preissetzungsspielräume eröffnet habe und diese in Anlehnung an die UVP der OES-Scheiben ebenfalls im Preis gestiegen seien.
25Die Klägerin behauptet, dass eine Analyse der in Audatex und Eucon hinterlegten UVP eine deutliche Niveaubereinigung des durchgängigen Preisanstiegs im Jahr 2006 (den sog. „Niveaueffekt“) zeige, die ausschließlich kartellbedingt sein könne und den Rückschluss auf eine Weitergabe des Schadens auf die Klägerin erlaube. Der „Niveaueffekt“, wie er im Einzelnen in den als Anlagen K 84 und K 86 vorgelegten Gutachten von Z (im Folgenden: Z1) vom 07.02.2014 und 13.05.2015, dort insbesondere in den Abb. 8 – 10 der Anlage K 84, aufgezeigt sei, beruhe insbesondere nicht auf dem von der Klägerin vorgenommenen „Einfrieren“ der Datenbasis durch Nichtberücksichtigung der erst ab Januar 2004 neu aufgenommenen Scheiben. Diese sei methodisch folgerichtig, um zu verhindern, dass die Preisentwicklung durch den sog. „Innovationseffekt“, d.h. die unstreitig festzustellende Preissteigerung bei neueren Scheiben, verfälscht werde. Denn auch bei einem anderen Zeitpunkt des „Einfrierens“ der Daten zeige sich dieser „Niveaueffekt“. Die Analyse der Beklagten durch einen Vergleich mit einer Berechnung, bei der auf bereits im Januar 2001 bis 2011 durchgehend verkaufte Teile abgestellt werde, sei methodisch unzutreffend, da die Beklagten ihre Datenauswertung nicht an Wettbewerbspreisen, sondern den hypothetischen Kartellpreisen orientiert hätten. Bei richtiger Auswertung sei auch bei Analyse der von 2001 bis 2011 durchgehend in Audatex vorhandenen Scheiben der „Niveaueffekt“ zu sehen. Dies stehe im Einklang mit einer Auswertung der Entwicklung der UVP basierend auf Durchschnittswerten über verschiedene Hersteller und Scheibentypen (hier Mercedes, BMW, VW und Audi), die eine deutliche Ausnahme von dem kontinuierlichen Anstieg in 2006 gezeigt und einen stärken Anstieg bis 2003 gezeigt hätten. Die von den Beklagten vorgetragenen durchschnittlichen Preiswachstumsraten widerlegten den Kartelleffekt nicht. Eine Analyse einzelner Scheibenmodelle sei im Übrigen nicht zielführend, da diese eine Fülle von Einzeleffekten aufwiesen. Für die Annahme eines Kartelleffekts sei schon ausreichend, dass auch die Streitverkündeten in ihren Auswertungen der Audatex-Daten bezüglich VW, Opel und Audi einen „Niveaueffekt“ identifiziert hätten.
26Die Klägerin bestreitet die von den Beklagten und Streitverkündeten vorgetragene fehlende Korrelation zwischen den Abgabepreisen der Kartellanten und den sich aus Audatex ergebenden UVP der Automobilhersteller, wobei sie erstmals mit Schriftsatz vom 15.05.2015 die mangelnde Verifizierbarkeit der Datenbasis und der Analysemethode moniert. Die Darlegungen bezogen auf einzelne Scheiben seien ohnehin nicht aussagekräftig. Die Beklagten und Streitverkündeten müssten deshalb vielmehr ihre Preisdaten vollständig offenlegen, wenn sie sich auf die fehlende Korrelation ihrer Abgabepreise mit den UVP der Automobilhersteller berufen wollten.
27Die Klägerin behauptet weiterhin, dass es auf die Aufteilung des Ersatzteilmarktes in den Markt für OEM-Scheiben und Identscheiben nicht ankomme, weil maßgeblich für die von den Werkstätten veranschlagten Preise für Autoglas die von den Kfz-Herstellern herausgegebenen UVP für OES-Scheiben seien. Deshalb habe eine Preisüberhöhung bei den Originalersatzscheiben eine Preisüberhöhung zwangsläufig auch bei den Identscheiben zur Folge, mithin sei auch dort ein Kartellschaden eingetreten. Sie trägt näher zum Umfang der Nutzung von Kalkulationsprogrammen durch ihre Partnerwerkstätten und deren Preissetzungsverhalten sowie die Anteile von von diesen verbauten OES- und Identscheiben vor. Weiterhin trägt sie zum Anteil von Carglass bei der Reparatur von Autoglasscheiben und dessen Marktanteil im Kartellzeitraum vor und behauptet, dass auch Carglass und freie Werkstätten OES-Scheiben verbauten bzw. die Preise für Identscheiben denen der OES entsprächen.
28Die Klägerin ist der Ansicht, der kartellbedingte Schaden ließe sich über den Vergleich verschiedener Erzeugerpreisindizes des Statistischen Bundesamtes (DeStatis) ermitteln. Sie verweist in erster Linie auf einen Vergleich des Erzeugerpreisindexes „#####/#### Einschichten-Sicherheitsglas, vorgespannt, für Fahrzeuge“, der (auch) kartellierte Preise beinhalte (sog. „Autoglasindex“), mit der Preisentwicklung des Erzeugerpreisindexes „231213 Mehrschichtige Isolierverglasung, Spiegel aus Glas“ (sog. „Vergleichsindex“), der unstreitig nicht kartellbefangene Preise bei streitigen vergleichbaren Inputkosten wiedergebe, und dem sich eine durchschnittliche Preisüberhöhung im Zeitraum von März 1998 bis Dezember 2006 von 7,77 % entnehmen lasse (vgl. die graphische Darstellung in Rz. 115 der Klageschrift, Bl. 59 GA). Sie trägt umfangreich zur Tauglichkeit der herangezogenen Indizes vor. Nach den Angaben der Beklagten zu ihren eigenen Abgabepreisen in Klageerwiderung und Duplik sei sogar eine Preissteigerung in den Jahren 1999 bis 2003 von – unter Zugrundelegung der niedrigeren Zahlen in der Duplik - 23 % festzustellen. Ein Vergleich des „Autoglasindex“ mit dem Index #####/#### ergäbe weiterhin eine Preisüberhöhung von 26,1 %. Hilfsweise zieht sie als Vergleichindizes für die Schadensberechnung den Index 231213 (Mehrschichtige Isolierverglasung, Spiegel aus Glas), #####/#### (Mehrschichten-Sicherheitsglas (Verbundglas) für Fahrzeuge) bzw. #####/#### (Verbundglas) heran, zu deren Tauglichkeit sie näher vorträgt, und stellt eine zeitliche Vergleichsmarktanalyse an.
29Die Klägerin behauptet weiterhin, im streitgegenständlichen Kartell- und Nachkartellzeitraum sei es bei ihr und ihren drei Tochtergesellschaften zu 2.081.270 Glasschadensfällen gekommen, wie sie aus der als Anlage K 35 vorgelegten chronologischen Liste ersichtlich seien, und von denen gemäß dem Marktanteil der Kartellanten 90 % der Schadensberechnung zugrundezulegen seien. Eine Preisüberhöhung von 7,7 % entspreche einer Überhöhung von durchschnittlich ca. 15,35 EUR pro Autoglasscheibe, wie sie unter anderem unter Vorlage einer stichprobenartigen Auswertung von 450 Rechnungen als Anlage K 36 im Einzelnen darlegt. Dies führe zu einem Schaden von 28,75 Mio. F, wobei sich nach Abzug eines Sicherheitsabschlags von 25 % für die mit der Schadenberechnung anhand hypothetischer Preisentwicklungen typischerweise verbundenen Unsicherheiten der klageweise geltend gemachte Mindestschaden ergebe.
30Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26.09.2011 (Bl. 321 ff. GA) beantragt, den Beklagten die Vorlage folgender Urkunden aufzugeben:
311. Handschriftliche Notizen der Beklagten mit dem Datum 18.05.1998 über Preisabstimmungen zwischen den Beklagten, N und N1 in Bezug auf Glasteile für einen Zeitraum bis zum Ende des Jahres 2000, zitiert in der Bußgeldentscheidung der EU-Kommission vom 12.11.2008 (COMP/39.125- Carglass), S. 46, Rz. 133, S. 1-3;
322. Von den Beklagten erstellte mehrseitige Tabelle mit dem Datum 03.11.1998, einschließlich sämtlicher untergeordneter Tabellen über Preise in Bezug auf verschiedene KFZ-Modelle und Preisaufteilungen zwischen den Beklagten, N und N1, zitiert in der Bußgeldentscheidung der EU-Kommission vom 12.11.2008 (COMP/39.125- Carglass), S. 51, Rz. 150;
333. Notizen zu dem Treffen zwischen Vertretern der Beklagten und Vertretern von N am 01.11.2000 im Charles de Gaulle Sheraton Hotel, Frankreich, über Ziele für Preissteigerungen, zitiert in der Bußgeldentscheidung der EU-Kommission vom 12.11.2008 (COMP/39.125- Carglass), S. 81, Rz. 280;
344. Ungeschwärzte Entscheidung der EU-Kommission vom 12.11.2008 (COMP/39.125- Carglass).
35Mit Schriftsatz vom 25.08.2015 (Bl. 1576 ff. GA) hat sie darüber hinaus beantragt, den Beklagten auch die Vorlage der folgenden, in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen aufzugeben:
365. Vollständige Preisentwicklung der kartellbehafteten Autoglasscheiben in den Jahren 1998 bis 2010;
37hilfsweise: Sämtliche Rechnungen der Beklagten über den Verkauf der kartellbehafteten Autoglasscheiben, aus denen sich die vollständige Preisentwicklung der kartellbehafteten Autoglasscheiben in den Jahre 1998 – 2010 ergibt.
38Zur Begründung führt die Klägerin an, die Unterlagen würden die von ihr behaupteten kartellbedingten Preisüberhöhungen von mindestens 7,7 % belegen. Sie ist der Ansicht, sie habe sowohl die Relevanz der Dokumente dargelegt als auch ein überwiegendes Interesse an der Vorlage derselben. Dabei sei insbesondere das unionsrechtliche Effektivitätsgebot zu berücksichtigen, wonach die Verfahrensmodalitäten in nationalen Kartellschadensersatzverfahren nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass die Erlangung von Schadensersatz wegen Verstößen gegen das europäische Wettbewerbsrecht praktisch unmöglich gemacht werden oder übermäßig erschwert werden. Auch sei zu berücksichtigen, dass es vorliegend nicht um eine Einsichtnahme in die Akten der Kartellbehörden ginge, sondern um die Vorlage von Urkunden im Rahmen eines Zivilverfahrens. Hierdurch blieben die durch das Kronzeugenprogramm gewährten Vorteile (insbesondere die Reduktion des Bußgeldes) unberührt.
39Die Klägerin beantragt,
40die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihr Schadensersatz in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch i.H.v. EUR 21,56 Mio., zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
41aus EUR 175.315,81 seit dem 1. April 1998,
42aus weiteren EUR 173.923,65 seit dem 1. Mai 1998,
43aus weiteren EUR 173.727,41 seit dem 1. Juni 1998,
44aus weiteren EUR 182.119,55 seit dem 1. Juli 1998,
45aus weiteren EUR 187.110,85 seit dem 1. August 1998,
46aus weiteren EUR 169.052,27 seit dem 1. September 1998,
47aus weiteren EUR 171.788,12 seit dem 1. Oktober 1998,
48aus weiteren EUR 175.941,94 seit dem 1. November 1998,
49aus weiteren EUR 181.848,89 seit dem 1. Dezember 1998,
50aus weiteren EUR 186.967,53 seit dem 1. Januar 1999,
51aus weiteren EUR 176.983,65 seit dem 1. Februar 1999,
52aus weiteren EUR 161.382,17 seit dem 1. März 1999,
53aus weiteren EUR 226.267,47 seit dem 1. April 1999,
54aus weiteren EUR 207.411,81 seit dem 1. Mai 1999,
55aus weiteren EUR 194.453,46 seit dem 1. Juni 1999,
56aus weiteren EUR 218.441,59 seit dem 1. Juli 1999,
57aus weiteren EUR 206.296,88 seit dem 1. August 1999,
58aus weiteren EUR 194.287,06 seit dem 1. September 1999,
59aus weiteren EUR 181.576,89 seit dem 1. Oktober 1999,
60aus weiteren EUR 176.482,09 seit dem 1. November 1999,
61aus weiteren EUR 189.515,31 seit dem 1. Dezember 1999,
62aus weiteren EUR 196.550,10 seit dem 1. Januar 2000,
63aus weiteren EUR 178.811,78 seit dem 1. Februar 2000,
64aus weiteren EUR 182.740,36 seit dem 1. März 2000,
65aus weiteren EUR 201.207,60 seit dem 1. April 2000,
66aus weiteren EUR 176.493,08 seit dem 1. Mai 2000,
67aus weiteren EUR 226.144,35 seit dem 1. Juni 2000,
68aus weiteren EUR 190.353,33 seit dem 1. Juli 2000,
69aus weiteren EUR 187.399,01 seit dem 1. August 2000,
70aus weiteren EUR 195.455,31 seit dem 1. September 2000,
71aus weiteren EUR 166.955,67 seit dem 1. Oktober 2000,
72aus weiteren EUR 175.052,73 seit dem 1. November 2000,
73aus weiteren EUR 179.941,60 seit dem 1. Dezember 2000,
74aus weiteren EUR 165.801,40 seit dem 1. Januar 2001,
75aus weiteren EUR 180.854,89 seit dem 1. Februar 2001,
76aus weiteren EUR 163.392,65 seit dem 1. März 2001,
77aus weiteren EUR 201.832,83 seit dem 1. April 2001,
78aus weiteren EUR 196.130,84 seit dem 1. Mai 2001,
79aus weiteren EUR 212.432,04 seit dem 1. Juni 2001,
80aus weiteren EUR 186.835,83 seit dem 1. Juli 2001,
81aus weiteren EUR 203.456,34 seit dem 1. August 2001,
82aus weiteren EUR 195.053,42 seit dem 1. September 2001,
83aus weiteren EUR 159.292,19 seit dem 1. Oktober 2001,
84aus weiteren EUR 189.326,58 seit dem 1. November 2001,
85aus weiteren EUR 189.849,95 seit dem 1. Dezember 2001,
86aus weiteren EUR 160.448,23 seit dem 1. Januar 2002,
87aus weiteren EUR 206.858,24 seit dem 1. Februar 2002,
88aus weiteren EUR 178.817,70 seit dem 1. März 2002,
89aus weiteren EUR 199.252,27 seit dem 1. April 2002,
90aus weiteren EUR 228.157,38 seit dem 1. Mai 2002,
91aus weiteren EUR 201.502,05 seit dem 1. Juni 2002,
92aus weiteren EUR 195.679,45 seit dem 1. Juli 2002,
93aus weiteren EUR 224.283,33 seit dem 1. August 2002,
94aus weiteren EUR 197.859,24 seit dem 1. September 2002,
95aus weiteren EUR 182.069,58 seit dem 1. Oktober 2002,
96aus weiteren EUR 194.653,76 seit dem 1. November 2002,
97aus weiteren EUR 187.785,08 seit dem 1. Dezember 2002,
98aus weiteren EUR 165.280,44 seit dem 1. Januar 2003,
99aus weiteren EUR 200.293,36 seit dem 1. Februar 2003,
100aus weiteren EUR 187.557,68 seit dem 1. März 2003,
101aus weiteren EUR 222.161,55 seit dem 1. April 2003,
102aus weiteren EUR 228.418,15 seit dem 1. Mai 2003,
103aus weiteren EUR 224.220,67 seit dem 1. Juni 2003,
104aus weiteren EUR 219.806,59 seit dem 1. Juli 2003,
105aus weiteren EUR 233.330,50 seit dem 1, August 2003,
106aus weiteren EUR 194.834,96 seit dem 1. September 2003,
107aus weiteren EUR 200.100,02 seit dem 1. Oktober 2003,
108aus weiteren EUR 207.305,17 seit dem 1. November 2003,
109aus weiteren EUR 190.199,15 seit dem 1. Dezember 2003,
110aus weiteren EUR 183.479,31 seit dem 1. Januar 2004,
111aus weiteren EUR 179.897,68 seit dem 1. Februar 2004,
112aus weiteren EUR 183.613,65 seit dem 1. März 2004,
113aus weiteren EUR 238.155,50 seit dem 1. April 2004,
114aus weiteren EUR 240.482,53 seit dem 1. Mai 2004,
115aus weiteren EUR 210.657,89 seit dem 1. Juni 2004,
116aus weiteren EUR 241.370,29 seit dem 1. Juli 2004,
117aus weiteren EUR 226.704,54 seit dem 1. August 2004,
118aus weiteren EUR 227.127,40 seit dem 1. September 2004,
119aus weiteren EUR 207.266,81 seit dem 1. Oktober 2004,
120aus weiteren EUR 201.016,46 seit dem 1. November 2004,
121aus weiteren EUR 212.776,32 seit dem 1. Dezember 2004,
122aus weiteren EUR 221.677,66 seit dem 1. Januar 2005,
123aus weiteren EUR 202.178,32 seit dem 1. Februar 2005,
124aus weiteren EUR 189.801,10 seit dem 1. März 2005,
125aus weiteren EUR 243.861,54 seit dem 1. April 2005,
126aus weiteren EUR 274.279,63 seit dem 1. Mai 2005,
127aus weiteren EUR 243.979,71 seit dem 1. Juni 2005,
128aus weiteren EUR 260.889,43 seit dem 1. Juli 2005,
129aus weiteren EUR 232.460,38 seit dem 1. August 2005,
130aus weiteren EUR 237.082,09 seit dem 1. September 2005,
131aus weiteren EUR 214.211,79 seit dem 1. Oktober 2005,
132aus weiteren EUR 199.044,96 seit dem 1. November 2005,
133aus weiteren EUR 221.738,17 seit dem 1. Dezember 2005,
134aus weiteren EUR 212.639,14 seit dem 1. Januar 2006,
135aus weiteren EUR 203.849,05 seit dem 1. Februar 2006,
136aus weiteren EUR 187.877,26 seit dem 1. März 2006,
137aus weiteren EUR 256.265,24 seit dem 1. April 2006,
138aus weiteren EUR 251.507,71 seit dem 1. Mai 2006,
139aus weiteren EUR 284.937,31 seit dem 1. Juni 2006,
140aus weiteren EUR 243.756,37 seit dem 1. Juli 2006,
141aus weiteren EUR 250.553,95 seit dem 1. August 2006,
142aus weiteren EUR 245.052,15 seit dem 1. September 2006,
143aus weiteren EUR 212.098,14 seit dem 1. Oktober 2006,
144aus weiteren EUR 220.730,09 seit dem 1. November 2006,
145aus weiteren EUR 240.598,75 seit dem 1. Dezember 2006,
146aus weiteren EUR 214.837,99 seit dem 1. Januar 2007
147zu zahlen.
148Die Beklagten beantragen,
149die Klage abzuweisen.
150Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da das Leistungsbegehren nicht hinreichend bestimmt sei. § 33 GWB in seiner zum 15.07.2005 in Kraft getretenen Fassung sei vorliegend nicht anwendbar und die Voraussetzungen des §§ 33 GWB a.F. lägen in mehrfacher Hinsicht nicht vor.
151Die Beklagten tragen vor, eine kartellbedingte Preisüberhöhung auf der ersten Stufe, d.h. gegenüber den Automobilherstellern, sei schon nicht hinreichend dargelegt. Eine Vermutung dahingehend, dass eine Kartellbildung auch zu überhöhten Preisen führe, lasse sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung nicht aufstellen. Es gäbe keinen ökonomischen Grundsatz, dass auch eine Kartellrendite erwirtschaftet werde. Hierzu verweisen sie auf die als Anlage B 15 vorgelegte „Kritik an der Verwendung der akademischen Literatur durch HUK als Beleg für die Wirksamkeit von Kartellen und ihre Fähigkeit zur Preiserhöhung“ von D Economics. Da Preise und Margen durch die Automobilhersteller vorgegeben seien und im Rahmen von Auditing-Prozessen überwacht würden, wären Preisüberhöhungen nicht unentdeckt geblieben und nicht durchsetzbar gewesen. Es fehle an der Durchführung und Umsetzung der vorgeworfenen Preis- und Quotenabsprachen, wobei die Klägerin auch versäume, zu den einzelnen Modellen, bezüglich derer es Preisabsprachen gegeben habe, differenziert vorzutragen. Nur bezogen auf diese Modelle komme eine Preisüberhöhung im Ansatz überhaupt in Betracht. Unter weiterer Berücksichtigung der Tatsache, dass 75 % des Ersatzteilmarktes über Versicherungsleistungen abgewickelt werde und nur 25 % der Kunden die Scheiben selbst bezahlten, sei schon widerlegt, dass die meisten Versicherungsnehmer der Klägerin sich für OES-Scheiben entschieden. Carglass mit einem Marktanteil von etwa 40 % auf dem Ersatzteilmarkt baue sogar zu 97 % Identscheiben ein. Die Beklagten behaupten ein Verhältnis von allenfalls 30 % Originalersatzteilmarkt zu 70 % freiem Ersatzteilmarkt. Sie bestreiten, dass sich das Kartell auf den gesamten europäischen Autoglasmarkt ausgewirkt habe und behaupten, dass sie mit N1 und St. Gobain im relevanten Zeitraum von 1998 bis 2003 auf dem Originalersatzteilmarkt zwar einen weltweit relativ hohen Marktanteil gehalten haben dürften, der Marktanteil jedoch aufgrund der weiteren Anbieter den Wettbewerbsdruck bei Verhandlungen mit den Automobilherstellern nicht widerspiegele. Der Marktanteil der Beklagten in Deutschland liege bei höchstens 15 %.
152Darüber hinaus ergebe sich aus der Bußgeldentscheidung nicht, dass das Kartell auch wirksam gewesen sei und zu kartellbedingten Preisüberhöhungen geführt habe. Die Kartellanten hätten sich gerade nicht allumfassend und flächendeckend abgesprochen, sondern sich in wechselnder Zusammensetzung und für unterschiedliche Zeiträume lediglich über einzelne Fahrzeugmodelle ausgetauscht. Das Kartell habe sich demgemäß allenfalls auf einen dementsprechend räumlich, sachlich und zeitlich begrenzten Bereich ausgewirkt. Das Kartell könne sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten auf dem Markt, nämlich der zeitlichen Abläufe und der durch die Marktmacht der Hersteller bedingte Preisgestaltungstransparenz und Nachverhandlungspraxis, allenfalls drei Jahre nach dem Erstkontakt und höchstens bis zum letzten Kontakt unter den Beteiligten ausgewirkt haben.
153Die Beklagten vertreten weiter die Auffassung, mittelbare Marktteilnehmer auf nachgelagerten Marktstufen - wie die Klägerin - seien auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anspruchsberechtigung bei Kartellschäden nicht in den Schutzbereich des Kartellverbots einbezogen.
154Bezüglich einer Weitergabe eines etwaigen kartellbedingten Schadens von der ersten auf weitere Marktstufen verweisen die Beklagten auf die als Anlagen B 28, 29 und 31 vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen von D Economics vom 04.11.2013, Januar 2015 und 14.08.2015. Sie behaupten, angesichts der Vertriebs- und Wertschöpfungskette der relevanten Produkte zwischen den Autoglasherstellern und der Versicherungsebene sowie der Marktmacht der Automobilhersteller gegenüber ihren Zulieferern sei davon auszugehen, dass der letztlich von der Versicherung zu zahlende Preis durch die autonome Preispolitik der Automobilhersteller gegenüber ihren Händlern und der Händler gegenüber ihren Kunden geprägt sei. Sowohl Automobilhersteller als auch Werkstätten hätten eine eigene Preissetzungshoheit, die sie auch einsetzten. Eine beispielhafte Auswertung der Preisentwicklung der Scheiben für einzelne Automodelle auf der Ebene Beklagte/Automobilhersteller gegenüber der Ebene Händler/Endkunde (letztere beruhend auf den in Audatex eingestellten UVP der Automobilhersteller) ab 2003, vorgelegt als Anlagenkonvolut B 17, zeige, dass zwischen beiden Preisebenen keine Korrelation bestehe. Gleiches gelte für die Gegenüberstellung der Entwicklung der Preisempfehlungen der Automobilhersteller und der Herstellerpreise der Beklagten für die Windschutzscheibe des E (Abb. 9 im Schriftsatz vom 04.11.2013, Bl. 1168 GA), die einen völlig unterschiedlichen Verlauf zeige. Sie verweisen schließlich auf den Wettbewerbsdruck, dem die Automobilhersteller und Vertragswerkstätten durch Autoglasketten ausgesetzt gewesen seien, die sowohl Identscheiben eingesetzt als auch Scheibenreparaturen durchgeführt hätten, was insgesamt zu einer kontinuierlichen Senkung der durchschnittlichen Reparaturkosten geführt habe.
155Hinsichtlich des sich aus der Analyse der Audatex-Daten nach dem Vortrag der Klägerin ergebenden kartellbedingten „Niveaueffekts“ verweisen die Beklagten auf die Analyse der Audatex-Daten durch D Economics, insbesondere die aus Abb. 8 des Schriftsatzes vom 04.11.2013 (Bl. 1168 GA) ersichtliche Analyse der Preisentwicklung einer Audatex-Stichprobe über 6.000 Scheibenmodelle, die von 2001 – 2011 einen kontinuierlichen Anstieg und gerade keinen „Niveaueffekt“ zeige. Die Audatex-Analyse der Klägerin sei deshalb methodisch fehlerhaft, weil durch das „Einfrieren“ des Datensatzes die von der Klägerin berechneten Preiswachstumsraten während des Kartellzeitraums zwangsläufig höher ausfielen als nach dem Kartellzeitraum, da sich Produktinnovationen nur bis Ende des Jahres 2003, nicht aber ab Anfang des Jahres 2004 preissteigernd auf den von der Klägerin berechneten Durchschnittspreis ausgewirkt hätten. Dass der „Niveaueffekt“ durch die Methodik bedingt sei, ergebe auch eine Betrachtung der Durchschnittspreise von Frontscheiben, die von Januar 2001 bis November 2011 durchgehend im Audatex-Datensatz enthalten gewesen seien („alte Scheiben“), bzw. der ab Februar 2001 sukzessive in den Datensatz aufgenommenen Frontscheiben („neue Scheiben“) bzw. sämtlicher dieser Scheiben sowie die Analyse der mittleren jährlichen Preiserhöhung bezüglich all dieser Scheiben. Die Klägerin lasse eine Erklärung bzw. einen Nachweis für den sich aus ihrer Auswertung ergebenden Kartellverlauf, insbesondere die fast vierjährige Auslaufphase, vermissen; ihre Ausführungen unterlägen insoweit einem Zirkelschluss. Sie verweisen auf ihre Analyse ausgehend von einer anderen Dauer der Nachwirkungsphase (Abb. 7 des Schriftsatzes vom 17.08.2015, Bl. 1566 GA) und als mögliche Ursachen für einen etwaigen Strukturbruch in der Audatex-Auswertung der Klägerin auf den Wettbewerbsdruck durch Autoglasketten, die Neueinführung von Fahrzeugmodellen, die Umsatzsteuererhöhung von 16 auf 19 % sowie Sturm- und Hagelereignisse wie den Sturm Kyrill.
156Die Beklagten tragen näher zum Marktanteil von Identscheiben sowie deren Anteil an den von der Klägerin vorgetragenen Schadensfällen vor. Die Preise für Identscheiben folgten auch nicht den Preisen für OES-Scheiben, da die Autoglashersteller die Preise für letztere modellbezogen mit den Automobilherstellern verhandelten, für erstere aber mit den Autoglaseinbauern nicht über bestimmte Scheiben, sondern nur Volumina und Rabatte verhandelt würden. Auch hier, beispielhaft vorgetragen für den Opel Corsa, läge keine Beziehung zwischen Abgabepreis der Beklagten für die Identscheibe und Audatex-Preis vor. Schon deshalb sei der Vortrag der Klägerin zur Orientierung der Preise für Identscheiben an denen der OES-Scheiben unschlüssig.
157Hinsichtlich der Schadenshöhe sind die Beklagten – ebenso wie die Streitverkündeten - der Ansicht, die von der Klägerin für die Vergleichsmarktanalyse herangezogenen Indizes seien aus verschiedenen, im Einzelnen vorgetragenen Gründen untauglich, fehlerhaft aufbereitet und ausgewertet. Es fehle deshalb an einer tauglichen Grundlage für die Schadenschätzung. Hiervon abgesehen sei die Anzahl der von der Klägerin herangezogenen Schadensfälle überhöht, da diese nicht um solche Fälle bereinigt seien, bei denen gar keine vom Kartell betroffenen OES-Scheiben verwandt worden seien. Die stichprobenartige Auswertung von 450 Werkstattrechnungen sei deshalb ungeeignet, weil schon nicht dargelegt sei, dass die betreffenden Automodelle überhaupt vom Kartell betroffen gewesen seien. Auch bleibe bei der Schadensberechnung unberücksichtigt, dass der allein kartellbefangene OES-Markt nur 30 % des gesamten Ersatzteilmarktes ausmache.
158Hinsichtlich des Antrags auf Anordnung der Urkundenvorlage gemäß § 142 ZPO sind die Beklagten der Ansicht, der Vortrag zur Relevanz der einzelnen Dokumente sei nicht hinreichend substantiiert, so dass eine Vorlage auf eine Ausforschung hinausliefe. Hiervon abgesehen müssten bei der vorzunehmenden Interessenabwägung die schutzwürdigen Interessen der Beklagten und das Gemeinschaftsinteresse an der effektiven Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts (Schutz des Kronzeugenprogramms) überwiegen.
159Schließlich sind sie der Ansicht, dass auch nach der neuen Rechtslage zu berücksichtigen sei, dass – kartellbedingte Preiserhöhungen und deren Weitergabe unterstellt – diese von den Konzerngesellschaften bzw. der Klägerin selbst an ihre Versicherten über die Einbeziehung der Kostensteigerungen in die Prämien des Folgejahres nach dem Äquivalenzgrundsatz der Versicherungswirtschaft weitergegeben worden seien. Die Beklagten hafteten überdies nicht gesamtschuldnerisch.
160Hilfsweise erheben die Beklagten für vor dem 01.01.2002 begangene Kartellverstöße die Einrede der Verjährung.
161Bezüglich der Schadensentstehung auf der ersten Abnahmestufe verweisen die Streitverkündeten zu 1. – 4. ergänzend darauf, dass sich aus verschiedenen Studien (Connor & Lande bzw. Boyer & Kotchoni, Anlagen K 32 bzw. B 13) ergebe, dass es eine nicht unerhebliche Zahl von Fällen gebe, in denen es nicht zu einer kartellbedingten Preisüberhöhung komme. So könnten auch Marktwachstum oder eine bessere Auslastung der Werke zu Mehrerlösen ohne Preiserhöhungen führen. Die Kommission sei gerade von einem Marktaufteilungs-, nicht aber einem Preiskartell ausgegangen. Es fehle an der Typizität des Geschehensablaufs, die einen Anscheinsbeweis begründen könnte. Im Übrigen könne nicht davon auszugegangen werden, dass kartellbedingte Mehrerlöse mit der Dauer eines Kartells wahrscheinlicher würden; vielmehr belege die als Anlage SG 1 vorgelegte Studie von Connor & Zimmermann das Gegenteil. Hiervon abgesehen sei eine Kartelldauer von fünf Jahren nach der Studie von Combe & Monnier (Anlage SG 2) eher kurz. Die Spieltheorie sei nicht auf die komplexe Struktur des Autoglasmarktes übertragbar; zu berücksichtigen sei vielmehr auch der Mechanismus des sog. „Winners Curse“ (Studie von Bulow und Klemperer, Anlage SG 20). Etwaige Renditeerwartungen der Kartellanten seien wegen geringer Aufdeckwahrscheinlichkeit und geringer C2 während der Laufzeit des Kartells irrelevant. Die Argumentation der Klägerin, bereits aus den von den Beklagten in Anlage B 17 selbst vorgetragenen eigenen Abgabepreisen ergebe sich eine Preisüberhöhung, entbehre einer tragfähigen Grundlage, da sich der Vortrag nur auf wenige Modelle beziehe, die nicht repräsentativ seien.
162Die Streitverkündeten zu 1. – 4. behaupten des Weiteren, dass die Preissetzung der Automobilhersteller auf strategischen Erwägungen, insbesondere der Beobachtung und Ausrichtung an den UVP der Originalersatzteile der Wettbewerber, und zwar sowohl der global belieferten Automobilhersteller als auch der Wettbewerber auf dem freien Ersatzteilmarkt, beruhten (sog. Benchmarking). Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass – schon im Hinblick auf die Laufzeiten der Lieferverträge und die faktische Unmöglichkeit, Preise für alle Modelle abzusprechen - bei der Beobachtung der Wettbewerbspreise gerade solche Preise der Kalkulation zugrunde gelegt worden seien, die selbst nicht kartelliert gewesen seien. Einkaufspreise der Hersteller und die von der Klägerin bei der Regulierung zugrundegelegten Audatex-Preise entwickelten sich deshalb völlig losgelöst voneinander. Sie verweisen etwa auf die Auswertungen der Audatex-Preise einzelner Scheibenmodelle (Abb. 1- 8 und 16 des Schriftsatzes vom 20.12.2011, Bl. 569 ff. GA), den Vergleich von Einkaufspreisen der Automobilhersteller, Audatex-Preisen und dem Index #####/#### (Abb. 9 – 15 des Schriftsatzes vom 20.12.2011, Bl. 573 ff. GA) und die sich aus Tabelle 1 des vorgenannten Schriftsatzes (Bl. 578 GA) ergebenden Preissteigerungen um 218 bis 552 Prozent vom Einkaufspreis des Automobilherstellers zum Audatex-Preis. Schon die Tatsache, dass die Preise für Autoglas monatlich und nicht wie die Klägerin behauptet jährlich angepasst würden, und die Höhe der dort zu beobachtenden Preissteigerungen sprächen dafür, dass keinem cost-plus-Ansatz gefolgt würde. Grund für einen Preisverfall im Jahr 2006 könne etwa die im Jahr 2005 beginnende Krise der Automobilindustrie gewesen sein, die zu einer Rabattschlacht geführt habe. Sie tragen im Einzelnen vor, welche Argumente gegen eine Kartellbedingtheit des von der Klägerin geltend gemachten, ohnehin rein methodisch bedingten „Niveaueffekts“ sprächen. Insbesondere seien im hypothetischen Wettbewerbszeitraum die Preise nicht konstant linear gestiegen, so dass ein Rückschluss auf den Kartellzeitraum durch die Annahme einer linearen Entwicklung verfehlt sei. Jedenfalls hätte die Klägerin weitere preisbeeinflussende Ursachen wie die marktorientierte Preiskalkulation in Verbindung mit den Auswirkungen der Automobilkrise und der näher vorgetragenen Entwicklung der Nachfrage, die auch durch Verkehrsunfallzahlen bedingt sei, berücksichtigen müssen, was nicht geschehen sei.
163Die Streitverkündeten zu 5.-9. sind der Ansicht, die Klägerin müsse darlegen, welchen Rechtsordnungen die einzelnen Schadensersatzansprüche unterfielen, die sie im Wege der objektiven Klagenhäufung geltend mache, und ob sie als „mittelbar“ Geschädigte nach diesen Rechtsordnungen aktivlegitimiert sei. Da die Kartellabsprachen ausschließlich das Originalersatzteilgeschäft und damit die in verschiedenen europäischen Ländern ansässigen Automobilhersteller betroffen hätten, könne nicht ohne Weiteres von einer Anwendung deutschen materiellen Rechts ausgegangen werden. Für die vor dem 01.07.2005 entstandenen Schadensersatzansprüche verweise Art. 40 f. EGBGB auf das Recht des Staates, in dem der direkte Abnehmer seinen Geschäftssitz habe, mithin für OES-Scheiben der Automobilhersteller, für Identscheiben die Werkstätten. Es könne nicht auf den Ort ankommen, an dem der indirekt Kartellgeschädigte einen kartellbedingten Vermögensschaden erlitten habe. Nach § 130 Abs. 2 GWB seien ohnehin nur solche Ansprüche in Deutschland justiziabel, die nicht ausländischem Recht unterlägen.
164Sie vertreten darüber hinaus die Auffassung, dass die fehlende Bestandskraft der Bußgeldentscheidung ihnen gegenüber von der Kammer zu berücksichtigen sei, da die Feststellungen in diesem Rechtsstreit nicht dazu führen dürften, dass sie in einem etwaigen Regressprozess gehindert wären, dieses Argument vorzubringen.
165Die Streitverkündeten zu 5.-9. verweisen im Hinblick auf die Entstehung eines Kartellschadens auf die auch durch die Kommission verschiedentlich (Anlagen HM 20, 21) festgestellte Marktmacht der Automobilhersteller und die Metastudie von Connor (Anlage HM 22), wonach 6 % der Kartelle keine signifikanten Auswirkungen auf den Preis hätten. Es sei auch abwegig, dass bei monatlich durchschnittlich zehn neuen Fahrzeugmodelle mit im Schnitt 8 verschiedenen Scheiben, die noch dazu in mehreren Ausführungen angefragt würden, d.h. 1.200 angefragten Teilenummern im Jahr, eine Absprache von Preisen zwischen den Kartellanten hätte durchgeführt werden können. Der Annahme einer kartellbedingten Preisüberhöhung stehe der Verlauf der Herstellerpreisindizes GP02-#####/#### (Einschichten-Sicherheitsglas, vorgespannt, für Kraftfahrzeuge) bzw. GP02-#####/#### (Mehrschichten-Sicherheitsglas für Kraftfahrzeuge) des Statistischen Bundesamtes entgegen.
166Zur Weitergabe eines kartellbedingten Schadens verweisen die Streitverkündeten zu 5. – 9. auf die Gegenüberstellung der OES-Herstellerpreise einzelner volumenstarker Autoglasscheiben von N1 gegenüber den OES-Einzelhandelspreisen (UVP) auf Basis der Daten von Eurotax-Schwacke (Abb. 11 – 15 des Schriftsatzes vom 20.12.2011 (Bl. 479 ff. GA) sowie die Darstellung der minimalen, mittleren und maximalen Aufschläge der UVP gegenüber dem Einkaufspreis für die Volumenhersteller Audi, VW und Daimler (Abb. 27 des Schriftsatzes vom 04.11.2013, Bl. 1132 GA). Dem lasse sich entnehmen, dass die Beschaffungskosten keinen entscheidenden Einfluss auf die Preisgestaltung der Automobilhersteller gegenüber den Vertragshändlern für OES-Ersatzteile hätten, sondern dass das Preissetzungsverhalten der Automobilhersteller, welches den Beklagten bzw. den Streitverkündeten nicht zuzurechnen sei, hiervon unabhängig erfolge. Die Abwälzungsrate im Monopol der Automobilhersteller falle weitaus geringer aus als in einem Wettbewerbsmarkt.
167Im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten „Niveaueffekt“ rügen sie neben der methodischen Inkonsistenz der Datenauswertung, dass wegen des bis zu dreijährigen Vorlaufs bei der Auftragsvergabe auch die bis 3/2005 bzw. 1/2006 in Audatex aufgenommenen Autoteile kartellbefangen seien, die in der klägerischen Analyse unstreitig fehlten. Dafür seien die Teile aus der Anlaufphase berücksichtigt, die nur in geringem Umfang kartellbefangen sein könnten. Die systematische Abnahme der durchschnittlichen Preissteigerungsrate bei „Einfrieren“ der Datenbasis sei normal, da der „Innovationseffekt“, d.h. die Preissteigerung aufgrund technischer Verbesserungen, entfalle. Der Preisverlauf sei darüber hinaus maßgeblich von den UVP einzelner Automobilhersteller getrieben. Es entstehe ein sog. „Kompositionseffekt“, der durch die gewichtete Aggregierung von sehr unterschiedlich verlaufenden Durchschnittspreisen für 19 Automobilhersteller erzeugt werde. Tatsächlich sei der Niveaueffekt allenfalls bei den durchschnittlichen UVP von VW, Opel und Audi, nicht aber etwa Ford, Mercedes und BMW (teilweise) zu erkennen (Abb. 31 - 33 des Schriftsatzes vom 26.01.2015, Bl. 1359 ff. GA, ergänzt durch die weitere Audatex-Auswertung mit „eingefrorenen“ Datensätzen in Anlage HM 41). Ein „Niveaueffekt“ existiere mangels Korrelation zwischen UVP und Herstellerpreisen auch nicht auf erster Ebene. Denn für die Feststellung einer solche Korrelation sei aus tatsächlichen wie rechtlichen Gründen auf eine Einzelbetrachtung jeden Autoglasteils und gerade nicht auf eine Durchschnittsbetrachtung abzustellen, da die Auswertung gegenüber der Preisentwicklung einzelner Autoglasscheiben empfindlich reagiere, wie etwa für Fiat aus den Abb. 34 f. des Schriftsatzes vom 26.01.2015 (Bl. 1362 f. GA) ersichtlich sei. Die von der Klägerin herangezogene Preisentwicklung sei dabei im Wesentlichen von nicht kartellbefangenen Scheiben getrieben und könne schon deshalb nicht kartellbedingt sein. Auffällig sei auch das Fehlen eines Kartellanfangseffekts bei den Seiten- und Heckscheiben; der Effekt bei den Windschutzscheiben sei auf einzelne neue Modelle von Audi und BMW zurückzuführen, was eine Gegenüberstellung der klägerischen Auswertung mit einer Auswertung ohne Audi, BMW und Citroen (Abb. 36 des Schriftsatzes vom 26.01.2015, Bl. 1366 GA) ergebe. Der Kartelleffekt hätte sich im Übrigen im weiteren Verlauf wegen Hinzutretens weiterer kartellierter Scheiben verstärken müssen, was nicht der Fall sei. Dass ein „Niveaueffekt“ auf nicht kartellierten Scheiben beruhe, ergebe sich schließlich auch aus dem auch bei „Einfrieren“ des Datensatzes zum Januar 2001 mit 394 Autoglasteilen ersichtlichen „Niveaueffekt“ und die Auswertung der UVP-Entwicklung der 329 in 2001-2003 neu hinzugekommenen Scheiben (Abb. 44 f. des Schriftsatzes vom 10.08.2015, Bl. 1499, 1501 GA), die gerade keinen „Niveaueffekt“ zeige. Schließlich sei selbst bei unterstellten „Niveaueffekten“ auf OES- und UVP-Stufen wegen der hohen Preisaufschläge kein ursächlicher Zusammenhang für eine zurechenbare Schadensweiterwälzung gegeben.
168Hinsichtlich des Antrags auf Vorlegung von Urkunden verweisen die Streitverkündeten zu 5. – 9. ergänzend darauf, dass sich schon aus der Bußgeldentscheidung ergebe, dass die Dokumente nicht geeignet seien, die bestrittene Richtigkeit der Schadensberechnung der Klägerin zu beweisen, da sich aus ihnen keine Umsetzung der besprochenen zukünftigen Preise ergäben. Als schützenswerte Belange seien die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten und Streitverkündeten zu berücksichtigen. Dem Verfahren nach der Transparenzverordnung dürfe das nationale Gericht im Übrigen nicht vorgreifen.
169Die Streitverkündeten zu 5. – 9 . sind schließlich der Ansicht, dass, soweit die Klägerin für Identscheiben den Preis einer OES-Scheibe gezahlt habe, sie selbst zu ihrer Schädigung beigetragen hätte und diesen Schaden nicht ersetzt verlangen könne.
170Sie erheben im Hinblick auf die ihrer Ansicht nach anzuwendenden ausländischen Rechtsordnungen ebenfalls den Einwand der Verjährung und tragen zu den Verjährungsregelungen in Schweden, Spanien und Tschechien vor.
171Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die von der Klägerin bzw. den Beklagten als Anlagen K 75, K 93, B 25 und B 33 vorgelegten Zusammenfassungen des Parteivorbringens sowie das tatsächliche Vorbringen in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.
172Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 11.08.2011 (Bl. 226 ff. GA) den Streitverkündeten den Streit verkündet. Die Streitverkündeten zu 1. – 4. sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 02.09.2011 (Bl. 236 GA) als Nebenintervenienten beigetreten, die Streitverkündeten zu 5. -9. mit Schriftsatz vom 01.09.2011 (Bl. 238 f. GA) und die Streitverkündete zu 10. mit Schriftsatz vom 22.02.2012 (Bl. 654 ff. GA).
173Die Streitverkündeten zu 5. – 9. haben mit Schriftsatz vom 21.12.2011 (Bl. 523 ff. GA), die Streitverkündeten zu 1. – 4. mit Schriftsatz vom 10.01.2012 (Bl. 629 ff. GA) jeweils den Beklagten sowie weiteren Streitverkündeten den Streit verkündet.
174E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
175Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
176I.
1771. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich in Bezug auf die Beklagte zu 1., die ihren Sitz in Wegberg und mithin im OLG-Bezirk Düsseldorf hat, aus § 17 Abs. 1 ZPO, §§ 87, 89 GWB i.V.m. der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte (VO vom 27.09.2005). Die Zuständigkeit im Hinblick auf die Beklagten zu 2. und 3. Folgt unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs aus Art. 6 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 (EuGVVO). Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates hat, auch verklagt werden vor dem Gericht des Ortes, an dem einer von mehreren gemeinsam verklagten Personen seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen können. Damit regelt diese Bestimmung eine Zuständigkeitskonzentration, wenn, wie vorliegend, eine Mehrzahl von beklagten Unternehmen, die sich – ggfs. örtlich und zeitlich unterschiedlich - an einem in einer Entscheidung der Kommission festgestellten einheitlichen und fortgesetzten Verstoß gegen das unionsrechtliche Kartellverbot beteiligt haben, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden (EuGH, Urteil vom 21.5.2015, C-352/13 - Wasserstoffperoxid, EuZW 2015, 584).
1782. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt.
179Stellt der Kläger die Höhe des geforderten Schadensersatzes in das Ermessen des Gerichts, ist der Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er die Berechnungs- oder Schätzgrundlagen umfassend darlegt und die Größenordnung seiner Vorstellung – in der Regel durch Angabe eines Mindestbetrages – beziffert ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2008, VI U (Kart) 14/07– Zementkartell, WuW/E DE-R 2311; Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rz. 14 m.w.N.). Dies ist vorliegend geschehen.
180Die Beklagten wenden auch ohne Erfolg ein, der Klageantrag sei unbestimmt, weil die Klägerin nicht individualisiere, auf welche der insgesamt 2.081.270 Versicherungsfälle sie die Klage stütze, da sie ja nur 1.873.143 Versicherungsfälle ausgewählt habe. Denn die Klägerin hat die Klage – jedenfalls mit der Replik - ausdrücklich nicht auf nur einen nicht abgegrenzten Teil der Versicherungsfälle, sondern auf alle Versicherungsfälle gestützt und hiervon lediglich einen Abschlag gemacht, um dem Marktanteil der nicht dem Kartell angehörenden Wettbewerber der Kartellanten Rechnung zu tragen. Damit aber sollen von der Rechtskraft des Urteils sämtliche in Anlage K 35 erfassten 2.081.270 Schadensfälle erfasst sein, die ihrerseits hinreichend individualisiert sind.
181II.
182Die Klage ist indes unbegründet. Nach dem auf die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche anwendbaren deutschen Recht (nachfolgend unter II. 1.) ist die Klägerin, teils aus abgetretenem Recht ihrer Tochtergesellschaften, zwar anspruchsberechtigt (nachfolgend unter II. 2.). Es ist auch davon auszugehen, dass durch das streitgegenständliche Autoglas-Kartell, wie es durch die Bußgeldentscheidung der Kommission bindend festgestellt worden ist (nachfolgend unter II. 3.), ein Schaden auf der ersten Marktstufe entstanden ist (nachfolgend unter II. 4.). Die Klägerin hat aber nicht hinreichend dargetan, dass ihr ein adäquat kausaler Schaden entstanden ist, da sie keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Weiterwälzung des Schadens auf die nachfolgenden Absatzstufen bis zu ihrer Marktstufe vorgetragen hat (nachfolgend unter II. 5.). Auf die Eignung der von der Klägerin durchgeführten Vergleichsmarktanalysen zur Schadensschätzung kommt es nach alledem nicht mehr an (nachfolgend unter II. 6.).
1831.
184a) Auf die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche ist ausschließlich deutsches Recht anwendbar, und zwar sowohl auf die vor als auch nach der 7. GWB-Novelle entstandenen.
185aa) Für die nach Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle entstandenen Ansprüche ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus § 130 Abs. 2 GWB als zwingender, den allgemeinen Regeln des Internationalen Privatrechts vorgehender Kollisionsnorm (siehe hierzu Immenga/Mestmäcker-Rehbinder, Wettbewerbsrecht GWB, 5. Aufl., § 130 Rz. 96 m.w.N.).
186Danach findet das GWB Anwendung auf alle Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes veranlasst werden. Voraussetzung ist das Vorliegen einer Wettbewerbsbeschränkung. Unter Wettbewerbsbeschränkungen sind entsprechend der Überschrift des ersten Teils des GWB alle dort in den §§ 1 bis 47 normierten Tatbestände erfasst (BGH Urteil vom 29.05.1979, KVR 2/78 – Organische Pigmente, WuW/E BGH 1613, 1614; Langen/Bunte-Stadler, Kartellrecht Band 1, Deutsches Kartellrecht, 12. Aufl., § 130 Rz. 129 m.w.N.); dieser Begriff besitzt keinen von den Einzeltatbeständen des Gesetzes unabhängigen materiellen Inhalt (Immenga/Mestmäcker-Rehbinder, a.a.O., § 130 Rz. 128). Bis zum Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle zum 01.07.2005 waren Verstöße gegen das zu diesem Zeitpunkt in Art. 81 EG geregelte Kartellverbot, auf das sich die Klägerin stützt, indes nicht von den besagten Normen des GWB umfasst, so dass § 130 Abs. 2 GWB nur für die seit dem 01.07.2005 entstandenen Ansprüche der Klägerin Anwendung findet.
187Für diese Ansprüche liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 GWB vor. Die Inlandsauswirkung ist unmittelbar und spürbar. Die Wettbewerbsbeschränkung bezieht sich (auch) auf den Inlandsmarkt, tangiert ihn vorhersehbar und ist nicht bloß eine Fernfolge oder ein Reflex eines Verhaltens auf einem Exportmarkt oder ausländischen Markt. Dies gilt schon deshalb, weil jedenfalls ein Teil der direkten, vom dem streitgegenständlichen Quotenkartell betroffenen Abnehmer, die Automobilhersteller, in Deutschland ansässig sind. Dass ein Teil der direkten Abnehmer im europäischen Ausland ansässig ist, ändert an der Anwendbarkeit von § 130 Abs. 2 ZPO auf sämtliche streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche nichts, da es sich bei dem streitgegenständlichen Kartellverstoß nach der die Kammer bindenden Feststellung der Kommission (hier nachfolgend unter II. 3.) um einen einheitlichen Kartellverstoß handelt, der somit einheitlich nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Gerade beim Auswirkungsprinzip ist eindeutig, dass bei internationalen Wettbewerbsverletzungen alle Rechtsordnungen anwendbar sind, in denen sich die Wettbewerbsbeschränkung auswirkt (Bechthold/Bosch, GWB, 8.Aufl., § 130 Rz. 18), und nicht etwa eine zergliedernde Betrachtungsweise erfolgt.
188bb) Für den Zeitraum vor Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle zum 01.07.2005 ist auf Art. 40 f. EGBGB a.F. abzustellen, in denen das vor Inkrafttreten des EGBGB normierte Gewohnheitsrecht gesetzlich geregelt worden ist. Die VO (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht vom 11.07.2007 (Rom-II), die zum 11.01.2009 in Kraft getreten ist, gilt nach ihrem Art. 31 nur für schadensbegründende Ereignisse, die nach ihrem Inkrafttreten eintreten (vgl. auch EuGH, Urteil vom 17.11.2001, Rs C-412/10, EuZW 2012, 35).
189Nach Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Handlungsort ist dabei der Ort, an dem die für die Rechtsgutverletzung maßgebliche Ursache gesetzt wurde (Palandt-Heldrich, BGB, 64. Aufl, Art. 40 Rz. 3). Geht die Rechtsgutverletzung auf das Zusammenwirken mehrerer Ursachen zurück, die in verschiedenen Staaten gesetzt wurden, führt die Anknüpfung an den Handlungsort nach zutreffender Ansicht zu mehreren alternativ anwendbaren Deliktsstatuten, zwischen denen der Verletzte wählen kann (Palandt-Heldrich, BGB, a.a.O., Art. 40 EGBGB Rz. 3). Dieser ist – auch – Deutschland. Von den 18 Kartellanten haben jedenfalls drei ihren Sitz in Deutschland, die bi- und trilateralen Treffen haben nach den unstreitig gebleibenen Feststellungen der Kommission in der Bußgeldentscheidung (Anlage K 5) auch in der Nähe von Königswinter (so das wohl die Teilnahme der Beklagten konstituierende Treffen) und in Düsseldorf stattgefunden. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit der Kartellanten lässt sich nicht ausmachen, auch wenn die größere Anzahl von Treffen in Paris, Brüssel und Rom stattgefunden hat (für einen Großteil der Treffen ist der Ort unbekannt geblieben). Es liegen deshalb die Voraussetzungen für ein Wahlrecht der Klägerin vor. Soweit vertreten wird, dass bei mehreren Handlungsorten ein Schwerpunkt gebildet werden sollte (vgl. Palandt-Heldrich a.a.O. m.w.N.), so lag nach dem Vorgesagten jedenfalls einer von mehreren Handlungsschwerpunkten in Deutschland.
190Hiervon abgesehen würde sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch aus Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB (Anknüpfung an den Erfolgsort) bzw. auch aus dem Anknüpfungstatbestand der wesentlich engeren Verbindung nach Art. 41 Abs. 1 EGBGB ergeben, was nach Vorgesagtem aber keiner weiteren Ausführungen bedarf.
191Soweit sich die Beklagten auf die zum Recht des unlauteren Wettbewerbs ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH Urteil vom 15.11.1990, I ZR 22/89 – Kaffeefahrt im Ausland, BGHZ 113, 11 m.w.N) berufen haben, nachdem als Begehungsort regelmäßig der Markt angesehen wird, wo die wettbewerblichen Interessen der Konkurrenten aufeinander treffen und damit Handlungsort und Erfolgsort zusammenfallen, wird dies vom BGH damit begründet, dass dort, wo auf die Entschließung des Kunden eingewirkt wird, das Wettbewerbsrecht unlauteres Konkurrenzverhalten verhindern soll. Diese Erwägungen sind auf kartellrechtliche Sachverhalte nicht übertragbar.
192b) Nach den allgemeinen Regeln des intertemporalen Rechts, auf die mangels einer entsprechenden Übergangsregelung in § 131 GWB in der derzeit geltenden Fassung zurückzugreifen ist, sind rechtsgeschäftlich wie auch gesetzlich begründete Schuldverhältnisse nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses galt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2009, VI-U (Kart) 17/08, - Postkonsilidierer, zitiert nach: juris, dort Rz. 28; KG Berlin, Urteil vom 01.10.2009, 2 U 17/03, Rz. 37 – Berliner Transportbeton, GWR 2010, 69). Dementsprechend richtet sich auch der kartellrechtliche Schadensersatzanspruch aus § 33 GWB als ein deliktischer Haftungstatbestand nach dem im Zeitpunkt der Tatbegehung geltenden Kartellrecht, so dass auf Kartellrechtsverstöße, die vor Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle zum 01.07.2005 begangen worden sind, das GWB in der vorangegangenen Fassung Anwendung findet (BGH Urteil vom 28.06.2011, KZR 75/10 - ORWI, zitiert nach: juris, dort Rz. 16; OLG Düsseldorf a.a.O., KG Berlin a.a.O.). Dies ist für den Tatzeitraum bis Ende 1998 § 35 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 GWB in der Fassung vom 20.02.1990 (GWB 1990) bzw. für den Tatzeitraum ab dem 01.01.1999 § 33 S. 1 i.V.m. § 1 GWB in der Fassung vom 26.08.1998 (GWB 1998). Diese Vorschriften normieren allerdings eine Schadensersatzpflicht nur bei Verstößen gegen Vorschriften des GWB oder gegen aufgrund dieses Gesetzes erlassene Verfügungen, nicht jedoch bei Verstößen gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV und vorhergehend in Art. 85 EGV bzw. Art. 81 EG normierte unionsrechtliche Kartellverbot (im Folgenden wird jeweils die derzeit in Kraft stehende Fassung zitiert).
193Einschlägige Anspruchsgrundlage für den Zeitraum bis zum 01.07.2005 ist deshalb § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 Abs. 1 AEUV, dessen Voraussetzungen allerdings mit einem Anspruch nach § 33 S. 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. korrespondieren (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 69). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt das unionrechtliche Verbot von Kartellen und abgestimmten Verhaltensweisen (Art. 101 Abs. 1 AEUV) ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH Urteil vom 28.06.2011, KZR 75/10 – ORWI, zitiert nach: juris, dort Rz. 14 f. m.w.N.; BGH Urteil vom 12.05.1998, KZR 23/96 – Depotkosmetik, WuW/E DE-R 206, 207 f.).
1942. Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. Art. 101 Abs. 1 AEUV und – soweit die Ansprüche ihrer Tochterunternehmen betroffen sind – i.V.m. § 398 BGB aktivlegitimiert.
195a) Die Klägerin bzw. ihre Tochterunternehmen sind als indirekte Abnehmer im Sinne der bereits zitierten „ORWI“-Rechtsprechung des BGH grundsätzlich anspruchsberechtigt, auch wenn sie jeweils nicht unmittelbar am Ende der Vertriebskette der Autoglasscheiben stehen, sondern im Regelfall ihre Versicherungsnehmer Vertragspartner der Werkstätten als ihnen vorgelagerter Marktstufe und damit Endabnehmer im engeren Sinne sind. Denn eine Anspruchsberechtigung als indirekter Abnehmer ist bereits dann zu bejahen, wenn eine Tätigkeit auf einer nachgelagerten Marktstufe vorliegt und eine unmittelbare Betroffenheit durch die Preisüberhöhung geltend gemacht werden kann.
196Dieser weite Begriff des indirekten Abnehmers ergibt sich zunächst aus der Rechtsprechung des EuGH, wonach die volle Wirksamkeit des in Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgesprochenen Verbots beeinträchtigt wäre, wenn nicht jedermann Ersatz des Schadens verlangen könnte, der ihm durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder durch ein entsprechendes Verhalten entstanden ist (EuGH Urteil vom 20.09.2001, C-453/99, Rz. 26 – Courage, NJW 2002, 502; Urteil vom 13.07.2006, C-295/04 – C-298/04, Rz. 60 – Manfredi, EuZW 2006, 529). Weiterhin hat der BGH in seiner „ORWI“-Rechtsprechung die Anspruchsberechtigung der indirekten Abnehmer damit begründet, dass die schädlichen Wirkungen eines Kartells oder eines sonstigen nach Art. 101 AEUV verbotenen Verhaltens häufig nicht auf die unmittelbare Marktgegenseite begrenzt blieben, sondern je nach den Verhältnissen auf den Anschlussmärkten auch oder sogar in erster Linie die Abnehmer auf nachfolgenden Marktstufen bis hin zu den Verbrauchern wirtschaftlich betroffen und in ihren Auswahl- und Entscheidungsmöglichkeiten beschränkt seien (BGH a.a.O., dort Rz. 26). Er hat für die Anspruchsberechtigung damit nicht auf die formale Stellung als Teil der Absatzkette, sondern auf die wirtschaftliche Betroffenheit und Beschränkung der Auswahl- und Entscheidungsmöglichkeiten abgestellt.
197Die unmittelbare wirtschaftliche Betroffenheit der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaften als KFZ-Versicherer ergibt sich daraus, dass in Höhe des kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs des einzelnen Versicherten, sofern dieser Vertragspartner der Werkstatt ist, mit der Inanspruchnahme der Versicherung durch den Versicherten bei dieser ein eigener Schaden entstanden ist. Denn die KFZ-Versicherung war zur Regulierung der Reparaturkosten einschließlich einer etwaigen kartellbedingten Preisüberhöhung aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet (vgl. hierzu die von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung AKB, Stand 01.04.2010, Anlage K 29). Entscheidend ist dabei, dass der versicherungsvertragliche Zahlungsanspruch der Versicherungsnehmer gegen den KFZ-Versicherer dessen Schaden begründet, so dass es nicht darauf ankommt, ob der kartellrechtliche Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmer vom gesetzlichen Forderungsübergang nach § 86 Abs. 1 VVG umfasst ist.
198b) In Bezug auf die von den nach den vorstehenden Ausführungen ebenfalls anspruchsberechtigten drei Tochterunternehmen der Klägerin abgewickelten Schadensfälle ergibt sich die Aktivlegitimation der Klägerin gemäß § 398 BGB aus den als Anlagen K1 bis K 3 vorgelegten Abtretungserklärungen vom 08. und 09.12.2010. Soweit die Beklagten die ordnungsgemäße Vertretung der Tochtergesellschaften wegen Unleserlichkeit der Unterschriften gerügt haben, so haben sie dieses Bestreiten nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die Klägerin in der Replik im Einzelnen dazu vorgetragen hat, dass die Abtretungsvereinbarungen jeweils auf jeder Seite durch zwei namentlich benannte Vorstandsmitglieder bzw. ein Vorstandsmitglied und einen Prokuristen unterzeichnet worden sind, und die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner sowie die Authentizität der Unterschriften jeweils durch Vorlage von Handelsregisterauszügen und Kopien der jeweiligen Personalausweise als Anlagen K 37 bis 48 belegt hat.
1993. Es liegt auch ein schuldhafter Verstoß der Beklagten gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV normierte Kartellverbot vor.
200Die Bußgeldentscheidung der Kommission vom 12.11.2008 entfaltet gemäß § 33 Abs. 4 GWB n.F. gegenüber den Beklagten Bindungswirkung. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift im Zeitpunkt des Kartellverstoßes im Jahre 2003 noch nicht existierte, sondern erst im Zuge der 7. GWB-Novelle mit Wirkung zum 01.07.2005 in das GWB eingefügt worden ist. Die Grundsätze des intertemporalen Rechts dienen dem Schutz des Vertrauens darin, dass das rechtserhebliche Handeln eines Rechtssubjektes auch in Zukunft nur nach dem zu seiner Vornahme (oder Unterlassung) geltenden Recht beurteilt wird. Dieses schutzwürdige Vertrauen gebietet ein Verbot der Rückwirkung ungünstigeren neuen Rechts bzw. ein Gebot zur Anwendung günstigeren alten Rechts jedoch nur in Bezug auf das materielle Recht. Die Regelung des § 33 Abs. 4 GWB stellt zwar eine gegenüber der alten Rechtslage wesentliche Neuerung dar, hat aber lediglich eine Beweiserleichterung für potentielle Privatkläger zur Ermöglichung von Anschlussklagen ("Follow-on”-Verfahren) und damit eine prozessuale Frage zum Gegenstand. Dies führt dazu, dass für die Anwendbarkeit dieser prozessualen Vorschrift nicht auf die Entstehung des Rechtsverhältnisses oder die Eröffnung des kartellbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens, sondern auf den Zeitpunkt dessen bestands- oder rechtskräftigen Abschlusses abzustellen ist. Denn erst der mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung einhergehende Abschluss des Verfahrens führt zu einem nunmehr unabänderbaren prozessual erheblichen Sachverhalt. Erlangt die Entscheidung daher erst – wie vorliegend die Bußgeldentscheidung gegen die Beklagten und Streitverkündeten vom 12.11.2008 - nach dem 01.07.2005 Bestands- bzw. Rechtskraft, liegt weder eine unzulässige Rückwirkung noch eine sonstige Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens vor, so dass § 33 Abs. 4 GWB n.F. ohne weiteres eingreift (zu alledem OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2009, VI-U (Kart) 17/08 - Postkonsolidierer, zitiert nach juris, dort Rz. 33 ff.; so auch LG Mannheim, Urteil vom 04.05.2012, 7 O 436/11 – Feuerwehrfahrzeuge, WuW/E DE-R 3584, 3587 f.; Bechthold/Bosch, a.a.O., § 33 Rz. 41).
201Ob sich hiervon abgesehen eine Bindung des mitgliedsstaatlichen Gerichts an die Bußgeldentscheidung auch für Follow-on-Klagen aus Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln vom 16.12.2002 ergibt (vgl. insoweit auch die Rspr. des EuGH, Urteil vom 14.02.2000, C-344/98 – Masterfoods, WuW/E EU-R 389), kann deshalb dahinstehen (kritisch insoweit Langen/Bunte-Bornkamm, a.a.O., § 33 Rz. 166 f.).
202Die Bindungswirkung der Bußgeldentscheidung umfasst indes nur die Beteiligung (hier der Beklagten) an dem von der Kommission festgestellten Kartellrechtsverstoß in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. In der Begründung des Regierungsentwurfs (WuW-SH 2005, S. 171) heißt es diesbezüglich: „Die Tatbestandswirkung bezieht sich allein auf die Feststellung des Kartellrechtsverstoßes. Alle weiteren Fragen, insbesondere zur Schadenskausalität und zur Schadenbezifferung, unterliegen der freien Beweiswürdigung des Gerichts.“.
203Eine Kartellbildung durch die Beklagten und die Streitverkündeten liegt nach den bindenden Feststellungen der Kommission vor. Die Beklagten haben danach als aktive Teilnehmer vorsätzlich und damit schuldhaft gehandelt. Eine Haftung kommt aber erst ab dem Zeitpunkt in Betracht, ab dem die Beklagten tatsächlich Teilnehmer gewesen sind; nach den Feststellung in der Bußgeldentscheidung (Anlage K 5) unter Rz. 98, 100 bzw. 641 war dies erst ab dem 18.05.1998 der Fall. Die Beklagten haften mithin auch erst ab diesem Zeitpunkt.
2044. Die Kammer geht für die Entscheidung davon aus, dass es infolge des streitgegenständlichen Autoglas-Kartells zu einer Preisüberhöhung auf der ersten Stufe, d.h. im Verhältnis der Kartellanten zu den Automobilherstellern als deren direkten Abnehmern, gekommen ist.
205Wie bereits ausgeführt, besteht keine Bindungswirkung der Bußgeldentscheidung hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches Betroffener über die Feststellung des Kartellverstoßes hinaus. Die Klägerin ist mithin bezüglich der Entstehung eines Kartellschadens auf der ersten Stufe darlegungs- und beweisbelastet, wobei ihr die Grundsätze über den Anscheinsbeweis zu Gute kommen.
206a) Grundlage des Anscheinsbeweises sind besonders zuverlässige Sätze der Lebenserfahrung, nach denen aus bestimmten Ursachen in aller Regel bestimmte Wirkungen hervorgehen und umgekehrt bestimmte Wirkungen auf bestimmte Ursachen rückschließen lassen (BGH Urteil vom 17.02.1988, IVa ZR 277/86, NJW-RR 1988, 789, 790; Urteil vom 19.01.2010, VI ZR 33/09, NJW 2010, 1072 f.). Dabei müssen die Umstände des Einzelfalls in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein, dass sich aus ihnen der Rückschluss auf die zu beweisende Behauptung aufdrängt (BGH Urteil vom 18.03.1987, IVa ZR 205/85, NJW 1987, 1944; OLG Schleswig, Urteil vom 17.12.2010, 4 U 171/09, NJW-RR 2011, 692).
207b) Der BGH hat in seinem Beschluss vom 28.6.2005 (KRB 2/05 - Berliner Transportbeton I, WuW/E DE-R 1567) bezogen auf ein Quotenkartell ausgeführt, die Gründung eines Kartells diene grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der am Kartell beteiligten Unternehmen. Die generelle Eignung eines Kartells, für seine Mitglieder wirtschaftliche Vorteile entstehen zu lassen, folge schon daraus, dass die beteiligten Unternehmen durch die Festlegung bestimmter Quoten der Notwendigkeit enthoben seien, sich im Wettbewerb am Markt zur Erlangung von Aufträgen gegen konkurrierende Unternehmen durchzusetzen, was regelmäßig über die von ihnen angebotenen Preise erfolge. Werde den beteiligten Unternehmen von vornherein eine fest umrissene Quote zugedacht, könnten die Marktmechanismen keine Wirkung entfalten. Damit werde grundsätzlich der Preiswettbewerb weitgehend außer Kraft gesetzt. Deshalb liege es nach der Lebenserfahrung nahe, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise höher lägen als die im Wettbewerb erreichbaren Marktpreise. Das Unternehmen, das aufgrund der ihm zugebilligten Quote nicht im Wettbewerb bestehen müsse, werde regelmäßig seine Preissenkungsspielräume nicht nutzen. Die Bildung eines Kartells und seine Durchführung indizierten daher, dass den Beteiligten hieraus auch jeweils ein Vorteil erwachse. Unternehmen bildeten derartige Kartelle, um keine Preissenkung vornehmen und damit auch keine Gewinnschmälerung hinnehmen zu müssen. Deshalb spreche eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Kartell gebildet und erhalten werde, weil es höhere als am Markt sonst erzielbare Preise erbringe. Eine solche Wahrscheinlichkeitsaussage müsse der Tatrichter anhand weiterer Beweismittel daraufhin überprüfen, ob sie im konkreten Fall zur Gewissheit werde. Es möge ausnahmsweise Konstellationen geben, in denen aus der Tätigkeit eines Kartells kein Mehrerlös erwachse oder dies zumindest nicht auszuschließen sei. Da der Mehrerlös durch die Außerkraftsetzung der Marktmechanismen entstehe, seien dabei die zeitliche Dauer der Kartellabsprachen und ihre Intensität zu beachten. Je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert worden sei und je flächendeckender es angelegt gewesen sei, umso höhere Anforderungen seien an die Verneinung eines wirtschaftlichen Vorteils aus der Kartellabsprache zu stellen.
208Auch wenn die Entscheidung in einem Bußgeldverfahren ergangen ist und zudem nicht den durch das Kartell verursachten Schaden, sondern die Frage des den Kartellbeteiligten entstandenen Vorteils („Mehrerlös“) im Blick hat, gelten die in ihr formulierten Grundsätze der Lebenserfahrung auch für die Beurteilung der Frage, welche Anforderungen an den Nachweis des Haftungsgrundes im Kartellschadensersatzprozess zu stellen sind. Dementsprechend sind auch das Kammergericht (Urteil vom 01.10.2009, 2 U 17/03 – Berliner Transportbeton, NZG 2010, 420) und das OLG Karlsruhe (Urteil vom 31.07.2013, 6 U 51/12 (Kart.) – Feuerwehrfahrzeuge, NZKart 2014, 366) davon ausgegangen, dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass ein Quotenkartell zu einer Preisüberhöhung führt (vgl. auch Münchener Kommentar zum Kartellrecht-Lübbig, 2. Aufl., § 33 Rz. 99; LG Dortmund, Urteil vom 01.04.2004, 13 O 55/02 – Vitaminpreise, WuW/E DE-R 1352, 1354, wonach nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass ein im Wettbewerb gefundener Preis niedriger ist als der Kartellpreis).
209Dem folgt die Kammer. Ein Quotenkartell hat typischerweise wettbewerbsbeschränkende Effekte, und zwar auch im Verhältnis zu einer marktmächtigen Marktgegenseite. Der einzelne Anbieter hat in aller Regel auf Grund des Quotenkartells einen geringeren Anreiz zur Senkung seiner Preise, weil er sich durch die Preissenkung ohnehin keine zusätzlichen Marktanteile erschließen könnte, und eine größere Möglichkeit, die Preise zu erhöhen, weil er nicht Gefahr läuft, durch die Preiserhöhung Marktanteile an seine Wettbewerber zu verlieren (so auch KG a.a.O.).
210c) Aus den tatsächlichen Feststellungen im Bußgeldbescheid zum Vorgehen der Kartellanten, die zwar an der Bindungswirkung des § 33 Abs. 4 GWB nicht teilnehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 21.02.2013, U #####/#### Kart – Fernsehvermarktung, WuW/E DE-R 3913; Langen/Bunte-Bornkamm, a.a.O., § 33 Rz. 169), aber zwischen den Parteien unstreitig geblieben sind, ergibt sich, dass vorliegend ein typischer Sachverhalt im vorstehend aufgezeigten Sinne vorliegt, so dass ein Anscheinsbeweis für die Entstehung einer Preisüberhöhung streitet.
211Die Marktanteile wurden nach den Feststellungen der Kommission durch Preisabsprachen im Rahmen von Angebotsverfahren gehalten, so dass gerade in dieser Konstellation besonders naheliegend ist, dass sich das Kartell preiserhöhend ausgewirkt hat. Nach den Feststellungen der Kommission haben die Kartellanten infolge von Produktivitätssteigerungen zu reduzierende Preise für einzelne Produkte diskutiert, um die Preisreduzierung koordiniert so durchzuführen, dass ihre jeweilige Belieferungsposition nicht gestört wurde (Rz. 132 f. der Anlage K 5). Saint Gobain hat N2 bewusst für ein Produkt überboten, indem es überteuerte Preise für Windschutzscheiben aus einem „exotischen“ Land angab (Rz. 139). Eine produktionsbedingte Preissenkung ist begrenzt worden (Rz. 104, 133). Die Kartellanten besprachen Referenzpreise, die höher als die angefragten Preise waren (Rz. 99).
212Dass das Kartell Wirksamkeit entfaltet hat, ergibt sich auch aus Rz. 112, 117 ff. der Bußgeldentscheidung, nach denen die Kartellanten Korrekturmaßnahmen ergriffen haben, wenn die Vereinbarungen zur Quote nicht funktioniert hätten (vgl. auch Rz. 117, 447, 673 zu einzelnen Fehlschlägen bei der Auftragsverteilung). Dabei sind Preise, wie von der Kommission ausgeführt, auch umfassend, d.h. auch bezüglich der bestehenden Verträge, besprochen worden (Rz. 158).
213Die Kommission hat letztlich festgestellt, dass die Marktanteile infolge der Absprachen im Kartellzeitraum stabil geblieben sind. An der Wirksamkeit hat auch die von den Autoherstellern eingeforderte engmaschige Preistransparenz nichts geändert, da es den Kartellanten gelungen ist, diese systematisch und nachhaltig zu umgehen, indem die einzelnen Angaben, z.B. Kostenpositionen, im Detail untereinander abgestimmt worden sind (Rz. 60 ff, 102, 179, 206). Das Kartell hat sich nicht nur auf die Preise für neu einzuführende, sondern auch für laufende Modelle erstreckt (Rz. 88).
214Für die Wirksamkeit des Kartells spricht schließlich dessen Dauer, da bei Erfolglosigkeit nicht davon auszugehen ist, dass die Kartellanten den mit den Geheimtreffen verbundenen Aufwand über Jahre hinweg fortgesetzt hätten.
215Die Beklagten haben es nicht vermocht, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Hierfür hätten sie die ernstliche Möglichkeit eines von der Lebenserfahrung abweichenden, atypischen Ablaufs darlegen müssen. Die Tatsachen, aus denen sich ein untypischer Verlauf ergibt, bedürfen ihrerseits des vom Gegner zu führenden vollen Beweises (Zöller-Greger, a.a.O., vor § 284 Rz. 29 m.w.N.).
216Der Verweis auf die Marktmacht der Automobilhersteller ist hierfür ungeeignet. Grundsätzlich können auch gegenüber einer marktmächtigen Abnehmerseite überhöhte Preise durchgesetzt werden. Hiervon abgesehen war nach den Feststellungen der Kommission die Konzentration auf dem Nachfragemarkt nicht so groß wie auf dem Angebotsmarkt. Der Vortrag zur Preistransparenz ist nicht so konkret, dass auf dieser Grundlage davon auszugehen wäre, dass jeder einzelne Preisbestandteil von jeder Art von Manipulation ausgeschlossen gewesen wäre. Dem stehen vielmehr die unstreitigen Feststellungen in der Bußgeldentscheidung entgegen, wonach es gleichwohl zu den Mitbewerber deckenden, überhöhten Angebotspreisen gekommen ist (etwa geschildert in Rz. 139 der Anlage K 5).
217Soweit die Streitverkündeten zu 5. – 9. auf den Verlauf der Herstellerpreisindizes GP02-#####/#### (Einschichten-Sicherheitsglas, vorgespannt, für Kraftfahrzeuge) bzw. GP02-#####/#### (Mehrschichten-Sicherheitsglas für Kraftfahrzeuge) verwiesen haben, so steht dies der Annahme einer kartellbedingten Preisüberhöhung nicht entgegen. Zunächst fehlt es an ausreichendem Vortrag dazu, dass diese Indizes, die im Übrigen erst ab dem Jahr 2000 (d.h. nicht für Vor- und Anfangskartellperiode) zur Verfügung stehen, kartellierte Preise abbilden. Die Streitverkündeten zu 5. – 9. selbst haben im Hinblick auf den von der Klägerin eingeführten „Autoglasindex“ stets darauf verwiesen, dass nur wenige Preisdaten zur dessen Ermittlung herangezogen wurden und nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass hierzu überhaupt oder in nennenswertem Umfang kartellierte Preise zählen. Dies muss auch für die von der Streitverkündetenseite eingeführten Indizes gelten, deren genaue Zusammensetzung unklar ist. Hiervon abgesehen zeigt jedenfalls der Index GP02-#####/#### für den Zeitraum bis Anfang 2005 einen deutlich über dem nachfolgenden Zeitraum bis Einstellung des Index im Jahr 2008 liegenden Durchschnittspreis.
218Der für eine Preisüberhöhung auf erster Stufe sprechende Anscheinsbeweis wird schließlich nicht durch die von den Beklagten und Streitverkündeten in Bezug genommenen wirtschaftstheoretischen Gutachten erschüttert. Derartige Gutachten vermögen für sich gesehen eine kartellbedingte Preisüberhöhung weder zu beweisen noch zu entkräften, da sie im Rahmen des zivilrechtlichen Schadensersatzprozesses keine hinreichend belastbaren, auf den zu entscheidenden Einzelfall bezogenen Rückschlüsse zulassen. Denn aus den einschlägigen Studien zur Höhe kartellbedingter Aufschläge ergibt sich zum einen eine nicht unwesentliche Zahl ineffektiver Kartelle, die nicht zu einer Preisüberhöhung geführt haben. So geht etwa die Oxera-Studie für die Europäische Union („Quantifying antitrust damages“, Anlage K 49) von einem Prozentsatz ineffektiver Kartelle von 7 % aus, die Studie von Connor und Lande („The size of cartel overcharges: Implication for U.S. and EU fining policies“, Anlage K 32) von 8 %. Connor stellt in „Price-Fixing Overcharges“, 3. Aufl., 2014 immerhin noch einen Prozentsatz von 6 % fest (vgl. auch die Vorauflage von 2010, auszugsweise vorgelegt als Anlage H 22). Zum anderen zeigen auch die in verschiedenen Studien festgestellten deutlichen Unterschiede bei der Höhe des kartellbedingten Preisaufschlags, dass es gerade keinen „typischen“ prozentualen Preisaufschlag gibt. So ermittelt etwa die Studie von Connor und Lande durchschnittliche Preisaufschläge von historischen US-amerikanischen Kartellen von 18 – 37 % und von EU-weiten Kartellen von durchschnittlich 28 – 54 %. Inderst/Thomas (Schadensersatz bei Kartellverstößen, S. 96) legen eine Übersicht über die Ergebnisse von insgesamt 10 Studien, die die vorgenannten Studien einschließen, vor, die mittlere prozentuale Preisaufschläge von 16 % bis hin zu 49 % ausweisen. Demgemäß hat auch das Bundeskartellamt in seinem Diskussionspapier „Private Kartellrechtsdurchsetzung – Stand, Probleme und Perspektiven“, Stand 26.09.2005 (online veröffentlicht), festgestellt, dass die Ergebnisse der unterschiedlichen empirischen Studien zur Höhe des Kartellschadens teilweise signifikant voneinander abweichen, so dass keine generellen Schlüsse aus den Ergebnissen gezogen werden können.
2195. Die Klägerin hat indes nicht ausreichend dargelegt, dass es zu einer Weitergabe des auf der ersten Stufe entstandenen Schadens auf ihre Absatzstufe gekommen ist.
220a) Die Darlegungslast dafür, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe ein kartellbedingter Preisaufschlag auf die nachfolgende Marktstufe abgewälzt wurde (passing-on), trägt der mittelbare Abnehmer, der sich hierauf beruft (grundlegend BGH Urteil vom 28.06.2011, KZR 75/10 – ORWI, zitiert nach juris, dort Rz. 44 f.; siehe auch Langen/Bunte-Bornkamm, a.a.O., § 33 Rz. 150; Münchener Kommentar-Lübbig, a.a.O, § 33 Rz. 97; Inderst/Thomas, a.a.O., S. 255 ff.).
221aa) Angesichts der ökonomischen Komplexität der Preisbildung und des unterschiedlichen Wettbewerbsdrucks auf den jeweiligen nachgelagerten Märkten spricht nach der „ORWI“ - Rechtsprechung des BGH keine Vermutung dafür, dass eine im zeitlichen Zusammenhang mit dem Kartell auftretende Preiserhöhung auf den Anschlussmärkten ursächlich auf das Kartell zurückzuführen ist. Die Kausalität muss vielmehr im Einzelfall nachgewiesen werden. Die Ursächlichkeit einer Kartellabsprache für die Preisbildung auf nachfolgenden Marktstufen ist dabei anhand des Preisniveaus zu ermitteln, das sich dort ohne die kartellbedingte Überteuerung eingestellt hätte. Die Preisbildung wird von zahlreichen Faktoren der Marktstruktur und der jeweiligen kaufmännischen Strategie beeinflusst. Daher genügt es für den erforderlichen Ursachenzusammenhang nicht, dass auch auf dem Anschlussmarkt im zeitlichen Zusammenhang mit dem Kartell die Preise gestiegen sind. Vielmehr bedarf es der Feststellung, dass die Preiserhöhung gerade auf das Kartellgeschehen und nicht etwa auf andere preisbildende Faktoren zurückgeht (BGH a.a.O. Rz. 45). So ist es möglich, dass der Preissetzungsspielraum des Abnehmers auf der vorgelagerten Marktstufe nicht auf der durch das Kartell geschaffenen Marktlage, sondern auf einer davon unabhängigen, besonderen Marktstellung oder anderen Gegebenheiten des Anschlussmarkts beruht. Dann ist der vorgelagerte Abnehmer unabhängig von dem erhöhten Einstandspreis in der Lage gewesen, seinen Verkaufspreis anzuheben. Zu den Faktoren, die in diesem Zusammenhang erheblich sind, gehören die Preiselastizität von Angebot und Nachfrage, die Dauer des Verstoßes sowie die Intensität des Wettbewerbs auf der Stufe. Müssen die meisten der dort auftretenden Anbieter den Kartellpreis entrichten und hat ihre Marktgegenseite keine oder nur geringe Ausweichmöglichkeiten, kann eine Kostenwälzung grundsätzlich jedenfalls dann als kartellbedingt angesehen werden, wenn der Wettbewerb auf dem Anschlussmarkt ansonsten funktionsfähig ist. Hat sich der weiterliefernde Abnehmer seinen Preissetzungsspielraum dagegen durch besondere kaufmännische Leistungen und Anstrengungen erworben, fehlt es an der erforderlichen adäquaten Kausalität des Kartells für die Preiserhöhung auf dem Folgemarkt (BGH a.a.O, Rz. 47). Sind nach diesen Maßstäben auf dem Anschlussmarkt Verhältnisse gegeben, die eine Überwälzung des Kartellpreisniveaus auf die nachfolgende Marktstufe erlauben, kann der Kausalzusammenhang zwischen Kartell und Schaden der Folgeabnehmer nicht mit der Erwägung verneint werden, die Preispolitik des Direktabnehmers beruhe auf dessen autonomer Entscheidung. Nach der Rechtsprechung des BGH unterbricht das auf freier Entschließung beruhende Verhalten eines Dritten die Kausalität eines früheren Umstandes allenfalls dann, wenn es von dem Vorhanden- oder Nichtvorhandensein des früheren Umstandes gänzlich unabhängig war. Davon kann bei der Preisbildung eines Kaufmanns keine Rede sein, die sich an den durch ein Kartell beeinflussten Gestehungskosten orientiert (BGH a.a.O., Rz. 48).
222bb) Die in der „ORWI“-Entscheidung des BGH aufgestellten Grundsätze sind nach wie vor uneingeschränkt anwendbar. Zwar normiert die Richtlinie #####/####/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union vom 26.11.2014 (Schadensersatzrichtlinie) in Art. 14 Abs. 2 einen weitreichenden Anscheinsbeweis der Schadensweiterwälzung auf mittelbare Abnehmer über alle Marktstufen hinweg, wenn der Wettbewerbsverstoß und ein kartellbedingter Preisaufschlag im Verhältnis zum unmittelbaren Abnehmer nachgewiesen sind und der Anspruchsteller kartellbefangene Waren oder Dienstleistungen erworben hat, auf den sich vorliegend die Klägerin berufen könnte.
223Eine richtlinienkonforme Auslegung der Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislastverteilung kommt indes nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts zwar zulässig, solange sich die Konformität mittels Auslegung im nationalen Recht herstellen lässt und soweit dem Gesetzgeber ohnehin kein Umsetzungsspielraum bleibt (BGH Urteil vom 05.02.1998, I ZR 211/95 – Testpreis-Angebot, GRUR 1998, 824, 827). Bei einer solchen Auslegung nationalen Rechts im Hinblick auf die Schadensersatzrichtlinie sind allerdings die zeitlichen Grenzen des Art. 22 Abs. 1 der Schadensersatzrichtlinie zu beachten, der bestimmt, dass den nationalen Vorschriften, die zur Umsetzung der materiell-rechtlichen Vorschriften der Richtlinie erlassen werden, keine Rückwirkung zukommen darf. Art. 22 Abs. 2 der Schadensersatzrichtlinie verlangt zudem, dass die in Umsetzung der Richtlinie erlassenen Vorschriften, die nicht unter Abs. 1 der Vorschrift fallen, nicht für vor dem 26.12.2014 bei einem nationalen Gericht erhobene Schadensersatzklagen gelten dürfen. Eine richtlinienkonforme Auslegung innerstaatlichen Rechts auf die am 16.12.2010 erhobene Klage scheidet damit aus.
224cc) Die Klägerin muss den Vollbeweis (§ 286 Abs. 1 ZPO) dafür führen, dass es zu einer Weitergabe des auf erster Stufe entstandenen Kartellschadens gekommen ist. Sie kann sich nicht auf § 287 Abs. 1 ZPO berufen, der eine Beweiserleichterung dahingehend enthält, dass es (nur) auf eine (deutlich) überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit ankommt (vgl. BGH Urteil vom 18.03.2004, IX ZR 255/00, NJW 2004, 1521, 1522).
225Der Anspruchsteller muss lediglich den Ablauf des Geschehens, das den konkreten Haftungsgrund bildet, nach § 286 ZPO beweisen, während über den Kausalzusammenhang zwischen Haftungsgrund und Schaden, die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität, nach § 287 ZPO zu entscheiden ist (BGH Urteil vom 04.11.2003, VI ZR 28/03, NJW 2004, 777; Urteil vom 15.06.1993, XI ZR 111/92, NJW 1993, 3073). Beim Eintritt von Personen- und Sachschäden, in der Regel also bei Schadensersatzansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB, gehört der Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der Rechtsgutverletzung im Allgemeinen zum konkreten Haftungsgrund und ist nach § 286 Abs. 1 ZPO zu beweisen. Nach der Rechtsprechung des BGH erstreckt sich hingegen bei Ansprüchen auf Ersatz eines reinen Vermögensschadens aus Vertragsverletzung der Bereich des nach § 286 ZPO zu beweisenden Haftungsgrundes nur bis zu der Feststellung, der Vertragspartner sei von dem Verstoß so betroffen worden, dass nachteilige Folgen für ihn eintreten konnten (BGH a.a.O.). Demgemäß geht das OLG Düsseldorf davon aus, dass sich die Frage, ob dem Kläger durch eine missbräuchliche Preis-Kosten-Schere ein Schaden entstanden ist, nach § 287 Abs. 1 ZPO richtet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2014, VI-U (Kart) 7/13 – Intertemporales Verjährungsrecht, WuW/E DE-R 4477-4492 mit ausführlicher, überzeugender Begründung dafür, dass die so vorgenommene Abgrenzung zwischen haftungsgründender und haftungsausfüllender Kausalität sachangemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von rechtsgutbezogenen Haftungstatbeständen gegenüber solchen, die den Schutz des „reinen“ Vermögens bezwecken, führt).
226Der Zusammenhang zwischen dem Handeln der Kartellanten und einem Schadenseintritt bei einem einer nachgelagerten Marktstufe zugehörigen Abnehmer stellt nach diesen Grundsätzen eine Frage der haftungsbegründenden Kausalität dar. Da die ökonomische Analyse von Kartellfolgen gezeigt hat, dass sich die schädigenden Wirkungen von Kartellen nicht sachlich, räumlich, zeitlich oder persönlich per se auf bestimmte Bereiche oder Personengruppen beschränken lassen (in Betracht kommen etwa Lieferanten, direkte und indirekte Abnehmer, direkte und indirekte von einem Preisschirmeffekt betroffene Kunden oder Kunden/Lieferanten auf den Substitutionsmärkten), ist die abstrakte Möglichkeit der Kartellbetroffenheit kein taugliches Eingrenzungskriterium, um die berechtigte Annahme zu begründen, der Anspruchsteller habe tatsächlich einen kartellbedingten Schaden erlitten (so auch Inderst/Thomas, a.a.O., s. 122). Dann aber ist die Weiterwälzung des Schadens Voraussetzung des gesetzlichen Haftgrundes und bedarf des Vollbeweises gemäß § 286 ZPO.
227b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Darlegungen der Klägerin für die Annahme, es sei zu einer Weiterwälzung der kartellbedingten Preisüberhöhung von der ersten Stufe auf die Anschlussmärkte gekommen, unzureichend. Dies gilt, wie sich den nachstehenden Ausführungen entnehmen lässt, auch dann, wenn man entgegen der von der Kammer vertretenen Auffassung die Frage der Schadensweiterwälzung als solche der haftungsausfüllenden Kausalität ansehen würde.
228aa) Dem Vorbringen der Klägerin zu den Marktverhältnissen lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Automobilhersteller als direkte Abnehmer der Kartellanten die Preise für OES-Scheiben kostenbasiert kalkuliert hätten mit der Folge, dass sie eine kartellbedingte Preisüberhöhung ganz oder jedenfalls teilweise auf die nächstgelegene Marktstufe der Vertragswerkstätten bzw. Teilehändler weitergegeben hätten. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kalkulation der UVP nicht vielmehr marktorientiert, d.h. ausgehend von der Zahlungsbereitschaft der Kunden (auch bezeichnet als „value-„ oder „target-based“), erfolgt ist und/oder von strategischen Erwägungen geprägt wird, insbesondere unter Berücksichtigung der Preisgestaltung für Identscheiben (sog. Benchmarking).
229Zwar dürften die Marktbedingungen die Weitergabe eines Kartellschadens durch die Automobilhersteller ermöglichen. Grund hierfür sind die gleichförmige Betroffenheit aller Automobilhersteller durch das Kartell, die fehlenden Ausweichmöglichkeiten der Abnehmer von OES-Scheiben angesichts der Monopolstellung des jeweiligen Automobilherstellers und schließlich die - zugunsten der Klägerin vorliegend unterstellte - überwiegend preisunelastische Nachfrage der Endverbraucher. Unter Zugrundelegung des unstreitigen Vortrags, dass der Großteil der Glasschadensfälle durch Versicherungen reguliert wird, spricht vieles dafür, dass der Großteil der Endabnehmer nur ein geringes Kostenbewusstsein haben wird. Ob sich daran etwas ändert, weil viele KFZ-Versicherungen besonders günstige Tarife anbieten, in denen die Wahl der Werkstatt der Versicherung vorbehalten bleibt, die preiselastischer reagiert als ihr Versicherungsnehmer, kann an dieser Stelle offenbleiben. Denn dies würde Feststellungen sowohl zur Marktverbreitung derartiger Tarife als auch zu den Ausweichmöglichkeiten der Versicherungen, insbesondere zu der Frage voraussetzen, ob die Identscheiben als mögliche Ausweichprodukte ebenfalls von kartellbedingten Preiserhöhungen betroffen wären.
230Der Verweis auf die theoretische Möglichkeit der Weitergabe ist indes nicht ausreichend, belastbare Anhaltspunkte für eine tatsächliche Weitergabe eines kartellbedingten Preisaufschlags zu begründen. Ein allgemeiner Grundsatz, dass der Einkaufspreis im betriebswirtschaftlichen Ablauf lediglich ein Kostenfaktor ist, der grundsätzlich in den Verkaufspreis eingeht und so an die nächste Abnehmerstufe weitergewälzt wird (in diesem Sinne noch OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.01.2004, 6 U 183/03, GRUR 2004, 883, wonach die Preiserhöhung mit Regelmäßigkeit und ökonomischer Wahrscheinlichkeit auf die nächste Wirtschaftsstufe weitergegeben wird), existiert angesichts der vom BGH in der „ORWI“-Entscheidung hervorgehobenen Komplexität der Preisbildung und des unterschiedlichen Wettbewerbsdrucks auf den einzelnen Märkten nicht.
231Auch ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass, wenn die meisten Anbieter den Kartellpreis entrichten müssen und die Marktgegenseite nur geringe oder keine Ausweichmöglichkeiten hat, eine Kostenwälzung kartellbedingt sein dürfte, wenn der Wettbewerb auf dem Anschlussmarkt ansonsten funktionsfähig ist (BGH Urteil vom 28.06.2011, KZR 75/10 – ORWI, zitiert nach: juris, dort Rz. 47 unter Verweis u.a. auf Haucap/Stühmeier, WuW 2008, 413, vgl. auch Kirchhoff, Das ORWI-Urteil des Bundesgerichtshof, WuW 2012, 927, 928).
232Dieser Grundsatz findet vorliegend jedoch keine Anwendung. Es gehört zu den spezifischen Besonderheiten des Originalersatzteilmarktes für Autoglas, dass die einzelnen Automobilhersteller über eine Monopolstellung hinsichtlich der für ihre PKW bestimmten OES-Scheiben verfügen und damit einhergehend über eine große Preissetzungsmacht. Nach der Lebenserfahrung wird der Monopolist aber seine Preise zur Gewinnmaximierung oft nicht in Höhe der Grenzkosten und damit in erster Linie kostenbasiert festsetzen. So liegt es hier. Dass die Automobilhersteller ihre große Preissetzungsmacht nutzen, ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass die Automobilhersteller gegenüber der nächsten Marktstufe über ihre UVP Preisaufschläge auf die eigenen Einkaufspreise in Höhe des bis zu 7- bis 10-fachen durchsetzen können. Diesen von den Beklagten und Streitverkündeten vorgetragenen hohen Preisaufschlägen ist die Klägerin nicht entgegengetreten, sie hat vielmehr die erheblichen Preisaufschläge der Automobilhersteller zum Gegenstand ihres eigenen Vortrags gemacht. Die Höhe der Aufschläge begründet die Annahme, dass die Automobilhersteller erhebliche Gewinnmargen erzielen. Denn ihnen entstehen als einzupreisende Kosten im Wesentlichen die Anschaffungskosten sowie Logistikkosten. Dass letztere die Anschaffungskosten um ein Vielfaches übersteigen würden und deshalb für die hohen Aufschläge ursächlich werden, ist nicht vorgetragen worden und auch abwegig.
233Da die Automobilhersteller bei dieser Sachlage ohne Weiteres in der Lage sind, kartellbedingte Aufschläge zu Lasten der eigenen Marge zu „absorbieren“, hätte es ergänzenden Vortrags der Klägerin bedurft, der über die bloße Darlegung der Marktstrukturen hinausgeht, um eine hinreichend belastbare Annahme einer Weitergabe erhöhter Kosten durch die Automobilhersteller treffen zu können. Hierauf hatte die Kammer auch bereits mit Beschluss vom 14.11.2012 (Bl. 1028 ff. GA) hingewiesen.
234bb) Die Klägerin hat eine Kostenweiterwälzung auch nicht durch ihren Vortrag zum tatsächlichen Preissetzungsverhalten der Automobilhersteller hinreichend darlegen können.
235(i) Allein die Tatsache, dass, wie letztlich unstreitig geblieben ist, die Input-Kosten und damit auch der Einkaufspreis grundsätzlich Einfluss auf die Preisgestaltung haben, ist für die Annahme einer Weiterwälzung nicht ausreichend. Denn der BGH hat in der „ORWI“-Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Preiserhöhung auf dem Folgemarkt in adäquatem Kausalzusammenhang mit dem Kartell stehen müsse, woran es fehle, wenn der weiterlieferende Abnehmer sich seinen Preissetzungsspielraum durch besondere kaufmännische Leistungen oder Anstrengungen erworben habe. Diese Überlegung ist auf einen durch die Marktmacht begründeten Preissetzungsspielraum übertragbar. Ist das Preissetzungsverhalten allein Ausdruck des Ausschöpfens besonderer Margenspielräume durch die Automobilhersteller, liegt keine adäquate Kausalität vor.
236(ii) Auf den Hinweis der Kammer im Beschluss vom 14.11.2012 (Bl. 1028 ff. GA), dass substantiierter Vortrag der Klägerin zu den Faktoren der Preisbildung erforderlich sei, hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, dass sich die kostenbasierte Preiskalkulation der Automobilhersteller zum einen aus der Kaskorelevanz des Preises der OES-Scheibe und zum anderen aus der Tatsache ergebe, dass angesichts zunehmender technischer Innovationen eine marktorientierte Preiskalkulation mangels entsprechender Erfahrungen nicht durchführbar sei. Hieraus folge, dass eine höhere Korrelation von Einkaufspreis und UVP als bei anderen Ersatzteilen gegeben sei (i.E. S. 15 f. des Gutachtens von Z1 vom 10.05.2013, Anlage K 79). Diese Erwägungen sind indes nicht hinreichend tragfähig.
237Gegen die Annahme, die Kaskorelevanz lege eine kostenbasierte Kalkulation nahe, da die Einstufung der PKW in Typenklassen und die hierdurch begründeten Folgekosten beim PKW-Kauf vom Käufer berücksichtigt und die Automobilhersteller dem durch eine möglichst kostengünstige Gestaltung wichtiger, die Typenklasseneinstufung beeinflussender Ersatzteile Rechnung tragen würden, sprechen die unstreitig hohen Preisaufschläge. Wenn mögliche Preissetzungsspielräume nicht ausgeschöpft werden und lediglich eine bestimmte Mindestmarge sichergestellt werden soll, ist nicht nachvollziehbar, wie es zu bis zu 7 – 10 fachen Aufschlägen auf den Einkaufspreis der OES-Scheiben mit entsprechenden Gewinnmargen der Automobilhersteller kommt.
238Soweit die Klägerin vorgetragen hat, angesichts zahlreicher technischer Produktinnovationen etwa in den Bereichen Gewichtsreduzierung, Geräuschdämmung, hydrophobische Scheiben, Sonnenschutz, Regensensoren oder Head-up-Displays (im Einzelnen aufgeführt auf S. 6 ff. des Gutachtens von Z1 vom 10.05.2013, Anlage K 79) sei die Zahlungsbereitschaft der Kunden nicht bekannt und könne nicht oder nur unter großen Unsicherheiten geschätzt werden, weshalb es an der notwendigen Datenbasis für ein wertorientiertes Kalkulationsverfahren fehle, so steht dies im Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, dass die Nachfrage der versicherten Autofahrer nicht auf Preisvariationen reagieren würde (so Bl. 9 des Gutachtens von Z1 vom 10.05.2013, Anlage K 79). Hiervon abgesehen räumt auch die Klägerin ein, dass sich auf dem Markt jedenfalls in jüngerer Zeit eine marktorientierte Kostenkalkulation durchgesetzt habe, ohne dass dem die technischen Produktinnovationen in jüngerer Zeit entgegengestanden hätten.
239Unbehelflich ist schließlich auch der Verweis auf den als Anlage K 84 vorgelegten Artikel aus der Zeitschrift „The Journal of Professional Q 4. Quartal 2006 („How to price spare parts more profitable“). Denn die Autoren werben dort zwar für eine marktorientierte anstelle einer kostenorientierten Preiskalkulation gerade auch auf dem Autoersatzteilmarkt. Dem Artikel lässt sich indes nicht entnehmen, dass sich die Autoren empirisch mit der Frage befasst hätten, in welchem Umfange eine solche marktorientierte Kalkulation durch die Automobilhersteller bereits durchgeführt wird. Sie gehen vielmehr selbst davon aus, dass dies schon teilweise der Fall ist. Die Aufstellung in Figure 1 zeigt darüber hinaus, dass die Autoren bei einer kostenbasierten Berechnung von einem Preisaufschlag (Mark-up-Faktor) von 1,5 auf die Produktionskosten an die kostenbasierte Berechnung herangehen, den die tatsächlichen Preisaufschläge wie bereits ausgeführt um ein Vielfaches übersteigen.
240iii) Soweit die Klägerin ihren Vortrag, der Einkaufspreis sei entscheidender Faktor für die Kalkulation, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt hat, so liegen die Voraussetzungen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht vor, worauf die Kammer bereits mit Beschluss vom 08.05.2014 (Bl. 1275 ff. GA) hingewiesen hatte. Ein Sachverständigengutachten ist einzuholen, wenn aus feststehenden Tatsachen kraft besonderer Sachkunde Schlussfolgerungen gezogen werden müssen, um dem Gericht die Überzeugung von der streitigen Behauptung zu verschaffen, wenn es also um die Vermittlung von Fachwissen geht (Zöller-Greger, a.a.O., § 402 Rz. 6 b; Münchener Kommentar-Zimmermann, ZPO, 4. Aufl., § 402 Rz. 2; Musilak/Voit-Huber, ZPO, 12. Aufl., § 402 Rz. 2). Inhalt eines Sachverständigengutachtens können und dürfen demgemäß nur die auf Grund besonderer, dem Gericht fehlenden Fachwissens des Sachverständigen getroffenen Wertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen sein, welche der Sachverständige auf der Grundlage ihm vorgegebener Tatsachen zu treffen hat. Es ist indes nicht ersichtlich, dass die Beurteilung der Preisbildungsmechanismen ein Fachwissen voraussetzen würde, dass die ökonomischen Grundkenntnisse der Kammer übersteigen würde. Insbesondere sieht sich die Kammer ohne Weiteres dazu im Stande, bei im Wesentlichen unstreitigen Marktverhältnissen die von den Parteien zur Begründung des von ihnen jeweils behaupteten Preissetzungsverhaltens der Automobilhersteller dargestellte jeweilige Motivationslage auf ihre Plausibilität und Stichhaltigkeit hin zu überprüfen.
241Dem Beweisantritt durch Benennung des Dr. X & Klein als sachverständigem Zeugen war ebenfalls nicht nachzukommen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, über welche in sein persönliches (sachverständiges) Wissen gestellten konkreten Umstände betreffend das Preissetzungsverhalten der Automobilhersteller er hätte Angaben machen können.
242cc) Auch aus dem von der Klägerin vorgetragenen „Niveaueffekt“, der sich aus der Auswertung der Audatex-Daten ergeben soll, lässt sich keine Weiterleitung einer kartellbedingten Preisüberhöhung auf die UVP der Automobilhersteller herleiten.
243(i) Die Klägerin stützt ihren Vortrag auf die nachfolgend eingefügte Auswertung der in Audatex hinterlegten UVP der Automobilhersteller (wiedergegeben durch die durchgehende Linie), wobei sie die Daten seit dem 01.01.2004 neu hinzukommender Scheiben nicht in ihre Auswertung einbezogen hat (sog. „Einfrieren“ des Datensatzes zum Ende des Jahres 2003):
244 245(ii) Es kann letztlich dahinstehen, ob eine methodisch richtige Auswertung der Audatex-Datensätze einen „Niveaueffekt“, d.h. eine Verschiebung des Preispfades, gegen Ende des Jahres 2006 zeigt. Die vorstehende Auswertung ist hierfür nicht geeignet.
246Zwar ist die Vorgehensweise der Klägerin, für die Preisentwicklung nur auf diejenigen Scheiben abzustellen, die im kartellbefangenen Zeitraum auf dem Markt befindlich waren, d.h. die Datenbasis mit Kartellende „einzufrieren“, methodisch vertretbar. Es ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben, dass neu in den Datensatz aufgenommene Scheiben aufgrund eines durch technische Innovationen bedingten allgemein positiven Preistrends bei Autoglasscheiben (sog. „Innovationseffekt“) im Schnitt teurer sind als die bereits vorher im Datensatz vorhandenen. Dieser „Innovationseffekt“ aber muss als nicht kartellbedingter, preisbeeinflussender Faktor unberücksichtigt bleiben. Dies kann grundsätzlich durch ein „Einfrieren“ des Datensatzes geschehen. Unabhängig davon, ob die Klägerin mit dem Ende des Jahres 2003 einen das Kartellende repräsentierenden Zeitpunkt gewählt hat, wirkt sich der „Innovationseffekt“ aber auf den Zeitraum vor dem „Einfrieren“ des Datensatzes noch voll aus. Dieser Effekt ist auch nicht zu vernachlässigen. Denn es ist von der Klägerin nicht bestritten worden, dass zwischen 2001 und 2003 zu ursprünglich im Datensatz vorhandenen 394 Autoglasscheiben 329 Scheiben hinzukommen sind, wie sich aus den von den Streitverkündeten zu 5. – 9. vorgelegten Auswertungen ergibt. Die Kläger müsste mithin ihre Datenanalyse dahin korrigieren, dass sie die Auswirkungen des „Innovationseffekt“ auf das Datenmaterial für die Jahre 2001 – 2003 identifiziert und sodann aus ihrer Auswertung herausrechnet. Problematisch ist weiterhin, dass die Klägerin selbst einräumt, dass es neben den preissteigernden Produktinnovationen andere preissenkende Faktoren gebe, die sich zugunsten der Kartellanten ausgewirkt hätten. Diese könnten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichem Umfange greifen und daher ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Preisentwicklung haben. Die Klägerin hätte diese daher ebenfalls festzumachen und aus der Auswertung herauszurechnen.
247Es bedurfte indes keines diesbezüglichen Hinweises an die Klägerin, um dieser die Möglichkeit zu geben, eine entsprechend überarbeitete Analyse der Audatex-Daten vorzulegen.
248(iii) Denn die Klägerin hat versäumt, hinreichend belastbare Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass ein etwaiger „Niveaueffekt“ Ende 2006 kartellbedingt ist.
249Die Kammer hat bereits mit Hinweisbeschluss vom 08.05.2014 (Bl. 1275 ff. GA) darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Kartellbedingtheit des „Niveaueffekts“ darlegungs- und beweisbelastet ist. Jedenfalls dann, wenn die Beklagtenseite andere mögliche Ursachen für den „Niveaueffekt" als das streitgegenständliche Kartell vortragen kann, bedarf es ergänzender Darlegung der Klägerin dazu, dass sich der „Niveaueffekt" nicht nur in den UVP der Automobilhersteller, sondern auch auf der ersten Stufe zeigt, etwa in den Auswertungen der Produktionsdaten von Front- und/oder Seiten- und Heckscheiben des Statistischen Bundesamtes/Destatis oder von Eurostat. Denn nur so kann die Klägerin ihrer vollumfänglichen Darlegungs- und Beweislast für die Abwälzung eines kartellbedingten Preisaufschlags auf die nächste Marktstufe nachkommen.
250Die Klägerin hat sich zur Begründung der Kartellbedingtheit auf den Verweis auf den zeitlichen Zusammenhang mit dem Kartellgeschehen beschränkt. Es liegen aber keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Nachwirkungsphase gerade Ende 2006 beendet war. Die Kommission hat in ihrer Bußgeldentscheidung festgestellt, dass die Preisvereinbarungen zwischen den Kartellanten und den Automobilherstellers sehr unterschiedliche Laufzeiten hatten. Manche Automobilhersteller hätten Verträge über die gesamte „Lebenszeit“ eines Modells, typischerweise 5 - 7 Jahre, geschlossen, wobei es auch hier teilweise zu Nachverhandlungen gekommen sei. Teilweise seien aber auch nur Jahresverträge geschlossen worden (vgl. i.E. Rz. 60 ff. der Anlage K 5). Das Ende des Nachwirkungszeitraums kann daher sowohl früher als Ende 2006, aber möglicherweise auch deutlich später liegen. Damit aber kann die Klägerin allenfalls geltend machen, dass das Auftreten eines kartellbedingten „Niveaueffekts“ Ende 2006 plausibel ist, nicht aber den Rückschluss auf die Kartellbedingtheit desselben ziehen. Letztlich unterliegt die Argumentation einem Zirkelschluss, da die Klägerin den Zeitpunkt der Beendigung der Nachwirkungsphase wegen des „Niveaueffekts“ auf Ende 2006 ansetzt, gleichzeitig aber den Zeitpunkt des Auftretens des „Niveaueffekts“ zur Begründung seiner Kartellbedingtheit heranzieht. Dies wird auch daraus ersichtlich, dass die Klägerin die Auswertung der Beklagten, wonach sich der klägerischen Audatex-Analyse eine identische jährliche Preiswachstumsrate im Nachwirkungszeitraum und in der Wettbewerbsperiode von jeweils von 3 % entnehmen lasse, als nicht belastbar beanstandet, weil diese auf einem falsch abgegrenzten Nachwirkungszeitraum beruhen könne (S. 10 des Gutachten von Z1 vom 13.05.2015, Anlage K 86).
251Andere Gründe, aus denen sich die Kartellbedingtheit des „Niveaueffekts“ ergeben könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, dass das Auftreten des „Niveaueffekts“ mit den von ihr vorgenommenen Auswertungen der Preisdaten auf der ersten Abnehmerstufe korreliert.
252Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Auswertung der Preisentwicklung für Front- sowie Seiten- und Heckscheiben im Zeitablauf für Europa auf Basis der Eurostat-Daten (ermittelt aus der jährlichen prozentualen Entwicklung von Produktionswert:Menge, Abb. 3 des Gutachtens von Z1 vom 10.05.2013, Anlage K 79) zeigt für Seiten- und Heckenscheiben von Mitte 2006 bis Mitte 2007 einen kontinuierlichen, nur leicht ansteigenden Verlauf, für Heckscheiben von Mitte 2006 bis Mitte 2007 einen deutlichen Anstieg der Kosten, steht also der Annahme eines „Niveaueffekts“ Ende 2006 sogar entgegen. Der Preisverlauf von Frontscheiben, berechnet auf Basis von Produktions- sowie Im- und Exportdaten für die EU-27 (Abb. 2 des Gutachtens von Z1 vom 07.02.2014, Anlage K 84), zeigt ebenfalls keinen eindeutigen „Niveaueffekt“, da Daten nur bis 2007 wiedergegeben sind. Die Auswertungen der Preisentwicklung für Front- sowie Seiten- und Heckscheiben im Zeitablauf für Deutschland auf Basis der Eurostat-Daten (Abb. 2 des Gutachtens von Z1 vom 10.05.2013, Anlage K 79) und für Frontscheiben auf Basis der Daten des Statistischen Bundesamtes (Abb. 1 des Gutachtens von Z1 vom 07.02.2014, Anlage K 84) umfassen schließlich nur die Jahre 1995 – 2001 bzw. 2002 - 2005. Im Hinblick auf den Index #####/#### des Statistischen Bundesamtes kann dahinstehen, ob dieser die kartellierten Preise repräsentativ abbildet (vgl. hierzu nachstehend unter Ziff. II.6.). Denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass dessen Verlauf mit dem der Audatex-Auswertung der Klägerin korrelieren würde.
253(iv) Darauf, ob ein etwaiger „Niveaueffekt“ Ende 2006 auf die von den Beklagten und Streitverkündeten vorgetragenen konkreten Ursachen wie die einsetzende Automobil-Krise, den Wettbewerbsdruck durch Autoglasketten, die Neueinführung bestimmter Fahrzeugmodellen, die Umsatzsteuererhöhung, Sturm– und Hagelereignisse oder die Entwicklung der Verkehrsunfallzahlen zurückzuführen ist und insoweit schlicht das Resultat der unstreitig vorhandenen Vielzahl von Einzeleffekten ist, oder durch bestimmte preistreibende, nicht kartellbefangene Scheiben verursacht worden ist (sog. „Kompositionseffekt“), kommt es nach alledem nicht an. Allerdings spricht gegen die Kartellbedingtheit des „Niveaueffekts“ wohl am Deutlichsten die Gegenüberstellung der von den Streitverkündeten zu 5. – 9. vorgenommenen Auswertung der Preisentwicklung basierend auf den Audatex-Daten einerseits bei „Einfrieren“ des Datensatzes zum Januar 2001 mit 394 Autoglasteilen (Abb. 44 des Schriftsatzes vom 10.08.2015, Bl. 1499 GA, nachfolgend links wiedergegeben) und andererseits bei isolierter Darstellung der 329 in 2001-2003 neu hinzugekommenen Scheiben (Abb. 45 f. des Schriftsatzes vom 10.08.2015, Bl. 1501 GA, nachfolgend rechts wiedergegeben):
254 255Denn angesichts des unstreitig fragmentarischen Charakters der Preisabsprachen unter den Kartellanten, der Vorlaufzeit für die Produktion von etwa 3 Jahren und der Kartelldauer ist davon auszugehen, dass die Windschutzscheiben, die bis Ende 2000 im Audatex-Datensatz hinterlegt waren, nur zu einem geringen Teil kartellbefangen waren, die im Zeitraum 2001 – 2003 hinzugekommenen hingegen zu einem deutlich größeren Teil. Dann aber wäre zu erwarten, dass der „Niveaueffekt“ in der vorstehend rechts wiedergegebenen Auswertung deutlich stärker ausgeprägt zu sehen wäre als in der vorstehend links wiedergegebenen Auswertung. Tatsächlich verhält es sich aber umgekehrt, so dass davon auszugehen ist, dass der Effekt in größerem Maße durch nicht kartellbefangene als durch kartellbefangene Scheiben hervorgerufen worden ist, was gegen eine Kartellbedingtheit spricht.
256dd) Soweit sich die Klägerin zur Begründung einer kartellbedingten Preisüberhöhung in den UVP der Automobilhersteller auf die Auswertung von EUCON-Daten berufen hat, so sind die Daten bereits nicht verwertbar, da die Klägerin die zugrundeliegenden Datensätze nicht bekannt gemacht hat. Die Kammer hatte durch die Beschlüsse vom 22.07.2014 (Bl. 1297 f. GA) und 16.09.2014 (Bl. 1309 GA) darauf hingewiesen, dass nur bei Vorlage der der Auswertung zugrundeliegenden Datensätze die Beklagten und Streitverkündeten die Möglichkeit haben, die Richtigkeit der Auswertung nachzuvollziehen. Die Klägerin hatte gleichwohl auf die Vorlage verzichtet. Im Übrigen würden, die Richtigkeit der Auswertung unterstellt, hinsichtlich eines dort gezeigten „Niveaueffekts“ die vorstehenden Ausführungen entsprechend gelten.
257ee) Offen bleiben kann nach alledem, ob sich den von den Beklagten und Streitverkündeten vorgenommenen Gegenüberstellungen von Autoglas-Abgabepreisen der Hersteller mit Audatex-Preisen eine Entkoppelung der UVP der Automobilhersteller von deren Einkaufspreisen entnehmen lässt. Jedenfalls die vorgetragenen Abgabepreise auf erster Stufe sind mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 15.05.2015, in dem diese moniert hat, die diesbezüglichen Angaben nicht verifizieren zu können, als bestritten anzusehen. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Beklagten und Streitverkündeten eine sekundäre Darlegungslast (vgl. zu deren Voraussetzungen BGH Urteil vom 10.02.2015, VI ZR 343/13 (KG), NZG 2015, 654 m.w.N.; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap. 11, Rz. 22 ff.) hinsichtlich sämtlicher Autoglas-Abnehmerpreise getroffen hätte, um der Klägerin den Nachweis ihres eigenen Vortrags zu ermöglichen, dass es in den Datensätze eine ebenso signifikante Zahl von Beispielen gebe, in denen die UVP den Einkaufspreisen der Automobilhersteller exakt entsprächen.
258c) Da sich eine kartellbedingte Preisüberhöhung in den UVP der Automobilhersteller schon nicht feststellen lässt, kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Vertragswerkstätten und die mit OES-Scheiben handelnden Teilegroßhändler und deren Abnehmer, die freien Werkstätten, ausschließlich die Audatex-Preise zugrundegelegt und damit an die Klägerin weitergegeben haben oder ob diese über einen eigenen Preissetzungsspielraum verfügt und diesen auch ausgenutzt haben, was eine Störung der Kausalkette zur Folge haben könnte.
259Gleiches gilt für die Frage, ob sich eine kartellbedingte Überhöhung der Preise auf der ersten Abnehmerstufe, d.h. gegenüber den Automobilherstellern, lediglich auf die Preise für OES-Scheiben auf den nachgelagerten Handelsstufen ausgewirkt hätte oder auch auf die Preise für Identscheiben auf diesen Handelsstufen (sog. Preisschirmeffekt).
2606. Keiner Ausführungen bedarf es nach alledem zu den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen. Auf die Bedenken im Hinblick auf die Tauglichkeit der von der Klägerin herangezogenen sachlichen, hilfsweise zeitlichen Vergleichsmarktanalysen, insbesondere die Tauglichkeit des sog. „Autoglas“- und „Vergleichindex“ zur Abbildung des kartellierten bzw. nicht kartellierten Preises, hatte die Kammer indes schon in den Beschlüssen vom 14.11.2012 (Bl. 1028 ff. GA) und 08.05.2014 (Bl. 1275 ff. GA) hingewiesen.
261III.
262Mangels Hauptforderung besteht auch die geltend gemachte Zinsforderung nicht.
263IV.
264Dem Antrag der Klägerin auf Anordnung der Vorlage verschiedener Urkunden durch die Beklagten gemäß § 142 ZPO war nicht zu entsprechen.
265Nach § 142 Abs. 1 S. 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden oder sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt.
266Jedenfalls hinsichtlich der Urkunden zu 1. – 4. (Notizen über Preisabstimmungen, Tabelle über Preise und Preisaufteilungen, Notizen zum Treffen der Kartellanten sowie ungeschwärzter Bußgeldbescheid) liegt zwar eine ausreichende Bezugnahme im Sinne des § 142 Abs. 1 S. 1 ZPO vor, da diese identifizierbar sind. Für die „Vollständige Preisentwicklung der kartellbehafteten Autoglasscheiben“ bzw. die diesbezüglichen Rechnungen, deren Vorlage mit Schriftsatz vom 25.08.2015 gelten gemacht worden ist, kann dies dahinstehen, wobei zweifelhaft ist, ob die Bezugnahme auf „kartellbehaftete Autoglasscheiben“ einen hinreichend konkretisierten Anknüpfungspunkt darstellt.
267Es fehlt an schlüssigem Vortrag zur Prozessrelevanz der Urkunden. Die Anordnung der Urkunde ist nur zulässig, wenn sie dazu dient, für die vom Gericht begehrte Entscheidung relevante Umstände zu erhellen (Zöller-Greger, a.a.O., § 142 Rz. 7). Nach den vorstehenden Ausführungen wäre dies nur der Fall, wenn die Klägerin vortragen könnte, dass sich dem jeweiligen Urkundeninhalt Anhaltspunkte im Hinblick auf die Weiterwälzung des Kartellschadens von der ersten auf ihre Absatzstufe entnehmen ließen. Dies ist aber nicht ersichtlich. Unterlagen betreffend die Preisabsprachen der Kartellanten untereinander können allenfalls dazu dienen, die Preisüberhöhung auf der ersten Stufe, d.h. der Verkaufspreise der Kartellanten, zu belegen. Demgemäß hat die Klägerin ihre Anträge auf Vorlageanordnung auch jeweils damit begründet, dass die von ihr in Bezug genommenen Unterlagen beweisen würden, dass es eine kartellbedingte Preisüberhöhung auf der Stufe der Verkaufspreise der Kartellanten gegeben habe und diese im Durchschnitt mindestens 7,77 % betrage, höchst wahrscheinlich allerdings noch höher liege. Die Frage der Höhe der Preisüberhöhung auf der ersten Stufe aber ist, wie sich den vorstehenden Ausführungen unter Ziff. II. entnehmen lässt, angesichts der schon nicht dargelegten Weiterwälzung des Schadens auf die Marktstufe der Klägerin nicht entscheidungserheblich.
268V.
269Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
270Streitwert: 21.560.000,-- F
271BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Auf die Rechtsbeschwerden der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil gemäß § 79 Abs. 3, 5 OWiG im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich sämtlicher Nebenbetroffener mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbliebenen Kosten des Verfahrens, an einen anderen Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
Gründe:
Das Oberlandesgericht hat die Betroffenen zu 2 bis 6 wegen eines Verstoßes gegen das Verbot des § 1 GWB (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. bzw. § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB n.F.) zu Geldbußen zwischen 8.500 Euro und 51.000 Euro verurteilt. Gegen die hinter den Betroffenen stehenden Unternehmen, die Nebenbetroffenen zu 2 bis 6, sowie gegen die Nebenbetroffene zu 1 hat es Geldbußen zwischen 85.000 und 345.000 Euro verhängt. Hiergegen wenden sich der Betroffene zu 4 sowie die Nebenbetroffene zu 1, 4 und 5 mit ihren gegen den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch gerichteten Rechtsbeschwerden. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Rechtsbeschwerde, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, gegen sämtliche Nebenbetroffene eine Erhöhung der Bußgelder. Während die Rechtsmittel des Betroffenen und der Nebenbetroffenen unbegründet sind, führen die Rechtsbeschwerden der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung der Rechtsfolgenaussprüche gegen sämtliche Nebenbetroffenen.
I.
Das Oberlandesgericht hat die Betroffenen und Nebenbetroffenen wegen einer einheitlichen Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB a.F. und § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB n.F. i.V.m. § 1 GWB n.F. verurteilt, weil sie sich zwischen 1995 und 1998 an einem Quotenkartell für Transportbeton im Raum Berlin beteiligt haben.
1. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts kam es infolge der Wiedervereinigung Deutschlands und der Verlegung des Regierungssitzes nach Berlin im Stadtgebiet von Berlin zu einer starken Zunahme der Bautätigkeit , die dazu führte, daß weitere Hersteller für Transportbeton auf den Berliner
Markt drängten. Dies löste bei den bereits am Markt tätigen Herstellern die Befürchtung aus, es werde zukünftig zu einem harten Preiswettbewerb auf diesem Markt kommen. Auf Initiative des Zeugen H., der damals Geschäftsführer des Marktführers R. war, kamen die auf dem Berliner Markt tätigen Transportbetonhersteller Anfang 1995 überein, ein Quotensystem einzuführen. Danach wurden auf der Basis der im Jahr 1994 erzielten Marktanteile den Transportbetonherstellern entsprechende Anteile an der Gesamtproduktion eingeräumt ; neue Anbieter sollten in das Quotenkartell einbezogen werden. Im Sinne dieser Übereinkunft erfolgte dann auch die Aufnahme weiterer Hersteller, wobei die Quote der bereits am Markt tätigen anderen Transportbetonhersteller jeweils entsprechend abgesenkt wurde. Während sich die Nebenbetroffene zu 2 schon zu Beginn an den Quotenabsprachen beteiligte, traten die Nebenbetroffenen zu 3, 4 und 6 Mitte 1995, die Nebenbetroffene zu 5 im Herbst 1995 und schließlich die Nebenbetroffene zu 1 Ende 1995 dem Kartell bei. Fast alle in Berlin am Markt anbietenden Transportbetonhersteller - mit Ausnahme eines kleinen Unternehmens mit ganz geringem Marktanteil - schlossen sich der Quotenübereinkunft an.
Im Rahmen gemeinsamer Treffen, die mehrmals im Jahre stattfanden, wurden die bislang verkauften Mengen von den einzelnen Transportbetonherstellern gemeldet und zu der voraussichtlichen Gesamtmenge für Berlin in Bezug gesetzt. So konnten die auf die einzelnen Kartellmitglieder entfallenden Mengen bestimmt und die Einhaltung der Quotenabsprache überwacht werden.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts stieg die Nachfrage nach Transportbeton insbesondere in den Jahren 1995 und 1996 aufgrund des in Berlin bestehenden Baubooms stark an. Die Gesamtproduktionsmenge im Jahr 1995 betrug 4 Mio. cbm, im Jahr 1996 4,5 Mio. cbm. Der Durchschnittspreis für Transportbeton erhöhte sich im Jahr 1995 von 132,55 DM auf
150,70 DM und erreichte im Jahr 1996 einen Spitzenwert von 151,59 DM pro Kubikmeter. Nach einem Absinken der Gesamtproduktion im Jahr 1997 auf 3,6 Mio. cbm Transportbeton verringerte sich der Durchschnittspreis auf 150,99 DM und im Jahr 1998 bei einer nochmals zurückgegangenen Jahresgesamtproduktionsmenge von 2,6 Mio. cbm auf 142,80 DM pro Kubikmeter. Zu einem gravierenden Einbruch der Nachfrage auf dem Transportbetonmarkt kam es im Verlaufe des Jahres 1997, wobei sich dieser wegen der langfristigen vertraglichen Bindungen und späterer Liefertermine erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung auswirken konnte. Dennoch kam es innerhalb des Kartells schon im Laufe des Jahres 1997 und verstärkt im Jahre 1998 zu erheblichen Spannungen, weil unter den Beteiligten zunehmende Auseinandersetzungen um die ihnen zugedachten Quoten entstanden. Jedenfalls bis Oktober 1998 hielten sich die Beteiligten an die Quotenabsprachen und meldeten ihre Produktionszahlen , auch wenn sie wegen der rückgängigen Nachfrage über die ihnen eingeräumte Quote hinaus Aufträge zu akquirieren versuchten. Mit der Ankündigung der Firma L. im Oktober 1998, den Kubikmeter Transportbeton für 80,00 DM anbieten zu wollen, fand das Quotenkartell ein Ende.
2. Das Oberlandesgericht hat in dem Verhalten eine Ordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB a.F. und danach (ab August 1998) eine solche nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB n.F. gesehen. Sämtliche nach dem Beitritt zu einem Kartell vorgenommenen Einzelabsprachen würden zu einer Bewertungseinheit verbunden. Deshalb liege bis zur Beendigung des Kartells jeweils nur eine einheitliche Ordnungswidrigkeit vor.
Hinsichtlich der Nebenbetroffenen hat das Oberlandesgericht - sachverständig beraten - eine Erhöhung des Bußgeldrahmens nach § 81 Abs. 2 GWB abgelehnt, weil nicht zweifelsfrei festgestellt werden könne, daß die Nebenbetroffenen aufgrund der Kartellabsprache tatsächlich einen Mehrerlös er-
zielt hätten. Die erzielten Preise ließen sich durch den seinerzeit bestehenden Nachfrageüberhang erklären.
II.
Die Rechtsbeschwerden des Betroffenen zu 4 wie auch der Nebenbetroffenen zu 1, 4 und 5 zeigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Rechtsmittelführer auf. Die Rechtsbeschwerden der Staatsanwaltschaft sind dagegen erfolgreich, weil das Oberlandesgericht den Bußgeldrahmen zum Vorteil der Nebenbetroffenen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.
1. Die Rechtsbeschwerden des Betroffenen zu 4 und der Nebenbetroffenen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat bemerkt ergänzend lediglich folgendes:
a) Das Oberlandesgericht geht zu Recht von einer sämtliche Einzelabsprachen umfassenden Bewertungseinheit aus. Mit der Begründung des Kartells wurden nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts die wesentlichen Eckdaten festgelegt. Diese Grundabsprache betraf einmal die Zuteilung von Quoten auf der Basis der Marktanteile an der Gesamtproduktionsmenge des Jahres 1994, eine Öffnungsklausel für weitere hinzukommende Anbieter sowie die Einführung eines Meldesystems, das auf der Grundlage der mitgeteilten Absatzmengen eine Übersicht über die Gesamtproduktionsmenge ermöglichte und die Berechnung der von den einzelnen Kartellmitgliedern noch zu liefernden Mengen erlaubte.
Die auf dieser Grundlage bei den späteren Treffen ausgehandelten Einzelabsprachen dienten nur noch der Aktualisierung der Grundabrede oder ihrer
Anpassung, soweit neue Mitglieder in das Quotenkartell aufgenommen werden sollten. Ein eigenständiger Unrechtsgehalt kam ihnen nicht zu. Für derartige, lediglich konkretisierende Absprachen gelten die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof zu Einzelhandlungen des Hinwegsetzens im Sinne des § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB a.F. entwickelt hat. Diese auf dieselbe Rechtsgutsverletzung gerichteten Handlungen stellen keine mehrfache Verletzung desselben Tatbestandes dar, vielmehr werden sie schon vom gesetzlichen Tatbestand zu einer Bewertungseinheit verbunden (BGHSt 41, 385, 394). Die konkretisierenden Folgeabsprachen erfüllen den Tatbestand des Sich-Hinwegsetzens über die Unwirksamkeit einer Kartellvereinbarung, weil sie darauf abzielen, die Kartellvereinbarung umzusetzen. Damit wird die verbotene Absprache als gültig angesehen und behandelt, obwohl ihr das Gesetz die Wirksamkeit abspricht. Dies reicht für die Erfüllung des Tatbestands des Sich-Hinwegsetzens aus (BGH, Beschl. v. 4.11.2003 - KRB 20/03, WuW/E DE-R 1233, 1234 - Frankfurter Kabelkartell).
Dabei ist unerheblich, ob die Vertreter der Kartellmitglieder im Vorfeld der Quotenfestlegung die eigenen Produktionsmengen zutreffend weitergegeben haben. Selbst wenn diese Mitteilungen falsch gewesen sein sollten, haben die Beteiligten jedenfalls den Anschein gesetzt, sich an die Kartellvereinbarung halten zu wollen. Damit haben sie aber zumindest die übrigen Mitglieder in der Durchführung des Kartells bestärkt und dadurch - wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat - die Umsetzung der unwirksamen Kartellabsprache gefördert.
b) Der Annahme einer Bewertungseinheit steht auch nicht entgegen, daß durch die 6. GWB-Novelle der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. umgestaltet und in die Novelle als § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB aufgenommen wurde. Die 6. GWB-Novelle (Gesetz vom 26.8.1998 - BGBl I 2521)
trat - nach Beendigung des Kartells Ende Oktober 1998 - erst zum 1. Januar 1999 in Kraft (Art. 4). Der Senat hat eine entsprechende Korrektur des Schuldspruches bei den Rechtsmittelführern vorgenommen und die Berichtigung des Schuldspruchs gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 357 StPO auch auf die nicht revidierenden Betroffenen und Nebenbetroffenen erstreckt.
Das neue Gesetz ist nicht als milderes Gesetz im Sinne des § 4 Abs. 3 OWiG anzuwenden. Vielmehr wurden die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB n.F. sogar verschärft, weil nunmehr allein die bloße Zuwiderhandlung gegen § 1 GWB bußgeldbewehrt und ein zusätzliches Sich-Hinwegsetzen nicht mehr erforderlich ist, während der Bußgeldrahmen nicht verändert wurde. Auch im Hinblick auf die Annahme einer Bewertungseinheit bleibt die später in Kraft getretene Regelung des § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB auf das Ergebnis ohne Auswirkung. Insoweit verbindet die kartellbegründende Vereinbarung die darauf bezogenen Abreden zu einer einheitlichen strafrechtlichen Bewertung (vgl. BGHSt 46, 6, 13 f.). Die auf Konkretisierung und Aktualisierung der Grundvereinbarung angelegten Folgeabsprachen sind damit im Hinblick auf § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB gleichfalls zu einer einheitlichen Tat zusammengefaßt worden, deren Verjährung insgesamt erst mit Beendigung des Kartells beginnt (§ 31 Abs. 3 OWiG).
c) Die Ordnungswidrigkeit ist im Hinblick auf die Nebenbetroffene zu 5 weder ganz noch teilweise verjährt. Zwar ist die Ordnungswidrigkeit ihres damaligen Geschäftsführers K. verjährt, weil insoweit keine verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ergriffen wurden. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts hat sich jedoch der Betroffene zu 5, der spätere Geschäftsführer Ha., spätestens ab Herbst 1997 für die Nebenbetroffene zu 5 an den Treffen beteiligt und Absatzmeldungen abgegeben. Gegen diesen ist die Verjährung jedenfalls durch Erlaß des Bußgeldbescheids unterbrochen worden. Wird
die Verjährung gegen ein Organ im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen , wirkt diese Unterbrechung auch gegen die Nebenbetroffene als das von dem Organ vertretene Unternehmen (vgl. BGH, Urt. v. 5.12.2000 - 1 StR 411/00, NJW 2001, 1436, 1437).
Die Unterbrechung der Verjährung führt dazu, daß die prozessuale Tat insgesamt nicht verjährt (vgl. BGHSt 22, 105, 107). Insoweit ist die Unterbrechung der Verjährung das entsprechende Gegenstück zur eingetretenen Verjährung , die sich auf die Ordnungswidrigkeit als Ganzes bezieht (§ 33 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Auf diese einheitliche und nicht verjährte Tat erstreckt sich umfassend die richterliche Kognitionspflicht (vgl. BGH, Beschl. v. 5.7.1995 - KRB 10/95, NStZ-RR 1996, 147). Dies bedeutet, daß der Bußgeldrichter verpflichtet ist, auch zeitlich vorgelagerte Einzelhandlungen oder Taten anderer Leitungsorgane im Sinne des § 30 Abs. 1 OWiG zu prüfen und gegebenenfalls bei der Bemessung des Bußgelds zu Lasten der Nebenbetroffenen zu berücksichtigen.
2. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwerden der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten der Nebenbetroffenen sind begründet , weil das Oberlandesgericht das Vorliegen eines Mehrerlöses gemäß § 38 Abs. 4 GWB a.F. nicht rechtsfehlerfrei verneint hat.
a) Das Oberlandesgericht geht im Ansatz ohne Rechtsverstoß davon aus, daß die Frage, ob überhaupt ein Mehrerlös entstanden ist, unter Bedacht auf den Zweifelsgrundsatz festzustellen ist. Der kartellbedingte Mehrerlös ist nach der Rechtsprechung der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen Einnahmen , die aufgrund des Wettbewerbsverstoßes erzielt werden, und den Einnahmen , die das durch die Kartellabsprachen bevorzugte Unternehmen ohne den Wettbewerbsverstoß erzielt hätte (BGH, Beschl. v. 24.4.1991 - KRB 5/90,
WuW 2718, 2719 - Bußgeldbemessung). Nur wenn der Richter eine sichere Überzeugung gewonnen hat, daß durch den Kartellverstoß ein Mehrerlös erzielt worden ist, ist der Bußgeldrahmen nach § 38 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz GWB a.F. eröffnet. Insoweit ist kein Raum für eine Schätzung. Dies ergibt sich auch aus der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 38 Abs. 4 Satz 2 GWB, welche die Schätzung ausdrücklich auf die Höhe des Mehrerlöses beschränkt.
b) Die Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts, mit der es den Anfall eines Mehrerlöses bei den Betroffenen verneint, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die rechtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urt. v. 12.9.2001 - 2 StR 172/01, NStZ 2002, 48, m.w.N.). Ferner ist die Beweiswürdigung dann fehlerhaft, wenn der Tatrichter die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannt oder die erforderliche Gesamtwürdigung unterlassen hat (BGH, Urt. v. 10.12.1986 - 3 StR 500/86, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2).
aa) Das Oberlandesgericht hat dem wirtschaftlichen Grundsatz, daß die Gründung eines Kartells grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der im Kartell beteiligten Unternehmen dient, nicht das aus Rechtsgründen gebotene Gewicht zugemessen. Die generelle Eignung eines Kartells, für seine Mitglieder wirtschaftliche Vorteile entstehen zu lassen, folgt schon daraus, daß die beteiligten Unternehmen durch die Festlegung bestimmter Quoten der Notwendigkeit enthoben sind, sich im Wettbewerb am Markt zur Erlangung von Aufträgen gegen konkurrierende Unternehmen durchzusetzen, was regelmäßig über die von ihnen angebotenen Preise erfolgt. Wird den beteiligten Unternehmen von vornherein eine fest umrissene Quote zugedacht, können die Marktmechanismen keine Wirkung entfalten. Damit wird grundsätzlich der Preiswettbewerb weitge-
hend außer Kraft gesetzt. Deshalb liegt es nach der Lebenserfahrung nahe, daß die im Rahmen des Kartells erzielten Preise höher liegen als die im Wettbewerb erreichbaren Marktpreise. Das Unternehmen, das aufgrund der ihm eingeräumten Quote nicht im Wettbewerb bestehen muß, wird regelmäßig seine Preissenkungsspielräume nicht nutzen. Die Bildung eines Kartells und seine Durchführung indizieren daher, daß den Beteiligten hieraus auch jeweils ein Vorteil erwächst. Unternehmen bilden derartige Kartelle, um keine Preissenkung vornehmen und damit auch keine Gewinnschmälerung hinnehmen zu müssen. Nach ökonomischen Grundsätzen wird bei Kartellen regelmäßig eine Kartellrendite entstehen. Deshalb spricht - wie der Bundesgerichtshof bereits im Hinblick auf Submissionsabsprachen ausgeführt hat (BGHSt 38, 186, 194) - eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Kartell gebildet und erhalten wird, weil es höhere als am Markt sonst erzielbare Preise erbringt. Eine solche Wahrscheinlichkeitsaussage muß der Tatrichter allerdings anhand weiterer Beweismittel daraufhin überprüfen, ob sie im konkreten Fall zur Gewißheit wird (BGH, Urt. v. 21.11.2000 - 1 StR 300/00, wistra 2001, 103, 104; vgl. auch BGH, Urt. v. 16.5.2002 - 1 StR 40/02, BGHR StPO § 261 Erfahrungssatz 8).
Es mag ausnahmsweise Konstellationen geben, in denen aus der Tätigkeit eines Kartells kein Mehrerlös erwächst oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Da der Mehrerlös durch die Außerkraftsetzung der Marktmechanismen entsteht, werden dabei die zeitliche Dauer der Kartellabsprachen und ihre Intensität zu beachten sein. Dies hat Auswirkungen auf die Erörterungspflichten des Tatrichters. Je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde und je flächendeckender es angelegt ist, um so höhere Anforderungen sind an die Darlegungen des Tatrichters zu stellen, wenn er einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Kartellabsprache verneinen will. Dem wird die Begründung des Oberlandesgerichts nicht gerecht.
bb) Das Oberlandesgericht geht von einem Nachfrageüberhang bei Transportbeton auf dem Berliner Markt aus und hält deshalb die Entstehung eines kartellbedingten Mehrerlöses nicht für erwiesen. Dies ist insoweit zutreffend , als eine starke Nachfrage eine Quotenvereinbarung überlagern könnte. Bestünde nämlich ein Nachfrageüberhang, hätte dies zur Folge, daß auf Anbieterseite die fortgeschriebenen Quoten nicht unbedingt zu einem Mehrerlös führen müßten, weil für die quotierten Mengen aufgrund der starken Nachfrage ohnehin eine Absatzmöglichkeit bestanden hätte. Einen Nachfrageüberhang, der einen Ausnahmetatbestand im Sinne der oben formulierten Grundsätze darstellen könnte, belegt das Oberlandesgericht indessen nur unzureichend und nicht widerspruchsfrei.
(1) Mit der Annahme eines Nachfrageüberhangs lassen sich bereits die Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Entstehung des Quotenkartells nicht ohne weiteres vereinbaren. Das Oberlandesgericht führt insoweit nämlich aus, daß die Befürchtung der etablierten Anbieter, es werde in Berlin zu einem "vernichtenden Preiswettbewerb" kommen (UA 16), zur Gründung des Quotenkartells geführt habe. Eine solche Befürchtung hätte aber keine Grundlage, wenn es aufgrund der starken Nachfrage überhaupt nicht zu einem vernichtenden Preiswettbewerb hätte kommen können. Im übrigen würden die Anbieter in Zeiten großer Nachfrage die ihnen am Markt eröffneten Gewinnchancen nutzen, mithin also bestrebt sein, die Preise hoch zu halten.
Zur Ermittlung, ob das Kartell preiswirksam wurde, hätte es insbesondere näherer Darlegung bedurft, wie sich die Durchschnittspreise für Transportbeton pro Kubikmeter im Vorfeld der Kartellgründung, also in der 2. Jahreshälfte des Jahres 1994 und dann im Jahr 1995, entwickelt haben. Hierzu fehlen für das Jahr 1994 jegliche Feststellungen. Für das Jahr 1995 beschränkt sich das Oberlandesgericht auf die Mitteilung von Durchschnittspreisen; eine Aufschlüs-
selung dahingehend, wie sich die Preise zeitlich entwickelt haben, nimmt das Oberlandesgericht nicht vor. Gerade im Hinblick auf die erst im Jahresverlauf 1995 zum Kartell beigetretenen Nebenbetroffenen käme einem Vergleich der Preise vor und nach Beitritt zum Kartell erhebliche Aussagekraft zu.
(2) Eingehender Erörterung hätte auch die preisliche Situation nach dem Nachfrageeinbruch im Jahr 1997 bedurft. Auffallend ist insoweit, daß die Durchschnittspreise dadurch kaum gesunken sind. Das Oberlandesgericht erklärt dies zwar nachvollziehbar mit dem Umstand, daß es erhebliche zeitliche Abstände zwischen Vertragsschluß und Lieferung gegeben habe, daß also während des Baubooms geschlossene Verträge erst später ausgeführt und abgerechnet worden seien. Für die Frage der Preiswirksamkeit des Quotenkartells wäre jedoch eine Untersuchung der neu geschlossenen Verträge von besonderem Aussagewert gewesen. Ein Nachfragerückgang führt, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung , zu einem Rückgang der Preise. Sinkende Nachfrage bedingt einen schärferen Wettbewerb, der über die angebotenen Preise ausgetragen wird. Umgekehrt indiziert ein nur geringer Preisrückgang bei sinkender Nachfrage, daß die wettbewerblichen Strukturen - wie etwa bei Vorliegen eines Kartells - nicht intakt sind. Ein entsprechender nicht mehr markttypischer Mehrpreis könnte zumindest in der Schlußphase des Kartells im Jahre 1998 vorgelegen haben. Hierfür sprechen insbesondere der hohe Durchschnittspreis von 142,80 DM pro Kubikmeter und der dann von L. im Oktober 1998 angebotene Preis von 80 DM pro Kubikmeter, der zur Beendigung des Kartells führte.
(3) Schließlich sind auch die Feststellungen zu einem Nachfrageüberhang nicht widerspruchsfrei. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, bestehen insoweit Unklarheiten, als sich nach den Ausführungen im Urteil die Nebenbetroffenen zu 1, 3 und 4 um höhere Quoten bemüht und teilweise ihre Quoten überschritten haben. Dies setzt aber voraus, daß sie über freie Kapazi-
täten verfügt haben müssen, weil andernfalls solche Bestrebungen nicht erklärbar wären. Das Vorhandensein freier Kapazitäten deckt sich aber nicht ohne weiteres mit der Annahme eines Nachfrageüberhangs.
(4) Im Ansatz zutreffend sieht das Oberlandesgericht allerdings ein gegen das Vorliegen eines Mehrerlöses sprechendes Indiz darin, daß bei europaweiten Ausschreibungen für die Bauvorhaben "P. Platz" und "S." im Jahre 1995 vergleichbare Preise erzielt wurden und der Durchschnittspreis für Transportbeton in Bremen gleich und in Hamburg sogar höher gewesen sei. Beide Gesichtspunkte schließen jedoch die Annahme eines kartellbedingten Mehrerlöses nicht aus. Die Ausschreibungspreise geben nur einen Anhalt für das Jahr 1995, zudem können sie auf einer besonderen Wettbewerbssituation für Großbaustellen beruhen, für die der in Betracht kommende Anbieterkreis schon aus Kapazitätsgründen beschränkt sein wird. Der Vergleich mit Bremen und Hamburg ist nur aussagekräftig, soweit er das Preisgefüge über einen längeren Zeitraum hinweg erfaßt. Nur dann, wenn sich die Preise auch in der Zeit, in der praktisch der gesamte Berliner Markt kartellgebunden war, in vergleichbaren Größenordnungen bewegten, ist ein Rückschluß auf einen fehlenden kartellbedingten Mehrerlös sachgerecht.
c) Läßt sich - was vor allem im Hinblick auf die Marktsituation zum Ende des Kartells naheliegen wird - die Entstehung eines kartellbedingten Mehrerlöses für jede Nebenbetroffene nachweisen, kann die Höhe des Mehrerlöses geschätzt werden (§ 38 Abs. 4 Satz 2 GWB a.F.). Dabei werden die Preise die Grundlage der Schätzung sein müssen, die sich innerhalb solcher Zeiträume gebildet haben, die von Kartellabreden nicht beeinflußt sind. Soweit besondere konjunkturelle Einflüsse die Preisbildung geprägt haben, ist diesem Umstand im Wege der Schätzung dadurch Rechnung zu tragen, daß Vergleichsmärkte mit entsprechenden konjunkturellen Bedingungen herangezogen werden. Die sich
dabei ergebenden Preisdifferenzen könnten dann auf den durch die Kartellabrede beeinflußten Markt übertragen werden. Dabei hat der neue Tatrichter sowohl hinsichtlich der Ermittlung der Schätzungsgrundlagen als auch hinsichtlich der Schätzung an sich den Zweifelsgrundsatz, in der Regel in Form entsprechender Sicherheitsabschläge, zu beachten.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.
(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.