Landgericht Hamburg Urteil, 21. Jan. 2016 - 413 HKO 42/15
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 136.108,28
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 2.949,81 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.01.2011 bis einschließlich Dezember 2013 monatlich entstandenen Forderungen,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.914,51 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.01.2014 bis einschließlich Juli 2014 monatlich entstandenen Forderungen,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.914,51 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.08.2014 bis einschließlich Oktober 2014 monatlich entstandenen Forderungen,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.023,96 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.11.2014 bis einschließlich Juni 2015 monatlich entstandenen Forderungen,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 154,10 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.07.2015 bis einschließlich September 2015 monatlich entstandenen Forderungen,
zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin ausstehende außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.107,45 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2014 zu zahlen;
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen die Klägerin 32 % und die Beklagte 68 %.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung eines restlichen Handelsvertreterausgleichs, auf Rückzahlung geleisteter Miet- bzw. Serviceentgelte für das Stationscomputersystem und für sog. Cash-Management-Units (insbesondere Tresor und Geldautomaten; nachfolgend: CMU) sowie auf Erteilung einer Schlussabrechnung in Anspruch.
- 2
Die Parteien verbindet ein Tankstellenvertrag RBA vom 16./20.02.2007 (nachfolgend auch: TVV, Anlage K 2).
- 3
Auf dessen Grundlage betrieb die Klägerin in der Zeit vom 19.02.2007 bis zum 13.10.2014 - nach Kündigung durch die Beklagte - die S..-Station in der R.. Straße ... in (PLZ)E.. (OBN 769).
- 4
Weiterhin betreibt die Klägerin demgemäß seit dem 06.03.2007 die S..-Station A.. M..X in (PLZ)K.. (OBN 1389) sowie seit dem 10.03.2008 die S..-Station G.. D..X in (PLZ)S.. (OBN 1175), wobei die Klägerin als Handelsvertreterin für die Beklagte Kraftstoffe vertrieb bzw. noch vertreibt (Agenturgeschäft gemäß Ziffer 3 des TVV) und überdies auf den drei Stationen in erheblichem Umfang im eigenen Namen und für eigene Rechnung Geschäfte betrieb bzw. betreibt (Eigengeschäft nach Ziffer 7.3 lit. b) bis f) TVV), vor allem das Shopgeschäft.
- 5
Auf der Basis des TVV (Ziffer 0.7) verpachtete die Beklagte an die Klägerin die drei Tankstellengrundstücke mit Baulichkeiten und den dazugehörigen tanktechnischen Einrichtungen (Ziffer 7.1 TVV).
- 6
Zusätzlich vermietete die Beklagte der Klägerin nach Ziffer 7.1 Satz 2 TVV das Stationscomputer-System nach Maßgabe der Anlage 8 zum TVV (Anlage K 3) zu einem Mietzins von € 360,00 netto je Station und Monat, mithin zunächst insgesamt monatlich € 1.080,00 netto (€ 1.285,20 brutto) und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bezüglich der Station in E.. € 720,00 netto (€ 856,80 brutto). Die Klägerin wurde nach Ziffer 13 des TVV zu dessen Nutzung verpflichtet.
- 7
Das Stationscomputer-System besteht aus verschiedenen Einzelgeräten, namentlich dem Kassenarbeitsplatz, dem Büroarbeitsplatz, sowie Zusatzgeräten und einem sog. mobilen Daten-Erfassungsgerät (nachfolgend: MDE), das der mobilen Datenerfassung von Barcodes von Shopwaren dient. Die Software stellte die Beklagte kostenlos zur Verfügung. Nach Ziffer 4 der Anlage 8 rüstete die Beklagte unter Übernahme der Gebühren die Stationen mit einem Telekommunikationsanschluss zwecks Anbindung des Stationscomputer-Systems an ihr Rechenzentrum aus.
- 8
Unter dem 09./13.06.2009 (Anlage K 4) schloss die Klägerin mit der Beklagten einen sog. Nachtrag Nr. 12 zum TVV zwecks Einführung eines sog. integrierten Cash-Management-Konzeptes (nachfolgend: iCash), für das die Klägerin jeweils € 864,27 brutto abzüglich einer Erstattung von € 250,00 netto (€ 297,50 brutto), mithin je Monat und Station € € 476,28 netto (566,77 brutto), insgesamt € 1.428,83 netto (€ 1.700,31 brutto) und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bezüglich der Station E.. € 952,55 netto (€ 1.133,54 brutto) zu zahlen hatte.
- 9
Das System besteht aus mehreren vertraglichen Komponenten zur Geldverwahrung und zur Gestellung eines Dienstleistungsangebotes der Tankstation, gerichtet auf Bargeldabhebung vom Bankkonto mittels Karte in Gestalt eines vom Stations-Personal bedienten Geldautomaten der D.. P.. Bank AG. Im Zuge dessen kam es zu einer Eröffnung eines Kontos der Klägerin bei der D.. P.. Bank AG und dem Abschluss eines sog. Miet- und Servicevertrages über die erforderliche Hard- und Software (CMU, Vertragsmuster Anlage B 1) zwischen der Klägerin und der Leasinggesellschaft D.-L. I. T. GmbH, die sich zur Erfüllung ihrer Pflichten ihres sog. Service-Partners W. N. I. GmbH bediente. Die Hardware besteht dabei aus einem Ein- und Auszahlungsmodul (iCash 15), einem Notenmodul/Tresor (iCash 50) sowie einem Steuerungs-PC nebst Monitoreinheit.
- 10
Die Klägerin hat seit dem Jahre 2011 bis zum 10.09.2015 vorgenannte Zahlungen geleistet in Höhe von insgesamt € 137.881,38, davon teilweise an die vertraglich eingebundene Leasinggesellschaft.
1.
- 11
Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, diese Zahlungen sei rechtsgrundlos erfolgt und zurückzugewähren, auch soweit sie an die Leasinggesellschaft gegangen sei, da diese lediglich als „Erfüllungsgehilfe“ der Beklagten anzusehen sei.
- 13
Für die Frage, ob ein Arbeitsmittel als Unterlage im Sinne des Gesetzes zu gelten habe, sei eine Unterscheidung zwischen Hard- und Software unerheblich. Das Kassen- und Bürocomputersystem sei erforderliche Gegenstelle zum Anschluss der Datenfernleitung. Insbesondere für die im Wettbewerb gebotenen kurzfristigen Preisanpassungen sei dies unerlässlich. Gleiches gelte für das iCash und das MDE. Das iCash sei mit der Kasse verbunden. Es handele sich um ein einheitliches System. Eine andere Betrachtung liefe auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Regelung hinaus.
2.
- 14
Die Beklagte schulde überdies einen restlichen Handelsvertreterausgleich in Höhe von € 47.481,00 brutto (€ 39.900,00 netto) bezüglich der Station in E... Von einem unstreitigen Ausgleichsanspruch von € 52.360,00 brutto (€ 44.000,00 netto) habe die Beklagte zu Unrecht einen Betrag von € 39.900,00 netto abgezogen.
- 15
Die zugrunde gelegte Vereinbarung über eine Einstandszahlung vom 16./20.02.2007 (Anlage K 7) sei eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung.
- 16
Die Zahlung sei unangemessen hoch und verstoße gegen § 89 b Abs. 4 HGB sowie gegen das Transparenzgebot. Sie sei zudem eine sittenwidrige Knebelung und als unangemessene Benachteiligung zu werten.
- 17
Die Klägerin hat ferner mit Schriftsatz vom 10.12.2015 die Anfechtung der Regelung wegen arglistiger Täuschung erklärt mit der Begründung, die Beklagte habe die Klägerin bewusst darüber im Unklaren gelassen, dass die Tankstelle für ein halbes Jahr wegen Umbaus gänzlich geschlossen gewesen sei. In Kenntnis dieses Umstandes hätte sie die Vereinbarung über die Einstandszahlung nicht unterzeichnet. Es sei davon auszugehen, dass sämtliche Stammkunden danach abgewandert und zum größten Teil verloren seien. Die Neukundenklausel sei demgemäß wertlos.
3.
- 18
Schließlich verlangt die Klägerin mit ihrer Klage die Erteilung einer nachvollziehbaren Schlussabrechnung für die Station E.. als Auskunft gemäß § 87 c HGB.
- 19
Die vorgelegte Liste (Anlage K 11) sei unzureichend. Sie tauge nicht für eine Überprüfung der genannten Positionen. Auch eine Schlusssumme, die gefordert oder auszuzahlen sei, fehle.
- 20
Die Klägerin beantragt,
- 21
I.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 185.362,38
- 22
nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 2.985,51 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.01.2011 bis einschließlich Dezember 2013 monatlich entstandenen Forderungen,
- 23
nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.950,21 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.01.2014 bis einschließlich Juli 2014 monatlich entstandenen Forderungen,
- 24
nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.950,21 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.08.2014 bis einschließlich Oktober 2014 monatlich entstandenen Forderungen,
- 25
nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 1.300,14 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.11.2014 bis einschließlich Juni 2015 monatlich entstandenen Forderungen,
- 26
nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
jeweils € 166,60 pro Monat seit dem 1. eines Monats für die in der Zeit vom 01.07.2015 bis einschließlich September 2015 monatlich entstandenen Forderungen,
- 27
nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszins aus
€ 47.481,00 seit dem 24.06.2015
- 28
zu zahlen;
- 29
II.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ausstehende außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.107,45 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (23.12.2104) zu zahlen;
- 30
III.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin hinsichtlich der Station E.. (OBN 769) eine nachvollziehbare Schlussabrechnung zu erstellen.
- 31
Die Beklagte beantragt,
- 32
die Klage abzuweisen.
- 33
Sie steht auf dem Standpunkt, die Rückzahlung der streitgegenständlichen Vergütungen könne die Klägerin nicht verlangen, da die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt sei. Die Bestimmungen seien mit den grundlegenden Wertungen des Gesetzes in § 86 a Abs. 1 HGB vereinbar. Die Rückforderung könne sich im Übrigen nicht an die Beklagte richten, soweit die Zahlungen an die Leasinggesellschaft geflossen seien.
- 34
Eine Forderung auf restlichen Handelsvertreterausgleich stehe der Klägerin nicht zu. Die Einstandszahlungsvereinbarung sei wirksam, insbesondere schon deshalb, weil eine Neukundenklausel enthalten sei, die als hinreichende Kompensation anzuerkennen sei.
- 35
Die Klage in Höhe des Mehrwertsteuerbetrages von € 7.581,00 sei im Übrigen schon deshalb unschlüssig, weil dieser Betrag dem Ausgleichsanspruch nicht entgegengesetzt bzw. aufgerechnet worden sei.
- 36
Auch die Erteilung einer Schlussabrechnung sei nicht zu verlangen. Dies schon deshalb nicht, weil es sich um ein einheitliches Vertragsverhältnis handele und die zwei weiteren Stationen nach wie vor betrieben würden. Für alle drei Stationen werde ein Agenturkonto geführt, über das bezüglich der beiden Stationen täglich abgerechnet werde. Der aus der Aufstellung (Anlage K 11) ersichtliche Betrag von € 20.380,89 sei der Klägerin gutgeschrieben worden. Gegenseitige Restforderungen aus dem Betrieb der Station E..r bestünden nicht.
- 37
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 38
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet, wie sich aus den nachfolgend gemäß § 313 Abs. 3 ZPO kurz zusammengefassten Erwägungen ergibt.
I.
- 39
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von € 136.108,28 der geleisteten Entgelte für das Stationscomputersystem und das iCash aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. oder 2. Alt. BGB zu; die weitergehende Rückforderung ist unbegründet.
1.
- 40
Dabei hat die Rückabwicklung auch insoweit im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu erfolgen, als die bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung (Leistung) in der Weise erfolgt ist, dass Zahlung an Dritte, eine Leasinggesellschaft, bewirkt wurde. Dies folgt daraus, dass es sich nach der gebotenen Einzelfallbetrachtung um ein einheitliches Vertragsverhältnis der Parteien handelt, das die Leistungsbeziehung der Klägerin zur Beklagten regelt. Dem Zahlungsweg über diejenigen, derer sich die Parteien zwecks Bereitstellung von Leistung und Gegenleistung bedienen, kommt in einem derartigen sog. Mehrpersonenverhältnis keine maßgebliche Bedeutung zu (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 812 BGB Rn. 54 m.N).
2.
- 41
Die Leistungen sind zurückzugewähren, da die vertraglichen Vereinbarungen, auf denen die Zahlungen für das Stationscomputersystem - ausschließlich des MDE-Gerätes - und das iCash-Konzept beruhten, unwirksam sind, namentlich die Regelungen dazu nach Ziffer 7.1 Satz 2 TVV nach Maßgabe der Anlage 8 zum TVV (Anlage K 3) sowie gemäß sog. Nachtrag Nr. 12 zum TVV vom 09./13.06.2009 (Anlage K 4).
a.
- 42
§ 86 a Abs. 1 HGB verpflichtet den Unternehmer, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam. Nach allgemeiner Meinung sind die Unterlagen i.S. des § 86 a HGB kostenlos zu überlassen (BGH, Urteil vom 04.05.2011 – VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423 ff, Rn. 19; Emde, in: Großkomm. z. HGB, 5. Aufl., § 86 a Rdnr. 74; Küstner/Thume, Hdb. d. gesamten Außendienstrechts, 3. Aufl., Rdnr. 611; Thume, BB 1995, 1913 [1914 f.]; OLG Köln, r + s 2009, 87; OLG München, OLG-Report 2002, 82; OLG Saarbrücken, OLG-Report 1997, 5 [7]). Aus dem Leitbild des Handelsvertreters als selbstständiger Vermittler von Geschäften folgt, dass er sich einerseits nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen muss, andererseits jedoch das alleinige Risiko der von ihm entfalteten Absatzbemühungen trägt. Durch eine Beteiligung an Kosten des Unternehmers für Unterlagen i.S. des § 86 a Abs. 1 HGB wäre der Handelsvertreter indes verpflichtet, auch im Falle erfolgloser Absatzbemühungen für die überlassenen Unterlagen ein Entgelt an den Unternehmer zu zahlen und so letztlich einen Teil des unternehmerischen Risikos des Prinzipals zu tragen (vgl. OLG Saarbrücken, OLG-Report 1997, 5; OLG Hamm, NJW-RR 1990, 567 [569 f.]). Dies wäre mit der Risikoverteilung im Handelsvertreterverhältnis unvereinbar.
b.
- 43
Der Begriff der Unterlagen ist nach allgemeiner Auffassung weit zu verstehen, denn die im Gesetz vorgenommene Aufzählung von Mustern, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen ist nur beispielhaft und nicht abschließend (BGH, a.a.O., Rn 20; Thume, in: Röhricht/v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 86 a Rdnr. 3; v. Hoyningen-Huene, in: MünchKomm-HGB, 2. Aufl., § 86 a Rdnr. 4; Emde, § 86 a Rdnr. 69; OLG Köln, Urt. v. 11. 9. 2009 – 19 U 64/09, BeckRS 2009, 88067). Von dem Begriff der Unterlagen wird alles erfasst, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit – insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden – dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt (Emde, § 86 a Rdnr. 69; Küstner/Thume, Rdnr. 611, Rdnr. 608; Oetker/Busche, HGB, 2009, § 86 a Rdnr. 5).
- 44
Zugleich ist das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ restriktiv auszulegen und zu verlangen, dass die Unterlagen für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich sein müssen. Der Handelsvertreter muss auf die Unterlagen zur Vermittlung oder zum Abschluss der Verträge angewiesen sein. Erforderlich ist ein sehr enger Bezug zum vertriebenen Produkt. Ohne die Unterlagen darf eine erfolgreiche Vermittlung schlechthin nicht möglich sein, wie dies bei Preislisten und Geschäftsbedingungen der Fall ist, ohne die der Handelsvertreter zur Einhaltung der vom Unternehmer vorgegebenen Konditionen nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2011 – VIII ZR 11/10 – NJW 2011, 2423, 2425 f., Rn 23 f. m.N.).
c.
- 45
Nach diesem Maßstab sind die vorgenannten Vertragskomponenten in Gestalt des Stationscomputersystems und des iCash als erforderliche Unterlagen zu betrachten, für die Kosten nicht erhoben werden dürfen.
- 46
Als Unterlage sind die Komponenten schon deshalb zu betrachten, weil die in Rede stehende Verbindung aus Hard– und Software im Rahmen der modernen Daten- und Vertragsabwicklungsverarbeitung die Aufgaben erfüllt, die bei Einführung der Vorschrift Papier-Unterlagen zukam.
- 47
Diese Komponenten waren auch erforderlich für die Handelsvertretertätigkeit der Klägerin.
- 48
Der BGH (a.a.O., Rn 30) hat für eine aus der Unternehmer-Sphäre stammende Business-Software eine entsprechende Bewertung vorgenommen und zugleich ausgeführt, dass eine einheitliche Betrachtung auch insoweit geboten sei, als einzelne Komponenten grundsätzlich der selbst zu finanzierenden allgemeinen Büroorganisation zuzurechnen seien. Dabei hat der BGH darauf abgestellt, dass der Vertragsgegenstand die Nutzung des auf die Bedürfnisse des Handelsvertreters abgestimmten Softwarepaketes zu einem einheitlichen Preis umfasste, das nach der Verkehrsauffassung als ein einheitliches Produkt zu gelten habe. Diese Erwägung hat entsprechend für die hier gewählte Kombination aus Hard- und Software zu gelten.
- 49
Das Gericht vermag keine tragfähigen und handhabbaren Differenzierungsgesichtspunkte zu erkennen, die eine teilweise Aufrechterhaltung und Aufteilung des vom Unternehmer verlangten Entgelts nach den Anteilen des Agentur- und Eigengeschäfts rechtfertigen könnten. Dabei kommt auch zum Tragen, dass die hier gewählte Ausgestaltung des Handelsvertreterverhältnisses dadurch gekennzeichnet ist, dass der Handelsvertreter nicht lediglich die Anpreisung, die Vermittlung oder den Abschluss von Verträgen übernimmt, sondern die gesamte Durchführung des Kraftstofferwerbs durch die Kunden der Tankstelle – inklusive Übergabe der Ware, Entgegennahme der Bezahlung und Abrechnung – vom Handelsvertreter abgewickelt wird. Das rechtfertigt es, auch die weiteren Funktionen des Stationscomputersystems und des iCash bei der Abrechnung des Agenturgeschäfts in die Bewertung einzubeziehen, etwa auch die Übersendung des Datenbestandes zur Auswertung und Abrechnung an die Beklagte. Die Gesamtbetrachtung ergibt, dass es sich bei dem Stationscomputersystem - ergänzt für den Bargeldaustausch durch das iCash – um die zentrale Steuerungseinheit für die reibungslose Abwicklung des gesamten Kraftstoffgeschäftes der Beklagten von der Anlieferung bis zur Erlösabführung und Preiskontrolle handelt, der produktspezifische Zusammenhang demnach gegeben ist (vgl. LG Essen, Urteil vom 27.08.2015 – 43 O 30/15, BeckRS 2015, 20237). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie im Einzelnen die technische Umsetzung der Preiskontrolle über die Hard- und Software bewerkstelligt wird. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat darauf verwiesen, dass auch die - hier nicht in Rechnung gestellten - Kosten für Wartung und systemkonforme Nutzung der Datenleitung als erforderliche Unterlage anzusehen seien, da allein über diese Datenleitung die Preisfestsetzungen erfolgten (Hinweisbeschluss vom 28.10.2014 – 15 U 11/14). Die Beklagte hat indes keine nachvollziehbare Darstellung geliefert, wo eine solche Datenleitung anzuschließen sein soll, wenn nicht an das Stationscomputersystem. Dann aber ist nur die höchstrichterlich vorgegebene, zutreffende und hier zugrunde gelegte einheitliche Betrachtung vorzugswürdig.
d.
- 50
Die Klägerin kann - unabhängig von einer bestehenden Vorsteuerabzugsberechtigung - Rückzahlung auch der auf die vorgenannten Komponenten gezahlten Mehrwertsteuerbeträge verlangen, da sie im Falle der Rückabwicklung zur Erstattung der zu Unrecht abgezogenen Vorsteuer an das zuständige Finanzamt verpflichtet ist.
e.
- 51
Unbegründet ist die Klage, soweit sie gerichtet ist auf die Rückzahlung des Entgelts für die Überlassung des MDE-Gerätes.
- 52
Die dafür entrichtete Vergütung in Höhe von € 11,90 brutto monatlich für die jeweiligen Vertragszeiträume, insgesamt € 1.773,10, kann die Klägerin nicht zurückverlangen, weil die zugrunde liegende Vereinbarung wirksam ist und damit ein Rechtsgrund besteht.
- 53
Die vereinbarte Überlassung des Barcode-Lesers hat keinen – auch nur anteilig - erkennbaren Bezug zum Agenturgeschäft, dient ausschließlich der Erleichterung des Eigengeschäfts des Klägers und ist daher nicht erforderlich im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB. Die Klägerin hat keine Geschäftsvorgänge aufgezeigt, nach denen dieses Gerät im Agenturgeschäft einzusetzen wäre. Zwar ergibt sich aus Ziffern 2.7, 7.3 des TVV, dass die Klägerin auch Schmierstoffe anzubieten hat, bei denen ein Einsatz des Gerätes im Hinblick auf die Produktverpackung denkbar wäre. Zugleich ist aber in Ziffer 4.3 des TVV bestimmt, dass diese Güter als Shopwaren, also im Eigengeschäft, abzusetzen sind. Wenn jedoch bei diesem Gerät – anders als bei den vorgenannten Komponenten, etwa auch zum Bargeldhandling im iCash - keinerlei Bezug zum Agenturgeschäft herzustellen ist, scheidet eine Einbeziehung dieser Komponente unter dem Gesichtspunkt der ansonsten gebotenen einheitlichen Betrachtung aus.
3.
- 54
Die Zinsforderung ist nur wie tenoriert nach den §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1, 291, 187 analog BGB begründet.
a.
- 55
Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 03.12.2014 (Anlage K 5) unter Fristsetzung zum 05.12.2014 zur Zahlung von € 129.580,74 aufgefordert; hinsichtlich der weiter begründeten Positionen kommt allein § 291 BGB zum Zuge.
- 56
Der Zinsanspruch war gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB jedoch nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu titulieren, da es sich bei dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch nicht um eine Entgeltforderung handelt. Die Voraussetzungen dafür, ausnahmsweise den höheren Zinssatz anzuwenden fehlen, denn es ist nicht ersichtlich, dass der Bereicherungsanspruch als Äquivalent für die erbrachte Leistung anzusehen wäre (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 286 BGB Rn. 27 m.N.).
b.
- 57
Eine Zinszahlung ab den geltend gemachten früheren Zeitpunkten unter dem Gesichtspunkt des §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB scheidet aus, da diese nur auf tatsächlich gezogene Nutzungen anzuwenden sind (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 818 BGB Rn. 11 m.N.). Die Klägerin hat einen solchen Nachweis jedoch nicht erbracht. Ihr Vortrag erschöpft sich in Spekulation. Der Verweis darauf, das Gegenteil sei „lebensfremd“, reicht vorliegend nicht aus. Auf mutmaßlich gezogene Nutzungen ist vielmehr lediglich in Fällen abzustellen, in denen etwa ein Darlehen als Betriebsmittel eingesetzt wurde, bei Ansprüchen gegen eine Bank oder solchen, die gerichtet sind auf die Herausgabe von Wertpapieren (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. m.N.); daran fehlt es hier.
c.
- 58
Die Voraussetzungen einer verschärften Haftung nach §§ 812, 818 Abs. 4, 819, 291 BGB sind ebenso wenig vorgebracht. Eine positive Kenntnis der Beklagten von dem fehlenden Rechtsgrund ist nicht dargetan oder ersichtlich.
d.
- 59
Auf §§ 352, 353 HGB kann die Klägerin die früher einsetzende Zinspflicht ebenfalls nicht gründen, weil diese nur für beiderseitige Handelsgeschäfte, nicht aber auf Bereicherungsansprüche zum Zuge kommt (BGH, NJW 1983, 1423; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 352 HGB Rn. 1).
e.
- 60
Soweit die Klägerin zur Begründung ihres Standpunktes zur – weitergehenden – Zinspflicht auf das Urteil des LG Hamburg vom 05.06.2015 (418 HKO 152/14) verweist, rechtfertigt dies schon deshalb keine andere Entscheidung, weil Ausführungen zur tenorierten Zinsforderung dort nicht enthalten sind.
4.
- 61
Die Klägerin kann von der Beklagten eine Restzahlung von € 47.481,00 brutto (= € 39.900,00 netto) gemäß § 89 b HGB nicht verlangen.
- 62
Die trotz der Vereinbarung über den Handelsvertreterausgleich grundsätzlich mögliche Aufrechnung greift durch, denn die Beklagte hat gegen die Klägerin einen vertraglichen Anspruch auf eine solche Einstandszahlung.
a.
- 63
Der Anspruch folgt aus der Vereinbarung der Parteien vom 16./20.02.2007 (Anlage K 7), nach der sich die Klägerin verpflichtet hat, für die „Übernahme der sich im Betrieb befindlichen Tankstelle, insbesondere für die Nutzung der vorhandenen Kundenbeziehungen“ einen Betrag von € 39.900,00 netto zu zahlen.
b.
- 64
Diese Abrede ist wirksam.
aa.
- 65
Ein Verstoß gegen § 89 b Abs. 4 HGB ist darin nicht zu erkennen, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Zahlung bis zum Vertragsende gestundet worden ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein unangemessen hoher Übernahmepreis vereinbart worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.1983 – I ZR 14/81, NJW 1983, 1727, 1728) oder aber eine zureichende Gegenleistung fehlte, die hier indes in der „Neukundenklausel“ (§ 3) zu erkennen ist, nach der die ab Beginn des Tankstellenvertrages vorhandenen Kunden als von dem Handelsvertreter selbst geworben behandelt werden (OLG München, Urteil vom 04.12.1996 – 7 U 3915/96, NJW-RR 1997, 986 ff.).
- 66
Ein unangemessen hoher Übernahmepreis ist hier nicht dargetan oder ersichtlich angesichts der über alle Geschäftsbereiche erzielten Jahresprovisionen und des danach bei der Abwanderungsprognose über fünf Jahre zu ermittelnden Altkundenabzuges, der in der Größenordnung der Zahlung liegen würde. Gegenteilige Zahlen, die eine andere Bewertung trügen, hat die Klägerin nicht mit Substanz dargelegt.
- 67
Als hinreichende Gegenleistung ist im Übrigen die Neukundenklausel zu erkennen, der der Klägerin bei kurzfristiger Beendigung des Vertrages die Möglichkeit eröffnet hätte, den Altkundenabzug mit Verweis auf die Klausel abzuwehren. Ein Vorteil, der sich umso mehr vorteilhaft zugunsten des Tankstellenbetreibers auszuwirken geeignet ist, je früher das Vertragsverhältnis beendet wird.
bb.
- 68
Zugleich scheidet eine Bewertung der Regelung als sittenwidrig gemäß § 138 BGB aus, denn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist nicht erkennbar. Es ist Sache der Klägerin, die Chancen und Risiken der Vereinbarung bei Vertragsschluss abzuwägen; § 138 BGB ist keine „Preisnorm“ (BGH, Urteil vom 12.03.1981 – III ZR 92/79, NJW 1981, 1206).
cc.
- 69
Keine andere Bewertung folgt daraus, dass es sich um eine Formularklausel handelt.
- 70
aaa.
- 71
Eine Überprüfung nach dem Maßstab des § 308 Nr. 7 BGB kommt nicht in Betracht, denn diese Regelung ist nicht einschlägig, wenn der Handelsvertreter durch die Einstandszahlung ein Entgelt dafür leistet, dass der Unternehmer als Leistungsempfänger zur Erreichung des gemeinsam verfolgten Vertragszwecks seine Geschäftsverbindungen zu Dritten zur Verfügung stellt; Prüfungsmaßstab bleibt vielmehr die Generalklausel des § 307 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.1981 – I ZR 209/79, NJW 1982, 181).
- 72
bbb.
- 73
§ 307 BGB wäre verletzt, wenn das gesetzliche Leitbild der Risikoverteilung im Handelsvertreterrecht durch die getroffene Regelung unangemessen verschoben worden wäre. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Zahlungsnachteil aufgewogen wird durch hinreichend gewichtige Vorteile, wie sie hier in der ausgleichsrechtlichen Anerkennung des Altkundenstamms als von der Klägerin geworben zu sehen ist (vgl. OLG München, a.a.O., S. 987). Dies wird auch nicht durch die Kündigungsmöglichkeit der Beklagten entkräftet, denn der Vorteil verbliebe der Klägerin und wäre entsprechend höher, je kürzer das Vertragsverhältnis bestanden hätte, da der Anteil der abgewanderten Altkunden geringer und der Zurechnungsvorteil des Umsatzes der von ihr als geworben zu wertenden Kunden entsprechend höher wäre.
- 74
ccc.
- 75
Ebenso wenig ist - insbesondere aus dem vorgenannten Gesichtspunkt - ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot gemäß § 305 c Abs. 1 BGB herzuleiten.
- 76
Es ist nicht erkennbar, dass es sich um eine ungewöhnliche Klausel handelt, denn dass eine Zahlung, die ausdrücklich für den Einstand geschuldet wird, nicht zugleich die Einräumung von unbefristeten Nutzungsrechten über die Vertragsdauer hinaus enthält, liegt nicht fern. Auch das weitere Tatbestandsmerkmal des Überraschungsmoments ist nicht dargetan oder ersichtlich, denn es sind keine Tatsachen - etwa im Hinblick auf den Verlauf der Vertragsverhandlungen - vorgebracht, nach denen die Klägerin mit der in Rede stehenden Regelung nicht hätte zu rechnen brauchen.
cc.
- 77
Die Abrede ist auch nicht - wie die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.12.2015 erstmals ausführt - wegen arglistiger Täuschung gemäß §§ 142, 123 BGB wirksam angefochten worden und nichtig. Eine Täuschungshandlung der Beklagten durch aktives Tun, etwa in Gestalt falsch angegebener Umsatz- bzw. wirtschaftlicher Kennzahlen, ist nicht vorgebracht. Eine solche durch Unterlassen, d.h. das Verschwiegen von Tatsachen, stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsachen eine Aufklärungspflicht nach Maßgabe des § 242 BGB besteht. Entscheidend ist dabei, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. Dabei ist es grundsätzlich – und gerade auch im kaufmännischen Verkehr – Sache jeder Partei, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Es besteht daher keine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein könnten. Ungünstige Eigenschaften des Vertragsgegenstandes brauchen grundsätzlich nicht ungefragt offengelegt zu werden. Eine Aufklärungspflicht setzt voraus, dass zu Lasten einer Partei ein Informationsgefälle besteht (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 123 BGB Rn. 5 m.N.). Diesem Maßstab genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Bei der vorgebrachten halbjährlichen Schließung reicht es angesichts der höchstrichterlichen Maßstäbe zur Stammkundeneigenschaft und Abwanderungsprognose schon nicht aus, pauschal geltend zu machen, es sei davon auszugehen, dass alle Stammkunden „abgewandert“, also als solche verloren seien. Es ist jedenfalls kein Informationsgefälle dargetan oder erkennbar, dass die Klägerin gehindert oder davon entbunden hätte, vor Vertragsschluss selbst zu prüfen, ob das Objekt geeignet sein könnte, ihre wirtschaftlichen Erwartungen zu erfüllen.
5.
- 78
Die Klägerin hat keinen fälligen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 87 c Abs. 3 HGB gerichtet auf eine „nachvollziehbareSchlussabrechnung“.
- 79
Nach dieser Bestimmung kann der Handelsvertreter - in Ergänzung zur hier nicht gegenständlichen monatlichen Provisionsabrechnung nach § 87 c Abs. 1 HGB und des Buchauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 HGB - Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind, wobei diese Rechte nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden können (§ 87 c Abs. 5 HGB).
- 80
Soweit die Klägerin eine „Schlussabrechnung“ verlangt, ist dies indes auf dieser rechtlichen Grundlage nicht zu beanspruchen. Nach Ziffer 15. des Tankstellenvertrages RBA haben die Parteien vereinbart, dass während der Vertragslaufzeit über die beiderseitigen Forderungen, namentlich die Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin auf Auskehrung der vereinnahmten Verkaufserlöse, Zahlung von Pachten und andere Vergütungen einerseits, andererseits die Provisionsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten durch Rechnungen (Gutschriften) seitens der Beklagten abzurechnen war und der Beklagten gemäß Ziffer 15.6 des Vertrages gestattet, dies in elektronischer Form zu tun. Dies ist geschehen. Was die Klägerin an den Abrechnungen bzw. im Rahmen ihres Klagbegehrens konkret an der Aufstellung gemäß Anlage K 11 und den dazu gegebenen schriftsätzlichen Erläuterungen beanstandet, wäre bei – wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert – nachgewiesenen begründeten Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit ggfs. zum Gegenstand eines Antrages nach § 87 c Abs. 4 HGB zu machen, gerichtet auf die Einsichtnahme in Bücher bzw. Urkunden. Eine weitere („Schluss“-) Abrechnung, wie sie die Klägerin hier pauschal verlangt, ist derzeit nicht geschuldet.
6.
- 81
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe geltend gemachter € 1.107,45 nach dem RVG folgt nach anwaltlicher Fristsetzung zur Zahlung gemäß Schreiben vom 03.12.2014 (Anlage K 5) zum 05.12.2014 aus §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 249 BGB.
II.
- 82
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
- 84
Beschluss
- 85
Der Streitwert wird festgesetzt auf € 200.362,38 (§§ 48 Abs. 1, 39, 45 GKG: Zahlungsantrag € 185.362,38 und Antrag auf Schlussabrechnung € 15.000,00).
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Urteil einreichenLandgericht Hamburg Urteil, 21. Jan. 2016 - 413 HKO 42/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Das Urteil enthält:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten; - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben; - 3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist; - 4.
die Urteilsformel; - 5.
den Tatbestand; - 6.
die Entscheidungsgründe.
(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.
(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.536,67 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.01.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Mineralölgesellschaft, auf Rückzahlung von Mietzinsen für ein Stationscomputer-System für den Betrieb der vom Kläger gepachteten Tankstelle in der M-Straße in ##### M2 sowie auf Rückzahlung einer anteiligen Beteiligung an den Kosten für Kreditkartenabrechnungen in Anspruch
3Unter dem 30.06./27.07.2007 schlossen die Parteien einen Tankstellenvertrag (Anl. K 1 zur Klageschrift), in dem der Kläger die Verwaltung der o.g. Tankstelle der Beklagten übernahm und sich als selbstständiger Gewerbetreibender verpflichtete, die von der Beklagten gelieferten Kraft- und Schmierstoffe sowie Kühlerfrostschutz (im Folgenden: Agenturgeschäft) im Namen und für Rechnung der Beklagten zu verkaufen. Hierfür erhielt der Kläger eine Vergütung und war im Gegenzug zur Zahlung eines Pachtzinses verpflichtet.
4Gleichzeitig betrieb der Kläger auf dem Tankstellengelände einen Verkaufsshop sowie eine Autowäsche (im Folgenden: Eigengeschäft).
5In einer Zusatzvereinbarung vom 09.06./14.11.2011 zum Tankstellenvertrag (Anl. K 3 zur Klageschrift) vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte den Kläger ein Stationscomputersystem zu einem monatlichen Mietzins von 311,00 € netto (370,09 € brutto) zur Verfügung stellte.
6Das Computersystem bestand aus einem Kassenarbeitsplatz inklusive Kartenleser für Kredit- und EC-Karten und einem Büroarbeitsplatz (jeweils bestehend aus Hardware und voraufgespielter Software).
7Es ermöglichte die Abrechnung der gesamten vom Kläger im Eigengeschäft und Agenturgeschäft getätigten Umsätze und deren getrennte Berechnung. Die entsprechenden Daten wurden durch das System an die Beklagte übersandt, welches sie zur Abrechnung der Provisionen des Klägers und ihrer eigenen Erlöse verarbeitete. Ferner steuerte die Beklagte über das System per Datenfernübertragung unmittelbar die Auszeichnung der Kraftstoffpreise an den Preistafeln (Pylonen) und Zapfsäulen. Gleichzeitig registrierte das System den Stand der Kraftstofftanks und leitete bei niedrigem Stand automatisch eine Befüllungsanforderung an die Kraftstoffspediteure der Beklagten weiter. Bis zum August 2013 machte der Kläger mittels des Stationscomputer-Systems der Beklagten zudem täglich sog. „Mitbewerbermitteilungen“ über die Kraftstoffpreise der örtlich nächsten Tankstellenkonkurrenz.
8Der Kläger konnte über das Computersystem zudem das Eigengeschäft abrechnen, die Inventur sowie die Kalkulation und Festsetzung der Preise durchführen sowie Preisetiketten erstellen.
9Ebenfalls aufgrund der Zusatzvereinbarung vom 09.06./14.11.2011 erhielt der Kläger gegen einen monatlichen Mietzins von 22,00 € netto (26,18 € brutto) ein sog. MDE-Gerät zur Ablesung von Barcodes für die Waren seines Verkaufsshops zur Verfügung gestellt.
10Mit weiterer Zusatzvereinbarung vom 30.06./27.07.2007 zum Tankstellenvertrag (Anl. K 4 zur Klageschrift) verpflichtete sich der Kläger, zur bargeldlosen Abwicklung des Agentur- und Eigengeschäftes bestimmte Kreditkarten zu akzeptieren, für welche die Beklagte mit den betreffenden Kreditkartenunternehmen Rahmenverträge abgeschlossen hatte. Gemäß Nr. 6 der Zusatzvereinbarung hatte sich der Kläger an den von den Kreditkartenunternehmen erhobenen Service-Gebühren bzw. den entstehenden Kosten pauschal zu beteiligen, und zwar sowohl für das Agentur- als auch für das Eigengeschäft mit jeweils 0,55 % zuzüglich Mehrwertsteuer der Rechnungsendbeträge. Lediglich beim Geschäft mit inländischen EC-Karten war eine Kostenbeteiligung des Klägers nicht vorgesehen.
11Das vorstehend dargestellte Vertragsverhältnis wurde von den Parteien zum 30.06.2014 beendet.
12Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückzahlung der monatlichen Mietzinsen aus der Zusatzvereinbarung über das Computersystem nebst MDE-Gerät (Anl. K 3 zur Klageschrift) für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.12.2013 in Höhe von insgesamt 10.303,02 € brutto sowie die von ihm aufgrund der weiteren Zusatzvereinbarung (Anl. K 4 zur Klageschrift) gezahlten anteiligen Kreditkartengebühren des Jahres 2011 (5.914,33 €).
13Der Kläger behauptet, das Computersystem habe zusätzlich zu den oben dargestellten Funktionen die Herstellung von Plakaten zu Sonderaktionen der Beklagten ermöglicht.
14Ferner behauptet er, im Bereich seines Eigengeschäfts die Gebühren des bargeldlosen Geschäftsverkehrs allein getragen zu haben.
15Die Kosten für die Eigenbeteiligung an den Kreditkarten-Gebühren im Bereich des Agenturgeschäfts hätten im Jahr 2011 einen Betrag in Höhe von 5.914,33 € ausgemacht.
16Der Kläger meint, die Vereinbarung einer entgeltlichen Überlassung des Computersystems sei unwirksam, da sie gegen die Regelungen der §§ 86a Abs. 1 HGB, 307 Abs. 1 BGB verstoße.
17Angesichts des maßgeblich im Interesse der Beklagten verwendeten und vom Kläger zu anderen Zwecken als zur Durchführung des gegenständlichen Vertrages nicht nutzbaren Computersystems handele es sich um „erforderliche Unterlagen“ im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB, welche die Beklagte dem Kläger kostenlos zur Verfügung zu stellen habe. Das Computersystem sei für den Verkauf der Agenturware unerlässlich, zumal die Beklagte vollen Zugriff auf das Kassensystem gehabt habe und die Durchführung des Agenturgeschäftes, insbesondere die Abrechnung und Umstellung der Kraftstoffpreise sowie die Gewährleistung der Bevorratung, nicht anderweitig von der Beklagten habe gesteuert werden können. Insgesamt stelle die Anbindung der Tankstelle an ein standardisiertes Abrechnungssystem der Beklagten eine notwendige Voraussetzung der Vertriebstätigkeit des Klägers dar. Bei der Beurteilung sei schließlich auch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Bereich des Eigengeschäfts gehalten sei, Produkte von sog. „Empfehlungslieferanten“ der Beklagten zu vertreiben.
18Die Vereinbarung der Beteiligung an den Gebühren des bargeldlosen Zahlungsverkehrs sei ebenfalls unwirksam. Nach dem Grundgedanken des § 86a HGB sei es nicht hinnehmbar, den Handelsvertreter an den in der Sphäre des Unternehmers liegenden Kosten für die Bereitstellung bargeldloser Zahlungsoptionen für das Agenturgeschäft haften zu lassen.
19Ferner verstoße die Regelung in der Zusatzvereinbarung zum bargeldlosen Zahlungsverkehr gegen Art. 101 Abs. 2 AEUV. Bei den vom Kläger getragenen Kostenanteilen handele es sich um „verlorene“ marktspezifische Investitionen.
20Der Kläger beantragt – nach geringfügiger Teilklagerücknahme (13,78 €) – ,
21die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.217,35 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.09.2014 zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte meint, die entsprechenden Zusatzvereinbarungen über die kostenpflichtige Überlassung des Systems sowie die Beteiligung an den Kreditkarten-Gebühren seien wirksam. Bei dem Stationscomputer-System handele es sich schon nicht um eine Unterlage im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB; jedenfalls sei es für die Ausübung der Tätigkeit des Handelsvertreters (Anpreisung der Ware, Ausübung der Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit) nicht erforderlich. Vielmehr diene es unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof angewandten restriktiven Auslegung lediglich der sich daran anschließenden Abrechnung und sei der allgemeinen Büroausstattung zuzuordnen, welche der Unternehmer dem Handelsvertreter nicht kostenlos zur Verfügung stellen müsse. Dafür spreche auch, dass der erforderliche enge Bezug zu dem vertriebenen Produkt fehle und der Kläger das Computersystem ebenfalls für die Durchführung seines Eigengeschäfts nutzen könne.
25Hierzu behauptet die Beklagte, der Kläger habe im letzten Vertragsjahr im Agenturgeschäft Provisionserlöse von 74.345,00 € sowie im Eigengeschäft ein Rohergebnis in Höhe von 115.075,00 € erwirtschaftet, so dass er seine Einkünfte überwiegend aus dem Eigengeschäft erzielt habe.
26Schließlich führt die Beklagte an, dass es ihr ohne Weiteres möglich gewesen wäre, auf die Funktionen des Computersystems zu verzichten und stattdessen beispielsweise zur Abrechnung des Kraftstoffgeschäfts Tankautomaten aufzustellen.
27Auch die Beteiligung des Klägers an den Kreditkartengebühren sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Kostenbeteiligung des Klägers könne schon nicht unter den Begriff der „Unterlage“ im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB gefasst werden. Der Kläger werde durch die Beteiligung an den Servicegebühren auch nicht übermäßig belastet, weil der weitaus größte Teil der gesamten bargeldlosen Zahlungen auf EC-Karten entfalle, für welche die Kostenbeteiligung nicht gelte. Angesichts der Nutzung für sein Eigengeschäft sei auch eine Beteiligung an den Servicegebühren nicht unbillig.
28Eine Unwirksamkeit aufgrund der europarechtlichen Vorgaben liege insoweit ebenfalls nicht vor.
29Die gezahlten Anteile an den Kreditkarten-Servicegebühren betrügen ferner lediglich 5.319,57 €.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird im Übrigen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der dem Gericht überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
33Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Entgelte für das Stationscomputersystem aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB in Höhe von (370,09 € brutto x 26 =) 9.622,34 € zu.
34Die Beklagte hat die Mietzinsgutschriften und anteiligen Provisionsgutschriften durch Überweisung des Klägers und damit durch eine bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung (Leistung) erlangt. Sieht man dies anders, weil die schuldrechtlichen Rechtspositionen sogleich von der Beklagten mit den Provisionsansprüchen des Klägers verrechnet wurden, ergäbe sich keine Leistung des Klägers, sondern ein Eingriff der Beklagten auf Kosten einer Rechtsposition des Klägers.
35Unabhängig von der Einordnung des Kondiktionstyps hängt das Behaltendürfen der Bereicherungsgegenstände davon ab, dass der Beklagten hierfür ein rechtlicher Grund zustand, d.h. dass ihr die Gutschriften nach dem Zuweisungsgehalt der rechtlichen Güterzuordnung gebührten bzw. ein Rechtsgrund für die Leistung des Klägers gegeben war.
36Das ist vorliegend nicht der Fall, da die vertraglichen Vereinbarungen, auf denen die Mietzinsansprüche und die Kostenbeteiligung an den Kreditkartengebühren beruhten, unwirksam sind.
371. Die Unwirksamkeit der Mietzinsabrede für das Stationscomputer-System folgt dabei aus § 86a Abs. 3 HGB, wonach Vereinbarungen, die von § 86a Abs. 1 HGB abweichen, unwirksam sind. Eines Rückgriffs auf die §§ 307, 310 BGB bedarf es insoweit nicht.
38Gemäß § 86a Abs. 1 HGB hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen (unentgeltlich) zur Verfügung zu stellen.
39Der Kläger ist für die Beklagte als Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB tätig.
40Unterlagen im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB sind alle Sachen, die der Handelsvertreter speziell zur Anpreisung bei der Kundschaft benötigt, z.B. Werbematerial oder Musterstücke (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 86a, Rn. 5). Auch eine Vertriebssoftware kann eine derartige Unterlage sein (BGH NJW 2011, 2423ff., Rn. 20 = VII ZR 11/10, Urteil vom 04.05.2011). Zu den erforderlichen Unterlagen zählt hingegen grundsätzlich nicht die allgemeine Büroausstattung des Handelsvertreters inklusive Computer und üblicher Software (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 86a, Rn. 5).
41Im vorliegenden Fall stellt das Stationscomputersystem eine Unterlage dar. Die Kombination von Hardware und Software erfüllt im Rahmen der modernen Daten- und Vertragsabwicklungsverarbeitung die Funktionen, die bei Einführung des § 86a HGB im Jahr 1953 Papier-„Unterlagen“ zukam.
42Das Stationscomputersystem war für die Handelsvertretertätigkeit des Klägers erforderlich.
43Grundsätzlich sind Unterlagen erforderlich im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB, wenn sie für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich sind, weil der Handelsvertreter zur Vermittlung oder zum Abschluss von Verträgen darauf angewiesen ist (vgl. BGH NJW 2011, 2423ff., Rn. 21ff., 24).
44So liegt es hier. Das Stationscomputersystem ermöglicht der Beklagten eine Steuerung der Preise an den Zapfsäulen und elektronischen Werbetafeln. Damit dient es der Bewerbung der Agenturware sowie der Anbahnung und des Abschlusses von Verträgen und damit der originären Handelsvertretertätigkeit. Anders als die Beklagte meint, handelt es sich dabei auch nicht um eine lediglich untergeordnete Funktion des Computersystems, sondern um ein zentrales Element der Kundenwerbung, um auf diese Weise flexibel und zeitnah kurzfristige Preisänderungen vornehmen zu können. Der Kammer ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass die Kunden gerade im Bereich des Kraftstofferwerbs derartige Preisänderungen durchaus beobachten und die Auswahl der Tankstelle danach ausrichten.
45Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass die hier gewählte Ausgestaltung des Handelsvertreterverhältnisses dadurch gekennzeichnet ist, dass der Handelsvertreter nicht lediglich die Anpreisung, die Vermittlung oder den Abschluss von Verträgen übernimmt, sondern die gesamte Durchführung des Kraftstofferwerbs durch die Kunden der Tankstelle – inklusive Übergabe der Ware, Entgegennahme der Bezahlung und Abrechnung – vom Kläger abgewickelt wird. Aufgrund dieser Besonderheiten des vorliegenden Handelsvertretervertrages sind auch die weiteren Funktionen des Computersystems bei der Abrechnung des Agenturgeschäfts in die Bewertung einzubeziehen. Das gilt insbesondere für die vom System gesteuerten Tankbefüllungsanforderungen an die Spediteure und die Übersendung des Datenbestandes zur Auswertung und Abrechnung an die Beklagte.
46Bei einer Gesamtbetrachtung aller von dem streitgegenständlichen Stationscomputersystem ausgeführten und bereits oben im Tatbestand dargestellten Aufgaben ist zu konstatieren, dass es sich um die zentrale Steuerungseinheit für die reibungslose Abwicklung des gesamten Kraftstoffgeschäftes der Beklagten von der Anlieferung bis zur Erlösabführung und Preiskontrolle handelt. Im Rahmen der konkret gewählten Vertragsgestaltung war die erfolgreiche Ausübung der Handelsvertretertätigkeit des Klägers für die Beklagte daher nur unter Zuhilfenahme des Computersystems mit Datenübertragung an die Beklagte möglich, so dass auch ein enger produktspezifischer Zusammenhang gegeben ist. Realistisch durchzuführende andere Möglichkeiten des Informationsflusses bestanden unter Berücksichtigung der Anforderungen der modernen Datenverarbeitung nicht. Der Kläger muss sich beispielsweise nicht darauf verweisen lassen, dass theoretisch auch eine mündliche Durchgabe von Preisänderungen an ihn möglich gewesen wäre.
47Dieser Bewertung steht auch nicht entgegen, dass es grundsätzlich für die Beklagte möglich gewesen sein mag, Kraftstoffverkäufe unter Zuhilfenahme von Tankautomaten durchzuführen. In diesem Fall läge nämlich kein Handelsvertretergeschäft mehr vor. Die Möglichkeit einer Durchführung von Vertragsabschlüssen ohne Beteiligung eines Handelsvertreters kann aber nicht zur Begründung dafür dienen, dass die bei Vereinbarung eines Handelsvertreterverhältnisses erforderliche Logistik nicht „unerlässlich“ sei.
48Unerheblich ist für die obige Beurteilung und auf den Umfang des Rückforderungsanspruchs, dass die Hardware-Software-Kombination vom Kläger auch zur Erledigung seines Eigengeschäftes oder der allgemeinen Büroorganisation verwendet wurde.
49Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen handelt es sich um ein zu einem einheitlichen Preis angebotenes Computersystem, das auf die Bedürfnisse der konkret zwischen den Parteien vereinbarten Handelsvertretertätigkeit des Klägers ausgerichtet war. In einem solchen Fall ist keine Aufteilung des vom Unternehmer verlangten Entgelts nach den Anteilen des Agentur- und Eigengeschäfts geboten (vgl. BGH NJW 2011, 2423ff., Rn. 30).
502. Hinsichtlich der Beteiligung des Klägers an den Kreditkartengebühren fehlt es ebenfalls an einem Rechtsgrund. Die entsprechende Vereinbarung (Anl. K 4 zur Klageschrift) verstößt gegen § 86a Abs. 3 HGB.
51Dies gilt schon deshalb, weil der Kartenleser Teil des Stationscomputersystems und damit Bestandteil einer einheitlich „erforderlichen Unterlage“ im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB (s.o.) ist. Überdies weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Ermöglichung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ein derart selbstverständliches Absatzinstrument darstellt, dass die Bereitstellung der hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen als unabdingbar zu werten ist.
52Dem steht nicht entgegen, dass vorliegend nicht die Überlassung einer Sache in Rede steht. Die Verbotsnorm des § 86a Abs. 3 HGB erfasst nicht nur die Überbürdung von Kosten für die Überlassung von Unterlagen, sondern auch die Beteiligung an Nutzungsgebühren o.ä. (s. Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 86a, Rn. 18). Die vorliegende Kostenbeteiligung steht dem nach Auffassung der Kammer zumindest gleich.
53Jedenfalls ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen, dass dem § 86a Abs. 1 HGB eine Pflicht des Unternehmers zur Unterstützung des Handelsvertreters zu entnehmen ist (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 86a, Rn. 1, 15) und die Norm zugleich zum Ausdruck bringt, dass der Unternehmer die spezifischen Vertriebskosten nicht dem Handelsvertreter aufbürden darf. Diesen gesetzlichen Grundgedanken läuft die getroffene Vereinbarung zuwider, so dass sich eine Unwirksamkeit zumindest aus den §§ 310 Abs. 1 S. 2, 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ergibt.
54Angesichts der einheitlichen vertraglichen Regelung kam es aus den obigen Gründen wiederum nicht darauf an, ob die vom Kläger geltend gemachten Gebühren vollständig auf das Agentur- oder auch auf das Eigengeschäft entfallen. Jedoch war der eingeklagte Betrag um die in der Kostenaufstellung Anl. K 6 zur Klageschrift aufgeführte Gutschrift von 534,76 € zu kürzen, so dass – wie von der Beklagten ausgeführt – der Anspruch insoweit lediglich in Höhe eines Betrages von 5.379,57 € begründet ist.
55Auf die Frage einer Unwirksamkeit der Vereinbarung wegen eines Verstoßes gegen die europarechtlichen Vorgaben des Art. 101 AEUV i.V.m. Nr. 2.1 Abs. 16 der Leitlinien für vertikale Beschränkungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH vom 14.12.2006 (Az.: C-217/05) kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an.
563. Der Kläger hat – unabhängig von einer bestehenden Vorsteuerabzugsberechtigung – Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Mehrwertsteuerbeträge, da er im Falle der Rückabwicklung zur Erstattung der zu Unrecht abgezogenen Vorsteuer an das zuständige Finanzamt verpflichtet ist.
574. Nicht erstattungsfähig ist hingegen das Entgelt für die Überlassung des MDE-Gerätes.
58Den diesbezüglichen Mietzins in Höhe von (26,18 € brutto x 26 =) 680,68 € kann der Kläger daher nicht zurückverlangen, weil die zu Grunde liegende Vereinbarung wirksam ist und damit ein Rechtsgrund besteht.
59Die separat vereinbarte Überlassung des Barcode-Lesers dient lediglich der Erleichterung des Eigengeschäfts des Klägers und ist daher nicht erforderlich im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB.
605. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
61Einen Zahlungsverzug der Beklagten ab dem 05.09.2014 hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Er verweist hierzu lediglich auf ein angebliches Schreiben der Beklagten vom 19.09.2014, mit dem diese einen Rückzahlungsanspruch abgelehnt habe. Die betreffende Anl. K 7 zur Klageschrift ist jedoch nicht von der Beklagten, sondern von der T GmbH verfasst und nicht an den Kläger, sondern an den T2 e.V. gerichtet.
62Der Zinsanspruch war zudem lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz begründet, da es sich bei dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch nicht um eine Entgeltforderung handelt. Anders läge dies lediglich, wenn der Bereicherungsanspruch ein Äquivalent für die erbrachte Leistung darstellte (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 286, Rn. 27). Das ist vorliegend nicht der Fall.
636. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
64Sowohl die teilweise Klagerücknahme als auch die übrige Zuvielforderung des Klägers waren verhältnismäßig geringfügig, weil sie zusammen weniger als 5 % des Streitwerts ausmachen.
65Die Zuvielforderung des Klägers führte zudem nur zu geringfügig höheren Kosten. Die tatsächlichen Kosten des Rechtsstreits belaufen sich auf Gerichtsgebühren in Höhe von (3 x 293,00 € =) 879,00 € sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von (650,00 € x 2,5 x 2 =) 3.250,00 € zzgl. Telekommunikationspauschale (2 x 20,00 €) und Mehrwertsteuer, insgesamt also auf 4.794,10 €. Nach dem geringeren Streitwert wären Gerichtsgebühren von (3 x 267,00 € =) 801,00 € sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von (604,00 € x 2,5 x 2 =) 3.020,00 € zzgl. Telekommunikationspauschale (2 x 20,00 €) und Mehrwertsteuer angefallen, insgesamt also 4.442,40 €. Die Differenz beträgt 351,70 €, also ca. 7 % der Gesamtkosten des Rechtsstreits.
66Rechtsbehelfsbelehrung:
67Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
681. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
692. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
70Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
71Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen.
72Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
73Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.
(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, mit Ausnahme der Verzugszinsen, ist bei beiderseitigen Handelsgeschäften fünf vom Hundert für das Jahr. Das gleiche gilt, wenn für eine Schuld aus einem solchen Handelsgeschäfte Zinsen ohne Bestimmung des Zinsfußes versprochen sind.
(2) Ist in diesem Gesetzbuche die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen, so sind darunter Zinsen zu fünf vom Hundert für das Jahr zu verstehen.
Kaufleute untereinander sind berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern. Zinsen von Zinsen können auf Grund dieser Vorschrift nicht gefordert werden.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam
- 1.
(Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten; - 1a.
(Zahlungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist; - 1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; - 2.
(Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; - 3.
(Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; - 4.
(Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; - 5.
(Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass - a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und - b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
- 6.
(Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; - 7.
(Abwicklung von Verträgen) eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, - a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder - b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
- 8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, - a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und - b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
- 9.
(Abtretungsausschluss) eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird - a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder - b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn - aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder - bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.