Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden der Beschwerdeführerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 26.05.2015 - 8 IN 249/13 - werden zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Insolvenzverwalter aufgrund eines Antrags der Gläubigerversammlung nach § 59 InsO zu entlassen ist. Die beiden Beschwerdeführerinnen sind Gläubigerinnen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der C GmbH, deren Insolvenzverwalter der Beschwerdegegner ist. In dem Verfahren mit rund 130 Gläubigern verfügt die Beschwerdeführerin Ziff.1 über die Forderungsmehrheit, sie ist allerdings gleichzeitig Hauptanfechtungsgegnerin.
Nach den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts ist im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
„Die im Mai 1998 gegründete Schuldnerin stellte, vertreten durch ihren Geschäftsführer G am 26.07.2013 Insolvenzantrag und schlug vor, X zum vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestimmen. Sie wies darauf hin, dass zu der Kanzlei in den letzten 15 Jahren kein Mandatsverhältnis bestanden habe. Am 29.07.2013 wurde X zum vorläufigen (starken) Insolvenzverwalter bestellt und auch mit der Erstellung eines Gutachtens über das Vorliegen eines Insolvenzgrundes und einer kostendeckenden Masse beauftragt. Den ihm gleichzeitig übersandte „BAKInsO-Fragebogen zur Unabhängigkeit des Verwalters“ hat er unter dem 29.07.2013 ausgefüllt und unterschrieben zurückgereicht. Im Anschreiben führte er aus:
Zu Punkt 3 des Fragebogens darf ich anmerken, dass die Fa. C GmbH im Jahre 1997 unter Mitwirkung unseres Hauses gegründet worden ist. In diesem Zusammenhang wurde eine Vergütung vom Gesellschafter des Unternehmens bezahlt.
Seit der Gründung der Gesellschaft bestanden zur C GmbH sowie deren Gesellschafter und Organe keinerlei mittelbare oder unmittelbare Mandatsverhältnisse mehr.
Hiervon möchte ich Ihnen in Ergänzung des Fragebogens Kenntnis geben.“
Ansonsten hatte er bis auf die Fragen 3 (Vergütungsvereinbarungen und geschäftliche Beziehungen) und 11 (externen Überprüfung) alle Fragen des Fragebogens mit „nein“ beantwortet.
Am 01.10.2013 hat das Amtsgericht Freiburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und X zum Insolvenzverwalter ernannt. Das Unternehmen der Schuldnerin wurde vom Insolvenzverwalter zum 01.01.2014 verkauft.
Unter dem 24.10.2013 beantragte X die Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 1.312.235,61 EUR festzusetzen und ging dabei von einer Bemessungsgrundlage von 116.343.812,00 EUR sowie Zuschlägen von 75% auf die Regelvergütung aus. In die Berechnung des verwalteten Vermögens hatte er Anfechtungsansprüche von 64.120.000,00 EUR eingestellt. Unter dem 03.12.2013 korrigierte er seinen Vergütungsantrag auf 2.860.665,99 EUR und legt diesem nunmehr ein verwaltetes Vermögen von 375.134.296,00 EUR sowie - insoweit gleichbleibend - Zuschläge von 75% zu Grunde. Die Berechnungsgrundlage ermittelte er unter Einbeziehung von Anfechtungsansprüche in Höhe von 318.598.000,00 EUR auf der Basis eines von ihm eingeholten, von Prof. Dr. B unter dem 12.11.2013 vorgelegten Gutachtens zu Anfechtungsansprüchen der Schuldnerin. Mit Beschluss vom 03.01.2014 setzte das Amtsgericht die Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 1.359.128,60 EUR fest und ging von einer verwalteten Masse von 375.134.296,00 EUR und einem Zuschlag zur Regelvergütung von 22,5% aus. Bei der Entscheidung folgte es ausdrücklich nicht dem BGH (Beschluss vom 23.09.2010, IX ZB 204/09), wonach Anfechtungsansprüche des späteren Insolvenzverwalters im Rahmen der Honorierung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei der Berechnung der verwalteten Masse nicht zu berücksichtigen seien. Gegen diese Entscheidung legten die Gläubigerin S GmbH und X jeweils sofortige Beschwerde ein. Am 27.02. und 06.06.2014 entnahm X insgesamt 833.000,00 EUR auf den Vergütungsanspruch aus der Masse. Unter dem 12.06.2014 reduzierte das Amtsgericht die Vergütungsfestsetzung auf 792.755,81 EUR (60 % des Regelsatzes) und legte die Akte zur Bescheidung der sofortigen Beschwerden, soweit ihnen nicht abgeholfen wurde, dem Landgericht vor. Nunmehr ging das Amtsgericht von einer Bemessungsgrundlage für das verwaltete Vermögen von 116.343.812,00 EUR aus, da Anfechtungsansprüche nicht zu berücksichtigen seien und gewährt zur Regelvergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters (25%) Zuschläge von 35%. Unter dem 09.03.2015 korrigierte X seinen Vergütungsantrag für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 1.343.703,43 EUR unter Zugrundelegung einer verwalteten Masse von 121.682.509,00 EUR. Ausweislich des dem Antrag beigelegten Vermögensstatus bezog er in die Berechnungsgrundlage Anfechtungsansprüche von 98.598.000,00 EUR ein. Er hält daran fest, dass Zuschläge von 75% zur regelmäßigen Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters angemessen seien. Unter dem 09.03.2015 korrigierte X den Vergütungsantrag für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter ein weiteres Mal und beantragt nunmehr die Festsetzung von 1.476.359,33 EUR unter Zugrundelegung einer verwalteten Masse von 142.477.530,00 EUR wobei der in Bezug genommene Vermögensstatus dem Schreiben nicht beigelegt war. Mit Beschluss vom 02.04.2015 hat das Landgericht Freiburg die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf 234.044,52 EUR festgesetzt und die weitergehenden Beschwerden zurückgewiesen. Es ist dabei von einer verwalteten Masse von 23.084.509,00 EUR und Zuschlägen zur 25%igen Regelvergütung von 60% ausgegangen, wobei es jedoch den Regelsatz der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters nur um den Faktor 1,6 auf 40% angehoben hat und kam so zu einer Nettovergütung von 196.676,07 EUR, Auslagen von 500,00 EUR und Umsatzsteuer von 37.368,45 EUR. X hat gegen den Beschluss „Anhörungsrüge“ erhoben, die noch nicht beschieden ist. Die Überentnahme hat X nach ausdrücklicher Aufforderung durch das Gericht vom 30.04.2015 am 14.05.2015 auf das Insolvenzanderkonto (zzgl. Zinsen von 26.585,96 EUR) zurückgezahlt.
10 
Die S GmbH ist Hauptgläubigerin der Schuldnerin (gegen die bisher Forderungen von insgesamt ca. 121 Mio. EUR angemeldet wurden) mit einer zur Tabelle für den Ausfall festgestellten Forderung von 68.247.957,05 Mio. (und einer weiteren bestrittenen Forderung von 200.708,38 EUR). Ihre Forderung beruht darauf, dass die Schuldnerin sie seit 2009 im Rahmen des damals abgeschlossenen Factoring-Vertrags systematisch durch den Verkauf von Scheinforderungen betrogen hatte, was die insoweit wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs in 500 Fällen strafrechtlich verfolgten Herren G und L grundsätzlich auch (bis auf die konkrete Schadenshöhe) einräumen. Die S GmbH ist der Auffassung, dass zumindest ein Teil der Gelder - entgegen den Einlassungen der Beschuldigten, die eine persönliche Bereicherung bestreiten - beiseite geschafft worden und für diese noch zugänglich seien. Im April 2015 wurde eine Klage von X als Insolvenzverwalter der C GmbH gegen die S GmbH wegen der Masse (angeblich) zustehender Anfechtungsansprüche in Höhe von 67.343.234,29 EUR rechtshängig (LG Stuttgart 27 O 87/15).
11 
Über das Vermögen von Herrn G wurde am 14.10.2014 (8 IN 106/14), über das des Herrn L (vormals Prokurist der Schuldnerin) wurde am 02.10.2014 (Az.: 8 IN 107/14) und über das des Herrn C (vormals Mitarbeiter in der Buchhaltung der Schuldnerin) wurde am 28.10.2014 (Az.: 8 IK 473/14) jeweils das Insolvenzverfahren eröffnet. In den drei Verfahren hat X Forderungen der C GmbH von 50.000.000,00 EUR mit dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in gesamtschuldnerischer Haftung angemeldet, die zur Zeit hinsichtlich der Höhe nicht aber hinsichtlich des Rechtsgrundes bestritten sind.
12 
Im Dezember 2014 wurde dem Gericht durch eine mündliche Mitteilung der S GmbH und durch daraufhin durchgeführte eigene Ermittlungen bekannt, dass X aufgrund eines Treuhandvertrages mit Herrn G vom 02.09.1998 - rückwirkend auf den 07.05.1998 - bis zum 16.01.2003 Gesellschafter der Schuldnerin gewesen ist und zum Schluss einen Gesellschaftsanteil im Nominalwert von 53.900,00 EUR hielt. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27.02.2002 wurde das Stammkapital der Gesellschaft von DM auf EUR umgestellt und um 58.870,81 EUR auf 110.000,00 EUR erhöht. Durch weiteren Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.07.2010 wurde das Stammkapital auf 1.000.000,00 EUR aus Gesellschaftsmitteln erhöht. Zudem wurde bekannt, dass X Herrn G Ende der 90ger Jahren duzte und für ihn noch in 2001 steuerberatend tätig wurde. Seitens der S GmbH wurde auch moniert, dass X in 2014 zu Lasten der Masse die P Wirtschaftsprüfung GmbH, bei der er selber kurz zuvor zum Geschäftsführer berufen wurde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt habe, ohne dieses dem Gericht angezeigt zu haben. X wurde zu den Sachverhalten angehört und teilte unter dem 09.02.2015 mit, dass er die frühere Beratung der Schuldnerin von sich aus dem Gericht mitgeteilt habe; das Mandatsverhältnis sei nach einem Zerwürfnis einer damaligen Angestellten der Schuldnerin und einem Mitarbeiter seines Hauses in 2003 beendet worden. Er versicherte an Eides statt, dass - gerechnet ab seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter - von ihm zur Schuldnerin oder deren Organe seit mehr als 10 Jahren kein geschäftlicher und persönlicher Kontakt mehr bestanden habe. Er habe auch im Vorfeld der Insolvenzantragsstellung zur Gesellschaft oder deren Organen keinen Kontakt gehabt und sei lediglich aus der Kanzlei G gefragt worden, ob er das Amt des Insolvenzverwalters übernehmen könne. Er führte dann weiter aus:
13 
„Zwar ist es zutreffend dass ich Herrn G seinerzeit geduzt habe, den ich während meiner Tätigkeit als Angestellter der Kanzlei H in den Jahren 1992 bis 1994 kennen gelernt habe. Herr G war damals als Angestellter einer Mandantin von H. Zu Herrn G bestand jedoch kein Mandatsverhältnis.
14 
Eine freundschaftliche Verbindung ergibt sich hieraus nicht. Eine solche bestand auch nicht, was ich hiermit ebenfalls versichere.
15 
Und soweit ich Herrn G seinerzeit zum Geburtstag gratuliert habe darf ich darauf verweisen, dass dieses in unserem Hause durchaus üblich war und ist.
16 
Die hierbei von mir verwendete Glückwunschformel gebrauche ich - offensichtlich seit Jahren - so gut wie in allen Fällen, unabhängig davon, ob ich einen Mandanten duze oder nicht.
17 
Für meine Stellung als Organ der P Wirtschaftsprüfung GmbH bekam und bekomme ich kein Entgelt und werde auch nicht in irgendeiner anderen Form am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt. Auch besteht kein Anstellungs- oder sonstiges Vertragsverhältnis, das über meine Stellung als Organ hinausgeht.
18 
Vorstehendes versichere ich an Eides statt.“
19 
Weiter erklärte X, Ansprüche der Masse gegen die Herren L und G gesichert zu haben, in dem er von ihnen ein notarielles Schuldanerkenntnis erwirkt habe, die Werthaltigkeit der Forderung geprüft habe und in deren Insolvenzverfahren aus „vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“ in Höhe von 70 Mio EUR zur Masse angemeldet zu haben. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sei auch die Ermittlung, ob und ggf. in welcher Höhe die Herren Vermögen der Schuldnerin „beiseite geschafft“ hätten (wofür es konkrete Anhaltspunkte gegeben haben, die durch die von der S GmbH eingeschaltete PWC bisher aber nicht haben bestätigt werden können), obwohl diese Ansprüche wegen der Insolvenzverfahren über deren Vermögen kaum werthaltig sein dürften. Im Rahmen der damals engen Kooperation mit der S GmbH sei diese auch vorab über die Beauftragung der P Wirtschaftsprüfung GmbH mit der Untersuchung des Wareneinsatzes informiert worden, ohne dass dieses zu einer Beanstandung geführt habe. Das Unternehmen habe aufgedeckt, dass Zahlungen der Schuldnerin an die S GmbH verschleiert worden seien, was dieser im Dezember 2014 mitgeteilt worden sei und dann wohl die jetzigen Vorhaltungen ausgelöst hätten. Zum Auskunftsverlangen der S GmbH vom 28.01.2015 teilte X dem Gericht mit, dass die Kassenprüfung durch den Gläubigerausschuss bisher zu keinen Beanstandungen geführt habe. Die geänderten Jahresabschlüsse der Schuldnerin lägen wegen einer laufenden Umsatzsteuersonderprüfung des Finanzamtes und der Notwendigkeit den bisherigen Abschlussprüfer, gegen den Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, auszutauschen, noch nicht vor. Eine Einigung mit der S GmbH über die konkrete Höhe einer Forderung, die auf einer Fehlleitung von Zahlungen der Kunden der Schuldnerin nach Insolvenzeröffnung beruhe, habe nicht stattgefunden. Man habe lediglich Daten ausgetauscht, die wechselseitig noch überprüft werden sollten. Die Weiterbeschäftigung von Herrn L sei in Absprache mit dem Gläubigerausschuss erfolgt und von der S GmbH bisher auch nicht beanstandet worden.
20 
Unter dem 09.02.2015 teilte das Gericht X formlos mit, dass es auf der Basis seiner Stellungnahme die Voraussetzungen des § 59 InsO als nicht gegeben ansehe.
21 
Am 17.04.2015 hat die auf Verlangen der S GmbH einberufene Gläubigerversammlung beantragt, X aus dem Amt des Insolvenzverwalters zu entlassen.
22 
Grundlage des Antrags der Gläubigerversammlung war ein wiederholt ergänzter und präzisierter Beschlussentwurf der S GmbH vom 05.03.2015, in dem X fehlende Unabhängigkeit und mehrere Pflichtverletzungen wie folgt vorgeworfen werden:
23 
- So sei X nicht unabhängig, weil er Gesellschafter der Schuldnerin gewesen sei und in dieser Zeit als Treuhänder weitere Geschäftsanteile erworben, in 2002 eine (erste) Kapitalerhöhung durchgeführt und dabei nicht nur für sich selbst, sondern auch mit schriftlicher Vollmacht für die anderen Gesellschafter gehandelt habe, somit in einem Rechtsverhältnis auch mit diesen gestanden habe. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter habe er deshalb auch Ansprüche gegen sich selbst zu prüfen, weil auch ein Gesellschafter, der die Beteiligung treuhänderisch halte, für die Aufbringung des Stammkapitals zeitlich unbefristet hafte. Zudem habe X die Kapitalerhöhung für seinen damaligen Mandanten und Treugeber Herrn G vorbereitet und könne wegen § 43a Abs. IV BRAO keine Ansprüche gegen ihn prüfen, was ihn als Insolvenzverwalter inhabil mache. X habe auch gewusst, dass Herr G damals eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen eines Wirtschaftsdeliktes (Abgabenhinterziehung in 31 Fällen) verbüßt habe, was einen Zusammenhang zwischen der Abtretung des Geschäftsanteils und der Freiheitsstrafe sowie als deren Zweck die Verschleierung von Vermögenswerten Herrn G vermuten lasse. Daraus ergebe sich zumindest der Anschein einer besonderen Verbundenheit zu dem Schuldnerunternehmen und dessen Gesellschafter und Geschäftsführer über das reine Mandatsverhältnis hinaus, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass die Schuldnerin nur über wenige Gesellschafter (1998 noch vier weitere neben G/X, 2003 nur noch ein weiterer) verfüge, so dass eine enge persönliche Verbundenheit auch deshalb nahe liege. Es sei insoweit ein besonders strenger Maßstab bei der Beurteilung der Unabhängigkeit des Verwalters anzuwenden, da es sich bei der Insolvenz um eine „Kriminalinsolvenz“ handle, bei der es auch darum ginge, Haftungsansprüche gegen die Geschäftsleitung zu prüfen und durchzusetzen, wobei sich ein Verwalter, der mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin und dessen Ehefrau persönlich verbunden sei, möglicherweise schwer tue.
24 
- Darüber hinaus seien X die folgenden Pflichtverletzungen vorzuwerfen:
25 
- Er habe seine Anzeigepflichten gegenüber dem Insolvenzgericht verletzt indem er seine frühere Stellung als Treuhandgesellschafter, seine steuerliche Tätigkeit für Herrn und Frau G bis 2001 und seine persönliche Beziehung zu diesen nicht offenbart habe. Darüber hinaus habe er den Fragebogen des Insolvenzgerichts zur Unabhängigkeit des Verwalters bewusst unzutreffend beantwortet und einen durch die falschen Angaben der Schuldnerin im Eröffnungsantrag hervorgerufenen Irrtum des Gerichts über den Umfang seiner Beziehungen zu dieser, nicht aufgeklärt, weil er nicht offenbart habe, Gesellschafter der Schuldnerin gewesen zu sein, dem Geschäftsführer der Schuldnerin bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 beraten zu haben (Umsatzvolumen der 3 Rechnungen: 1.149,45 EUR) und mit dem Gesellschafter der Schuldnerin bis Januar 2003 in geschäftlicher Beziehung (Treuhandverhältnis) gestanden zu haben sowie die freundschaftliche Beziehung zu diesem und dessen Frau verschwiegen zu haben.
26 
- X habe zudem in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die P Wirtschaftsprüfung GmbH beauftragt, als Dienstleister Tätigkeiten im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin zu erbringen, nämlich Anfechtungsansprüche zu prüfen, und habe das Insolvenzgericht und den Gläubigerausschuss nicht darüber informiert, dass er zum Zeitpunkt der Beauftragung selbst Geschäftsführer der P Wirtschaftsprüfung GmbH gewesen sei. Wegen der (vormaligen) Beteiligung von X an der Schuldnerin und seiner (damaligen) Geschäftsbeziehung zum damals wegen einer Steuerstraftat inhaftierten jetzigen Geschäftsführers der Schuldnerin sei auch fraglich, ob gerade ein von X vertretener Dienstleister in der Lage sei, Vermögensverschiebungen schonungslos aufzuklären.
27 
- X habe den Beschuldigten L, vormals Prokurist der Schuldnerin, zur Aufarbeitung der schuldnerischen Buchhaltung herangezogen, ohne dessen Tätigkeit hinreichend zu überwachen. Herr L sei Beschuldigter in einem von der Staatsanwaltschaft Mannheim geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des Betruges und habe damit bei Aufarbeitung der Buchhaltung andere, von den Gläubigern verschiedene Interessen, verschweige im Übrigen den Verbleib der betrügerisch erlangten Geldern und mache keine Angaben zu seiner persönlichen Bereicherung.
28 
- X habe seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter unter Berücksichtigung von Anfechtungsansprüchen in der Berechnungsgrundlage grob fehlerhaft - gegen die ständige Rechtsprechung des BGH - abgerechnet und diese Abweichung gegenüber dem Insolvenzgericht nicht offengelegt. Er habe sodann als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit mit S GmbH die Rücknahme der von dort gegen die rechtswidrig festgesetzte Vergütung eingelegten Beschwerde verlangt.
29 
- X habe das Insolvenzgericht in dem Sachstandsbericht vom 26.11.2014 und in der Stellungnahme vom 09.02.2015 insoweit mangelhaft informiert. Seinen Angaben zu den Einnahmen und Ausgaben der Schuldnerin seien nicht nachvollziehbar und von ihm sei der (falsche) Eindruck erweckt werde, die Insolvenzmasse habe gegen die S GmbH Ansprüche in Höhe von 1,8 Mio. EUR, wobei er eine von ihm mit der S GmbH geschlossenen Vereinbarung über die Behandlung von Abzügen, die zu einer Reduzierung der Ansprüche auf ca. 300.000,00 EUR führe, verschweigen habe. Er habe zudem den (falschen) Eindruck erweckt, beim Finanzamt eine umfassende Sonderprüfung der umsatzsteuerrechtlichen Verhältnisse der Schuldnerin beantragt zu haben, obwohl er eine solche Prüfung lediglich hinsichtlich der Umsatzerlöse zu erreichen versuchte.
30 
- X habe vor Rechtskraft der Vergütungsfestsetzung für die vorläufige Verwaltung durch das Gericht 833.000,00 EUR aus der Masse entnommen und somit 40.244,09 EUR mehr als vom Amtsgericht in der Abhilfeentscheidung festgesetzt, was den Anfangsverdacht einer strafbaren Untreue begründe, zumal der Betrag der Masse nicht erstattet worden sei. Bis zur Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung dürfe X mit der Erstattung nicht zuwarten, zumal Rechtskraft inzwischen eingetreten sei und zu einer Rückzahlungspflicht von 598.955,48 EUR (zzgl. Zinsen von über 30.000 EUR) führe.
31 
- X habe pflichtwidrig seinen Vergütungsantrag für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter nicht korrigiert, nachdem er die der Masse zustehenden Anfechtungsansprüche nicht mehr auf über 300 Mio. EUR, sondern in dem Sachbericht vom 26.11.2014 nur noch auf 64 Mio. EUR beziffert habe, was den Anfangsverdacht eines (versuchten) Betruges begründe, weil es die Masse der Gefahr aussetze, dass das Beschwerdegericht eine möglicherweise unanfechtbare Entscheidung auf der Basis unzutreffender Informationen zur Berechnungsgrundlage treffe.
32 
X wurde zum Antrag angehört. Er verwies auf seine Stellungnahme vom 09.02.2015 und vertritt die Rechtsauffassung, dass mit der Entscheidung des Gerichts vom 09.02.2015, ihn nicht des Amtes zu entheben, eine bestandskräftige Vorentscheidung ergangen sei. Er räumte ein, den Gesellschafter der Geschäftsführer Herrn G aufgrund einer früheren beruflichen Beziehung zu duzen und für Herrn G vormals Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin gehalten zu haben, zu diesem aber seit 2003 keinen Kontakt mehr zu haben. Er vertritt die Rechtsauffassung, dass diese Umstände aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr inhabilitätsrelevant seien und deshalb möglicherweise auch gar keine Offenbarungspflicht gegenüber dem Gericht bestünde. Aus den §§ 43a, 45 BRAO ergäbe sich seine Inhabilität nicht, weil er nicht anwaltlich für die Schuldnerin oder deren Gesellschafter im Rahmen der Kapitalerhöhung tätig geworden sei. Er verfolge auch Ansprüche der Masse gegen die Herren L, G und C deren Ermittlung allerdings noch nicht abgeschlossen seien und habe diese mit dem Insolvenzgrund der „vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung“ in deren Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet. Die Beschäftigung von Herrn L halte er wegen dessen Wissen für erforderlich. Selbst bei Annahme eines Pflichtenverstoßes sei seine Entlassung aus dem Amt wegen der damit für die Masse verbundenen Konsequenzen (gemeint wohl: finanzieller Art) nicht gerechtfertigt. Im Übrigen sei die Insolvenzmasse im Wesentlichen verwertet. Die noch offenstehende Restforderung aus dem Verkauf der Insolvenzmasse werde Ende Mai 2015 erwartet. Bewertet werden müsse noch die allerdings wertausschöpfend zu Gunsten der Sparkasse belastete Betriebsimmobilie. Darüber hinaus müssen noch Forderungen der Insolvenzmasse gegenüber der S GmbH berechnet und geltend gemacht werden, wobei die laufenden Gespräche seit Dezember 2014 ins Stocken geraten seien. Die aus Sicht der Insolvenzverwaltung und des Gläubigerausschusses als werthaltig angesehenen Anfechtungsansprüche sind gegenüber den Anfechtungsgegnern geltend gemacht worden, gegen die S GmbH wurden Anfechtungsansprüche in Höhe von 67.000.000,00 EUR rechtshängig gemacht. Darüber hinaus seien Außenstände der Schuldnerin teilweise gerichtlich, teilweise außergerichtlich geltend gemacht worden. Schwerpunkt der Tätigkeit der Insolvenzverwaltung sei aktuelle die Begleitung der steuerlichen Betriebsprüfung durch das Finanzamt, die eine Korrektur der Umsatz- sowie der Vorsteuer für die Wirtschaftsjahre 2008 - 2013 zum Gegenstand habe. Der S GmbH ginge es mit Blick auf die rechtshängige Anfechtungsklage nur um die „Entsorgung“ eines unliebsamen Verwalters. Die Überentnahme habe er nebst Zinsen auf Aufforderung des Gerichts zurückgezahlt.“
33 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
34 
Das Amtsgericht hat den Entlassungsantrag der Gläubigerversammlung im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, trotz seiner Vorbefassung und des persönlichen Kontakts zum früheren geschäftsführenden Gesellschafter der Schuldnerin bestehe kein rechtliches Verbot, den Beschwerdegegner als Verwalter in diesem Verfahren einzusetzen. Für die nach § 59 InsO zu treffende Entscheidung über die Entlassung spiele es keine Rolle, ob der Beschwerdegegner bei Kenntnis des Gerichts vom Umfang seiner Vorbefassung im Rahmen der damals nach § 56 InsO zu treffenden Ermessensentscheidung eingesetzt worden wäre oder nicht.
35 
Die unterbliebene Information des Gerichts von seiner Gesellschafterstellung bei der Schuldnerin in den Jahren 1998 bis 2003 sei eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das fortgeschrittene Verfahren und einer auch vom Gläubigerausschuss, der eine Entlassung ablehnt, bestätigten ansonsten untadeligen Amtsführung sei es geboten, den Beschwerdegegner im Amt zu belassen. Zur Prüfung von Ansprüchen der Masse gegen den Beschwerdegegner aus seiner Zeit als Gesellschafter der Schuldnerin sei die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters das mildere Mittel.
36 
Weitere Pflichtverletzungen seien dem Beschwerdegegner nicht vorzuwerfen. So stehe aufgrund seiner eidesstattlichen Versicherung fest, dass der Beschwerdegegner zwar Geschäftsführer der P Wirtschaftsprüfung GmbH sei, hierfür jedoch kein Entgelt erhalte und auch wirtschaftlich an dieser Firma nicht beteiligt ist. Daher sei die unterbliebene Anzeige nicht pflichtwidrig.
37 
Auch lägen weitere relevante Pflichtverstöße nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
38 
Mit Beschluss vom 24.07.2015 hat das Amtsgericht einen Sonderverwalter bestellt zur Prüfung, ob gegen den Beschwerdegegner Ansprüche aus der Zeit seiner Gesellschafterstellung bei der Schuldnerin bestehen.
39 
Gegen die frühestens am 01.06.2015 über den Insolvenzverwalter zugestellte Entscheidung des Amtsgerichts haben die Beschwerdeführerin Ziffer 1 am 02.06.2015 und die Beschwerdeführerin Ziffer 2 am 15.06.2015 sofortige Beschwerde eingelegt.
40 
Die Beschwerdeführerin Ziffer 1 hat diese im Wesentlichen wie folgt begründet:
41 
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts fehle dem Beschwerdegegner aufgrund seiner früheren Gesellschafterstellung bei der Schuldnerin, seiner Treuhandtätigkeit für den seinerzeit inhaftierten Gesellschafter-Geschäftsführer, erbrachten steuerlichen Beratungsleistungen für diesen und dessen Ehefrau und dessen persönliche Bekanntheit mit diesen schon die von § 56 InsO vorausgesetzte Unabhängigkeit, weshalb dieser zwingend zu entlassen sei.
42 
Zutreffend habe das Amtsgericht darüber hinaus zwar eine Offenbarungspflicht zum genauen Umfang von dessen Vorbefassung bejaht, jedoch nicht die hieraus notwendigen Konsequenzen gezogen. Die Anzeigepflicht bestehe, damit das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung (§ 56 InsO) und die Organe der Gläubiger im Rahmen des § 57 InsO auf gesicherter Grundlage entscheiden können, ob der vom Rechtsanwalt des Geschäftsführers G vorgeschlagene Beschwerdegegner oder ein anderer Verwalter bestellt werde. Bei Kenntnis der maßgeblichen Umstände hätte das Amtsgericht den Beschwerdegegner nicht als Insolvenzverwalter bestellt; jedenfalls hätte das Amtsgericht diese Frage nicht offen lassen dürfen.
43 
Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sei dem Beschwerdegegner auch vorzuhalten, dass er vor Beauftragung der P Wirtschaftsprüfung GmbH nicht angezeigt hat, deren Geschäftsführer zu sein. Es komme nicht darauf an, ob der Beschwerdegegner für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der beauftragten GmbH eine Vergütung erhalte oder - wie behauptet - nicht.
44 
Wegen weiterer, von den Beschwerdeführerinnen für relevant gehaltener Pflichtverletzungen, wird auf deren Schriftsätze bis zur Entscheidung des Amtsgerichts und insbesondere die Beschwerdebegründung, die Stellungnahme zur Nichtabhilfeentscheidung und die Schriftsätze vom 30.09.2015, 02.11.2015 und 11.11.2015 Bezug genommen.
45 
Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtene Entscheidung und ist der Ansicht, weitere Angaben zu seiner Vorbefassung habe er nur auf Nachfrage des Gerichts machen müssen, zumal eine tatsächliche Interessenkollision aufgrund des langen Zeitablaufs nicht bestanden hätte. Wahres Motiv der beiden Beschwerdeführerinnen sei es, einen missliebigen Insolvenzverwalter auszuschalten, der für die Masse gegen die Beschwerdeführerinnen Anfechtungsansprüche in hoher zweistelliger Millionenhöhe verfolge. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beschwerdegegners Bezug genommen, wobei dessen Schriftsatz vom 27.11.2015 keine neuen entscheidungserhebliche Gesichtspunkte enthält.
46 
Die Kammer hat am 06.10.2015 darauf hingewiesen, dass es möglicherweise entscheidungsrelevant sein könnte, „ob die Auffassung des Amtsgerichts zutreffend ist, wonach es im derzeitigen Verfahrensstadium nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdegegner bei Kenntnis des Insolvenzgerichts vom Umfang seiner Vorbefassung im Rahmen der nach § 56 InsO zu treffenden Ermessensentscheidung eingesetzt worden wäre“.
47 
Nachgeholt wurde im Beschwerdeverfahren zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Übersendung von Kopien von Stellungnahmen der Beteiligten an den jeweiligen „Gegner“, soweit das Amtsgericht dies unterlassen hatte.
48 
Der Einzelrichter hat gem. § 568 S.2 ZPO das Verfahren auf den Gesamtspruchkörper übertragen.
II.
49 
Die gem. §§ 6 Abs.1 S.1, 59 Abs.2 S.2 InsO statthaften und auch sonst nach §§ 567ff ZPO zulässigen sofortigen Beschwerden sind nicht begründet.
50 
Eine tatsächlich fehlende Unabhängigkeit des Beschwerdegegners kann die Kammer nicht feststellen (1.). Allerdings hat der Beschwerdegegner durch Verschweigen des genauen Umfangs seiner Vorbefassung seine Pflichten nicht unerheblich verletzt; bei Kenntnis der früheren Tätigkeit des Beschwerdegegners für die Insolvenzschuldnerin, deren ehemaligen Geschäftsführer und dessen Ehefrau, wäre der Beschwerdegegner im Rahmen der Entscheidung nach § 56 InsO nicht zum Insolvenzverwalter in diesem Verfahren bestellt worden (2.). Dies führt jedoch nicht automatisch zu dessen Entlassung. Vielmehr ergibt die gebotene Gesamtschau, dass es zum jetzigen Zeitpunkt sachlich vertretbar ist, ihn im Amt zu belassen (3.).
1.
51 
Der Beschwerdegegner ist nicht schon deshalb zu entlassen, weil ihm die nötige Unabhängigkeit fehlt.
52 
Nach § 59 InsO kann das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter unter anderem auf Antrag der Gläubigerversammlung aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Dem Zweck dieser Vorschrift nach ist eine Entlassung jedenfalls dann zwingend vorzunehmen, wenn die Bestellungsanforderungen von Anfang an - etwa mangels Unabhängigkeit oder Vorspiegelung nicht vorhandener Qualifikationen - nicht gegeben waren (MünchKommInsO - Graeber [2013] § 59 Rn 18 f).
53 
Es steht jedoch nicht fest, dass der Beschwerdegegner tatsächlich nicht über die nach § 56 InsO erforderliche Unabhängigkeit verfügt. Nach § 56 InsO muss zum Insolvenzverwalter eine geeignete, insbesondere von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige Person bestellt werden. Wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausführt, lässt sich nicht feststellen, dass der Beschwerdegegner zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter oder in der Zeit danach nicht objektiv unabhängig im Sinne des § 56 Abs. 1 S. 1 InsO war oder derzeit nicht unabhängig ist bzw. schon berufsrechtlich an der Übernahme der Insolvenzverwaltung verhindert war. Auf die zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung wird zunächst Bezug genommen.
54 
Die Sachverhalte im Zusammenhang mit der Treuhandtätigkeit des Beschwerdegegners für den seinerzeit inhaftierten Geschäftsführer der Schuldnerin, die damalige persönliche Bekanntschaft des Beschwerdegegners mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und dessen Ehefrau (auch das „Duzen“ und das in Südbaden jedenfalls nicht ganz ungewöhnliche „Umarmen“ bei einer Begrüßung) und eine Steuerberatungstätigkeit im Zeitraum bis Anfang 2003 reichen schon angesichts dessen nicht aus, dass diese mehr als 10 Jahre zurückliegen (vgl. auch Ziff. 1.1 des Verhaltenskodexes der Mitglieder des Arbeitskreises der Insolvenzverwalter Deutschlands e. V., abgedruckt in Münchner Kommentar InsO aaO § 56 Rn. 181 a, wonach der Übernahme einer Tätigkeit in einem Insolvenzverfahren nur entgegensteht, wenn der Insolvenzverwalter innerhalb von 5 Jahren vor der Beantragung des Insolvenzverfahrens den Schuldner bzw. dessen Gesellschafter, gesetzliche Vertreter oder nahe Angehörige ständig vertreten oder beraten hat). Es gibt nämlich keine entscheidende Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdegegner noch in den letzten Jahren vor Insolvenzantragstellung mit dem ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin bzw. mit dessen Ehefrau befreundet war oder irgendwelche (steuerberatenden) Tätigkeiten für diese oder die Insolvenzschuldnerin ausgeübt hat. Hierauf hatte bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen.
55 
Soweit es seine Stellung als Treuhand-Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin in den Jahren 1998 bis 2003 betrifft, war der Beschwerdegegner daran gehindert, mögliche Ansprüche gegen sich selbst im Zusammenhang mit seiner damaligen Gesellschafterstellung zu prüfen. Auch wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass solche Ansprüche überhaupt bestehen und zudem nicht verjährt wären, war die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters insoweit zwar erforderlich, aber auch ausreichend. Dies führt jedoch nicht per se dazu, dem Beschwerdegegner die nötige Unabhängigkeit im Sinne des § 56 InsO abzusprechen.
56 
Schließlich führt auch die frühere Treuhandtätigkeit des Beschwerdegegners für den ehemaligen Geschäftsführer der Schuldnerin nicht zu einer anderen Beurteilung. Zu den nachwirkenden Treuepflichten gehört zwar grundsätzlich die Verschwiegenheitspflicht. Unabhängig davon, ob der Beschwerdegegner von seiner Verschwiegenheitspflicht wirksam entbunden wurde (wie das Amtsgericht meint) und sich der Beschwerdegegner auch selbst nicht an einer Verschwiegenheitspflicht aus dem ehemaligen Treuhandverhältnis gebunden fühlt oder sich hierauf beruft, ist nicht ersichtlich, inwieweit dies die Unabhängigkeit des Beschwerdegegners objektiv in Frage stellen könnte. Die einmalige Kapitalerhöhung im maßgeblichen Zeitraum ist offenkundig, so dass es insoweit keiner näheren Auskünfte des Beschwerdegegners aus dem ehemaligen Treuhandverhältnis bedarf. Sonstige im Zusammenhang mit dem ehemaligen Treuhandverhältnis stehende Ansprüche der Insolvenzschuldnerin sind nicht einmal ansatzweise ersichtlich.
57 
Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner seine Vorbefassung nicht lückenlos offenbart hat, wertet die Kammer nicht als Indiz für dessen Absicht, eine tatsächlich nicht bestehende Unabhängigkeit zu suggerieren, sondern - wofür sehr viel mehr spricht -, um seine Bestellung zum Insolvenzverwalter in einem lukrativen Verfahren nicht zu gefährden. Nicht unberücksichtigt bleiben kann auch die Tatsache, dass das Verhalten des Beschwerdegegners nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter deutlich gegen dessen fehlende Unabhängigkeit aufgrund der früheren Treuhandtätigkeit spricht: So erwirkte der Beschwerdegegner gegen den ehemaligen Geschäftsführer G ein notarielles Schuldanerkenntnis in Höhe von 500.000,00 EUR und meldete weitere 50 Mio. Euro zur Tabelle im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen an. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdegegner seinen ehemaligen Mandanten schont.
2.
58 
Die Kammer teilt allerdings auch die Ansicht des Amtsgerichts, dass der Beschwerdegegner eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung begangen hat, weil er den Umfang seiner Vorbefassung nicht ausreichend offenbart hat.
a.
59 
Mit dem Amtsgericht geht die Kammer davon aus, dass der Beschwerdegegner verpflichtet war, den Umfang seiner früheren Tätigkeit für die Insolvenzschuldnerin und dessen früheren Geschäftsführer umfassend und unzweideutig zu offenbaren.
60 
Zwar sind die §§ 42 ff. ZPO auf einen Insolvenzverwalter nicht unmittelbar anwendbar (BGH, Beschluss vom 25.01.2007 - IX ZB 240/05 = NZI 2007, 284 ff. m.w.N.), da dieser weder Gerichtsperson noch ein durch das Gericht bestellter Gutachter oder Sachverständiger ist. Dennoch hat ein Insolvenzverwalter umgehend mögliche Interessenkollisionen - auch ungefragt - umfassend zu offenbaren. Er hat dem Insolvenzgericht unmissverständlich einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24.01.1991 - IX ZR 250/89 = NJW 1991, 982 ff.; BGH, Beschluss vom 19.01.2012 - IX ZB 25/11 = NZI 2012, 247 ff; BGH, Beschluss vom 26.04.2012 - IX ZB 31/11 = ZInsO 2012, 1125), wobei dies auch Umstände betrifft, die nur den Anschein begründen könnten, der Insolvenzverwalter sei nicht unparteiisch oder im Sinne des Gesetzes nicht unabhängig (vgl. III.1 Abs. 3 der Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschland e. V., abgedruckt in MünchKommInso [2013] § 59 Rn. 181, Anhang I).
61 
Der Beschwerdegegner hat den ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin als Treuhänder, möglicherweise zur Umgehung eines Wettbewerbsverbots, gesellschaftsrechtlich in einer Zeit vertreten, als sich dieser zumindest zeitweise wegen wirtschaftskrimineller Delikte in Haft befand. Bereits im persönlich unterschriebenen Insolvenzantrag vom 25.07.2013 hat der ehemalige Geschäftsführer der Schuldnerin der Insolvenzschuldnerin darauf hingewiesen, dass Forderungen in zweistelliger Millionenhöhe an die Beschwerdeführerin Ziff.1 verkauft wurden, die nicht bestanden und er deshalb Selbstanzeige erstattet habe, weshalb ein krimineller Hintergrund offensichtlich war. Gleichzeitig bat er darum, den Beschwerdegegner als vorläufigen (starken) Insolvenzverwalter zu bestellen und teilte weiter mit, dass ein Mandatsverhältnis mit der Kanzlei (des Beschwerdegegners) in den letzten 15 Jahren nicht bestand.
62 
Angesichts dieser Tatsachen liegt es auf der Hand, dass schon die frühere Treuhandtätigkeit des Beschwerdegegners für den seinerzeit inhaftierten Vertreter des Schuldners trotz des seither vergangenen Zeitraums, jedenfalls den Anschein begründen konnte, dass er nicht unparteiisch oder unabhängig ist. Er wäre daher bereits von sich aus zur Offenbarung seiner früheren Tätigkeiten verpflichtet gewesen.
b.
63 
Mit den Angaben in der Selbstauskunft (Fragebogen nebst Anlage) genügte der Beschwerdegegner seiner Offenbarungspflicht nicht.
64 
Der Hinweis in seinem Begleitschreiben vom 29.07.2013 zum Fragebogen, dass die Insolvenzschuldnerin „unter Mitwirkung unseres Hauses“ gegründet worden sei, ist insoweit ganz offensichtlich nicht ausreichend. Die Kammer teilt auch nicht die Ansicht des Beschwerdegegners, dass es aufgrund dieser Angabe Aufgabe des Insolvenzgerichts gewesen wäre, weiter nachzufragen. Die Mitteilung, die Insolvenzschuldnerin sei unter Mitwirkung des Beschwerdegegners bzw. von dessen Haus gegründet worden, deutet für den Leser nämlich lediglich darauf hin, dass allein im Zusammenhang mit der Gesellschaftsgründung eine zeitlich eng begrenzte Beratung in gesellschafts- und ggfs. steuerrechtlicher Hinsicht erfolgt ist und evtl. ein Gesellschaftsvertrag entworfen wurde. Dies erforderte keine weiteren Nachfragen des Insolvenzgerichts. Die angegebene Beratungstätigkeit bei Gesellschaftsgründung hätte auch der Bestellung des Beschwerdegegners zum Insolvenzverwalter im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 56 InsO nicht entgegengestanden. Unstreitig hat der Beschwerdegegner jedoch von sich aus weder seine Gesellschafterstellung noch das Treuhandverhältnis offenbart. Im Gegenteil hat er seine Tätigkeit nur teilweise mitgeteilt und damit gezielt den Eindruck erweckt, besonders gründlich über eine Vorbefassung aufzuklären, was mit der Versicherung noch unterstrichen wird, es hätten seit der Gründung der Gesellschaft keinerlei mittelbare oder unmittelbare Mandatsverhältnisse mehr zur Schuldnerin sowie deren Gesellschaftern und Organen bestanden. Diese Angabe verhinderte geradezu weitere Nachfragen. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, ob es sich bei der steuerlichen Beratung und Treuhandtätigkeit um anwaltliche Mandatsverhältnisse im engeren Sinne handelte oder nicht. An der Pflichtverletzung ändert auch die Überlegung nichts, dass die Kammer - wie bereits ausgeführt - nicht feststellen kann, dass der Beschwerdegegner mit seinen lückenhaften Angaben eine tatsächlich nicht vorhandene Unabhängigkeit suggerieren wollte, sondern eher um seine Bestellung als Insolvenzverwalter in einem lukrativen Verfahren nicht zu gefährden.
65 
Im Fragebogen war der Beschwerdegegner zudem ausdrücklich auf die Strafbarkeit falscher eidesstattlichen Versicherungen und darauf hingewiesen worden, dass, falls - wie hier - eine Frage mit „ja“ beantwortet wird, weitere ergänzende Angaben zu dem jeweiligen Sachverhalt schriftlich und in nachvollziehbarer Form zur Gerichtsakte zu erteilen sind, wobei die Erläuterungen nach bestem Wissen und Gewissen so abzufassen sind, dass dem Insolvenzrichter und/oder den Gläubigern die abschließende Prüfung der Unabhängigkeit möglich ist.
66 
Die Pflicht, über Umstände aufzuklären, die einer Bestellung entgegenstehen könnten, dient der Sicherung einer ermessensfehlerfreien Entscheidung des Insolvenzgerichts und damit dem Schutz der Gläubiger. Gleichzeitig dient diese Aufklärungspflicht auch dazu, den Gläubigern in der ersten Gläubigerversammlung eine gesicherte Grundlage für die Entscheidung zu verschaffen, ob nach § 57 Abs. 1 Satz 1 InsO ein anderer Insolvenzverwalter bestellt wird. Durch sein Verschweigen für die Ermessensentscheidung relevanter Tatsachen liegt ein nicht unerheblicher Pflichtverstoß vor, der demjenigen des Vorspiegelns einer falschen Qualifikation (vgl. etwa BGH ZInsO 2014, 669) zwar nicht gleichgestellt ist, einem solchen jedoch nahe kommt.
c.
67 
Bei Offenbarung seiner früheren Tätigkeiten wäre der Beschwerdegegner nicht zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
68 
Das Amtsgericht hat offen gelassen, ob der Beschwerdegegner bei entsprechender Aufklärung über den Umfang seiner Vorbefassung im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 56 InsO zum Insolvenzverwalter bestellt worden wäre oder nicht. Die Kammer ist der Ansicht, dass dies jedenfalls im vorliegenden Fall nicht offen bleiben kann und die Frage auch eindeutig zu beantworten ist: Für die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters im vorliegenden Verfahren kamen mehrere Verwalter in Betracht, die über eine gleich hohe Reputation, wie sie der Beschwerdegegner unbestritten genießt, verfügen, und die auch organisatorisch in der Lage gewesen wären, die Aufgaben eines Insolvenzverwalters über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zu bewältigen. Da die früheren Tätigkeiten des Beschwerdegegners für den ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und als Treuhandgesellschafter der Insolvenzschuldnerin selbst, bei Dritten in zumindest nachvollziehbarer Weise den Verdacht seiner „Befangenheit“ erwecken konnten, wäre der Beschwerdegegner, selbst wenn der vorläufige Gläubigerausschuss ihn einstimmig vorgeschlagen hätte (§ 57 Abs.2 S.2 InsO), im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 56 InsO - als im konkreten Verfahren ungeeignet - nicht zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
3.
69 
Die festgestellten Pflichtverletzungen rechtfertigen nicht die Entlassung des Beschwerdegegners.
70 
Ein Insolvenzverwalter ist nach § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO wegen einer Pflichtverletzung zu entlassen, wenn sein Verbleiben im Amt unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Verwalters die Belange der Gläubiger und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigen würde. Diese Beeinträchtigung muss feststehen. Die Ausübung des Insolvenzverwalteramtes ist dabei durch Art. 12 GG geschützt. Eingriffe sind nur zulässig, soweit sie durch höherwertige Interessen des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, nicht weitergehen als es erforderlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BGH, Beschluss vom 25.09.2014, IX ZB 11/14 = NZI 2015, 20 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 09.07.2009, IX ZB 35/09 = NZI 2009, 604 f = ZInsO 2009, 1491 f; Beschluss vom 19.01.2012 - IX ZB 25/11 = NZI 2012, 247 ff.; Beschluss vom 26.04.2012 - IX ZB 31/11 = ZInsO 2012, 1125; Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht - Frind, 5. Auflage, § 59 Rn 3; MünchKommInsO - Graeber [2013] § 59 Rn 11 ff.).
71 
In seiner Entscheidung vom 25.09.2014 (IX ZB 11/14) hat der Bundesgerichtshof zur Frage, ob eine festgestellte Pflichtverletzung eine Entlassung des Insolvenzverwalters rechtfertigt, weiter ausgeführt, dass bei Vorliegen einer Pflichtverletzung, die einen wichtigen Grund zur Entlassung des Insolvenzverwalters darstellt, das Insolvenzgericht von dieser zwar nicht lediglich deshalb absehen darf, weil die Gläubiger wegen der Pflichtverletzung den Verwalter nach §§ 60, 61 InsO auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können. Umgekehrt ist jedoch nicht jede Pflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch auslöst, zugleich ein wichtiger Grund zur Entlassung. Diese setzt grundsätzlich voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzungen, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter im Amt zu belassen.
72 
Die festgestellten Pflichtverletzungen des Beschwerdegegners führen nicht „automatisch“ zu dessen Entlassung. Unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls teilt die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts, wonach zum jetzigen Zeitpunkt eine Entlassung des Beschwerdegegners nicht gerechtfertigt ist. Es ist vielmehr sachlich vertretbar, ihn im Amt zu belassen.
a.
73 
Eine Berücksichtigung der Gesamtumstände wäre allerdings entbehrlich, wenn man der von der Beschwerdeführerin Ziff.1 vertretenen Rechtsauffassung folgen würde, wonach der Beschwerdegegner schon auf Grund der dargestellten Pflichtverletzung zwingend zu entlassen sei, weil sich bei - wie hier - Verschweigen von Anzeichen einer Interessenkollision und teilweise unzutreffenden Angaben im Zusammenhang mit der Bestellung zum Insolvenzverwalter, die Ermessensausübung auf eine Pflicht zur Entlassung des Insolvenzverwalters reduziert, wenn dieser nicht wahrheitsgemäß aufgeklärt oder falsche Angaben gemacht hat (in diesem Sinne wohl MünchKommInsO/Graeber § 59 Rnr 19, 20 mit der Begründung, dass ein etwaiger Fehler des Insolvenzgerichts bei der Beurteilung und Auswahl des Insolvenzverwalters nicht allein zur Begünstigung des in fehlerhafter Weise bestellten Verwalters perpetuiert werden darf). Die Kammer vertritt demgegenüber die Ansicht, dass jedenfalls im vorliegenden Fall eine Gesamtabwägung schon deshalb geboten ist, weil die Vorbefassung des Beschwerdegegners diesen nicht inhabil machte, sondern „lediglich“ die Ermessensentscheidung des Insolvenzgerichts durch seine Pflichtverletzung zu seinen Gunsten entscheidend beeinflusst wurde.
b.
74 
Für ihre Abwägungsentscheidung waren für die Kammer im Wesentlichen neben den bereits oben unter 2. dargelegten Pflichtverletzungen folgende weitere Gesichtspunkte maßgeblich:
aa.
75 
Zu Lasten des Beschwerdegegners fällt ins Gewicht, dass er zur Problematik seiner Vorbefassung auch in der Gläubigerversammlung vom 17.04.2015 unzutreffende Angaben gemacht hat. So hat er angegeben, er habe für Herrn G für circa zwei Jahre Anteile gehalten und zwar war bis circa 2001. Tatsächlich wurde der Treuhand-/Abtretungsvertrag bereits am 02.09.1998 rückwirkend zum 07.05.1998 geschlossen und erst am 16.01.2003 durch notariellen Vertrag aufgehoben. Der Beschwerdegegner hat damit die Gläubigerversammlung über den Umfang seiner Vorbefasstheit objektiv falsch informiert. Eine nachvollziehbare Erklärung hierfür fehlt. Selbst wenn der Beschwerdegegner „vergessen“ gehabt haben sollte, wie lange er Treuhandgesellschafter der Insolvenzschuldnerin war, hätte er sich entweder vor der Gläubigerversammlung entsprechend kundig machen oder seine Unkenntnis in der Gläubigerversammlung offenbaren müssen. Jedenfalls aus dem Protokoll der Gläubigerversammlung ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdegegner ausreichend über eine Kapitalerhöhung bei der Insolvenzschuldnerin aufgeklärt hat. Diese erfolgte am 27.02.2002, also noch zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdegegner - entgegen seinen Angaben in der Gläubigerversammlung - noch Treuhandgesellschafter der Insolvenzschuldnerin war. Er war bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung persönlich, auch in Vertretung des anderen Gesellschafters anwesend. Im Insolvenzgutachten und dem Bericht zur ersten Gläubigerversammlung wurde diese Kapitalerhöhung nicht erwähnt, sondern angegeben, die Schuldnerin sei bereits mit einem Stammkapital von 110.000,00 EUR gegründet worden. Selbst noch im an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz vom 28.04.2015 weist der Beschwerdegegner lediglich auf die Kapitalerhöhung im Jahre 2010 hin (der Schriftsatz der Beschwerdeführerin Ziff.1 vom 22.04.2015, in dem diese auf die frühere Kapitalerhöhung hinwies, hat der Beschwerdegegner wohl erst danach zur Kenntnis nehmen können).
bb.
76 
Mit Recht weist das Amtsgericht darauf hin, dass - wenn überhaupt - der strafrechtlich wegen Verdacht des Betruges in 500 Fällen verfolgte ehemalige Prokurist L der Insolvenzschuldnerin zur Aufklärung der Buchungsvorgänge bei der Schuldnerin in der Lage ist, weshalb dessen Weiterbeschäftigung durch den Beschwerdegegner noch keinen Pflichtenverstoß darstellt. Auf die nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin im Anfechtungsprozess in einer mündlichen Verhandlung am 28.10.2015 durch das Landgericht Stuttgart geäußerte Ansicht, es bestünden im Hinblick auf den benannten Zeugen L erhebliche Glaubwürdigkeitsprobleme, kommt es nicht an. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass der ehemalige Prokurist der Insolvenzschuldnerin (möglicherweise um seinen Tatbeitrag im milderen Licht erscheinen zu lassen) mit nicht belastbaren Zahlen operiert hat, läge in dem Versuch, durch dessen Anstellung „mehr Licht ins Dunkel zu bringen“ und auch mögliche Anfechtungstatbestände zu ermitteln, keine vorwerfbare Pflichtverletzung des Beschwerdegegners.
cc.
77 
Auch in der Beauftragung der P GmbH ohne vorherige Information des Insolvenzgerichts liegt unabhängig davon, dass dies möglicherweise mit der Beschwerdeführerin Ziff.1 ausdrücklich abgesprochen war (allerdings ohne Kenntnis der Beschwerdeführerin Ziff.1 von der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdegegners bei der P GmbH), keine maßgebliche Pflichtverletzung.
78 
Nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (etwa Beschluss vom 26.04.2012 - IX ZB 31/11) handelt ein Insolvenzverwalter pflichtwidrig, wenn er ohne vorherige Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht, ein Unternehmen beauftragt, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist und sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn auswirkt. Zwar weist die Beschwerdeführerin Ziffer 1 mit Recht daraufhin, dass sich der Geschäftsführer einer GmbH am Unternehmenswohl orientieren muss, es lässt sich jedoch jedenfalls nicht feststellen, dass sich der Erfolg oder Misserfolg des beauftragten Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für den Beschwerdegegner auswirkt. Mit Recht weist das Amtsgericht daraufhin, dass es zwar ungewöhnlich ist, wenn der Beschwerdegegner als Geschäftsführer der P GmbH für diese Tätigkeit keine Vergütung erhält. Jedoch sieht auch die Kammer keine Veranlassung an der Wahrheit dieser Behauptung des Beschwerdegegners zu zweifeln.
dd.
79 
Relevante Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vergütungsentnahme vermag die Kammer - ebenso wie das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen nach eigener Prüfung Bezug genommen wird - nicht zu erkennen.
80 
Der Beschwerdegegner war auch vor Rechtskraft des Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung für ihn als vorläufigen Insolvenzverwalter berechtigt, diese aus der Masse zu entnehmen. Die Tatsache, dass er entgegen einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Anfechtungsansprüche in die Berechnungsgrundlage miteinbezog, stellt noch keinen Pflichtenverstoß dar. Die Vergütungsfestsetzung erfolgt durch das Gericht. Ebenso wenig ist dem Beschwerdegegner eine verzögerte Rückzahlung zu viel entnommener Vergütung vorzuwerfen. Die Rückzahlung des zu viel entnommenen Betrages von rund 500.000,00 EUR nebst Zinsen erfolgte am 14.05.2015, nachdem dem Insolvenzverwalter die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Freiburg am 09.04.2015 zugestellt worden war. Angesichts der Höhe der Rückzahlungssumme erscheint dieser Zeitraum noch angemessen.
81 
Zuzugeben ist der Beschwerdeführerin Ziffer 1 zwar, dass der Beschwerdegegner bereits nach der Teilabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Freiburg zur Rückzahlung der zu viel entnommenen Vergütung verpflichtet war (BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12) und es auf die „Rechtskraft“ dieser Teilabhilfeentscheidung nicht ankommt, doch rechtfertigt das Unterlassen der gebotenen Rückzahlung weder für sich allein gesehen, noch unter Berücksichtigung der weiter festgestellten Pflichtverletzungen die Entlassung des Beschwerdegegners.
82 
Gegen den Beschluss des Landgerichts hatte der Beschwerdegegner zudem Anhörungsrüge erhoben. Die entsprechende Information seitens des Beschwerdegegners in der Gläubigerversammlung war insoweit allerdings in zeitlicher Hinsicht falsch. Die Gläubigerversammlung fand am 17.04.2015 statt, die Anhörungsrüge datiert vom 24.04.2015 und ging am gleichen Tag beim Landgericht ein. Dass die Anhörungsrüge wegen Verfristung später zurückgenommen werden musste, stellte sich erst später heraus. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Beschwerdegegner nach seinen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes möglicherweise noch auf eine Korrektur des landgerichtlichen Beschlusses im Vergütungsbeschwerdeverfahren hoffen.
83 
Darauf, wie das feststehende Verhalten des Beschwerdegegners im Zusammenhang mit der Vergütungsentnahme strafrechtlich zu bewerten ist, kommt es für das Entlassungsverfahren nicht entscheidend an. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang lediglich der Vollständigkeit halber, dass jedenfalls die Staatsanwaltschaft Mannheim in einer Verfügung vom 25.08.2015 die Ansicht der Beschwerdeführerin Ziff.1 zur Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdegegners nicht geteilt und von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen hat.
84 
Soweit die Beschwerdeführerin Ziff.1 in diesem Zusammenhang, ohne dies näher zu konkretisieren, behauptet, der Beschwerdegegner habe gegenüber ihren Vertretern zweimal unverhohlen darauf hingewiesen, dass er als Gegenleistung für eine im Mai 2014 vereinbarte Zusammenarbeit erwarte, dass sie ihre sofortige Beschwerde gegen den Beschluss über seine Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter zurücknehme - was der Beschwerdegegner vehement bestreitet -, steht ein solcher Sachverhalt nicht fest. Ausreichend konkrete Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen bestehen nicht.
ee.
85 
Keine, eine Entlassung nach § 59 InsO rechtfertigende Pflichtverletzung stellen auch die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen falschen Angaben im Bericht über die Gläubigerversammlung vom 17.04.2015 dar, wonach der Beschwerdegegner in seinem Bericht über die Gläubigerversammlung behauptet habe, er habe dort ausgeführt, dass der von Ihm auf die Vergütung zu viel entnommene Betrag nebst Zinsen erstattet werde, aber tatsächlich in der Gläubigerversammlung auf ausdrückliche Nachfrage erklärt hat, dass er sich noch überlegen werde, ob er die zu viel entnommene Vergütung zurückzahlen oder den Ausgang der eingelegten Anhörungsrüge abwarten werde.
ff.
86 
Nicht entscheidend für die Abwägungsentscheidung ist auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin Ziff.1, der Beschwerdegegner habe wahrheitswidrig behauptet, ihr sei der gesamte Umfang seiner Vorbefassung bereits vor der ersten Gläubigerversammlung bekannt gewesen. Eine solche Behauptung hat der Beschwerdegegner - unabhängig von fehlender Relevanz einer solchen für das Verfahren nach § 59 InsO - auch im Schriftsatz vom 28.04.2015 nicht aufgestellt. Dort wird lediglich unter Hinweis auf den beantworteten Fragekatalog nebst Anlage, die Ansicht vertreten, damit sei die Vorbefassung ausreichend angezeigt und dies sei der Beschwerdeführerin ebenso wie dem Insolvenzgericht bekannt gewesen. Soweit der Beschwerdegegner im gleichen Schriftsatz darlegt, aufgrund seiner Angaben, hätte die Beschwerdeführerin Ziffer 1 nachfragen müssen, teilt die Kammer diese Ansicht allerdings aus den gleichen Gründen nicht, wie sie auch eine „Nachfragepflicht“ des Insolvenzgerichts verneint hat. im Übrigen ist es für das Entlassungsverfahren auch irrelevant, ob und in welchem Umfang die Beschwerdeführerin Ziff.1 - wie vom Beschwerdegegner auch im Schriftsatz vom 27.11.2015 wieder behauptet - über die „Bekanntschaft“ des Beschwerdegegners mit Herrn G schon früher informiert war.
gg.
87 
Sollte der Beschwerdegegner die gegen die Beschwerdeführerin Ziff. 1 gerichtete Anfechtungsklage leichtfertig erhoben haben, was die Beschwerdeführerin Ziff. 1 behauptet, kämen mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Beschwerdegegner in Betracht. Die Begründetheit der Anfechtungsklage ist jedoch nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu prüfen.
hh.
88 
Soweit der Beschwerdegegner mutmaßt, die Beschwerdeführerinnen betrieben das Entlassungsverfahren nur, um im Hinblick auf den Anfechtungsprozess einen ihnen genehmen Insolvenzverwalter zu installieren, ist dies allerdings kein beachtliches Gegenargument. Ein neuer Insolvenzverwalter wird vom Insolvenzgericht bestimmt und nicht vom Hauptgläubiger. Die Wahl eines anderen Verwalters in der ersten Gläubigerversammlung erfordert neben der in § 76 Abs. 2 InsO genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger (§ 57 Abs. 1 Satz 2 InsO).
ii.
89 
Keine entscheidende Bedeutung im Entlassungsverfahren kommt schließlich der Frage zu, ob die „Kopfmehrheit“ der Gläubiger gegen eine Entlassung war oder ist. Immerhin hat die Beschwerdeführerin Ziff.1 darauf hingewiesen, dass neben den beiden Beschwerdeführerinnen und mit diesen verbundener Unternehmen in der Gläubigerversammlung noch drei weitere Gläubiger für den Entlassungsantrag gestimmt haben.
c.
90 
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und auf der Grundlage der skizzierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Entlassung des Beschwerdegegners nicht gerechtfertigt. Es steht nicht fest, dass die festgestellten Pflichtverletzungen zu einem Nachteil für die Insolvenzmasse und damit zu einem Schaden für die Gläubiger geführt haben oder die Gläubiger bei Nachteilen für die Insolvenzmasse - etwa im Zusammenhang mit dem geführten Anfechtungsprozess - nicht ausreichend durch ihre Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter nach §§ 60, 61 InsO und die zu diesen Vorschriften entwickelten Darlegungs- und Beweisregeln geschützt sind. Es steht auch nicht fest, dass dieser für das weitere Verfahren deshalb nicht mehr tragbar ist, weil es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, ihn im Amt zu belassen. Auf die auch insoweit zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss und dessen Nichtabhilfeentscheidung wird zunächst Bezug genommen.
91 
Nach Beendigung des anhängigen und ggfs. noch zu führender Anfechtungsprozesse dürfte die Verteilung der Insolvenzmasse anstehen. Soweit die Beschwerdeführerin Ziff. 2 in ihrem Schriftsatz vom 02.11.2015 die Gefahr sieht, der Beschwerdegegner würde diese Verteilung in einer den Vorgaben des Insolvenzrechts nicht entsprechenden Art und Weise bewerkstelligen, entbehrt eine solche Vermutung jeglicher Grundlage, insbesondere deshalb, da schon eine noch vorhandene Nähebeziehung zwischen dem Beschwerdegegner und der Insolvenzschuldnerin bzw. deren ehemaligen Geschäftsführungsorganen nicht festgestellt werden kann.
92 
Auch ein ausgebliebener Erfolg des Beschwerdegegners bei der „Suche nach den verschwundenen Millionen“ kann diesem nicht vorgeworfen werden. Bislang ist es nämlich auch der Beschwerdeführerin Ziff. 1 nicht gelungen, herauszufinden, was die verantwortlichen Personen der Schuldnerin mit dem von ihr erbeuteten Geld gemacht haben, obwohl die von ihr beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (pwc) über Monate hinweg die Gelegenheit hatte, die Buchhaltung der Schuldnerin daraufhin zu überprüfen, ob deliktische Zahlungsabflüsse nachweisbar sind. Soweit ersichtlich haben auch die strafrechtlichen Ermittlungen jedenfalls in dieser Hinsicht noch keine entscheidenden Erkenntnisse erbracht. Deshalb überzeugt das Argument der Beschwerdeführerin Ziff. 1, es bestünde kein Vertrauen in die weitere Arbeit des Beschwerdegegners, weil dieser hier auch nicht entscheidend weiter gekommen sei, die Kammer nicht. Es ist nicht ersichtlich, welche - Staatsanwaltschaft und Polizei überlegenen - Ermittlungsinstrumente der Beschwerdegegner noch haben sollte.
93 
Mehr als fraglich ist, ob den Vergütungsansprüchen des Beschwerdegegners die Arglisteinrede entgegengehalten werden könnte, falls er entlassen wird. Er hat mit dem Verkauf des Unternehmens (unter Beibehaltung einer großen Anzahl von Arbeitsplätzen) wesentliche und schwierige Aufgaben im Rahmen des Insolvenzverfahrens bereits erledigt, weshalb bei Bestellung eines neuen Insolvenzverwalters erhebliche zusätzliche Kosten für die Masse zu erwarten sind, da die konkrete Gefahr besteht, dass Vergütungsansprüche des Beschwerdegegners für seine bisherige Tätigkeit jedenfalls grundsätzlich erhalten blieben, was möglicherweise auch ein zusätzliches Motiv für den Gläubigerausschuss war, sich gegen die Entlassung des Antragsgegners auszusprechen.
94 
Mit Recht weist das Amtsgericht darauf hin, dass es im Entlassungsverfahren nicht um eine Abstrafung des Beschwerdegegners geht. Soweit die Beschwerdeführerin Ziff. 1 argumentiert, dass ohne Entlassung des Beschwerdegegners, für keinen Insolvenzverwalter ein nachvollziehbarer Grund bestünde, die Chancen seiner Bestellung zu verringern, indem er Angaben zu seiner Unabhängigkeit richtig und vollständig macht, weshalb einer Entlassung auch präventive Wirkung zukäme, ist dies zwar ein nicht von der Hand zu weisendes Argument. Eine Prävention ist allerdings nicht Zweck des Entlassungsverfahrens nach § 59 InsO. Zudem kann das Insolvenzgericht das Verhalten eines Insolvenzverwalters, der einen offenbarungspflichtigen Umstand bereits einmal verschwiegen hat, bei zukünftigen Verwalterbestellungen in seine Ermessensentscheidung einbeziehen, weshalb bereits das Aufdecken eines solchen Umstandes durchaus general- und spezialpräventive Wirkungen und entsprechende Auswirkungen haben kann, auch wenn dies im Einzelfall - wie hier - keine Entlassung des Insolvenzverwalters nach sich zieht.
95 
Soweit die Beschwerdeführerin Ziffer 1 im Schriftsatz vom 30.09.2015 den weiteren Vorwurf erhebt, der Insolvenzverwalter mache in einer von ihr betriebenen Forderungsangelegenheit, die Herausgabe eines Versendungsnachweises von der Erklärung abhängig, dass Forderungen aus Warenlieferungen der Insolvenzschuldnerin ab 05.07.2013 nicht der Beschwerdeführerin, sondern der Masse zuständen, stellt dies jedenfalls keine maßgebliche Pflichtverletzung dar. Vielmehr wird die Frage, ob insoweit Zurückbehaltungsrechte mit Recht geltend gemacht werden, beziehungsweise ob dieses Verhalten des Insolvenzverwalters Schadensersatzansprüche begründen könnte, gegebenenfalls in einem streitigen Zivilverfahren zu klären sein. Das gleiche gilt wegen möglicher weiterer Auseinandersetzungen im Hinblick auf den wechselseitig erhobenen Vorwurf, ehrenrührige Behauptungen aufzustellen.
III.
96 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Eine amtswegige Streitwertfestsetzung war nicht geboten, da für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr erhoben wird (GKG KV 2361).
97 
Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Sie verkennt dabei nicht, dass es grundsätzlich dem Tatrichter obliegt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19.01.2012 - IX ZB 25/11 = NZI 2012, 247 ff unter [8] mit weiteren Nachweisen). Auch die Frage, ob und in welchem Zeitrahmen eine Vorbefassung überhaupt offenbarungspflichtig ist, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls. Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde jedoch im Hinblick auf die - soweit ersichtlich - ungeklärte, grundsätzlich bedeutsame und vorliegend auch entscheidungserhebliche Frage zugelassen, ob sich die Ermessensausübung im Rahmen des § 59 InsO auf eine Pflicht zur Entlassung des Insolvenzverwalters reduziert, wenn festgestellt wird, dass der Insolvenzverwalter im Rahmen der Auswahlentscheidung nach § 56 InsO bei Offenbarung von Umständen, die zumindest die Besorgnis seiner fehlenden Unabhängigkeit begründen konnten, nicht bestellt worden wäre. Gleichfalls ist ungeklärt, welche Auswirkungen das Verschweigen offenbarungspflichtiger Umstände hat, wenn dadurch die Entscheidung der Gläubigerversammlung, ob ein anderer Insolvenzverwalter zu wählen ist, als der vom Amtsgericht bestimmte (§ 57 Abs.1 S.1 InsO), nicht auf einer ausreichenden Grundlage erfolgte bzw. erfolgen konnte und welche Auswirkungen dies auf das Entlassungsverfahren hat.

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Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

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Insolvenzordnung - InsO | § 60 Haftung des Insolvenzverwalters


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Insolvenzordnung - InsO | § 56 Bestellung des Insolvenzverwalters


(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwalt

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In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrhe

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Landgericht Freiburg Beschluss, 02. Dez. 2015 - 3 T 157/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.

(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Rechtsanwalt hat die von ihm beschäftigten Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren. Zudem hat er bei ihnen in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken. Den von dem Rechtsanwalt beschäftigten Personen stehen die Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Satz 4 gilt nicht für Referendare und angestellte Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen wie der Rechtsanwalt unterliegen. Hat sich ein Rechtsanwalt mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen wie er, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammengeschlossen und besteht zu den Beschäftigten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis, so genügt auch der Nachweis, dass eine andere dieser Personen die Verpflichtung nach Satz 4 vorgenommen hat.

(3) Der Rechtsanwalt darf sich bei seiner Berufsausübung nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein Verhalten, bei dem es sich um die bewußte Verbreitung von Unwahrheiten oder solche herabsetzenden Äußerungen handelt, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlaß gegeben haben.

(4) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat. Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen. Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind. Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt. Absatz 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Absatz 4 Satz 1 bestehen würde.

(7) Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.

(8) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, sich fortzubilden.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 25/11
vom
19. Januar 2012
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin
Möhring
am 19. Januar 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 30. November 2010 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zum Treuhänder bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte ihn nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit seinem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers vor, dem er die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und der je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
Er kündigte an, diese Rechnung aus der Masse zu begleichen. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 auch für die Wohlverhaltensperiode zum Treuhänder, äußerte aber Bedenken bezüglich der Erstattungsfähigkeit der eingereichten Rechnung. Im Folgenden stellte sich heraus, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung bereits vollumfänglich aus der Masse beglichen hatte, obwohl von den abgerechneten zwölf Zustellungen nur drei Zustellungen von dem Drittunternehmer, die übrigen aber vom weiteren Beteiligten zu 1 selbst ausgeführt worden waren. Der Aufforderung des Insolvenzgerichts, den bezahlten Betrag bis auf einen Betrag von 2,70 € je Zustellung zu erstatten, kam der weitere Beteiligte zu 1 nicht nach.
2
Das Insolvenzgericht hat daraufhin den weiteren Beteiligten zu 1 entlassen und den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Amtspflichten verletzt habe. Dessen sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich der Treuhänder pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund komme neben einer Pflichtverletzung des Treuhänders auch eine Situation in Betracht, bei der das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob der Treuhänder für die ihm nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet , ob der Treuhänder die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, das unter derselben Anschrift firmiere wie er selbst und dessen Vorstand seine Anwaltspartnerin sei, und ob er dafür Auslagenersatz verlangen könne. Schließlich habe das Insolvenzgericht den Treuhänder in zahlreichen anderen Verfahren entlassen.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, juris Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; Münch- Komm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Die Entlassung des Treuhänders setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
8
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli2009 - IX ZB 35/09, ZVI 2009, 404 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZVI 2011, 167 Rn. 18).
9
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005, aaO; vom 1. März 2007 - IX ZB 47/06, WM 2007, 842 Rn. 8). Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 8. Dezem- ber 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 6). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann als verhältnismäßig gerechtfertigt, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen (vgl. zur Entlassung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses BGH, Beschluss vom 1. März 2007, aaO Rn. 6). Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 20).
10
cc) Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden des Treuhänders oder auf sonstige weitere sachliche Voraussetzungen ankäme, hat es diesen Maßstab verkannt.
11
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist die festgestellte schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten des weiteren Beteilig- ten zu 1 zurückzuführen, das objektiv geeignet war, eine solche Störung zu bewirken.
12
a) Vieles spricht dafür, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Pflichten als Treuhänder bereits dadurch verletzt hat, dass er mit der Durchführung der ihm übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen haben dürfte. Die Kosten für die Ausführung einer Zustellung durch eigenes Personal des Insolvenzverwalters hat Graeber (ZInsO 2007, 204 f) mit rund 2,80 € je Zustellung ermittelt. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen.
13
b) Pflichtwidrig war jedenfalls, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Beauftragung des Drittunternehmers mit der Durchführung der Zustellungen nicht sogleich dem Insolvenzgericht anzeigte. Vorstand des beauftragten Unternehmens war die Ehefrau und Mitgesellschafterin der Anwaltssozietät des weiteren Beteiligten zu 1. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzuzeigen, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277). Zu § 42 ZPO ist anerkannt, dass die Ehe des Richters mit dem Vertretungsorgan einer beteiligten Partei ein Befangenheitsgrund sein kann (etwa Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 12 unter Hinweis auf VGH Kassel, AnwBl 1991, 161; vgl. auch OLGR Jena 2000, 77 und LG Hanau, NJW-RR 2003, 1368). Entspre- chend kann der Umstand, dass die Ehefrau des Treuhänders Vorstand des von ihm mit delegierten Aufgaben entgeltlich betrauten Unternehmens ist, die Besorgnis der Befangenheit des Treuhänders begründen. Er muss deshalb vom Treuhänder dem Insolvenzgericht angezeigt werden.
14
c) Zusammen mit seinem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung des Drittunternehmers dem Insolvenzgericht vor. Damit genügte er der Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 2 InsVV. Pflichtwidrig verschwieg er aber, dass der Drittunternehmer zu dem überhöhten Preis auch Zustellungen abrechnete, die nicht von jenem, sondern vom weiteren Beteiligten zu 1 ausgeführt worden waren. Pflichtwidrig und möglicherweise strafbar war ferner, dass der weitere Beteiligte zu 1 die zu Unrecht berechneten Zustellungen an den Drittunternehmer bezahlte.
15
d) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschrif- ten entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 19.10.2010 - 34 IK 177/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2010 - 85 T 449/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 31/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1
Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig
von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen
kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht
besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder
wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenzmasse zu erteilen
beabsichtigt (Fortführung von BGHZ 113, 262).
BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11 - AG Köpenick
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 13. Juni 2005 zur Treuhänderin bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte sie nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit ihrem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte die weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers über insgesamt 809,20 € vor, dem sie die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und das je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 13. September 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat die damit verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 damit begründet, dass sie nach Zurückweisung ihrer Versuche in anderen Verfahren, Zuschläge in Höhe von je 20 € für die Zustel- lung des Eröffnungsbeschlusses und in Höhe von 10 € für die Zustellung aller weiteren Entscheidungen zu erhalten, ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht die E. AG, der sie selbst vorstehe, mit der Durchführung der Zustellungen beauftragt habe. Es sei ferner bekannt, dass sie in anderen Verfahren angekündigt habe, die ihr mit dem Eröffnungsbeschluss übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten nur noch gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe der von ihr beantragten Zuschläge auszuführen. Weiter habe sie in dem vorliegenden Verfahren den Schlusstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nichtwahrgenommen und in einer Vielzahl von anderen Verfahren von ihr erforderte Berichte erst nach einer Erinnerung und einer großzügigen Fristsetzung eingereicht. Die von der weiteren Beteiligten zu 1 wegen ihrer Entlassung erhobene sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich die Treuhänderin pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund reiche es aus, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und der Treuhänderin seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob die Treuhänderin für die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet, ob die Treuhänderin die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, dem sie selbst vorstehe, das unter ihrer Anschrift firmiere und ob sie dafür Auslagenersatz verlangen könne.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, ZInsO 2007, 86 Rn. 20; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 6 mwN). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers , der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
8
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen hätten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 7).
9
c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt, wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters, einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
10
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9 mwN).
11
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.
12
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist nämlich die schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückzuführen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
13
a) Das Insolvenzgericht hat festgestellt, die weitere Beteiligte zu 1 habe in mehreren anderen Insolvenzverfahren erklärt, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen Zuschläge zur Vergütung in Höhe von 20 € für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und 10 € je auszuführender weiterer Zustellung durch das Gericht gezahlt werden würden.

14
aa) Mit diesem Verhalten hat die weitere Beteiligte zu 1 die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden. Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 15).
15
bb) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann.
Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn der Treuhänder - wie hier - gleichartige Pflichtverletzungen auch in anderen beim nämlichen Insolvenzgericht anhängigen Verfahren begangen hat.
16
b) Die weitere Beteiligte zu 1 hat ihre Pflichten als Treuhänderin weiter dadurch in hohem Maße verletzt, dass sie mit der Durchführung der ihr übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen von ihr selbst geleiteten Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen hat. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 12).
17
aa) Pflichtwidrig war es insbesondere, dass die weitere Beteiligte zu 1 das Drittunternehmen beauftragt hatte, bevor sie ihre Absicht dem Insolvenzgericht zuvor angezeigt hatte. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht rechtzeitig einen Sachverhalt unmissverständlich anzuzeigen , der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277; Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, aaO Rn. 13). Diese Pflicht zur Offenbarung von Interessenkollisionen dient dem Schutz aller Verfahrensbeteiligten davor, dass der Verwalter sein Amt möglicherweise nicht unvoreingenommen und allein dem Insol- venzzweck entsprechend ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1991, aaO S. 279). Ist der Insolvenzverwalter entweder rechtlich oder - möglicherweise auch über einen Treuhänder - wirtschaftlich Allein- oder Mitinhaber eines Unternehmens und wirkt sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn aus, so begründet diese Beteiligung die Besorgnis, dass er sich hierdurch in seiner Entscheidung beeinflussen lassen kann. Aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Verfahrensbeteiligten liegt die Befürchtung nicht fern, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde, sondern sich auch vom Gesichtspunkt leiten lassen könnte, dem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, zu lohnenden Einnahmen zu verhelfen. In einem solchen Fall muss das Insolvenzgericht über Art und Umfang dieser Beteiligung vor einem Vertragsschluss informiert werden.
18
bb) In der Person der weiteren Beteiligten zu 1 war eine entsprechende Interessenkollision gegeben. Als Vorstand der E. AG war sie deren gesetzlicher Vertreter und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens , dem sie die Ausführung der Zustellungen übertrug. Zumindest im Blick auf ihre Vergütung und ihre Stellung als Vorstand war sie am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Ob sie auch sonst wirtschaftlich an dem Unternehmen beteiligt war, haben die Vorinstanzen nicht aufgeklärt und kann auch dahinstehen. Die zur Anzeigepflicht führende Interessenkollision und die Gefahr der Schädigung der ihr übertragenen Insolvenzmassen war für die weitere Beteiligte zu 1 unübersehbar. Aufgrund der Auseinandersetzungen um die Zuschläge zu ihrer Vergütung in anderen Verfahren im Hinblick auf die ihr übertragenen Zustellungen wusste die weitere Beteiligte zu 1, dass sie mit der Geltendmachung von Beträgen, die weit oberhalb der tatsächlichen Kosten lagen , nicht durchdringen würde. Gleichwohl beauftragte sie ein von ihr geführtes Unternehmen mit der Durchführung der Zustellung zu einem noch höheren Preis, als sie selbst erfolglos vom Insolvenzgericht verlangt hatte, und schädigte damit die Massen in den ihr übertragenen Verfahren. Von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts zu der Beauftragung der E. AG bei pflichtgemäßer Anzeige vor Auftragserteilung, die in zahlreichen der Treuhänderin übertragenen Verfahren unterblieben ist, konnte sie nicht ausgehen. Eine solche Zustimmung war schon wegen der Versagung der Zuschläge im Vorfeld der Beauftragung des Unternehmens nicht zu erwarten.
19
c) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Die Gefahr größerer Schäden für die Masse kann nur durch die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 abgewendet werden. Angesichts der ihr zur Last gelegten, ihre Amtstätigkeit betreffenden zahlreichen masseschädigenden Auftragserteilungen an ein mit ihr verbundenes Unternehmen kann zukünftig nicht mehr auf eine ordnungsgemäße Amtsausübung vertraut werden. Auch wenn die fehlende Bereitschaft, die Zustellungen weiter auszuführen, nicht ausdrücklich in dem vorliegenden Verfahren erklärt worden ist, kann der Beschwerdeführerin wegen der in dieser Erklärung zum Ausdruck kommenden Unzuverlässigkeit und der Begehung erheblicher masseschädigender Handlungen um des eigenen Vorteils willen die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen nicht mehr überantwortet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 16). Mithin erweist sich die Abberufung der Beschwerdeführerin zum Schutz der Masse als unerlässlich.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Köpenick, Entscheidung vom 13.09.2010 - 34 IK 41/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2010 - 85 T 466/10 -

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB11/14
vom
25. September 2014
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wenn das Insolvenzgericht eine Vielzahl von Pflichtverletzungen feststellt, die für
sich alleine eine Entlassung des Insolvenzverwalters nicht rechtfertigen, ist es eine
Frage des Einzelfalls, ob die Gesamtschau dieser Pflichtverletzungen dazu führt,
dass der Insolvenzverwalter entlassen werden kann.
BGH, Beschluss vom 25. September 2014 - IX ZB 11/14 - LG Kempten (Allgäu)
AG Kempten (Allgäu)
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin
Möhring
am 25. September 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 28. Januar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Am 11. Januar 2012 wurde das Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen des A. (künftig: Schuldner) eröffnet und Rechtsanwalt M. (künftig: Beschwerdeführer) zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Schuldner besaß zwei bebaute Grundstücke und ein Waldgrundstück. We- gen der Behandlung dieser Grundstücke im Insolvenzverfahren kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Insolvenzgericht und dem Beschwerdeführer. Letztlich hat es ihn als Insolvenzverwalter entlassen und einen neuen Insolvenzverwalter bestellt. Seine sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser möchte der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen erreichen.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO); insbesondere ist es unschädlich, dass die Rechtsbeschwerde ohne die letzte Seite mit der Unterschrift der Verfahrensbevollmächtigten zu den Akten gelangt ist.
3
Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei bestimmenden Schriftsätzen die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers erforderlich, um diesen unzweifelhaft identifizieren zu können (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2013 - VIII ZB 62/12, NJW-RR 2013, 1395 Rn. 11 mwN). Doch genügt diesen Anforderungen die Unterschrift der Verfahrensbevollmächtigten unter dem Beglaubigungsvermerk am Ende der beglaubigten Abschrift, die innerhalb der Begründungsfrist beim Bundesgerichtshof eingegangen ist. Denn die beglaubigte Abschrift einer Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsschrift ersetzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Unterschrift, wenn der Beglaubigungsvermerk vom Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten der rechtsmittelführenden Partei handschriftlich vollzogen ist (BGH, Beschluss vom 26. März 2012 - II ZB 23/11, NJW 2012, 1738 Rn. 9 mwN).

III.


4
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei unbegründet. Der Beschwerdeführer habe sich mehrere Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, die jeweils für sich genommen zwar minderschwer wögen, jedoch aufgrund der Gesamtschau als wichtiger Grund für eine Entlassung nach § 59 Abs. 1 InsO anzusehen seien. So habe der Beschwerdeführer gegen seine Pflicht verstoßen, das Insolvenzgericht rechtzeitig, ausführlich, transparent und prüffähig zu informieren, insbesondere ein aussagekräftiges Verzeichnis der Massegegenstände vorzulegen. Ihn habe unabhängig von den sich aus §§ 151 ff InsO ergebenden Dokumentationspflichten die Verpflichtung getroffen, verfahrensbezogene Vorgänge schriftlich niederzulegen und der Kontrolle des Gerichts sowie der Gläubiger zu unterwerfen; gegen diese Verpflichtung habe der Beschwerdeführer mehrfach verstoßen. Weiter habe er gegen die Verpflichtung, wichtige Geschäfte höchstpersönlich wahrzunehmen, und die Verpflichtung, die Massegegenstände zugunsten der Gläubiger zu verwerten, verstoßen. Jedenfalls in der Zusammenschau sei die Vielzahl der festgestellten Pflichtverletzungen und Beanstandungen geeignet, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte, nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Ein entsprechender, die Entlassung rechtfertigender Vertrauensverlust sei auch eingetreten.

6
2. Die vom Beschwerdegericht festgestellten Gründe tragen die Entlassung des Beschwerdeführers nach § 59 InsO nicht.
7
a) Ein Insolvenzverwalter ist nach § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO zu entlassen, wenn sein Verbleiben im Amt unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Verwalters die Belange der Gläubiger und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigen würde. Diese Beeinträchtigung muss feststehen. Die Ausübung des Insolvenzverwalteramtes ist durch Art. 12 GG geschützt. Eingriffe sind nur zulässig, soweit sie durch höherwertige Interessen des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, nicht weitergehen als es erforderlich ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, NZI 2006, 158 Rn. 8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 - IX ZB 157/11, WM 2012, 280 Rn. 4; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 8). Die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht reicht niemals für die Entlassung des Ersteren aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Hat die Störung ihren Grund in dem Verwalter vorgeworfenen Pflichtverletzungen, müssen diese grundsätzlich feststehen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005, aaO Rn. 9; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9).
8
Liegt eine Pflichtverletzung vor, die einen wichtigen Grund zur Entlassung des Insolvenzverwalters darstellt, darf das Insolvenzgericht von dieser zwar nicht lediglich deshalb absehen, weil die Gläubiger wegen der Pflichtverletzung den Verwalter nach §§ 60, 61 InsO auf Schadensersatz in Anspruch nehmen können. Umgekehrt ist jedoch nicht jede Pflichtverletzung, die einen Schadensersatzanspruch auslöst, zugleich ein wichtiger Grund zur Entlassung.
Diese setzt grundsätzlich voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzungen, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint , den Verwalter im Amt zu belassen. Diese Beurteilung, die auf einer Abwägung aller jeweils bedeutsamen Umstände beruht, obliegt dem Tatrichter (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005, aaO Rn. 10).
9
Der Senat hat die Annahme eines solchen schwerwiegenden Verstoßes gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters durch das Beschwerdegericht nicht beanstandet, wenn dieser trotz mehrmaliger Festsetzungen und Bezahlung eines Zwangsgelds die ihm abverlangte Handlung nicht vornimmt (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012, aaO) oder wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, NZI 2011, 282 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9). Ebenso kann die Feststellung, der Insolvenzverwalter habe die Verwertung der Forderungen gegen die Ehefrau des Schuldners wegen Vermögensverschiebungen und gegen die Schwester des Schuldners wegen eines Pflichtteils über Jahre hin vorwerfbar verzögert, seine Entlassung begründen (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - IX ZB 44/09, NZI 2010, 998 Rn. 9). Entsprechendes kann gelten, wenn der Insolvenzverwalter mit der Durchführung der ihm übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen Drittunternehmer zu einem vielfach überhöhten Entgelt beauftragt (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 12). Auch handelt er pflichtwidrig, wenn er nicht von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzeigt, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 13), oder wenn er die Erledigung einer ihm übertra- genen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig macht (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 14 ff).
10
Auch wenn ein solcher schwerwiegender Verstoß gegen die Pflichten des Insolvenzverwalters, der seine Entlassung rechtfertigt, nicht festgestellt werden kann, sondern nur viele nicht so schwerwiegende Pflichtverletzungen, die für sich alleine seine Entlassung nicht begründen, kann ein Insolvenzverwalter nach § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO entlassen werden. Voraussetzung ist, dass bei einer Gesamtschau der Pflichtverletzungen sein Belassen im Amt die Interessen der Gläubiger und die Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung objektiv nachhaltig beeinträchtigt.
11
b) Solche schwerwiegenden Pflichtverletzungen hat das Beschwerdegericht weder im Einzelnen noch in einer Gesamtschau festgestellt.
12
aa) Das Beschwerdegericht macht dem Beschwerdeführer zum Vorwurf, über die in der Masse befindlichen Mietwohnungen verzögert, teilweise erst unter Androhung von Zwangsgeld, unvollständig und nicht nachvollziehbar berichtet zu haben. Die Mietverträge habe er gar nicht vorgelegt, die Übersicht über die Mietverhältnisse und die Mieteinnahmen habe er mit zweimonatiger Verspätung zu den Akten gereicht, Angaben über einen Abstellraum hätten in dieser Übersicht gefehlt, erst auf eine weitere Anfrage habe er seine Informationen hierzu ergänzt. Auch habe er den Ist-Einnahmen nicht die Soll-Einnahmen aus den Mietverträgen gegenüber gestellt, so dass das Insolvenzgericht nicht in der Lage gewesen sei, die eingereichten Unterlagen zu prüfen. Die Grundlagen des Vergleichs mit der Tochter des Schuldners seien nicht dargelegt.
13
(1) Die Berichtspflichten des Insolvenzverwalters folgen aus § 58 InsO. Der Insolvenzverwalter steht danach unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dieses kann jederzeit einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung von ihm verlangen (§ 58 Abs. 1 Satz 2 InsO). Im Rahmen der Aufsichtspflicht ist das Gericht berechtigt, Bücher und Belege bei ihm einzusehen und den Kassenstand zu prüfen. Gegebenenfalls kann das Insolvenzgericht vom Insolvenzverwalter eine Zwischenrechnung verlangen (Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 58 Rn. 9). Kraft seiner Aufsichtsgewalt hat das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter zur Beobachtung all der Pflichten anzuhalten, die das Gesetz einem Verwalter ausdrücklich auferlegt hat (Jaeger/Gerhardt, InsO, § 58 Rn. 9). Entsprechend diesen Rechten des Insolvenzgerichts muss der Insolvenzverwalter die Anfragen des Gerichts wahrheitsgemäß, zeitnah und nachvollziehbar beantworten und die angeforderten Unterlagen vorlegen.
14
Die Ansprüche des Schuldners gegen die Mieter gehören zur Masse und stellen, wenn sie erst nach Insolvenzeröffnung entstanden sind, Neuerwerb dar (§ 35 Abs. 1 InsO). Der Insolvenzverwalter hat deswegen diese Forderungen, sofern sie nicht erfüllt sind, in das Masseverzeichnis aufzunehmen (§ 151 InsO). Er hat darüber zu berichten, ob die zur Masse gehörenden Mietwohnungen vermietet sind und ob die Mieter die vertraglich vereinbarten Mieten entrichten und wie er verfährt, wenn dies nicht der Fall ist.
15
(2) Letztlich hat der Beschwerdeführer die von ihm verlangten Auskünfte jedoch erteilt, wenn teilweise auch verzögert. Unmittelbar nach der Anforderung der Aufstellung über die Mietverhältnisse am 12. März 2013 - in der Gläubigerversammlung vom 22. März 2012 ist der Beschwerdeführer hierzu ausweislich des Protokolls noch nicht ausdrücklich durch das Insolvenzgericht aufgefordert worden - hat der Beschwerdeführer über die Vermietungslage berichtet, wenn auch diese Auskünfte nicht umfassend waren. Auf die nächste Anfrage des Insolvenzgerichts vom 8. April 2013 hat der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 19. April 2013 reagiert. Auf die Beanstandung vom 30. April 2013 und die Androhung von Zwangsmitteln vom 17. Mai 2013 hat der Beschwerdeführer die angeforderte Auflistung am 31. Mai 2013 vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat mithin, wenn zwar nicht unmittelbar, so doch in noch hinnehmbarer Zeit die Anfragen , die er ersichtlich anders verstanden hat als das Insolvenzgericht, beantwortet. Die Antworten sind im Wesentlichen vollständig; aus dem letzten Bericht zumindest ergibt sich, wer die Wohneinheiten über welchen Zeitraum gemietet hat und welche Zahlungen erfolgt sind. Eine direkte Gegenüberstellung der Soll- mit den Ist-Einnahmen wäre zwar hilfreich gewesen, wurde aber in dieser Form vom Insolvenzgericht nicht angefordert und war angesichts der geringen Zahl von Mietwohnungen und der wenigen Einnahmen - nur drei Mieter zahlten Mieten an die Masse - nicht unerlässlich.
16
Auch sind die Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf die Mietzahlungen des Mieters R. prüffähig. Das ergibt sich schon aus den Ausführungen des Beschwerdegerichts. Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Mieterkonto ist ersichtlich, welche Zahlungen der Beschwerdeführer als Mieten von dem Mieter R. vereinnahmt hat. Diese Einnahmen weichen insbesondere für das Jahr 2012 von der vereinbarten Nettomiete in Höhe von monatlich 500 € ab. Das hindert jedoch die Prüffähigkeit dieser Angaben nicht.
17
Die Mietverträge hat der Beschwerdeführer dem Insolvenzgericht allerdings nicht vorgelegt. Die Nichtvorlage der Mietverträge wurde erstmals beanstandet im Vermerk des Insolvenzgerichts vom 19. September 2013, nicht schon bereits in der ersten Gläubigerversammlung am 22. März 2012. Zu die- sem Zeitpunkt hätte dem Insolvenzgericht aufgrund des Schreibens des Beschwerdeführers aus März 2013 aber bekannt sein können, dass dieser die Mietverträge der Vollstreckungsabteilung vorgelegt und dies für ausreichend angesehen hat; entweder hätte es deswegen - wenn es tatsächlich Einblick in die Verträge hätte nehmen wollen - die Vollstreckungsakten beiziehen oder aber die Mietverträge beim Beschwerdeführer anfordern müssen.
18
Die Auskünfte zum Vergleichsschluss (in den Monaten Juli und August 2013) sind zwar pflichtwidrig zögerlich und in mehreren Anläufen und nicht sehr übersichtlich erfolgt, aber spätestens mit Eingang des Sachstandsberichts vom 18. September 2013 lagen dem Insolvenzgericht alle Fakten vor. Aus allen Berichten des Beschwerdeführers war bekannt, dass die Tochter des Schuldners schon bei Insolvenzeröffnung in dem Objekt E. straße die Wohnung Nr. 1 bewohnte, nur das Hausgeld an den Hausverwalter und im Übrigen keine Miete zahlte, weil sie mit Gegenansprüchen gegen den Schuldner aufrechnete. Spätestens mit Vorlage der Auflistung der Mietwohnungen durch Schreiben des Beschwerdeführers vom 29. Mai 2013 war bekannt, dass dieser die Aufrechnung "anfechte", die Tochter eine monatliche Miete in Höhe von 712 € schuldete und Zahlungen (an den Hausverwalter) nur in Höhe von 164 € erbrachte. Im Sachstandsbericht vom 18. September 2013 teilte der Beschwerdeführer dann mit, dass mit Beschluss vom 28. Mai 2013 die von der Tochter des Schuldners bewohnte Wohnung im Objekt E. straße dem Meistbietenden zugeschlagen worden ist, mit der Folge, dass mit Wirksamwerden des Zuschlags (§ 89 ZVG) der Ersteher Eigentümer wurde (§ 90 Abs. 1 ZVG) und in die bestehenden Mietverhältnisse eintrat (vgl. Stumpe in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 90 ZVG Rn. 7). Daraus konnte geschlossen werden, dass die Tochter des Schuldners unter den Voraussetzungen des § 96 InsO rückständige Miete in Höhe von monatlich 548 € für 16 Monate schuldete. Auch teilte der Beschwerdeführer mit, die Tochter im Hinblick auf ihre finanzielle Lage und wegen rechtlicher Risiken nicht verklagt, sondern sich mit ihr auf die Zahlung von 4.000 € an die Masse verglichen zu haben.
19
Allerdings trifft es zu, dass die Informationen zu der Einheit Nr. 5 im Objekt A. straße durch den Beschwerdeführer nicht sorgfältig und zeitnah erteilt wurden. In seinem ersten Bericht vom 14. März 2012 hat er selbst fünf Einheiten in diesem Objekt genannt. In späteren Berichten machte er nur zu vier Einheiten Angaben über den Vermietungsstand. Auf die diesbezügliche Anfrage des Insolvenzgerichts aus dem Monat September 2013 reagierte der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, es bestehe keine Wohnung Nr. 5. Erst in der Beschwerdeschrift legte er dar, dass es sich bei der Einheit Nr. 5 um einen Abstellraum handle, der der Wohnung Nr. 1 zuzurechnen und mit dieser vermietet sei.
20
Soweit sich aus den Feststellungen des Beschwerdegerichts mithin Pflichtverstöße des Beschwerdeführers ergeben, sind sie aber nicht so schwerwiegend, dass sie seine Entlassung als Insolvenzverwalter rechtfertigen könnten. Das Insolvenzgericht hat nicht festgestellt, dass sich das Insolvenzverfahren infolge der zögerlichen Beantwortung der Fragen verzögert hätte. Dies liegt auch nicht auf der Hand, weil die Zwangsversteigerung des Immobilienbesitzes betrieben wird und noch nicht alle Wohnungseinheiten versteigert sind. Nachteile für die Masse werden ebenfalls nicht festgestellt.
21
bb) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht, es sei pflichtwidrig, dass der Beschwerdeführer nicht alle verfahrensbezogenen Vorgänge schriftlich nie- dergelegt habe, damit das Insolvenzgericht und die Gläubiger ihn beaufsichtigen könnten.
22
(1) Das Beschwerdegericht macht dem Beschwerdeführer zum Vorwurf, er habe dem Schuldner gestattet, an einer Wohnungseigentümerversammlung teilzunehmen, ohne schriftlich niedergelegt zu haben, welche Vollmacht er dem Schuldner erteilt habe. Weiter habe er gestattet, dass ein neuer Mieter die Wohnung gegen Erlass von zwei Monatsmieten renoviere, ohne in einer persönlichen Bestandsaufnahme der Wohnung samt Lichtbildern deren Renovierungsbedürftigkeit festgehalten zu haben. Auch habe er mit der Tochter des Schuldners einen Vergleich über rückständige Mieten geschlossen, ohne in seinen Unterlagen zu dokumentieren, welche Grundlage der Vergleich gehabt habe.
23
(2) Schon der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts trifft nicht zu. Der Insolvenzverwalter muss nicht über seine sich aus der Insolvenzordnung ausdrücklich ergebenden Pflichten zur Dokumentation hinaus jeden verfahrensbezogenen Umstand dokumentieren. Dies hat der Senat in anderem Zusammenhang bereits entschieden (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, NZI 2009, 171 Rn. 22). Eine solche umfassende Dokumentationspflicht ist vom Insolvenzverwalter im Einzelfall kaum zu erfüllen. Die Gläubiger sind ausreichend durch ihre Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter nach §§ 60, 61 InsO und die zu diesen Vorschriften entwickeltenDarlegungsund Beweisregeln geschützt (vgl. BGH, aaO). Eine besondere Dokumentationspflicht zur Abwehr einer möglichen Haftung nach diesen Vorschriften besteht nicht und wird auch nicht durch die allgemeine Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts über Insolvenzverwalter nach § 58 Abs. 1 InsO begründet.
24
(3) Allerdings kann das Insolvenzgericht vom Insolvenzverwalter bei diesem vorhandene Belege anfordern. Soweit das Beschwerdegericht dem Beschwerdeführer vorwirft, dieser habe keinen Beleg für die Zahlung der Tochter des Schuldners auf einen mit dem Beschwerdeführer geschlossenen Vergleich vorgelegt, ergibt sich daraus eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers nicht. Denn das Beschwerdegericht hat nicht festgestellt, dass die Tochter auf den Vergleich gezahlt hat, was der Beschwerdeführer nie behauptet hat.
25
cc) Auch hat der Beschwerdeführer nicht dadurch gegen die höchstpersönliche Rechtsnatur des Amts eines Insolvenzverwalters verstoßen, dass er einen Termin der Wohnungseigentümerversammlung durch den Schuldner hat wahrnehmen lassen.
26
Allerdings ist ab Insolvenzeröffnung hinsichtlich einer Eigentumswohnung , die in die Masse gefallen ist (§ 35 Abs. 1 InsO), allein der Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO anstelle des Schuldners in einer Wohnungseigentümerversammlung stimmberechtigt (Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 25 Rn. 27). Ein Wohnungseigentümer kann sich in der Wohnungseigentümerversammlung bei der Ausübung seines Stimmrechts vertreten lassen; auf diese Vertretung sind die §§ 164 ff BGB anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 178/11, NJW 2012, 2512 Rn. 10). Dies gilt im Grundsatz auch für den Insolvenzverwalter.
27
Ein Insolvenzverwalter kann sein Amt als solches nicht auf einen anderen übertragen; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut. Insolvenzverfahrensspezifische Handlungen darf er, wenn auch der Einsatz von Mitarbeitern in größeren Verfahren praktisch unvermeidbar oder gar geboten sein kann, nur persönlich vornehmen. Dazu gehören etwa die Führung eines Anfech- tungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern sowie die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse (BGH, Beschluss vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 9).
28
Daraus folgt jedoch nicht, dass der Insolvenzverwalter in Person an den Wohnungseigentümerversammlungen teilnehmen muss. Es ist anerkannt, dass der Insolvenzverwalter etwa die Aufgabe der Immobilienverwaltung nicht höchstpersönlich erledigen muss, sondern er sie auf Dritte delegieren kann (Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 56 Rn. 22). Ebenso wenig muss er persönlich an den Eigentümerversammlungen teilnehmen, sondern kann auch diese Aufgabe auf eine andere Person übertragen. Die Frage, wen der Insolvenzverwalter mit dieser Aufgabe betraut, steht in seinem Ermessen, das hier nicht fehlerhaft ausgeübt ist.
29
dd) Weiter meint das Beschwerdegericht, den Beschwerdeführer träfen Pflichtverletzungen im Bereich der Vermögensverwertung. Er habe eineinhalb Jahre nichts unternommen, um von der Tochter des Schuldners die Mieten einzuziehen. Die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen genügen nicht, um eine Pflichtverletzung des Beschwerdeführers zu begründen. Denn das Beschwerdegericht hat den Vortrag des Beschwerdeführers nicht widerlegt, dass die Tochter gegen die Mietforderungen der Masse mit Gegenforderungen gegen den Schuldner aufgerechnet habe. Weiter ist es dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten, dass die Tochter vermögenslos ist. Auch hat das Beschwerdegericht den Vortrag des Beschwerdeführers hingenommen , dass es hinsichtlich der Miethöhe rechtliche Risiken gegeben habe. Dann aber ist es nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdeführer die Mieten gegen die Tochter nicht gerichtlich geltend gemacht, sondern sich mit ihr unter Verzicht auf eine Teilforderung verglichen hat. Weitere Vorwürfe in diesem Zusammenhang haben Insolvenzgericht und Beschwerdegericht nicht erhoben.
30
ee) Ferner meint das Beschwerdegericht, die Unzuverlässigkeit des Beschwerdeführers erweise sich aus dem Umstand, dass gegen ihn ein Vollstreckungsbescheid ergangen sei. Auch hier begründen die Feststellungen allenfalls einen leichten Pflichtverstoß des Beschwerdeführers. Das Beschwerdegericht hat nicht festgestellt, dass die titulierte Forderung unberechtigt gewesen wäre. Es soll sich um Masseschulden aus Bereicherungsrecht handeln. Der Beschwerdeführer hat selbst die Kosten der Titulierung und Zwangsvollstreckung übernommen und die Masse nicht belastet.
31
ff) Wegen weiterer - nicht konkretisierter - Pflichtverletzungen verweist das Beschwerdegericht zustimmend auf die Entscheidung des Insolvenzgerichts und den insoweit nicht aussagekräftigen Nichtabhilfebeschluss, ohne eigene Feststellungen zu treffen und sich mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.
32
(1) Das Insolvenzgericht hat dem Beschwerdeführer eine Schädigung der Masse zur Last gelegt, weil dieser bei Abschluss des Mietvertrages mit der I. die ersten beiden Mieten erlassen habe. Eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers steht insoweit nicht fest. Das Beschwerdegericht hat gerade nicht festgestellt, dass die Wohnung nicht renovierungsbedürftig und ohne die Renovierung vermietbar gewesen war. Mithin sind die Auskünfte des Beschwerdeführers nicht widerlegt, dass seine Vereinbarungen mit der Mieterin wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Gläubiger waren.

33
(2) Ebenso wenig trägt der in Bezug genommene Vorwurf des Insolvenzgerichts , der Beschwerdeführer habe es zugelassen, dass ein Endmieter an den Schuldner nach Insolvenzeröffnung eineinhalb Monatsmieten und die Kaution gezahlt und dadurch die Masse geschädigt habe. Das Beschwerdegericht hat die Einlassung des Beschwerdeführers nicht widerlegt, dass der Endmieter nicht auf einen Mietvertrag mit dem Schuldner oder dem Beschwerdeführer gezahlt hat, sondern auf einen Mietvertrag mit dem Zwischenvermieter, mit dem der Beschwerdeführer den Mietvertrag geschlossen hat. Dann aber ist eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers insoweit nicht ersichtlich.
34
(3) Eine die Masse schädigende Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers ist auch nicht darin zu sehen, dass dieser die Mieter angewiesen hat, die vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen an den Hausverwalter zu zahlen. Solange die Eigentumswohnungen Teil der Masse sind, sind die nach der Insolvenzeröffnung fällig werdenden Wohngeldansprüche Masseschulden gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO. Wegen dieser Masseschulden kann die Wohnungseigentümergemeinschaft den Insolvenzverwalter auf Zahlung verklagen und aus einem Zahlungstitel in die Masse vollstrecken (BGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - IX ZR 120/10, NJW 2011, 3098 Rn. 7). Der Beschwerdeführer musste deswegen die nach der Insolvenzeröffnung fällig werdenden Wohngeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllen. Dies konnte er dadurch erreichen, dass er die Mieter anwies, die Nebenkostenvorauszahlungen unmittelbar an den Hausverwalter zu erbringen. Ein Pflichtverstoß liegt hierin jedenfalls nicht.
35
(4) Soweit das Insolvenzgericht dem Beschwerdeführer vorwirft, die Ansprüche auf rückständige Nebenkosten aus den Jahren 2010 und 2011 gegen- über dem Mieter A. nicht weiterverfolgt zu haben, ergibt sichhieraus eine Pflichtverletzung noch nicht. Das Beschwerdegericht hat nicht festgestellt, dass diese Ansprüche werthaltig sind, was der Beschwerdeführer in Abrede gestellt hat.
36
(5) Überdies macht das Beschwerdegericht durch Bezugnahme auf die Entscheidung des Insolvenzgerichts dem Beschwerdeführer zum Vorwurf, dieser führe hinsichtlich der einzelnen Mietobjekte keine getrennte Buchhaltung. Das stellt jedenfalls vorliegend keinen Pflichtverstoß dar, zumindest keinen, der seine Entlassung rechtfertigen könnte, weil für die neun Mieteinheiten monatlich lediglich drei Mieten eingingen und die Nebenkosten direkt an den Hausverwalter gezahlt wurden.
37
(6) Mit den Endmietern H. und W. stehen der Schuldner und der Beschwerdeführer nicht in Vertragsbeziehungen. Hier ist schon aus diesem Grund eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers nicht ersichtlich, weil er angebliche "Verrechnungen" nicht verhindert habe. Soweit die I. im Hinblick auf zwei Einheiten im Objekt A. straße die noch vor Insolvenzeröffnung mit dem Schuldner vereinbarten Mieten nicht an die Masse zahlte , weil sie mit Gegenansprüchen aufgerechnet hat, ist die behauptete Pflichtwidrigkeit ebenfalls nicht festgestellt. Der Beschwerdeführer hat hinreichend dargelegt, dass er bereits Anfang des Jahres 2013 der Verrechnung widersprochen habe. Dass er dann nicht bis zu seiner Entlassung die Mieterin verklagt hat, begründet einen Pflichtverstoß noch nicht. In welcher Reihenfolge ein Insolvenzverwalter Anfechtungsrechte geltend macht, unterliegt seiner Entscheidung , solange er das Insolvenzverfahren nicht verzögert. Dass es deswegen zu einer Verzögerung des Verfahrens kommt, hat das Insolvenzgericht nicht fest- gestellt und ist im Hinblick auf das laufende Zwangsversteigerungsverfahren auch nicht ersichtlich.
38
(7) Hinsichtlich des Waldgrundstücks hat das Beschwerdegericht ebenfalls keine Feststellungen getroffen, die eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers begründen könnten. Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dieses habe einen Wert von 500 € und sei im Übrigen zugunsten des Freistaats mit einer Sicherungshypothek wertausschöpfend belastet. Der Beschwerdeführer hat weiter vorgetragen, er erwäge, wegen der anfallenden Sicherungsmaßnahmen das Grundstück freizugeben. Im Hinblick auf diesen Vortrag erschließt sich eine Pflichtwidrigkeit des Beschwerdeführers jedenfalls nicht wegen der unterlassenen Verwertungsmaßnahmen.
39
Entsprechendes gilt für den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe pflichtwidrig der Holzentsorgung durch den Schuldner zugestimmt. Auch hier hat das Beschwerdegericht den Vortrag des Beschwerdeführers nicht entkräftet, dass er den Schuldner nur habe einen Sturmschaden beheben lassen, Gefahr im Verzug bestanden und die Beauftragung eines Fremdunternehmens den Wert des vom Schuldner entsorgten Holzes deutlich überstiegen habe. Eine Schädigung der Masse oder des Absonderungsberechtigten ist danach nicht zu erkennen.
40
(8) Entsprechendes gilt für die Waffen, die der Schuldner in Besitz hat. Diese sollen nach den vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts einen Wert von 1.500 € haben. Sie sind nach den Ausführungen des Beschwerdeführers jedoch der Lebensgefährtin des Schuldners sicherungsübereignet, die dem Schuldner im Jahr 2009 ein Darlehen gewährt und dafür die Waffen als Sicherheit übertragen erhalten hat. Dass diese Angaben nicht zutreffen oder die Sicherungsübereignung anfechtbar wäre , stellt das Beschwerdegericht nicht fest. Der Masse stünden deswegen allenfalls 9 v.H. des Verkaufserlöses (§ 171 InsO) zur Verfügung (135 €), wenn der Beschwerdeführer die Waffen bereits verwertet hätte. Dass sich durch eine spätere Verwertung - im Hinblick auf den zu verwertenden und in der Zwangsversteigerung sich befindenden Grundbesitz des Schuldners - das Insolvenzverfahren verzögern wird, hat das Beschwerdegericht nicht festgestellt.
41
(9) Ebenso wenig tragen die in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts, der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend geprüft, ob der Schuldner Grundbesitz in Namibia habe. Dies wurde dem Beschwerdeführer von Gläubigern als Gerücht zugetragen. Auf Nachfrage des Insolvenzverwalters hat der Schuldner solchen Grundbesitz bestritten, aber begründet, wie das Gerücht habe entstehen können: Er habe mehrmals in Namibia Urlaub gemacht. Welche Ermittlungsbemühungen der Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund hätte unternehmen müssen, legt das Beschwerdegericht nicht dar.
42
(10) Die ursprüngliche Angabe eines nicht existierenden Anteils an der R. eG beruht auf einem vom Beschwerdeführer eingeräumten Missverständnis. Eine Pflichtverletzung folgt hieraus nicht.
43
c) Mithin ergeben sich aus den Feststellungen folgende allenfalls geringfügige Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers: Er hat die Anfragen des Insolvenzgerichts teilweise um einige Wochen verzögert, manchmal erst in mehreren Anläufen und auch nicht immer präzise beantwortet. Er hat gegen sich einen Vollstreckungsbescheid ergehen lassen, obwohl die Forderung gerechtfertigt war. Diese festgestellten Pflichtverletzungen rechtfertigen weder alleine noch in der Gesamtschau die Entlassung des Beschwerdeführers.

IV.


44
Die Beschwerdeentscheidung war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen , weil die Sache nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Kempten (Allgäu), Entscheidung vom 14.10.2013 - IN 797/11 -
LG Kempten, Entscheidung vom 28.01.2014 - 42 T 2018/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 35/09
vom
9. Juli 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Prof. Dr. Kayser, Vill, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer und
Dr. Pape
am 9. Juli 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 86 des Landgerichts Berlin vom 7. Januar 2009 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Rechtsbeschwerdeführer Der wurde im Verfahren auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 13. März 2007 mit der Erstattung des Eröffnungsgutachtens beauftragt und am 27. August 2007 zusätzlich zum vorläufigen Treuhänder bestimmt. In dem Bestellungsbeschluss wurde der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Schuldnerin auf den vorläufigen Treuhänder bestimmt und ein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet.
2
4. Juni Am 2008 reichte der Rechtsbeschwerdeführer sein Gutachten ein. Darin führte er unter dem Kapitel "Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens" aus, dass die Schuldnerin am 28. Januar 2007 die Frage des Gerichts nach einer bisherigen selbständigen Tätigkeit verneint, aber sich am 1. Februar 2007 selbständig gemacht habe. Er wertete diese Auskunft als "hinterhältig" und "hinterlistig". Dass die Schuldnerin diese selbständige Tätigkeit nach Ablauf der Dauer der Existenzgründungsbeihilfe aufgab, kommentierte der Rechtsbeschwerdeführer in den Gutachten damit, dass die Tätigkeit der Schuldnerin offenbar ausschließlich der Vereinnahmung der Existenzgründungsbeihilfe gedient habe.
3
Am 2. Juli 2008 beschwerte sich die Schuldnerin schriftlich beim Insolvenzgericht über den Beschwerdeführer wegen dessen Verhaltens in ihrem Laden. Am selben Tag entließ das Insolvenzgericht den Rechtsbeschwerdeführer, ohne ihn vorher anzuhören. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte , nachdem ihr das Insolvenzgericht nicht abgeholfen hatte, keinen Erfolg. Im Beschwerdeverfahren hatte der entlassene vorläufige Treuhänder umfassend Gelegenheit zur Stellungnahme.
4
Mit der Rechtsbeschwerde begehrt er weiterhin Aufhebung des Entlassungsbeschlusses.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 59 Abs. 2 Satz 1, § 313 Abs. 1 Satz 3 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist jedoch unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufzeigt, der gemäß § 574 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderte. Dabei prüft der Bundesgerichtshof nur die Zulässigkeitsgründe, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162; v. 9. März 2006 - IX ZB 209/04, ZVI 2006, 351, 352 Rn. 4; v. 18. Dezember 2008 - IX ZB 46/08, ZInsO 2009, 495 Rn. 4).
6
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt der angegriffenen Entscheidung nicht der (ungeschriebene) Obersatz zugrunde, dass die Ausübung des Amtes des vorläufigen Treuhänders nicht durch Art. 12 GG geschützt sei und ein Eingriff in dieses Amt nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren müsse. Richtig ist zwar, dass die Beschwerdeentscheidung weder die Wertentscheidung des Art. 12 GG noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausdrücklich erwähnt, obwohl die Ausübung des Amtes des vorläufigen Treuhänders durch die Berufsfreiheit geschützt ist und Eingriffe nur zulässig sind, soweit sie durch höherwertige Interessen des gemeinen Wohls gerechtfertigt sind, nicht weiter gehen, als erforderlich ist, und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (vgl. BGH, Beschl. v. 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, ZIP 2006, 247, 248 Rn. 8). Der Umstand, dass das Beschwerdegericht diese Grundsätze nicht ausdrücklich erwähnt hat, lässt indes nicht den Schluss zu, dass es sie für nicht anwendbar hielt.
7
2. Eine Fortbildung des Rechts zu der Frage, ob der Gutachter berechtigt ist, das Verhalten des Insolvenzschuldners im Eröffnungsverfahren zu bewerten , ist nicht erforderlich. Ein derartiges Recht steht ihm selbstverständlich zu. Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, woraus sich diesbezüglich Zweifel ergeben sollten.
8
Allerdings ergibt sich aus diesem Recht nicht die Rechtfertigung, gegen den Schuldner ehrenrührige tatsächliche Behauptungen ohne ausreichende Tatsachengrundlage aufzustellen und das Verhalten des Schuldners mit beleidigenden Kommentaren zu versehen. Hiervon ist jedoch das Beschwerdegericht ausgegangen, ohne dass die Rechtsbeschwerde insoweit einen Zulässigkeitsgrund aufzeigt.
9
Die Entlassung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder (vorläufigen) Treuhänders setzt eine Pflichtverletzung voraus, die - wie hier - tatsächlich feststeht. Sie setzt weiter voraus, dass es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint , den Verwalter oder Treuhänder im Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschl. v. 8. Dezember 2005, aaO S. 248 Rn. 10).
10
3. Der Zulässigkeitsgrund der Einheitlichkeitssicherung ist nicht deshalb gegeben, weil das Insolvenzgericht das Grundrecht des vorläufigen Treuhänders auf rechtliches Gehör, das auch in § 59 Abs. 1 Satz 3 InsO verbürgt ist, möglicherweise verletzt hat. Es hätte den vorläufigen Verwalter vor seiner Entlassung hören müssen, auch wenn dieser zum Zeitpunkt der Entscheidung in Urlaub war. Gegebenenfalls hätte mit der Anhörung und der Entscheidung - wenn keine Gefahr in Verzug war - bis zu dessen Rückkehr zugewartet werden müssen.
11
Das rechtliche Gehör konnte jedoch im Abhilfeverfahren vor dem Insolvenzgericht und im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 3. April 2003 - IX ZB 373/02; v. 16. Oktober 2003 - IX ZB 475/02, ZVI 2004, 24, 25; vgl. auch MünchKomm-InsO/Graeber, 2. Aufl. § 59 Rn. 57; Vallender in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. S. 249, 268 Rn. 62). Diese Nachholung ist auch erfolgt. Die angegriffene Entscheidung des Landgerichts beruht deshalb nicht auf der gerügten Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 02.07.2008 - 33 IK 288/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.01.2009 - 86 T 597/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 25/11
vom
19. Januar 2012
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin
Möhring
am 19. Januar 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 30. November 2010 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zum Treuhänder bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte ihn nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit seinem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers vor, dem er die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und der je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
Er kündigte an, diese Rechnung aus der Masse zu begleichen. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 auch für die Wohlverhaltensperiode zum Treuhänder, äußerte aber Bedenken bezüglich der Erstattungsfähigkeit der eingereichten Rechnung. Im Folgenden stellte sich heraus, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung bereits vollumfänglich aus der Masse beglichen hatte, obwohl von den abgerechneten zwölf Zustellungen nur drei Zustellungen von dem Drittunternehmer, die übrigen aber vom weiteren Beteiligten zu 1 selbst ausgeführt worden waren. Der Aufforderung des Insolvenzgerichts, den bezahlten Betrag bis auf einen Betrag von 2,70 € je Zustellung zu erstatten, kam der weitere Beteiligte zu 1 nicht nach.
2
Das Insolvenzgericht hat daraufhin den weiteren Beteiligten zu 1 entlassen und den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Amtspflichten verletzt habe. Dessen sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich der Treuhänder pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund komme neben einer Pflichtverletzung des Treuhänders auch eine Situation in Betracht, bei der das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob der Treuhänder für die ihm nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet , ob der Treuhänder die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, das unter derselben Anschrift firmiere wie er selbst und dessen Vorstand seine Anwaltspartnerin sei, und ob er dafür Auslagenersatz verlangen könne. Schließlich habe das Insolvenzgericht den Treuhänder in zahlreichen anderen Verfahren entlassen.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, juris Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; Münch- Komm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Die Entlassung des Treuhänders setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
8
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli2009 - IX ZB 35/09, ZVI 2009, 404 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZVI 2011, 167 Rn. 18).
9
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005, aaO; vom 1. März 2007 - IX ZB 47/06, WM 2007, 842 Rn. 8). Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 8. Dezem- ber 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 6). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann als verhältnismäßig gerechtfertigt, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen (vgl. zur Entlassung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses BGH, Beschluss vom 1. März 2007, aaO Rn. 6). Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 20).
10
cc) Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden des Treuhänders oder auf sonstige weitere sachliche Voraussetzungen ankäme, hat es diesen Maßstab verkannt.
11
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist die festgestellte schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten des weiteren Beteilig- ten zu 1 zurückzuführen, das objektiv geeignet war, eine solche Störung zu bewirken.
12
a) Vieles spricht dafür, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Pflichten als Treuhänder bereits dadurch verletzt hat, dass er mit der Durchführung der ihm übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen haben dürfte. Die Kosten für die Ausführung einer Zustellung durch eigenes Personal des Insolvenzverwalters hat Graeber (ZInsO 2007, 204 f) mit rund 2,80 € je Zustellung ermittelt. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen.
13
b) Pflichtwidrig war jedenfalls, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Beauftragung des Drittunternehmers mit der Durchführung der Zustellungen nicht sogleich dem Insolvenzgericht anzeigte. Vorstand des beauftragten Unternehmens war die Ehefrau und Mitgesellschafterin der Anwaltssozietät des weiteren Beteiligten zu 1. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzuzeigen, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277). Zu § 42 ZPO ist anerkannt, dass die Ehe des Richters mit dem Vertretungsorgan einer beteiligten Partei ein Befangenheitsgrund sein kann (etwa Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 12 unter Hinweis auf VGH Kassel, AnwBl 1991, 161; vgl. auch OLGR Jena 2000, 77 und LG Hanau, NJW-RR 2003, 1368). Entspre- chend kann der Umstand, dass die Ehefrau des Treuhänders Vorstand des von ihm mit delegierten Aufgaben entgeltlich betrauten Unternehmens ist, die Besorgnis der Befangenheit des Treuhänders begründen. Er muss deshalb vom Treuhänder dem Insolvenzgericht angezeigt werden.
14
c) Zusammen mit seinem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung des Drittunternehmers dem Insolvenzgericht vor. Damit genügte er der Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 2 InsVV. Pflichtwidrig verschwieg er aber, dass der Drittunternehmer zu dem überhöhten Preis auch Zustellungen abrechnete, die nicht von jenem, sondern vom weiteren Beteiligten zu 1 ausgeführt worden waren. Pflichtwidrig und möglicherweise strafbar war ferner, dass der weitere Beteiligte zu 1 die zu Unrecht berechneten Zustellungen an den Drittunternehmer bezahlte.
15
d) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschrif- ten entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 19.10.2010 - 34 IK 177/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2010 - 85 T 449/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 31/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1
Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig
von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen
kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht
besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder
wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenzmasse zu erteilen
beabsichtigt (Fortführung von BGHZ 113, 262).
BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11 - AG Köpenick
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 13. Juni 2005 zur Treuhänderin bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte sie nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit ihrem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte die weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers über insgesamt 809,20 € vor, dem sie die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und das je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 13. September 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat die damit verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 damit begründet, dass sie nach Zurückweisung ihrer Versuche in anderen Verfahren, Zuschläge in Höhe von je 20 € für die Zustel- lung des Eröffnungsbeschlusses und in Höhe von 10 € für die Zustellung aller weiteren Entscheidungen zu erhalten, ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht die E. AG, der sie selbst vorstehe, mit der Durchführung der Zustellungen beauftragt habe. Es sei ferner bekannt, dass sie in anderen Verfahren angekündigt habe, die ihr mit dem Eröffnungsbeschluss übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten nur noch gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe der von ihr beantragten Zuschläge auszuführen. Weiter habe sie in dem vorliegenden Verfahren den Schlusstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nichtwahrgenommen und in einer Vielzahl von anderen Verfahren von ihr erforderte Berichte erst nach einer Erinnerung und einer großzügigen Fristsetzung eingereicht. Die von der weiteren Beteiligten zu 1 wegen ihrer Entlassung erhobene sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich die Treuhänderin pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund reiche es aus, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und der Treuhänderin seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob die Treuhänderin für die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet, ob die Treuhänderin die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, dem sie selbst vorstehe, das unter ihrer Anschrift firmiere und ob sie dafür Auslagenersatz verlangen könne.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, ZInsO 2007, 86 Rn. 20; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 6 mwN). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers , der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
8
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen hätten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 7).
9
c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt, wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters, einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
10
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9 mwN).
11
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.
12
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist nämlich die schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückzuführen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
13
a) Das Insolvenzgericht hat festgestellt, die weitere Beteiligte zu 1 habe in mehreren anderen Insolvenzverfahren erklärt, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen Zuschläge zur Vergütung in Höhe von 20 € für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und 10 € je auszuführender weiterer Zustellung durch das Gericht gezahlt werden würden.

14
aa) Mit diesem Verhalten hat die weitere Beteiligte zu 1 die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden. Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 15).
15
bb) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann.
Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn der Treuhänder - wie hier - gleichartige Pflichtverletzungen auch in anderen beim nämlichen Insolvenzgericht anhängigen Verfahren begangen hat.
16
b) Die weitere Beteiligte zu 1 hat ihre Pflichten als Treuhänderin weiter dadurch in hohem Maße verletzt, dass sie mit der Durchführung der ihr übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen von ihr selbst geleiteten Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen hat. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 12).
17
aa) Pflichtwidrig war es insbesondere, dass die weitere Beteiligte zu 1 das Drittunternehmen beauftragt hatte, bevor sie ihre Absicht dem Insolvenzgericht zuvor angezeigt hatte. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht rechtzeitig einen Sachverhalt unmissverständlich anzuzeigen , der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277; Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, aaO Rn. 13). Diese Pflicht zur Offenbarung von Interessenkollisionen dient dem Schutz aller Verfahrensbeteiligten davor, dass der Verwalter sein Amt möglicherweise nicht unvoreingenommen und allein dem Insol- venzzweck entsprechend ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1991, aaO S. 279). Ist der Insolvenzverwalter entweder rechtlich oder - möglicherweise auch über einen Treuhänder - wirtschaftlich Allein- oder Mitinhaber eines Unternehmens und wirkt sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn aus, so begründet diese Beteiligung die Besorgnis, dass er sich hierdurch in seiner Entscheidung beeinflussen lassen kann. Aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Verfahrensbeteiligten liegt die Befürchtung nicht fern, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde, sondern sich auch vom Gesichtspunkt leiten lassen könnte, dem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, zu lohnenden Einnahmen zu verhelfen. In einem solchen Fall muss das Insolvenzgericht über Art und Umfang dieser Beteiligung vor einem Vertragsschluss informiert werden.
18
bb) In der Person der weiteren Beteiligten zu 1 war eine entsprechende Interessenkollision gegeben. Als Vorstand der E. AG war sie deren gesetzlicher Vertreter und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens , dem sie die Ausführung der Zustellungen übertrug. Zumindest im Blick auf ihre Vergütung und ihre Stellung als Vorstand war sie am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Ob sie auch sonst wirtschaftlich an dem Unternehmen beteiligt war, haben die Vorinstanzen nicht aufgeklärt und kann auch dahinstehen. Die zur Anzeigepflicht führende Interessenkollision und die Gefahr der Schädigung der ihr übertragenen Insolvenzmassen war für die weitere Beteiligte zu 1 unübersehbar. Aufgrund der Auseinandersetzungen um die Zuschläge zu ihrer Vergütung in anderen Verfahren im Hinblick auf die ihr übertragenen Zustellungen wusste die weitere Beteiligte zu 1, dass sie mit der Geltendmachung von Beträgen, die weit oberhalb der tatsächlichen Kosten lagen , nicht durchdringen würde. Gleichwohl beauftragte sie ein von ihr geführtes Unternehmen mit der Durchführung der Zustellung zu einem noch höheren Preis, als sie selbst erfolglos vom Insolvenzgericht verlangt hatte, und schädigte damit die Massen in den ihr übertragenen Verfahren. Von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts zu der Beauftragung der E. AG bei pflichtgemäßer Anzeige vor Auftragserteilung, die in zahlreichen der Treuhänderin übertragenen Verfahren unterblieben ist, konnte sie nicht ausgehen. Eine solche Zustimmung war schon wegen der Versagung der Zuschläge im Vorfeld der Beauftragung des Unternehmens nicht zu erwarten.
19
c) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Die Gefahr größerer Schäden für die Masse kann nur durch die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 abgewendet werden. Angesichts der ihr zur Last gelegten, ihre Amtstätigkeit betreffenden zahlreichen masseschädigenden Auftragserteilungen an ein mit ihr verbundenes Unternehmen kann zukünftig nicht mehr auf eine ordnungsgemäße Amtsausübung vertraut werden. Auch wenn die fehlende Bereitschaft, die Zustellungen weiter auszuführen, nicht ausdrücklich in dem vorliegenden Verfahren erklärt worden ist, kann der Beschwerdeführerin wegen der in dieser Erklärung zum Ausdruck kommenden Unzuverlässigkeit und der Begehung erheblicher masseschädigender Handlungen um des eigenen Vorteils willen die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen nicht mehr überantwortet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 16). Mithin erweist sich die Abberufung der Beschwerdeführerin zum Schutz der Masse als unerlässlich.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Köpenick, Entscheidung vom 13.09.2010 - 34 IK 41/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2010 - 85 T 466/10 -

(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 31/11
vom
26. April 2012
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1
Der Insolvenzverwalter/Treuhänder ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht rechtzeitig
von sich aus einen Sachverhalt anzuzeigen, der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen
kann, dass er als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist; diese Pflicht
besteht insbesondere dann, wenn er einem Unternehmen, an dem er rechtlich oder
wirtschaftlich beteiligt ist, einen entgeltlichen Auftrag der Insolvenzmasse zu erteilen
beabsichtigt (Fortführung von BGHZ 113, 262).
BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 31/11 - AG Köpenick
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 26. April 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2010 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners am 13. Juni 2005 zur Treuhänderin bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte sie nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit ihrem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte die weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers über insgesamt 809,20 € vor, dem sie die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und das je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
2
Nach Durchführung des Schlusstermins hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 13. September 2010 dem Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und für die Wohlverhaltensphase den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat die damit verbundene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 damit begründet, dass sie nach Zurückweisung ihrer Versuche in anderen Verfahren, Zuschläge in Höhe von je 20 € für die Zustel- lung des Eröffnungsbeschlusses und in Höhe von 10 € für die Zustellung aller weiteren Entscheidungen zu erhalten, ohne eine vorherige Anzeige an das Insolvenzgericht die E. AG, der sie selbst vorstehe, mit der Durchführung der Zustellungen beauftragt habe. Es sei ferner bekannt, dass sie in anderen Verfahren angekündigt habe, die ihr mit dem Eröffnungsbeschluss übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten nur noch gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe der von ihr beantragten Zuschläge auszuführen. Weiter habe sie in dem vorliegenden Verfahren den Schlusstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nichtwahrgenommen und in einer Vielzahl von anderen Verfahren von ihr erforderte Berichte erst nach einer Erinnerung und einer großzügigen Fristsetzung eingereicht. Die von der weiteren Beteiligten zu 1 wegen ihrer Entlassung erhobene sofortige Beschwerde ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO iVm Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich die Treuhänderin pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund reiche es aus, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und der Treuhänderin seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob die Treuhänderin für die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet, ob die Treuhänderin die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, dem sie selbst vorstehe, das unter ihrer Anschrift firmiere und ob sie dafür Auslagenersatz verlangen könne.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 81/06, ZInsO 2007, 86 Rn. 20; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren , sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss - wie hier - keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 – IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 6 mwN). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO, wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers , der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE-InsO).
8
Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen hätten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 7).
9
c) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt, wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters, einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
10
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 9 mwN).
11
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10, ständig). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann verhältnismäßig, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 20; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 10). Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne die Störung aus einer Pflichtverletzung der Treuhänderin abzuleiten, hat es diesen Maßstab verkannt.
12
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist nämlich die schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückzuführen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
13
a) Das Insolvenzgericht hat festgestellt, die weitere Beteiligte zu 1 habe in mehreren anderen Insolvenzverfahren erklärt, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen Zuschläge zur Vergütung in Höhe von 20 € für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und 10 € je auszuführender weiterer Zustellung durch das Gericht gezahlt werden würden.

14
aa) Mit diesem Verhalten hat die weitere Beteiligte zu 1 die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden. Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZInsO 2012, 551 Rn. 15).
15
bb) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen , und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann.
Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, wenn der Treuhänder - wie hier - gleichartige Pflichtverletzungen auch in anderen beim nämlichen Insolvenzgericht anhängigen Verfahren begangen hat.
16
b) Die weitere Beteiligte zu 1 hat ihre Pflichten als Treuhänderin weiter dadurch in hohem Maße verletzt, dass sie mit der Durchführung der ihr übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen von ihr selbst geleiteten Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen hat. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, NZI 2012, 247 Rn. 12).
17
aa) Pflichtwidrig war es insbesondere, dass die weitere Beteiligte zu 1 das Drittunternehmen beauftragt hatte, bevor sie ihre Absicht dem Insolvenzgericht zuvor angezeigt hatte. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht rechtzeitig einen Sachverhalt unmissverständlich anzuzeigen , der die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277; Beschluss vom 19. Januar 2012 - IX ZB 25/11, aaO Rn. 13). Diese Pflicht zur Offenbarung von Interessenkollisionen dient dem Schutz aller Verfahrensbeteiligten davor, dass der Verwalter sein Amt möglicherweise nicht unvoreingenommen und allein dem Insol- venzzweck entsprechend ausübt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1991, aaO S. 279). Ist der Insolvenzverwalter entweder rechtlich oder - möglicherweise auch über einen Treuhänder - wirtschaftlich Allein- oder Mitinhaber eines Unternehmens und wirkt sich der Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens unmittelbar in erheblichem Maße für ihn aus, so begründet diese Beteiligung die Besorgnis, dass er sich hierdurch in seiner Entscheidung beeinflussen lassen kann. Aus der Sicht jedes unvoreingenommenen, sachlich abwägenden Verfahrensbeteiligten liegt die Befürchtung nicht fern, dass der Insolvenzverwalter sein Amt nicht ausschließlich dem Insolvenzzweck entsprechend führen werde, sondern sich auch vom Gesichtspunkt leiten lassen könnte, dem Unternehmen, an dem er rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt ist, zu lohnenden Einnahmen zu verhelfen. In einem solchen Fall muss das Insolvenzgericht über Art und Umfang dieser Beteiligung vor einem Vertragsschluss informiert werden.
18
bb) In der Person der weiteren Beteiligten zu 1 war eine entsprechende Interessenkollision gegeben. Als Vorstand der E. AG war sie deren gesetzlicher Vertreter und hatte maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Unternehmens , dem sie die Ausführung der Zustellungen übertrug. Zumindest im Blick auf ihre Vergütung und ihre Stellung als Vorstand war sie am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Ob sie auch sonst wirtschaftlich an dem Unternehmen beteiligt war, haben die Vorinstanzen nicht aufgeklärt und kann auch dahinstehen. Die zur Anzeigepflicht führende Interessenkollision und die Gefahr der Schädigung der ihr übertragenen Insolvenzmassen war für die weitere Beteiligte zu 1 unübersehbar. Aufgrund der Auseinandersetzungen um die Zuschläge zu ihrer Vergütung in anderen Verfahren im Hinblick auf die ihr übertragenen Zustellungen wusste die weitere Beteiligte zu 1, dass sie mit der Geltendmachung von Beträgen, die weit oberhalb der tatsächlichen Kosten lagen , nicht durchdringen würde. Gleichwohl beauftragte sie ein von ihr geführtes Unternehmen mit der Durchführung der Zustellung zu einem noch höheren Preis, als sie selbst erfolglos vom Insolvenzgericht verlangt hatte, und schädigte damit die Massen in den ihr übertragenen Verfahren. Von einer Zustimmung des Insolvenzgerichts zu der Beauftragung der E. AG bei pflichtgemäßer Anzeige vor Auftragserteilung, die in zahlreichen der Treuhänderin übertragenen Verfahren unterblieben ist, konnte sie nicht ausgehen. Eine solche Zustimmung war schon wegen der Versagung der Zuschläge im Vorfeld der Beauftragung des Unternehmens nicht zu erwarten.
19
c) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören. Die Gefahr größerer Schäden für die Masse kann nur durch die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 1 abgewendet werden. Angesichts der ihr zur Last gelegten, ihre Amtstätigkeit betreffenden zahlreichen masseschädigenden Auftragserteilungen an ein mit ihr verbundenes Unternehmen kann zukünftig nicht mehr auf eine ordnungsgemäße Amtsausübung vertraut werden. Auch wenn die fehlende Bereitschaft, die Zustellungen weiter auszuführen, nicht ausdrücklich in dem vorliegenden Verfahren erklärt worden ist, kann der Beschwerdeführerin wegen der in dieser Erklärung zum Ausdruck kommenden Unzuverlässigkeit und der Begehung erheblicher masseschädigender Handlungen um des eigenen Vorteils willen die treuhänderische Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen nicht mehr überantwortet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZInsO 2011, 724 Rn. 16). Mithin erweist sich die Abberufung der Beschwerdeführerin zum Schutz der Masse als unerlässlich.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Köpenick, Entscheidung vom 13.09.2010 - 34 IK 41/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 17.12.2010 - 85 T 466/10 -

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Die Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht geleitet.

(2) Ein Beschluß der Gläubigerversammlung kommt zustande, wenn die Summe der Forderungsbeträge der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Forderungsbeträge der abstimmenden Gläubiger beträgt; bei absonderungsberechtigten Gläubigern, denen der Schuldner nicht persönlich haftet, tritt der Wert des Absonderungsrechts an die Stelle des Forderungsbetrags.

In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 25/11
vom
19. Januar 2012
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin
Möhring
am 19. Januar 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 30. November 2010 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zum Treuhänder bestellt. Das Insolvenzgericht beauftragte ihn nach § 8 Abs. 3 InsO, die erforderlichen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten mit Ausnahme der Zustellungen an den Schuldner durchzuführen. Mit seinem Schlussbericht und dem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 dem Insolvenzgericht die Rechnung eines Drittunternehmers vor, dem er die Ausführung der Zustellungen übertragen hatte und der je Erstzustellung 30 € und je weiterer Zustellung 20 € berechnete.
Er kündigte an, diese Rechnung aus der Masse zu begleichen. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 auch für die Wohlverhaltensperiode zum Treuhänder, äußerte aber Bedenken bezüglich der Erstattungsfähigkeit der eingereichten Rechnung. Im Folgenden stellte sich heraus, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung bereits vollumfänglich aus der Masse beglichen hatte, obwohl von den abgerechneten zwölf Zustellungen nur drei Zustellungen von dem Drittunternehmer, die übrigen aber vom weiteren Beteiligten zu 1 selbst ausgeführt worden waren. Der Aufforderung des Insolvenzgerichts, den bezahlten Betrag bis auf einen Betrag von 2,70 € je Zustellung zu erstatten, kam der weitere Beteiligte zu 1 nicht nach.
2
Das Insolvenzgericht hat daraufhin den weiteren Beteiligten zu 1 entlassen und den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder bestellt. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Amtspflichten verletzt habe. Dessen sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der weitere Beteiligte zu 1 mit der Rechtsbeschwerde.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

4
1. Das Beschwerdegericht hat offen gelassen, ob sich der Treuhänder pflichtwidrig verhalten hat. Es hat ausgeführt, als Entlassungsgrund komme neben einer Pflichtverletzung des Treuhänders auch eine Situation in Betracht, bei der das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder in einem Maße gestört oder zerrüttet sei, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheine. Dies sei hier der Fall, weil zwischen dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder seit Jahren Streit über die Frage bestehe, ob der Treuhänder für die ihm nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungsaufgaben einen Zuschlag zur Vergütung entsprechend § 3 Abs. 1 InsVV verlangen könne. Der Streit, der zu einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren geführt habe, habe sich inzwischen auf die Frage ausgeweitet , ob der Treuhänder die Zustellungsaufgaben auf ein externes Unternehmen übertragen dürfe, das unter derselben Anschrift firmiere wie er selbst und dessen Vorstand seine Anwaltspartnerin sei, und ob er dafür Auslagenersatz verlangen könne. Schließlich habe das Insolvenzgericht den Treuhänder in zahlreichen anderen Verfahren entlassen.
5
2. Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht mit der Störung des Vertrauensverhältnisses einen Gesichtspunkt herangezogen hat, auf den das Insolvenzgericht seine Entscheidung noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, juris Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; Münch- Komm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).
7
b) Die Entlassung des Treuhänders setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 292 Abs. 3 Satz 2, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO). Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein solcher nicht bejahen.
8
aa) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli2009 - IX ZB 35/09, ZVI 2009, 404 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, ZVI 2011, 167 Rn. 18).
9
bb) Eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht reicht für die Entlassung des Verwalters nicht aus, wenn sie lediglich auf persönlichem Zwist beruht (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005, aaO; vom 1. März 2007 - IX ZB 47/06, WM 2007, 842 Rn. 8). Dies gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch dann, wenn das Vertrauensverhältnis in einem Maße gestört ist, dass ein gedeihliches Zusammenwirken nicht mehr möglich erscheint. Denn mit einer Entlassung des Verwalters ist ein Eingriff in sein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Berufsausübung nach Art. 12 GG verbunden (BGH, Beschluss vom 8. Dezem- ber 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440, 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 6). Dieser Eingriff ist in der Regel nur dann als verhältnismäßig gerechtfertigt, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses ihre Grundlage in einem pflichtwidrigen Verhalten des Verwalters hat, welches objektiv geeignet ist, das Vertrauen des Insolvenzgerichts in seine Amtsführung schwer und nachhaltig zu beeinträchtigen (vgl. zur Entlassung des Mitglieds eines Gläubigerausschusses BGH, Beschluss vom 1. März 2007, aaO Rn. 6). Dabei kommt auch ein Fehlverhalten des Verwalters in einem anderen Insolvenzverfahren in Betracht, sofern aus diesem Verhalten zu schließen ist, dass die rechtmäßige und geordnete Abwicklung des laufenden Verfahrens bei einem Verbleiben des Verwalters im Amt nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Dies kann etwa der Fall sein, wenn masseschädigende Verhaltensweisen erheblichen Umfangs in anderen Insolvenzverfahren die generelle Unzuverlässigkeit des Verwalters erweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 20).
10
cc) Indem das Beschwerdegericht eine die gedeihliche Zusammenarbeit ausschließende Störung oder Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Gericht und dem Treuhänder als Entlassungsgrund anerkennt, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden des Treuhänders oder auf sonstige weitere sachliche Voraussetzungen ankäme, hat es diesen Maßstab verkannt.
11
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Nach dem vom Beschwerdegericht selbst festgestellten Sachverhalt und den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen des Insolvenzgerichts ist die festgestellte schwere Störung des Vertrauensverhältnisses auf ein pflichtwidriges Verhalten des weiteren Beteilig- ten zu 1 zurückzuführen, das objektiv geeignet war, eine solche Störung zu bewirken.
12
a) Vieles spricht dafür, dass der weitere Beteiligte zu 1 seine Pflichten als Treuhänder bereits dadurch verletzt hat, dass er mit der Durchführung der ihm übertragenen Zustellungen zu Lasten der Masse einen Drittunternehmer zu einem Preis beauftragte, der mit 30 € je Erstzustellung und 20 € je weiterer Zustellung erkennbar über dem Marktpreis gelegen haben dürfte. Die Kosten für die Ausführung einer Zustellung durch eigenes Personal des Insolvenzverwalters hat Graeber (ZInsO 2007, 204 f) mit rund 2,80 € je Zustellung ermittelt. Die Durchführung der Zustellungen darf zwar an Dritte übertragen werden (§ 8 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV). Eine Delegation auf Kosten der Masse muss aber - unbeschadet vergütungsrechtlicher Konsequenzen - zu marktüblichen Konditionen erfolgen.
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b) Pflichtwidrig war jedenfalls, dass der weitere Beteiligte zu 1 die Beauftragung des Drittunternehmers mit der Durchführung der Zustellungen nicht sogleich dem Insolvenzgericht anzeigte. Vorstand des beauftragten Unternehmens war die Ehefrau und Mitgesellschafterin der Anwaltssozietät des weiteren Beteiligten zu 1. Ein Insolvenzverwalter ist verpflichtet, von sich aus dem Insolvenzgericht einen Sachverhalt anzuzeigen, der bei unvoreingenommener, lebensnaher Betrachtungsweise die ernstliche Besorgnis rechtfertigen kann, dass der Verwalter als befangen an seiner Amtsführung verhindert ist (BGH, Urteil vom 24. Januar 1991 - IX ZR 250/89, BGHZ 113, 262, 275, 277). Zu § 42 ZPO ist anerkannt, dass die Ehe des Richters mit dem Vertretungsorgan einer beteiligten Partei ein Befangenheitsgrund sein kann (etwa Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 12 unter Hinweis auf VGH Kassel, AnwBl 1991, 161; vgl. auch OLGR Jena 2000, 77 und LG Hanau, NJW-RR 2003, 1368). Entspre- chend kann der Umstand, dass die Ehefrau des Treuhänders Vorstand des von ihm mit delegierten Aufgaben entgeltlich betrauten Unternehmens ist, die Besorgnis der Befangenheit des Treuhänders begründen. Er muss deshalb vom Treuhänder dem Insolvenzgericht angezeigt werden.
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c) Zusammen mit seinem Vergütungsantrag legte der weitere Beteiligte zu 1 die Rechnung des Drittunternehmers dem Insolvenzgericht vor. Damit genügte er der Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 2 InsVV. Pflichtwidrig verschwieg er aber, dass der Drittunternehmer zu dem überhöhten Preis auch Zustellungen abrechnete, die nicht von jenem, sondern vom weiteren Beteiligten zu 1 ausgeführt worden waren. Pflichtwidrig und möglicherweise strafbar war ferner, dass der weitere Beteiligte zu 1 die zu Unrecht berechneten Zustellungen an den Drittunternehmer bezahlte.
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d) Jedenfalls in der Zusammenschau sind diese Pflichtverletzungen geeignet , das Vertrauen des Insolvenzgerichts in eine den gesetzlichen Vorschrif- ten entsprechende, verlässlich korrekte und nicht ständiger Kontrolle bedürfende Amtsführung schwer und nachhaltig zu stören.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Berlin-Köpenick, Entscheidung vom 19.10.2010 - 34 IK 177/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2010 - 85 T 449/10 -

(1) Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Die Entlassung kann von Amts wegen oder auf Antrag des Verwalters, des Schuldners, des Gläubigerausschusses, der Gläubigerversammlung oder eines Insolvenzgläubigers erfolgen. Auf Antrag des Schuldners oder eines Insolvenzgläubigers erfolgt die Entlassung nur, wenn dies innerhalb von sechs Monaten nach der Bestellung beantragt wird und der Verwalter nicht unabhängig ist; dies ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen. Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Verwalter zu hören.

(2) Gegen die Entlassung steht dem Verwalter die sofortige Beschwerde zu. Gegen die Ablehnung des Antrags steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde zu. Hat die Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, steht auch jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

(1) Zum Insolvenzverwalter ist eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt. Die Bereitschaft zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen kann auf bestimmte Verfahren beschränkt werden. Die erforderliche Unabhängigkeit wird nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die Person

1.
vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist oder
2.
den Schuldner vor dem Eröffnungsantrag in allgemeiner Form über den Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Folgen beraten hat.

(2) Der Verwalter erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Bei Beendigung seines Amtes hat er die Urkunde dem Insolvenzgericht zurückzugeben.

In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.