Landgericht Hamburg Urteil, 16. Nov. 2016 - 301 O 96/16

published on 16/11/2016 00:00
Landgericht Hamburg Urteil, 16. Nov. 2016 - 301 O 96/16
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Gericht

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Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 20.901,39 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW der Marke Audi Modell 8UB0FC Q3 2.0 TDI 103(140) kw(PS) 6-Gang zur Fahrgestellnummer W...5 mit dem amtlichen Kennzeichen > entfernt < zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1. bezeichneten Gegenleistung in Annahmeverzug befindet.

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin künftig jeden Schaden zu ersetzen, der ihr nach erfolgter Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Kauf eines mängelfreien PKWs mit derselben Ausstattung entsteht.

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten W. und T. aus N. entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz d. EZB p.a. seit Rechtshängigkeit freizuhalten.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

8. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 29.160,28.

Tatbestand

1

Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einer unabhängigen Audi-Händlerin, am 10. März 2014 einen Audi Q3 2,0 Tdi zum Kaufpreis von € 34.202,28. Die Übergabe des Fahrzeuges erfolgte am 12. Mai 2014. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 ausgestattet. Dieser Motor ist mit einer Software ausgestattet, die, je nachdem, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder in realem Fahrbetrieb befindet, unterschiedliche Abgasreinigungsmodi in Gang setzt. Auf einem Prüfstand wird im „Modus 1“ eine hohe Abgasrückführungsrate erzielt und ein entsprechend niedriger Ausstoß von Stickoxiden. Im realen Fahrbetrieb ist im „Modus 0“ die Abgasrückführungsrate niedriger. Über diese Umstände unterrichtete der Hersteller des Fahrzeuges, die A. AG, die Klägerin mit Schreiben aus dem Februar 2016 (Anlage K 2). In diesem Schreiben heißt es u.a.:

2

„Wir möchten Sie darüber informieren, dass der in Ihrem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor mit einer Software ausgestattet ist, durch die die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“

3

Weiter heißt es dort:

4

„Wir können Ihnen aber bereits jetzt mitteilen, dass, abhängig von der in Ihrem Fahrzeug verbauten Motorisierung die Instandsetzung für die 2.0l Aggregate ab KW 09/16 bzw. für die 1.6l Aggregate ab KW 36/16 in den Werkstätten starten wird“.

5

Wegen des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 2 ergänzend Bezug genommen.

6

Mit Anwaltsschreiben vom 26. Februar 2016 (Anlage K 3) rügte die Klägerin gegenüber der A. AG, I... Stadt, die vorstehend bezeichnete Software als Sachmangel. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, bis spätestens zum 11. März 2016 eine Mängelbeseitigung vorzunehmen wobei das Fahrzeug durch Nachbesserungsmaßnahmen keinen Leistungsverlust erleiden dürfe. Da dies, so die Klägerin, nach Presseberichten technisch allerdings nicht möglich sei, erkläre sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, den Kaufpreis abzüglich von Nutzungsvorteilen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges zu erstatten.

7

Die Verkäuferin des Fahrzeuges, die A. H. GmbH, trat mit Anwaltsschreiben vom 16. März 2016 der Forderung der Klägerin entgegen. Sie verwies auf die mittlerweile angelaufene Rückrufaktion der V. AG und darauf, dass die Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin nur einen sehr geringen Zeit- und Kostenaufwand verursache. Der Klägerin sei es zuzumuten, abzuwarten, insbesondere, weil ihr keinerlei messbaren Nachteile entstünden. Es sei derzeit nicht abzusehen, wann das klägerische Fahrzeug zur Nachbesserung aufgerufen werde. Gewährleistungs- und insbesondere Rücktrittsrechte stünden der Klägerin nicht zu.

8

Die Klägerin forderte die Verkäuferin mit Schreiben vom 17. März 2016 auf, bis zur Klärung der Rechtslage hinsichtlich der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, was die Verkäuferin mit Schreiben vom 23. März 2016 unter Hinweis auf bereits erfolgte Erklärungen der V. AG ablehnte.

9

Die Klägerin behauptet, das von der Beklagten gekaufte Fahrzeug sei mängelbehaftet. Hierfür reiche bereits der Einsatz der sog. „Schummelsoftware“. Zudem liege ein Mangel auch darin, dass das Fahrzeug höhere Stickoxid-Ausstoßwerte habe, als bei Vertragsschluss als Beschaffenheit vereinbart gewesen seien.

10

Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Berücksichtigt werden müsse der wirtschaftliche Aufwand für die beabsichtigte Mängelbeseitigung. Zudem sei aber auch nicht sicher, ob sich der Mangel überhaupt beseitigen lasse.

11

Die Frist zur Nachbesserung sei fruchtlos verstrichen, weswegen der erklärte Rücktritt wirksam sei. Bei einer Lebensdauer von 300.000 km seien in Ansehung der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gefahrenen 70.000 km entsprechende Nutzungsvorteile abzuziehen und im Übrigen der Kaufpreis Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Fahrzeuges zurückzuerstatten.

12

Die Klägerin beantragt

13

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.160,28 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKWs der Marke Audi Modell 8UB0FC Q3 2.0 TDI 103(140) kw(PS) 6-Gang zur Fahrgestellnummer W...5 mit dem amtlichen Kennzeichen > entfernt < zu zahlen.

14

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1. bezeichneten Gegenleistung in Annahmeverzug befindet.

15

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin künftig jeden Schaden zu ersetzen, der ihr nach erfolgter Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Kauf eines mängelfreien PKWs mit derselben Ausstattung entsteht.

16

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten W. und T. aus N. entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz d. EZB p.a. seit Rechtshängigkeit freizuhalten.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie macht geltend, das Fahrzeug sei mängelfrei. Es verfüge über alle notwendigen Genehmigungen. Eine Beschaffenheitsvereinbarung sei mit der Klägerin nicht getroffen worden und das Fahrzeug eigne sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Es sei fahrbereit und voll funktionstüchtig. Die EG-Typengenehmigung sei unverändert wirksam und nicht aufgehoben worden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend: KBA) die EG-Typengenehmigung in der Zukunft entziehen werde, da es die von der V. AG entwickelten Maßnahmen akzeptiert habe. Dies gelte gleichermaßen für Fahrzeuge des Herstellers A. AG. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung des KBA vom 1. Juni 2016, mit der bestätigt werde, dass die von der u.a. A. AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet seien, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte macht ferner geltend, die im Fahrzeug vorhandene Software wirke nur auf die Abgasrückführung ein, nicht aber auf die Abgasreinigungsanlage. Daher liege in ihr auch keine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, Abs. 2.16, 5.1.2.1 UN/ECE Regelung Nr. 83.

20

Unterstelle man einen Sachmangel, stehe der Klägerin ein Rücktrittsrecht gleichwohl nicht zu. Denn die Pflichtverletzung sei unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB. Die technische Nachbesserung zur Beseitigung der klägerisch gerügten Umschaltlogik für die Abgasrückführungsmodi erfolge für das streitgegenständliche Modell durch ein reines Software-Update. Der zeitliche Aufwand hierfür liege bei ca. einer halben Stunde und verursache Kosten in Höhe von weniger als € 100. Die Nachbesserung führe weder zu einer Leistungsminderung, noch zu höheren Verbrauchswerten. Dies habe das KBA bestätigt und habe sich auch in Fahrzeugtests erwiesen. Auch die Geräuschimmissionen würden durch die Nachbesserung nicht verändert. Angesichts der sehr geringen Mängelbeseitigungskosten von unterhalb 1 % des Kaufpreises, berechtige der behauptete Mangel keinesfalls zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Selbst unter Einbeziehung der Entwicklungskosten für die Nachbesserungsmaßnahmen, die in den Buchungssystemen der V. AG mit insgesamt 22,5 Mio € erfasst worden seien und die unter Einschluss von Personalkosten, Kosten für externe Dienstleister etc. einen Betrag von insgesamt 70 Mio € weltweit - mit Ausnahme USA und Kanada - nicht übersteigen würden, ändere sich bei den Kosten für die ca. 10 Mio Fahrzeuge, die weltweit, ebenfalls mit mit Ausnahme der USA und Kanada, betroffen seien, hinsichtlich der Nachbesserungskosten nichts Wesentliches, da pro Fahrzeug rechnerisch lediglich ein Betrag von € 7 brutto zu veranschlagen sei. Im Durchschnitt verbliebe es bei weniger als 100 € brutto pro Fahrzeug an Kosten für die Nachbesserung.

21

Die Beklagte meint, die ihr gesetzte Frist zur Nachbesserung sei zu kurz bemessen. Die Nachbesserung könne nur nach Instruktion des Herstellers vorgenommen werden und erfolge in enger Abstimmung mit dem KBA. Dieses habe den Zeitplan der V. AG und der A. AG für angemessen erachtet. Der organisatorische Aufwand, den der Hersteller habe, müsse berücksichtigt werden. Die Beklagte selbst habe keine Kenntnis von der gerügten Software gehabt.

22

Mit Blick auf die Nutzungsvorteile durch Gebrauch des Fahrzeuges meint die Beklagte, die durchschnittliche mögliche Laufleistung des Fahrzeuges sei mit 200.000 km zu bemessen.

23

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 hat die Beklagte mitgeteilt, dass Update für das Fahrzeug der Klägerin stehe nunmehr bereit.

24

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 28. September 2016 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Im Umfang der Klagabweisung ist sie unbegründet.

I.

26

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von € 20.901,39 aus §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.

27

1. Das erworbene Fahrzeug war bei Übergabe mit einem Sachmangel behaftet, da es nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.

28

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Fahrzeug mit einer Umschaltlogik ausgestattet ist, die die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Modi betreibt, je nachdem, ob es sich auf dem Prüfstand (Modus 1) oder im realen Fahrbetrieb (Modus 0) befindet. Die mit Hilfe dieser Vorrichtung auf dem Prüfstand erzielten Abgaswerte weichen damit nicht nur deshalb von denjenigen im realen Fahrbetrieb ab, weil der durchgeführte Fahrzyklus nicht dem realen Fahrbetrieb entspricht, sondern weil die Abgasrückführungsrate im Prüfbetriebsmodus (Modus 1) höher ist, als auf der Straße (Modus 0). Die A. AG erklärt in ihrem Schreiben aus dem Februar 2016 (Anlage K 2), die Stickoxidwerte (NOx) würden im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert. Der Sinn und Zweck der von der Klägerin beanstandeten Vorrichtung besteht einzig darin, niedrigere Abgaswerte vorzutäuschen. Mit einer solchen Umschaltlogik versehene Fahrzeuge sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht vorschriftsmäßig. Dies lässt sich dem Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 entnehmen, in dem es heißt, dass die von den Herstellern vorgestellten Änderungen der Applikationsdaten geeignet seien, die „Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt zwingend, dass die Fahrzeuge ohne diese Änderungen, d.h. ohne die Durchführung der Nachbesserung (Änderungen der Applikationsdaten), vorschriftswidrig sind. Ob diese Vorschriftswidrigkeit ohne ihre Beseitigung letztlich zum Entzug der EU-Typgenehmigung führt oder nicht, kann bei der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob es sich bei der Umschaltlogik um eine im Sinne von Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, Abs. 2.16, 5.1.2.1 UN/ECE Regelung Nr. 83 verbotene Abschalteinrichtung handelt, oder nicht.

29

Das Vorhandensein der beschriebenen Umschaltlogik im System des erworbenen Fahrzeuges stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (vgl. auch die hierzu ergangene Rechtsprechung, zusammengestellt von LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, Juris Rz. 24). Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges darf objektiv erwarten, dass in dem von ihm erworbenen Fahrzeug eine solche, auf Täuschung der zuständigen Kontrollinstanzen angelegte und vorschriftswidrige Vorrichtung nicht vorhanden ist.

30

2. Der von der Klägerin erklärte Rücktritt ist wirksam.

31

a) Zwar hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 26. Februar 2016 die Aufforderung zur Nachbesserung sowie die Rücktrittserklärung zunächst gegenüber der Herstellerin (A. AG) erklärt und nicht gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Beklagten. Dies ist indes unschädlich. Denn ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 16. März 2016 ist dieser das Schreiben vom 26. Februar 2016 nicht nur zugegangen (vgl. hierzu MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., § 323, Rz. 192), sondern will diese die Nachbesserungsaufforderung und die Rücktrittserklärung auch sich selbst gegenüber gelten lassen. Dies lässt sich dem Prozessvortrag der Beklagten entnehmen, die ausführt, die Klägerin habe „der Beklagten lediglich eine Frist von 2 Wochen zur Abhilfe gesetzt“. Letztlich ist die Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten spätestens durch Klagerhebung erfolgt (vgl. MüKo/Ernst, aaO, Rz. 193).

32

b) Der Sachmangel ist auch nicht lediglich geringfügig. Die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung ist nicht unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB (vgl. zur Begrifflichkeit BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13, Juris Rz. 16). Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles (BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13 Juris Rz. 16). Für die Frage der Erheblichkeit eines Mangels ist – sofern es sich um behebbare Mängel handelt – grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung. Auf Letzteres kommt es nur dann an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist, etwa auch, weil der Verkäufer sie nicht feststellen konnte (BGH, Urt. v. 29.6.2011. – VIII ZR 202/10, Juris, Rz. 21). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2011 VIII ZR 139/09 – Juris Rz. 9).

33

aa) Hiernach scheidet eine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung schon deshalb aus, weil im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Klägerin vom 26. Februar 2016, die bei verständiger Würdigung erst nach Ablauf der gesetzten Frist vom 11. März 2016 wirksam werden sollte, nach eigenem Vortrag der Beklagten eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben war. Denn erst mit nachfolgender Mitteilung des KBA vom 1. Juni 2016 hatte dieses bestätigt, dass die von der V. AG vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeuges herzustellen. Diese Erklärung war nach Vortrag der Beklagten auch notwendig, weil die Herstellerin die Mängelbeseitigung nicht in eigener Verantwortung durchführen konnte, sondern eine Freigabe des KBA benötigte. Hiernach war selbst bei Annahme, eine wirksame Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten sei erst in der Klagschrift vom 4. Mai 2016 zu erblicken, die der Beklagten am 27. Mai 2016 zugestellt worden ist, in diesem Zeitpunkt eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben.

34

bb) Aber selbst bei Annahme einer Behebbarkeit des Sachmangels im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung steht der Wirksamkeit des erklärten Rücktritts die Vorschrift des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht entgegen.

35

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Pflichtverletzung sei unerheblich, weil die Kosten der Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin, wie für alle anderen Fahrzeuge gleichen Motortyps, lediglich ca. € 100 betrügen. Es greift bereits zu kurz, lediglich auf den bloßen Aufwand der Fachwerkstatt abzustellen, der im Rahmen der tatsächlichen Nachbesserungsarbeiten entsteht. Dies ließe zu Unrecht den ganz erheblichen und kostenträchtigen Aufwand zur Entwicklung der Nachbesserungsmaßnahmen unberücksichtigt, der bei dem Hersteller des Motors / des Fahrzeuges entstanden ist. Nach Vortrag der Beklagten dienten die kostenauslösenden Entwicklungen einzig der Behebung des Mangels nach Vorgabe des KBA. Es ist daher kein vernünftiger Grund ersichtlich, bei der Bewertung der Mängelbeseitigungskosten im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB diesen Kostenblock unberücksichtigt zu lassen. Bereits diese erheblichen Entwicklungskosten von bis zu 70 Mio € für die durchzuführenden Nachbesserungsmaßnahmen stehen der Annahme, die Pflichtverletzung sei unerheblich, entgegen.

36

Der Beklagten ist insbesondere nicht darin zu folgen, die Unerheblichkeit des Mangels ergebe sich auch unter Einschluss dieser Entwicklungskosten, da diese, umgelegt auf alle betroffenen Fahrzeuge, nur wenige Euro je Einheit betrügen. Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Erheblichkeit eines Mangels jedenfalls dann aus, wenn die Kosten der Mängelbeseitigung lediglich knapp ein Prozent im Verhältnis zum Kaufpreis betragen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2011 – VIII ZR 202/10 – Juris Rz. 19). Zugleich ist bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Rahmen der insoweit auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet (BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13 – Juris Rz. 12). Diese Grenze wäre bei von der Beklagten behaupteten Kosten in Höhe von höchstens € 100 und dem diesen Kosten gegenüberzustellendem Kaufpreis für das klägerische Fahrzeug von über € 34.000 noch nicht überschritten. Gleichwohl überzeugt diese Gegenüberstellung von Kaufpreis und Kosten im Streitfall nicht. Soweit die Beklagte meint, die Entwicklungskosten von bis zu € 70 Mio seien auf jede mängelbehaftete Einheit umzulegen, lässt sie unberücksichtigt, dass die Frage der rechtlichen (Un)-Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht davon abhängen kann, wie viele Fahrzeuge desselben Herstellers mit dem gerügten Mangel behaftet sind. Es mag betriebswirtschaftlich zutreffend sein, dass die Höhe der fixen Mängelbeseitigungskosten pro Fahrzeug von der Anzahl der einer Nachbesserung zu unterziehenden Fahrzeuge abhängig ist und sich demgemäß im Streitfall bei 10 Mio Fahrzeugen ein Anteil von € 7 errechnet. Wären allerdings nicht 10 Mio Fahrzeuge, sondern etwa nur 10.000 Einheiten mit dem Mangel behaftet, betrügen die umgelegten € 70 Mio Entwicklungskosten nicht € 7, sondern € 7.000 pro Einheit – die Pflichtverletzung wäre in diesem Fall nach der Argumentation der Beklagten, unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und bei unverändertem Sachmangel und identischen Nachbesserungsmaßnahmen nicht unerheblich. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand und führt vorliegend dazu, dass bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung eine Umlage der Entwicklungskosten auf die einzelnen Fahrzeuge zu unterbleiben hat.

37

cc) Der behaupteten Unerheblichkeit der Pflichtverletzung steht schließlich entgegen, dass ohne Vornahme der vom KBA geforderten und letztlich gebilligten Nachbesserungsmaßnahmen der Entzug der Typengenehmigung droht. In diesem Sinne ist der Vortrag der Beklagten zu verstehen, es sei nicht davon auszugehen, dass die EG-Typengenehmigung in der Zukunft entzogen werde, da das KBA die von der V. AG entwickelten Maßnahmen akzeptiert habe und dies entsprechend für Fahrzeuge des Herstellers A. gelte. Hieraus und aus dem Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 kann ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass ohne Durchführung der entsprechenden Maßnahmen jedenfalls der Entzug der EG-Typengenehmigung konkret drohen würde. In dem genannten Schreiben heißt es nämlich, die dort genannten Maßnahmen seien geeignet, „die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt, wie bereits ausgeführt, dass der Zustand der Fahrzeuge ohne die Durchführung dieser Maßnahme nicht vorschriftsmäßig ist.

38

dd) Demgegenüber tritt der Umstand, dass das Fahrzeug nach dem Vortrag der Beklagten fahrbereit und voll funktionsfähig ist, bei der Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung in den Hintergrund.

39

c) Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die Frist zur Nachbesserung sei im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht abgelaufen gewesen.

40

Die Angemessenheit der dem Schuldner gesetzten Frist zur Nachbesserung bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Bei ihrer Beurteilung ist in erster Linie auf die Parteiabreden abzustellen (vgl. MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., § 323, Rz. 71). Abzustellen ist daher zunächst auf die Erklärung der A. AG, die sich die Beklagte später zu Eigen gemacht hat, wonach eine Nachbesserung des klägerischen Fahrzeuges ab KW 9/2016 (= 22.28. Februar 2016) erfolgen solle.

41

Diese Erklärung durfte die Klägerin so verstehen, dass zwischen diesem Zeitpunkt und der tatsächlichen Nachbesserung jedenfalls kein erheblicher Zeitraum mehr liegen würde (vgl. auch BGH, Urt. v. 13.7.2016 – VIII ZR 49/15, Juris Rz. 36). Mag nachfolgend auch die gesetzte Nachfrist bis zum 11. März 2016 mit Schreiben vom 26. Februar 2016 zu kurz bemessen sein, erweist sich aber jedenfalls der bis zum Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 verstrichene Zeitraum und erst recht derjenige bis zur Erklärung der Beklagten vom 12 Oktober 2016, nach der die Klägerin zur Durchführung des Updates bei der Beklagten vorstellig werden solle, als nicht mehr angemessen.

42

Dessen ungeachtet kann sich die Beklagte aber auch deswegen nicht mit Erfolg auf fehlende Angemessenheit der ihr gesetzten Frist berufen, weil die Gewährleistungsansprüche der Klägerin mit Ablauf des 12. Mai 2016 zu verjähren drohten und die Beklagte die Anregung der Klägerin, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, zurückwies. Ein weiteres Zuwarten der Klägerin hätte ihren Rücktritt bei Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte nach §§ 438 Abs. 4 S. 1, 218 Abs. 1 BGB unwirksam werden lassen. Etwaige Erklärungen der V. AG, die als Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung auszulegen sein könnten (vgl. Anlage K 6) ändern hieran nichts, da sie nicht für das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten wirken, die sich ausweislich ihres Schreibens vom 23. März 2016 (Anlage K 6) diese Erklärungen auch gerade nicht zu Eigen gemacht hat.

43

3. Nach allem steht der Klägerin in der Rechtsfolge ihres erklärten Rücktritts gem. § 346 Abs. 1 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen als Wertersatz (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) zu, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges. Der Nutzungsersatzanspruch berechnet sich anhand der zu schätzenden Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges, die das Gericht mit 250.000 km ansetzt (vgl. hierzu KG, Urt. v. 23.5.2013 – 8 U 58/12 mwN). Der Nutzungsersatz wird ermittelt, indem der Kaufpreis durch die Restlaufleistung dividiert und der Quotient mit den gefahrenen km multipliziert wird (vgl. KG, aaO). Die Laufleistung des Fahrzeuges betrug im Schluss der mündlichen Verhandlung unbestritten 70.000 km. Es errechnet sich somit ein Wert von € 13.300,89 (€ 34.202,28 : 180.000 x 70.000) der von dem Kaufpreis abzuziehen ist. Hiernach steht der Klägerin ein Betrag von € 20.901,39 zu (€ 34.202,28 ./. € 13.300,89). Soweit die Klägerin einen darüber hinausgehenden Betrag geltend macht, der auf einer angenommenen Gesamtfahrleistung des Fahrzeuges von 300.000 km bei einer Fahrleistung im Zeitpunkt der Klagerhebung von 53.000 km beruht, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

II.

44

Der Feststellungsantrag der Klägerin zu 2. ist zulässig und begründet. Sie hat der Beklagten das Fahrzeug spätestens seit der Klagerhebung wörtlich und damit ausreichend angeboten, §§ 293, 295 BGB.

III.

45

Zulässig und begründet ist auch der Feststellungsantrag der Klägerin zu 3., mit dem diese die Feststellung zukünftigen Schadensersatzes begehrt. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Feststellung des Bestehens der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten ist der Klägerin nicht abzusprechen. Insoweit kann sie auch nicht auf die Leistungsklage verwiesen werden, da ihr eine Bezifferung ihrer Ansprüche derzeit nicht ohne weiteres möglich ist.

46

Der Antrag ist auch begründet. Die Klägerin hat infolge der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeuges gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB. Es scheint zumindest möglich, dass der Klägerin infolge des Rücktritts und der damit verbundenen Rückgabe des Fahrzeuges Schäden durch die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges etwa in Gestalt von Preiserhöhungen entstehen werden. Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Beklagte hat sie entlastende Umstände nicht vorgebracht.

IV.

47

Der geltend gemachte und zutreffend nach dem Streitwert von € 34.202,28 berechnete Freihalteanspruch betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst entstehender Zinsen ist gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung begründet. Die Klägerin durfte sich angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage zur Geltendmachung ihrer Ansprüche vorgerichtlicher anwaltlicher Unterstützung bedienen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 249, Rz. 57). Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung des Kaufvertrages wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Umstände, die sie entlasten, hat die Beklagte nicht vorgebracht.

V.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

VI.

49

Bei der Bemessung des Streitwertes war der Klagantrag zu 3. mit € 1.000 zu berücksichtigen.

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Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Sharan Comfortline BlueMot
published on 07/03/2018 00:00

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motio
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Annotations

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Die in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren

1.
in 30 Jahren, wenn der Mangel
a)
in einem dinglichen Recht eines Dritten, auf Grund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder
b)
in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist,
besteht,
2.
in fünf Jahren
a)
bei einem Bauwerk und
b)
bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und
3.
im Übrigen in zwei Jahren.

(2) Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache.

(3) Abweichend von Absatz 1 Nr. 2 und 3 und Absatz 2 verjähren die Ansprüche in der regelmäßigen Verjährungsfrist, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 tritt die Verjährung jedoch nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist ein.

(4) Für das in § 437 bezeichnete Rücktrittsrecht gilt § 218. Der Käufer kann trotz einer Unwirksamkeit des Rücktritts nach § 218 Abs. 1 die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er auf Grund des Rücktritts dazu berechtigt sein würde. Macht er von diesem Recht Gebrauch, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten.

(5) Auf das in § 437 bezeichnete Minderungsrecht finden § 218 und Absatz 4 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.