Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

 
Die Kläger nehmen den Staat Griechenland – die Beklagte – auf Rückzahlung von Staatsanleihen in Anspruch, die im Zuge des griechischen Schuldenschnitts im Frühjahr 2012 eingezogen worden sind. Hilfsweise begehren sie mit der Begründung, dass die Einziehung rechtswidrig und unwirksam gewesen sei, Schadensersatz in Höhe ihres behaupteten Verlustes. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 01.02.2012 erwarben die Kläger über ihre Depotbank, die in Frankfurt/Main ansässige ING-DiBa AG, im Freihandel an der Börse Stuttgart zum Preis von EUR 13.099,46 (einschl. Stückzinsen, Gebühren etc.) griechische Schuldverschreibungen mit der Bezeichnung "4,3 % Griechenland EO-Bonds 2009 (12)", ISIN GR0110021236, WKN A0T6US (Anl. K 1). Die Anleihen, die von der Beklagten ursprünglich im Jahre 2009 im Rahmen einer Gesamtemission mit einem Volumen von EUR 7 Mrd. unter den im "Offering Circular" (Anl. B 1; Übersetzung: K 18) festgelegten Bedingungen begeben worden waren, hatten einen Nominalwert von EUR 30.000,00 und waren nebst der Verzinsung von 4,3 % am 20.03.2012 zur Rückzahlung fällig. Zum Erwerbszeitpunkt waren die Anleihenpreise infolge der griechischen Finanz- und Schuldenkrise bereits erheblich verfallen, weshalb der Börsen-Einstandskurs für die Kläger nur 39,7 % des Nominalwertes betrug.
Mit Schreiben vom 28.02.2012 (K 2) teilte die ING-DiBa AG den Klägern mit, dass die Republik Griechenland ihren Anleiheinhabern anbiete, an der geplanten Umschuldung mitzuwirken; dabei bot sie mehrere Optionen an (Zustimmung und Umtausch in andere Anleihen, Zustimmung, Ablehnung, Enthaltung). Die Kläger reagierten hierauf innerhalb der gesetzten Frist (07.03.2012) nicht; erst mit Schreiben vom 14.03.2012 (K 6) widersprachen sie dem Zwangsumtausch und forderten sie ihre Depotbank auf, die bisherigen Anleihen nicht auszubuchen. Durch die Mitteilungen der ING-DiBa AG vom 15.03., 16.03. und 19.03.2012 (K 3 – 5) wurden sie sodann davon in Kenntnis gesetzt, dass die genannten Anleihen nicht mehr vorhanden, sondern am 12.03.2012 durch 20 neue Wertpapiere mit Nennwerten zwischen EUR 450,00 und 480,00 und Fälligkeiten zwischen dem 24.02.2023 und dem 24.02.2042 ersetzt worden waren. Ferner wurden dem Depotkonto drei Wertpapiere der European Financial Stability Facility (ESFS) mit Nennwerten von zusammen EUR 5.701,80 sowie ein griechisches Anleihepapier mit einem Nominalwert von EUR 9.450,00 gutgeschrieben. Ausweislich der Depotbewertung der ING-DiBa (Anl. K 8) hatten die neu eingebuchten Anleihen einen Einstandskurs von insgesamt EUR 6.718,39. Am 14.05.2012 entschlossen sich die Kläger, diese insgesamt 24 Papiere über ihre Depotbank zum damaligen Schlusskurs/Kurswert von EUR 7.300,80 (abzügl. Verkaufsspesen) zu verkaufen.
Dem geschilderten Vorgang der zwangsweisen Ausbuchung der streitgegenständlichen Anleihe über nominal EUR 30.000,00 und deren Ersetzung durch geringerwertige Papiere liegt zusammengefasst Folgendes zugrunde:
Die griechische Regierung hatte vor dem Hintergrund ihrer schweren Schuldenkrise und in Absprache mit der sog. Troika (Europäische Union, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds) nach monatelangen Verhandlungen entschieden, in die im Rahmen des zweiten Hilfspakets beabsichtigte Umschuldung und den dazu erforderlichen Schuldenschnitt auch private Gläubiger mit einzubeziehen ("Private Sector Involvement"). An diejenigen Investoren (d.h. vor allem Banken), die direkt am Girosystem der griechischen Zentralbank beteiligt waren, erging am 24.02.2012 ein freiwilliges Umtauschangebot ("Invitation Memorandum"), wonach die teilnehmenden Anleihepapiere ("eligible titles") – darunter auch das hier streitgegenständliche – zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert in neue Staatsanleihen und Schuldverschreibungen getauscht werden sollten. Am 23.02.2012 verabschiedete das griechische Parlament ferner das Gesetz 4050/2012, auf dessen rechtlicher Grundlage im Rahmen eines sog. "collective action"-Prozesses auch diejenigen Anleger zwangsweise in die Umschuldung einbezogen werden konnten, die das Umtauschangebot nicht angenommen hatten. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger, die Teilnehmer am Clearingsystem der Griechischen Zentralbank (und gleichzeitig Erstabnehmer der streitgegenständlichen Papiere gemäß den Bedingungen des "Offering Circular", Anl. B 1) waren, über den vorgeschlagenen Umtausch der "eligible titles" mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrags dieser Titel abstimmten. Ferner musste für die Annahme des Änderungsvorschlags einschließlich der "Collective Action Clause" eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln erreicht werden. Im Ergebnis wurde durch das Gesetz 4050/2012 somit der Rechtsrahmen dafür geschaffen, die Anleihebedingungen nachträglich durch eine Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger zu modifizieren. Nach dem Vorbringen der Beklagten wurden die gesetzlichen Bedingungen klar erfüllt, denn die an der Abstimmung teilnehmenden Gläubiger hätten tatsächlich zusammen 91,5 % des ausstehenden Gesamtnennbetrages repräsentiert; 94,34 % des teilnehmenden Kapitals habe schließlich für den Vorschlag gestimmt. Auf dieser Grundlage billigte schließlich der Ministerrat der griechischen Regierung das Ergebnis mit der Wirkung, dass nunmehr – entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes 4050/2012 – alle Anleger und Anleihegläubiger der jeweiligen Titel hieran gebunden waren, dass also das Abstimmungsergebnis der Gläubiger für allgemeinverbindlich erklärt wurde. In Ausführung dieses Beschlusses und auf Anweisung des Finanzministeriums zog die griechische Zentralbank (Bank of Greece) daraufhin am 12.03.2012 alle betroffenen Anleihepapiere – darunter die hier streitgegenständlichen – ein; die aus ihnen resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht.
Die Kläger sind nunmehr der Auffassung, durch diese Schuldenschnittaktion hätten sie ihr Forderungsrecht über EUR 30.000,00 (nebst Zinsen) gegenüber der Beklagten als der Schuldnerin der Anleihen im Ergebnis nicht verlieren können. Zumindest aber sei ihnen aufgrund der zwangsweise und ohne ihre Zustimmung erfolgten Ausbuchung der Forderungen durch die Bank von Griechenland ein rechtswidriger Vermögensschaden entstanden, für den die Beklagte ersatzpflichtig sei.
Zur Begründung führen die Kläger im Wesentlichen aus, das Gesetz 4050/2013, durch welches per Zwang auch Kleinanleger in den Umtausch der Staatsanleihen gegen solche von wesentlich geringerem Wert einbezogen worden seien, sei eklatant rechtsstaatswidrig. Die gesetzgeberischen und administrativen Maßnahmen der Beklagten stellten eine entschädigungslose hoheitliche Enteignung, bzw. einen enteignungsgleichen Eingriff dar und seien deshalb weder mit (u.a.) Art. 14 GG noch mit vergleichbaren Bestimmungen der griechischen Verfassung selbst sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar. Schon aus diesem Grunde liege ein Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art. 6 EGBGB) vor mit der Konsequenz, dass weder das Gesetz noch die hierauf gestützten Beschlüsse des griechischen Ministerrats anzuwenden oder anzuerkennen seien. Auch sei die in dem Gesetz 4050/2012 vorgesehene, alle Forderungsinhaber treffende Umschuldungsklausel ("Collective Action Clause") als nachträgliche einseitige Änderung der ursprünglich mit dem Bankenkonsortium im Emissionsprospekt ("Offering Circular“, Anl. B 1, K 18) festgelegten Begebungsbedingungen schon vertragsrechtlich unwirksam. Das durch Kauf an der Börse erworbene Forderungsrecht aus den streitgegenständlichen Staatsanleihen habe daher nicht erlöschen können, so dass ihnen – den Klägern – , und zwar sowohl nach deutschem als auch nach griechischem materiellen Recht, weiterhin ein seit dem 20.03.2012 fälliger Erfüllungsanspruch zustehe. Jedenfalls aber ergebe sich die Haftung der Beklagten aus § 826 BGB, denn durch die nur unzureichend kompensierte Ausbuchung der Anleihen aus dem Zentralbanksystem habe ihnen die griechische Regierung vorsätzlich und in sittenwidriger Weise einen Vermögensschaden zugefügt. Schließlich liege auch eine Schutzgesetzverletzung i.S.d. § 823 II BGB vor: Die Beklagte habe durch die Anweisung, die Anleihen auch derjenigen Anleger im System zu löschen, die dem Umtausch nicht zugestimmt hätten, gegen Art. 7 des Gesetzes 2198/1994 verstoßen, aufgrund dessen die ursprüngliche Emission erfolgt sei; dieses aber bezwecke gerade auch den Schutz der Vermögensinteressen der Anleger.
Die Kläger sind weiter der Ansicht, dass sich die Beklagte demgegenüber nicht auf den Grundsatz der Staatenimmunität bei hoheitlichem Handeln berufen könne: Bei der Emission der Schuldverschreibungen zum Zwecke der Staatsfinanzierung sei sie fiskalisch, also privatwirtschaftlich, tätig geworden. An diesem rein privatrechtlichen Charakter der Kapitalaufnahme habe sie auch durch das in Rede stehende, ohnehin als nichtig zu betrachtende Gesetz 4050/2012 nichts ändern können, dessen normativer Regelungsgehalt sich schließlich auf private Vertragsverhältnisse beziehe. Auch die durch dieses Gesetz bewirkte nachträgliche einseitige Änderung der Emissionsbedingungen und der darin liegende Vertragsbruch seien deshalb dem Bereich nicht-hoheitlichen Handelns zuzuordnen. Die griechische Republik sei folglich der Gerichtsbarkeit des Forumstaates in gleicher Weise unterworfen wie jede Privatperson.
Zur Begründung der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des LG Konstanz berufen sich die Kläger zum einen auf Art. 5 Nr. 1 a, b EuGVVO (besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts), zum anderen auf Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) und schließlich auf Artt. 15 Abs. 1 c, 16 Abs. 1 EuGVVO (Gerichtsstand für Klagen eines Verbrauchers). Die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Zuständigkeitsnormen sehen sie als gegeben an.
10 
Die Kläger tragen vor, ihnen sei durch den Zwangsumtausch – gemessen am Nominalwert der eingezogenen Anleihe und nach Abzug ihres Veräußerungserlöses – ein Schaden von EUR 23.159,04 entstanden. Hiervon begehren sie im Wege der Teilklage einen Betrag von EUR 6.000,00.
11 
Die Kläger beantragen,
12 
die Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 6.000,00 nebst 4,3 % Zinsen seit dem 21.03.2011 bis zum 20.03.2012 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus EUR 6.000,00 ab dem 21.03.2012 zu bezahlen.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Sie macht geltend, dass sie mit dem Erlass des Gesetzes 4050/2012 und der Ausführung der darauf gestützten Ministerialbeschlüsse hoheitlich tätig geworden sei; sie genieße deshalb nach den allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts Immunität. Deutschen Gerichten sei es aus diesem Grunde von vorneherein verwehrt, über die Rechtmäßigkeit der Umschuldungsmaßnahmen zu befinden, und zwar unabhängig davon, welche materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für die Klage ggf. in Betracht komme. Demnach sei gerade auch die seitens der Kläger behauptete unerlaubte Handlung der Beklagten der gerichtlichen Überprüfbarkeit schlechthin entzogen.
16 
Die Beklagte ist in diesem Zusammenhang weiter der Ansicht, das LG Konstanz sei für die Entscheidung des Rechtsstreits – selbst wenn generell eine deutsche Gerichtsbarkeit gegeben wäre – international nicht zuständig: Nachdem sich der Anwendungsbereich der EuGVVO auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten beschränke, es sich vorliegend aber – da letztlich die legislativen und administrativen Maßnahmen der griechischen Regierung in Streit stünden – um eine öffentlich-rechtliche, sogar hoheitliche, Angelegenheit handle, könne ein Gerichtsstand hieraus nicht hergeleitet werden. Es seien aber auch die Tatbestandsvoraussetzungen der angeführten zuständigkeitsbegründenden Vorschriften im Einzelnen nicht erfüllt: Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach Art. 5 Nr. 1 EuGVVO scheide aus, weil die entsprechende vertragliche Zahlungsverpflichtung infolge der Einziehung nicht mehr existiere; unabhängig hiervon ergebe sich aus den ursprünglichen Emissionsbedingungen, dass Erfüllungsort Athen – als Sitz der griechischen Zentralbank – gewesen sei. Auch die besonderen Gerichtsstände der unerlaubten Handlung (Art. 5 Nr. 3 EuGVVO) und des Verbraucherwohnsitzes (Artt. 15 Abs. 1 c, 16 EuGVVO) kämen nicht in Betracht, letzterer u.a. deshalb nicht, weil die Kläger als Zessionare des ursprünglich den Konsortialbanken übertragenen Forderungsrechts nicht als Verbraucher anzusehen seien, und weil außerdem der griechische Staat bei der Begebung der Anleihen nicht "in Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit" gehandelt habe.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
18 
Die Kläger hatten – nach Durchführung eines Mahnverfahrens – die Anspruchsbegründung zunächst beim Landgericht Frankfurt/Main eingereicht. Mit Beschluss vom 10.04.2013 (AS. 277), auf dessen Begründung verwiesen wird, hat sich das LG Frankfurt/Main für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Kläger an das LG Konstanz verwiesen.
19 
Mit Beschluss vom 16.10.2013 hat die Kammer nach Anhörung und mit Zustimmung der Parteien angeordnet, dass über die Frage der Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird (§ 280 I ZPO).

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist unzulässig.
21 
Es braucht vorliegend weder entschieden zu werden, ob die EuGVVO auf die streitgegenständliche Fallkonstellation überhaupt anwendbar ist, ob es sich also – was die Beklagte in Abrede stellt – um eine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit handelt, noch ob sich danach die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Konstanz aus einem der in der EuGVVO vorgesehenen besonderen Gerichtsstände herleiten ließe. Die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden Gerichtsstände (Artt. 5 Nr. 1 a, b, Nr. 3, 15 Abs. 1 c, 16 I EuGVVO), um deren Vorliegen die Parteien eine intensive Auseinandersetzung führen, müssen daher nicht weiter geprüft werden.
22 
Entscheidend ist nämlich, dass es, gleichgültig an welchem Gerichtsstand, deutschen Gerichten generell verwehrt ist, über die Rechtmäßigkeit der Umschuldungsmaßnahme der Republik Griechenland zu befinden. Das LG Konstanz (sowie jedes andere inländische Gericht) kann einen Erfüllungsanspruch aus der streitgegenständlichen Anleihe schon deshalb nicht zusprechen, weil diese infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr existiert. Ein auf diesen Vorgang gestützter – vertraglicher oder deliktischer – Schadensersatzanspruch würde demgegenüber voraussetzen, dass die Rechtswidrigkeit der zur Umsetzung des Schuldenschnitts getroffenen Maßnahmen im Einzelnen festgestellt werden könnte. Nachdem sich die griechische Regierung und die Zentralbank aber im Rahmen der durch das Gesetz geschaffenen Ermächtigungsgrundlage gehalten haben, würde dies wiederum bedeuten, dass letztlich das Gesetz selbst an höherrangigem Recht zu messen und ggf. für unwirksam zu erklären wäre. Dies aber ist, nachdem sich die Beklagte mit Recht auf den Grundsatz der Staatenimmunität berufen hat, nicht möglich. Fehlt es aber aus diesen Gründen an der Gerichtsbarkeit überhaupt, so ist die EuGVVO von vorneherein sachlich unanwendbar (vgl. Stürner, Staatenimmunität und Brüssel I-Verordnung, IPrax 2008, 197, 203).
23 
Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen:
24 
1. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahre 1963 (NJW 1963, 1732; bestätigt in BVerfG NJW 2006, 2542; vgl. ferner BGH NJW 1979, 1101) festgestellt, dass den Staaten nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts Immunität von inländischer Gerichtsbarkeit zusteht, wenn und soweit es um die Beurteilung ihres hoheitlichen Verhaltens (sog. "acta iure imperii") geht. Dabei ist die Qualifikation der in Rede stehenden Tätigkeit eines ausländischen Staates als hoheitlich oder nichthoheitlich grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen. Für die Abgrenzung kommt es im Einzelfall darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich-rechtlich, oder wie eine Privatperson im kommerziellen Bereich, mithin privatrechtlich (sog. "acta iure gestionis"), tätig geworden ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich wiederum nicht nach dem Motiv oder Zweck, sondern nach der Art und Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses (s. auch BGH, Beschl. v. 30.01.2013, III ZB 40/12). Allgemein anerkannt ist, dass zu dem Bereich hoheitlicher Tätigkeit – neben beispielsweise der Ausübung der militärischen oder polizeilichen Gewalt oder der Rechtspflege – insbesondere die Gesetzgebung zu rechnen ist.
25 
Dieser Grundsatz der Staatenimmunität als anerkannte Regel des Völkerrechts genießt gem. Art. 25 GG auch im Inland Verfassungsrang, hat in der Vorschrift des § 20 II GVG seinen gesetzgeberischen Niederschlag gefunden und ist daher für die deutschen Gerichte verbindlich. Die – von Amts wegen zu prüfende – deutsche Gerichtsbarkeit darf folglich nicht ausgeübt werden, wenn eine Entscheidung in der Sache völkerrechtswidrig in die Souveränität eines anderen Staates im Bereich von dessen hoheitlicher Tätigkeit eingreifen würde (s. auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.06.2013, 5 W 17/13, Juris).
26 
2. Eben dies aber wäre vorliegend der Fall: Die Kläger machen geltend, das vom griechischen Parlament am 23.02.2012 verabschiedete Gesetz 4050/2012, auf dessen Grundlage das Abstimmungsverfahren unter den beteiligten Anleihegläubigern in Gang gesetzt und nach Erreichen des vorgesehenen Quorums das Ergebnis als für alle Anleger verbindlich festgestellt wurde, sei wegen "eklatanter" Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien als nichtig zu betrachten. Dies ergebe sich schon aus seiner Unvereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG sowie mit Art. 9 und 20 GG. Auch gemessen an vergleichbaren Bestimmungen der griechischen Verfassung sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention sei das Gesetz rechtswidrig.
27 
Wollte ein deutsches Gericht dieses Vorbringen nun aber inhaltlich überprüfen, so würde es zweifellos gerade in den Kernbereich hoheitlicher Betätigung des Staates Griechenland, nämlich in dessen Gesetzgebung, eingreifen. Dies ist, wie dargelegt, generell nicht zulässig: Es steht deutschen Gerichten schlicht nicht zu, die Verfassungsmäßigkeit eines ausländischen Gesetzes – und zwar weder nach Maßgabe der Verfassung des betreffenden Staates noch gar nach den Maßstäben des deutschen Grundgesetzes – zu hinterfragen. Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass selbst ein deutsches (Bundes-) Gesetz ausschließlich durch das Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärt werden könnte (Art. 100 I GG).
28 
3. Auch der Gesichtspunkt des ordre public (Art. 6 EGBGB), nach dem einem ausländischen Gesetz unter engen Voraussetzungen die Anerkennung verweigert werden kann, hilft – entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung – nicht weiter. Schon der gedankliche Ansatz ist falsch: Es geht vorliegend ja nicht darum, dass ein deutsches Gericht in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit Auslandsberührung aufgrund der Regeln des internationalen Privatrechts das ausländische materielle Recht im Inland anzuwenden hätte, wobei sich dann in der Tat u.U. die Frage stellen könnte, ob diese Rechtsanwendung im konkreten Fall zu einem untragbaren Widerspruch zu grundlegenden deutschen Rechts- und Wertvorstellungen führen würde. Vielmehr wurde durch das betreffende Gesetz und dessen Umsetzung in Griechenland selbst eine bestimmte Rechtslage geschaffen. Diese mag sich zwar im Ergebnis auch in Deutschland (und anderen Staaten) nachteilig für einzelne Anleger wie etwa die Kläger auswirken; als Faktum ist sie gleichwohl hinzunehmen. Anders ausgedrückt: Wenn infolge der Ausführung des Gesetzes 4050/2012 in Griechenland die in den Bonds verbrieften Forderungsrechte eingezogen, ausgebucht und damit vernichtet worden sind, so kann dies nicht unter Berufung auf den deutschen ordre public – also darauf, dass eine solche Enteignung nach unseren Maßstäben möglicherweise als grundgesetzwidrig angesehen werden könnte – gewissermaßen rückgängig gemacht werden.
29 
4. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte vorliegend nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich ("acta iure gestionis") tätig geworden sei.
30 
a) Richtig daran ist nur, dass die ursprüngliche Emission der streitgegenständlichen Anleihen, durch die sich der griechische Staat auf den Finanzmärkten mit dem nötigen Kapital zu seiner Finanzierung versorgte, unzweifelhaft fiskalischer Natur war (BVerfG NJW 2007, 2605 Rz. 35 betr. Argentinien-Anleihen). Dies ist jedoch nicht das Problem: Vielmehr geht es um die Frage, welcher Natur die Einziehung der Anleihen war. Wenn die Kläger aus den streitgegenständlichen Anleihen noch einen primären Erfüllungsanspruch oder aber, weil die Beklagte diese im Rahmen des Schuldenschnitts eingezogen und für nichtig erklärt hat, einen vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzanspruch geltend machen, so ist zunächst zu konstatieren, dass ihnen aufgrund des Gesetzes 4050/2012 alle diesbezüglichen Ansprüche entzogen worden sind. Diese Entziehung erfolgte zwar nicht schon im Wege der Legalenteignung, also durch das genannte Gesetz selbst, sondern erst – nachdem die erforderlichen Abstimmungsmehrheiten zustande gekommen waren – infolge von dessen Umsetzung durch Beschlüsse des Ministerrats und die daraufhin ergangenen Anweisungen an die griechische Zentralbank. Mit dem nach der Gläubigerabstimmung ("collective-action-Prozess") erfolgten (Zwangs-) Umtausch der Bonds hat aber die griechische Regierung nur das durchgeführt, was das Gesetz 4050/2012 vorsah; sie bewegte sich somit im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung. Nach Maßgabe der griechischen Gesetzeslage handelte sie deshalb in jedem Fall rechtmäßig (so auch LG Düsseldorf, Urt. v. 21.03.2013, 11 O 397/12, Juris). Selbst wenn jedoch die Exekutivorgane den Ermächtigungsrahmen überschritten hätten, wäre dies als Hoheitsakt durch ein deutsches Gericht nicht überprüfbar. Ein greifbarer Rechtsverstoß – etwa wegen Unvereinbarkeit des Gesetzes 4050/2012 mit der griechischen Verfassung – könnte deshalb allenfalls in dem Umstand gesehen werden, dass eben diese Gesetzeslage durch das Parlament, also durch hoheitliches Handeln, geschaffen worden war. Gerade dies aber entzieht sich der Kontrolle durch ein deutsches Gericht.
31 
b) Dass die griechische Zentralbank selbst, wie sie in einem an den Staatsgerichtshof gerichteten Schriftsatz (s. Anl. K 19) geäußert hat, der Meinung ist, bei dem Anleihentausch nicht hoheitlich, sondern fiskalisch gehandelt zu haben, kann an dieser Beurteilung nichts ändern: Wie vorstehend bereits dargelegt, obliegt die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Staatstätigkeit nicht den handelnden Organen des betreffenden ausländischen Staates, sondern sie ist grundsätzlich nach dem nationalen Recht des angerufenen Gerichts, hier also nach deutschem Recht vorzunehmen (BGH NJW 1979, 1101).
32 
c) Die vorliegende Fallkonstellation ist, entgegen der Auffassung der Kläger, auch nicht mit dem Fall der Argentinien-Anleihen vergleichbar:
33 
Nach der ab 1999 verschärften Finanzkrise und der darauf folgenden Staatspleite hatte die Republik Argentinien durch ein Gesetz aus dem Jahre 2002 den "öffentlichen Notstand" erklärt und auf der Grundlage einer daraufhin erlassenen Verordnung die Bedienung der Auslandsschulden durch die Regierung vorläufig ausgesetzt, um in der so gewonnenen Zeit den Schuldendienst insgesamt neu ordnen zu können. Deutsche Anleger hatten daraufhin gegen die Republik Argentinien auf Erfüllung ihrer Ansprüche aus den auch auf dem deutschen Kapitalmarkt aufgelegten Staatsanleihen geklagt. Die hiermit befassten Zivilgerichte hatten sich an einer Sachentscheidung nicht durch Immunitätsgesichtspunkte gehindert gesehen (vgl. insb. OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.04.2008, 8 U 201/07, Juris).
34 
Der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall lag indes darin, dass die Republik Argentinien bei der Emission der Anleihen ausdrücklich "unwiderruflich" auf die Staatenimmunität "in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen" verzichtet und sich dementsprechend auch, jedenfalls in den Erkenntnisverfahren, gar nicht auf ihre Immunität berufen hatte. Die Rückzahlungsklagen konnten deshalb ohne Weiteres der fiskalischen, nichthoheitlichen Staatstätigkeit zugeordnet werden; zumindest aber stand infolge des Verzichts der Gesichtspunkt etwaigen hoheitlichen Handelns einer Entscheidung durch deutsche Gerichte nicht entgegen. Demgegenüber haben die Kläger im vorliegenden Fall gerade nicht aufzeigen können, dass das griechische Gesetz 2198/1994, auf dessen Grundlage die Emission der streitgegenständlichen Anleihen ursprünglich erfolgt war, einen ähnlichen Immunitätsverzicht beinhaltet hätte.
35 
Gegenstand einer zu diesem Komplex ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war denn auch nur, ob der Staat Argentinien berechtigt war, gegenüber Privatpersonen die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern (s. BVerfG NJW 2007, 2610). Das BVerfG urteilte, dass jedenfalls keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar sei, aus der sich eine solche Berechtigung herleiten ließe. Die Frage, ob die Republik Argentinien sich wegen der Aussetzung des Schuldendienstes nicht vielleicht unter dem Gesichtspunkt hoheitlichen Handelns auf Immunität berufen konnte, spielte in diesem Zusammenhang – nach dem vorstehend erwähnten Verzicht konsequent – keine Rolle.
36 
In einer zweiten Entscheidung befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, auf welche Weise gegen den ausländischen Staat vollstreckt werden kann (BVerfG NJW 2007, 2605): Konkret ging es darum, ob der in den Anleihebedingungen enthaltene pauschale Immunitätsverzicht Argentiniens sich auch darauf erstreckte, dass damit auch im Vollstreckungsverfahren die Immunität bezüglich hoheitlich genutzten Vermögens aufgehoben war, ob also das besonderem diplomatischem Schutz unterliegende Botschaftskonto gepfändet werden konnte – was das BVerfG verneinte. Auch aus dieser Entscheidung können die Kläger mithin nichts für ihre Rechtsposition herleiten.
37 
Damit hat es im Ergebnis dabei zu verbleiben, dass die Klage mangels deutscher Gerichtsbarkeit unzulässig ist.
38 
Die nachgereichten Schriftsätze der Parteien vom 06.11. und vom 08.11.2013 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 296a, 156 ZPO).
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe

 
20 
Die Klage ist unzulässig.
21 
Es braucht vorliegend weder entschieden zu werden, ob die EuGVVO auf die streitgegenständliche Fallkonstellation überhaupt anwendbar ist, ob es sich also – was die Beklagte in Abrede stellt – um eine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit handelt, noch ob sich danach die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Konstanz aus einem der in der EuGVVO vorgesehenen besonderen Gerichtsstände herleiten ließe. Die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden Gerichtsstände (Artt. 5 Nr. 1 a, b, Nr. 3, 15 Abs. 1 c, 16 I EuGVVO), um deren Vorliegen die Parteien eine intensive Auseinandersetzung führen, müssen daher nicht weiter geprüft werden.
22 
Entscheidend ist nämlich, dass es, gleichgültig an welchem Gerichtsstand, deutschen Gerichten generell verwehrt ist, über die Rechtmäßigkeit der Umschuldungsmaßnahme der Republik Griechenland zu befinden. Das LG Konstanz (sowie jedes andere inländische Gericht) kann einen Erfüllungsanspruch aus der streitgegenständlichen Anleihe schon deshalb nicht zusprechen, weil diese infolge des hoheitlichen Handelns der Beklagten, nämlich der Verabschiedung des Gesetzes 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr existiert. Ein auf diesen Vorgang gestützter – vertraglicher oder deliktischer – Schadensersatzanspruch würde demgegenüber voraussetzen, dass die Rechtswidrigkeit der zur Umsetzung des Schuldenschnitts getroffenen Maßnahmen im Einzelnen festgestellt werden könnte. Nachdem sich die griechische Regierung und die Zentralbank aber im Rahmen der durch das Gesetz geschaffenen Ermächtigungsgrundlage gehalten haben, würde dies wiederum bedeuten, dass letztlich das Gesetz selbst an höherrangigem Recht zu messen und ggf. für unwirksam zu erklären wäre. Dies aber ist, nachdem sich die Beklagte mit Recht auf den Grundsatz der Staatenimmunität berufen hat, nicht möglich. Fehlt es aber aus diesen Gründen an der Gerichtsbarkeit überhaupt, so ist die EuGVVO von vorneherein sachlich unanwendbar (vgl. Stürner, Staatenimmunität und Brüssel I-Verordnung, IPrax 2008, 197, 203).
23 
Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen:
24 
1. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahre 1963 (NJW 1963, 1732; bestätigt in BVerfG NJW 2006, 2542; vgl. ferner BGH NJW 1979, 1101) festgestellt, dass den Staaten nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts Immunität von inländischer Gerichtsbarkeit zusteht, wenn und soweit es um die Beurteilung ihres hoheitlichen Verhaltens (sog. "acta iure imperii") geht. Dabei ist die Qualifikation der in Rede stehenden Tätigkeit eines ausländischen Staates als hoheitlich oder nichthoheitlich grundsätzlich nach nationalem Recht vorzunehmen. Für die Abgrenzung kommt es im Einzelfall darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich-rechtlich, oder wie eine Privatperson im kommerziellen Bereich, mithin privatrechtlich (sog. "acta iure gestionis"), tätig geworden ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich wiederum nicht nach dem Motiv oder Zweck, sondern nach der Art und Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses (s. auch BGH, Beschl. v. 30.01.2013, III ZB 40/12). Allgemein anerkannt ist, dass zu dem Bereich hoheitlicher Tätigkeit – neben beispielsweise der Ausübung der militärischen oder polizeilichen Gewalt oder der Rechtspflege – insbesondere die Gesetzgebung zu rechnen ist.
25 
Dieser Grundsatz der Staatenimmunität als anerkannte Regel des Völkerrechts genießt gem. Art. 25 GG auch im Inland Verfassungsrang, hat in der Vorschrift des § 20 II GVG seinen gesetzgeberischen Niederschlag gefunden und ist daher für die deutschen Gerichte verbindlich. Die – von Amts wegen zu prüfende – deutsche Gerichtsbarkeit darf folglich nicht ausgeübt werden, wenn eine Entscheidung in der Sache völkerrechtswidrig in die Souveränität eines anderen Staates im Bereich von dessen hoheitlicher Tätigkeit eingreifen würde (s. auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.06.2013, 5 W 17/13, Juris).
26 
2. Eben dies aber wäre vorliegend der Fall: Die Kläger machen geltend, das vom griechischen Parlament am 23.02.2012 verabschiedete Gesetz 4050/2012, auf dessen Grundlage das Abstimmungsverfahren unter den beteiligten Anleihegläubigern in Gang gesetzt und nach Erreichen des vorgesehenen Quorums das Ergebnis als für alle Anleger verbindlich festgestellt wurde, sei wegen "eklatanter" Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien als nichtig zu betrachten. Dies ergebe sich schon aus seiner Unvereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG sowie mit Art. 9 und 20 GG. Auch gemessen an vergleichbaren Bestimmungen der griechischen Verfassung sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention sei das Gesetz rechtswidrig.
27 
Wollte ein deutsches Gericht dieses Vorbringen nun aber inhaltlich überprüfen, so würde es zweifellos gerade in den Kernbereich hoheitlicher Betätigung des Staates Griechenland, nämlich in dessen Gesetzgebung, eingreifen. Dies ist, wie dargelegt, generell nicht zulässig: Es steht deutschen Gerichten schlicht nicht zu, die Verfassungsmäßigkeit eines ausländischen Gesetzes – und zwar weder nach Maßgabe der Verfassung des betreffenden Staates noch gar nach den Maßstäben des deutschen Grundgesetzes – zu hinterfragen. Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass selbst ein deutsches (Bundes-) Gesetz ausschließlich durch das Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärt werden könnte (Art. 100 I GG).
28 
3. Auch der Gesichtspunkt des ordre public (Art. 6 EGBGB), nach dem einem ausländischen Gesetz unter engen Voraussetzungen die Anerkennung verweigert werden kann, hilft – entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung – nicht weiter. Schon der gedankliche Ansatz ist falsch: Es geht vorliegend ja nicht darum, dass ein deutsches Gericht in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit Auslandsberührung aufgrund der Regeln des internationalen Privatrechts das ausländische materielle Recht im Inland anzuwenden hätte, wobei sich dann in der Tat u.U. die Frage stellen könnte, ob diese Rechtsanwendung im konkreten Fall zu einem untragbaren Widerspruch zu grundlegenden deutschen Rechts- und Wertvorstellungen führen würde. Vielmehr wurde durch das betreffende Gesetz und dessen Umsetzung in Griechenland selbst eine bestimmte Rechtslage geschaffen. Diese mag sich zwar im Ergebnis auch in Deutschland (und anderen Staaten) nachteilig für einzelne Anleger wie etwa die Kläger auswirken; als Faktum ist sie gleichwohl hinzunehmen. Anders ausgedrückt: Wenn infolge der Ausführung des Gesetzes 4050/2012 in Griechenland die in den Bonds verbrieften Forderungsrechte eingezogen, ausgebucht und damit vernichtet worden sind, so kann dies nicht unter Berufung auf den deutschen ordre public – also darauf, dass eine solche Enteignung nach unseren Maßstäben möglicherweise als grundgesetzwidrig angesehen werden könnte – gewissermaßen rückgängig gemacht werden.
29 
4. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte vorliegend nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich ("acta iure gestionis") tätig geworden sei.
30 
a) Richtig daran ist nur, dass die ursprüngliche Emission der streitgegenständlichen Anleihen, durch die sich der griechische Staat auf den Finanzmärkten mit dem nötigen Kapital zu seiner Finanzierung versorgte, unzweifelhaft fiskalischer Natur war (BVerfG NJW 2007, 2605 Rz. 35 betr. Argentinien-Anleihen). Dies ist jedoch nicht das Problem: Vielmehr geht es um die Frage, welcher Natur die Einziehung der Anleihen war. Wenn die Kläger aus den streitgegenständlichen Anleihen noch einen primären Erfüllungsanspruch oder aber, weil die Beklagte diese im Rahmen des Schuldenschnitts eingezogen und für nichtig erklärt hat, einen vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzanspruch geltend machen, so ist zunächst zu konstatieren, dass ihnen aufgrund des Gesetzes 4050/2012 alle diesbezüglichen Ansprüche entzogen worden sind. Diese Entziehung erfolgte zwar nicht schon im Wege der Legalenteignung, also durch das genannte Gesetz selbst, sondern erst – nachdem die erforderlichen Abstimmungsmehrheiten zustande gekommen waren – infolge von dessen Umsetzung durch Beschlüsse des Ministerrats und die daraufhin ergangenen Anweisungen an die griechische Zentralbank. Mit dem nach der Gläubigerabstimmung ("collective-action-Prozess") erfolgten (Zwangs-) Umtausch der Bonds hat aber die griechische Regierung nur das durchgeführt, was das Gesetz 4050/2012 vorsah; sie bewegte sich somit im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung. Nach Maßgabe der griechischen Gesetzeslage handelte sie deshalb in jedem Fall rechtmäßig (so auch LG Düsseldorf, Urt. v. 21.03.2013, 11 O 397/12, Juris). Selbst wenn jedoch die Exekutivorgane den Ermächtigungsrahmen überschritten hätten, wäre dies als Hoheitsakt durch ein deutsches Gericht nicht überprüfbar. Ein greifbarer Rechtsverstoß – etwa wegen Unvereinbarkeit des Gesetzes 4050/2012 mit der griechischen Verfassung – könnte deshalb allenfalls in dem Umstand gesehen werden, dass eben diese Gesetzeslage durch das Parlament, also durch hoheitliches Handeln, geschaffen worden war. Gerade dies aber entzieht sich der Kontrolle durch ein deutsches Gericht.
31 
b) Dass die griechische Zentralbank selbst, wie sie in einem an den Staatsgerichtshof gerichteten Schriftsatz (s. Anl. K 19) geäußert hat, der Meinung ist, bei dem Anleihentausch nicht hoheitlich, sondern fiskalisch gehandelt zu haben, kann an dieser Beurteilung nichts ändern: Wie vorstehend bereits dargelegt, obliegt die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Staatstätigkeit nicht den handelnden Organen des betreffenden ausländischen Staates, sondern sie ist grundsätzlich nach dem nationalen Recht des angerufenen Gerichts, hier also nach deutschem Recht vorzunehmen (BGH NJW 1979, 1101).
32 
c) Die vorliegende Fallkonstellation ist, entgegen der Auffassung der Kläger, auch nicht mit dem Fall der Argentinien-Anleihen vergleichbar:
33 
Nach der ab 1999 verschärften Finanzkrise und der darauf folgenden Staatspleite hatte die Republik Argentinien durch ein Gesetz aus dem Jahre 2002 den "öffentlichen Notstand" erklärt und auf der Grundlage einer daraufhin erlassenen Verordnung die Bedienung der Auslandsschulden durch die Regierung vorläufig ausgesetzt, um in der so gewonnenen Zeit den Schuldendienst insgesamt neu ordnen zu können. Deutsche Anleger hatten daraufhin gegen die Republik Argentinien auf Erfüllung ihrer Ansprüche aus den auch auf dem deutschen Kapitalmarkt aufgelegten Staatsanleihen geklagt. Die hiermit befassten Zivilgerichte hatten sich an einer Sachentscheidung nicht durch Immunitätsgesichtspunkte gehindert gesehen (vgl. insb. OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.04.2008, 8 U 201/07, Juris).
34 
Der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall lag indes darin, dass die Republik Argentinien bei der Emission der Anleihen ausdrücklich "unwiderruflich" auf die Staatenimmunität "in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen" verzichtet und sich dementsprechend auch, jedenfalls in den Erkenntnisverfahren, gar nicht auf ihre Immunität berufen hatte. Die Rückzahlungsklagen konnten deshalb ohne Weiteres der fiskalischen, nichthoheitlichen Staatstätigkeit zugeordnet werden; zumindest aber stand infolge des Verzichts der Gesichtspunkt etwaigen hoheitlichen Handelns einer Entscheidung durch deutsche Gerichte nicht entgegen. Demgegenüber haben die Kläger im vorliegenden Fall gerade nicht aufzeigen können, dass das griechische Gesetz 2198/1994, auf dessen Grundlage die Emission der streitgegenständlichen Anleihen ursprünglich erfolgt war, einen ähnlichen Immunitätsverzicht beinhaltet hätte.
35 
Gegenstand einer zu diesem Komplex ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war denn auch nur, ob der Staat Argentinien berechtigt war, gegenüber Privatpersonen die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf einen wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern (s. BVerfG NJW 2007, 2610). Das BVerfG urteilte, dass jedenfalls keine allgemeine Regel des Völkerrechts feststellbar sei, aus der sich eine solche Berechtigung herleiten ließe. Die Frage, ob die Republik Argentinien sich wegen der Aussetzung des Schuldendienstes nicht vielleicht unter dem Gesichtspunkt hoheitlichen Handelns auf Immunität berufen konnte, spielte in diesem Zusammenhang – nach dem vorstehend erwähnten Verzicht konsequent – keine Rolle.
36 
In einer zweiten Entscheidung befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, auf welche Weise gegen den ausländischen Staat vollstreckt werden kann (BVerfG NJW 2007, 2605): Konkret ging es darum, ob der in den Anleihebedingungen enthaltene pauschale Immunitätsverzicht Argentiniens sich auch darauf erstreckte, dass damit auch im Vollstreckungsverfahren die Immunität bezüglich hoheitlich genutzten Vermögens aufgehoben war, ob also das besonderem diplomatischem Schutz unterliegende Botschaftskonto gepfändet werden konnte – was das BVerfG verneinte. Auch aus dieser Entscheidung können die Kläger mithin nichts für ihre Rechtsposition herleiten.
37 
Damit hat es im Ergebnis dabei zu verbleiben, dass die Klage mangels deutscher Gerichtsbarkeit unzulässig ist.
38 
Die nachgereichten Schriftsätze der Parteien vom 06.11. und vom 08.11.2013 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 296a, 156 ZPO).
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 25


Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2013 - III ZB 40/12

bei uns veröffentlicht am 14.05.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 40/12 vom 14. Mai 2013 in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 109 Abs. 1, § 707 Abs. 1 Satz 1, § 1065 Abs. 2 Sat

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 06. Juni 2013 - 5 W 17/13

bei uns veröffentlicht am 06.06.2013

Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2013 - Az. 2 O 172/11 - aufgehoben. Das Verfahren wird zur Entscheidung des Rechtsstrei

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 40/12
vom
14. Mai 2013
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
eines ausländischen Schiedsspruchs
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs entfällt
die Veranlassung für eine vom Rechtsbeschwerdegericht angeordnete Sicherheitsleistung
nicht deswegen, weil der angefochtene Beschluss aufgehoben und
das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden ist.
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - III ZB 40/12 - KG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2013 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Wöstmann, Seiters, Tombrink und
Dr. Remmert

beschlossen:
Die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 28. März 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 30 Mio. €

Gründe:

I.


1
Der Antragsgegner wurde durch einen in G. am 1. Juli 2009 erlassenen Schiedsspruch zur Zahlung von 29.210.000 € Schadensersatz nebst Zinsen und Kosten verurteilt; die Revision des Antragsgegners zum S. Bundesgericht blieb erfolglos. Im Sommer 2011 hielt sich der t. Kronprinz mit einer Boeing 737 - nach Darstellung des Antragstellers Eigentum des Antragsgegners - in M. auf. Der Antragsteller stellte beim Kammergericht einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in Deutschland, verbunden mit einem Antrag nach § 1063 Abs. 3 ZPO auf Zulas- sung der Sicherungsvollstreckung. Mit Beschluss vom 11. Juli 2011 ordnete das Kammergericht bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung die Sicherungsvollstreckung aus dem Schiedsspruch mit der Maßgabe an, dass der Antragsgegner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 38 Mio. € abwenden könne. Auf der Grundlage dieses Beschlusses wurde das Flugzeug in M. gepfändet. Zur Freigabe des Flugzeugs stellte der Antragsgegner eine Bürgschaft über 38 Mio. €.
2
Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 hat das Kammergericht den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und die vorläufige Vollstreckbarkeit seines Beschlusses angeordnet. Hiergegen hat der Antragsgegner Rechtsbeschwerde eingelegt und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss gegen Sicherheitsleistung beantragt. Der Senat hat am 19. Juli 2012 gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe eingestellt, dass der Antragsgegner binnen drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses eine Sicherheit von insgesamt 42 Mio. € leistet, wobei diese durch Aufstockung der bereits über 38 Mio. € gestellten Bürgschaft oder in anderer Weise erfolgen könne. Der Antragsgegner hat daraufhin eine weitere Bürgschaft über 4 Mio. € gestellt. Am 30. Januar 2013 hat der Senat den Beschluss des Kammergerichts vom 4. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Antragsgegner hat daraufhin beantragt , dem Antragsteller nach § 109 Abs. 1 ZPO aufzugeben, binnen zehn Tagen in das Erlöschen der Bürgschaften einzuwilligen. Gegen die diesen Antrag ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers wendet sich der Antragsgegner mit seiner Erinnerung, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

II.


3
Die gemäß § 11 Abs. 2 RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung hat keinen Erfolg. Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs entfällt die Veranlassung für eine vom Rechtsbeschwerdegericht angeordnete Sicherheitsleistung nicht deswegen, weil der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen worden ist. Wie sich aus § 1063 Abs. 3 ZPO ergibt, besteht im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ein legitimes Sicherungsinteresse derjenigen Partei, zu deren Gunsten ein Schiedsspruch ergangen ist, bereits vor der Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung. Dieses Interesse bleibt von einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unberührt. Dies muss vor allem im vorliegenden Fall gelten, in dem unstreitig im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland kein weiteres Vermögen des Antragsgegners, in das vollstreckt werden könnte, vorhanden ist, das heißt im Falle des Erlöschens der Sicherheiten die Fortführung des Verfahrens wirtschaftlich sinnlos wäre. Der Zweck der insoweit gestellten Bürgschaften ist nicht entfallen. Es steht noch nicht fest, dass eine Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht in Betracht kommt. Allein die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses genügt nicht.
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanz:
KG Berlin, Entscheidung vom 04.06.2012 - 20 Sch 10/11 -

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2013 - Az. 2 O 172/11 - aufgehoben.

Das Verfahren wird zur Entscheidung des Rechtsstreits an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 21.850,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, mit dem das Landgericht den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Stuttgart verwiesen hat.
Die Klägerin, eine kroatische Staatsangehörige, war in Kroatien Lehrerin, bevor sie ab dem 01.09.2002 bis zum 01.09.2004 für das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Europäische Integration der Beklagten in deren Generalkonsulat in Stuttgart als Angestellte beschäftigt war. Als Leiterin für Kultur erhielt sie monatlich 1.450,00 EUR. Nach den Bedingungen des Anstellungsvertrages musste sich die Klägerin selbst um eine Sozialversicherung kümmern. Sie zahlte in Zagreb in eine private Rentenversicherung ein und war in Kroatien krankenversichert. Vom 15.01.2005 bis zum 15.06.2009 arbeitete die Klägerin erneut im Generalkonsulat in Stuttgart, jetzt als Konsulin Erster Klasse, und erhielt ein Gehalt von 2.300,00 EUR monatlich. Sie verfügte über einen diplomatischen Pass und war hoheitlich für die Beklagte tätig.
In dem am 15.01.2005 zwischen den Parteien geschlossenen „Vertrag über die Einteilung der Vertragsdiplomatin auf bestimmte Zeit ins Ausland“ (Anlage K 4, Bl. 14 d.A.) ist u.a. Folgendes geregelt:
In Art. 4:
„Der Vertragsdiplomatin steht das Recht auf Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge zu, deren Betrag nach der Komplexität der Arbeitsaufgaben ihrer Stelle als Diplomatin festgestellt wird, und zwar nach der Verordnung über Bezeichnungen der Arbeitsstellen und dem Koeffizient der Komplexität der Arbeitsaufgaben im Staatsdienst (….)“.
In Art. 8:
„Alle Rechte, Pflichten und Verantwortungen, die der Vertragsdiplomatin zukommen, werden in einem amtlichen Beschluss angegeben.“
In Art. 10:
„Im Falle eines Gerichtsverfahrens, sind sich beide Seiten einig, dass der Rechtsstreit vor dem Gemeindegericht in Zagreb ausgetragen wird.“
10 
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe es unter Missachtung von Art. 10 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens vom 24.11.1997 unterlassen, ihrer Anmeldepflicht zur deutschen Sozialversicherung nachzukommen. Sie habe seit 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in K... Sie habe gegenüber der damaligen Generalkonsulin innerhalb von 6 Monaten nach Beschäftigungsbeginn mitgeteilt, dass sie in Deutschland sozialversicherungspflichtig sein wolle. Bei ordnungsgemäßer Anmeldung hätte sie Arbeitslosengeld in Höhe von 1.650,00 EUR für 15 Monate, also insgesamt in Höhe von 24.750,00 EUR erhalten. Unter Abzug des durch die Beklagte gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.900,00 EUR ergebe sich ein Anspruch von 19.850,00 EUR. Für die Zeit ihrer Beschäftigung vom 15.11.2005 bis zum 15.09.2009 würde ihr eine Rente in Höhe von 185,00 EUR zzgl. 45,00 EUR monatlich zustehen. Abzüglich des in Kroatien angelegten Betrags, der eine Zahlung von monatlich 22,23 EUR ergebe, verbleibe ein Betrag von 207,77 EUR monatlich, der ihr entgangen sei. Außerdem habe die Beklagte gegen § 28a SGB IV verstoßen, da sie die Klägerin bei der Sozialversicherung hätte anmelden müssen.
11 
Die deutschen Gerichte seien gem. § 20 GVG für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, da es hier nicht um hoheitliches Handeln gehe.
12 
Sie beantragt,
13 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.850,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
14 
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, 207,77 EUR monatlich ab dem Eintritt in die Rente namentlich dem 01.07.2020 bis zum Versterben der Klägerin zu zahlen, wobei die Zahlung im letzten Monat ihres Lebens anteilig nach Kalendertagen zu erfolgen hat.
15 
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und zukünftig noch entsteht, dass die Beklagte die Klägerin nicht bei der deutschen Sozialversicherung angemeldet hat.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, denn sie genieße Immunität nach Art. 5 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16.05.1972. § 20 Abs. 2 GVG sei ebenfalls einschlägig, wonach sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten mit Konsulatsangestellten erstrecke, die nach dem Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses konsularische bzw. hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen hätten.
19 
Das Landgericht Stuttgart hat mit Verfügung vom 03.01.2012 (Bl. 28 d.A.) darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Vortrag entweder die Arbeitsgerichte (§ 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG) oder die Sozialgerichte zuständig sein dürften. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.01.2012 die Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Stuttgart beantragt (Bl. 29 d.A.).
20 
Das Landgericht Stuttgart hat am 26.02.2013 beschlossen, dass der ordentliche Rechtsweg unzulässig sei. Es hat den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Arbeitsgericht Stuttgart verwiesen.
21 
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben sei. Da die Klägerin hier keine Nachmeldung zur Sozialversicherung anstrebe, sondern einen Schadensersatzanspruch, der auf Zahlung an sie selbst gerichtet sei, liege der Schwerpunkt des Rechtsstreits bei der Arbeits- und nicht bei der Sozialgerichtsbarkeit.
22 
Gegen diesen der Beklagten am 05.03.2013 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.03.2013, der noch am selben Tag beim Landgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die Entscheidung des Landgerichts unter Umgehung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, nachdem ihr bereits am 21.02.2013 beim Landgericht eingegangener Schriftsatz erst am 27.02.2013 und damit nach dem Beschluss vom 26.02.2013 zu den Akten gelangt sei.
23 
In der Sache sei auszuführen, dass die Klage bereits jetzt abweisungsreif sei und daher nicht mehr an das Arbeitsgericht Stuttgart zu verweisen sei. Dies folge daraus, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nach § 20 Abs. 2 GVG nicht gegeben sei und die Beklagte nach Art. 5 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16.05.1972 Immunität genieße. Schließlich bestehe eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Gemeindegerichts Zagreb. Damit hätte sich das Landgericht zwingend auseinandersetzen müssen.
24 
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16. April 2013 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
25 
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
26 
1. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, nämlich innerhalb der Notfrist von zwei Wochen gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
27 
2. Die Klägerin begehrt Schadensersatz von der Beklagten und begründet diesen mit der Verletzung des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens. Ob es sich damit um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einer Arbeitnehmerin und ihrem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis handelt, für die gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig sind, kann hier offen bleiben. Denn zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die Beklagte nach dem vorgetragenen Sachverhalt der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist.
28 
3. Der Verweisung des Rechtsstreits an die Arbeitsgerichtsbarkeit steht die Staatenimmunität der Beklagten entgegen. Das Landgericht hätte die Klage daher - nach durchzuführender mündlicher Verhandlung - als unzulässig abweisen müssen.
29 
a) Die Frage, ob die deutsche Gerichtsbarkeit überhaupt ausgeübt werden darf, ist vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen - auch der des Rechtswegs - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Sie ist also vorrangig vor der Frage zu prüfen, ob für den vorliegenden Rechtsstreit statt der ordentlichen Gerichte die Arbeitsgerichte zuständig sind (vgl. BGH NJW 1979, 1101; BAG NZA 2005, 1117; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Auflage, Vor §§ 18-20 GVG, Rn. 3).
30 
Wenn die deutsche Gerichtsbarkeit wegen entgegenstehender Staatenimmunität nicht ausgeübt werden darf, dann kann ein deutsches Gericht keine gerichtliche Tätigkeit entfalten. Andernfalls würde es die Grenzen der für seine Tätigkeit vorausgesetzten Staatsgewalt überschreiten und in die Souveränität des anderen Staates völkerrechtswidrig eingreifen. Möglich ist allerdings die Abweisung einer Klage durch Prozessurteil (vgl. BGH NJW 1979, 1101; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Auflage, Vor §§ 18-20 GVG, Rn. 3; Stein/Jonas-Jacobs, ZPO, 22. Auflage, § 18 GVG, Rn. 4).
31 
b) Gem. § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie aufgrund von völkerrechtlichen Vereinbarungen Immunität beanspruchen können.
32 
Eine solche völkerrechtliche Vereinbarung ist das von der Beklagten genannte Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.05.1972 (BGBl. 1990 II S. 34). Dieses Übereinkommen regelt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die das Übereinkommen ratifiziert haben, die Staatenimmunität abschließend (Kissel/Mayer, GVG, 7. Auflage, § 20, Rn. 18).
33 
Das Vertragsbüro des Europarats veröffentlicht unter http://conventions.coe.int, welche Mitgliedstaaten des Europarats das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert haben und wann das Übereinkommen in diesen Staaten in Kraft getreten ist. In Deutschland ist das Übereinkommen am 16.08.1990 in Kraft getreten, während Kroatien es weder unterzeichnet noch ratifiziert hat. Kroatien ist damit kein Vertragstaat im Sinne dieses Übereinkommens. Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a des Übereinkommens, auf den sich die Beklagte beruft, ist aber nur dann anwendbar, wenn der Staat, der vor einem deutschen Gericht verklagt wird, Vertragsstaat ist. Damit kann die Beklagte keine Staatenimmunität nach diesem Übereinkommen in Anspruch nehmen.
34 
c) Gem. § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit allerdings auch nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts von ihr befreit sind. Nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht, bei dem es sich nach Art. 25 GG um Bundesrecht handelt, sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Dagegen besteht keine Regel des Völkerrechts, die die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen in Bezug auf die nichthoheitliche Tätigkeit von Staaten ausschließt (BVerfGE 46, 342, 364 ff.; BAG NZA 2001, 683 m.w.N.). Für die Abgrenzung maßgebend ist die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Die Qualifikation als hoheitliche oder nichthoheitliche Staatstätigkeit ist nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 7. Auflage, § 20, Rn. 3; BVerfGE 16, 27).
35 
Aus Art. 18 EuGVO, auf den die Klägerin verweist, ergibt sich nicht, ob ein Staat Immunität genießt oder nicht. Art. 18 EuGVO ist eine bloße Zuständigkeitsregelung und setzt die gem. § 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG zu beachtenden allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht außer Kraft. Der von der Klägervertreterin zitierten Entscheidung des EuGH vom 19.07.2012 (EuGH NZA 2012, 935) ist nichts anderes zu entnehmen. Dieser Entscheidung lag die Klage eines nichthoheitlich tätigen Angestellten einer Botschaft zugrunde.
36 
Bei Rechtsstreitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsrechtsverhältnisses, das zur Erfüllung originär konsularisch-hoheitlicher Aufgaben verpflichtet, ist die Immunität des ausländischen Staates gegeben, denn die Entscheidung betrifft die diplomatische und konsularische Tätigkeit des ausländischen Staates unmittelbar (vgl. nur BAG NZA 1996, 1229; BAG NZA 2012, 760). Im vorliegenden Rechtsstreit geht es jedoch nicht um den Bestand des Arbeitsrechtsverhältnisses mit der Klägerin. Das Arbeitsverhältnis ist beendet. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen der Verletzung von Art. 10 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens im Zusammenhang mit dem beendeten Arbeitsverhältnis.
37 
aa) Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung nimmt die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit nach der Art des streitigen Rechtsverhältnisses vor. Danach unterliegen arbeitsrechtliche Angelegenheiten zwischen einem anderen Staat und einem seiner Arbeitnehmer dann nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn der Arbeitnehmer für diesen Staat hoheitlich tätig gewesen ist. Maßgebend ist also der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit, auch wenn Gegenstand des Rechtsstreits nicht der Bestand des Arbeitsrechtsverhältnisses an sich ist, sondern Schadensersatzpflichten oder andere Zahlungspflichten im Zusammenhang mit diesem Arbeitsrechtsverhältnis in Streit stehen (vgl. nur LAG München, Beschluss vom 20.12.2011, Az. 8 Ta 393/11; nachfolgend: BAG NZA 2013, 468; BAG NZA 2005, 1117; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009, Az. 7 Sa 87/08; so auch: Herdegen, Völkerrecht, § 37, Rn. 6). Die Klägerin, die in Kroatien zunächst Lehrerin war, nahm zuletzt als Konsulin Erster Klasse und Leiterin für Kultur unstreitig hoheitliche Aufgaben für die Beklagte wahr.
38 
bb) Eine andere Ansicht stellt nicht auf den Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses, sondern auf die Natur des geltend gemachten prozessualen Anspruchs ab (vgl. LAG München, Urteile vom 27.11.2009, Az. 3 Sa 581/09 und 3 Sa 572/09, zustimmend: Majer NZA 2010, 1395). Auch wenn man dieser engeren Ansicht folgt, wäre hier von einem hoheitlichen Charakter des streitigen Rechtsverhältnisses auszugehen.
39 
Denn die Klägerin begründet ihren Schadensersatzanspruch mit der Verletzung von Art. 10 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien.
40 
Sozialversicherungsabkommen sind völkerrechtliche Abkommen, die unmittelbar zwischen den Vertragsstaaten gelten. In Deutschland müssen sie nach Art. 59 Abs. 2 GG vom Gesetzgeber in innerstaatliches Recht umgesetzt werden, um innerstaatliche Geltung zu erlangen (vgl. Schulin/v. Maydell, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1: Krankenversicherungsrecht, § 64, Rn. 51 f.; Eichenhofer/Rische/Schmähl-Grotzer, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, Kap. 19, Rn. 84).
41 
Die Klägerin geht hier jedoch nicht gegen eine deutsche Behörde wegen Nichteinhaltens des innerstaatlichen Rechts vor, sondern gegen die Republik Kroatien. Sie wirft der Beklagten letztlich vor, gegen ihren eigenen völkerrechtlichen Vertrag verstoßen zu haben. Sie will damit die Beklagte als Vertragspartnerin eines völkerrechtlichen Vertrags, als Hoheitsträgerin, in Anspruch nehmen. Art. 10 des Sozialversicherungsabkommens richtet sich zudem schon seinem Wortlaut nach nicht an jeden - auch privaten - Arbeitgeber, sondern an die Beklagte, die als Hoheitsträgerin diplomatische oder konsularische Vertretungen unterhält.
42 
Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Klägerin kann auch nicht § 28a SGB IV sein. Denn diese Vorschrift regelt, in welchem Umfang ein Meldepflichtiger seiner Meldepflicht für kraft Gesetzes versicherte Personen nachkommen muss. Dass die Beklagte meldepflichtig für die Klägerin gewesen wäre, ergibt sich jedoch nicht aus § 28a SGB IV. Die Versicherungspflicht von Beschäftigten bei diplomatischen und konsularischen Vertretungen ist im Verhältnis zwischen Deutschland und Kroatien in Art. 10 des Sozialversicherungsabkommens vom 24.11.1997 geregelt.
43 
Damit ist hier auch dann von der Immunität der Beklagten auszugehen, wenn man der engeren Auffassung zu der Frage, wann hoheitliches Handeln vorliegt, folgt.
44 
d) Da die Beklagte Staatenimmunität genießt, ist der Rechtsstreit nicht an die Arbeitsgerichtsbarkeit zu verweisen. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abzuweisen.
45 
Der Senat ist im Beschwerdeverfahren gehindert, die Klage selbst als unzulässig abzuweisen, da er nur dazu berufen ist, über die Beschwerde zu entscheiden. Auch als Berufungsinstanz könnte er diese Entscheidung nicht treffen, da es an einem erstinstanzlichen Endurteil fehlt, § 511 Abs. 1 ZPO.
46 
Aus diesem Grund ist der Beschluss vom 26. Februar 2013 aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zur Entscheidung über den Rechtsstreit zurückzuverweisen.
47 
Zur Vermeidung weiterer Kosten wird der Klägerin anheimgestellt, die Klage zurückzunehmen.
III.
48 
1. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO.
49 
2. Der Beschwerdewert richtet sich nach § 3 ZPO. Da sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde gegen ihre Inanspruchnahme insgesamt zur Wehr setzt, ist als Beschwerdewert der Wert der Hauptsache anzusetzen.
50 
3. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 17a Abs. 4 Satz 4, 5 GVG nicht zuzulassen, da die Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat auch nicht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes abweicht.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 40/12
vom
14. Mai 2013
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
eines ausländischen Schiedsspruchs
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs entfällt
die Veranlassung für eine vom Rechtsbeschwerdegericht angeordnete Sicherheitsleistung
nicht deswegen, weil der angefochtene Beschluss aufgehoben und
das Verfahren an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden ist.
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - III ZB 40/12 - KG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2013 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Wöstmann, Seiters, Tombrink und
Dr. Remmert

beschlossen:
Die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 28. März 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 30 Mio. €

Gründe:

I.


1
Der Antragsgegner wurde durch einen in G. am 1. Juli 2009 erlassenen Schiedsspruch zur Zahlung von 29.210.000 € Schadensersatz nebst Zinsen und Kosten verurteilt; die Revision des Antragsgegners zum S. Bundesgericht blieb erfolglos. Im Sommer 2011 hielt sich der t. Kronprinz mit einer Boeing 737 - nach Darstellung des Antragstellers Eigentum des Antragsgegners - in M. auf. Der Antragsteller stellte beim Kammergericht einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs in Deutschland, verbunden mit einem Antrag nach § 1063 Abs. 3 ZPO auf Zulas- sung der Sicherungsvollstreckung. Mit Beschluss vom 11. Juli 2011 ordnete das Kammergericht bis zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung die Sicherungsvollstreckung aus dem Schiedsspruch mit der Maßgabe an, dass der Antragsgegner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 38 Mio. € abwenden könne. Auf der Grundlage dieses Beschlusses wurde das Flugzeug in M. gepfändet. Zur Freigabe des Flugzeugs stellte der Antragsgegner eine Bürgschaft über 38 Mio. €.
2
Mit Beschluss vom 4. Juni 2012 hat das Kammergericht den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt und die vorläufige Vollstreckbarkeit seines Beschlusses angeordnet. Hiergegen hat der Antragsgegner Rechtsbeschwerde eingelegt und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss gegen Sicherheitsleistung beantragt. Der Senat hat am 19. Juli 2012 gemäß § 1065 Abs. 2 Satz 2, § 707 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe eingestellt, dass der Antragsgegner binnen drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses eine Sicherheit von insgesamt 42 Mio. € leistet, wobei diese durch Aufstockung der bereits über 38 Mio. € gestellten Bürgschaft oder in anderer Weise erfolgen könne. Der Antragsgegner hat daraufhin eine weitere Bürgschaft über 4 Mio. € gestellt. Am 30. Januar 2013 hat der Senat den Beschluss des Kammergerichts vom 4. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der Antragsgegner hat daraufhin beantragt , dem Antragsteller nach § 109 Abs. 1 ZPO aufzugeben, binnen zehn Tagen in das Erlöschen der Bürgschaften einzuwilligen. Gegen die diesen Antrag ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers wendet sich der Antragsgegner mit seiner Erinnerung, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.

II.


3
Die gemäß § 11 Abs. 2 RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung hat keinen Erfolg. Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs entfällt die Veranlassung für eine vom Rechtsbeschwerdegericht angeordnete Sicherheitsleistung nicht deswegen, weil der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen worden ist. Wie sich aus § 1063 Abs. 3 ZPO ergibt, besteht im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ein legitimes Sicherungsinteresse derjenigen Partei, zu deren Gunsten ein Schiedsspruch ergangen ist, bereits vor der Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung. Dieses Interesse bleibt von einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses unberührt. Dies muss vor allem im vorliegenden Fall gelten, in dem unstreitig im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland kein weiteres Vermögen des Antragsgegners, in das vollstreckt werden könnte, vorhanden ist, das heißt im Falle des Erlöschens der Sicherheiten die Fortführung des Verfahrens wirtschaftlich sinnlos wäre. Der Zweck der insoweit gestellten Bürgschaften ist nicht entfallen. Es steht noch nicht fest, dass eine Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht in Betracht kommt. Allein die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses genügt nicht.
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanz:
KG Berlin, Entscheidung vom 04.06.2012 - 20 Sch 10/11 -

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2013 - Az. 2 O 172/11 - aufgehoben.

Das Verfahren wird zur Entscheidung des Rechtsstreits an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 21.850,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, mit dem das Landgericht den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Stuttgart verwiesen hat.
Die Klägerin, eine kroatische Staatsangehörige, war in Kroatien Lehrerin, bevor sie ab dem 01.09.2002 bis zum 01.09.2004 für das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und Europäische Integration der Beklagten in deren Generalkonsulat in Stuttgart als Angestellte beschäftigt war. Als Leiterin für Kultur erhielt sie monatlich 1.450,00 EUR. Nach den Bedingungen des Anstellungsvertrages musste sich die Klägerin selbst um eine Sozialversicherung kümmern. Sie zahlte in Zagreb in eine private Rentenversicherung ein und war in Kroatien krankenversichert. Vom 15.01.2005 bis zum 15.06.2009 arbeitete die Klägerin erneut im Generalkonsulat in Stuttgart, jetzt als Konsulin Erster Klasse, und erhielt ein Gehalt von 2.300,00 EUR monatlich. Sie verfügte über einen diplomatischen Pass und war hoheitlich für die Beklagte tätig.
In dem am 15.01.2005 zwischen den Parteien geschlossenen „Vertrag über die Einteilung der Vertragsdiplomatin auf bestimmte Zeit ins Ausland“ (Anlage K 4, Bl. 14 d.A.) ist u.a. Folgendes geregelt:
In Art. 4:
„Der Vertragsdiplomatin steht das Recht auf Zahlung der Rentenversicherungsbeiträge zu, deren Betrag nach der Komplexität der Arbeitsaufgaben ihrer Stelle als Diplomatin festgestellt wird, und zwar nach der Verordnung über Bezeichnungen der Arbeitsstellen und dem Koeffizient der Komplexität der Arbeitsaufgaben im Staatsdienst (….)“.
In Art. 8:
„Alle Rechte, Pflichten und Verantwortungen, die der Vertragsdiplomatin zukommen, werden in einem amtlichen Beschluss angegeben.“
In Art. 10:
„Im Falle eines Gerichtsverfahrens, sind sich beide Seiten einig, dass der Rechtsstreit vor dem Gemeindegericht in Zagreb ausgetragen wird.“
10 
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe es unter Missachtung von Art. 10 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens vom 24.11.1997 unterlassen, ihrer Anmeldepflicht zur deutschen Sozialversicherung nachzukommen. Sie habe seit 2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in K... Sie habe gegenüber der damaligen Generalkonsulin innerhalb von 6 Monaten nach Beschäftigungsbeginn mitgeteilt, dass sie in Deutschland sozialversicherungspflichtig sein wolle. Bei ordnungsgemäßer Anmeldung hätte sie Arbeitslosengeld in Höhe von 1.650,00 EUR für 15 Monate, also insgesamt in Höhe von 24.750,00 EUR erhalten. Unter Abzug des durch die Beklagte gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.900,00 EUR ergebe sich ein Anspruch von 19.850,00 EUR. Für die Zeit ihrer Beschäftigung vom 15.11.2005 bis zum 15.09.2009 würde ihr eine Rente in Höhe von 185,00 EUR zzgl. 45,00 EUR monatlich zustehen. Abzüglich des in Kroatien angelegten Betrags, der eine Zahlung von monatlich 22,23 EUR ergebe, verbleibe ein Betrag von 207,77 EUR monatlich, der ihr entgangen sei. Außerdem habe die Beklagte gegen § 28a SGB IV verstoßen, da sie die Klägerin bei der Sozialversicherung hätte anmelden müssen.
11 
Die deutschen Gerichte seien gem. § 20 GVG für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, da es hier nicht um hoheitliches Handeln gehe.
12 
Sie beantragt,
13 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.850,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
14 
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, 207,77 EUR monatlich ab dem Eintritt in die Rente namentlich dem 01.07.2020 bis zum Versterben der Klägerin zu zahlen, wobei die Zahlung im letzten Monat ihres Lebens anteilig nach Kalendertagen zu erfolgen hat.
15 
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und zukünftig noch entsteht, dass die Beklagte die Klägerin nicht bei der deutschen Sozialversicherung angemeldet hat.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Klage abzuweisen.
18 
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, denn sie genieße Immunität nach Art. 5 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16.05.1972. § 20 Abs. 2 GVG sei ebenfalls einschlägig, wonach sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf arbeitsrechtliche Streitigkeiten mit Konsulatsangestellten erstrecke, die nach dem Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses konsularische bzw. hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen hätten.
19 
Das Landgericht Stuttgart hat mit Verfügung vom 03.01.2012 (Bl. 28 d.A.) darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Vortrag entweder die Arbeitsgerichte (§ 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG) oder die Sozialgerichte zuständig sein dürften. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.01.2012 die Verweisung des Rechtsstreits an das Arbeitsgericht Stuttgart beantragt (Bl. 29 d.A.).
20 
Das Landgericht Stuttgart hat am 26.02.2013 beschlossen, dass der ordentliche Rechtsweg unzulässig sei. Es hat den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Arbeitsgericht Stuttgart verwiesen.
21 
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG für einen Schadensersatzanspruch gegen einen Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben sei. Da die Klägerin hier keine Nachmeldung zur Sozialversicherung anstrebe, sondern einen Schadensersatzanspruch, der auf Zahlung an sie selbst gerichtet sei, liege der Schwerpunkt des Rechtsstreits bei der Arbeits- und nicht bei der Sozialgerichtsbarkeit.
22 
Gegen diesen der Beklagten am 05.03.2013 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.03.2013, der noch am selben Tag beim Landgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die Entscheidung des Landgerichts unter Umgehung des rechtlichen Gehörs erfolgt sei, nachdem ihr bereits am 21.02.2013 beim Landgericht eingegangener Schriftsatz erst am 27.02.2013 und damit nach dem Beschluss vom 26.02.2013 zu den Akten gelangt sei.
23 
In der Sache sei auszuführen, dass die Klage bereits jetzt abweisungsreif sei und daher nicht mehr an das Arbeitsgericht Stuttgart zu verweisen sei. Dies folge daraus, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nach § 20 Abs. 2 GVG nicht gegeben sei und die Beklagte nach Art. 5 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16.05.1972 Immunität genieße. Schließlich bestehe eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Gemeindegerichts Zagreb. Damit hätte sich das Landgericht zwingend auseinandersetzen müssen.
24 
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16. April 2013 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
25 
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
26 
1. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, nämlich innerhalb der Notfrist von zwei Wochen gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
27 
2. Die Klägerin begehrt Schadensersatz von der Beklagten und begründet diesen mit der Verletzung des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens. Ob es sich damit um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einer Arbeitnehmerin und ihrem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis handelt, für die gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig sind, kann hier offen bleiben. Denn zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die Beklagte nach dem vorgetragenen Sachverhalt der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen ist.
28 
3. Der Verweisung des Rechtsstreits an die Arbeitsgerichtsbarkeit steht die Staatenimmunität der Beklagten entgegen. Das Landgericht hätte die Klage daher - nach durchzuführender mündlicher Verhandlung - als unzulässig abweisen müssen.
29 
a) Die Frage, ob die deutsche Gerichtsbarkeit überhaupt ausgeübt werden darf, ist vorrangig vor anderen Prozessvoraussetzungen - auch der des Rechtswegs - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Sie ist also vorrangig vor der Frage zu prüfen, ob für den vorliegenden Rechtsstreit statt der ordentlichen Gerichte die Arbeitsgerichte zuständig sind (vgl. BGH NJW 1979, 1101; BAG NZA 2005, 1117; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Auflage, Vor §§ 18-20 GVG, Rn. 3).
30 
Wenn die deutsche Gerichtsbarkeit wegen entgegenstehender Staatenimmunität nicht ausgeübt werden darf, dann kann ein deutsches Gericht keine gerichtliche Tätigkeit entfalten. Andernfalls würde es die Grenzen der für seine Tätigkeit vorausgesetzten Staatsgewalt überschreiten und in die Souveränität des anderen Staates völkerrechtswidrig eingreifen. Möglich ist allerdings die Abweisung einer Klage durch Prozessurteil (vgl. BGH NJW 1979, 1101; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Auflage, Vor §§ 18-20 GVG, Rn. 3; Stein/Jonas-Jacobs, ZPO, 22. Auflage, § 18 GVG, Rn. 4).
31 
b) Gem. § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf ausländische Staaten, soweit sie aufgrund von völkerrechtlichen Vereinbarungen Immunität beanspruchen können.
32 
Eine solche völkerrechtliche Vereinbarung ist das von der Beklagten genannte Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.05.1972 (BGBl. 1990 II S. 34). Dieses Übereinkommen regelt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die das Übereinkommen ratifiziert haben, die Staatenimmunität abschließend (Kissel/Mayer, GVG, 7. Auflage, § 20, Rn. 18).
33 
Das Vertragsbüro des Europarats veröffentlicht unter http://conventions.coe.int, welche Mitgliedstaaten des Europarats das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert haben und wann das Übereinkommen in diesen Staaten in Kraft getreten ist. In Deutschland ist das Übereinkommen am 16.08.1990 in Kraft getreten, während Kroatien es weder unterzeichnet noch ratifiziert hat. Kroatien ist damit kein Vertragstaat im Sinne dieses Übereinkommens. Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a des Übereinkommens, auf den sich die Beklagte beruft, ist aber nur dann anwendbar, wenn der Staat, der vor einem deutschen Gericht verklagt wird, Vertragsstaat ist. Damit kann die Beklagte keine Staatenimmunität nach diesem Übereinkommen in Anspruch nehmen.
34 
c) Gem. § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit allerdings auch nicht auf ausländische Staaten, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts von ihr befreit sind. Nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht, bei dem es sich nach Art. 25 GG um Bundesrecht handelt, sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Dagegen besteht keine Regel des Völkerrechts, die die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen in Bezug auf die nichthoheitliche Tätigkeit von Staaten ausschließt (BVerfGE 46, 342, 364 ff.; BAG NZA 2001, 683 m.w.N.). Für die Abgrenzung maßgebend ist die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Die Qualifikation als hoheitliche oder nichthoheitliche Staatstätigkeit ist nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 7. Auflage, § 20, Rn. 3; BVerfGE 16, 27).
35 
Aus Art. 18 EuGVO, auf den die Klägerin verweist, ergibt sich nicht, ob ein Staat Immunität genießt oder nicht. Art. 18 EuGVO ist eine bloße Zuständigkeitsregelung und setzt die gem. § 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG zu beachtenden allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht außer Kraft. Der von der Klägervertreterin zitierten Entscheidung des EuGH vom 19.07.2012 (EuGH NZA 2012, 935) ist nichts anderes zu entnehmen. Dieser Entscheidung lag die Klage eines nichthoheitlich tätigen Angestellten einer Botschaft zugrunde.
36 
Bei Rechtsstreitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsrechtsverhältnisses, das zur Erfüllung originär konsularisch-hoheitlicher Aufgaben verpflichtet, ist die Immunität des ausländischen Staates gegeben, denn die Entscheidung betrifft die diplomatische und konsularische Tätigkeit des ausländischen Staates unmittelbar (vgl. nur BAG NZA 1996, 1229; BAG NZA 2012, 760). Im vorliegenden Rechtsstreit geht es jedoch nicht um den Bestand des Arbeitsrechtsverhältnisses mit der Klägerin. Das Arbeitsverhältnis ist beendet. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen der Verletzung von Art. 10 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens im Zusammenhang mit dem beendeten Arbeitsverhältnis.
37 
aa) Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung nimmt die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit nach der Art des streitigen Rechtsverhältnisses vor. Danach unterliegen arbeitsrechtliche Angelegenheiten zwischen einem anderen Staat und einem seiner Arbeitnehmer dann nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn der Arbeitnehmer für diesen Staat hoheitlich tätig gewesen ist. Maßgebend ist also der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit, auch wenn Gegenstand des Rechtsstreits nicht der Bestand des Arbeitsrechtsverhältnisses an sich ist, sondern Schadensersatzpflichten oder andere Zahlungspflichten im Zusammenhang mit diesem Arbeitsrechtsverhältnis in Streit stehen (vgl. nur LAG München, Beschluss vom 20.12.2011, Az. 8 Ta 393/11; nachfolgend: BAG NZA 2013, 468; BAG NZA 2005, 1117; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2009, Az. 7 Sa 87/08; so auch: Herdegen, Völkerrecht, § 37, Rn. 6). Die Klägerin, die in Kroatien zunächst Lehrerin war, nahm zuletzt als Konsulin Erster Klasse und Leiterin für Kultur unstreitig hoheitliche Aufgaben für die Beklagte wahr.
38 
bb) Eine andere Ansicht stellt nicht auf den Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses, sondern auf die Natur des geltend gemachten prozessualen Anspruchs ab (vgl. LAG München, Urteile vom 27.11.2009, Az. 3 Sa 581/09 und 3 Sa 572/09, zustimmend: Majer NZA 2010, 1395). Auch wenn man dieser engeren Ansicht folgt, wäre hier von einem hoheitlichen Charakter des streitigen Rechtsverhältnisses auszugehen.
39 
Denn die Klägerin begründet ihren Schadensersatzanspruch mit der Verletzung von Art. 10 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien.
40 
Sozialversicherungsabkommen sind völkerrechtliche Abkommen, die unmittelbar zwischen den Vertragsstaaten gelten. In Deutschland müssen sie nach Art. 59 Abs. 2 GG vom Gesetzgeber in innerstaatliches Recht umgesetzt werden, um innerstaatliche Geltung zu erlangen (vgl. Schulin/v. Maydell, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1: Krankenversicherungsrecht, § 64, Rn. 51 f.; Eichenhofer/Rische/Schmähl-Grotzer, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, Kap. 19, Rn. 84).
41 
Die Klägerin geht hier jedoch nicht gegen eine deutsche Behörde wegen Nichteinhaltens des innerstaatlichen Rechts vor, sondern gegen die Republik Kroatien. Sie wirft der Beklagten letztlich vor, gegen ihren eigenen völkerrechtlichen Vertrag verstoßen zu haben. Sie will damit die Beklagte als Vertragspartnerin eines völkerrechtlichen Vertrags, als Hoheitsträgerin, in Anspruch nehmen. Art. 10 des Sozialversicherungsabkommens richtet sich zudem schon seinem Wortlaut nach nicht an jeden - auch privaten - Arbeitgeber, sondern an die Beklagte, die als Hoheitsträgerin diplomatische oder konsularische Vertretungen unterhält.
42 
Grundlage für den Schadensersatzanspruch der Klägerin kann auch nicht § 28a SGB IV sein. Denn diese Vorschrift regelt, in welchem Umfang ein Meldepflichtiger seiner Meldepflicht für kraft Gesetzes versicherte Personen nachkommen muss. Dass die Beklagte meldepflichtig für die Klägerin gewesen wäre, ergibt sich jedoch nicht aus § 28a SGB IV. Die Versicherungspflicht von Beschäftigten bei diplomatischen und konsularischen Vertretungen ist im Verhältnis zwischen Deutschland und Kroatien in Art. 10 des Sozialversicherungsabkommens vom 24.11.1997 geregelt.
43 
Damit ist hier auch dann von der Immunität der Beklagten auszugehen, wenn man der engeren Auffassung zu der Frage, wann hoheitliches Handeln vorliegt, folgt.
44 
d) Da die Beklagte Staatenimmunität genießt, ist der Rechtsstreit nicht an die Arbeitsgerichtsbarkeit zu verweisen. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abzuweisen.
45 
Der Senat ist im Beschwerdeverfahren gehindert, die Klage selbst als unzulässig abzuweisen, da er nur dazu berufen ist, über die Beschwerde zu entscheiden. Auch als Berufungsinstanz könnte er diese Entscheidung nicht treffen, da es an einem erstinstanzlichen Endurteil fehlt, § 511 Abs. 1 ZPO.
46 
Aus diesem Grund ist der Beschluss vom 26. Februar 2013 aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zur Entscheidung über den Rechtsstreit zurückzuverweisen.
47 
Zur Vermeidung weiterer Kosten wird der Klägerin anheimgestellt, die Klage zurückzunehmen.
III.
48 
1. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO.
49 
2. Der Beschwerdewert richtet sich nach § 3 ZPO. Da sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde gegen ihre Inanspruchnahme insgesamt zur Wehr setzt, ist als Beschwerdewert der Wert der Hauptsache anzusetzen.
50 
3. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 17a Abs. 4 Satz 4, 5 GVG nicht zuzulassen, da die Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat auch nicht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes abweicht.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.