Landgericht Freiburg Beschluss, 19. Jan. 2017 - 4 T 10/16

bei uns veröffentlicht am19.01.2017

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts Titisee-Neustadt vom 23.12.2015 (XIV 1/15 L) teilweise aufgehoben, soweit dieser den Gewahrsam der Betroffenen am 15.12.2015 zwischen 12.26 Uhr und 16.20 Uhr für unzulässig erklärt.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Das beschwerdeführende Polizeipräsidium wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Titisee-Neustadt vom 23.12.2015 (Aktenseite 45 ff.), soweit dieser feststellt, dass die polizeiliche Ingewahrsamnahme der Betroffenen am 15.12.2015 von 12.26 Uhr bis 16.20 Uhr unzulässig war.
A.
Der Gewahrsamnahme und der richterlichen Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde.
Am Vormittag des 15.12.2015 teilte der Hauptamtsleiter der Gemeinde ... gegenüber dem Polizeiposten ... mit, dass sich im Rathaus der Gemeinde eine betrunkene Frau befinde, die Passanten anpöbele und trotz erfolgter Untersagung im Gebäude rauche und Alkohol konsumiere.
Bei Eintreffen der Polizei verweigerte die Betroffene Angaben zu ihren Personalien und wurde daraufhin von den Beamten zur näheren Überprüfung ihrer Identität um 10.45 Uhr in Gewahrsam genommen und zum Polizeirevier … gebracht. Dort konnte die Identität der Betroffenen geklärt werden. Ein um 11.38 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab 2,42 Promille. Da die Betroffene zudem erhebliche Ausfallerscheinungen zeigte und ihre Haftfähigkeit ärztlich bestätigt wurde, entschloss sich die Polizeibehörde, beim Amtsgericht … Antrag auf Anordnung von Schutzgewahrsam nach § 28 Abs. 1 PolG BW zu stellen.
Wiederholte Bemühungen, einen Richter telefonisch über den Sachverhalt in Kenntnis zu setzen, blieben jedoch erfolglos. Gegen 13.47 Uhr erreichte der Dienstgruppenleiter schließlich den zuständigen Richter, der auf dem Weg in eine Gerichtssitzung war und deshalb die Polizeibehörde bat, einen schriftlichen Gewahrsamsantrag zu übersenden.
Dieser Antrag ging um 15.41 Uhr beim Amtsgericht … ein. Der zuständige Richter befand sich zu diesem Zeitpunkt bei einem auswärtigen Anhörungstermin, so dass sein Vertreter die Betroffene ab 16.00 Uhr im Polizeirevier anhörte. Da ihm die Betroffene trotz fortbestehender Alkoholisierung hinreichend orientiert erschien, lehnte er gegen 16.20 Uhr die Fortdauer des Gewahrsams mündlich ab. Die Betroffene wurde daraufhin entlassen.
Noch am 15.12.2016 bat der erkennende Richter die Polizeibehörde, den Verfahrensverlauf darzulegen, um mit seiner schriftlich zu fassenden Entscheidung auch die Einhaltung des Unverzüglichkeitsgebots des § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG BW überprüfen zu können.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.12.2015 hat das Amtsgericht die mündliche Ablehnung der Fortdauer des Gewahrsams schriftlich begründet und außerdem entschieden, dass der Gewahrsam der Betroffenen am 15.12.2015 zwischen 12.26 Uhr und 16.20 Uhr wegen Verstoßes gegen das Unverzüglichkeitsgebot unzulässig gewesen sei.
Gegen die festgestellte Unzulässigkeit des polizeilichen Gewahrsams hat das Polizeipräsidium … mit Schreiben vom 14.01.2016 Beschwerde eingelegt. Die Behörde vertritt die Auffassung, der polizeiliche Gewahrsam sei rechtmäßig gewesen, insbesondere sei eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam unverzüglich herbeigeführt worden.
10 
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt. Die Betroffene hatte Gelegenheit, sich zur Beschwerdebegründung der Polizeibehörde zu äußern.
B.
11 
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
I.
12 
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere mit Schreiben vom 14.01.2016 (Aktenseite 57 ff.) form- und fristgerecht eingelegt.
13 
Die Polizeibehörde ist beschwerdebefugt, soweit die amtsgerichtliche Entscheidung die behördliche Ingewahrsamnahme für unzulässig, mithin für rechtswidrig, erklärt.
14 
Für eine Behörde besteht zwar grundsätzlich kein eigenes Rechtschutzinteresse, feststellen zu lassen, dass ihr Handeln rechtmäßig gewesen ist (zu § 62 FamFG vgl. BGH FGPrax 2013, 131; für den Fall der Ablehnung einer Ingewahrsamnahme: OLG München, Beschluss vom 02. Februar 2006 - 34 Wx 158/05 -, Rn. 20, juris). Ist aber die Rechtswidrigkeit einer behördlichen Freiheitsentziehung bereits gerichtlich festgestellt, besteht ein anerkennenswertes Interesse des Staates, sich von dem Vorwurf des rechtwidrigen Eingriffs in Freiheitsrechte zu entlasten (BGH, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZB 67/12 -, Rn. 4 a.E., juris; KG Berlin, Beschluss vom 31. Dezember 2003 - 25 W 62/03 -, Rn. 28 ff., juris; OLG Celle, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 16 W 140/04 -, Rn. 16, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 16. Juli 2007 - 3 W 79/07 -, Rn. 21, juris; Jennissen in Prütting/Helms, FamFG, 3. Auflage 2014, § 429 Rn. 13).
II.
15 
Die Beschwerde ist auch begründet.
16 
Für die Entscheidung des Amtsgerichts über die Rechtswidrigkeit des behördlichen Gewahrsams fehlt es an einer wesentlichen Verfahrensvoraussetzung.
17 
Das am 15.12.2015 mit der Gewahrsamssache befasste Amtsgericht war auf den Antrag der Polizeibehörde nach § 28 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 3 und Satz 5 PolG BW nicht berufen, neben der Fortdauer des Gewahrsams zugleich von Amts wegen über die Rechtmäßigkeit des an diesem Tag von 12.26 Uhr bis 16.20 Uhr durchgeführten und zum Zeitpunkt der (mündlichen) Entscheidung des Richters bereits erledigten polizeilichen Gewahrsams zu entscheiden.
18 
Da auch die Betroffene im Laufe des Verfahrens keine entsprechende Feststellung beantragt hat, fehlt es an einer notwendigen Verfahrensvoraussetzung für den Feststellungsausspruch, so dass der angefochtene Beschluss insoweit aufzuheben ist.
19 
1. Das Amtsgericht hatte im Rahmen seiner auf Antrag der Polizei nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 b), Abs. 3 Satz 3 und Satz 5 PolG BW durchzuführenden Prüfung nicht von Amts wegen über die Rechtmäßigkeit des bereits durchgeführten polizeilichen Gewahrsams zu entscheiden.
20 
Wenn - wie vorliegend - die Polizei ohne vorherige richterliche Anordnung eine Person nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 b) PolG BW in Gewahrsam genommen hat, ist gemäß § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG BW unverzüglich eine richterliche Entscheidung „über den Gewahrsam“ herbeizuführen. Der Tatbestand der Vorschrift weicht mit dieser Formulierung zwar sowohl von § 40 Abs. 1 BPolG als auch von anderen landesrechtlichen Vorschriften für den Polizeigewahrsam ab (vgl. etwa § 36 Abs. 1 PolG NRW, § 18 Abs. 1 BayPAG oder § 20 Abs. 1 ThürPAG), erfordert aber auch in Baden-Württemberg - entsprechend Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG - eine richterliche Entscheidung über die „Zulässigkeit und Fortdauer“ des polizeilichen Gewahrsams (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 17. März 2011 - 1 S 2513/10 -, Rn. 31, juris; Belz/Mußmann, PolG BW, 8. Auflage 2015, § 28, Rn. 22).
21 
Die Frage, worauf sich die richterliche Prüfung der Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung im Rahmen der nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG unverzüglich nachzuholenden richterlichen Entscheidung zu beziehen hat, ist allerdings umstritten.
22 
a) Teilweise wird die Ansicht vertreten, das Gericht habe nicht nur über die Fortdauer des Festhaltens, sondern auch über die Zulässigkeit (Rechtmäßigkeit) der bereits seitens der Polizei durchgeführten Maßnahme zu entscheiden (Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Auflage 2015, § 40, Rn. 20; Schenke in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 1. Auflage 2014, § 40 BPolG, Rn. 13; OLG Rostock, aaO., Rn. 31).
23 
b) Die Gegenansicht geht davon aus, das Gericht entscheide nicht von Amts wegen über die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Ingewahrsamnahme, sondern nur darüber, ob dem Betroffenen von dem Zeitpunkt der richterlichen Befassung an, die Freiheit entzogen werden darf. Die richterliche Prüfung zur Zulässigkeit des Gewahrsams betreffe lediglich die Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des Gewahrsams zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Die Beurteilung zur Fortdauer der Freiheitsentziehung beziehe sich dagegen allein auf die in dem konkreten Fall höchstzulässige Dauer des Gewahrsams (Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 3. Auflage 2014, Rn. 349; Belz/Mußmann, PolG BW, 8. Auflage 2015, § 28, Rn. 22).
24 
c) Die letztgenannte Sichtweise, wonach das Gericht nicht zugleich von Amts wegen über die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen polizeilichen Ingewahrsamnahme zu entscheiden hat, ist aus folgenden Gründen zutreffend:
25 
aa) Der Wortlaut von Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, der eine richterliche Entscheidung über die „Zulässigkeit und Fortdauer“ einer Freiheitsentziehung vorschreibt, ist ebenso wie die einfachgesetzlichen Bestimmungen zum polizeilichen Gewahrsam offen. Aus der klaren systematischen Unterscheidung des Grundgesetzes zwischen der richterlichen Anordnung einer Freiheitsentziehung und der vorläufigen Festnahmeverfügung folgt nur, dass die Zulässigkeit und Rechtswirksamkeit beider Akte unabhängig voneinander zu beurteilen ist (vgl. Dürig in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Band VI, Art. 104, Rn. 35). Eine allumfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der unverzüglich nachzuholenden richterlichen Entscheidung wird von Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG nicht gefordert.
26 
Wegen der unterschiedlichen Beurteilungsmöglichkeiten in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des behördlichen und des richterlichen Freiheitsentzugs ist die Auffassung, das Gericht habe lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen der Freiheitsentziehung im konkreten Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen, mit Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich vereinbar (vgl. Dürig in Maunz/Dürig, aaO.).
27 
bb) Diese Sichtweise wird auch den Besonderheiten und dem Sinn und Zweck einer unverzüglich herbeizuführenden richterlichen Entscheidung über den Polizeigewahrsam gerecht.
28 
Für die zu diesem Zeitpunkt durch den Richter selbständig und konstitutiv zu treffende Entscheidung (vgl. BVerfG NJW 1991, 1283) über den weiteren Gewahrsam ist eine Rechtmäßigkeitskontrolle des bisherigen behördlichen Gewahrsams nicht maßgebend. Selbst im Falle eines vorangegangen rechtswidrigen Polizeigewahrsams ist der weitere Gewahrsam - etwa der Schutzgewahrsam für eine hilflose Person bei winterlicher Witterung - richterlich anzuordnen, wenn bei Befassung des Richters nunmehr sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 PolG BW vorliegen.
29 
Hinzu kommt, dass in den Fällen des ohne vorherige richterliche Anordnung angeordneten polizeilichen Gewahrsams die richterliche Entscheidung umgehend und ohne vorwerfbare Säumnis in den engen zeitlichen Grenzen des Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GG zu treffen ist. Die Möglichkeiten für eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle des vorangegangen polizeilichen Gewahrsams - etwa die Überprüfung, ob das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung beachtet wurde - sind daher von vorneherein begrenzt.
30 
Damit bestünde die konkrete Gefahr, dass das Gericht bei der stets binnen maximal 48 Stunden nach der Festnahme zu treffenden Entscheidung über die Fortdauer des Gewahrsams zugleich aufwendige Feststellungen zur Rechtmäßigkeit (oder Rechtswidrigkeit) der bereits durchgeführten behördlichen Maßnahme trifft, ohne deren Umstände - etwa durch eine Stellungnahme der zuständigen Behörde - hinreichend aufklären zu können.
31 
cc) Eine von Amts wegen durchzuführende Rechtmäßigkeitskontrolle der vorangegangenen behördlichen Maßnahme fügt sich auch nicht in das in der VwGO und dem FamFG angelegte System des Rechtschutzes gegen bereits erledigte staatliche Maßnahmen ein. Diese aus Art. 19 Abs. 4 GG resultierende Rechtschutzgarantie setzt vielmehr grundsätzlich einen Antrag des in seinen Grundrechten Betroffenen voraus.
32 
Entsprechend findet eine Rechtmäßigkeitskontrolle von erledigten behördlichen Freiheitsentziehungen, auf die die Vorschriften der §§ 415 ff. FamFG anwendbar sind, gemäß § 428 Abs. 2 FamFG nur auf Antrag statt (Budde in Keidel, FamFG, 18. Auflage 2014, § 428, Rn. 8 ff. ; Jennissen in: Prütting/Helms, aaO., § 428, Rn. 8; Grotkopp in Bahrenfuss, FamFG, 2. Auflage 2013, § 428, Rn. 4).
33 
Eine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle - etwa im Rahmen der unverzüglich herbeizuführenden richterlichen Entscheidung gemäß § 40 Abs. 1 BPolG zum Gewahrsam der Bundespolizei - ließe deshalb keinen eigenständigen Anwendungsbereich für das vom Gesetzgeber antragsgebunden konzipierte Überprüfungsverfahren nach § 428 Abs. 2 FamFG.
34 
Vergleichbare Wertungswidersprüche ergäben sich auch, wenn Betroffene ohne Befassung des Amtsgerichts aus dem polizeilichen Gewahrsam entlassen werden. Wie bei § 428 Abs. 2 FamFG findet in diesen Fällen eine Rechtmäßigkeitskontrolle des polizeilichen Handels nur auf Antrag der Betroffenen im Rahmen einer an das Verwaltungsgericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu richtenden Fortsetzungsfeststellungsklage statt (Belz/Mußmann, aaO., Rn. 27; OVG Bremen NVwZ-RR 2012, 272).
35 
Entsprechendes gilt, wenn das Amtsgericht die Fortdauer des Gewahrsams anordnet. Auch in diesem Fall kann ein Betroffener nach Entlassung die gerichtliche Fortdauerentscheidung nur nach vorheriger Antragsstellung im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 62 FamFG überprüfen lassen.
36 
Tragende und sachliche Gründe, warum bei einer Befassung des Amtsgerichts, das die Fortdauer des weiteren Gewahrsams ablehnt, ausnahmsweise auch ohne Antrag des Betroffenen eine Rechtmäßigkeitskontrolle der vorangegangenen behördlichen Freiheitsentziehung erfolgen sollte, sind nicht ersichtlich.
37 
dd) Ob ein Verfahren zur Feststellung der Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns in analoger Anwendung von § 428 Abs. 2 FamFG beim Amtsgericht … zu führen oder nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO beim Verwaltungsgericht … anzustrengen ist, ist nach der Gesetzesänderung des PolG BW vom 13.03.2014, das eine entsprechende Anwendung der §§ 415 ff. FamFG in § 28 Abs. 4 Satz 2 PolG BW ausdrücklich nicht vorsieht, offen.
38 
In Betracht kommt wegen des fehlenden gesetzlichen Verweises auf das nachgeschaltete Rechtschutzverfahren des § 428 Abs. 2 FamFG die Annahme einer Analogie aufgrund einer planwidrigen Regelungslücke. Hat der Gesetzgeber die Anwendung des nachträglichen Rechtschutzes über § 428 Abs. 2 FamFG durch die Gesetzesänderung bewusst ausgeschlossen (wofür sich aus der Gesetzesbegründung - Landtagsdrucksache 15/2434 vom 02.10.2012 S. 27 f. - nichts ergibt), wäre der verwaltungsgerichtliche Rechtsweg - entgegen der vor dieser Gesetzesänderung und dem Inkrafttreten von § 428 Abs. 2 FamFG ergangenen Rechtsprechung (VGH Mannheim NVwZ 2005, 247) - eröffnet, obwohl bereits eine amtsgerichtliche Entscheidung über den Gewahrsam ergangen ist (vgl. Grotkopp in Bahrenfuss, FamFG, aaO., Rn. 4).
39 
2. Die Frage des zulässigen Rechtswegs kann vorliegend offen bleiben, da die Betroffene keinen Antrag auf nachträgliche Überprüfung der behördlichen Maßnahme gestellt hat. Das Amtsgericht war folglich unter keinen Umständen zu einer Entscheidung berufen.
40 
Ausweislich des Akteninhalts ist das Amtsgericht … ausschließlich auf eigene Initiative in eine Rechtmäßigkeitsprüfung der behördlichen Ingewahrsamnahme eingetreten, indem es das Polizeirevier … aufgefordert hat, zur Frage der unverzüglichen Richtervorführung Stellung zu nehmen und daraufhin am 23.12.2015 den angefochtenen Beschluss erlassen hat.
41 
Die Betroffene hat auch im weiteren Verlauf des Verfahrens keinen Antrag gestellt, die Rechtswidrigkeit des erledigten behördlichen Gewahrsams feststellen zu lassen.
42 
Sie hat sich erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in zwei schriftlichen Stellungnahmen zu der polizeilichen Ingewahrsamnahme geäußert. Ihren Schreiben lässt sich jedoch nur entnehmen, dass sie die Umstände ihrer Ingewahrsamnahme in stark alkoholisiertem Zustand als belastend und beschämend empfunden hat. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der behördlichen Ingewahrsamnahme hat sie nicht in Frage gestellt und folglich auch keine gerichtliche Überprüfung beantragt.
43 
Soweit die Ingewahrsamnahme für unzulässig erklärt wird, ist der angefochtene Beschluss daher aufzuheben.
III.
44 
Gemäß § 81 Abs. 1 FamFG wird von einer Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens abgesehen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.
IV.
45 
Gegen die vorliegende Entscheidung findet keine Rechtbeschwerde statt (vgl. BGH NStZ-RR 2017, 24).

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Januar 2010 – 4 K 2303/09 – wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläg

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(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zwar wird ein Rechtsmittel der beteiligten Behörde in Abschiebungshaftsachen, das sich während des Rechtsbeschwerdeverfahrens erledigt, unzulässig, weil ein Feststellungsantrag analog § 62 FamFG zugunsten der Behörde nicht zulässig ist (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 – V ZB 22/12, zur Veröffentlichung bestimmt). Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor. Vielmehr hat sich die ursprüngliche Beschwerde der Betroffenen während des Beschwerdeverfahrens erledigt. Daraufhin hat das Beschwerdegericht ihrem Feststellungsantrag – als neuer Hauptsache – stattgegeben. Gegen diese Entscheidung wendet sich die beteiligte Behörde in zulässiger Weise. Sie kann zwar nicht die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Haftdurchführung verlangen; ihr Antrag ist aber so auszulegen , dass sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückweisung der Beschwerde erreichen will.

(1) Wird eine Person auf Grund des § 23 Abs. 3 Satz 4, § 25 Abs. 3, § 39 Abs. 1 oder 2 oder § 43 Abs. 5 festgehalten, hat die Bundespolizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen, es sei denn, die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung würde voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen, als zur Durchführung der Maßnahme notwendig wäre.

(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(3) Im Fall des § 39 Abs. 4 hat die ersuchende Behörde der Bundespolizei mit dem Ersuchen auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen. Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Bundespolizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Januar 2010 – 4 K 2303/09 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu den Kosten einer polizeilichen Ingewahrsamnahme.
Am 02.06.2007 fand auf Platz 2 des Wildparkstadions in Karlsruhe eine Regionalligabegegnung zwischen der zweiten Mannschaft des Karlsruher SC und dem SSV Reutlingen statt. Die Reutlinger Fans wurden ab Eintreffen mit der S-Bahn am Durlacher Tor auf ihrem Fußmarsch zum Stadion durch Einsatzkräfte der Polizei begleitet. Gegen 14.00 Uhr wurde die Fangruppe, die auf der Westseite des Adenauerrings entlang des Universitätsgeländes ging, auf Höhe der Fußgängerüberführung Richard-Willstätter-Allee von zum Teil maskierten und vermummten KSC-Fans angegriffen. Dabei wurden eine Rauchbombe gezündet und Flaschen, Steine und Farbeimer gegen die Reutlinger Fans geworfen. Hierbei wurden zwei Polizeibeamte verletzt. Unmittelbar nach der Attacke rannten die Angreifer wieder in das Waldgebiet Richtung Stadion zurück. Von den nachsetzenden Einsatzkräften wurde eine Gruppe von 40 Personen beim Universitätsschwimmbad gestellt und zur Personalienfest-stellung festgehalten. Darunter befand sich auch der Kläger. Da die Polizei nach dem Spiel weitere Angriffe auf die Reutlinger Fans befürchtete, wurde den festgehaltenen Personen zur Verhinderung solcher Störungen der Polizeigewahrsam erklärt mit dem Ziel der Entlassung nach Abreise der Reutlinger Fans. Weil die vorhandenen polizeilichen Transportkapazitäten nicht ausreichten, wurde zum Transport ein Bus der Verkehrsbetriebe Karlsruhe geordert, mit dem die Betroffenen unter Polizeibegleitung zum Zentralgewahrsam des Polizeipräsidiums Karlsruhe in der Moltkestraße gefahren wurden. Nach Abreise der Reutlinger Fans gegen 17.30 Uhr wurden die in Gewahrsam Genommenen sukzessive in Fünfergruppen auf freien Fuß gesetzt.
Das gegen den Kläger eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 06.02.2008 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. In den Gründen hieß es, es bestünden keine Zweifel an einem im Sinne der §§ 125, 125 a StGB tatbestandlichen Verhalten der einzelnen Mitglieder der Karlsruher Gruppe. Auch sprächen in Anbetracht dessen, dass der Kläger sich kurz nach der Tat in der Nähe der Tatörtlichkeit im Bereich des Universitätsgeländes in einer zumindest weitgehend mit der angreifenden Gruppe identischen Gruppe von „Fußballfans“ bewegt habe, gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass er bei den Angreifern dabei gewesen sei. Andererseits könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass tatsächlich eine zumindest teilweise Durchmischung der angreifenden Gruppe mit an den Angriffen nicht beteiligten Personen stattgefunden habe.
Mit einer Ausnahme wurden auch gegen die übrigen in Gewahrsam genommenen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet, die in vier Fällen zu einer Anklageerhebung, in allen anderen Fällen ebenfalls zu einer Einstellung führten. Die vier Angeklagten wurden alle vom Vorwurf des Landfriedensbruchs freigesprochen.
Mit Gebührenbescheid vom 23.07.2007 zog das Polizeipräsidium Karlsruhe den Kläger zu einer Gebühr in Höhe von 93,-- EUR heran (Transport mit dem Polizeifahrzeug: 48,-- EUR; Unterbringung im Polizeigewahrsam: 45,-- EUR). Auch gegen die übrigen 39 in Gewahrsam genommenen Personen ergingen entsprechende Gebührenbescheide.
Am 30.07.2007 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, die Zahlungsaufforderung sei für ihn völlig unverständlich und nicht hinnehmbar. Sie seien grundlos und unschuldig abgeführt worden. Der Transport habe nicht in einem Polizeifahrzeug, sondern in einem für die Reutlinger Fans bereitgestellten Linienbus stattgefunden. Der Einsatz von nur ca. zehn Beamten im Bus habe einen Personalaufwand von 240,-- EUR verursacht, was durch 41 Businsassen dividiert 6,-- EUR pro Person ergebe. Schließlich habe es sich um keinen Polizeigewahrsam gehandelt, vielmehr seien sie lediglich in eine Garage verfrachtet worden.
Mit Schreiben vom 29.09.2008 teilte das Polizeipräsidium Karlsruhe dem Kläger mit, dass der Gebührenbescheid vom 23.07.2007 auf die Gebühr für die Unterbringung im Polizeigewahrsam, mithin auf 45,-- EUR, reduziert werde.
Den im Übrigen aufrecht erhaltenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe - Landespolizeidirektion - mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2009 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für die polizeiliche Ingewahrsamnahme durch den Polizeivollzugsdienst hätten vorgelegen. Die Anwendung von körperlicher Gewalt jeglicher Art gegenüber anderen Personen stelle eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die eingesetzten Beamten hätten davon ausgehen müssen, dass es während oder nach dem Fußballspiel zu neuen Übergriffen gegenüber den Gästefans und weiteren Auseinandersetzungen kommen könnte. Die Ingewahr-samnahme habe der Verhinderung weiterer erheblicher Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gedient und sei unter Berücksichtigung des Verhaltens des Klägers die einzige angemessene Maßnahme gewesen. Die Höhe der Gebühren entspreche den rechtlichen Vorgaben.
Am 11.09.2009 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 23.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.08.2009 aufzuheben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Von der Ingewahrsamnahme seien auch Personen betroffen gewesen, die - wie er - in keinster Weise an den unschönen Vorfällen im Vorfeld des Fußballspiels beteiligt gewesen seien. Er sei an den Auseinandersetzungen weder aktiv beteiligt gewesen noch habe er diese unterstützt. Er habe damit weder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört noch Straftaten begangen. Eine entsprechende Gefahr sei von ihm nicht ausgegangen. Der Beklagte habe seine gegenteilige Behauptung weder dargelegt noch bewiesen. Die bloße Tatsache, dass er sich als Fußballfan auf dem Weg zu einem Fußballspiel befunden habe, in dessen Vorfeld es in der Nähe zu Ausschreitungen gekommen sei, rechtfertige die Ingewahrsamnahme nicht. Deshalb sei auch der Gebührenbescheid aufzuheben.
10 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat ausgeführt, dass gegen den Kläger nach wie vor der Verdacht des Landfriedensbruchs bestehe. Dies ergebe sich auch aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 06.02.2008. Bei der Beurteilung, ob eine unmittelbar bevorstehende Gefahr die Ingewahrsamnahme gerechtfertigt habe, sei eine gruppenbezogene Betrachtung angestellt worden.
11 
Mit Urteil vom 13.01.2010 - 4 K 2303/09 - hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Kosten für die Unterbringung im Polizeigewahrsam dürften dem Kläger auferlegt werden, weil seine Ingewahrsamnahme keinen rechtlichen Bedenken begegne. Sie sei von § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG gedeckt. Da für die inzident zu überprüfende Inge-wahrsamnahme die ex ante-Sicht der Polizei maßgeblich sei und der Kläger aus dieser Sicht zur Gruppe der Störer gehört habe, könne hinsichtlich der Heranziehung zu den Kosten nichts anderes gelten.
12 
Zur Begründung seiner vom Senat mit Beschluss vom 04.11.2010 - 1 S 604/10 - zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Zulassungsverfahren im Wesentlichen vor: Nach den tatsächlichen Feststellungen könne allenfalls davon ausgegangen werden, dass er als sog. Anscheinsstörer anzusehen sei. Ob er als solcher zu Kosten herangezogen werden dürfe, sei aus der ex post-Perspektive zu beantworten. Entscheidend sei, wie sich die Gefahrenlage und ihre Verursachung bei rückwirkender Betrachtung darstellten. Danach erweise sich der Gebührenbescheid als rechtswidrig, weil weder konkret dargelegt noch bewiesen worden sei, dass von dem Kläger eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgegangen sei.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Januar 2010 - 4 K 2303/09 - zu ändern und den Gebührenbescheid des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 23. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. August 2009 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Der Kläger sei nicht lediglich Anscheinsstörer, sondern Mitglied einer Gruppe gewesen, von der eine Störung ausgegangen sei. Zudem könne auch der Anscheinsstörer zu Polizeikosten herangezogen werden, wenn er in zurechenbarer Weise den Anschein der Gefahr veranlasst habe. Dies sei hier der Fall.
18 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe - 150 Js 1317/08 - vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
19 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen im Begründungsschriftsatz ist zulässig und reicht vorliegend für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, weil der Kläger damit hinreichend deutlich macht, weshalb er die Berufung für begründet hält (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1998 - 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117 <122> und Urt. v. 08.03.2004 - 4 C 6.03 - NVwZ-RR 2004, 541).
II.
20 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 23.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage der vom Kläger erhobenen Gebühr in Höhe von 45,-- EUR sind die §§ 1, 3 - 7 LGebG i.V.m. Nr. 15.2.2 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenverordnung Innenministerium vom 26.09.2006 (GBl. S. 300), geändert durch Verordnung vom 10.10.2008 (GBl. S. 402). Die Kosten für die Unterbringung im Polizeigewahrsam durften dem Kläger auferlegt werden, weil seine Ingewahrsamnahme aus der maßgeblichen ex ante-Sicht rechtmäßig war (1.) und er zumindest den Anschein der Störereigenschaft, aufgrund dessen die Polizei ihm gegenüber tätig geworden ist, in zurechenbarer Art und Weise verursacht hat, so dass er auf der Sekundärebene für die Kosten haftet (2.), die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sind (3.).
22 
1. a) Erledigt sich - wie hier - die Ingewahrsamnahme vor Ablauf einer Rechtsbehelfsfrist, so gebietet es die Gewährleistung effektiven Rechtschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, im Rahmen der Überprüfung des Gebührenbescheides auch die zugrundeliegende Amtshandlung einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (vgl. Senatsurteile vom 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - VBlBW 1986, 299 und vom 02.03.1989 -1 S 1952/88 - VBlBW 1989, 299). Da sich vorliegend die Ingewahrsamnahme des Klägers am 02.06.2007 gegen 14.30 Uhr mit seiner Entlassung zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr am selben Tage erledigt hatte und keine amtsrichterliche Entscheidung über den Gewahrsam nach § 28 Abs. 3 PolG getroffen worden war, ist dessen Rechtmäßigkeit somit eine in diesem Verfahren inzident zu prüfende Voraussetzung für die Kostenpflicht des Klägers (vgl. zur Inzidentprüfungskompetenz: Senatsurteil vom 13.05.2004 - 1 S 2052/03 - ESVGH 54, 212 = VBlBW 2004, 376).
23 
b) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung des Klägers war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
24 
c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann. Bei der Ingewahrsamnahme handelt es sich um eine der einschneidendsten polizeilichen Standardmaßnahmen, nämlich um eine die Freiheit der Person nicht nur beschränkende, sondern aufhebende Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00 - BVerfGE 105, 239). Daher ist bei der Anwendung der Vorschrift, insbesondere bei der Prüfung der Erforderlichkeit bzw. der Möglichkeit des Einsatzes anderer geeigneter, milderer Mittel ein strenger Maßstab anzulegen. Die Rechtmäßigkeit der hier zu beurteilenden polizeilichen Maßnahme bestimmt sich allein nach der Gefahrenlage, wie sie sich den Polizeibeamten bei fehlerfreier ex ante-Prognose darstellte (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - VBlBW 2005, 63). Später eingetretene Umstände können daher grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Die von den Polizeibeamten am 02.06.2007 gegenüber dem Kläger erklärte Ingewahrsamnahme hält einer Überprüfung am Maßstab der ex ante-Prognose stand. Es bedarf zunächst keiner näheren Ausführungen, dass die Anwendung von körperlicher Gewalt jeglicher Art gegenüber anderen Personen, wie sie von den Karlsruher SC-Anhängern gegenüber den Reutlinger Fans drohte, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Nicht zu beanstanden ist auch die von der Polizei in fehlerfreier Wahrnehmung ihrer Einschätzungsprärogative getroffene Annahme, es könne während und nach dem Spiel zu neuen Übergriffen gegenüber den Reutlinger Fans und weiteren Auseinandersetzungen kommen.
25 
d) Der Kläger wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörer angesehen. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt. Hierfür genügt es, dass ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (vgl. hierzu eingehend Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - juris Rn. 26 m.w.N.).
26 
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird die Störereigenschaft des Klägers nicht dadurch in Frage gestellt, dass er im Nachhinein behauptet, in keiner Weise an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben. Nach den polizeilichen Feststellungen (vgl. Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe v. 04.06.2007, AS 33 der Ermittlungsakten der StA KA und Schlussvermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe v. 27.12.2007, AS 89 der Ermittlungsakten) gingen die vor Ort befindlichen Polizeikräfte davon aus, dass die Personengruppe, die den Angriff auf die Reutlinger Fans durchführte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit personell identisch mit der Personengruppe war, die beim Universitätsschwimmbad festgehalten und deren Mitgliedern der Gewahrsam erklärt wurde. Andere Personen wie Spaziergänger oder ähnliche hätten sich zu diesem Zeitpunkt nicht an der Örtlichkeit befunden. Unter diesen Umständen durften die Polizeibeamten aus ihrer damaligen Sicht zu Recht davon ausgehen, dass der bei der festgesetzten Gruppe befindliche Kläger zu den Angreifern gehörte. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist angesichts der gebotenen ex ante-Betrachtung ohne Bedeutung. Durch seine Anwesenheit in der fraglichen Personengruppe und durch sein Auftreten, welches dem der übrigen in Gewahrsam genommenen KSC-Anhänger entsprach und nicht den Schluss zuließ, er sei versehentlich als Unbeteiligter in die Gruppe der Störer geraten, hat der Kläger jedenfalls in zurechenbarer Weise den Anschein erweckt, selbst Störer zu sein.
27 
e) Aus der ex ante-Perspektive erweist sich die zur Gefahrenabwehr zweifellos geeignete Ingewahrsamnahme des Klägers in Form des Beseitigungs- bzw. Präventivgewahrsams auch als erforderlich, weil mildere Mittel zur Störungsbeseitigung nicht existierten. Ein Platzverweis nach §§ 1, 3 PolG (jetzt § 27 a PolG), welcher nötigenfalls im Wege des unmittelbaren Zwanges nach §§ 49 Abs. 2, 50 PolG hätte durchgesetzt werden müssen, wäre bei der Gefahr, dass 40 Karlsruher Fans auf mindestens ebenso viele Reutlinger Fans treffen, jedenfalls nicht gleichermaßen geeignet gewesen, die Störung der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen wie die Ingewahrsamnahme. Denn mit den üblicherweise bei einem Fußballspiel vorhandenen Polizeikräften dürfte es kaum möglich sein, derartige Platzverweise auch wirklich zu vollziehen und die Fans getrennt zu halten. Damit kam ein Platzverweis, der grundsätzlich im Verhältnis zur Ingewahrsamnahme für den Betroffenen eine weniger belastende Maßnahme darstellt und daher im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des diesen Grundsatz konkretisierenden § 5 PolG vorrangig zu ergreifen gewesen wäre, hier nicht in Betracht.
28 
Da es sich bei der Ingewahrsamnahme um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, müssen deren rechtliche Voraussetzungen nicht nur beim Erlass, sondern während der Gesamtdauer des Gewahrsams vorliegen. Auch die Aufrechterhaltung des Gewahrsams steht also unter dem Vorbehalt, dass auf andere Weise der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht zu begegnen ist. Dies kommt auch in § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG zum Ausdruck, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht wurde. Daran gemessen begegnet die Aufrechterhaltung des Gewahrsams bis zum Abzug der Reutlinger Fans keinen rechtlichen Bedenken, weil über die gesamte Zeitdauer ein milderes Mittel nicht ernsthaft in Betracht kam.
29 
f) Angesichts des Ausmaßes der bereits eingetretenen und weiterhin zu erwartenden Störungen der öffentlichen Sicherheit war die Ingewahrsamnahme auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
30 
g) Der Gewahrsam des Klägers war schließlich nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
31 
Nimmt die Polizei eine Person nach § 28 Abs. 1 PolG in Gewahrsam, hat sie nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG unverzüglich eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeizuführen. Die Ingewahrsamnahme nach § 28 PolG ist eine Freiheitsentziehung im Sinne der Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 2 GG, so dass besondere verfassungsrechtliche Anforderungen zu beachten sind. Nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG muss der Richter über die Zulässigkeit und Fortdauer der polizeilichen Freiheitsentziehung entscheiden (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 363 m.w.N.). Auch die nachträglich einzuholende Entscheidung nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG bezieht sich auf „den Gewahrsam“, d.h. auf seine Zulässigkeit und seine Fortdauer. Die Mitwirkung des Richters geht nach der Funktion des Richtervorbehalts in Art. 104 Abs. 2 GG über die bloße Kontrolle einer Verwaltungsentscheidung hinaus; der Richter soll nicht allein die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Exekutive über die Freiheitsentziehung prüfen, sondern selbst diese Entscheidung treffen (vgl. Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 104 Rn. 37 m.w.N.). Sind die gesetzlichen Voraussetzungen des Gewahrsams nicht erfüllt, so erklärt der Richter in seiner Entscheidung den Gewahrsam für unzulässig (Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 28 Rn. 22). Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00 - BVerfGE 105, 239 <249> m.w.N.; Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - VBlBW 2005, 63). Ein Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung hat die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme zur Folge (Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 596).
32 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird indes allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist. Dies gilt auch für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - a.a.O., juris Rn. 47 m.w.N.).
33 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher 40 im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 FrhEntzG; jetzt § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG), kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können. Angesichts der Gewahr-samsdauer von drei bis dreieinhalb Stunden, der Anzahl der in Gewahrsam genommenen Personen und des Umstands, dass - da es sich um einen Samstagnachmittag handelte - lediglich ein Bereitschaftsrichter erreichbar gewesen wäre, war die Polizei nicht gehalten, eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeizuführen.
34 
2. Der Kläger, der - wie ausgeführt - zumindest Anscheinsstörer war, hat den Anschein der Störereigenschaft, aufgrund dessen die Polizei ihm gegenüber tätig geworden ist, in zurechenbarer Art und Weise verursacht, so dass er auch auf der Sekundärebene für die Kosten haftet.
35 
Für die Erstattungsfähigkeit von Polizeikosten ist - anders als vom Verwaltungsgericht angenommen - die ex post-Sicht maßgeblich. Kann bei der gebotenen ex post-Betrachtung nicht festgestellt werden, dass der Anscheinsstörer tatsächlich Störer war, so ist er nur dann zum Kostenersatz verpflichtet, wenn er die Anscheinsgefahr oder den Anschein der Störereigenschaft in zurechenbarer Art und Weise verursacht hat (vgl. Senatsurteile vom 20.03.2003 - 1 S 397/01 - juris und vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 - ESVGH 54, 153 = VBlBW 2004, 218; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.05.1990 - 5 S 1842/89 - DVBl 1990, 1047; BayVGH, Urteil vom 26.07.1995 - 22 B 93.271 - DÖV 1996, 82; OVG NRW, Beschluss vom 14.06.2000 - 5 A 95/00 - NVwZ 2001, 1314; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 915 m.w.N.; Sailer in Lisken/Denninger, a.a.O., M 50 f.; Finger, DVBl 2007, 798<800>). Letzteres ist hier der Fall. Der Kläger hielt sich im Vorfeld des Regionalligaspiels zwischen dem Karlsruher SC II und dem SSV Reutlingen am 02.06.2007 kurz nach dem Angriff von KSC-Fans auf anreisende Reutlinger Fans in der Nähe der Tatörtlichkeit im Bereich des Universitätsgeländes in einer zumindest weitgehend mit der angreifenden Gruppe identischen Gruppe von „Fußballfans“ auf. Er protestierte nicht gegen die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen und vermittelte auch im Übrigen nicht den Eindruck, dass er lediglich als Unbeteiligter in die fragliche Gruppe geraten sei. Von einem tatsächlich Unbeteiligten in der Situation des Klägers wäre zu erwarten gewesen, dass er verbal deutlich zum Ausdruck bringt, mit der Gruppe der gewalttätigen Fans nichts zu tun zu haben. Es wird indes nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger sich gegen die Personenfeststellung und die Ingewahrsamnahme verwahrt oder auf andere Weise eine Distanz zu den übrigen Angehörigen der festgesetzten Gruppe zum Ausdruck gebracht hätte. Dies wäre ihm in der konkreten Situation jedoch zumutbar gewesen. Auch seine Einlassung im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsschreiben vom 25.07.2007, Bl. 10 der Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe) enthält keinerlei individuelles Vorbringen, welches den Schluss zulassen könnte, der Kläger sei Unbeteiligter. Die durchweg im Plural gehaltenen Formulierungen in diesem Schreiben („… wurden wir grundlos und unschuldig abgeführt“; „Es ist nicht das erste Mal, dass unschuldige Menschen verschämterweise zur Kasse gebeten werden“) deuten im Gegenteil darauf hin, dass der Kläger sich als Angehöriger der festgesetzten Gruppe, die sich nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zum weit überwiegenden Teil aus Störern zusammensetzte, verstand. Damit hat er auch aus der ex post-Perspektive zumindest den Anschein der Störereigenschaft in zurechenbarer Art und Weise verursacht. Es hat sich nicht etwa im Nachhinein herausgestellt, dass der Kläger Nichtstörer war; vielmehr lässt sich lediglich seine Störereigenschaft nicht mit Sicherheit nachweisen.
36 
3. Was die Höhe der Polizeikosten anbelangt, hat der Kläger zuletzt keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Der Senat sieht keinen Anlass, die Gebühr von 45,-- EUR für den etwa drei Stunden dauernden Gewahrsam zu beanstanden. Die Festsetzung beruht auf Nr. 15.2.2 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenverordnung Innenministerium, wonach für den Aufenthalt in einer Gewahrsamseinrichtung je angefangene 24 Stunden eine Gebühr in dieser Höhe festzusetzen ist. Die vom Kläger angegriffene Widerspruchsgebühr von 24,-- EUR, die sich im unteren Bereich des in Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses vorgesehenen Gebührenrahmens (20 EUR - 5.000 EUR) bewegt, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 17. März 2011
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 69,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
19 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Bezugnahme auf das Zulassungsvorbringen im Begründungsschriftsatz ist zulässig und reicht vorliegend für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, weil der Kläger damit hinreichend deutlich macht, weshalb er die Berufung für begründet hält (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1998 - 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117 <122> und Urt. v. 08.03.2004 - 4 C 6.03 - NVwZ-RR 2004, 541).
II.
20 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 23.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
Rechtsgrundlage der vom Kläger erhobenen Gebühr in Höhe von 45,-- EUR sind die §§ 1, 3 - 7 LGebG i.V.m. Nr. 15.2.2 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenverordnung Innenministerium vom 26.09.2006 (GBl. S. 300), geändert durch Verordnung vom 10.10.2008 (GBl. S. 402). Die Kosten für die Unterbringung im Polizeigewahrsam durften dem Kläger auferlegt werden, weil seine Ingewahrsamnahme aus der maßgeblichen ex ante-Sicht rechtmäßig war (1.) und er zumindest den Anschein der Störereigenschaft, aufgrund dessen die Polizei ihm gegenüber tätig geworden ist, in zurechenbarer Art und Weise verursacht hat, so dass er auf der Sekundärebene für die Kosten haftet (2.), die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden sind (3.).
22 
1. a) Erledigt sich - wie hier - die Ingewahrsamnahme vor Ablauf einer Rechtsbehelfsfrist, so gebietet es die Gewährleistung effektiven Rechtschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, im Rahmen der Überprüfung des Gebührenbescheides auch die zugrundeliegende Amtshandlung einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (vgl. Senatsurteile vom 20.03.1986 - 1 S 2654/85 - VBlBW 1986, 299 und vom 02.03.1989 -1 S 1952/88 - VBlBW 1989, 299). Da sich vorliegend die Ingewahrsamnahme des Klägers am 02.06.2007 gegen 14.30 Uhr mit seiner Entlassung zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr am selben Tage erledigt hatte und keine amtsrichterliche Entscheidung über den Gewahrsam nach § 28 Abs. 3 PolG getroffen worden war, ist dessen Rechtmäßigkeit somit eine in diesem Verfahren inzident zu prüfende Voraussetzung für die Kostenpflicht des Klägers (vgl. zur Inzidentprüfungskompetenz: Senatsurteil vom 13.05.2004 - 1 S 2052/03 - ESVGH 54, 212 = VBlBW 2004, 376).
23 
b) Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme bestehen keine Bedenken. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes folgt aus § 60 Abs. 3 PolG. Eine Anhörung des Klägers war nach § 28 Abs. 2 Nr.1 LVwVfG entbehrlich. Weil der Verwaltungsakt mündlich erlassen wurde, war auch keine Begründung erforderlich (vgl. § 39 Abs. 1 LVwVfG).
24 
c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG lagen vor. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene erhebliche Störung nicht beseitigt werden kann. Bei der Ingewahrsamnahme handelt es sich um eine der einschneidendsten polizeilichen Standardmaßnahmen, nämlich um eine die Freiheit der Person nicht nur beschränkende, sondern aufhebende Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00 - BVerfGE 105, 239). Daher ist bei der Anwendung der Vorschrift, insbesondere bei der Prüfung der Erforderlichkeit bzw. der Möglichkeit des Einsatzes anderer geeigneter, milderer Mittel ein strenger Maßstab anzulegen. Die Rechtmäßigkeit der hier zu beurteilenden polizeilichen Maßnahme bestimmt sich allein nach der Gefahrenlage, wie sie sich den Polizeibeamten bei fehlerfreier ex ante-Prognose darstellte (vgl. Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - VBlBW 2005, 63). Später eingetretene Umstände können daher grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Die von den Polizeibeamten am 02.06.2007 gegenüber dem Kläger erklärte Ingewahrsamnahme hält einer Überprüfung am Maßstab der ex ante-Prognose stand. Es bedarf zunächst keiner näheren Ausführungen, dass die Anwendung von körperlicher Gewalt jeglicher Art gegenüber anderen Personen, wie sie von den Karlsruher SC-Anhängern gegenüber den Reutlinger Fans drohte, eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Nicht zu beanstanden ist auch die von der Polizei in fehlerfreier Wahrnehmung ihrer Einschätzungsprärogative getroffene Annahme, es könne während und nach dem Spiel zu neuen Übergriffen gegenüber den Reutlinger Fans und weiteren Auseinandersetzungen kommen.
25 
d) Der Kläger wurde zu Recht jedenfalls als Anscheinsstörer angesehen. Anscheinsstörer ist, wer ex post betrachtet nicht wirklich eine Gefahr verursacht, aber ex ante betrachtet bei einem fähigen, besonnenen und sachkundigen Polizeibeamten den Eindruck der Gefahrverursachung erweckt. Hierfür genügt es, dass ein Verhalten objektiv geeignet ist, bei Dritten den Eindruck zu erwecken, es drohe ein Schaden für ein polizeilich geschütztes Rechtsgut (Irreführungsrisiko). Selbst wer nicht weiß, dass er von der Polizei beobachtet wird, übernimmt das Risiko dafür, dass aus seinem Verhalten in der Öffentlichkeit auf seine Störereigenschaft geschlossen wird (vgl. hierzu eingehend Senatsurteil vom 14.12.2010 - 1 S 338/10 - juris Rn. 26 m.w.N.).
26 
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird die Störereigenschaft des Klägers nicht dadurch in Frage gestellt, dass er im Nachhinein behauptet, in keiner Weise an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben. Nach den polizeilichen Feststellungen (vgl. Vermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe v. 04.06.2007, AS 33 der Ermittlungsakten der StA KA und Schlussvermerk des Polizeipräsidiums Karlsruhe v. 27.12.2007, AS 89 der Ermittlungsakten) gingen die vor Ort befindlichen Polizeikräfte davon aus, dass die Personengruppe, die den Angriff auf die Reutlinger Fans durchführte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit personell identisch mit der Personengruppe war, die beim Universitätsschwimmbad festgehalten und deren Mitgliedern der Gewahrsam erklärt wurde. Andere Personen wie Spaziergänger oder ähnliche hätten sich zu diesem Zeitpunkt nicht an der Örtlichkeit befunden. Unter diesen Umständen durften die Polizeibeamten aus ihrer damaligen Sicht zu Recht davon ausgehen, dass der bei der festgesetzten Gruppe befindliche Kläger zu den Angreifern gehörte. Ob dies tatsächlich der Fall war, ist angesichts der gebotenen ex ante-Betrachtung ohne Bedeutung. Durch seine Anwesenheit in der fraglichen Personengruppe und durch sein Auftreten, welches dem der übrigen in Gewahrsam genommenen KSC-Anhänger entsprach und nicht den Schluss zuließ, er sei versehentlich als Unbeteiligter in die Gruppe der Störer geraten, hat der Kläger jedenfalls in zurechenbarer Weise den Anschein erweckt, selbst Störer zu sein.
27 
e) Aus der ex ante-Perspektive erweist sich die zur Gefahrenabwehr zweifellos geeignete Ingewahrsamnahme des Klägers in Form des Beseitigungs- bzw. Präventivgewahrsams auch als erforderlich, weil mildere Mittel zur Störungsbeseitigung nicht existierten. Ein Platzverweis nach §§ 1, 3 PolG (jetzt § 27 a PolG), welcher nötigenfalls im Wege des unmittelbaren Zwanges nach §§ 49 Abs. 2, 50 PolG hätte durchgesetzt werden müssen, wäre bei der Gefahr, dass 40 Karlsruher Fans auf mindestens ebenso viele Reutlinger Fans treffen, jedenfalls nicht gleichermaßen geeignet gewesen, die Störung der öffentlichen Sicherheit zu beseitigen wie die Ingewahrsamnahme. Denn mit den üblicherweise bei einem Fußballspiel vorhandenen Polizeikräften dürfte es kaum möglich sein, derartige Platzverweise auch wirklich zu vollziehen und die Fans getrennt zu halten. Damit kam ein Platzverweis, der grundsätzlich im Verhältnis zur Ingewahrsamnahme für den Betroffenen eine weniger belastende Maßnahme darstellt und daher im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des diesen Grundsatz konkretisierenden § 5 PolG vorrangig zu ergreifen gewesen wäre, hier nicht in Betracht.
28 
Da es sich bei der Ingewahrsamnahme um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, müssen deren rechtliche Voraussetzungen nicht nur beim Erlass, sondern während der Gesamtdauer des Gewahrsams vorliegen. Auch die Aufrechterhaltung des Gewahrsams steht also unter dem Vorbehalt, dass auf andere Weise der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht zu begegnen ist. Dies kommt auch in § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG zum Ausdruck, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht wurde. Daran gemessen begegnet die Aufrechterhaltung des Gewahrsams bis zum Abzug der Reutlinger Fans keinen rechtlichen Bedenken, weil über die gesamte Zeitdauer ein milderes Mittel nicht ernsthaft in Betracht kam.
29 
f) Angesichts des Ausmaßes der bereits eingetretenen und weiterhin zu erwartenden Störungen der öffentlichen Sicherheit war die Ingewahrsamnahme auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
30 
g) Der Gewahrsam des Klägers war schließlich nicht wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung rechtswidrig.
31 
Nimmt die Polizei eine Person nach § 28 Abs. 1 PolG in Gewahrsam, hat sie nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG unverzüglich eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeizuführen. Die Ingewahrsamnahme nach § 28 PolG ist eine Freiheitsentziehung im Sinne der Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 Abs. 2 GG, so dass besondere verfassungsrechtliche Anforderungen zu beachten sind. Nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG muss der Richter über die Zulässigkeit und Fortdauer der polizeilichen Freiheitsentziehung entscheiden (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl., Rn. 363 m.w.N.). Auch die nachträglich einzuholende Entscheidung nach § 28 Abs. 3 Satz 3 PolG, Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG bezieht sich auf „den Gewahrsam“, d.h. auf seine Zulässigkeit und seine Fortdauer. Die Mitwirkung des Richters geht nach der Funktion des Richtervorbehalts in Art. 104 Abs. 2 GG über die bloße Kontrolle einer Verwaltungsentscheidung hinaus; der Richter soll nicht allein die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Exekutive über die Freiheitsentziehung prüfen, sondern selbst diese Entscheidung treffen (vgl. Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., Art. 104 Rn. 37 m.w.N.). Sind die gesetzlichen Voraussetzungen des Gewahrsams nicht erfüllt, so erklärt der Richter in seiner Entscheidung den Gewahrsam für unzulässig (Belz/Mußmann, PolG für BW, 7. Aufl., § 28 Rn. 22). Das Merkmal der „Unverzüglichkeit“ im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG ist dahin auszulegen, dass die richterliche Entscheidung ohne jede Verzögerung, die sich nicht aus sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, nachgeholt werden muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.05.2002 - 2 BvR 2292/00 - BVerfGE 105, 239 <249> m.w.N.; Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - VBlBW 2005, 63). Ein Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung hat die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme zur Folge (Rachor in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., F 596).
32 
Eine Ausnahme von der in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Pflicht zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung wird indes allgemein angenommen, wenn eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst ergehen kann, wenn der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist. Dies gilt auch für den polizeirechtlichen Gewahrsam: Mit Blick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 PolG, wonach der Gewahrsam aufzuheben ist, sobald sein Zweck erreicht ist, ist eine richterliche Entscheidung nicht einzuholen oder abzuwarten, wenn dadurch die Dauer des Gewahrsams verlängert würde (Senatsurteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 - a.a.O., juris Rn. 47 m.w.N.).
33 
An diesem Maßstab gemessen lässt sich hier ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur unverzüglichen Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung nicht feststellen. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher 40 im Gewahrsam befindlicher Personen vorausgesetzt hätte (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 FrhEntzG; jetzt § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG), kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine richterliche Entscheidung hinsichtlich aller festgehaltenen Personen vor dem für die Freilassung vorgesehenen Zeitpunkt hätte ergehen können. Angesichts der Gewahr-samsdauer von drei bis dreieinhalb Stunden, der Anzahl der in Gewahrsam genommenen Personen und des Umstands, dass - da es sich um einen Samstagnachmittag handelte - lediglich ein Bereitschaftsrichter erreichbar gewesen wäre, war die Polizei nicht gehalten, eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeizuführen.
34 
2. Der Kläger, der - wie ausgeführt - zumindest Anscheinsstörer war, hat den Anschein der Störereigenschaft, aufgrund dessen die Polizei ihm gegenüber tätig geworden ist, in zurechenbarer Art und Weise verursacht, so dass er auch auf der Sekundärebene für die Kosten haftet.
35 
Für die Erstattungsfähigkeit von Polizeikosten ist - anders als vom Verwaltungsgericht angenommen - die ex post-Sicht maßgeblich. Kann bei der gebotenen ex post-Betrachtung nicht festgestellt werden, dass der Anscheinsstörer tatsächlich Störer war, so ist er nur dann zum Kostenersatz verpflichtet, wenn er die Anscheinsgefahr oder den Anschein der Störereigenschaft in zurechenbarer Art und Weise verursacht hat (vgl. Senatsurteile vom 20.03.2003 - 1 S 397/01 - juris und vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 - ESVGH 54, 153 = VBlBW 2004, 218; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.05.1990 - 5 S 1842/89 - DVBl 1990, 1047; BayVGH, Urteil vom 26.07.1995 - 22 B 93.271 - DÖV 1996, 82; OVG NRW, Beschluss vom 14.06.2000 - 5 A 95/00 - NVwZ 2001, 1314; Würtenberger/Heckmann, a.a.O. Rn. 915 m.w.N.; Sailer in Lisken/Denninger, a.a.O., M 50 f.; Finger, DVBl 2007, 798<800>). Letzteres ist hier der Fall. Der Kläger hielt sich im Vorfeld des Regionalligaspiels zwischen dem Karlsruher SC II und dem SSV Reutlingen am 02.06.2007 kurz nach dem Angriff von KSC-Fans auf anreisende Reutlinger Fans in der Nähe der Tatörtlichkeit im Bereich des Universitätsgeländes in einer zumindest weitgehend mit der angreifenden Gruppe identischen Gruppe von „Fußballfans“ auf. Er protestierte nicht gegen die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen und vermittelte auch im Übrigen nicht den Eindruck, dass er lediglich als Unbeteiligter in die fragliche Gruppe geraten sei. Von einem tatsächlich Unbeteiligten in der Situation des Klägers wäre zu erwarten gewesen, dass er verbal deutlich zum Ausdruck bringt, mit der Gruppe der gewalttätigen Fans nichts zu tun zu haben. Es wird indes nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger sich gegen die Personenfeststellung und die Ingewahrsamnahme verwahrt oder auf andere Weise eine Distanz zu den übrigen Angehörigen der festgesetzten Gruppe zum Ausdruck gebracht hätte. Dies wäre ihm in der konkreten Situation jedoch zumutbar gewesen. Auch seine Einlassung im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsschreiben vom 25.07.2007, Bl. 10 der Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe) enthält keinerlei individuelles Vorbringen, welches den Schluss zulassen könnte, der Kläger sei Unbeteiligter. Die durchweg im Plural gehaltenen Formulierungen in diesem Schreiben („… wurden wir grundlos und unschuldig abgeführt“; „Es ist nicht das erste Mal, dass unschuldige Menschen verschämterweise zur Kasse gebeten werden“) deuten im Gegenteil darauf hin, dass der Kläger sich als Angehöriger der festgesetzten Gruppe, die sich nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zum weit überwiegenden Teil aus Störern zusammensetzte, verstand. Damit hat er auch aus der ex post-Perspektive zumindest den Anschein der Störereigenschaft in zurechenbarer Art und Weise verursacht. Es hat sich nicht etwa im Nachhinein herausgestellt, dass der Kläger Nichtstörer war; vielmehr lässt sich lediglich seine Störereigenschaft nicht mit Sicherheit nachweisen.
36 
3. Was die Höhe der Polizeikosten anbelangt, hat der Kläger zuletzt keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben. Der Senat sieht keinen Anlass, die Gebühr von 45,-- EUR für den etwa drei Stunden dauernden Gewahrsam zu beanstanden. Die Festsetzung beruht auf Nr. 15.2.2 des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenverordnung Innenministerium, wonach für den Aufenthalt in einer Gewahrsamseinrichtung je angefangene 24 Stunden eine Gebühr in dieser Höhe festzusetzen ist. Die vom Kläger angegriffene Widerspruchsgebühr von 24,-- EUR, die sich im unteren Bereich des in Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses vorgesehenen Gebührenrahmens (20 EUR - 5.000 EUR) bewegt, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
III.
37 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
38 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
39 
Beschluss vom 17. März 2011
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 69,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Wird eine Person auf Grund des § 23 Abs. 3 Satz 4, § 25 Abs. 3, § 39 Abs. 1 oder 2 oder § 43 Abs. 5 festgehalten, hat die Bundespolizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen, es sei denn, die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung würde voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen, als zur Durchführung der Maßnahme notwendig wäre.

(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(3) Im Fall des § 39 Abs. 4 hat die ersuchende Behörde der Bundespolizei mit dem Ersuchen auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen. Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Bundespolizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen.

(2) Wird eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 angefochten, ist auch hierüber im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.

(1) Wird eine Person auf Grund des § 23 Abs. 3 Satz 4, § 25 Abs. 3, § 39 Abs. 1 oder 2 oder § 43 Abs. 5 festgehalten, hat die Bundespolizei unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen, es sei denn, die Herbeiführung der richterlichen Entscheidung würde voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen, als zur Durchführung der Maßnahme notwendig wäre.

(2) Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person festgehalten wird. Das Verfahren richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(3) Im Fall des § 39 Abs. 4 hat die ersuchende Behörde der Bundespolizei mit dem Ersuchen auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen. Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Bundespolizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.

(1) Bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen.

(2) Wird eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 angefochten, ist auch hierüber im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen.

(2) Wird eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 angefochten, ist auch hierüber im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, hat die zuständige Verwaltungsbehörde die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen.

(2) Wird eine Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 angefochten, ist auch hierüber im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.