Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit Neulieferung und Rücknahme der im Tenor zu 1. genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.706,94 EUR freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

6. Das Urteil ist bezüglich des Tenors zu 1., 3. und 5. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000 EUR.


Beschluss

Der Streitwert wird auf 41.600,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über das Bestehen eines Nacherfüllungsanspruchs in Bezug auf ein Fahrzeug, das von dem im September 2015 bekannt gewordenen VW-Abgasskandal um manipulierte Stickoxidwerte betroffen ist.

2

Die Beklagte ist eine unabhängige Kraftfahrzeughändlerin, die neben anderen Marken auch Fahrzeuge von Volkswagen vertreibt. Die Klägerin erwarb am 08.09.2014 einen VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, zum Preis von 41.600,00 EUR bei der Beklagten, der am 23.01.2015 übergeben wurde. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, dessen Software den Ausstoß von Stickoxiden im behördlichen Prüfverfahren verringert. Das Fahrzeug wurde als der Schadstoffklasse EURO-5 zugehörig verkauft.

3

Die verbaute Software erkennt, wann sich das Auto zur Ermittlung der Emissionswerte auf einem Prüfstand befindet. In diesem Fall findet eine Abgasrückführung statt, verbunden mit einem erneuten Einsatz der Gase beim nächsten Verbrennungsvorgang, sodass weniger Stickoxide ausgestoßen werden als bei normalem Fahrbetrieb im Straßenverkehr. Nur in diesem Testbetrieb überschreitet das Fahrzeug die nach der EURO-5-Norm zulässigen Stickoxidgrenzwerte nicht. Der Hersteller Volkswagen entwickelte ein Softwareupdate, das den Modus des Testbetriebs künftig auch im regulären Fahrbetrieb gewährleisten soll. Ein Plan zur kostenfreien Umrüstung aller betroffenen Volkswagen-Fahrzeuge wurde in Kooperation mit dem Kraftfahrtbundesamt ausgearbeitet. Eine Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugs fand bisher nicht statt. Eine Entziehung der Betriebserlaubnis seitens des Kraftfahrtbundesamtes erfolgte bislang nicht.

4

Mit Schreiben vom 18.11.2015 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Ersatzlieferung bis zum 02.12.2015 auf.

5

Die Klägerin ist der Auffassung, der streitgegenständliche Wagen sei mangelhaft. Das Fahrzeug sei aktuell nicht zulassungsfähig. Das Modell sei im Verkaufsprospekt als besonders umweltfreundlich angepriesen worden, was ihre Kaufentscheidung beeinflusst habe.

6

Die Klägerin behauptet, eine folgenlose Nachbesserung des Mangels sei technisch nicht möglich. Das Softwareupdate könne zu bislang nicht erforschten langfristigen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit und sonstigen Eigenschaften des Motors führen, insbesondere der Motorleistung und des Kraftstoffverbrauches. Zudem verbliebe in jedem Fall ein Makel und damit merkantiler Minderwert. Hilfsweise behauptet die Klägerin weitere Mängel des Wagens im Bereich der Lenkung, der Außenspiegel, der Abstandssensoren und der Lichtautomatik.

7

Die Klägerin meint, sie schulde als Verbraucherin keinen Nutzungsersatz.

8

Der Klägerin seien überdies vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.260,60 EUR entstanden. Die erhöhte Gebühr begründe sich auf einem überdurchschnittlich umfangreichen und rechtlich schwierig gelagerten Fall, der eine umfassende rechtsanwaltliche Auswertung zahlreicher Materialien, die permanente Beobachtung von Entwicklungen in Justiz, Politik aber auch dem Ausland sowie die Einarbeitung in komplizierte technische Fragestellungen erfordert habe.

9

Die Klägerin beantragt,

10

1. die Beklagtenpartei zu verurteilen, der Klägerpartei ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Sharan Comfortline BlueMotion Technology 2,0 L TDI SCR 103 kW, FIN, nachzuliefern.

11

2. festzustellen, dass sich die Beklagtenpartei mit der Neulieferung und mit der Rücknahme der im Klageantrag Ziffer 1 genannten Fahrzeuge in Verzug befindet.

12

3. die Beklagtenpartei zu verurteilen, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.260,60 EUR freizustellen nebst Zahlung von Zinsen in Höhe von 5%-Punkten seit Rechtshängigkeit.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte führt aus, der Klägerin habe statt der Klage ein einfacherer, schnellerer und günstiger Weg offen gestanden, da die Volkswagen AG eine kostenlose Überarbeitung des streitgegenständlichen Fahrzeuges anbiete.

16

Die Beklagte wendet ein, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, sondern technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich. Die streitgegenständliche Software werde auch von anderen Automobilherstellern verwandt. Die Typengenehmigung sei nach wie vor wirksam und in Kraft, eine Aufhebung vom Kraftfahrtbundesamt drohe nicht. Eine unzulässige Abschalteinrichtung im Fahrzeug liege nicht vor, sondern eine zulässige innermotorische Maßnahme.

17

Es sei auch nie zu Beschaffenheitsvereinbarungen mit der Klägerin gekommen bezüglich eines bestimmten Schadstoffausstoßes. Weitere behauptete Mängel seien bereits behoben.

18

Für den Fall, dass - betreffend den erhöhten Schadstoffausstoß - ein Mangel vorliege, sei dieser unerheblich. Die Umrüstung sei in weniger als einer Stunde erledigt und würde der Beklagten Kosten von weniger als 100,00 EUR brutto pro Fahrzeug verursachen und damit weniger als 1% des Kaufpreises betragen. Es komme mangels Substanzeingriffs nicht zu einer Minderung des Wiederverkaufswertes des Wagens. Die Nachbesserung sei auch zumutbar, da das Auto die ganze Zeit weiter nutzbar sei.

19

Die Beklagte meint, eine Neulieferung sei unmöglich. Die Herstellung der Produktionsreihe des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells sei im Jahr 2015 eingestellt worden. Das gleiche Modell der neuen EURO-6-Motor Serie unterfalle einer anderen Typengenehmigung und weise zahlreiche technische Weiterentwicklungen auf, die eine höhere Höchstgeschwindigkeit bei gleichzeitig niedrigerem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch gewährleisten würden. Jedenfalls aber sei eine Neulieferung unverhältnismäßig im Verhältnis zu einer Nachbesserung. Die Lieferung des Nachfolgemodells verursache Kosten von mindestens 25.785,85 EUR.

20

Die Beklagte meint, der streitgegenständliche Wagen sei nie in verzugsbegründender Weise angeboten worden.

21

Die Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sei unzutreffend, es habe sich um ein Masseverfahren gehandelt.

22

Die Klage wurde der Beklagten am 03.02.2017 zugestellt.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.

24

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Neulieferung eines fabrikneuen typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Produktionsreihe des Herstellers Volkswagen gemäß §§ 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437 Nr. 1 BGB zu.

25

a) Das durch die Beklagte gelieferte Fahrzeug hatte bei Gefahrübergang einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs.1 BGB. Der von der Klägerin erworbene Neuwagen entsprach nicht dem Leistungsversprechen des zwischen den Parteien geschlossenen Kfz-Kaufvertrages. Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft jedenfalls gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und S. 3 BGB. Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand nicht frei von Sachmängeln, wenn er sich nicht für die gewöhnliche Anwendung eignet oder nicht eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Mangelhaft ist der Wagen im Echtbetrieb, weil sich der Hersteller eines unzulässigen Abschaltmechanismus für die Messung der Stickoxid-Werte unter Prüfbedingungen bedient hat. Der Käufer eines Fahrzeugs kann im Rahmen der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit eines Neuwagenkaufs in jedem Fall davon ausgehen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassungsfähigkeit seines Fahrzeugs auf rechtmäßigem Wege eingehalten werden, ohne die Verwendung einer manipulierenden Software, die im Rahmen eines Prüflaufstandes einen Modus aktiviert, der nicht dem üblichen Betriebsmodus entspricht und in dem der Stickoxidausstoß reduziert wird (hierzu wie zum Folgenden LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17; LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 - 1 O 170/16 - unter Verweis unter anderem auf LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017, 7 O 967/16; LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, 11 O 341/15; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016, 16 O 790/16 LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16). Dass im Fahrzeug der Klägerin wie in allen mit dem entsprechenden Aggregat EA189 ausgestatteten Fahrzeugen eine solche manipulierende Software installiert wurde, ist unstreitig. Dass diese auch unzulässig ist, steht zur Überzeugung des Gerichts ausweislich der zur Akte gereichten Dokumente des Kraftfahrt-Bundesamtes fest, das den Hersteller verpflichtet hat, diese unzulässige Abschalteinrichtung unter Einhaltung der entsprechenden Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG zu entfernen. Dieser Mangel lag als produktionsbedingter auch bei Gefahrübergang, also bei Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin, vor (§§ 434 Abs. 1 S. 1, 446 BGB).

26

b) Ferner liegt auch ein Rechtsmangel vor.

27

Nach § 435 S.1 BGB ist eine Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Auch auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen, können einen Rechtsmangel begründen (BGH U.v. 18.01.2017, VIII ZR 234/15). So liegen die Dinge hier.

28

Es droht der Klägerin ein Entzug der Betriebserlaubnis, wenn sie das durch die Volkswagen AG bereit gestellte Softwareupdate nicht durchführen lässt. Demnach ist das Fahrzeug im derzeitigen Zustand also nicht vorschriftsgemäß. Ein Käufer darf indes üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten wird (OLG München Beschl. v. 23.3.2017, Az.: 3 U 4316/16, Rn. 12 zit. nach Beck Online LG Offenburg, VuR 269, 270). Die Ansicht der Beklagten, bei der verbauten Software handele es sich nicht um eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007, ist unzutreffend. Nach dieser Norm liegt eine Abschalteinrichtung unter anderem dann vor, wenn es sich um ein Konstruktionsteil handelt, das bestimmte Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu deaktivieren. Dadurch wird dessen Wirksamkeit bei Vorliegen solcher Bedingungen verringert, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten sind (LG München II, Urt. v. 15.11.2016, Az.: 12 O 1482/16, Rn. 48 zit. nach Beck Online). Ein solches Teil stellt die verbaute Software dar. Sie ermittelt Parameter zum Erkennen des normalen Fahrbetriebes im Straßenverkehr und beeinflusst hierfür die Abgasregelung, so dass weniger Abgase zurück in den Ansaugbereich des Motors zur Wiederverbrennung gelangen. Hierdurch wird die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt. Unabhängig von der Durchführung des Softwareupdates verbleibt der eingangs dargelegte Sachmangel (dazu sogleich).

29

2.) Die Klägerin kann im vorliegenden Fall gemäß §§ 439 Abs. 1, 437 Nr. 1 BGB nach ihrer Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung eines mangelfreien PKW verlangen. Im Streitfall hat sich die Klägerin für die Nachlieferung entschieden, so dass sie Anspruch auf Lieferung eines fabrikneuen typengleichen PKW VW Sharan hat.

30

a) Die Beklagte kann nicht mit dem Einwand durchdringen, dass ihr die Nachlieferung gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich sei. Ursprünglich bestand eine Gattungsschuld. Eine Ersatzlieferung ist erst dann als unmöglich anzusehen, wenn die gesamte Gattung untergegangen oder mangelbehaftet ist (MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, BGB § 275 Rn. 35). Vorliegend ist davon auszugehen, dass alle Fahrzeuge aus der Modellreihe des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit dem Dieselmotor Typ EA 189 bestückt und damit mangelbehaftet sind. Dem Ersatzlieferungsbegehren der Klägerin ist aber durch Überlassung eines typengleichen, anders motorisierten Fahrzeugs der aktuellen Baureihe nachzukommen. Die Auffassung der Beklagten, bei den Modellen der aktuellen Produktionsreihe handele es sich um eine andere Gattung, geht fehl. Eine Gattung ist die durch gemeinschaftliche Merkmale wie Sorte, Type oder sonstige Qualifikation zusammengefasste Sachgruppe. Die Bestimmung der Gattung und ihres Umfanges obliegt den Parteien. Ergeben sich wie vorliegend keine besonderen Anhaltspunkte, entscheidet die Verkehrsauffassung (Jauernig/Berger, 16. Aufl. 2015, BGB § 243 Rn. 3 Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 243 Rn. 2). Im Ergebnis gehört die aktuelle Baureihe noch derselben Gattung an wie das Fahrzeug der Klägerin.

31

Die Motoren des Typs EA 288 der neuen Sharan-Baureihe erfüllen anstelle der EURO-5-Norm die Voraussetzungen der EURO-6-Norm. Ferner weisen sie eine um 7 kW höhere Motorisierung auf, bei gleichzeitig um bis zu 15% geringerem Kraftstoffverbrauch, womit auch die Einordnung in eine höhere Effizienzklasse einhergeht. Darüber hinaus verfügen die Modelle der neuen Serie über ein leicht verändertes Design, weiterentwickelte Sicherheitseinrichtungen, wie eine Müdigkeitserkennung oder eine sogenannte Multikollisionsbremse, sowie über Neuerungen im Multimedia- und Infotainmentbereich. Diese optischen und technischen Veränderungen sind weder jede für sich, noch nach gebotener Gesamtschau so erheblich, dass von der Angehörigkeit zu einer neuen Gattung ausgehen ist. Dies wird unter anderem deutlich durch den nur kurzen Zeitraum von zwei Monaten zwischen Produktionsende der Baureihe des streitgegenständlichen PKW im Mai 2015 und Beginn der Herstellung der neuen Serie im Juli 2015. Es handelt sich um nur marginale Verbesserungen, wie etwa die geringfügige Steigerung der Motorisierung, die dem Käufer eines PKW nicht von Bedeutung und damit zumeist auch gar nicht bekannt ist. Das Modell ist nach wie vor dasselbe. Auch die technische Fortentwicklung begründet keine besonderen Eigenschaften, die der Wagen zuvor nicht auch schon aufgewiesen hat. Die technischen Weiterentwicklungen stellen keine bedeutsamen Abweichungen dar. Vielmehr sind sie Teil einer Anpassung, die jedes Fahrzeug im Laufe der Jahre im Rahmen der sog. Modellpflege erfährt, um geänderten Bedürfnissen der Nutzer etwa im Bereich Umweltverträglichkeit oder Komfort gerecht zu werden, ohne dadurch die Zugehörigkeit zu einer neuen Gattung zu begründen. Der Käufer hat sich an stetige leichte Designmodifikationen bei Autos gewöhnt, ohne dass dies eine bemerkenswerte Veränderung der Gattungszugehörigkeit für ihn bedeuten würde. Auch die Fortentwicklung der elektronischen Ausstattung des Wagens stellt lediglich eine unerhebliche Erweiterung des Fahrkomforts dar, nicht aber eine Veränderung des Wagentyps selbst.

32

b) Die gewählte Nacherfüllung durch Neulieferung eines Fahrzeuges ist im Verhältnis zur Nachbesserung nicht unverhältnismäßig, § 439 Abs. 3 BGB. Denn auf das Aufspielen des von VW bereitgestellten Softwareupdates im Wege der Nachbesserung kann die Klägerin nicht verwiesen werden, da auf diese nicht ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann (§ 439 Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz BGB) und die gebotene Interessenabwägung im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB daher zugunsten der Klägerin ausfällt.

33

Nach § 439 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen ist, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann. Selbst unter der Annahme zugunsten der Beklagten, die Kosten der Entwicklung des Softwareupdates seien - etwa als „sowieso“ aufgrund der Anforderungen des Kraftfahrt-Bundesamtes und der die Nachbesserung wünschenden Kunden anfallende Kosten - bei der Bemessung der Kosten, die für die Nachbesserung anfallen, nicht zu berücksichtigen und es stünden daher Nachbesserungskosten in Höhe von etwa 100 € den vielfachen Kosten für die Neulieferung eines Fahrzeugs gegenüber, fällt die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus. Zunächst ist der Mangel von erheblicher Bedeutung. Selbst unter der Annahme, dass eine Verwendungseinschränkung des Fahrzeugs derzeit nicht besteht und die Mangelbeseitigung lediglich 100 € kosten würde, ist der Mangel erheblich. Denn im Rahmen dieser indiziellen Bedeutung müsste neben den Kosten für die Entwicklung auch der erhebliche für die Entwicklung und Zulassung des Softwareupdates erforderliche zeitliche Aufwand von mehr als einem Jahr berücksichtigt werden, der schon für sich eine Unerheblichkeit ausschließt (so auch LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2016 - 301 O 96/16 und LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus maßgeblich, dass derzeit unklar ist, ob das Softwareupdate auch auf lange Dauer technisch keine Nachteile mit sich bringt. Allein die Behauptung, das Kraftfahrtbundesamt habe nach sachkundiger Überprüfung keine Bedenken gehabt, besagt dazu nichts. Denn zum Einen kann sachlich nur geprüft worden sein, ob technisch nach kurzer Zeit noch keine Auswirkungen zu bemerken sind. Zum Anderen ist bei dieser unklaren Sachlage weiterhin offen, ob die vom Kraftfahrtbundesamt angeordnete Nachbesserung im kaufrechtlichen Verhältnis als ausreichend angesehen werden kann. All dies sind letztlich Umstände, die die gewählte Art der Nachbesserung, nämlich die Neulieferung, nicht als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Schon der Umstand, dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme von der zuständigen Behörde geprüft und gefordert wird, zeigt, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handeln kann (so auch LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16).

34

Die Nachbesserung durch das Softwareupdate ist für die Klägerin unzumutbar. Es besteht der plausible Verdacht, dass das angebotene Softwareupdate keine ausreichende Nachbesserung ist. Die von Klägerseite zitierten technischen Bedenken sind nachvollziehbar: Wenn die Softwarenachbesserung nunmehr dazu führt, dass der Motor nur noch im Prüfstandmodus betrieben wird, das heißt, eine permanente Abgasrückführung erfolgt, so dürfte relativ klar sein, dass damit ein deutlich gesteigerter Verschleiß der betroffenen Motorteile einhergeht. Schon diese Befürchtung, die auch in der Öffentlichkeit umfangreich und kontrovers diskutiert wird, führt nach Ansicht des Gerichts zu einem deutlichen und auf unabsehbare Zeit verbleibenden Minderwert des Fahrzeuges, der auch durch eine sachverständige Überprüfung, die eigentlich nur durch Langzeittests erfolgen kann, nicht ausgeräumt werden kann (LG Hamburg, Urteil vom 07.03.2018 - 329 O 105/17). Auch folgt hier eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung aus der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten (zu den Grundsätzen: BGH v. 20.03.2010 VIII ZR 182/08). Der Käufer eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs muss befürchten, dass die Nachbesserung durch ein einfaches Softwareupdate keinesfalls ausreichend sein kann, um die Mängel zu beheben, denn es wäre dann ja nicht nachvollziehbar, warum der Hersteller dieses einfache mit geringen Kosten verbundene Update nicht von vorneherein eingebracht hat. Im Rahmen der Frage der Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch das Softwareupdate ist das Verhalten der Herstellerin auch der Beklagten zuzurechnen, weil nur die Möglichkeit besteht, dieses Softwareupdate von der Herstellerin zu erhalten (vgl. dazu: LG Köln, Urt. V. 18.05.2017- 2 O 422/16; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16; LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16), denn unstreitig ist ein Softwareupdate nur unter Mitwirkung der Volkswagen AG möglich.

35

Die Beklagte kann hierbei auch nicht darauf verweisen, das Kraftfahrtbundesamt habe durch Akzeptieren der Nachbesserung durch das Softwareupdate und aufgrund öffentlich-rechtlichen Bescheids wirksam diese Art der Nachbesserung verfügt. Denn dabei handelt es sich lediglich um öffentlich-rechtliche Vorschriften, die letztlich kleine Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Vertrag der Parteien haben, unabhängig davon, ob die öffentlich-rechtliche Entscheidung verwaltungsgerichtlich und auch vor dem EuGH Bestand haben wird. Dies zeigt, dass die Nachbesserung durch ein technisch in der sachkundigen Öffentlichkeit angezweifeltes Softwareupdate für den Verbraucher unzumutbar ist. Entweder der Kunde vertraut auf den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes mit dem Risiko, dass aufgrund Langzeittests das Softwareupdate eben doch nicht eine ausreichende Nachbesserung erbringt oder der Kunde verweigert das Softwareupdate wegen der bestehenden Bedenken mit dem Risiko der Stilllegung des Fahrzeugs.

36

f) Die Klägerin schuldet der Beklagten keinen Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.

37

Gemäß § 474 Abs. 5 S. 1 BGB a.F. ist bei einem Verbrauchsgüterkauf kein Wertersatz für Nutzungen des Verbrauchers herauszugeben (im Zeitpunkt des Kaufs geltende Gesetzesänderung in Folge der Entscheidung des EuGH NJW 2008, 1433). Eine Abweichung von dieser gesetzlichen und europarechtlichen Regelung ist nicht deshalb angezeigt, weil die Klägerin das zurückzugebende Fahrzeug ohne jegliche mängelbedingte Einschränkung hat nutzen können, denn im Rahmen des Verbraucherrechtsschutzes ist gerade uneingeschränkt für alle Fälle geregelt, dass Nutzungen nicht herauszugeben sind.

38

2.) Die Beklagte befindet sich jedenfalls seit dem 02.12.2015 in Schuldner- und Annahmeverzug. Mit Schreiben vom 18.11.2015 hat die Klägerin die Beklagte zur Nacherfüllung in Form der Ersatzlieferung aufgefordert und angeboten, ihr mangelbehaftetes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 02.12.2015 hat die Beklagte das Austauschverlangen der Klägerin ausdrücklich zurückgewiesen. Ein tatsächliches Anbieten des streitgegenständlichen PKW nach § 293 BGB seitens der Klägerin bedurfte es gemäß § 295 Satz 1 BGB nicht. Die von der Klägerin begehrte Leistung ist fällig, durchsetzbar und der Beklagten möglich, § 286 Abs. 1 BGB.

39

3.) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von ihren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten lediglich in Höhe von 1.706,94 EUR als Mangelfolgeschaden nach §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB. Von dieser Vorschrift werden solche Vermögenseinbußen erfasst, die durch den Mangel der Kaufsache an sonstigen Rechtsgütern des Käufers entstanden sind und die auch durch eine erfolgreiche Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden können. Einer Nachfristsetzung bedarf es insoweit nicht (MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, BGB § 437 Rn. 32). Ein rechtlich und tatsächlich einfach gelagerter Fall, bei dem der Käufer wegen § 254 BGB gehalten ist, die Geltendmachung seiner Rechte zunächst selbst vorzunehmen (vgl. BGH NJW 1985, 2243, 2245), liegt nicht vor. In Anbetracht der Komplexität des VW-Abgasskandals war rechtsanwaltlicher Beistand für die Klägerin erforderlich und zweckmäßig. Ersatzfähig in der Höhe sind dabei die Rechtsanwaltsgebühren, die nach der gesetzlichen Berechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die zur Rechtsverfolgung erforderliche Tätigkeit angefallen sind. Dies sind dem Grunde nach eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG, die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG sowie auf beide Positionen Umsatzsteuer i.H.v. 19 % gemäß Nr. 7008 VV RVG.

40

Die vom Rechtsanwalt begehrte 2,5-fache Geschäftsgebühr ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, weil sie unbillig ist. Gemäß der gesetzlichen Beschreibung zu Nr. 2300 VV RVG kann eine den Faktor 1,3 übersteigende Geschäftsgebühr nur dann verlangt werden, wenn es sich um eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit handelt. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Letztlich handelt es sich um die Verfolgung eines gewöhnlichen kaufvertraglichen Anspruchs. Weder der Umstand, dass der auch diesem Einzelfall zu Grunde liegende Grundsachverhalt große mediale Beachtung findet, noch die Tatsache, dass aufgrund der bei vielen verschiedenen Gerichten in Masse anhängig gemachten Verfahren teils divergierende erstinstanzliche Entscheidungen getroffen wurden, begründet eine Schwierigkeit im Hinblick auf den hier zu entscheidenden Fall. Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt ist keineswegs umfangreich, wenn dies auch insbesondere die Schriftsätze der Beklagten sein mögen. Die tatsächlichen Gegebenheiten sind überschaubar.

41

4.) Ein Zinsanspruch aus §§ 291, 288 BGB steht der Klägerin nicht zu. Es fehlt am Vorliegen einer Geldschuld. Ansprüche, die dem Gläubiger lediglich mittelbar dazu verhelfen, Geld zu vereinnahmen, sind keine Geldschulden (OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 239; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 288 Rn. 6; MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, § 288 Rn. 13).

II.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17

Referenzen - Gesetze

Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17 zitiert 19 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 434 Sachmangel


(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. (2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 439 Nacherfüllung


(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 474 Verbrauchsgüterkauf


(1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware (§ 241a Absatz 1) kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, der neben dem Verkauf einer Ware die Erbringung einer Dien

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 435 Rechtsmangel


Die Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, da

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. März 2010 - VIII ZR 182/08

bei uns veröffentlicht am 10.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL VIII ZR 182/08 Verkündet am: 10. März 2010 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewer

Landgericht München II Endurteil, 15. Nov. 2016 - 12 O 1482/16

bei uns veröffentlicht am 15.11.2016

Tenor 1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 13.697,66 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.02.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe de

Oberlandesgericht München Beschluss, 23. März 2017 - 3 U 4316/16

bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor 1. Die Beklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen. 2. Der Streitwert wird auf 15.900,00 € festgesetzt. 3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe Die Kostenentscheidung

Landgericht Hamburg Urteil, 07. März 2018 - 329 O 105/17

bei uns veröffentlicht am 07.03.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motio

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2017 - VIII ZR 234/15

bei uns veröffentlicht am 18.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 234/15 Verkündet am: 18. Januar 2017 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Landgericht Hamburg Urteil, 16. Nov. 2016 - 301 O 96/16

bei uns veröffentlicht am 16.11.2016

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 20.901,39 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW der Marke Audi Modell 8UB0FC Q3 2.0 TDI 103(140) kw(PS) 6-Gang zur Fahrgestellnummer W...5 mit dem amtlichen Kennzeichen > ent

Landgericht Krefeld Urteil, 14. Sept. 2016 - 2 O 83/16

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.559,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, F
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landgericht Hamburg Urteil, 20. Apr. 2018 - 313 O 31/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2019 - VIII ZR 225/17

bei uns veröffentlicht am 08.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 225/17 vom 8. Januar 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2; Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2; FZV § 5 Abs. 1 a)

Referenzen

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... , Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Neulieferung und Rücknahme der im Klagantrag zu 1) genannten Fahrzeuge im Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 03.04.2017 freizustellen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Nacherfüllungsansprüche im Rahmen eines Autokaufs. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucher und bei der Beklagten um eine Händlerin, die Fahrzeuge der Marke Volkswagen vertreibt.

2

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 2. April 2015 einen Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... (Anlage K 1).

3

Im streitgegenständlichen Fahrzeug ist eine, zur Regelung des Motors der Sorte EA 189 bestimmte Software eingebaut, die den Ausstoß von Abgasen dahingehend regelte, dass bei Betrieb auf einem Prüfstand (Modus 1) Abgase zurück in den Motor zur erneuten Verbrennung geführt werden. Dadurch gelangen weniger Stickoxide in die Umwelt. Auf dem Prüfstand werden deshalb entsprechend weniger Stickoxide gemessen.

4

Im normalen Fahrbetrieb (Modus 0) erkennt die Software die geänderten Bedingungen und schaltet in eine Betriebsart, in der weniger Abgase dem Motor zur erneuten Verbrennung zugeführt werden. Dadurch sind die Werte der abgegebenen Stickoxide höher als im Modus 1. Dieses hält der Kläger für einen kaufrechtlichen Mangel.

5

Auch ohne ein inzwischen auf den Markt gebrachtes Softwareupdate der Herstellerin ist das streitgegenständliche Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. Die EG-Typengenehmigung wurde bislang nicht entzogen. Das Kraftfahrt-Bundesamt betrachtet das Aufspielen des Softwareupdates, das in jeder Volkswagen-Vertragswerkstatt zur Verfügung steht, als verpflichtend.

6

Das Kraftfahrtbundesamt hatte ab dem 01.06.2016 das Software-Update freigegeben und die Beklagte hat dieses Software-Update beim Fahrzeug des Klägers am 19.07.2016 (bei km-Stand 16.914) aufgebracht.

7

Der Kläger forderte die Beklagte schriftlich am 16.01.2017 (Anlage K 3) zur Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens auf. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.01.2017 (Anlage K 4) ab.

8

Mit der am 03.04.2017 der Beklagten zugestellten Klage begehrt der Kläger nunmehr Ersatzlieferung eines mangelfreien typengleichen Ersatzfahrzeugs.

9

Er trägt vor, bei der Wirkweise der Software handle es sich um einen Sachmangel im Sinne des § 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB, da das Fahrzeug sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit fehle, die bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich sei und die er, der Käufer, nach der Art der Sache erwarten kann. Schon das Vorhandensein einer solchen Abschalteinrichtung („Schummelsoftware“) im Fahrzeug sei unüblich und begründe einen Mangel. Ein Käufer könne erwarten, dass in seinem Fahrzeug keine Programme Wirkungen entfalten, die geeignet seien, offizielle Stellen über die Fähigkeit zur Genehmigung des Fahrzeuges zu täuschen. Ohne eine Umrüstung drohe die Gefahr, dass das Fahrzeug durch Hoheitsakt stillgelegt werde.

10

Ferner sei eine Beschaffenheit vereinbart, da die Verbrauchs- und Abgasangaben im Verkaufsprospekt Grundlage für den Vertrag gewesen seien, von denen nun das Fahrzeug durch die andere Betriebsart im Modus für die Straße abweiche.

11

Darüber hinaus bestehe ein Rechtsmangel. Das Fahrzeug sei nicht typengenehmigungskonform und eine bestehende Betriebserlaubnis sei von Gesetz wegen erloschen. Bei der Software handle es sich um eine illegale Abschalteinrichtung. Dadurch, dass das Fahrzeug nun im Modus für die Straße und nicht für den Prüfstand betrieben werde, sei die Einhaltung aller Abgaswerte der EURO-5-Norm nicht mehr möglich.

12

Eine Nachbesserung sei unmöglich, da sich durch ein etwaiges Softwareupdate Motorschäden, eine verringerte Lebensdauer des Motors und weitere Wertverluste an dem Fahrzeug ergäben. Dass eine Nachbesserung komplett folgenlos möglich sei, könne physikalisch ausgeschlossen werden. Zumindest ein merkantiler Minderwert sei anzunehmen, da vom Dieselskandal betroffene Fahrzeuge kaum noch oder nur unter Wert verkauft werden könnten. Es bestehe mithin ein weitreichender Mangelverdacht, der allenfalls durch langfristige Überprüfungen ausgeräumt werden könne, was aber nicht zumutbar sei.

13

Auch sei eine Nachbesserung durch die Software der VW AG unzumutbar, da die Herstellerin bereits durch das Einbringen der unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht habe und - insoweit unstreitig - die angebliche „Nachbesserung“ nur durch ein Softwareupdate der Herstellerin erfolgen könne.

14

Das durchgeführte Software-Update sei deshalb auch keine hinreichende Nachbesserung. Das Fahrzeug verbrauche seitdem 0,5 l/100 km mehr und es sei noch gar nicht absehbar, welche zu befürchtenden negativen Folgen sich noch ergeben würden. Er, der Kläger, habe deshalb das Software-Update auch nicht als Nachbesserung akzeptiert, sondern nur aufgrund des Zwanges und der Befürchtung, dass andernfalls das Fahrzeug stillgelegt werde, aufspielen lassen.

15

Einbezogen in den Vertrag seien die Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Volkswagen AG in denen die Gattung in Ziffer IV. 6. weitergehend definiert werde:

16

„6. Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers bleiben während der Lieferzeit vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder der Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte hergeleitet werden.“

17

Daraus ergebe sich, dass sich die von den Parteien vereinbarte Gattungsschuld auch auf das nachfolgende Modell beziehe.

18

Ferner hält der Kläger die Einrichtung einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung, die die Abgasmesswerte auf dem Prüfstand unzulässig beeinflusst, für eine Täuschung durch die Volkswagen AG, die sich die Beklagte zurechnen lassen muss.

19

Der Kläger beantragte deshalb,

20

wie erkannt.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie ist der Ansicht bei der Software und den von ihr bestrittenen Folgeschäden am Motor oder anderen Teilen handle es sich nicht um einen Sachmangel. Eine Betriebsgenehmigung habe für das Fahrzeug immer bestanden. Das Fahrzeug sei uneingeschränkt gebrauchstauglich. Die Fahrzeuge müssten alle Abgaswerte nur auf dem Prüfstand einhalten, um eine Typengenehmigung zu erhalten. Konkrete Emissionswerte seien nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen oder Vereinbarungen der Parteien gewesen. Ein etwaiger Sachmangel sei auch nicht erheblich, da Nachbesserung durch ein Softwareupdate der Herstellerin mit geringem Kostenaufwand möglich sei.

24

Durch dieses Softwareupdate als Nachbesserung, das den Motor dann nur noch im Prüfstandmodus betreibe, komme es in der Folgezeit nicht zu einer Wertminderung. Alle Fahrzeuge seien wertbeständig. Die Motorleistung bestehe uneingeschränkt weiter und sei daher noch dieselbe wie im Vertrag vorausgesetzt. Die Nachbesserung mit der Software sei daher zumutbar und ausreichend. Dies habe auch das Kraftfahrtbundesamt festgestellt. An diese Feststellung aufgrund einer öffentliche Urkunde, die Beweiskraft nach §§ 417, 418, 371b ZPO entfalte, seien auch die Zivilgerichte gebunden. Dementsprechend sei vorliegend durch das Aufspielen des Software-Updates ein etwaiger Mangel hinreichend nachgebessert, so dass keinerlei Ansprüche mehr bestünden.

25

Eine Nachlieferung sei ferner unmöglich, da das Fahrzeugmodell Tiguan I nicht mehr produziert werde und eine Nachlieferung eines Neufahrzeuges der nachfolgenden Generation Tiguan II unverhältnismäßig und zudem ein Aliud wäre. Die beiden Modelle seien so unterschiedlich, dass sie nicht mehr zur selben Gattung gehörten und sich ein Nachlieferungsanspruch auf die Folgegeneration somit nicht erstrecken könne. So verfüge das Nachfolgemodell über 10 PS mehr, erfülle die Euro-6-Norm und sei auch äußerlich unterschiedlich (Anlagen B 8, 11, 12, 13).

26

Auch sei eine Nachlieferung gemäß § 439 Abs.3 S.1 BGB unverhältnismäßig, da die Kosten für eine Nachlieferung die Kosten für eine Nachbesserung weit überstiegen.

27

Zudem erhalte jeder Kunde eine Bescheinigung der Volkswagen AG nach Durchführung der technischen Maßnahmen (Anlage B 10) und die Volkswagen AG ergreife auch vertrauensbildende Maßnahmen, wonach jedem Kunden für den Zeitraum von 24 Monaten (max. Fahrleistung 250.000 km) zugesagt werde, eventuellen Beschwerden im Zusammenhang mit den technischen Maßnahmen an den Dieselfahrzeugen nachzugehen.

28

Für den umfangreichen Parteivortrag im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Klage ist begründet.

1.)

30

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs.1 Var.2 BGB.

31

Der Antrag des Klägers ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass es ihm darauf ankommt, ein gleichwertiges Fahrzeug mit der von ihm zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewünschten Ausstattung zu erhalten. Die Beklagte kann den Nachlieferungsanspruch somit mit allen typengleichen Fahrzeugen des Models VW Tiguan 2,0 TDI mit identischer Ausstattung wie das „Altfahrzeug“ des Klägers erfüllen (die Ausstattung ergibt sich aus Anlage K1).

A.)

32

Das durch die Beklagte gelieferte Fahrzeug hatte bei Gefahrübergang einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs.1 BGB (so neuerdings auch OLG Köln in einem Hinweisbeschluss zu 18 U 112/17). Der vom Kläger erworbene Neuwagen entsprach nicht dem Leistungsversprechen des zwischen den Parteien am 12.07.2013 geschlossenen Kfz-Kaufvertrages. Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft jedenfalls gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und S. 3 BGB. Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand nicht frei von Sachmängeln, wenn er sich nicht für die gewöhnliche Anwendung eignet oder nicht eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Mangelhaft ist der Wagen im Echtbetrieb schon deshalb, weil sich der Hersteller eines unzulässigen Abschaltmechanismus für die Messung der Stickoxid-Werte unter Prüfbedingungen bedient hat. Der Käufer eines Fahrzeugs kann im Rahmen der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit eines Neuwagenkaufs in jedem Fall davon ausgehen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassungsfähigkeit seines Fahrzeugs auf rechtmäßigem Wege eingehalten werden, ohne die Verwendung einer manipulierenden Software, die im Rahmen eines Prüflaufstandes einen Modus aktiviert, der nicht dem üblichen Betriebsmodus entspricht und in dem der Stickoxidausstoß reduziert wird (hierzu wie zum Folgenden LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 - 1 O 170/16 - unter Verweis unter anderem auf LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017, 7 O 967/16; LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, 11 O 341/15; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016, 16 O 790/16 LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16). Dass im Fahrzeug des Klägers wie in allen mit dem entsprechenden Aggregat EA189 ausgestatteten Fahrzeugen eine solche manipulierende Software installiert wurde, ist unstreitig. Dass diese auch unzulässig ist, steht zur Überzeugung des Gerichts ausweislich der zur Akte gereichten Dokumente des Kraftfahrt-Bundesamtes fest, das den Hersteller verpflichtet hat, diese unzulässige Abschalteinrichtung unter Einhaltung der entsprechenden Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG zu entfernen. Dieser Mangel lag als produktionsbedingter auch bei Gefahrübergang vor, hier der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger (§§ 434 Abs. 1 S. 1, 446 BGB).

33

Der Durchschnittskäufer kann bei einem Autokauf erwarten, dass das von ihm erworbene Fahrzeug die Abgaswerte einhält, und zwar nicht nur durch eine beigefügte Software für den Prüfstand. Er kann erwarten, dass alle laufenden Prozesse auf dem Prüfstand auch im normalen Fahrbetrieb aktiv bleiben und der Prüfstand somit die reale Fahrsituation nachbildet. Dass, wie die Beklagte vorbringt, der Abgasausstoß zwischen Prüfstand und Straßenbetrieb auf natürliche Weise variieren, ist dabei bekannt aber insoweit unerheblich.

B.)

34

Ferner liegt ein Rechtsmangel vor.

35

Nach § 435 S.1 BGB ist eine Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Auch auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen, können einen Rechtsmangel begründen (BGH U.v. 18.01.2017, VIII ZR 234/15). So liegt es auch hier.

36

Zwar ist es richtig, dass der Kläger sein Fahrzeug (noch) bestimmungsgemäß nutzen kann. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16, juris Rn. 28; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16, juris Rn. 6; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16, juris Rn. 24, 32 ff., jew. m.w.N.). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, was unstreitig ist. Auch erwartet ein Durchschnittskäufer nicht, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert ist, die dafür sorgt, dass der Prüflaufstand erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung nur für diesen Fall der Stickoxidausstoß reduziert wird (LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016 - 4 O 202/16, juris Rn. 19; LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017 - 7 O 967/16, juris Rn. 30).

37

Da der Kläger das Software-Update aber hat durchführen lassen, droht jedenfalls nach derzeitiger Sachlage kein Entzug der Betriebserlaubnis und keine Stilllegung, beseitigt aber letztlich den Mangel nicht (siehe dazu weiter unten).

38

Nach allem hat der Kläger Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 BGB und hat insoweit Nachlieferung verlangt. Dies zu Recht.

C.)

39

Die gewählte Nacherfüllung durch Neulieferung eines Fahrzeuges ist nicht unverhältnismäßig.

40

Die Beklagte kann die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung im Verhältnis zur Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 3 BGB nicht mit Erfolg geltend machen. Denn auf das Aufspielen des von VW bereitgestellten Software-Updates im Wege der Nachbesserung kann der Kläger nicht verwiesen werden, da auf diese nicht ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann (§ 439 Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz BGB) und die gebotene Interessenabwägung im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB daher zugunsten des Klägers ausfällt.

41

Nach § 439 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen ist, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann.

42

Selbst unter der Annahme zugunsten der Beklagten, die Kosten der Entwicklung des Softwareupdates seien - etwa als „sowieso“ aufgrund der Anforderungen des Kraftfahrt-Bundesamtes und der die Nachbesserung wünschenden Kunden anfallende Kosten - bei der Bemessung der Kosten, die für die Nachbesserung anfallen, nicht zu berücksichtigen und es stünden daher Nachbesserungskosten in Höhe von etwa 100 € den vielfachen Kosten für die Neulieferung eines Fahrzeugs gegenüber, fällt die Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus.

43

Zunächst ist der Mangel von erheblicher Bedeutung. Selbst unter der Annahme, dass eine Verwendungseinschränkung des Fahrzeugs derzeit nicht besteht und die Mangelbeseitigung lediglich 100 € kosten würde, ist der Mangel erheblich. Denn im Rahmen dieser indiziellen Bedeutung müsste neben den Kosten für die Entwicklung auch der erhebliche für die Entwicklung und Zulassung des Software-Updates erforderliche zeitliche Aufwand von mehr als einem Jahr berücksichtigt werden, der schon für sich eine Unerheblichkeit ausschließt (so auch die Zivilkammer 1 des Landgerichts Hamburg, Urteil vom 16.11.2016, 301 O 96/16).

44

Es kommt im Ergebnis aber auch nicht auf die wirtschaftliche Argumentation an. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass derzeit unklar ist, ob das Softwareupdate auch auf lange Dauer technisch keine Nachteile mit sich bringt. Allein die Behauptung, das Kraftfahrtbundesamt habe nach sachkundiger Überprüfung keine Bedenken gehabt, besagt dazu nichts. Denn zum Einen kann sachlich nur geprüft worden sein, ob technisch nach kurzer Zeit noch keine Auswirkungen zu bemerken sind (über die langfristigen Folgen ist damit nichts gesagt und kann derzeit auch noch nichts gesagt werden, siehe dazu ferner unter D.) . Zum Anderen ist bei dieser unklaren Sachlage weiterhin offen, ob die vom Kraftfahrtbundesamt angeordnete Nachbesserung im kaufrechtlichen Verhältnis als ausreichend angesehen werden kann. All dies sind letztlich Umstände, die die gewählte Art der Nachbesserung, nämlich die Neulieferung, nicht als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Schon der Umstand, dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme von der zuständigen Behörde geprüft und gefordert wird, zeigt, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handeln kann (so auch LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16).

D.)

45

Die Nachbesserung durch das Softwareupdate ist für den Kläger unzumutbar, wobei es nicht darauf ankommt, dass der Kläger das Software-Update inzwischen hat aufspielen lassen.

46

Es besteht der plausible Verdacht, dass das angebotene Softwareupdate keine ausreichende Nachbesserung ist. Die von Klägerseite zitierten technischen Bedenken sind jedenfalls auch einem Laien nachvollziehbar: Wenn die Softwarenachbesserung nunmehr dazu führt, dass der Motor nur noch im Prüfstandmodus betrieben wird, das heißt, eine permanente Abgasrückführung erfolgt, so dürfte relativ klar sein, dass damit ein deutlich gesteigerter Verschleiß der betroffenen Motorteile einhergeht. Schon diese Befürchtung, die auch in der Öffentlichkeit umfangreich und kontrovers diskutiert wird, führt nach Ansicht des Gerichts zu einem deutlichen und auf unabsehbare Zeit verbleibenden Minderwert des Fahrzeuges, der auch durch eine sachverständige Überprüfung, die eigentlich nur durch Langzeittests erfolgen kann, nicht ausgeräumt werden kann.

47

Auch folgt hier eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung aus der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kläger und der Beklagten (zu den Grundsätzen: BGH v. 20.03.2010 VIII ZR 182/08). Der Käufer eines so mangelbehafteten Fahrzeugs befürchtet, dass die Nachbesserung durch ein einfaches Softwareupdate keinesfalls ausreichend sein kann, um die Mängel zu beheben, denn es wäre dann ja nicht nachvollziehbar, warum der Hersteller dieses einfache mit geringem Kosten verbundene Update nicht von vorneherein eingebracht hätte. Aufgrund der erfolgten herstellerbedingten Täuschung ist ein solches Verhalten nachvollziehbar.

48

Im Rahmen der Frage der Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch das Softwareupdate ist das Verhalten der Herstellerin auch der Beklagten zuzurechnen, weil nur die einzige Möglichkeit besteht, dieses Softwareupdate von der Herstellerin zu erhalten (vgl. dazu: LG Köln, Urt. V. 18.05.2017- 2 O 422/16; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16; LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16), denn unstreitig ist ein Softwareupdate nur unter Mitwirkung der Volkswagen AG möglich. Selbst wenn, was hier auch streitig ist, die Beklagte und die Volkswagen AG rechtlich als selbstständig zu betrachten sind, bleibt es für den Kläger auch im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten unzumutbar, ein Softwareupdate als Nachbesserung zu akzeptieren, dessen Wirksamkeit nicht wissenschaftlich erwiesen ist und das jedenfalls auf unabsehbare Zeit mit einem Makel behaftet ist.

49

Die Beklagte kann hierbei auch nicht darauf verweisen, das Kraftfahrtbundesamt habe durch Akzeptieren der Nachbesserung durch das Softwareupdate und aufgrund öffentlich-rechtlichen Bescheids wirksam diese Art der Nachbesserung verfügt. Denn dabei handelt es sich lediglich um öffentlich-rechtliche Vorschriften, die letztlich kleine Auswirkungen im zivilrechtlichen Vertrag haben, unabhängig davon, ob die öffentlich-rechtliche Entscheidung verwaltungsgerichtlich und auch vor dem EuGH Bestand haben wird. Gerade die „Zwickmühle“, die sich einem geschädigten Käufer bietet, zeigt, dass die Nachbesserung durch ein technisch in der sachkundigen Öffentlichkeit angezweifeltes Softwareupdate für den Verbraucher unzumutbar ist. Entweder der Kunde vertraut auf den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes mit dem Risiko, dass aufgrund Langzeittests das Softwareupdate eben doch nicht hinreichende Nachbesserung erbringt (sonst hätte der Hersteller dies sicher doch von Anfang an eingebaut und damit den gesamten Dieselabgasskandal verhindern können) oder der Kunde verweigert das Softwareupdate wegen der bestehenden Bedenken mit dem Risiko der Stilllegung des Fahrzeugs.

50

Bei dieser Sachlage kann dem Kläger auch nicht vorgeworfen werden, dass er das Software-Update hat aufspielen lassen. Er hat damit nicht die Nachbesserung im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften akzeptiert, sondern ist diesem Begehren lediglich aus öffentlich-rechtlichen Zwängen nachgekommen, weil er befürchtet hat, dass ansonsten das Fahrzeug aus öffentlich-rechtlichen Gründen stillgelegt wird. Ein Akzeptieren der Nachbesserung kann darin nicht gesehen werden.

51

Offen bleiben kann, ob nicht die Nachbesserung durch das Software-Update schon deswegen nicht hinreichend ist, weil es andere erheblich bessere und nachhaltigere Nachbesserungsmöglichkeiten gibt. Immerhin lässt sich nach den aktuellen Informationen aus einer Studie des Lehrstuhlinhabers für Verbrennungskraftmaschinen an der TU München, Georg Wachtmeister, das Problem praktisch für alle streitbefangenen Fahrzeugtypen durch die sogenannte SCR-Technik lösen mit einem allerdings höheren Aufwand von mindestens rund € 1.300,00 pro Fahrzeug (vgl. DER SPIEGEL, 4/2018, S. 67).

52

Ferner kann dem Käufer in einer solchen Fallkonstellation nicht vorgeworfen werden, er handele widersprüchlich, wenn er einerseits dem Softwareupdate als Nachbesserung des Herstellers nicht vertraut, andererseits aber wiederum ein Dieselfahrzeug im Wege der Nachlieferung verlangt (sowohl LG Paderborn, a.a.O.). Denn der maßgebliche Unterschied ist der, dass der Käufer, der sich auf ein Softwareupdate einlässt, nur noch eingeschränkte Gewährleistungsrechte hat (wenn überhaupt), bei einer Nachlieferung eines Neufahrzeuges aber wiederum die normale Neuwagengewährleistung besteht und der Käufer nach derzeitigem Sachstand ziemlich sicher sein kann, dass das Neufahrzeug ohne Mängel gerade auch der hier streitigen Art ausgeliefert werden wird. Es ist deshalb nach Ansicht des Gerichts nicht verwerflich, der höchst streitigen Nachbesserung des Herstellers im Rahmen des „Dieselabgas-Skandals“ nicht zu vertrauen, andererseits aber bei zeitlich nach dem Beginn des „Abgasskandals“ auf den Markt gekommenen Neufahrzeugen unter Berücksichtigung der neu laufenden Gewährleistungsfrist auf die Mangelfreiheit zu vertrauen.

E.)

53

Eine Nachlieferung ist auch nicht unmöglich im Sinne des § 275 Abs.1 BGB.

54

Vorliegend lag eine Gattungsschuld vor. Eine Ersatzlieferung wird erst dann unmöglich, wenn die gesamte Gattung untergegangen bzw. mangelhaft ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 439 Rn. 15). Im Streitfall ist zwar davon auszugehen, dass alle Fahrzeuge des Typs Tiguan aus der 1. Baureihe mit dem Dieselmotor EA 189 mangelbehaftet sind. Die Nachlieferung ist aber durch die Überlassung eines Fahrzeugs der aktuellen Baureihe des Tiguans, also des „Tiguan II“, mit dem anderen Motor möglich. Der Auffassung der Beklagten, dass die Fahrzeuge der aktuellen Serienproduktion des Typs Tiguan einer anderen Gattung angehören, kann nicht gefolgt werden. Eine Gattung bilden alle Gegenstände, die durch gemeinschaftliche Merkmale (Typ, Sorte, u.U. auch Preis) gekennzeichnet sind und sich dadurch von anderen Gegenständen abheben. Über die Abgrenzung entscheidet der Parteiwille (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 243 Rn. 2). Im Streitfall ist demnach die Regelung unter 6. der Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten, die unstreitig in den Kaufvertrag mit einbezogen waren, zu berücksichtigen. Dort heißt es u.a.: „Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers während der Lieferzeit bleiben vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte begründet werden.“

55

Der Motor des „Tiguan II“ hat 10 PS mehr (150 PS statt 140 PS) und erfüllt anstelle der EURO-Norm 5 die EURO-Norm 6. Weiterhin ist der „Tiguan II“ gegenüber dem „Tiguan I“, wie aus den von der Beklagten eingereichten Unterlagen ersichtlich ist, um einige Zentimeter größer, hat mehr Ladevolumen und die technische Ausstattung und das Design wurden leicht abgeändert. Diese Änderungen sind jedoch nicht so erheblich, dass man davon ausgehen könnte, dass der „Tiguan II“ einer eigenen Gattung angehören würde. Die Abweichungen optischer Art sind als gering zu bewerten. Auch die technischen Veränderungen sind nur leichterer Natur letztlich nicht erheblich. Die Abweichungen zwischen den Modellen sind deshalb gesamt als gering zu bewerten und wären dem Kunden nach Ziffer 6 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen zuzumuten, falls die Volkswagen AG nach der Bestellung, aber vor der Auslieferung des Fahrzeugs an den Kläger die Produktion des „Tiguan I“ eingestellt und auf den „Tiguan II“ umgestellt hätte.

56

Zwar ist es richtig, dass die in Bezug genommenen Neuwagenbedingungen hier eine Klausel zugunsten des Verkäufers enthalten. Daraus lässt sich aber der allgemeine Grundsatz für dieses Kaufvertragsverhältnis ableiten, dass auch im Gegenzug der Verkäufer ihm zumutbare Änderungen der Leistungen erbringen muss. Das ist hier nach obigen Erörterungen der Fall.

57

Soweit die Beklagte darauf verweist, der „Tiguan II“ basiere auf einem neuen modularen Querbaukasten, ist das unerheblich. Derartige technische Details sind in aller Regel für einen Verbraucher, der sich einen Pkw kauft, nicht von Bedeutung und ihm zumeist nicht einmal bekannt. Zudem verpflichtet Ziffer 6 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen den Käufer gerade, auch Konstruktions- und Formänderungen hinzunehmen, sofern diese für ihn zumutbar sind, was hier wie ausgeführt angesichts der nur geringen optischen und technischen Änderungen vorliegt (so jedenfalls entgegen der von der Beklagten zitierten umfangreichen Rechtsprechung: LG Offenburg, Urteil vom 21.03.2017, 3 O 77/16; LG Paderborn, Urteil vom 24.11.2017, 6 O 36/17 neuerdings wohl auch dahin tendierend OLG Stuttgart in einem Hinweis in der Sache 3 U 133/17).

F.)

58

Der Kläger schuldet der Beklagten keinen Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.

59

Gemäß § 474 Abs.2 S.1 BGB a.F. ist bei einem Verbrauchsgüterkauf kein Wertersatz für Nutzungen des Verbrauchers herauszugeben (im Zeitpunkt des Kaufs geltende Gesetzesänderung in Folge der Entscheidung des EuGH NJW 2008, 1433). Eine Abweichung von dieser klaren gesetzlichen und europarechtlichen Regelung ist nicht deshalb angezeigt, weil der Kläger das zurückzugebende Fahrzeug ohne jegliche mängelbedingte Einschränkung hat nutzen können, denn im Rahmen des Verbraucherrechtsschutzes ist gerade uneingeschränkt für alle Fälle geregelt, dass Nutzungen nicht herauszugeben sind.

G.)

60

Der Anspruch auf Nachlieferung ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Hersteller im Wege „vertrauensbildender Maßnahmen“ die Bescheinigung gemäß Anlage B 10 und die Erklärung abgibt, wonach jedem Kunden für den Zeitraum von 24 Monaten (max. Fahrleistung 250.000 km) zugesagt werde, eventuellen Beschwerden im Zusammenhang mit den technischen Maßnahmen an den Dieselfahrzeugen nachzugehen. Denn die Bescheinigung gemäß Anlage B 10 zeigt nur, dass der Fahrzeug-Hersteller der Auffassung ist, mit dem Softwareupdate seien alle Probleme gelöst. Rechtlich verbindliche Erklärungen werden insoweit jedoch nicht abgegeben, so dass sich ein Käufer eines betroffenen Fahrzeuges hierauf nicht in zumutbarer Weise einlassen kann und muss.

2.)

61

Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs zu Ziffer 1 im Verzug. Der Kläger hat mit Schreiben vom 16.01.2017 die Beklagte aufgefordert ihm ein Neufahrzeug zu liefern, was nach obigen Erörterungen auch problemlos möglich wäre. Die Beklagte hätte mithin das Fahrzeug des Klägers nach Fristablauf zurücknehmen müssen.

3.)

62

Die Beklagte schuldet dem Kläger die Freistellung von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerpartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € gemäß §§ 280 Abs.1, Abs.2, 286 BGB. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Kosten hatte der Kläger einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Nachlieferung eines unter Ziffer 1 genannten Fahrzeuges. Eine Mahnung war entbehrlich, da die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hatte.

4.)

63

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S.1, 2 ZPO.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

Die Sache ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Einem Rechtsmangel steht es gleich, wenn im Grundbuch ein Recht eingetragen ist, das nicht besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 234/15 Verkündet am:
18. Januar 2017
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die bei Gefahrübergang vorhandene und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung
fortbestehende Eintragung eines Kraftfahrzeugs in dem Schengener Informationssystem
(SIS) zum Zwecke der Sicherstellung und Identitätsfeststellung ist
ein erheblicher Rechtsmangel, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag
berechtigt (im Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Februar
2004 - VIII ZR 78/03, NJW 2004, 1802).
BGH, Urteil vom 18. Januar 2017 - VIII ZR 234/15 - OLG Stuttgart
LG Ravensburg
ECLI:DE:BGH:2017:180117UVIIIZR234.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel, den Richter Prof. Dr. Achilles sowie die Richter Dr. Schneider und Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. September 2015 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.
2
Die Parteien schlossen Mitte des Jahres 2012 mündlich einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Rolls Royce Corniche Cabrio (Oldtimer) zum Preis von 29.000 €. Nach Eingang der vereinbarten Anzahlung in Höhe von 1.000 € am 11. Oktober 2012 übergab der Beklagte dem Kläger den Pkw Mitte Oktober 2012 gegen Zahlung des Restkaufpreises.
3
Bei dem Versuch des Klägers, den Pkw Ende Juli 2013 anzumelden, wurde das Fahrzeug polizeilich sichergestellt, weil es im Schengener Informati- onssystem (SIS) von französischen Behörden als am 6. Juni 2012 gestohlen gemeldet und zur Fahndung (Sicherstellung und Identitätsfeststellung) ausgeschrieben worden war. Gegen den Kläger und den Beklagten wurden von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hehlerei eingeleitet. Am 30. September 2013 erfolgte die Freigabe des Kraftfahrzeugs, nachdem im Zuge der Ermittlungen die Vermutung aufgekommen war, der ehemalige französische Eigentümer des Kraftfahrzeugs habe den Diebstahl zum Zwecke des Versicherungsbetrugs nur vorgetäuscht. In der Freigabebescheinigung des Polizeipräsidiums Düsseldorf an den Kläger ist vermerkt, dass keine Bedenken gegen eine amtliche Zulassung bestünden. Am 17. Dezember 2013 wurde der Pkw auf den Kläger zugelassen. Die zunächst im November 2013 eingestellten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren gegen die Parteien wurden im Januar 2014 wieder aufgenommen und dauerten jedenfalls noch bis in das Jahr 2015 an. Das Fahrzeug ist nach wie vor im SIS ausgeschrieben.
4
Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Mai 2014 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte ihn auf, den Kaufpreis gegen Rückgabe des Pkw zurückzuerstatten. Der Kläger ist der Auffassung , die bei Fahrzeugübergabe vorhandene und weiter andauernde SISAusschreibung sei ein erheblicher Rechtsmangel. Der Beklagte stellt einen Rechtsmangel in Abrede, weil es sich bei der SIS-Ausschreibung lediglich um ein auf Missverständnissen beruhendes vorübergehendes Verwendungshindernis handele, das ohnehin nur im Ausland bestünde und binnen kurzer Zeit beseitigt werden könnte.
5
Mit der Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung von 29.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,68 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht hat dem Zug-um-Zug-Antrag in Höhe von 28.913 € und dem weiteren Zahlungsantrag vollumfänglich, jeweils nebst Zinsen, stattgegeben ; die weitergehende Klage hat es abgewiesen.Das Oberlandesgericht hat die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
8
Im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung habe das Kraftfahrzeug einen erheblichen Rechtsmangel (§ 435 BGB) aufgewiesen, da dessen von den französischen Behörden veranlasste Eintragung in die SISFahndungsliste einen den Gebrauch der Kaufsache dauerhaft und nachhaltig beeinträchtigenden Umstand darstelle. Das Kraftfahrzeug sei bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger als gestohlen gemeldet und auch noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung zur Fahndung ausgeschrieben gewesen.
9
Bei dem Eintrag in die SIS-Fahndungsliste handele es sich nicht nur um ein vorübergehendes Zulassungshindernis; die Eintragung führe vielmehr zu einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung, weil der Kläger bei einer Fahrt in das Ausland mit einer Beschlagnahme des Fahrzeugs rechnen müsse. Bei einer Beschlagnahme im Ausland sei der Käufer aufgrund der tatsächlichen Ge- gebenheiten (Sprache, Rechtssystem) faktisch für längere Zeit von der Nutzung des erworbenen Kraftfahrzeugs ausgeschlossen und somit in dessen Gebrauch erheblich eingeschränkt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die SISAusschreibung auch nach der Einstellung des gegen die Parteien in Deutschland geführten Ermittlungsverfahrens und der Herausgabe des Fahrzeugs an den Kläger nicht gelöscht worden sei. Für das Vorliegen eines Rechtsmangels spreche auch der Umstand, dass der Kläger bei einem Verkauf des Pkw verpflichtet wäre, den Umstand der fortbestehenden internationalen Ausschreibung einem Käufer zu offenbaren. Dem Kläger sei es auch nicht zumutbar, selbst für die Löschung des SIS-Eintrags zu sorgen. Es könne nicht Aufgabe des Käufers sein, mit hohem Aufwand und ungewissem Erfolg selbst für eine bestehende Gebrauchsbeeinträchtigung einzustehen.
10
Einer grundsätzlich nach § 323 Abs. 1 BGB für den Rücktritt notwendigen Fristsetzung zur Nacherfüllung habe es vorliegend nicht bedurft, da dem Kläger nach § 440 Satz 1 BGB die ihm zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar sei. In Anbetracht dessen, dass hier ein Diebstahl in Frankreich im Raum stehe und sich der Sachverhalt durch die polizeilichen Ermittlungen über Monate nicht habe aufklären lassen, sei eine Fristsetzung entbehrlich gewesen. Dem Kläger sei es nicht zuzumuten abzuwarten, bis geklärt sei, ob das Kraftfahrzeug vom wahren Eigentümer veräußert worden sei und der Beklagte die Löschung der SIS-Ausschreibung erreichen könne.
11
Im Übrigen sei die Fristsetzung auch nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen. Denn der Beklagte habe die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Bei dieser Wertung sei auch das Verhalten des Beklagten im Prozess mit heranzuziehen. Hier habe der Beklagte durchgehend von Anfang an seine Passivlegitimation und das Vorliegen eines Rechtsmangels bestritten. Damit habe er klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, er werde den Mangel nicht beseitigen. Anhaltspunkte, dass der Beklagte durch eine Fristsetzung zu besserer Einsicht gelangt wäre, lägen nicht vor. Der Beklagte habe zwar vorgetragen, es wäre ihm möglich gewesen, auf die Löschung des SIS-Eintrags hinzuwirken, und er hätte diese auch erreicht. Er habe aber weder nach Zugang der Rücktrittserklärung noch nach Zustellung der Klageschrift diesbezüglich etwas unternommen.
12
Da nach allem der Rücktritt wirksam erfolgt sei, seien die Klageansprüche in dem vom Landgericht ausgeurteilten Umfang begründet.

II.

13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
14
Dem Kläger steht nach wirksamem Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 437 Nr. 2, §§ 435, 440, 323 BGB der geltend gemachte Rückgewähranspruch nach § 346 Abs. 1 BGB zu. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen , dass der bereits bei Übergabe Mitte Oktober 2012 bestehende und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (2. Mai 2014) andauernde Eintrag des Kraftfahrzeugs im SIS-Fahndungssystem einen erheblichen (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) Rechtsmangel im Sinne des § 435 Satz 1 BGB darstellt, der den Kläger zum Rücktritt berechtigte.
15
1. Nach § 435 Satz 1 BGB ist die Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können.
16
a) Der Verkäufer muss daher, um seine Leistungspflicht vollständig zu erfüllen, nicht nur das materielle (Eigentums-)Recht als solches verschaffen, sondern auch dafür sorgen, dass der Käufer die Kaufsache unangefochten und frei von Rechten Dritter erwirbt und nutzen kann. Das Ziel der Rechtsverschaffung ist umfassend, damit der Käufer, wie in § 903 Satz 1 BGB für den Eigentümer vorgesehen, in die Lage versetzt wird, nach Belieben mit der Sache zu verfahren (siehe BT-Drucks. 14/6040, S. 218; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 435 Rn. 8; vgl. auch Grunewald, Die Grenzziehung zwischen der Rechts- und Sachmängelhaftung beim Kauf, 1980, S. 50 f.). Ein Rechtsmangel liegt deshalb vor, wenn Rechte eines Dritten eine individuelle Belastung des Käufers ergeben, also geeignet sind, ihn in der ungestörten Ausübung der ihm nach § 903 Satz 1 BGB gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen (MünchKommBGB/Westermann, 7. Aufl., § 435 Rn. 4; BeckOKBGB /Faust, Stand: August 2014, § 435 Rn. 6).
17
aa) Hinsichtlich der rechtlichen Natur dieser individuellen Belastung kommen nicht nur dingliche Rechte eines Dritten, sondern auch obligatorische Rechte in Betracht, wenn ihre Ausübung eine tatsächliche Beeinträchtigung der Nutzung für den Käufer bedeuten, indem sie dem Rechtsinhaber ein Recht zum Besitz der Sache verschaffen (Miet- und Pachtverhältnisse betreffend: BGH, Urteile vom 2. Oktober 1987 - V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79 unter II 1; vom 17. Mai 1991 - V ZR 92/90, NJW 1991, 2700 unter III; vgl. auch MünchKommBGB /Westermann, aaO Rn. 7; Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 435 Rn. 8; BeckOK-BGB/Faust, aaO Rn. 15; Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 15).
18
bb) Auch auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen, können einen Rechtsmangel begründen (BT-Drucks. 14/6040, S. 217; BeckOKBGB /Faust, aaO Rn. 18 f.; MünchKommBGB/Westermann, aaO Rn. 10; Erman/ Grunewald, aaO Rn. 11). Dies gilt - in Abgrenzung zu den dem Bereich der Sachmängelgewährleistung (§ 434 BGB) zuzuordnenden Sachverhalten - je- denfalls dann, wenn das Eingreifen öffentlich-rechtlicher Normen nicht Folge der (auch) einen Sachmangel begründenden nicht vertragsgemäßen Beschaffenheit der Kaufsache ist; andernfalls liegt es nahe, (nur) einen Sachmangel anzunehmen (Erman/Grunewald, aaO). Schematische Lösungen verbieten sich hierbei (Senatsurteil vom 5. Dezember 1990 - VIII ZR 75/90, BGHZ 113, 106, 112).
19
(1) So hat der Senat in einem Fall, in dem Hasenfleisch verkauft wurde, bei dem der begründete Verdacht der Salmonellenverseuchung bestand, einen Sachmangel bejaht, weil die Kaufsache - unabhängig davon, dass sie in Folge des Verdachts (auch) der öffentlich-rechtlichen Beschlagnahme unterlag - nicht mehr für die vorgesehene Verwendung (Weiterveräußerung) tauglich war (Senatsurteil vom 14. Juni 1972 - VIII ZR 75/71, WM 1972, 1314 unter I 3). In Abgrenzung hiervon hat der Senat dagegen entschieden (Senatsurteil vom 5. Dezember 1990 - VIII ZR 75/90, aaO S. 112 f.), dass sich ein Käufer, der Dieselkraftstoff zum Betrieb von Dieselmotoren bestellt, gegenüber dem Verkäufer mit Erfolg auf einen Rechtsmangel berufen kann, wenn in Abweichung von der Bestellung ein mit Heizöl verunreinigter Dieselkraftstoff geliefert wird; die Besonderheit dieses Falles, die zur Annahme eines Rechtsmangels führte, lag darin, dass der gelieferte Kraftstoff zwar zur vertraglich vorgesehenen Verwendung (Betrieb von Dieselmotoren) auch mit der Verunreinigung tauglich war, er aber wegen der Heizölbeimischung der Gefahr der behördlichen Beschlagnahme unterlag. Die den Käufer treffende Beeinträchtigung lag mithin nicht in der tatsächlichen Beschaffenheit der Sache, sondern darin, dass der Verkäufer dem Käufer nur Eigentum ohne rechtlichen Bestand verschaffen konnte (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - VIII ZR 75/90, aaO).
20
(2) Auch der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zieht die Grenze zwischen Sach- und Rechtsmangel in Fällen, in denen öffentlich-rechtliche Befug- nisse oder Beschränkungen auf die Nutzung eines verkauften Grundstücks einwirken, in gleicher Weise. So liegt in öffentlich-rechtlichen Beschränkungen der Bebaubarkeit eines verkauften Grundstücks, die an dessen Beschaffenheit (insbesondere die Lage) anknüpfen, ein Sachmangel (BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 5 mwN): Hingegen stellt etwa die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung, die von deren Beschaffenheit unabhängig ist, ebenso einen Rechtsmangel dar (BGH, Urteile vom 9. Juli 1976 - V ZR 256/75, BGHZ 67, 134, 135 ff.; vom 21. Januar2000 - V ZR 387/98, NJW 2000, 1256 unter II 1) wie eine Veränderungssperre (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1985 - V ZR 263/83, BGHZ 96, 385, 390 f.) oder die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Grundstückseigentümers, einen Teil des verkauften Grundstücks als Straßenbauland an die Gemeinde zu veräußern (BGH, Urteil vom 4. Juni 1982 - V ZR 81/81, NJW 1983, 275 unter II 3 b).
21
(3) Dementsprechend hat der Senat die nach § 111b StPO (rechtmäßig) durchgeführte Beschlagnahme eines im Ausland als gestohlen gemeldeten Kraftfahrzeugs - deren allein der Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche des durch die Straftat Verletzten dienende Anordnung keine Folge der Beschaffenheit des Fahrzeugs war - als Rechtsmangel angesehen und es insoweit als genügend erachtet, wenn der Sachverhalt, aufgrund dessen die (spätere) Beschlagnahme erfolgt, bereits bei Gefahrübergang vorhanden war (Senatsurteil vom 18. Februar 2004 - VIII ZR 78/03, NJW 2004, 1802 unter II 1). Diese Rechtsprechung geht zurück auf zwei Entscheidungen des Reichsgerichts, in denen die rechtlichen Folgen von öffentlich-rechtlichen Beschlagnahmebefugnissen (zum einen aufgrund Verstoßes gegen Einfuhrbestimmungen [RGZ 105, 390], zum anderen aufgrund Verstoßes gegen zollrechtliche Bestimmungen [RGZ 111, 86]) zu klären waren. In beiden Fällen hat es bereits das Reichsgericht für die Annahme eines Rechtsmangels ausreichen lassen, dass bei Gefahrübergang ein Sach- verhalt vorliegt, der einen staatlichen Zugriff auf die Kaufsache im Wege einer künftigen Beschlagnahmeanordnung ermöglicht (RGZ 105, 390, 391 f.; RGZ 111, 86, 88 f.). Im Anschluss daran hat auch der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass ein Rechtsmangel bereits dann gegeben ist, wenn das Recht eines Dritten auch nur potentiell geeignet ist, den Käufer in der ungestörten Ausübung der ihm gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991 - V ZR 204/91, NJW-RR 1993, 396 unter II 2; so auch Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO Rn. 9).
22
b) Nach den vorstehend aufgezeigten Maßstäben ist (bereits) die Eintragung eines Kraftfahrzeugs in die Fahndungsliste aufgrund einer SISAusschreibung als Rechtsmangel anzusehen (so auch die einhellige Auffassung der Oberlandesgerichte; vgl. OLG Köln NJW-RR 2014, 1080; OLG Düsseldorf vom 20. Februar 2015 - I-22 U 159/14, juris; OLG München, Urteil vom 2. Mai 2016 - 21 U 3016/15, juris). Zwar handelt es sich bei dem Schengener Informationssystem (nur) um eine interne Datenbank der Sicherheitsbehörden des Schengen-Raumes, mit der - anders als bei einer bereits vollzogenen behördlichen Beschlagnahme oder Sicherstellung - noch kein unmittelbarer Eingriff in Form des Entzugs der Sache verbunden ist. Die Eigenart der auf einem internationalen Abkommen beruhenden SIS-Sachfahndung gebietet es jedoch, bereits die Eintragung als solche und nicht erst eine daraufhin erfolgende Beschlagnahme oder Sicherstellung als Rechtsmangel einzuordnen. Denn bereits die Eintragung eines Kraftfahrzeugs in dieses Fahndungssystem ist für den Käufer mit der Gefahr einer erheblichen Nutzungsbeeinträchtigung verbunden und führt damit zu einer individuellen Belastung, die geeignet ist, den Käufer in der ungestörten Ausübung der ihm nach § 903 Satz 1 BGB gebührenden Rechtsposition zu beeinträchtigen.
23
aa) Die SIS-Ausschreibung hat ihre rechtliche Grundlage in dem Beschluss 2007/533/JI des Europäischen Rats vom 12. Juni 2007 über die Errichtung , den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II; ABl. L 205/63). In Art. 38 Abs. 1, 2 Buchst. a dieses Beschlusses ist geregelt, dass Daten in Bezug auf Kraftfahrzeuge, die zur Sicherstellung oder Beweissicherung in Strafverfahren gesucht werden, in das Fahndungssystem eingegeben werden können. Wird das gesuchte Fahrzeug aufgefunden, wird dem aufgreifenden Mitgliedsstaat in Art. 39 Abs. 3 des Beschlusses aufgegeben, Maßnahmen nach Maßgabe seines nationalen Rechts zu ergreifen.
24
bb) Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die SIS-Ausschreibung eines Kraftfahrzeugs mit der konkreten, im gesamten Schengen-Raum bestehenden Gefahr verbunden, dass bei der Zulassung des Fahrzeugs, einer Halteränderung oder bei einer polizeilichen Kontrolle die Eintragung festgestellt wird und das Fahrzeug daraufhin behördlicherseits - nach den jeweiligen Rechtsvorschriften des Landes, in dem es aufgefunden wird - rechtmäßig sichergestellt oder beschlagnahmt wird, wie es auch im vorliegenden Fall Mitte des Jahres 2013 für die Dauer von mehreren Monaten geschehen ist.
25
Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Einordnung als Rechtsmangel unerheblich, dass der streitgegenständliche Pkw hier nach der Sicherstellung in Düsseldorf von der dortigen Polizei wieder freigegeben wurde und der Kläger das Fahrzeug anschließend zum Straßenverkehr zulassen konnte. Denn die Ausschreibung besteht nach wie vor, weil ungeachtet der schon länger andauernden Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden bisher nicht abschließend geklärt werden konnte, ob der Pkw dem (früheren) französischen Eigentümer abhandengekommen oder er Gegenstand eines Versicherungsbetruges gewesen ist; auch das - zwischenzeitlich für kurze Zeit einge- stellte - Ermittlungsverfahren gegen beide Parteien dauerte jedenfalls bis in das Jahr 2015 hinein an.
26
Die SIS-Ausschreibung erschöpft sich deshalb entgegen der Auffassung der Revision nicht in einem vorübergehenden Zulassungshindernis. Denn die durch die Eintragung begründeten Zugriffsmöglichkeiten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden des Schengen-Raums bestehen fort, solange die Eintragung nicht beseitigt ist. Damit kann der Kläger, selbst wenn er - was angesichts der ungeklärten Historie des Fahrzeugs offen ist - Eigentümer des Fahrzeugs geworden sein sollte, gerade nicht, wie in § 903 Satz 1 BGB vorgesehen, unbelastet von (Zugriffs-)Rechten Dritter nach Belieben mit der Kaufsache verfahren. Denn sobald er das Fahrzeug im öffentlichen Raum bewegt, muss er damit rechnen, dass dieses, je nach Erkenntnisstand der Ermittlungsbehörden, erneut beschlagnahmt wird. Dies wäre für den Kläger, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht nur mit einem Verlust der Nutzungsmöglichkeit für einen nicht ohne weiteres abzusehenden Zeitraum, sondern mit Blick auf die zur Wiedererlangung des Fahrzeugbesitzes erforderlichen Anstrengungen auch mit erheblichen weiteren Nachteilen - insbesondere bei einer Sicherstellung im Ausland - verbunden.
27
Darüber hinaus ist die Verkäuflichkeit des Pkw durch die Eintragung stark beeinträchtigt; denn der Kläger wäre redlicherweise gehalten, einen potentiellen Käufer über die nach wie vor bestehende Ausschreibung aufzuklären. Diese gravierenden Folgen rechtfertigen es, bereits die aufgrund behördlicher Verfügung erfolgte SIS-Ausschreibung als einen - im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB erheblichen - Rechtsmangel anzusehen.
28
cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass vorliegend der Grund der Eintragung des Fahrzeugs in das SIS in dem ungeklärten Eigen- tumsherausgabeanspruch eines Dritten besteht, der durch seine Diebstahlsanzeige das Ermittlungsverfahren initiiert hat. Zwar trifft es zu, dass ein nur behaupteter Anspruch eines Dritten einen Rechtsmangel nicht begründen kann (BT-Drucks. 14/6040 S. 217), sondern es eines tatsächlich bestehenden Rechts eines Dritten bedarf, um einen Rechtsmangel annehmen zu können (BeckOKBGB /Faust, aaO Rn. 8). Die den Käufer im Streitfall unmittelbar treffende individuelle Belastung ist jedoch nicht in dem ungeklärten Eigentumsherausgabeanspruch zu sehen, sie liegt vielmehr in den durch die Eintragung eröffneten Zugriffsmöglichkeiten staatlicher Behörden auf die Kaufsache.
29
Dass die Eintragung - solange das Ermittlungsverfahren nicht abgeschlossen beziehungsweise die Eigentumslage nicht geklärt ist - auf einer sich auf die Diebstahlsanzeige gründenden "Vermutung" beruht, ist für die Annahme des Rechtsmangels unerheblich (vgl. auch Erman/Grunewald, aaO Rn. 12). Vielmehr hat der Gesetzgeber insoweit auch Fallgestaltungen für denkbar gehalten , in denen der Verkäufer dafür einsteht, dass Dritte keine Rechte geltend machen, und er etwaig erhobene Ansprüche abzuwehren hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 218). Darum geht es auch hier. Denn es versteht sich bei einem Kraftfahrzeugkauf von selbst, dass der Verkäufer als Teil seiner Erfüllungspflicht ein Fahrzeug zu verschaffen hat, das problemlos zur Straßenverkehrszulassung gebracht und ohne Sorge vor behördlicher Beschlagnahme im In- und Ausland benutzt werden kann.
30
2. Der am 2. Mai 2014 erklärte Rücktritt ist - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil es der Kläger versäumt hätte, dem Beklagten zuvor eine nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) zu setzen. Denn das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen und unter Berücksichtigung der sich hieraus ergebenden Umstände des Streitfalls jeden- falls im Ergebnis zutreffend angenommen, dass es hier einer Fristsetzung zur Nacherfüllung vor Erklärung des Rücktritts nicht bedurfte.
31
a) Allerdings ergibt sich die Entbehrlichkeit der Fristsetzung vorliegend nicht, wie das Berufungsgericht meint, aus § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Nach der Rechtsprechung des Senats sind, was auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB strenge Anforderungen zu stellen. Eine Erfüllungsverweigerung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen (st. Rspr.; zuletzt Senatsurteil vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 33 mwN).
32
Ob ein Verkäufer die Nacherfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hat, unterliegt zwar der tatrichterlichen Würdigung (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 226/14, aaO Rn. 34 mwN); diese ist jedoch revisionsrechtlich darauf überprüfbar, ob der Tatrichter von den zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist und alle Umstände des Falles, insbesondere das gesamte Verhalten des Verkäufers, berücksichtigt hat (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 226/14, aaO).
33
Das Berufungsgericht hat den bereits in der Klageerwiderung gehaltenen und in der Folgezeit beibehaltenen Vortrag des Beklagten, er sei nicht passiv legitimiert, sowie das prozessuale Bestreiten eines Mangels dahin gewürdigt, der Beklagte habe die Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert. Damit hat es in Abweichung von höchstrichterlichen Rechtsprechungsgrundsätzen die Anforderungen an eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung zu niedrig angesetzt. Nach der Rechtsprechung des Senats kann aus dem bloßen Bestreiten von Mängeln nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände - die das Berufungsgericht hier nicht festgestellt hat - auf eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung geschlossen werden (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 226/14, aaO). Gleiches gilt für die Behauptung, nicht passivlegitimiert zu sein.
34
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass eine Fristsetzung hier nach § 440 Satz 1 BGB entbehrlich war, weil es dem Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Rücktritts nicht zuzumuten war, sich noch auf eine Nacherfüllung (Beseitigung der SIS-Eintragung bei den französischen Behörden) durch den Beklagten einzulassen. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass zu diesem Zeitpunkt - nach wie vor - sowohl der Verdacht eines durch den französischen Eigentümer begangenen Versicherungsbetruges als auch eines zu dessen Nachteil begangenen Diebstahls im Raum stand und die im Zeitpunkt des Rücktritts (2. Mai 2014) seit mehr als 18 Monaten andauernden Ermittlungsmaßnahmen der Polizei den Sachverhalt nicht hatten klären können. Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass es dem Kläger unter diesen Umständen nicht zuzumuten war, noch abzuwarten, ob der Beklagte in absehbarer Zeit etwas würde erreichen können, was den Ermittlungsbehörden bisher nicht gelungen war, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
35
Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten nicht gewürdigt. Der Beklagte, so die Revision, habe vorgetragen, er sei seit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens am 13. November 2013 bis zum Erhalt der Rücktrittserklärung im Mai 2014 von einer Aufklärung der Angelegenheit ausgegangen , auch weil ihm ein Mitarbeiter der französischen Versicherungsgesellschaft mitgeteilt habe, der frühere Eigentümer habe einen Versicherungsbe- trug oder einen versuchten Versicherungsbetrug begangen. Die Beibehaltung der Ausschreibung könne nur auf einem Missverständnis beruhen, denn die französischen Ermittlungsbehörden hätten von der Versicherung die unzutreffende Auskunft erhalten, das Fahrzeug sei noch nicht gerichtlich freigegeben und die Ermittlungen in Deutschland seien noch nicht abgeschlossen. Er, der Beklagte, hätte die Möglichkeit gehabt, über das Landeskriminalamt oder das Bundeskriminalamt oder durch entsprechenden Nachdruck bei der Kriminalpolizei in Düsseldorf auf die Löschung des SIS-Eintrags hinzuwirken und hätte dies wohl auch erreicht.
36
Diese Umstände sind indes nicht geeignet, die Würdigung des Berufungsgerichts zur Unzumutbarkeit der Nacherfüllung in Frage zu stellen. Denn bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit kommt es maßgeblich auf den Erkenntnisstand des Klägers als Käufer im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an. Aus dessen Sicht war es aber am 2. Mai 2014 entscheidend, dass es - wie bereits ausgeführt - in einem nach Übergabe des Fahrzeugs verstrichenen Zeitraum von 18 Monaten nicht einmal den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden gelungen war, den Sachverhalt aufzuklären. Der Hinweis des Beklagten auf die Einstellung der Ermittlungen am 13. November 2013 liegt neben der Sache. Denn die - von den deutschen Behörden geführten - strafrechtlichen Ermittlungen wurden nach den rechtsfehlerfreien und von der Revision auch nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kurz nach deren Einstellung - auch gegen den Beklagten - wieder aufgenommen und dauerten jedenfalls bis in das Jahr 2015 noch an. Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass es dem Kläger unter diesen Umständen im Mai 2014 nicht zumutbar war abzuwarten, ob der Beklagte nunmehr (erfolgreich) versuchen könnte, den Sachverhalt in ab- sehbarer Zeit doch noch aufzuklären und eine Löschung des Eintrags zu erreichen , ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 01.12.2014 - 6 O 243/14 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.09.2015 - 3 U 192/14 -

Tenor

1. Die Beklagte hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.

2. Der Streitwert wird auf 15.900,00 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO.

Die Parteien haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind.

Vorliegend sind der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

1) Sach- und Streitstand; Verfahrensgang

Gegenstand der Klage war ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises für einen vom Kläger am 20.04.2015 bei der Beklagten erworbenen gebrauchten PKW … abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6,3 Cent je gefahrenen Kilometer Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Grund für den zuvor am 11.12.2015 vom Kläger erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag war, dass der PKW mit der im Rahmen des in der Öffentlichkeit unter der Bezeichnung „…-Skandal“ bekannt gewordenen so bezeichneten „Schummel-Software“ ausgestattet war und die Beklagte, eine …-Vertragshändlerin weder innerhalb der vom Kläger gesetzten Frist noch auch nur bis zum 14.03.2017 den nach Auffassung des Klägers darin zu sehenden Mangel behoben hat. Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 10.10.2016 die Klage abgewiesen. Es ließ offen, ob überhaupt ein Sachmangel vorliege. Jedenfalls sei die vom Kläger der Beklagten gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung bis 23.11.2015 eindeutig zu kurz. Im Hinblick darauf, dass der Hersteller, der sich um die Mängelbeseitigung in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt bemühe, bereits angekündigt hat, dass diese in den nächsten Monaten kostenlos vorgenommen werde, sei dem Kläger ein Zuwarten jedenfalls bis Ende Dezember 2016 zumutbar.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein, der die Beklagte entgegentrat. Nachdem der Senat Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 22.03.2017 anberaumt hatte, teilte der Kläger mit Schriftsatz vom 14.03.2017 mit, dass zwar die Mangelbeseitigung immer noch nicht vorgenommen worden sei, die Beklagte aber mit Schreiben vom 8.3.2017 angekündigt hat, das Fahrzeug zurückzunehmen und die Finanzierung bei der V. Bank abzulösen. Die bisher vom Kläger bezahlten Finanzierungsraten würden inklusive Zinsen erstattet, von dem sich daraus errechnenden Betrag würden 2.000 € abgezogen. Unstreitig wies das Fahrzeug bereits am 06.09.2016 einen Kilometerstand von 80.162 km auf.

Mit Schriftsatz vom 14.03.2017 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf zu erlegen. Mit Schriftsatz vom 20.03.2017 stimmte die Beklagte der Erledigterklärung zu und beantragte, dem Kläger die Kosten auf zu erlegen, da das Berufungsvorbringen nicht geeignet gewesen wäre, die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils des LG Traunstein zu begründen.

2) Zur Erfüllung der klägerischen Ansprüche durch die Beklagte

Regelmäßig sind der beklagten Partei, die durch Erfüllung der streitgegenständlichen Ansprüche das erledigende Ereignis herbeigeführt hat, die Kosten des Verfahrens zu überbürden, da sie sich durch dieses Verhalten gleichsam freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat (vgl. OLG Frankfurt MDR 1996, 246). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die beklagte Partei deutlich macht, dass andere Motive als die Anerkennung der Berechtigung der gegen sie geltend gemachten Ansprüche für ihr Verhalten bestimmend waren (OLG Frankfurt a. a. O.. gegen OLG Karlsruhe, MDR 1986, 240f. das eine eindeutige Erklärung der beklagten Partei, mit der Erfüllung der Ansprüche deren Berechtigung anzuerkennen, forderte). Umstritten ist, ob es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach sich aus der freiwilligen Erfüllung der streitgegenständlichen Ansprüche die Kostentragungspflicht ableiten lässt oder ob in der Erfüllungshandlung nur ein widerlegbares Indiz zu sehen ist. Der BGH geht von ersterem nur dann aus, wenn das Prozessverhalten der beklagten Partei keinen anderen Grund haben kann als den, dass der Rechtsstandpunkt der Klagepartei hingenommen wird (BGH, NJW-RR, 2012, 688f, Tz. 12).

Die Beklagte hat ihr Verhalten dem Senat gegenüber schriftsätzlich nicht erläutert und auch aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Beklagten an ihn vom 8.3.2017 lässt sich das Motiv der Beklagten für die Erfüllung der klägerischen Ansprüche (in Ansehung der abzusetzenden Nutzungsentschädigung sogar über die vom Kläger gestellten Ansprüche hinausgehend) nicht ersehen. Allein der Antrag, dem Beklagten mögen die Kosten auferlegt werden, weil das angefochtene Urteil zugunsten der Beklagten richtig gewesen sei, vermag hier nicht schlüssig zu erklären, was denn nun das bestimmende Motiv für die Beklagte gewesen sein soll. Geht man davon aus, dass die Erfüllung der klägerischen Ansprüche dem Zweck geschuldet war, eine obergerichtliche Entscheidung zu den aufgeworfenen Fragen zu verhindern, so ändert dies nichts daran, dass damit im konkreten Verfahren der Rechsstandpunkt des Klägers akzeptiert wurde. Das aber ist im Sinne der Entscheidung des BGH (NJW-RR 2012, 688f, Tz. 12) eine „Hinnahme“ des klägerischen Rechtsstandpunkts, die nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Konsequenz hat, auch die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen.

3) Zum voraussichtlichen Prozessausgang

Unabhängig davon entspricht hier es hier der Billigkeit im Sinne von § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf zu erlegen, da nach derzeitiger Aktenlage auch nicht damit zu rechnen gewesen wäre, dass das landgerichtliche klageabweisende Urteil bestätigt worden wäre. Zum einen hat der Senat keinen Zweifel daran, dass ein „Blue-Motion“-Golf, der mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen - niedrigeren - Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB ist. Dies gilt völlig unbeschadet von den zwischen den Parteien streitigen Fragen des tatsächlichen Schadstoffausstoßes des Fahrzeugs im Echtbetrieb einfach deshalb, weil das Kraftfahrtbundesamt wie auch die entsprechenden Behörden im benachbarten Ausland - aufgrund des „…-Skandals“ allgemein bekannt - prüfen muss, ob eine Entziehung der Betriebserlaubnis geboten ist, wenn der Hersteller innerhalb einer angemessenen Frist nicht für Abhilfe sorgt. Um letztere ist, auch dies ist allgemein bekannt und zwischen den Parteien unstreitig, … ersichtlich bemüht und hat deshalb auch angekündigt, kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen. Die Darstellung der Beklagten, … betreibe diesen mit beträchtlichen Kosten verbundenen Aufwand nur aus „Kulanz“, ist als perplexer Parteivortrag insoweit unbeachtlich, da dies, träfe es denn zu, den Vorwurf der Untreue im Sinne von § 266 StGB gegen das Management des …-Konzerns begründen würde.

Zutreffend hat zwar das Landgericht erkannt, dass die vom Kläger im vorliegenden Fall gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung von ca. 6 Wochen zu kurz war. Zutreffend war auch die Erwägung des Landgerichts, dass die Setzung einer zu kurzen Frist zur Nacherfüllung nicht ins Leere läuft, sondern die angemessene Frist in Gang setzt. Der Senat ist aber abweichend vom Landgericht der Auffassung, dass die Frist zur Nacherfüllung beim Erwerb eines PKW im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB nicht länger als ein Jahr sein kann. Denn Sinn der Bestimmungen über die Nacherfüllung ist es, dem Vorrang der Vertragserfüllung vor anderen Gewährleistungsrechten Ausdruck zu verleihen. Die Bindung des Käufers über einen Zeitraum von 12 Monaten hinaus ist damit nicht mehr zu rechtfertigen, zumal sich faktisch durch die Pflicht des Käufers, Nutzungsentschädigung an den Verkäufer zu entrichten, bei einer Bindung von mehr als einem Jahr trotz nicht vertragskonformer Leistung des Verkäufers ein zusätzliches Rücktrittshindernis für den Käufer ergibt und der Verkäufer insoweit einen unbilligen Vorteil erlangen würde. Anders formuliert: Die Frist zur Nacherfüllung darf nicht so bemessen werden, dass damit der auf Austausch von Ware gegen Geld gerichtete synallagmatische Kaufvertrag in eine Art Dauerschuldverhältnis umgewandelt wird.

Im vorliegenden Fall hat der Verkäufer, der sich insoweit das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen muss, da er sich dessen Mithilfe zur Nacherfüllung zu nutze macht, innerhalb von mehr als 14 Monaten nicht die Nacherfüllung zu Wege gebracht und muss daher den Rücktritt des Käufers hinnehmen.

4) Zu § 574 ZPO

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Zwar geht der Senat davon aus, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen einen in der Berufungsinstanz ergehenden Beschluss nach § 91 a ZPO nicht schon wegen des Regelungsgehalts des § 99 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen ist (so BGH, NJW-RR 04, 999). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Klärung materiellrechtlicher Fragen kommt aber wegen der ohnehin nur summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage durch das Ausgangsgericht nicht in Betracht (so BGH, NJW-RR 2006, 566 und öfter).

Tenor

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 13.697,66 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.02.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw VW Golf, FIN: ...

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des unter Ziff. 1. genannten Pkw in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.059,10 € (nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.05.2016) freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

5. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.

6. Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 5/8 und die Beklagten zu 1) 3/8 zu tragen. Die Klägerin trägt die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagte zu 2) und 1/4 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1).

Die Beklagte zu 1) trägt 3/8 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 1) Rückabwicklung des Erwerbs eines gebrauchten PKW und von der Beklagten zu 2) Schadenersatz.

1. Durch „verbindliche Bestellung eines gebrauchten Fahrzeugs (Eigengeschäft)“ (vorgelegt als Anlage K 1) vom 27.12.2012 erwarb die Klägerin von der Beklagten einen gebrauchten PKW der Marke VW Golf Plus 1.6 TDI zum Preis von 17.900,00 €. Nach Zahlung des Kaufpreises übergab die Beklagte der Klägerin am 04.01.2013 das Fahrzeug.

Das Fahrzeug der Klägerin ist mit einem Dieselmotor EA189 EU5 ausgestattet.

Die Beklagte zu 1) ist „Vertragshändlerin“ der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 2) ist die Herstellerin des Fahrzeugs und war als Halterin vor der Klägerin in der Zulassungsbescheinigung eingetragen.

Zur Verringerung des Stickstoffausstoßes besitzt das Fahrzeug eine softwaregesteuerte Abgasrückführung (=AGR). Hierbei werden die stickoxidhaltigen Abgase – zumindest teilweise – wieder in den Ansaugbereich des Motors geleitet und werden dem Verbrennungsvorgang in den Zylindern zugeführt. Ein Teil der „Ansaugluft“ wird so durch Abgase ersetzt und verringert hierdurch den Ausstoß an Stickoxiden. Die Software arbeitet in zwei Modi: während im Modus 1 eine höhere Abgasrückführung stattfindet, ist sie im Modus 0 niedriger. Die Software enthält eine „Fahrzykluserkennung“, die sicherstellt, dass das Fahrzeug auf dem Rollenprüfstand in Prüfsituationen nach dem NEFZ (=Neuer Europäischer Fahrzyklus) mit dem Modus 1 fährt. Die „normale Straßenbenutzung“ erfolgt ausschließlich im Modus 0. Für die Erteilung der Typengenehmigung nach der VO/EG) 715/2007 sind ausschließlich die fünf „synthetischen Fahrkurven“ nach dem NEFZ auf dem Rollenprüfstand maßgeblich. Die Beklagte zu 2) ist im Besitz einer bestandskräftigen Typengenehmigung für die Baureihe.

Unstreitig ist, dass die Beklagte zu 1) erst im Herbst 2015 von der Arbeitsweise der Software erfahren hat.

Beide Beklagte machen Rechte wegen Nutzungsersatz hinsichtlich der durch die Klägerin mit dem erworbenen Fahrzeug bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gefahrenen Wegstrecke geltend. Die Klägerin erwarb das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 3.746. Das Fahrzeug wies am 16.09.2016 einen Kilometerstand von 3.746 auf. Es ist von einer Gesamtlaufleistung des Pkw der Klägerin von 200.000 km auszugehen.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.02.2016 (Anlage K 2) gegenüber der Beklagten zu 1) die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung erklären lassen und „hilfsweise, für den Fall, dass die Anfechtung unwirksam“ sei, den Rücktritt erklärt und der Beklagten zu 1) eine Frist zur Rückabwicklung bis 04.03.2016 gesetzt.

2. Die Klägerin behauptet, dass sie ein umweltfreundliches und wertstabiles Fahrzeug erwerben wollte. Die Beklagte zu 2) habe öffentlich mit der Einhaltung der Euro-Norm 5 geworben. Deswegen liege eine vereinbarte Beschaffenheit vor. Die Verwendungsmöglichkeit des Fahrzeugs sei nicht gewährleistet, da es den Zulassungsbedingungen nicht entspreche.

Die Klägerin behauptet, dass durch eine Nachbesserung die Abgasrückführungsrate erhöht und deswegen mehr Ruß produziert würde. Dies wiederum hätte zur Folge, dass der Partikelfilter häufiger „saubergebrannt“ werden müsste. Insgesamt würde ein Mehrverbrauch an Kraftstoff durch eine Nachbesserung von 10 % eintreten. Es bestehe zudem die Gefahr der Reduzierung der Leistung und des Mehrverschleißes. Allein durch den Umstand, dass das Fahrzeug von der Software betroffen sei, resultiere ein merkantiler Minderwert in Höhe von 10 %.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ein wesentlicher Mangel vorliege. Dies auch unter Berücksichtigung der Kosten für die Nachbesserung, die gerade auch in der Entwicklung einer entsprechenden Software bestünde. Hierfür würden Kosten pro Fahrzeug in Höhe von 4.000,00 bis 5.000,00 € anfallen.

Die Klägerin meint, dass eine Fristsetzung vor Erklärung des Rücktritts nicht erforderlich gewesen sei. Dies deswegen, da eine Interessenabwägung ergäbe, dass ihr nicht zumutbar sei, dass die Beklagte zu 1) bzw. die Beklagte zu 2) das Fahrzeug nachbessere. Außerdem sei die Nachbesserung unmöglich und ihr nicht zumutbar. Auch sei eine Nachbesserung durch die Beklagte zu 2) zur Zeit nicht angeboten. Es sei ihr nicht zumutbar, mehr als ein Jahr auf die Nachbesserung zu warten. Zudem habe die Beklagte zu 2) einen Betrug zu ihrem Nachteil begangen.

Die Klägerin meint, dass sie den Kaufvertrag anfechten könne, da die Beklagte zu 2) nicht Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB sei. Denn die Beklagte zu 2) habe Herrschaft über die Vertragshändler.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr die Beklagte zu 2) nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB und weiteren Schutzgesetzen sowie nach § 826 BGB auf Schadenersatz entsprechend den Klageanträgen haften würde. Denn Vorstandsmitglieder der Beklagten hätten die Software in Auftrag gegeben, zumindest aber von deren Erstellung und Einsatz in den Fahrzeugen gewusst. Insoweit treffe die Beklagte zu 2) eine sekundäre Darlegungslast, da der Klägerin die internen Betriebsvorgänge bei der Beklagten zu 2) nicht bekannt seien.

3. Die ursprünglichen Klageanträge im Schriftsatz vom 05.04.2016 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.09.2016 teilweise abgeändert.

4. Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klagepartei 17.900,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW VW Golf, FIN: ...

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, an die Klagepartei Zinsen in Höhe von 4 % aus 17.900,00 € seit dem Zeitpunkt des Eingangs des Geldes auf dem Konto der Beklagten zu 1) bis zum 21.02.2016 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1. genannten PKW in Annahmeverzug befinden.

4. Die Beklagten werden verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.059,10 € freizustellen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit.

4. Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

5. Die Beklagte zu 1) ist der Auffassung, dass kein Mangel vorliege, da die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt sei. Außerdem sei der Mangel unwesentlich, da sich die Kosten für das Aufspielen des Updates und der Einbau des Strömungsgleichrichters auf nur ca. 100,00 € pro Fahrzeug belaufen würde. Eine Fristsetzung vor Erklärung des Rücktritts sei nicht entbehrlich.

Die Klägerin könne den Vertrag wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 123 Abs. 2 BGB nicht anfechten. Außerdem läge keine arglistige Täuschung vor.

Die Beklagte zu 2) ist der Auffassung, dass die Klägerin nicht arglistig getäuscht worden sei.

Die Beklagte zu 2) habe eine Lösung zur Nachbesserung des Fahrzeugs entwickelt.

Die Beklagte zu 2) behauptet, dass kein Vorstandsmitglied Kenntnis von der Entwicklung und dem Einbau der Software in die Motoren EA189 von Beginn der Entwicklung des Motors bis zum Sommer 2015 gehabt habe. Es lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt waren. Eventuelle Handlungen von anderen Mitarbeitern könnten ihr nicht zugerechnet werden.

6. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der dort erfolgten Anhörung der Parteien wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.09.2016 verwiesen.

Gründe

Die Klagen gegen beide Beklagte sind zulässig.

Dies gilt nach der Änderung des Klageantrags auch für den Freistellungsantrag. Er ist nunmehr beziffert und entspricht § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Auch gegen die Zulässigkeit des Klageantrags 3. Bestehen keine Bedenken.

Die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist überwiegend begründet, während die Klage gegen die Beklagte zu 2) gänzlich unbegründet ist.

1. Klage gegen die Beklagte zu 1):

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) aus Rücktritt ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 17.900,00 € (abzüglich eines Nutzungsersatzes in Höhe von 4.202,34 €) Zug um Zug gegen Rückübereignung des gekauften PKW gemäß §§ 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 348, 323 Abs. 1, 440, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 433 Abs. 1 BGB zu.

1.1. Der Klägerin steht kein Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB zu.

Denn eine Täuschung der Klägerin durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) hat die Klägerin nicht schlüssig behauptet, und die Beklagte zu 1) muss sich auch eine – denkbare – Täuschung durch die Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2) nicht zurechnen lassen.

Arglist setzt eine positive Kenntnis auf Seiten des Verkäufers über solche Umstände voraus, die für die Kaufentschließung des Käufers wesentlich sind.

1.1.1.

Hinsichtlich der Beklagten zu 1) fehlt es in Bezug auf obigen Ausgangspunkt schon an einem schlüssigen Vortrag der Klägerin. Die Klägerin konnte keine Umstände schlüssig behaupten, die für ihre Kaufentscheidung wesentlich waren und über die die Beklagte zu 1) in Gestalt eines der Geschäftsführer unzutreffende Behauptungen bei Vertragsschluss aufgestellt haben.

Zudem hat die Beklagte zu 1) auch nachvollziehbar und unbestritten behauptet, dass sie selbst bis September 2015, als es dann zu ersten Presseveröffentlichungen kam, keinerlei Kenntnis über die manipulierte Software hatte.

1.1.2.

Denkbare Handlungen und denkbares Wissen des Vorstands der Beklagten zu 2), die den Ausgangspunkt unter 1.1. erfüllten, muss sich die Beklagte zu 1) nicht zurechnen lassen, da die Beklagte zu 2) „Dritte“ i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB im Verhältnis zur Beklagten zu 1) ist.

Die Beklagte zu 1) ist selbständige Vertragshändlerin und deswegen keine Handelsvertreterin. Die von der Klägerin insoweit herangezogenen Gerichtsentscheidungen treffen den vorliegenden Fall nicht. Selbst wenn im Bereich der Automobilbranche eine sehr enge Beziehung zwischen Vertragshändler und Automobilhersteller besteht, rechtfertigt dies nicht den Schluss dahingehend, dass jedes Wissen des Automobilherstellers den Vertragshändler – automatisch – zurechenbar wäre wie eigene Kenntnis.

Auch eine Wissenszurechnung über § 166 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Eine unmittelbare Anwendung scheitert schon daran, dass die Beklagte zu 2) nicht Vertreterin der Beklagten zu 1) ist. Eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, da weder eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, noch eine vergleichbare Interessenlage gegeben ist.

1.2. Der Klägerin steht jedoch das Gewährleistungsrecht des Rücktritts gemäß § 437 Nr. 2 BGB zur Seite mit der Folge, dass sich der Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt.

1.2.1.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ist ein Kaufvertrag geschlossen worden.

Die Bestellung der Klägerin, die sie schriftlich mit dem Formular der Anlage K 1 am 27.12.2012 abgegeben hat, stellt ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages über den gebrauchten PKW dar. Dieses ist – wovon auch die Vertragsbeteiligten ausgehen – der Beklagten zu 1) auch zugegangen.

Eine ausdrückliche – schriftliche oder mündliche – Annahmeerklärung hat weder die Klägerin noch die Beklagte zu 1) vorgetragen. Jedoch liegt in der Auslieferung des Pkws am 04.01.2013 durch die Beklagte zu 1) eine konkludente Annahmeerklärung vor. Denn aus der Sicht der Klägerin, auf die es ankommt (§ 157 BGB), konnte sie das Verhalten der Beklagten zu 1) insoweit nur dahin verstehen, dass diese ihr Angebot vom 27.12.2012 annehmen will.

1.2.2.

Die Klägerin hat den Rücktritt mit Schreiben vom 19.02.2016 wirksam erklärt, § 349 BGB.

Die Erklärung des Rücktritts erfolgte ausdrücklich.

Auch die „hilfsweise“ Erklärung ist zulässig. Zwar handelt es sich bei der Rücktrittserklärung um ein Gestaltungsrecht, da diese das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt. Ein Gestaltungsrecht ist bedingungsfeindlich. Die „hilfsweise“ Erklärung des Rücktritts bedeutet, dass die Klägerin diese Erklärung unter die Bedingung gestellt hat, dass die zuvor erklärte Anfechtung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unwirksam sein sollte. Zumindest muss die Kurzform der Erklärung der Klägerin in diesem Sinn ausgelegt werden (§ 133 BGB, wobei es auf den Empfängerhorizont der Beklagten zu 1) als Erklärungsempfängerin ankommt).

Die dargestellten Bedingungen sind aber Rechtsbedingungen, die auch im Zusammenhang mit Gestaltungsrechten zulässig sind.

1.2.3.

Der von der Klägerin gekaufte PKW ist mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

1.2.3.1.

Eine „vereinbarte Beschaffenheit“ im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt nicht vor, zumindest hat die Klägerin insoweit keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen. Aus dem Inhalt des Bestellformulars der Anlage K 1 ergibt sich in Bezug auf den von der Klägerin behaupteten Mangel keine Vereinbarung. Dass eine anderweitige mündliche oder konkludente Vereinbarung getroffen worden sein könnte, hat die Klägerin nicht schlüssig behauptet. Auch aus der Anhörung der Klägerin selbst ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte.

1.2.3.2.

Auch eine Mangelhaftigkeit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB ist nicht gegeben. Denn die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendungsmöglichkeit des PKW besteht. Nach dem Vertrag vorausgesetzt war ausdrücklich keine Verwendung. Zumindest enthält das Bestellformular der Klägerin insoweit keine Angaben. Üblicherweise ist die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung beim Kauf eines PKW aber der Umstand, dass das Fahrzeug zum Fahren auf Straßen tauglich ist. Dieser Voraussetzung entspricht der PKW.

1.2.3.3.

Jedoch liegt eine Mangelhaftigkeit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB vor. Denn der PKW wies nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die vom Käufer nach Art der Sache erwartet werden können.

Der PKW der Klägerin weist zumindest keine Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist. Unter Beschaffenheit ist der tatsächliche Zustand der Kaufsache unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Technik zu verstehen (BGH: Urteil vom 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, Randnr. 11, zitiert nach JURIS). Der BGH stellt dort fest, dass ein Käufer von Kraftfahrzeugen als übliche Beschaffenheit in technischer Hinsicht nur erwarten kann, dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht. Unerheblich ist hierbei, ob dem Käufer der Stand der Technik bei Erwerb des Fahrzeugs bewusst war. Geht der Käufer fälschlicherweise von einem anderen Stand der Technik aus als sich dieser tatsächlich ergibt, so ist dies für die Frage der Mangelhaftigkeit anhand des objektiven Kriteriums unerheblich, da subjektive Momente insoweit keine Rolle spielen.

Stand der Technik ist es, dass nach der Euronorm 5 zugelassene Kraftfahrzeuge die Voraussetzungen dieser Norm (Art. 10 Abs. 1, Art. 3 Nr. 10 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit Anhang I Emissionsgrenzwerte, Tabelle 1 Euro-5-Emmissionsgrenzwerte) auch ohne den Einsatz einer Manipulationssoftware erreichen. Weder die Beklagte zu 1) noch die Beklagte zu 2) haben – substantiiert – bestritten, dass vergleichbare Fahrzeuge anderer Hersteller die Voraussetzungen der Euronorm 5 auch ohne Manipulationssoftware einhalten können. Soweit die Beklagte zu 2) vorträgt, dass auch die Software anderer Hersteller die Prüfsituation auf dem Rollenprüfstand erkenne und aus Sicherheitsgründen auch erkennen müsse, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Alle Umstände, die erforderlich sind, um die Sicherheit auf dem Rollenprüfstand für das Fahrzeug selbst, die beteiligten Personen oder die verwendeten technischen Prüfgeräte sicher zu stellen, verändern die AGR nicht und sind deswegen unproblematisch zulässig. Um diese Punkte geht es aber bei der Manipulationssoftware der Beklagten zu 2) nicht. Vielmehr geht es um das bewusste Manipulieren der AGR dahingehend, dass diese nur im Modus 1 abläuft, während sie im Modus 0 gerade nicht initiiert ist. Dies entspricht nicht dem Stand der Technik. Insoweit haben beide Beklagten auch nicht schlüssig und nachvollziehbar behauptet, dass vergleichbare Fahrzeuge – auch anderer Hersteller – eine gleiche Manipulationssoftware verwenden. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein derartiger Vortrag überhaupt entscheidungserheblich sein könnte, zumal die Typengenehmigung nur dann erteilt werden kann und darf, wenn die Voraussetzungen der VO (EG), wie oben angegeben, erfüllt werden. Würden auch andere Hersteller gleiche Manipulationen verwenden, deren einziges Ziel es ist, bei der Durchführung des NEFZ die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte vorzutäuschen, kann dies schwerlich dem Stand der Technik entsprechen. Denn der europäische Gesetzgeber hat gerade den „Stand der Technik“ den Herstellern vorgegeben; entsprechen Fahrzeuge nicht diesen Anforderungen, so entsprechen sie nicht dem Willen des europäischen Gesetzgebers mit der Folge, dass sie wegen Nichtentsprechens dem „Stand der Technik“ nicht zulassungsfähig sind. Die Hersteller werden dann, wenn sie eine Typengenehmigung erhalten wollen, die gesamte Technik der Motoren (einschließlich der AGR) ihrer Fahrzeuge so verändern müssen, dass sie die Genehmigungsvoraussetzungen bei Durchführung des NEFZ erfüllen. Der bloße Einbau einer manipulativen Software nur und gerade zum Vortäuschen der Einhaltung der Grenzwerte entspricht keinesfalls dem „Stand der Technik“.

Soweit die Beklagte zu 2) der Auffassung ist, dass es sich bei der verbauten Software um keine „Abschalteinrichtung“ i.S.v. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 handelt (SS 01.08.2016, S. 7, Ziff. 2.) ist dies offensichtlich unzutreffend. Nach der genannten Vorschrift liegt eine Abschalteinrichtung u.a. dann vor, wenn es sich um ein Konstruktionsteil handelt, das sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb zu erwarten sind, verringert wird: bei der verbauten Software handelt es sich um ein derartiges Konstruktionsteil. Denn diese Software ermittelt Parameter zum Erkennen des Straßenbetriebs und schaltet hierfür die AGR teilweise so ab, dass weniger Abgase wieder in den Ansaugbereich des Motors gelangen. Hierdurch wird die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert. Diese tatsächlichen Umstände haben beide Beklagten ausdrücklich eingeräumt.

1.2.3.4.

Da schon nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Mangel vorliegt, kann die Frage, ob – auch – die Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB vorliegen, auf sich beruhen.

1.2.4.

Die Klägerin musste der Beklagten zu 1) vor Erklärung des Rücktritts auch keine Frist zur Nacherfüllung setzen.

1.2.4.1.

Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB liegen vor, da die Beklagte zu 1) ihrer Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zur Lieferung einer mangelfreien Kaufsache nicht nachgekommen ist.

1.2.4.2.

Zwar liegen die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 BGB nicht vor, jedoch greift § 440 S. 1, 3. Alt. BGB ein.

§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist schon deswegen nicht gegeben, weil die Beklagte zu 1) eine Nacherfüllung nicht verweigert.

Auch § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ganz offensichtlich nicht vor.

Letztlich kann auch dahinstehen, ob § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB gegeben ist. Die dort angeführten „besonderen Umstände“ können nur durch Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien festgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt dieses Merkmal nicht schon deswegen vor, weil der Beklagten zu 1) Arglist vorzuwerfen wäre. Dies ist gerade nicht der Fall. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zwar sprechen die Umstände, dass die Beklagte zu 1) am Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht einmal eine genehmigte Nachbesserungsmöglichkeit aufweisen konnte, wie der Vertreter der Beklagten zu 2) ausdrücklich zugeben musste, und auch der Umstand, dass die Beklagte zu 1) seit Erklärung des Rücktritts am 19.02.2016 auch nach acht Monaten noch keine Nachbesserungsmöglichkeit anbieten konnte, dafür, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift ganz eindeutig gegeben sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Betriebserlaubnis für den PKW kraft Gesetzes gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO erloschen ist. Dass die Behörden an diesen Umstand momentan für Hunderttausende Kraftfahrzeugführer keine Folgen knüpfen, ist für sich genommen für § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO unerheblich, da die Rechtsfolge kraft Gesetzes eintritt – unabhängig von behördlichen Maßnahmen.

Letztlich können aber die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB dahinstehen, da in jedem Fall die Voraussetzungen des § 440 S. 1, 3. Alt. BGB vorliegen. Denn der Klägerin ist die Nacherfüllung durch die Beklagte zu 1) „unzumutbar“. Im Unterschied zu den besonderen Umständen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB kommt es für das Vorliegen der Unzumutbarkeit nicht auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien an, sondern es ist lediglich auf das Interesse der Klägerin abzustellen. Unter Berücksichtigung der Umstände, dass noch nicht einmal am Schluss der mündlichen Verhandlung eine genehmigte Nachbesserungsmöglichkeit für den PKW bestand und die Klägerin bereits über Monate hin zugewartet hat, ist der Umstand, dass eine faktische Gebrauchsbeeinträchtigung des Pkws nicht vorliegt, nicht entscheidend. Denn die Klägerin hatte ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits einen Anspruch auf Übereignung eines mangelfreien Pkw. Schon der Zeitraum von mehreren Monaten bis zur denkbaren Durchführung einer Nachbesserung und die Unwägbarkeiten die mit dieser Nachbesserung selbst nach dem Vortrag der Beklagten zu 2) verbunden sein können, müssen von einem Käufer nicht hingenommen werden. Die Unwägbarkeiten der Nachbesserung ergeben sich auch aus dem Vortrag der Beklagten zu 2). Denn diese musste – en passant – einräumen, dass noch Testungen der von ihr neu geschaffenen Software erforderlich sind. Dies bedeutet auch, dass die Auswirkungen auf den Alltagsgebrauch mit einer neuen, der Euronorm 5 entsprechenden Software noch nicht absehbar sind. Dass das Eingehen dieses Risikos für die Klägerin ganz offensichtlich unzumutbar ist, liegt auf der Hand. Denn die Beklagte zu 2) konnte auch die unausgesprochene Frage, weswegen in der Vergangenheit nicht schon eine Software entwickelt worden ist, die dazu führt, dass der Pkw den Voraussetzungen der Euronorm 5 entspricht, nicht beantworten. Denn wenn sich das Einhalten der Norm lediglich auf ein Softwareproblem reduzieren ließe, so ist nicht nachvollziehbar, weswegen die Beklagte zu 2) dieses – lapidare – Problem nicht schon in der Vergangenheit bewältigen konnte. Deswegen darf die Klägerin auch berechtigt Sorge tragen, dass das Softwareupdate an mehreren Punkten den Fahrzeuggebrauch im Sinne von Einschränkungen, Erschwernissen oder Wertbeeinträchtigungen zu ihren Lasten verändern wird. Eine Gewissheit im Sinne einer naturwissenschaftlichen Erkenntnis hierüber ist zum jetzigen Zeitpunkt für die Beantwortung der Rechtsfrage nicht erforderlich. Abgesehen davon ist es Aufgabe der Beklagten Sicherheit über den künftigen Erfolg der Nachbesserung zu schaffen. Hierfür gibt der Vortrag beider Beklagten nichts her.

1.2.5.

Der Rücktritt ist auch nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

Da es sich um einen Haftungsausschluss handelt ist die Beklagte zu 1) für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.

Ein Ausschluss liegt dann vor, wenn die Pflichtverletzung „unerheblich“ ist. Hierfür ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Nicht entscheidend ist das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung für die Entscheidung dieser Rechtsfrage (BGH: Urteil vom 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, Randnr. 17, zitiert nach JURIS). Dann kann aber auch das Fehlen einer Funktionsbeeinträchtigung kein maßgebliches Kriterium für die Anwendung des Ausschlusstatbestandes sein.

Soweit der BGH bei einem behebbaren Mangel – diesen zu Gunsten der Beklagten zu 1) unterstellt – wesentlich auf die Mängelbeseitigungskosten abstellt und diese ab 5 % des Kaufpreises als erheblich ansieht, ist schon der Sachvortrag der beiden Beklagten insoweit unschlüssig. Dass nicht allein die Überspielungskosten auf den PKW der Klägerin durch die Beklagte zu 1) Maßstab sein können, ist offensichtlich. Dies schon deswegen, da noch nicht einmal eine genehmigte Software durch die Beklagte zu 2) hergestellt worden ist. Maßgeblich sind alle Kosten, die dadurch entstehen, damit das Fahrzeug der Klägerin in einen der Euronorm 5 entsprechenden Zustand versetzt wird. Wie die Beklagte zu 2) selbst einräumt, sind ca. 1.200 Varianten der Software zu erstellen, um alle möglichen Modellvarianten abzudecken. Insoweit bleiben die beiden Beklagten darlegungspflichtig für die Behauptung, die Mängelbeseitigungskosten würden weniger als 5 % des Kaufpreises des Pkws der Klägerin erreichen. Die Beklagten haben zu den Kosten nur kryptisch und unklar, ohne schlüssige Zahlen vorgetragen. Die Kosten für die Erstellung des Updates konnte oder wollte die Beklagte zu 2) nicht angeben.

1.2.6.

Der Beklagten zu 1) steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Nutzungsersatz in Höhe von 4.202,34 € gem. § 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB zu, mit dem sie die Aufrechnung gegenüber dem Kaufpreisrückzahlungsanspruch der Klägerin erklärt hat. Hierdurch ist der Anspruch der Klägerin gem. § 389 BGB in Höhe des Nutzungsersatzes erloschen.

Die Beklagte zu 1) hat sich in der Klageerwiderung (S. 44/45) auf den Nutzungsersatz bezogen und ggf. auf ihr Recht aus § 320 BGB hingewiesen. Zwar hat die Beklagte zu 1) nicht ausdrücklich die Aufrechnung mit diesem Anspruch gegenüber dem Klageanspruch erklärt, jedoch ist ihre Erklärung als Aufrechnung gem. § 133 BGB auszulegen.

Dem Grunde steht der Beklagten zu 1) ein Anspruch auf Nutzungsersatz ohne weiteres zu.

Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich nach der Formel:

Bruttokaufpreis x Fahrstrecke ./. Restlaufleistung.

Der Bruttokaufpreis beträgt 17.900,00 €.

Die Fahrstrecke der Klägerin beträgt nach ihren glaubhaften Angaben im Rahmen der Anhörung als Partei in der Güteverhandlung vom 16.09.2016 41.060 km. Keiner der Parteivertreter hat der Angabe der Klägerin widersprochen.

Die Restlaufleistung beträgt 158.940 km. Ausgangspunkt ist die unstreitige Behauptung der Beklagten zu 1) hinsichtlich der Gesamtlaufleistung eines Pkw der vorliegenden Art: 200.000 km (Klageerwiderung Beklagte zu 1) S. 45).

Die Anwendung der Formel ergibt die Höhe des Nutzungsersatzes von 4.202,34 €.

In dieser Höhe ist der Rückzahlungsanspruch der Klägerin erloschen.

1.2.7.

Die beiderseitigen Verpflichtungen der Kläger und der Beklagten zu 1) im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses sind gem. § 348 BGB Zug-um-Zug zu erfüllen, wie dies von der Klägerin bereits in ihrem Antrag unter Ziff. 1. beantragt wurde.

1.2.8.

Weitergehende Ansprüche aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 281 BGB oder §§ 280 Abs. 1 S. 1, 241 Abs. 2, 311 BGB stehen der Klägerin nicht zu, da sich auch aus diesen Anspruchsgrundlagen keine über die zugesprochenen Rechtsfolgen hinausgehende Folgen zu Gunsten der Klägerin ergeben.

1.2.9.

Der Zinsanspruch der Klägerin hinsichtlich des zugesprochenen Betrages ergibt sich dem Grunde nach insoweit aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB,

Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

1.2.10.

Der Klägerin steht gem. § 756 Abs. 1 ZPO auch eine Anspruch auf gerichtlichen Ausspruch dahingehend zu, dass die Beklagte zu 1) sich mit der Rücknahme des Pkw in Verzug befindet (§ 293 BGB).

1.2.11.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1) auch ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.059,10 (nebst Rechtshängigkeitszinsen) zu.

Der Anspruch ergibt sich dem Grunde nach aus §§ 280 Abs. 1 S. 1, 437 Nr. 3 BGB.

Die Beklagte zu 1) hat durch Lieferung des mangelhaften Pkw ihre Vertragspflichten aus dem Kaufvertrag verletzt.

Dies hat die Beklagte zu 1) auch zu vertreten, da sie sich nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entlastet hat.

Die Höhe des Anspruchs und die Notwendigkeit der Kosten ergeben sich aus § 249 Abs. 1 BGB. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten stellen notwenige Kosten der Rechtsverfolgung dar.

Die Höhe ergibt sich aus dem RVG. Berechtigt war ein vorprozessual ein Streitwert in Höhe des Bruttokaufpreises, da sich die Beklagte zu 1) vorprozessual nicht auf einen eigenen Nutzungsersatzanspruch berufen hat; dies erfolgte erst im Rechtsstreit.

Berechtigt ist eine 2,0-Gebühr (nebst Kommunikationspauschale und Umsatzsteuer). Die Höhe rechtfertigt sich aus dem Umfang, der Komplexität und der rechtlichen Ungeklärtheit wesentlicher Einzelpunkte.

Die Rechtshängigkeitszinsen ergeben sich in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus §§ 280 Abs. 1, S. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB bzw. aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

2. Klage gegen die Beklagte zu 2):

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) kein Schadensersatzanspruch zu.

2.1. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) besteht nicht, so dass unmittelbar vertragliche Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB ausscheiden.

Ein Schuldverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) wird auch nicht über § 311 Abs. 3 BGB begründet.

Nach dieser Vorschrift entsteht ein Schuldverhältnis auch zu Personen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen, insbesondere dann, wenn diese Personen in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragschluss erheblich beeinflussen. Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) als Herstellerin, Lieferantin und Voreigentümerin des Pkw nicht vor.

Ausgangspunkt hierbei ist, dass grundsätzlich nur die Vertragspartei des angebahnten Vertrages aus dem Vertrag selbst haftet. Hierzu hat die Rechtssprechung jedoch im Laufe der Jahrzehnte Grundsätze entwickelt, nach denen auch ein Vertreter oder ein Verhandlungsgehilfe der Vertragspartei ausnahmsweise persönlich (aus cic, nunmehr in § 311 Abs. 3 BGB kodifiziert)) haftet, wenn er am Vertragsschluss ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder er besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und hierdurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte zu 2) war nicht die Agierende in den Vertragsverhandlungen zwischen der Klägerin einerseits und der Beklagten zu 1) andererseits. Die Vertragsverhandlungen wurden ausschließlich durch die Beklagten zu 1) geführt.

Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass die Grundsätze der „Prospekthaftung“ auf den vorliegenden Fall übertragen werden können, vermag sich das Gericht dieser Auffassung nicht anzuschließen. Ein Fall der „Prospekthaftung im engen Sinn“ liegt ganz offensichtlich nicht vor. Auch ein Fall der „Prospekthaftung im weiteren Sinn“ ist vorliegend ganz offensichtlich nicht gegeben. Diese Grundsätze würden zu Lasten eines Nichtvertragsteils nur dann eingreifen, wenn die Beklagte zu 2) als Dritte bei den Vertragsverhandlungen als künftiger Vertragspartner, Vertreter, Sachwalter oder Garant gegenüber dem Autokäufer persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch aus eventuellen Werbeaussagen der Beklagten zu 2) über Fahrzeuge der Art des Kaufgegenstandes lässt sich hierfür zu Gunsten der Klägerin nichts ableiten. Diese Umstände sind über § 434 Abs. 1 S. 3 hinreichend abgesichert. Von daher besteht keinerlei Veranlassung, die von der höchstrichterlichen Rechtssprechung entwickelten besonderen Umstände für Kapitalanleger auf den Autokäufer anzuwenden.

2.2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 2, 263 Abs. 1 StGB zu, da die Klägerin schon die tatsächlichen Voraussetzungen des objektiven und subjektiven Straftatbestandes des Betruges nicht hinreichend darstellen konnte.

2.2.1.

Da es sich bei der Beklagten zu 2) um eine Aktiengesellschaft handelt, haftet diese aus deliktischen Handlungen analog § 31 BGB nur für solche ihrer „Organe“. Zwar gilt § 31 BGB unmittelbar nur für Vereine (vgl. Buch 1, Abschnitt 1, Titel 2, Untertitel 1, Kapitel 1 des BGB). Es ist jedoch anerkannt, dass diese Vorschrift analog für alle juristischen Personen Anwendung findet, da insoweit eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage besteht.

Nach dieser Vorschrift haftet aber die juristische Person nicht für jedes deliktische Handeln eines ihrer Mitarbeiter, sondern nur für das deliktische Handeln solcher Personen, bei denen es sich um ein Mitglied des Vorstandes oder einen anderen verfassungsmäßig berufenen Vertreter handelt.

2.2.2.

Die Klägerin konnte schlüssig und substantiiert nicht vortragen, dass eines der Mitglieder des Vorstandes oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 2) eine Täuschungshandlung ihr gegenüber vorgenommen hat oder ihm ein Unterlassen zur Last liegt. Die Klägerin konnte Behauptungen nur unsubstantiiert ins Blaue – auf der Grundlage von Presseberichten – hinein aufstellen. Weder konnte sie eine Handlung nach Inhalt, Zeitpunkt der Vornahme und Tatort hinreichend beschreiben noch ein Unterlassen.

Zwar trifft zu, dass es sich hinsichtlich dieser Handlungen und Unterlassungen um Umstände aus dem Bereich der Beklagten zu 2) handelt, für die eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu 2) besteht. Der Klägerin ist auch zuzugeben, dass sich die Beklagte zu 2) weitgehend nur recht nebulös auf Unkenntnis zurück zieht.

Denn der Beklagten zu 2) müsste es ohne Weiteres möglich sein, die überschaubare Anzahl von Vorstandsmitgliedern und verfassungsmäßig berufenen Vertretern für den Zeitraum zu benennen, in dem die wesentlichen Entscheidungen für die Entwicklung des hier streitigen Motors getroffen worden sind. Die Beklagte zu 2) war noch nicht einmal zu diesem Sachvortrag willens oder in der Lage. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass es sich bei den relevanten Vorgängen, die sich im Zeitraum von 2005 bis 2007 abgespielt haben müssen, um einen Zeitraum handelt, der teilweise schon 10 Jahre oder mehr zurück liegt. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei der Entwicklung von Motoren moderner Bauart ein komplexes Zusammenwirken einer Vielzahl von Personen aus unterschiedlichen technischen Zweigen erforderlich ist. Die damals stattfindende Kommunikation zwischen den beteiligten Ingenieuren unterhalb der Ebene des Vorstandes bzw. der verfassungsmäßig berufenen Vertretern und einzelnen für die Entwicklung zuständigen Vorstandsmitgliedern kann zwar noch vorhanden sein und aus diesem Grunde möglicherweise noch nachvollzogen werden; zwingend ist diese jedoch nicht. Denn insofern besteht keinerlei Verpflichtung der Beklagten zu 2) Kommunikationsinhalte über mehrere Jahre hinweg zu speichern oder aufzubewahren. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Kommunikationseinheiten, des erheblichen Zeitraumes, in dem die Kommunikation stattgefunden haben kann und der zwischenzeitlich erheblichen abgelaufenen Zeit erscheint die pauschale Behauptung der Beklagten zu 2), dass Vorstandsmitgliedern keine Kenntnis von den Manipulationen gehabt hatten, noch hinreichend nachvollziehbar. Zumindest ist die Beklagte zu 2) ihrer sekundären Darlegungslast insoweit – noch – nachgekommen. Sie hat dezidiert behauptet, dass die damaligen Vorstandsmitglieder zur damaligen Zeit keine Kenntnis von der Manipulation der Software hatten. Ob diese pauschalen Angaben der Beklagten zu 2), die für den Schluss der mündlichen Verhandlung des hiesigen Verfahrens genügen, auch künftig ausreichend sein werden, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

2.2.3.

Die Klägerin auch den subjektiven Tatbestand im Sinne von „Vorsatz“ nicht schlüssig vortragen. Zum Vorsatz eines Straftatbestandes gehört in jedem Fall die positive Kenntnis der Tatumstände. Maßgebliche Personen, die Kenntnis gehabt haben müssten, sind wiederum nur die Mitglieder des Vorstandes bzw. die verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne von § 31 BGB. Das einer dieser Personen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von der Manipulations-Software gehabt hat, konnte die Klägerin nicht schlüssig behaupten. Auch insoweit ist die Beklagte zu 2) ihrer sekundären Darlegungslast gerade noch hinreichend nachgekommen.

2.2.4.

Da es schon an den Grundlagen für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2) für Vorstandsmitglieder bzw. verfassungsmäßig berufene Vertreter fehlt, kann das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen weiterer Tatbestandsmerkmale der Strafnorm dahingestellt bleiben.

2.3. Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte zu 2) zu. Auch diese Norm setzt voraus, dass eine Handlung bzw. ein Unterlassen von Personen des § 31 BGB der Beklagten zu 2) zurechenbar wäre. Auch insoweit fehlt es an einem Sachvortrag.

2.4. Der Klägerin steht auch kein Schadenersatzanspruch aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 Abs. 1 UWG zu.

Auch bei § 16 Abs. 1 UWG handelt es sich um eine Strafnorm. Für Fehlverhalten von Mitarbeitern, dass die Voraussetzungen dieser Strafnorm erfüllen würde, haftet die Beklagte zu 2) auch wieder nur im Rahmen von § 31 BGB. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte.

2.5. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11 UWG (a.F.) zu.

Insoweit handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz, das die Rechtsfolgen des § 823 Abs. 2 BGB auslösen könnte.

2.6. Da die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) keine Schadensersatzansprüche zustehen, stehen ihr auch die weiteren Ansprüche (Zinsen, Feststellung des Verzuges und Freistellungsansprüche) zu.

Auch die Feststellung der Zinspflicht der Beklagten zu 2) (Ziff. 2. der Klageanträge) ist mangels Hauptanspruch nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 2 ZPO.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 20.901,39 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW der Marke Audi Modell 8UB0FC Q3 2.0 TDI 103(140) kw(PS) 6-Gang zur Fahrgestellnummer W...5 mit dem amtlichen Kennzeichen > entfernt < zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1. bezeichneten Gegenleistung in Annahmeverzug befindet.

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin künftig jeden Schaden zu ersetzen, der ihr nach erfolgter Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Kauf eines mängelfreien PKWs mit derselben Ausstattung entsteht.

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten W. und T. aus N. entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz d. EZB p.a. seit Rechtshängigkeit freizuhalten.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

8. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 29.160,28.

Tatbestand

1

Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einer unabhängigen Audi-Händlerin, am 10. März 2014 einen Audi Q3 2,0 Tdi zum Kaufpreis von € 34.202,28. Die Übergabe des Fahrzeuges erfolgte am 12. Mai 2014. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 ausgestattet. Dieser Motor ist mit einer Software ausgestattet, die, je nachdem, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder in realem Fahrbetrieb befindet, unterschiedliche Abgasreinigungsmodi in Gang setzt. Auf einem Prüfstand wird im „Modus 1“ eine hohe Abgasrückführungsrate erzielt und ein entsprechend niedriger Ausstoß von Stickoxiden. Im realen Fahrbetrieb ist im „Modus 0“ die Abgasrückführungsrate niedriger. Über diese Umstände unterrichtete der Hersteller des Fahrzeuges, die A. AG, die Klägerin mit Schreiben aus dem Februar 2016 (Anlage K 2). In diesem Schreiben heißt es u.a.:

2

„Wir möchten Sie darüber informieren, dass der in Ihrem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor mit einer Software ausgestattet ist, durch die die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden“

3

Weiter heißt es dort:

4

„Wir können Ihnen aber bereits jetzt mitteilen, dass, abhängig von der in Ihrem Fahrzeug verbauten Motorisierung die Instandsetzung für die 2.0l Aggregate ab KW 09/16 bzw. für die 1.6l Aggregate ab KW 36/16 in den Werkstätten starten wird“.

5

Wegen des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf die Anlage K 2 ergänzend Bezug genommen.

6

Mit Anwaltsschreiben vom 26. Februar 2016 (Anlage K 3) rügte die Klägerin gegenüber der A. AG, I... Stadt, die vorstehend bezeichnete Software als Sachmangel. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, bis spätestens zum 11. März 2016 eine Mängelbeseitigung vorzunehmen wobei das Fahrzeug durch Nachbesserungsmaßnahmen keinen Leistungsverlust erleiden dürfe. Da dies, so die Klägerin, nach Presseberichten technisch allerdings nicht möglich sei, erkläre sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, den Kaufpreis abzüglich von Nutzungsvorteilen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeuges zu erstatten.

7

Die Verkäuferin des Fahrzeuges, die A. H. GmbH, trat mit Anwaltsschreiben vom 16. März 2016 der Forderung der Klägerin entgegen. Sie verwies auf die mittlerweile angelaufene Rückrufaktion der V. AG und darauf, dass die Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin nur einen sehr geringen Zeit- und Kostenaufwand verursache. Der Klägerin sei es zuzumuten, abzuwarten, insbesondere, weil ihr keinerlei messbaren Nachteile entstünden. Es sei derzeit nicht abzusehen, wann das klägerische Fahrzeug zur Nachbesserung aufgerufen werde. Gewährleistungs- und insbesondere Rücktrittsrechte stünden der Klägerin nicht zu.

8

Die Klägerin forderte die Verkäuferin mit Schreiben vom 17. März 2016 auf, bis zur Klärung der Rechtslage hinsichtlich der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, was die Verkäuferin mit Schreiben vom 23. März 2016 unter Hinweis auf bereits erfolgte Erklärungen der V. AG ablehnte.

9

Die Klägerin behauptet, das von der Beklagten gekaufte Fahrzeug sei mängelbehaftet. Hierfür reiche bereits der Einsatz der sog. „Schummelsoftware“. Zudem liege ein Mangel auch darin, dass das Fahrzeug höhere Stickoxid-Ausstoßwerte habe, als bei Vertragsschluss als Beschaffenheit vereinbart gewesen seien.

10

Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Berücksichtigt werden müsse der wirtschaftliche Aufwand für die beabsichtigte Mängelbeseitigung. Zudem sei aber auch nicht sicher, ob sich der Mangel überhaupt beseitigen lasse.

11

Die Frist zur Nachbesserung sei fruchtlos verstrichen, weswegen der erklärte Rücktritt wirksam sei. Bei einer Lebensdauer von 300.000 km seien in Ansehung der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gefahrenen 70.000 km entsprechende Nutzungsvorteile abzuziehen und im Übrigen der Kaufpreis Zug um Zug gegen die Rückübereignung des Fahrzeuges zurückzuerstatten.

12

Die Klägerin beantragt

13

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.160,28 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKWs der Marke Audi Modell 8UB0FC Q3 2.0 TDI 103(140) kw(PS) 6-Gang zur Fahrgestellnummer W...5 mit dem amtlichen Kennzeichen > entfernt < zu zahlen.

14

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der unter Ziffer 1. bezeichneten Gegenleistung in Annahmeverzug befindet.

15

3. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin künftig jeden Schaden zu ersetzen, der ihr nach erfolgter Rückabwicklung des Kaufvertrages durch den Kauf eines mängelfreien PKWs mit derselben Ausstattung entsteht.

16

4. Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den ihr vorprozessual bei den Rechtsanwälten W. und T. aus N. entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz d. EZB p.a. seit Rechtshängigkeit freizuhalten.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie macht geltend, das Fahrzeug sei mängelfrei. Es verfüge über alle notwendigen Genehmigungen. Eine Beschaffenheitsvereinbarung sei mit der Klägerin nicht getroffen worden und das Fahrzeug eigne sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Es sei fahrbereit und voll funktionstüchtig. Die EG-Typengenehmigung sei unverändert wirksam und nicht aufgehoben worden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass das Kraftfahrtbundesamt (nachfolgend: KBA) die EG-Typengenehmigung in der Zukunft entziehen werde, da es die von der V. AG entwickelten Maßnahmen akzeptiert habe. Dies gelte gleichermaßen für Fahrzeuge des Herstellers A. AG. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung des KBA vom 1. Juni 2016, mit der bestätigt werde, dass die von der u.a. A. AG dem KBA vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet seien, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte macht ferner geltend, die im Fahrzeug vorhandene Software wirke nur auf die Abgasrückführung ein, nicht aber auf die Abgasreinigungsanlage. Daher liege in ihr auch keine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, Abs. 2.16, 5.1.2.1 UN/ECE Regelung Nr. 83.

20

Unterstelle man einen Sachmangel, stehe der Klägerin ein Rücktrittsrecht gleichwohl nicht zu. Denn die Pflichtverletzung sei unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB. Die technische Nachbesserung zur Beseitigung der klägerisch gerügten Umschaltlogik für die Abgasrückführungsmodi erfolge für das streitgegenständliche Modell durch ein reines Software-Update. Der zeitliche Aufwand hierfür liege bei ca. einer halben Stunde und verursache Kosten in Höhe von weniger als € 100. Die Nachbesserung führe weder zu einer Leistungsminderung, noch zu höheren Verbrauchswerten. Dies habe das KBA bestätigt und habe sich auch in Fahrzeugtests erwiesen. Auch die Geräuschimmissionen würden durch die Nachbesserung nicht verändert. Angesichts der sehr geringen Mängelbeseitigungskosten von unterhalb 1 % des Kaufpreises, berechtige der behauptete Mangel keinesfalls zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Selbst unter Einbeziehung der Entwicklungskosten für die Nachbesserungsmaßnahmen, die in den Buchungssystemen der V. AG mit insgesamt 22,5 Mio € erfasst worden seien und die unter Einschluss von Personalkosten, Kosten für externe Dienstleister etc. einen Betrag von insgesamt 70 Mio € weltweit - mit Ausnahme USA und Kanada - nicht übersteigen würden, ändere sich bei den Kosten für die ca. 10 Mio Fahrzeuge, die weltweit, ebenfalls mit mit Ausnahme der USA und Kanada, betroffen seien, hinsichtlich der Nachbesserungskosten nichts Wesentliches, da pro Fahrzeug rechnerisch lediglich ein Betrag von € 7 brutto zu veranschlagen sei. Im Durchschnitt verbliebe es bei weniger als 100 € brutto pro Fahrzeug an Kosten für die Nachbesserung.

21

Die Beklagte meint, die ihr gesetzte Frist zur Nachbesserung sei zu kurz bemessen. Die Nachbesserung könne nur nach Instruktion des Herstellers vorgenommen werden und erfolge in enger Abstimmung mit dem KBA. Dieses habe den Zeitplan der V. AG und der A. AG für angemessen erachtet. Der organisatorische Aufwand, den der Hersteller habe, müsse berücksichtigt werden. Die Beklagte selbst habe keine Kenntnis von der gerügten Software gehabt.

22

Mit Blick auf die Nutzungsvorteile durch Gebrauch des Fahrzeuges meint die Beklagte, die durchschnittliche mögliche Laufleistung des Fahrzeuges sei mit 200.000 km zu bemessen.

23

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2016 hat die Beklagte mitgeteilt, dass Update für das Fahrzeug der Klägerin stehe nunmehr bereit.

24

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 28. September 2016 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Im Umfang der Klagabweisung ist sie unbegründet.

I.

26

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von € 20.901,39 aus §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.

27

1. Das erworbene Fahrzeug war bei Übergabe mit einem Sachmangel behaftet, da es nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.

28

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Fahrzeug mit einer Umschaltlogik ausgestattet ist, die die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Modi betreibt, je nachdem, ob es sich auf dem Prüfstand (Modus 1) oder im realen Fahrbetrieb (Modus 0) befindet. Die mit Hilfe dieser Vorrichtung auf dem Prüfstand erzielten Abgaswerte weichen damit nicht nur deshalb von denjenigen im realen Fahrbetrieb ab, weil der durchgeführte Fahrzyklus nicht dem realen Fahrbetrieb entspricht, sondern weil die Abgasrückführungsrate im Prüfbetriebsmodus (Modus 1) höher ist, als auf der Straße (Modus 0). Die A. AG erklärt in ihrem Schreiben aus dem Februar 2016 (Anlage K 2), die Stickoxidwerte (NOx) würden im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert. Der Sinn und Zweck der von der Klägerin beanstandeten Vorrichtung besteht einzig darin, niedrigere Abgaswerte vorzutäuschen. Mit einer solchen Umschaltlogik versehene Fahrzeuge sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht vorschriftsmäßig. Dies lässt sich dem Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 entnehmen, in dem es heißt, dass die von den Herstellern vorgestellten Änderungen der Applikationsdaten geeignet seien, die „Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt zwingend, dass die Fahrzeuge ohne diese Änderungen, d.h. ohne die Durchführung der Nachbesserung (Änderungen der Applikationsdaten), vorschriftswidrig sind. Ob diese Vorschriftswidrigkeit ohne ihre Beseitigung letztlich zum Entzug der EU-Typgenehmigung führt oder nicht, kann bei der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob es sich bei der Umschaltlogik um eine im Sinne von Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007, Abs. 2.16, 5.1.2.1 UN/ECE Regelung Nr. 83 verbotene Abschalteinrichtung handelt, oder nicht.

29

Das Vorhandensein der beschriebenen Umschaltlogik im System des erworbenen Fahrzeuges stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (vgl. auch die hierzu ergangene Rechtsprechung, zusammengestellt von LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, Juris Rz. 24). Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges darf objektiv erwarten, dass in dem von ihm erworbenen Fahrzeug eine solche, auf Täuschung der zuständigen Kontrollinstanzen angelegte und vorschriftswidrige Vorrichtung nicht vorhanden ist.

30

2. Der von der Klägerin erklärte Rücktritt ist wirksam.

31

a) Zwar hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 26. Februar 2016 die Aufforderung zur Nachbesserung sowie die Rücktrittserklärung zunächst gegenüber der Herstellerin (A. AG) erklärt und nicht gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Beklagten. Dies ist indes unschädlich. Denn ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 16. März 2016 ist dieser das Schreiben vom 26. Februar 2016 nicht nur zugegangen (vgl. hierzu MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., § 323, Rz. 192), sondern will diese die Nachbesserungsaufforderung und die Rücktrittserklärung auch sich selbst gegenüber gelten lassen. Dies lässt sich dem Prozessvortrag der Beklagten entnehmen, die ausführt, die Klägerin habe „der Beklagten lediglich eine Frist von 2 Wochen zur Abhilfe gesetzt“. Letztlich ist die Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten spätestens durch Klagerhebung erfolgt (vgl. MüKo/Ernst, aaO, Rz. 193).

32

b) Der Sachmangel ist auch nicht lediglich geringfügig. Die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung ist nicht unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB (vgl. zur Begrifflichkeit BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13, Juris Rz. 16). Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles (BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13 Juris Rz. 16). Für die Frage der Erheblichkeit eines Mangels ist – sofern es sich um behebbare Mängel handelt – grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung. Auf Letzteres kommt es nur dann an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist, etwa auch, weil der Verkäufer sie nicht feststellen konnte (BGH, Urt. v. 29.6.2011. – VIII ZR 202/10, Juris, Rz. 21). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2011 VIII ZR 139/09 – Juris Rz. 9).

33

aa) Hiernach scheidet eine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung schon deshalb aus, weil im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Klägerin vom 26. Februar 2016, die bei verständiger Würdigung erst nach Ablauf der gesetzten Frist vom 11. März 2016 wirksam werden sollte, nach eigenem Vortrag der Beklagten eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben war. Denn erst mit nachfolgender Mitteilung des KBA vom 1. Juni 2016 hatte dieses bestätigt, dass die von der V. AG vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeuges herzustellen. Diese Erklärung war nach Vortrag der Beklagten auch notwendig, weil die Herstellerin die Mängelbeseitigung nicht in eigener Verantwortung durchführen konnte, sondern eine Freigabe des KBA benötigte. Hiernach war selbst bei Annahme, eine wirksame Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten sei erst in der Klagschrift vom 4. Mai 2016 zu erblicken, die der Beklagten am 27. Mai 2016 zugestellt worden ist, in diesem Zeitpunkt eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben.

34

bb) Aber selbst bei Annahme einer Behebbarkeit des Sachmangels im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung steht der Wirksamkeit des erklärten Rücktritts die Vorschrift des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht entgegen.

35

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Pflichtverletzung sei unerheblich, weil die Kosten der Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin, wie für alle anderen Fahrzeuge gleichen Motortyps, lediglich ca. € 100 betrügen. Es greift bereits zu kurz, lediglich auf den bloßen Aufwand der Fachwerkstatt abzustellen, der im Rahmen der tatsächlichen Nachbesserungsarbeiten entsteht. Dies ließe zu Unrecht den ganz erheblichen und kostenträchtigen Aufwand zur Entwicklung der Nachbesserungsmaßnahmen unberücksichtigt, der bei dem Hersteller des Motors / des Fahrzeuges entstanden ist. Nach Vortrag der Beklagten dienten die kostenauslösenden Entwicklungen einzig der Behebung des Mangels nach Vorgabe des KBA. Es ist daher kein vernünftiger Grund ersichtlich, bei der Bewertung der Mängelbeseitigungskosten im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB diesen Kostenblock unberücksichtigt zu lassen. Bereits diese erheblichen Entwicklungskosten von bis zu 70 Mio € für die durchzuführenden Nachbesserungsmaßnahmen stehen der Annahme, die Pflichtverletzung sei unerheblich, entgegen.

36

Der Beklagten ist insbesondere nicht darin zu folgen, die Unerheblichkeit des Mangels ergebe sich auch unter Einschluss dieser Entwicklungskosten, da diese, umgelegt auf alle betroffenen Fahrzeuge, nur wenige Euro je Einheit betrügen. Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Erheblichkeit eines Mangels jedenfalls dann aus, wenn die Kosten der Mängelbeseitigung lediglich knapp ein Prozent im Verhältnis zum Kaufpreis betragen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2011 – VIII ZR 202/10 – Juris Rz. 19). Zugleich ist bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Rahmen der insoweit auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet (BGH, Urt. v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13 – Juris Rz. 12). Diese Grenze wäre bei von der Beklagten behaupteten Kosten in Höhe von höchstens € 100 und dem diesen Kosten gegenüberzustellendem Kaufpreis für das klägerische Fahrzeug von über € 34.000 noch nicht überschritten. Gleichwohl überzeugt diese Gegenüberstellung von Kaufpreis und Kosten im Streitfall nicht. Soweit die Beklagte meint, die Entwicklungskosten von bis zu € 70 Mio seien auf jede mängelbehaftete Einheit umzulegen, lässt sie unberücksichtigt, dass die Frage der rechtlichen (Un)-Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht davon abhängen kann, wie viele Fahrzeuge desselben Herstellers mit dem gerügten Mangel behaftet sind. Es mag betriebswirtschaftlich zutreffend sein, dass die Höhe der fixen Mängelbeseitigungskosten pro Fahrzeug von der Anzahl der einer Nachbesserung zu unterziehenden Fahrzeuge abhängig ist und sich demgemäß im Streitfall bei 10 Mio Fahrzeugen ein Anteil von € 7 errechnet. Wären allerdings nicht 10 Mio Fahrzeuge, sondern etwa nur 10.000 Einheiten mit dem Mangel behaftet, betrügen die umgelegten € 70 Mio Entwicklungskosten nicht € 7, sondern € 7.000 pro Einheit – die Pflichtverletzung wäre in diesem Fall nach der Argumentation der Beklagten, unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und bei unverändertem Sachmangel und identischen Nachbesserungsmaßnahmen nicht unerheblich. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand und führt vorliegend dazu, dass bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung eine Umlage der Entwicklungskosten auf die einzelnen Fahrzeuge zu unterbleiben hat.

37

cc) Der behaupteten Unerheblichkeit der Pflichtverletzung steht schließlich entgegen, dass ohne Vornahme der vom KBA geforderten und letztlich gebilligten Nachbesserungsmaßnahmen der Entzug der Typengenehmigung droht. In diesem Sinne ist der Vortrag der Beklagten zu verstehen, es sei nicht davon auszugehen, dass die EG-Typengenehmigung in der Zukunft entzogen werde, da das KBA die von der V. AG entwickelten Maßnahmen akzeptiert habe und dies entsprechend für Fahrzeuge des Herstellers A. gelte. Hieraus und aus dem Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 kann ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass ohne Durchführung der entsprechenden Maßnahmen jedenfalls der Entzug der EG-Typengenehmigung konkret drohen würde. In dem genannten Schreiben heißt es nämlich, die dort genannten Maßnahmen seien geeignet, „die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt, wie bereits ausgeführt, dass der Zustand der Fahrzeuge ohne die Durchführung dieser Maßnahme nicht vorschriftsmäßig ist.

38

dd) Demgegenüber tritt der Umstand, dass das Fahrzeug nach dem Vortrag der Beklagten fahrbereit und voll funktionsfähig ist, bei der Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung in den Hintergrund.

39

c) Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die Frist zur Nachbesserung sei im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht abgelaufen gewesen.

40

Die Angemessenheit der dem Schuldner gesetzten Frist zur Nachbesserung bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Bei ihrer Beurteilung ist in erster Linie auf die Parteiabreden abzustellen (vgl. MüKo/Ernst, BGB, 7. Aufl., § 323, Rz. 71). Abzustellen ist daher zunächst auf die Erklärung der A. AG, die sich die Beklagte später zu Eigen gemacht hat, wonach eine Nachbesserung des klägerischen Fahrzeuges ab KW 9/2016 (= 22.28. Februar 2016) erfolgen solle.

41

Diese Erklärung durfte die Klägerin so verstehen, dass zwischen diesem Zeitpunkt und der tatsächlichen Nachbesserung jedenfalls kein erheblicher Zeitraum mehr liegen würde (vgl. auch BGH, Urt. v. 13.7.2016 – VIII ZR 49/15, Juris Rz. 36). Mag nachfolgend auch die gesetzte Nachfrist bis zum 11. März 2016 mit Schreiben vom 26. Februar 2016 zu kurz bemessen sein, erweist sich aber jedenfalls der bis zum Schreiben des KBA vom 1. Juni 2016 verstrichene Zeitraum und erst recht derjenige bis zur Erklärung der Beklagten vom 12 Oktober 2016, nach der die Klägerin zur Durchführung des Updates bei der Beklagten vorstellig werden solle, als nicht mehr angemessen.

42

Dessen ungeachtet kann sich die Beklagte aber auch deswegen nicht mit Erfolg auf fehlende Angemessenheit der ihr gesetzten Frist berufen, weil die Gewährleistungsansprüche der Klägerin mit Ablauf des 12. Mai 2016 zu verjähren drohten und die Beklagte die Anregung der Klägerin, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, zurückwies. Ein weiteres Zuwarten der Klägerin hätte ihren Rücktritt bei Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte nach §§ 438 Abs. 4 S. 1, 218 Abs. 1 BGB unwirksam werden lassen. Etwaige Erklärungen der V. AG, die als Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung auszulegen sein könnten (vgl. Anlage K 6) ändern hieran nichts, da sie nicht für das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten wirken, die sich ausweislich ihres Schreibens vom 23. März 2016 (Anlage K 6) diese Erklärungen auch gerade nicht zu Eigen gemacht hat.

43

3. Nach allem steht der Klägerin in der Rechtsfolge ihres erklärten Rücktritts gem. § 346 Abs. 1 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen als Wertersatz (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) zu, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges. Der Nutzungsersatzanspruch berechnet sich anhand der zu schätzenden Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges, die das Gericht mit 250.000 km ansetzt (vgl. hierzu KG, Urt. v. 23.5.2013 – 8 U 58/12 mwN). Der Nutzungsersatz wird ermittelt, indem der Kaufpreis durch die Restlaufleistung dividiert und der Quotient mit den gefahrenen km multipliziert wird (vgl. KG, aaO). Die Laufleistung des Fahrzeuges betrug im Schluss der mündlichen Verhandlung unbestritten 70.000 km. Es errechnet sich somit ein Wert von € 13.300,89 (€ 34.202,28 : 180.000 x 70.000) der von dem Kaufpreis abzuziehen ist. Hiernach steht der Klägerin ein Betrag von € 20.901,39 zu (€ 34.202,28 ./. € 13.300,89). Soweit die Klägerin einen darüber hinausgehenden Betrag geltend macht, der auf einer angenommenen Gesamtfahrleistung des Fahrzeuges von 300.000 km bei einer Fahrleistung im Zeitpunkt der Klagerhebung von 53.000 km beruht, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

II.

44

Der Feststellungsantrag der Klägerin zu 2. ist zulässig und begründet. Sie hat der Beklagten das Fahrzeug spätestens seit der Klagerhebung wörtlich und damit ausreichend angeboten, §§ 293, 295 BGB.

III.

45

Zulässig und begründet ist auch der Feststellungsantrag der Klägerin zu 3., mit dem diese die Feststellung zukünftigen Schadensersatzes begehrt. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Feststellung des Bestehens der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten ist der Klägerin nicht abzusprechen. Insoweit kann sie auch nicht auf die Leistungsklage verwiesen werden, da ihr eine Bezifferung ihrer Ansprüche derzeit nicht ohne weiteres möglich ist.

46

Der Antrag ist auch begründet. Die Klägerin hat infolge der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeuges gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB. Es scheint zumindest möglich, dass der Klägerin infolge des Rücktritts und der damit verbundenen Rückgabe des Fahrzeuges Schäden durch die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges etwa in Gestalt von Preiserhöhungen entstehen werden. Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Beklagte hat sie entlastende Umstände nicht vorgebracht.

IV.

47

Der geltend gemachte und zutreffend nach dem Streitwert von € 34.202,28 berechnete Freihalteanspruch betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst entstehender Zinsen ist gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung begründet. Die Klägerin durfte sich angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage zur Geltendmachung ihrer Ansprüche vorgerichtlicher anwaltlicher Unterstützung bedienen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 249, Rz. 57). Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung des Kaufvertrages wird vermutet, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Umstände, die sie entlasten, hat die Beklagte nicht vorgebracht.

V.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

VI.

49

Bei der Bemessung des Streitwertes war der Klagantrag zu 3. mit € 1.000 zu berücksichtigen.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... , Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... nachzuliefern.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Neulieferung und Rücknahme der im Klagantrag zu 1) genannten Fahrzeuge im Verzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten seit dem 03.04.2017 freizustellen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Nacherfüllungsansprüche im Rahmen eines Autokaufs. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verbraucher und bei der Beklagten um eine Händlerin, die Fahrzeuge der Marke Volkswagen vertreibt.

2

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 2. April 2015 einen Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... (Anlage K 1).

3

Im streitgegenständlichen Fahrzeug ist eine, zur Regelung des Motors der Sorte EA 189 bestimmte Software eingebaut, die den Ausstoß von Abgasen dahingehend regelte, dass bei Betrieb auf einem Prüfstand (Modus 1) Abgase zurück in den Motor zur erneuten Verbrennung geführt werden. Dadurch gelangen weniger Stickoxide in die Umwelt. Auf dem Prüfstand werden deshalb entsprechend weniger Stickoxide gemessen.

4

Im normalen Fahrbetrieb (Modus 0) erkennt die Software die geänderten Bedingungen und schaltet in eine Betriebsart, in der weniger Abgase dem Motor zur erneuten Verbrennung zugeführt werden. Dadurch sind die Werte der abgegebenen Stickoxide höher als im Modus 1. Dieses hält der Kläger für einen kaufrechtlichen Mangel.

5

Auch ohne ein inzwischen auf den Markt gebrachtes Softwareupdate der Herstellerin ist das streitgegenständliche Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. Die EG-Typengenehmigung wurde bislang nicht entzogen. Das Kraftfahrt-Bundesamt betrachtet das Aufspielen des Softwareupdates, das in jeder Volkswagen-Vertragswerkstatt zur Verfügung steht, als verpflichtend.

6

Das Kraftfahrtbundesamt hatte ab dem 01.06.2016 das Software-Update freigegeben und die Beklagte hat dieses Software-Update beim Fahrzeug des Klägers am 19.07.2016 (bei km-Stand 16.914) aufgebracht.

7

Der Kläger forderte die Beklagte schriftlich am 16.01.2017 (Anlage K 3) zur Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens auf. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.01.2017 (Anlage K 4) ab.

8

Mit der am 03.04.2017 der Beklagten zugestellten Klage begehrt der Kläger nunmehr Ersatzlieferung eines mangelfreien typengleichen Ersatzfahrzeugs.

9

Er trägt vor, bei der Wirkweise der Software handle es sich um einen Sachmangel im Sinne des § 434 I Satz 2 Nr. 2 BGB, da das Fahrzeug sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eigne und eine Beschaffenheit fehle, die bei Fahrzeugen der gleichen Art üblich sei und die er, der Käufer, nach der Art der Sache erwarten kann. Schon das Vorhandensein einer solchen Abschalteinrichtung („Schummelsoftware“) im Fahrzeug sei unüblich und begründe einen Mangel. Ein Käufer könne erwarten, dass in seinem Fahrzeug keine Programme Wirkungen entfalten, die geeignet seien, offizielle Stellen über die Fähigkeit zur Genehmigung des Fahrzeuges zu täuschen. Ohne eine Umrüstung drohe die Gefahr, dass das Fahrzeug durch Hoheitsakt stillgelegt werde.

10

Ferner sei eine Beschaffenheit vereinbart, da die Verbrauchs- und Abgasangaben im Verkaufsprospekt Grundlage für den Vertrag gewesen seien, von denen nun das Fahrzeug durch die andere Betriebsart im Modus für die Straße abweiche.

11

Darüber hinaus bestehe ein Rechtsmangel. Das Fahrzeug sei nicht typengenehmigungskonform und eine bestehende Betriebserlaubnis sei von Gesetz wegen erloschen. Bei der Software handle es sich um eine illegale Abschalteinrichtung. Dadurch, dass das Fahrzeug nun im Modus für die Straße und nicht für den Prüfstand betrieben werde, sei die Einhaltung aller Abgaswerte der EURO-5-Norm nicht mehr möglich.

12

Eine Nachbesserung sei unmöglich, da sich durch ein etwaiges Softwareupdate Motorschäden, eine verringerte Lebensdauer des Motors und weitere Wertverluste an dem Fahrzeug ergäben. Dass eine Nachbesserung komplett folgenlos möglich sei, könne physikalisch ausgeschlossen werden. Zumindest ein merkantiler Minderwert sei anzunehmen, da vom Dieselskandal betroffene Fahrzeuge kaum noch oder nur unter Wert verkauft werden könnten. Es bestehe mithin ein weitreichender Mangelverdacht, der allenfalls durch langfristige Überprüfungen ausgeräumt werden könne, was aber nicht zumutbar sei.

13

Auch sei eine Nachbesserung durch die Software der VW AG unzumutbar, da die Herstellerin bereits durch das Einbringen der unzulässigen Abschalteinrichtung getäuscht habe und - insoweit unstreitig - die angebliche „Nachbesserung“ nur durch ein Softwareupdate der Herstellerin erfolgen könne.

14

Das durchgeführte Software-Update sei deshalb auch keine hinreichende Nachbesserung. Das Fahrzeug verbrauche seitdem 0,5 l/100 km mehr und es sei noch gar nicht absehbar, welche zu befürchtenden negativen Folgen sich noch ergeben würden. Er, der Kläger, habe deshalb das Software-Update auch nicht als Nachbesserung akzeptiert, sondern nur aufgrund des Zwanges und der Befürchtung, dass andernfalls das Fahrzeug stillgelegt werde, aufspielen lassen.

15

Einbezogen in den Vertrag seien die Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Volkswagen AG in denen die Gattung in Ziffer IV. 6. weitergehend definiert werde:

16

„6. Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers bleiben während der Lieferzeit vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder der Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte hergeleitet werden.“

17

Daraus ergebe sich, dass sich die von den Parteien vereinbarte Gattungsschuld auch auf das nachfolgende Modell beziehe.

18

Ferner hält der Kläger die Einrichtung einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung, die die Abgasmesswerte auf dem Prüfstand unzulässig beeinflusst, für eine Täuschung durch die Volkswagen AG, die sich die Beklagte zurechnen lassen muss.

19

Der Kläger beantragte deshalb,

20

wie erkannt.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Sie ist der Ansicht bei der Software und den von ihr bestrittenen Folgeschäden am Motor oder anderen Teilen handle es sich nicht um einen Sachmangel. Eine Betriebsgenehmigung habe für das Fahrzeug immer bestanden. Das Fahrzeug sei uneingeschränkt gebrauchstauglich. Die Fahrzeuge müssten alle Abgaswerte nur auf dem Prüfstand einhalten, um eine Typengenehmigung zu erhalten. Konkrete Emissionswerte seien nicht Gegenstand von Vertragsverhandlungen oder Vereinbarungen der Parteien gewesen. Ein etwaiger Sachmangel sei auch nicht erheblich, da Nachbesserung durch ein Softwareupdate der Herstellerin mit geringem Kostenaufwand möglich sei.

24

Durch dieses Softwareupdate als Nachbesserung, das den Motor dann nur noch im Prüfstandmodus betreibe, komme es in der Folgezeit nicht zu einer Wertminderung. Alle Fahrzeuge seien wertbeständig. Die Motorleistung bestehe uneingeschränkt weiter und sei daher noch dieselbe wie im Vertrag vorausgesetzt. Die Nachbesserung mit der Software sei daher zumutbar und ausreichend. Dies habe auch das Kraftfahrtbundesamt festgestellt. An diese Feststellung aufgrund einer öffentliche Urkunde, die Beweiskraft nach §§ 417, 418, 371b ZPO entfalte, seien auch die Zivilgerichte gebunden. Dementsprechend sei vorliegend durch das Aufspielen des Software-Updates ein etwaiger Mangel hinreichend nachgebessert, so dass keinerlei Ansprüche mehr bestünden.

25

Eine Nachlieferung sei ferner unmöglich, da das Fahrzeugmodell Tiguan I nicht mehr produziert werde und eine Nachlieferung eines Neufahrzeuges der nachfolgenden Generation Tiguan II unverhältnismäßig und zudem ein Aliud wäre. Die beiden Modelle seien so unterschiedlich, dass sie nicht mehr zur selben Gattung gehörten und sich ein Nachlieferungsanspruch auf die Folgegeneration somit nicht erstrecken könne. So verfüge das Nachfolgemodell über 10 PS mehr, erfülle die Euro-6-Norm und sei auch äußerlich unterschiedlich (Anlagen B 8, 11, 12, 13).

26

Auch sei eine Nachlieferung gemäß § 439 Abs.3 S.1 BGB unverhältnismäßig, da die Kosten für eine Nachlieferung die Kosten für eine Nachbesserung weit überstiegen.

27

Zudem erhalte jeder Kunde eine Bescheinigung der Volkswagen AG nach Durchführung der technischen Maßnahmen (Anlage B 10) und die Volkswagen AG ergreife auch vertrauensbildende Maßnahmen, wonach jedem Kunden für den Zeitraum von 24 Monaten (max. Fahrleistung 250.000 km) zugesagt werde, eventuellen Beschwerden im Zusammenhang mit den technischen Maßnahmen an den Dieselfahrzeugen nachzugehen.

28

Für den umfangreichen Parteivortrag im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die zulässige Klage ist begründet.

1.)

30

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs VW Tiguan Sport & Style 4 Motion BM Techn. 2,0 TDI 103 kW (140 PS) 7-Gang DSG, FIN: ... gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 Abs.1 Var.2 BGB.

31

Der Antrag des Klägers ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass es ihm darauf ankommt, ein gleichwertiges Fahrzeug mit der von ihm zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewünschten Ausstattung zu erhalten. Die Beklagte kann den Nachlieferungsanspruch somit mit allen typengleichen Fahrzeugen des Models VW Tiguan 2,0 TDI mit identischer Ausstattung wie das „Altfahrzeug“ des Klägers erfüllen (die Ausstattung ergibt sich aus Anlage K1).

A.)

32

Das durch die Beklagte gelieferte Fahrzeug hatte bei Gefahrübergang einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs.1 BGB (so neuerdings auch OLG Köln in einem Hinweisbeschluss zu 18 U 112/17). Der vom Kläger erworbene Neuwagen entsprach nicht dem Leistungsversprechen des zwischen den Parteien am 12.07.2013 geschlossenen Kfz-Kaufvertrages. Das Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft jedenfalls gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und S. 3 BGB. Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand nicht frei von Sachmängeln, wenn er sich nicht für die gewöhnliche Anwendung eignet oder nicht eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Mangelhaft ist der Wagen im Echtbetrieb schon deshalb, weil sich der Hersteller eines unzulässigen Abschaltmechanismus für die Messung der Stickoxid-Werte unter Prüfbedingungen bedient hat. Der Käufer eines Fahrzeugs kann im Rahmen der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit eines Neuwagenkaufs in jedem Fall davon ausgehen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Zulassungsfähigkeit seines Fahrzeugs auf rechtmäßigem Wege eingehalten werden, ohne die Verwendung einer manipulierenden Software, die im Rahmen eines Prüflaufstandes einen Modus aktiviert, der nicht dem üblichen Betriebsmodus entspricht und in dem der Stickoxidausstoß reduziert wird (hierzu wie zum Folgenden LG Neuruppin, Urteil vom 24. Mai 2017 - 1 O 170/16 - unter Verweis unter anderem auf LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017, 7 O 967/16; LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, 11 O 341/15; LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016, 16 O 790/16 LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16). Dass im Fahrzeug des Klägers wie in allen mit dem entsprechenden Aggregat EA189 ausgestatteten Fahrzeugen eine solche manipulierende Software installiert wurde, ist unstreitig. Dass diese auch unzulässig ist, steht zur Überzeugung des Gerichts ausweislich der zur Akte gereichten Dokumente des Kraftfahrt-Bundesamtes fest, das den Hersteller verpflichtet hat, diese unzulässige Abschalteinrichtung unter Einhaltung der entsprechenden Einzelrechtsakte der Richtlinie 2007/46/EG zu entfernen. Dieser Mangel lag als produktionsbedingter auch bei Gefahrübergang vor, hier der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger (§§ 434 Abs. 1 S. 1, 446 BGB).

33

Der Durchschnittskäufer kann bei einem Autokauf erwarten, dass das von ihm erworbene Fahrzeug die Abgaswerte einhält, und zwar nicht nur durch eine beigefügte Software für den Prüfstand. Er kann erwarten, dass alle laufenden Prozesse auf dem Prüfstand auch im normalen Fahrbetrieb aktiv bleiben und der Prüfstand somit die reale Fahrsituation nachbildet. Dass, wie die Beklagte vorbringt, der Abgasausstoß zwischen Prüfstand und Straßenbetrieb auf natürliche Weise variieren, ist dabei bekannt aber insoweit unerheblich.

B.)

34

Ferner liegt ein Rechtsmangel vor.

35

Nach § 435 S.1 BGB ist eine Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Auch auf öffentlichem Recht beruhende Eingriffsbefugnisse, Beschränkungen und Bindungen, die die Nutzung der Kaufsache beeinträchtigen, können einen Rechtsmangel begründen (BGH U.v. 18.01.2017, VIII ZR 234/15). So liegt es auch hier.

36

Zwar ist es richtig, dass der Kläger sein Fahrzeug (noch) bestimmungsgemäß nutzen kann. Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges kann jedoch erwarten, dass dieses in vollem Umfang den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Denn das den jeweils geltenden Abgasvorschriften entsprechende Emissionsverhalten des Motors stellt eine Eigenschaft dar, welche für die geschuldete Beschaffenheit im Sinne des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maßgeblich ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016, 28 W 14/16, juris Rn. 28; OLG Celle, Beschluss vom 30.06.2016, 7 W 26/16, juris Rn. 6; LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 - 3 O 66/16, juris Rn. 24, 32 ff., jew. m.w.N.). Das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Motors entspricht diesen Vorschriften jedoch nicht, was unstreitig ist. Auch erwartet ein Durchschnittskäufer nicht, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert ist, die dafür sorgt, dass der Prüflaufstand erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung nur für diesen Fall der Stickoxidausstoß reduziert wird (LG Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016 - 4 O 202/16, juris Rn. 19; LG Regensburg, Urteil vom 04.01.2017 - 7 O 967/16, juris Rn. 30).

37

Da der Kläger das Software-Update aber hat durchführen lassen, droht jedenfalls nach derzeitiger Sachlage kein Entzug der Betriebserlaubnis und keine Stilllegung, beseitigt aber letztlich den Mangel nicht (siehe dazu weiter unten).

38

Nach allem hat der Kläger Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 BGB und hat insoweit Nachlieferung verlangt. Dies zu Recht.

C.)

39

Die gewählte Nacherfüllung durch Neulieferung eines Fahrzeuges ist nicht unverhältnismäßig.

40

Die Beklagte kann die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung im Verhältnis zur Nachbesserung gemäß § 439 Abs. 3 BGB nicht mit Erfolg geltend machen. Denn auf das Aufspielen des von VW bereitgestellten Software-Updates im Wege der Nachbesserung kann der Kläger nicht verwiesen werden, da auf diese nicht ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann (§ 439 Abs. 3 Satz 2, letzter Halbsatz BGB) und die gebotene Interessenabwägung im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB daher zugunsten des Klägers ausfällt.

41

Nach § 439 Abs. 3 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wobei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen ist, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann.

42

Selbst unter der Annahme zugunsten der Beklagten, die Kosten der Entwicklung des Softwareupdates seien - etwa als „sowieso“ aufgrund der Anforderungen des Kraftfahrt-Bundesamtes und der die Nachbesserung wünschenden Kunden anfallende Kosten - bei der Bemessung der Kosten, die für die Nachbesserung anfallen, nicht zu berücksichtigen und es stünden daher Nachbesserungskosten in Höhe von etwa 100 € den vielfachen Kosten für die Neulieferung eines Fahrzeugs gegenüber, fällt die Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus.

43

Zunächst ist der Mangel von erheblicher Bedeutung. Selbst unter der Annahme, dass eine Verwendungseinschränkung des Fahrzeugs derzeit nicht besteht und die Mangelbeseitigung lediglich 100 € kosten würde, ist der Mangel erheblich. Denn im Rahmen dieser indiziellen Bedeutung müsste neben den Kosten für die Entwicklung auch der erhebliche für die Entwicklung und Zulassung des Software-Updates erforderliche zeitliche Aufwand von mehr als einem Jahr berücksichtigt werden, der schon für sich eine Unerheblichkeit ausschließt (so auch die Zivilkammer 1 des Landgerichts Hamburg, Urteil vom 16.11.2016, 301 O 96/16).

44

Es kommt im Ergebnis aber auch nicht auf die wirtschaftliche Argumentation an. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass derzeit unklar ist, ob das Softwareupdate auch auf lange Dauer technisch keine Nachteile mit sich bringt. Allein die Behauptung, das Kraftfahrtbundesamt habe nach sachkundiger Überprüfung keine Bedenken gehabt, besagt dazu nichts. Denn zum Einen kann sachlich nur geprüft worden sein, ob technisch nach kurzer Zeit noch keine Auswirkungen zu bemerken sind (über die langfristigen Folgen ist damit nichts gesagt und kann derzeit auch noch nichts gesagt werden, siehe dazu ferner unter D.) . Zum Anderen ist bei dieser unklaren Sachlage weiterhin offen, ob die vom Kraftfahrtbundesamt angeordnete Nachbesserung im kaufrechtlichen Verhältnis als ausreichend angesehen werden kann. All dies sind letztlich Umstände, die die gewählte Art der Nachbesserung, nämlich die Neulieferung, nicht als unverhältnismäßig erscheinen lassen. Schon der Umstand, dass eine Mangelbeseitigungsmaßnahme von der zuständigen Behörde geprüft und gefordert wird, zeigt, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handeln kann (so auch LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16).

D.)

45

Die Nachbesserung durch das Softwareupdate ist für den Kläger unzumutbar, wobei es nicht darauf ankommt, dass der Kläger das Software-Update inzwischen hat aufspielen lassen.

46

Es besteht der plausible Verdacht, dass das angebotene Softwareupdate keine ausreichende Nachbesserung ist. Die von Klägerseite zitierten technischen Bedenken sind jedenfalls auch einem Laien nachvollziehbar: Wenn die Softwarenachbesserung nunmehr dazu führt, dass der Motor nur noch im Prüfstandmodus betrieben wird, das heißt, eine permanente Abgasrückführung erfolgt, so dürfte relativ klar sein, dass damit ein deutlich gesteigerter Verschleiß der betroffenen Motorteile einhergeht. Schon diese Befürchtung, die auch in der Öffentlichkeit umfangreich und kontrovers diskutiert wird, führt nach Ansicht des Gerichts zu einem deutlichen und auf unabsehbare Zeit verbleibenden Minderwert des Fahrzeuges, der auch durch eine sachverständige Überprüfung, die eigentlich nur durch Langzeittests erfolgen kann, nicht ausgeräumt werden kann.

47

Auch folgt hier eine Unzumutbarkeit der Nachbesserung aus der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kläger und der Beklagten (zu den Grundsätzen: BGH v. 20.03.2010 VIII ZR 182/08). Der Käufer eines so mangelbehafteten Fahrzeugs befürchtet, dass die Nachbesserung durch ein einfaches Softwareupdate keinesfalls ausreichend sein kann, um die Mängel zu beheben, denn es wäre dann ja nicht nachvollziehbar, warum der Hersteller dieses einfache mit geringem Kosten verbundene Update nicht von vorneherein eingebracht hätte. Aufgrund der erfolgten herstellerbedingten Täuschung ist ein solches Verhalten nachvollziehbar.

48

Im Rahmen der Frage der Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch das Softwareupdate ist das Verhalten der Herstellerin auch der Beklagten zuzurechnen, weil nur die einzige Möglichkeit besteht, dieses Softwareupdate von der Herstellerin zu erhalten (vgl. dazu: LG Köln, Urt. V. 18.05.2017- 2 O 422/16; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016, 2 O 83/16; LG Aachen, Urteil vom 18.05.2016, 9 O 269/16), denn unstreitig ist ein Softwareupdate nur unter Mitwirkung der Volkswagen AG möglich. Selbst wenn, was hier auch streitig ist, die Beklagte und die Volkswagen AG rechtlich als selbstständig zu betrachten sind, bleibt es für den Kläger auch im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten unzumutbar, ein Softwareupdate als Nachbesserung zu akzeptieren, dessen Wirksamkeit nicht wissenschaftlich erwiesen ist und das jedenfalls auf unabsehbare Zeit mit einem Makel behaftet ist.

49

Die Beklagte kann hierbei auch nicht darauf verweisen, das Kraftfahrtbundesamt habe durch Akzeptieren der Nachbesserung durch das Softwareupdate und aufgrund öffentlich-rechtlichen Bescheids wirksam diese Art der Nachbesserung verfügt. Denn dabei handelt es sich lediglich um öffentlich-rechtliche Vorschriften, die letztlich kleine Auswirkungen im zivilrechtlichen Vertrag haben, unabhängig davon, ob die öffentlich-rechtliche Entscheidung verwaltungsgerichtlich und auch vor dem EuGH Bestand haben wird. Gerade die „Zwickmühle“, die sich einem geschädigten Käufer bietet, zeigt, dass die Nachbesserung durch ein technisch in der sachkundigen Öffentlichkeit angezweifeltes Softwareupdate für den Verbraucher unzumutbar ist. Entweder der Kunde vertraut auf den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes mit dem Risiko, dass aufgrund Langzeittests das Softwareupdate eben doch nicht hinreichende Nachbesserung erbringt (sonst hätte der Hersteller dies sicher doch von Anfang an eingebaut und damit den gesamten Dieselabgasskandal verhindern können) oder der Kunde verweigert das Softwareupdate wegen der bestehenden Bedenken mit dem Risiko der Stilllegung des Fahrzeugs.

50

Bei dieser Sachlage kann dem Kläger auch nicht vorgeworfen werden, dass er das Software-Update hat aufspielen lassen. Er hat damit nicht die Nachbesserung im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften akzeptiert, sondern ist diesem Begehren lediglich aus öffentlich-rechtlichen Zwängen nachgekommen, weil er befürchtet hat, dass ansonsten das Fahrzeug aus öffentlich-rechtlichen Gründen stillgelegt wird. Ein Akzeptieren der Nachbesserung kann darin nicht gesehen werden.

51

Offen bleiben kann, ob nicht die Nachbesserung durch das Software-Update schon deswegen nicht hinreichend ist, weil es andere erheblich bessere und nachhaltigere Nachbesserungsmöglichkeiten gibt. Immerhin lässt sich nach den aktuellen Informationen aus einer Studie des Lehrstuhlinhabers für Verbrennungskraftmaschinen an der TU München, Georg Wachtmeister, das Problem praktisch für alle streitbefangenen Fahrzeugtypen durch die sogenannte SCR-Technik lösen mit einem allerdings höheren Aufwand von mindestens rund € 1.300,00 pro Fahrzeug (vgl. DER SPIEGEL, 4/2018, S. 67).

52

Ferner kann dem Käufer in einer solchen Fallkonstellation nicht vorgeworfen werden, er handele widersprüchlich, wenn er einerseits dem Softwareupdate als Nachbesserung des Herstellers nicht vertraut, andererseits aber wiederum ein Dieselfahrzeug im Wege der Nachlieferung verlangt (sowohl LG Paderborn, a.a.O.). Denn der maßgebliche Unterschied ist der, dass der Käufer, der sich auf ein Softwareupdate einlässt, nur noch eingeschränkte Gewährleistungsrechte hat (wenn überhaupt), bei einer Nachlieferung eines Neufahrzeuges aber wiederum die normale Neuwagengewährleistung besteht und der Käufer nach derzeitigem Sachstand ziemlich sicher sein kann, dass das Neufahrzeug ohne Mängel gerade auch der hier streitigen Art ausgeliefert werden wird. Es ist deshalb nach Ansicht des Gerichts nicht verwerflich, der höchst streitigen Nachbesserung des Herstellers im Rahmen des „Dieselabgas-Skandals“ nicht zu vertrauen, andererseits aber bei zeitlich nach dem Beginn des „Abgasskandals“ auf den Markt gekommenen Neufahrzeugen unter Berücksichtigung der neu laufenden Gewährleistungsfrist auf die Mangelfreiheit zu vertrauen.

E.)

53

Eine Nachlieferung ist auch nicht unmöglich im Sinne des § 275 Abs.1 BGB.

54

Vorliegend lag eine Gattungsschuld vor. Eine Ersatzlieferung wird erst dann unmöglich, wenn die gesamte Gattung untergegangen bzw. mangelhaft ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 439 Rn. 15). Im Streitfall ist zwar davon auszugehen, dass alle Fahrzeuge des Typs Tiguan aus der 1. Baureihe mit dem Dieselmotor EA 189 mangelbehaftet sind. Die Nachlieferung ist aber durch die Überlassung eines Fahrzeugs der aktuellen Baureihe des Tiguans, also des „Tiguan II“, mit dem anderen Motor möglich. Der Auffassung der Beklagten, dass die Fahrzeuge der aktuellen Serienproduktion des Typs Tiguan einer anderen Gattung angehören, kann nicht gefolgt werden. Eine Gattung bilden alle Gegenstände, die durch gemeinschaftliche Merkmale (Typ, Sorte, u.U. auch Preis) gekennzeichnet sind und sich dadurch von anderen Gegenständen abheben. Über die Abgrenzung entscheidet der Parteiwille (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 243 Rn. 2). Im Streitfall ist demnach die Regelung unter 6. der Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten, die unstreitig in den Kaufvertrag mit einbezogen waren, zu berücksichtigen. Dort heißt es u.a.: „Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers während der Lieferzeit bleiben vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. Sofern der Verkäufer oder Hersteller zur Bezeichnung der Bestellung oder des bestellten Kaufgegenstandes Zeichen oder Nummern gebraucht, können allein daraus keine Rechte begründet werden.“

55

Der Motor des „Tiguan II“ hat 10 PS mehr (150 PS statt 140 PS) und erfüllt anstelle der EURO-Norm 5 die EURO-Norm 6. Weiterhin ist der „Tiguan II“ gegenüber dem „Tiguan I“, wie aus den von der Beklagten eingereichten Unterlagen ersichtlich ist, um einige Zentimeter größer, hat mehr Ladevolumen und die technische Ausstattung und das Design wurden leicht abgeändert. Diese Änderungen sind jedoch nicht so erheblich, dass man davon ausgehen könnte, dass der „Tiguan II“ einer eigenen Gattung angehören würde. Die Abweichungen optischer Art sind als gering zu bewerten. Auch die technischen Veränderungen sind nur leichterer Natur letztlich nicht erheblich. Die Abweichungen zwischen den Modellen sind deshalb gesamt als gering zu bewerten und wären dem Kunden nach Ziffer 6 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen zuzumuten, falls die Volkswagen AG nach der Bestellung, aber vor der Auslieferung des Fahrzeugs an den Kläger die Produktion des „Tiguan I“ eingestellt und auf den „Tiguan II“ umgestellt hätte.

56

Zwar ist es richtig, dass die in Bezug genommenen Neuwagenbedingungen hier eine Klausel zugunsten des Verkäufers enthalten. Daraus lässt sich aber der allgemeine Grundsatz für dieses Kaufvertragsverhältnis ableiten, dass auch im Gegenzug der Verkäufer ihm zumutbare Änderungen der Leistungen erbringen muss. Das ist hier nach obigen Erörterungen der Fall.

57

Soweit die Beklagte darauf verweist, der „Tiguan II“ basiere auf einem neuen modularen Querbaukasten, ist das unerheblich. Derartige technische Details sind in aller Regel für einen Verbraucher, der sich einen Pkw kauft, nicht von Bedeutung und ihm zumeist nicht einmal bekannt. Zudem verpflichtet Ziffer 6 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen den Käufer gerade, auch Konstruktions- und Formänderungen hinzunehmen, sofern diese für ihn zumutbar sind, was hier wie ausgeführt angesichts der nur geringen optischen und technischen Änderungen vorliegt (so jedenfalls entgegen der von der Beklagten zitierten umfangreichen Rechtsprechung: LG Offenburg, Urteil vom 21.03.2017, 3 O 77/16; LG Paderborn, Urteil vom 24.11.2017, 6 O 36/17 neuerdings wohl auch dahin tendierend OLG Stuttgart in einem Hinweis in der Sache 3 U 133/17).

F.)

58

Der Kläger schuldet der Beklagten keinen Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.

59

Gemäß § 474 Abs.2 S.1 BGB a.F. ist bei einem Verbrauchsgüterkauf kein Wertersatz für Nutzungen des Verbrauchers herauszugeben (im Zeitpunkt des Kaufs geltende Gesetzesänderung in Folge der Entscheidung des EuGH NJW 2008, 1433). Eine Abweichung von dieser klaren gesetzlichen und europarechtlichen Regelung ist nicht deshalb angezeigt, weil der Kläger das zurückzugebende Fahrzeug ohne jegliche mängelbedingte Einschränkung hat nutzen können, denn im Rahmen des Verbraucherrechtsschutzes ist gerade uneingeschränkt für alle Fälle geregelt, dass Nutzungen nicht herauszugeben sind.

G.)

60

Der Anspruch auf Nachlieferung ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Hersteller im Wege „vertrauensbildender Maßnahmen“ die Bescheinigung gemäß Anlage B 10 und die Erklärung abgibt, wonach jedem Kunden für den Zeitraum von 24 Monaten (max. Fahrleistung 250.000 km) zugesagt werde, eventuellen Beschwerden im Zusammenhang mit den technischen Maßnahmen an den Dieselfahrzeugen nachzugehen. Denn die Bescheinigung gemäß Anlage B 10 zeigt nur, dass der Fahrzeug-Hersteller der Auffassung ist, mit dem Softwareupdate seien alle Probleme gelöst. Rechtlich verbindliche Erklärungen werden insoweit jedoch nicht abgegeben, so dass sich ein Käufer eines betroffenen Fahrzeuges hierauf nicht in zumutbarer Weise einlassen kann und muss.

2.)

61

Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs zu Ziffer 1 im Verzug. Der Kläger hat mit Schreiben vom 16.01.2017 die Beklagte aufgefordert ihm ein Neufahrzeug zu liefern, was nach obigen Erörterungen auch problemlos möglich wäre. Die Beklagte hätte mithin das Fahrzeug des Klägers nach Fristablauf zurücknehmen müssen.

3.)

62

Die Beklagte schuldet dem Kläger die Freistellung von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerpartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € gemäß §§ 280 Abs.1, Abs.2, 286 BGB. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Kosten hatte der Kläger einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch auf Nachlieferung eines unter Ziffer 1 genannten Fahrzeuges. Eine Mahnung war entbehrlich, da die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hatte.

4.)

63

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S.1, 2 ZPO.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEILVERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
VIII ZR 182/08 Verkündet am:
10. März 2010
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Täuscht bei einem Mietkauf der vorleistungspflichtige Lieferant den Mietverkäufer
über eine in Wirklichkeit noch nicht erfolgte Lieferung des Mietkaufgegenstandes an
den Mietkäufer und veranlasst er dadurch den Mietverkäufer, an ihn den Kaufpreis in
Umkehrung der vertraglichen Leistungspflichten vorzuleisten, ist der Mietverkäufer
gemäß § 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB zum sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 182/08 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter
Dr. Achilles und Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 5. Juni 2008 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 19. März 2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 129.607,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. September 2006 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übergabe folgender Gegenstände: - 30 Stück VoIP Telefone Basic Line mit den Gerätenummern 000B82039DD1/ 000B82048CA1 / 000B82048CA9 / 000B82048CAD / 000B82048CAF / 000B8205E770 / 000B8205E771 / 000B8205E772 / 000B8205E773 / 000B8205E774 / 000B8205E775 / 000B8205E776 / 000B8205E777 / 000B8205E778 / 000B8205E779 / 000B8205E77A / 000B8205E77B / 000B8205E77C / 000B8205E77D / 000B8205E77E / 000B8205E77F / 000B820604C5 / 000B820604C6 / 000B820604C7 / 000B820604C8 / 000B820604CA / 000B820604CE / 000B820604CF / 1FF320FFF0010884 / 1FF320FFF0010889 - 10 Stück VoIP Telefone Profi Line mit den Gerätenummern 000B8205A950 / 000B8205A951 / 000B8205A955 / 000B8205A956 / 000B82069411 / 171040FFF0040231 / 171040FFF0040232 / 171040FFF0040270 / 171040FFF0040276 / 171040FFF0040277 - 3 Stück "Callcenter-Management-Server 19" mit den Gerätenummern SN-UG7T51-11 / SN-UG7T52-12 / SN-UG7NK1-10.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der vorstehend bezeichneten 43 Geräte im Annahmeverzug befindet. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, die auf dem Gebiet des Finanzierungsleasings tätig ist, schloss am 15. Oktober 2005 mit der r. E. & Co. GmbH (im Folgenden: r. ) einen Mietkaufvertrag über die Ausstattung eines Callcenters mit einem Nettoanschaffungswert von 108.420 €. Die Beschaffung sollte über die Beklagte erfolgen, die auch den Abschluss des Mietkaufvertrages vermittelt hatte. Unter dem 27. Oktober 2005 übersandte die Klägerin der Beklagten einen Kaufauftrag über die Callcenterausstattung, in dem es unter anderem heißt: "... hiermit erteilen wir Ihnen den Auftrag zur Lieferung des/der unten näher beschriebenen Objekte(s). Wir beauftragen Sie, an den gemeinsamen Kunden termingemäß zu liefern. Ferner bitten wir Sie, bei Auslieferung die ordnungsgemäße Übernahme der Ware durch den gemeinsamen Kunden für uns auf dem beigefügten Formular bestätigen zu lassen. Solange uns die Übernahmebestätigung des Kunden nicht ohne Einschränkung und rechtsverbindlich unterzeichnet vorgelegt wird, bleiben wir Ihnen gegenüber von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen frei. Die Übernahmebestätigung muss uns spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten, beginnend mit dem Datum dieses Schreibens, vorgelegt werden. Danach gilt dieser Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben. Wir zahlen sofort nach Eingang Ihrer auf unser Haus ausgestellten Rechnung ... und der vom Kunden rechtsverbindlich unterzeichneten Übernahmebestätigung…"
2
Die Beklagte legte daraufhin eine von r. mit Datum vom 26. Oktober 2005 unterzeichnete Übernahmebestätigung vor, in der diese bestätigte, dass sie am gleichen Tage die näher bezeichnete Callcenteranlage von der Beklagten "fabrikneu, vollständig, ordnungsgemäß, funktionsfähig und der Beschreibung im o.g. Vertrag gemäß, sowie allen durch die Firma [= r. ] diesbezüglich mit dem Hersteller bzw. Lieferanten getroffenen Vereinbarungen (z.B. güte-, technischer- und leistungsmäßiger Art) entsprechend übernommen hat". In der beigefügten Rechnung der Beklagten vom 27. Oktober 2005 über brutto 125.767 €, die die Klägerin daraufhin zuzüglich einer Vermittlungsprovision von brutto 5.659,52 € an die Beklagte bezahlte, war zugleich ausgeführt, dass die Lieferung am 26. Oktober 2005 erfolgt sei. Diese Angabe war genauso wie die Übernahmebestätigung unzutreffend. Die Anlage befand sich zu diesem Zeitpunkt vielmehr noch bei der Beklagten. Ob und in welchem Umfang die Beklag- te in der Folgezeit die von ihr zu erbringenden Lieferungen und Leistungen, zu denen neben einer näher bezeichneter Hard- und Software auch 180 Stunden Installations- und Konfigurationsarbeiten sowie eine Einweisung vor Ort gehören sollten, gegenüber r. erbracht hat, ist streitig.
3
Nachdem r. die nach dem Mietkaufvertrag am 1. November 2005 fällige Mietkaufrate von 1.819,28 € brutto zuzüglich der sofort fälligen Gesamtmehrwertsteuer von 23.606,02 € ebenso wenig an die Klägerin bezahlt hatte wie die Dezemberrate, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 den Mietkaufvertrag. Gegenüber der Beklagten focht sie mit Schreiben vom 16. Januar 2006 "sämtliche Erklärungen und Verträge im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietkaufvertrages" an und forderte von ihr die Rückzahlung des Kaufpreises und der Provision. Auf ihre - unter Berücksichtigung einer nachträglich von r. noch geleisteten Zahlung über 1.819,29 € - in Höhe von 129.607,24 € erhobene Zahlungsklage hat das Landgericht die Beklagte zu einer Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 123.947,27 € nebst Zinsen verurteilt , den auf Rückzahlung der Provision gerichteten Anspruch dagegen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage unter Einschluss eines erst im Berufungsrechtszug von der Klägerin gestellten Antrags auf Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Rücknahme der Vertragsgegenstände abgewiesen. Zugleich hat das Oberlandesgericht die hinsichtlich der Provisionszahlung eingelegte Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie ihren Zahlungs- und Feststellungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat zum ganz überwiegenden Teil Erfolg. Soweit das Rechtsmittel der Klägerin den Klageantrag rechtfertigt, ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht die Entscheidung allerdings nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes (BGHZ 37, 79, 81).

I.

5
Das Berufungsgericht hat - soweit hier von Interesse - ausgeführt:
6
Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises könne entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht auf die Bestimmung des Kaufauftrages gestützt werden, wonach der Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben gelte, wenn innerhalb einer Frist von sechs Monaten keine Übernahmebestätigung vorgelegt werde. Dieser ausdrücklich geregelte Fall der Aufhebung des Vertrages bei Nichterteilung der Übernahmebestätigung liege hier nicht vor. Denn die Erteilung einer inhaltlich falschen Übernahmebestätigung könne ihrer Nichterteilung nicht gleichgestellt werden. Zweck dieser Vertragsbestimmung sei es gewesen, dass die Klägerin sich nicht an einem Vertrag habe festhalten lassen wollen, der auf lange Sicht nicht erfüllt werde. Dabei sei an den für alle Beteiligten sofort erkennbaren Umstand angeknüpft worden, dass der Leasingnehmer sich nicht zu einer Vertragserfüllung bekenne und dementsprechend auch nicht die Übernahmebestätigung erteile. Einer inhaltlich unzutreffenden Bestätigung komme diese Klarstellungsfunktion hingegen nicht zu, zumal die inhaltliche Unrichtigkeit auch auf ganz anderen Ursachen wie etwa Mängeln in der Funktionsfähigkeit oder der Ausstattung beruhen könne. Wollte man die inhaltliche Unrichtigkeit deshalb einer Nichterteilung der Bestätigung gleichsetzen , würde der Bestand des Vertrages wegen der Vielzahl der für eine Unrich- tigkeit in Betracht kommenden Konstellationen in einer Weise in der Schwebe bleiben, die mit der von den Beteiligten durch die Übernahmebestätigung erstrebten Klarstellungsfunktion nicht zu vereinbaren wäre.
7
Ebenso wenig könne die Klägerin Ansprüche aus der Übernahmebestätigung selbst und ihrer Vorlage herleiten. Die Bestätigung sei zwar inhaltlich unzutreffend gewesen, weil die behauptete billigende Besichtigung der bei der Beklagten befindlichen und zunächst weiterhin verbliebenen Liefergegenstände durch r. etwas anderes sei als die bestätigte ordnungsgemäße Übernahme der Gegenstände. Hierdurch habe die Beklagte auch vertragliche Nebenpflichten verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht, soweit die Klägerin im Vertrauen auf die Richtigkeit der Übernahmebestätigung den Kaufpreis entrichtet habe. Einem theoretisch denkbaren Schadensersatzanspruch stehe aber der Gesichtspunkt des rechtsmäßigen Alternativverhaltens entgegen, da alle zu liefernden Komponenten der Anlage am 18. November 2005 an r. gelangt seien und damit die Voraussetzungen für die Erteilung einer Übernahmebestätigung nachträglich eingetreten seien. Hätte die Beklagte sich also korrekt verhalten und erst an diesem Tage von r. eine entsprechende Bestätigung eingeholt und an die Klägerin weitergeleitet, hätte die Klägerin gleichfalls sofort gezahlt, ohne dass sich etwas daran ändern würde, dass die Klägerin ihre Ansprüche gegen r. nicht durchsetzen könne. Der einzig mögliche Schaden der Klägerin liege deshalb in einem Zinsnachteil infolge vorzeitiger Kaufpreiszahlung ; hierfür sei jedoch nichts vorgetragen.
8
Zu einer Rückzahlung der geleisteten Provision sei die Beklagte gleichfalls nicht verpflichtet. Auch insoweit greife weder die erklärte Anfechtung durch noch sei die Beklagte wegen eines entgegenstehenden rechtmäßigen Alternativverhaltens zum Schadensersatz verpflichtet. Ebenso wenig sei eine entsprechende Anwendung des § 87a Abs. 2 HGB angezeigt, da die Klägerin bei ihrer Provisionszusage nicht zum Ausdruck gebracht habe, dass sie ein Behaltendürfen der Provision von der Durchführung des Vertrages habe abhängig machen wollen.

II.

9
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Die erhobenen Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Callcenterausstattung und der neben dem Kaufpreis an die Beklagte gezahlten Provision können nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. Die Beklagte ist vielmehr gemäß § 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 346 Abs. 1 BGB zur Rückerstattung des Kaufpreises verpflichtet, weil sie die Klägerin durch Vorlage einer unzutreffenden Übernahmebestätigung der r. über den Stand der Vertragsabwicklung und die davon abhängigen Fälligkeitsvoraussetzungen für die Kaufpreiszahlung getäuscht hat, so dass besondere Umstände gegeben sind, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag rechtfertigen. Darüber hinaus ist die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Rückerstattung der von der Klägerin erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet, weil die Klägerin ihr Provisionsversprechen, zu dem sie durch diese Täuschung bestimmt worden ist, wirksam angefochten hat (§ 123 Abs. 1, § 141 Abs. 1 BGB) und es deshalb für die Provisionszahlung am Rechtsgrund fehlt. Allerdings ist die Klägerin ihrerseits gemäß § 346 Abs. 1 BGB zur Rückgabe der in ihren Besitz gelangten Ausstattungsgegenstände verpflichtet, so dass ihr Zahlungsbegehren auf eine Verurteilung Zug um Zug einzuschränken ist (§ 348, § 320 Abs. 1, § 322 Abs. 1 BGB).
11
1. Die Klägerin kann die Rückzahlung des von ihr in Höhe von 125.767 € geleisteten Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB) beanspruchen, weil sie wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über die von ihr zu beschaffende Ausstattung des Callcenters der r. zurückgetreten ist.
12
a) Allerdings ist der Kaufpreis nicht schon deshalb gemäß § 812 Abs. 1 BGB zurückzugewähren, weil die Klägerin ihr im Kaufauftrag vom 27. Oktober 2005 liegendes Angebot auch gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen Unrichtigkeit der ihr von der Beklagten vorgelegten Übernahmebestätigung angefochten hat. Denn die Übernahmebestätigung ist ihr, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erst nach Abgabe ihres Angebots vorgelegt worden, so dass sie schon nach dem zeitlichen Ablauf zur Abgabe dieser Willenserklärung nicht durch die unrichtige Übernahmeerklärung bestimmt worden ist.
13
b) Ebenso wenig steht die Unrichtigkeit der Übernahmebestätigung einem wirksamen Zustandekommen des Kaufvertrags deshalb entgegen, weil die Klägerin nach den von ihr gestellten Angebotsbedingungen gegenüber der Beklagten von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen frei bleiben wollte, solange ihr die Übernahmebestätigung der r. nicht ohne Einschränkung und rechtsverbindlich unterzeichnet vorgelegt war. Denn hierin hat ungeachtet der Frage, ob die inhaltlich unrichtige Bestätigung einer ausgebliebenen Bestätigung gleichgestellt werden kann, nach der Rechtsprechung des Senats keine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB gelegen. Die Klausel enthält vielmehr nur eine Fälligkeitsbestimmung und die Festlegung einer Vorleistungspflicht , so dass die Verpflichtung der Klägerin zur Kaufpreiszahlung von der vorherigen Beibringung der Übernahmebestätigung abhängig war (Senatsurteil vom 17. Februar 1993 - VIII ZR 37/92, WM 1993, 955, unter I 2). Dass die Beklagte der Klägerin durch Vorlage der Übernahmebestätigung und ihre in der Rechnung vom 27. Oktober 2005 abgegebene Erklärung, die Lieferung sei am 26. Oktober 2005 erfolgt, eine fälligkeitsbegründende Übernahme des Kaufgegenstandes der Wahrheit zuwider vorgespiegelt hat, hat deshalb das Zustan- dekommen des Kaufvertrages nicht verhindert. Auch der Umstand, dass die Klägerin die Kaufpreisschuld täuschungsbedingt vorzeitig erfüllt hat, kann einen Rückforderungsanspruch der Klägerin für sich allein nicht begründen (§ 813 Abs. 2 BGB).
14
c) Es kann dahin stehen, ob in der Angebotsklausel, wonach die Übernahmebestätigung der Klägerin spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten vorgelegt werden und danach der Auftrag ohne weitere Erklärung als einvernehmlich aufgehoben gelten sollte, eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB liegt und ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - ein Bedingungseintritt zu verneinen ist, weil die Vorlage der unrichtigen Übernahmebestätigung einer ausgebliebenen Bestätigung nicht gleichgestellt werden kann. Denn zum Zeitpunkt eines möglichen Bedingungseintritts war die Klägerin bereits wirksam gemäß § 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB vom Kaufvertrag zurückgetreten mit der Wirkung, dass die Vertragsparteien einander zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet waren (§ 346 Abs. 1 BGB).
15
aa) Das Schreiben der Klägerin vom 16. Januar 2006, in dem "sämtliche Erklärungen und Verträge im Zusammenhang mit dem Abschluss des Mietkaufvertrages" angefochten werden und darauf hingewiesen wird, dass die Verträge rückabzuwickeln seien und die Beklagte den Kaufpreis und die Provision zurückzuzahlen habe, enthält zugleich eine auf die Unrichtigkeit der Übernahmebestätigung gestützte Rücktrittserklärung. Das Berufungsgericht hat die Erklärung zwar nicht unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt. Der Senat kann die unterbliebene Würdigung auf Grund der seiner Nachprüfung unterliegenden tatsächlichen Grundlagen (§ 559 ZPO) aber nachholen, weil die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu er- warten sind (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218, Tz. 18 m.w.N.).
16
Die im genannten Schreiben ausgesprochene Anfechtungserklärung lässt bereits nach ihrem Wortlaut unmissverständlich erkennen, dass die Klägerin ungeachtet des verwendeten Begriffs der Anfechtung den mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag auf jeden Fall und damit unter jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt rückabgewickelt wissen wollte. Da zur wirksamen Erklärung eines Rücktritts ein Gebrauch dieses Wortes nicht erforderlich ist, kann dem Schreiben - zumindest im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB) - auch eine Rücktrittserklärung entnommen werden, die dem von der Klägerin erstrebten Ziel, den Vertrag zu beenden und den erfolgten Leistungsaustausch rückgängig zu machen, in gleicher Weise zum Erfolg verhilft (Erman /Röthel, BGB, 12. Aufl., § 349 Rdnr. 2 m.w.N.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 24. November 2006 - LwZR 6/05, NJW 2007, 1269, Tz. 14 m.w.N.).
17
bb) Diese Rücktrittserklärung war wirksam. Die Beklagte hat die Klägerin über die erfolgte Leistungserbringung gegenüber r. getäuscht und sie auf diese Weise zur vorzeitigen Auszahlung des Kaufpreises bestimmt. Dass die hierzu abgegebenen Erklärungen unzutreffend waren, hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Denn die von r. bestätigte Übernahme der Ausstattungsgegenstände beschreibt eine Erlangung tatsächlicher Herrschaftsgewalt, der die von der Beklagten behauptete billigende Besichtigung der anschließend noch bei ihr verbliebenen Gegenstände durch r. nicht untergeordnet werden kann. Das gilt genauso für die von der Beklagten selbst in ihrer Rechnung abgegebene Bestätigung, dass die Lieferung am 26. Oktober 2005 erfolgt sei. Durch Vorlage/Abgabe dieser unzutreffenden Erklärungen hat die Beklagte die Klägerin pflichtwidrig veranlasst, den Kaufpreis in Umkehrung des vertraglichen Leistungsprogramms vorzuleisten, und dadurch die von ihr im Rahmen der Vertragsdurchführung geschuldeten Dokumentations- und Mitteilungspflichten in einer Weise verletzt, dass die Klägerin gemäß § 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB zum sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt war.
18
(1) Die auf Grund des Kaufauftrags der Klägerin vom 27. Oktober 2005 vorleistungspflichtige Beklagte (dazu vorstehend unter II 1 b) war nach den hierin getroffenen Abreden zugleich gehalten, die bestellte Callcenterausstattung ohne Beteiligung der Klägerin unmittelbar an r. auszuliefern und sich die damit einhergehende Übergabe der Gegenstände bestätigen zu lassen, um die Voraussetzungen der Kaufpreisfälligkeit zu dokumentieren. Die Vorlage der Bestätigung und die in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärungen waren deshalb darauf gerichtet, leistungsbezogene Nebenpflichten der Beklagten zur Abwicklung des zwischen den Parteien bestehenden Kaufvertrages zu erfüllen. Eine Verletzung derartiger Nebenpflichten beeinflusst regelmäßig die nach dem Vertrag vorgesehene Bewirkung der Hauptleistung, hier den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung, und stellt daher eine nicht vertragsgemäße Leistungserbringung im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB dar. Dementsprechend beurteilen sich auch die Verletzungsfolgen - anders als bei den nach § 324 BGB zu behandelnden vertragsbegleitenden nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten - hinsichtlich der Rücktrittsvoraussetzungen nach § 323 BGB (BT-Drs. 14/6040 S. 141, 187; 14/7052 S. 182, 186, 192; ferner Zimmer, NJW 2002, 1, 6; MünchKommBGB /Kramer, BGB, 5. Aufl., § 241 Rdnr. 19; jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, da besondere Umstände im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen, welche angesichts der beschriebenen Pflichtverletzung der Beklagten unter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen sofortigen Rücktritt der Klägerin ohne vorherige Fristsetzung rechtfertigen.
19
(2) Bereits vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes war in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass sich eine Partei nicht am Vertrag festhalten zu lassen braucht, wenn der Vertragspartner bei der Abwicklung des Vertrages durch schuldhaftes Verhalten eine solche Unsicherheit in das Vertragsverhältnis hineinbringt, dass dem vertragstreuen Teil die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann, namentlich wenn dieses Verhalten eine zur Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung führende geschäftliche Unzuverlässigkeit des Vertragspartners erkennen lässt (Senatsurteile vom 19. Februar 1969 - VIII ZR 58/67, WM 1969, 499, unter III; vom 19. Oktober 1977 - VIII ZR 42/76, WM 1977, 1423, unter II 3 a; jeweils m.w.N.). Ein derart vertragsgefährdendes Verhalten konnte sich etwa auch aus einer Verletzung vertraglicher Nebenpflichten wie Auskunfts- und Anzeigepflichten oder sonstigen Mitwirkungspflichten ergeben (Senatsurteil vom 19. Oktober 1977, aaO). Hieran hat sich für die nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geltende Rechtslage nichts Entscheidendes geändert (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 183, 185). Insbesondere in Fällen, in denen der Verkäufer den Käufer bei Vertragsschluss über die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes getäuscht hat, nimmt der Bundesgerichtshof regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Käufers an, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen, und versagt dem Verkäufer deshalb gemäß § 440, § 281 Abs. 2, § 323 Abs. 2 BGB eine Fortsetzung der Vertragsbeziehungen durch Nachbesserung zugunsten eines sofortigen Schadensersatz- oder Rücktrittsrechts des Käufers (Senatsurteile vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 247/06, NJW 2009, 2532, Tz. 17; vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, Tz. 19 f.; BGH, Urteil vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, WM 2007, 1076, Tz. 13, 15).
20
Nichts anderes gilt hier. Die Beklagte hat die Klägerin bereits bei Beginn des Vertragsvollzuges über die von ihr zu bewirkende (Vor-)Leistung getäuscht und die Klägerin zu einer nicht geschuldeten Vorleistung veranlasst. Der dadurch bewirkte Vertrauensverlust in die künftige Leistungstreue der Beklagten wiegt umso schwerer, als auch die Mietkäuferin durch Abgabe einer unzutreffenden Übernahmebestätigung an der Täuschungshandlung mitgewirkt hat, so dass zumindest der Eindruck eines kollusiven Zusammenwirkens beider zum Nachteil der Klägerin auf der Hand liegt. Es kommt hinzu, dass nach der leasing - und mietkauftypischen Vertragskonstruktion, wie sie auch hier gemäß Ziffer 1 und 11 der zwischen den Parteien des Mietkaufvertrages vereinbarten Vertragsbedingungen anzutreffen ist, die r. treuhänderisch mit einer Reihe von Abwicklungsfunktionen von der Klägerin betraut worden ist. Insbesondere ist sie berechtigt worden, für die am Liefervorgang vertragstypisch nicht beteiligte Klägerin die Abnahme der zu liefernden Gegenstände von der Beklagten vorzunehmen und für die Klägerin zu bestätigen (vgl. dazu Senatsurteil vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 36/03, WM 2005, 756, unter II 2 a) sowie im weiteren Verlauf der Vertragsabwicklung für die Klägerin etwaige Gewährleistungsrechte auszuüben und geltend zu machen. Wenn die Mietkäuferin und die Lieferantin deshalb - wie hier - bereits bei Übergabe des Leasinggegenstandes durch Abgabe einer falschen Übernahmebestätigung/Liefererklärung allem Anschein nach kollusiv zum Nachteil der Klägerin zusammengewirkt haben, musste diese greifbar befürchten, dass es auch im Zuge der weiteren Vertragsabwicklung zu gleichartigen Verhaltensweisen kommen würde und ihr Interesse an einer redlichen Vertragsdurchführung nachhaltig gefährdet war. Ein ins Gewicht fallendes gegenläufiges Interesse der Beklagten, trotz ihrer schwer wiegenden Verfehlung am Vertrag festhalten zu können, ist nicht zu erkennen. Die Klägerin war deshalb berechtigt, sich durch sofortigen Rücktritt von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über die zu liefernde Callcenterausstattung zu lösen und die Rückgewähr der von ihr bereits erbrachten Leistungen zu beanspruchen.
21
2. Die Beklagte ist weiterhin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Rückerstattung der von der Klägerin erhaltenen Vermittlungsprovision verpflichtet. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es am Rechtsgrund für die geleistete Provision, weil die Klägerin zu ihrem Provisionsversprechen durch eine arglistige Täuschung der Klägerin veranlasst worden ist und deshalb ihr von der Beklagten gemäß § 151 BGB durch Entgegennahme des Provisionsschecks angenommenes Angebot auf Leistung der Provisionszahlung wirksam angefochten hat (§ 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB). Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt zwar auch unter diesem Gesichtspunkt nicht näher gewürdigt. Der Senat kann dies auf Grund der seiner Nachprüfung unterliegenden tatsächlichen Grundlagen (§ 559 ZPO) aber ebenfalls nachholen, weil die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 2008, aaO).
22
Dass die Klägerin der Beklagten - über eine allgemeine Bereitschaft zur Provisionszahlung hinaus - die geleistete Provision bereits vor Einreichung der Übernahmebestätigung vorab versprochen hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dafür besteht auch sonst kein Anhalt. Die Provision ist der Beklagten vielmehr erst nach Vorlage der von ihr erteilten Rechnung vom 27. Oktober 2005 und der Übernahmebestätigung der r. in der Weise versprochen worden , dass die Klägerin zeitgleich mit der Anweisung des Kaufpreises der Beklagten durch Schreiben vom 31. Oktober 2005 einen über den Provisionsbetrag ausgestellten Scheck "als sichtbares Zeichen unserer Anerkennung" übersandt hat. Bestimmend für dieses Provisionsversprechen war mithin neben der unrichtigen Übernahmebestätigung der r. die wahrheitswidrige Erklärung der Beklagten, dass die Lieferung der näher bezeichneten Callcenterausstattung am 26. Oktober 2005 erfolgt sei. Dementsprechend hat die auch auf die gezahlte Provision gerichtete Anfechtungserklärung der Klägerin vom 16. Januar 2006 das zugrunde liegende Provisionsversprechen gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend vernichtet, so dass der rechtsgrundlos geleistete Provisionsbetrag zurückzugewähren ist.
23
3. Die Klägerin ist jedoch ihrerseits gemäß § 348, § 320 Abs. 1, § 322 Abs. 1 BGB zur Rückgabe der in ihren Besitz gelangten Ausstattungsgegenstände verpflichtet. Auf die dahin gehend von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorsorglich erhobene Einrede ist der Zahlungsausspruch deshalb unter Zurückweisung der weitergehenden Revision auf eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug einzuschränken (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2008 - XII ZR 147/05, WM 2008, 1758, Tz. 13).
24
4. Da die Beklagte den Bestand des mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrages verteidigt und deshalb eine Verpflichtung zur Entgegennahme der ihr von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2006 angebotenen Gegenstände in Abrede nimmt, ist auf Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme im Annahmeverzug befindet, damit die Klägerin gemäß § 322 Abs. 3, § 274 Abs. 2 BGB ihren Anspruch ohne Bewirkung der ihr obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen kann (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 1987 - VIII ZR 206/86, WM 1987, 1496, unter III).

III.

25
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache zu Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Revision der Klägerin ist danach der Klage mit Ausnahme der durch den Zug um ZugVorbehalt bedingten Einschränkung insgesamt stattzugeben. Ball Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.03.2007 - 5 O 355/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 05.06.2008 - 2 U 552/07 -

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.559,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.03.2016 Zug-um-Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Audi A1 Sportback 2.0 TDI, amtliches Kennzeichen: XXX, Fahrgestellnummer: XXX, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich seit dem 24.03.2016 mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

(1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware (§ 241a Absatz 1) kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, der neben dem Verkauf einer Ware die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat.

(2) Für den Verbrauchsgüterkauf gelten ergänzend die folgenden Vorschriften dieses Untertitels. Für gebrauchte Waren, die in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung (§ 312g Absatz 2 Nummer 10) verkauft werden, gilt dies nicht, wenn dem Verbraucher klare und umfassende Informationen darüber, dass die Vorschriften dieses Untertitels nicht gelten, leicht verfügbar gemacht wurden.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.