Landgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Jan. 2005 - 4 O 67/04

published on 24/01/2005 00:00
Landgericht Karlsruhe Beschluss, 24. Jan. 2005 - 4 O 67/04
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Tenor

Der Antrag des Beklagten Ziffer 1 vom 18.01.2005 auf Vorlage von Unterlagen durch die Klägerin wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.11.2004 durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben zu der Frage, ob der Versicherungsvertreter W. anlässlich eines Regulierungsgespräches mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Haftpflichtversicherung des Beklagten Ziffer 1 Aussagen gemacht hat, die ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dem Grunde nach enthalten. Der Zeuge Rechtsanwalt K., Prozessbevollmächtigter der Klägerin, hat angegeben, er habe „sicher an Frau Wa. einen Besprechungsbericht geschickt.“ Allerdings ließ sich ein solcher Bericht während der mündlichen Verhandlung weder in den mitgeführten Unterlagen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch in den mitgeführten Unterlagen des Schwagers der Klägerin, der ebenfalls als Zeuge vernommen wurde, finden. Mit Schriftsatz vom 03.01.2005 hat Rechtsanwalt K. mitgeteilt, ein solcher Terminsbericht sei nicht gefertigt worden, da die Verwandten der Klägerin bei dem Regulierungsgespräch anwesend waren.
Der Beklagte Ziffer 1 beantragt nunmehr, der Klägerin gemäß § 142 ZPO aufzugeben, sämtliche bei ihr oder den klägerischen Prozessbevollmächtigten vorhandenen Unterlagen, insbesondere Terminsberichte, handschriftliche Aufzeichnungen oder Aktenvermerke zu dem Regulierungsgespräch vorzulegen.
II.
Der Antrag des Beklagten Ziffer 1 ist gemäß § 142 ZPO zulässig, im Ergebnis jedoch zurückzuweisen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Beklagte Ziffer 1 auf die betreffenden Unterlagen ausreichend substantiiert im Sinne von §142 Abs. 1 ZPO bezogen hat. Die Bezugnahme muss nämlich entsprechend den Anforderungen an die Substantiierungspflicht konkretisiert sein. Ein globales Herausgabeverlangen genügt dem Bezugnahmeerfordernis indessen nicht (dazu Greger, Zweifelsfragen und erste Entscheidungen zur neuen ZPO, NJW 2002, 3049, 3050). Ob der Antrag des Beklagten Ziffer 1 diesen Anforderungen genügt, ist zweifelhaft, weil schon die Existenz eines Besprechungsberichtes, dessen Vorlage der Beklagte Ziffer 1 in erster Linie anstrebt, höchst fraglich ist. Der Zeuge K. hat seine zunächst getroffene Aussage hierzu nämlich gleich im Anschluss mündlich relativiert, als sich ein entsprechender Bericht in den mitgeführten Unterlagen nicht finden ließ. Er hat zuerkennen gegeben, dass möglicherweise doch kein Besprechungsbericht angefertigt wurde. Dies hat er mit Schriftsatz vom 03.01.2005 nach Durchforstung seiner Unterlagen nochmals bekräftigt. Zudem vermag der Beklagte Ziffer 1 keine - auch keine ungefähren - Angaben zu dem möglichen Inhalt der von ihm herausgeforderten Unterlagen zu machen.
Letztlich kommt ein Erlass der beantragten Vorlageanordnung aber schon deshalb nicht in Betracht, weil im Rahmen der Ermessensentscheidung zwingend zu berücksichtigende Belange des Vertrauensschutzes dieser Anordnung entgegenstehen. Parteien und ihre Anwälte dürfen nämlich nicht gemäß § 142 ZPO aufgefordert werden, Unterlagen vorzulegen, die dem Vertrauensbereich Mandant - Anwalt zuzuordnen sind. Die Regelung des § 142 ZPO bedarf insoweit der einschränkenden Auslegung. Denn der Schutz grundrechtlich abgesicherter Rechtspositionen ist auch im Rahmen von § 142 ZPO zu beachten. Dazu gehört sowohl das Recht auf effektive Rechtsverteidigung, das gemäß Art. 103 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 GG geschützt wird, als auch das Recht des Anwalts auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, das u.a. dazu dient, dem Rechtsanwalt eine eigene Position zu verschaffen, wenn in die Vertrauenssphäre zwischen ihm und seinem Mandanten eingegriffen wird. Die Rechtsprechung zum Strafverfahrensrecht erkennt in diesem Zusammenhang an, dass die Korrespondenz zwischen Verteidiger und Mandant auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht der Beschlagnahme gemäß § 97 StPO unterliegt (unstr.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 97 Rn. 37). Übertragen auf das Zivilverfahrensrecht bedeutet dies, dass die Korrespondenz im weitesten Sinn zwischen der Partei und dem sie vertretenden Anwalt geschützt ist. Eine Herausgabeanordnung durch das Gericht verbietet sich vor diesem Hintergrund. Das gilt - schon wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit - nicht nur für den Beklagten, sondern auch für den Kläger.
Zu diesem Ergebnis kommt man auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zum Fair-Trial-Grundsatz des Art. 6 EMRK und zu Art. 8 EMRK, der unter anderem Privatsphäre und Korrespondenz schützt. Eingriffe in die Vertrauenssphäre zwischen Anwalt und Mandant bzw. in den Schutzbereich der Eigenverteidigung einer Partei sind nach der Rechtsprechung des EGMR allenfalls unter außergewöhnlichen Umständen, beispielsweise bei Missbrauch des Privilegs, zu tolerieren (s. zum Ganzen Konrad, Der Schutz der Vertrauenssphäre zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Zivilprozess, NJW 2004, 710 ff m.w.N.). Solche Umstände liegen im Streitfall ganz offensichtlich nicht vor.
Der Erlass einer Vorlageanordnung gemäß § 425 ZPO scheitert daran, dass die Voraussetzungen gemäß §§ 421 ff ZPO, insbesondere zur Substantiierung gemäß § 424 ZPO, nicht vorliegen.
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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
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published on 04/04/2005 00:00

Tenor I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 24.01.2005 - 4 O 67/04 - wird als unzulässig auf seine Kosten verworfen. II. Der Wert der Beschwerde wird auf 60.000,00 EUR festgesetzt.
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(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der Beschlagnahme unterliegen nicht

1.
schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den Personen, die nach § 52 oder § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b das Zeugnis verweigern dürfen;
2.
Aufzeichnungen, welche die in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b Genannten über die ihnen vom Beschuldigten anvertrauten Mitteilungen oder über andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt;
3.
andere Gegenstände einschließlich der ärztlichen Untersuchungsbefunde, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3b Genannten erstreckt.

(2) Diese Beschränkungen gelten nur, wenn die Gegenstände im Gewahrsam der zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigten sind, es sei denn, es handelt sich um eine elektronische Gesundheitskarte im Sinne des § 291a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Die Beschränkungen der Beschlagnahme gelten nicht, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigte Person an der Tat oder an einer Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt ist, oder wenn es sich um Gegenstände handelt, die durch eine Straftat hervorgebracht oder zur Begehung einer Straftat gebraucht oder bestimmt sind oder die aus einer Straftat herrühren.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind entsprechend anzuwenden, soweit die Personen, die nach § 53a Absatz 1 Satz 1 an der beruflichen Tätigkeit der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3b genannten Personen mitwirken, das Zeugnis verweigern dürfen.

(4) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Personen reicht, ist die Beschlagnahme von Gegenständen unzulässig. Dieser Beschlagnahmeschutz erstreckt sich auch auf Gegenstände, die von den in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Personen den an ihrer Berufstätigkeit nach § 53a Absatz 1 Satz 1 mitwirkenden Personen anvertraut sind. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen, die nach § 53a Absatz 1 Satz 1 an der beruflichen Tätigkeit der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten Personen mitwirken, das Zeugnis verweigern dürften.

(5) Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 genannten Personen reicht, ist die Beschlagnahme von Verkörperungen eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), die sich im Gewahrsam dieser Personen oder der Redaktion, des Verlages, der Druckerei oder der Rundfunkanstalt befinden, unzulässig. Absatz 2 Satz 2 und § 160a Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend, die Beteiligungsregelung in Absatz 2 Satz 2 jedoch nur dann, wenn die bestimmten Tatsachen einen dringenden Verdacht der Beteiligung begründen; die Beschlagnahme ist jedoch auch in diesen Fällen nur zulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und die Erforschung des Sachverhaltes oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

Erachtet das Gericht die Tatsache, die durch die Urkunde bewiesen werden soll, für erheblich und den Antrag für begründet, so ordnet es, wenn der Gegner zugesteht, dass die Urkunde sich in seinen Händen befinde, oder wenn der Gegner sich über den Antrag nicht erklärt, die Vorlegung der Urkunde an.

Der Antrag soll enthalten:

1.
die Bezeichnung der Urkunde;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen;
3.
die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde;
4.
die Angabe der Umstände, auf welche die Behauptung sich stützt, dass die Urkunde sich in dem Besitz des Gegners befindet;
5.
die Bezeichnung des Grundes, der die Verpflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt. Der Grund ist glaubhaft zu machen.