Landgericht Freiburg Urteil, 14. März 2014 - 10 Ns 410 Js 4578/11; 10 Ns 410 Js 4578/11 - AK 10/13

published on 14/03/2014 00:00
Landgericht Freiburg Urteil, 14. März 2014 - 10 Ns 410 Js 4578/11; 10 Ns 410 Js 4578/11 - AK 10/13
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Tenor

Auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Freiburg vom 05.12.2012 insgesamt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte Vel. K. wird wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in neun rechtlich selbständigen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

zwei Jahren und sechs Monaten

verurteilt.

Hiervon gilt ein Monat zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt.

Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen.

Die weitergehenden Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

Soweit der Angeklagte verurteilt wurde, trägt er die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug. Soweit er freigesprochen wurde, fallen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und seine im ersten Rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.

Die Berufungsführer tragen die Kosten ihres Rechtsmittels jeweils selbst.

Angewandte Strafvorschriften: §§ 266 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2, 52, 53 StGB

Gründe

 
A.
Prozessgeschichte
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Freiburg verurteilte den Angeklagten am 05.12.2012 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 19 Fällen im Tatzeitraum von April bis Dezember 2011 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten. Bezüglich der ursprünglich ebenfalls angeklagten Tatzeiträume von Februar bis März 2011 war das Verfahren in der ersten Instanz nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt worden, um die sonst notwendige teilweise Gesamtstrafenbildung mit den durch einen Strafbefehl vom 05.04.2011 verhängten Einzelstrafen zu vermeiden.
Gegen das Urteil des Schöffengerichts vom 05.12.2012 legten die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte über seinen Verteidiger in zulässiger Weise Berufung ein. Die Staatsanwaltschaft erstrebte die Verhängung einer höheren Freiheitsstrafe; der Angeklagte verfolgte das Ziel seines Freispruchs.
Beide Berufungen blieben im Wesentlichen erfolglos.
B.
Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
(…)
C. Feststellungen zur Sache
I. Vorgeschichte und Rahmenbedingungen
Der Angeklagte errichtete am 14.10.2010 die Firma K. GmbH mit Sitz in Freiburg. Er war deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer. Das Stammkapital von 25.000,- EUR wurde mindestens zur Hälfte einbezahlt. Gegenstand der GmbH waren laut ihrer Satzung diverse Tätigkeiten am Bau, unter anderem die Eisenflechterei.
10 
Im Laufe des Jahres 2011 wurden verschiedene andere Personen als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen, nämlich am 11.05.2011 Byu. S., der bereits am 07.02.2011 formal sämtliche Gesellschaftsanteile vom Angeklagten übernommen hatte und am 01.04.2011 sich selbst zum Geschäftsführer bestellt hatte, sowie am 08.06.2011 der Schwager des Angeklagten, Erk. Ken., der am 24.05.2011 auch sämtliche Gesellschaftsanteile von S. übernommen und sich selbst statt S. zum alleinigen Geschäftsführer bestellt hatte.
11 
Der Angeklagte blieb während dieser Vorgänge bis mindestens Ende 2011 der faktische Geschäftsführer der K. GmbH. Er traf weiterhin die wesentlichen Entscheidungen für die Firma, war für das operative Geschäft verantwortlich, führte die Vertragsverhandlungen, schloss die Verträge mit den Auftraggebern der Fa. K. GmbH ab, trat ihnen gegenüber als Geschäftsführer auf und koordinierte die Arbeiten auf der Baustelle. Nur er und ab 27.10.2011 auch seine Ehefrau hatten im Jahr 2011 Verfügungsbefugnis über das Geschäftskonto der Fa. K. GmbH bei der Deutschen Bank mit der Kontonummer ..., nicht aber die nach ihm eingetragenen Geschäftsführer oder Alleingesellschafter. Nur er kommunizierte auch mit dem Buchhaltungsbüro der Zeugin Sim. in München, der Fa. Ra. Ltd., das für die Lohnbuchhaltung zuständig war. Nur er überbrachte im Laufe des Jahres 2011 und für das Jahr 2011 dem Zeugen Dem. Unterlagen der laufenden Buchhaltung, damit dieser sie auftragsgemäß verbuchen konnte. Nur er war jeweils über alle Dinge der Firma orientiert und konnte seinen Ansprechpartnern, nämlich seinen Vorarbeitern, den Mitarbeiterinnen des Lohnbuchhaltungsbüros Ra. in München und dem Zeugen Dem. für die laufende Buchhaltung kundige Antwort geben und war hierfür auch über seine Handy-Nr. 0176/63… immer erreichbar. Der vom 11.05.2011 bis 08.06.2011 eingetragene Geschäftsführer Byu. S. übte keinerlei Geschäftsführertätigkeiten aus.
12 
Der seit dem 08.06.2011 im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer Erk. Ken. unterstützte den Angeklagten in zwei Arbeitsbereichen. Zum einen handelte es sich dabei um die Einstellung der Arbeiter und die Auszahlung ihres Lohns, die Kommunikation mit ihnen und die Aufteilung der Arbeiter auf die verschiedenen Baustellen. Nicht ausschließbar trat er gegenüber den Arbeitnehmern auch bereits 2011 als „der neue Chef“ oder „der Chef“ auf, ohne aber über ausreichende eigene Kenntnisse des Eisenflechtergewerbes zu verfügen, um sie tatsächlich anzuleiten und bei Fragen vor Ort Antwort geben zu können. Eigene Entscheidungsbefugnisse über wesentliche geschäftliche Fragen inklusive der Höhe des Lohns hatte Erk. Ken. nicht. Zum anderen hat er möglicherweise die Unterlagen, die für die Erstellung der Rechnungen der Fa. K. GmbH an ihre Auftraggeber erforderlich waren, an den Zeugen Y. gefaxt oder gemailt, der dann daraus die Rechnungen der Firma K. GmbH an ihre Auftraggeber erstellte. Weitergehende Aufgaben, insbesondere eigene Entscheidungsbefugnisse über wesentliche geschäftliche Fragen der Firma hatte Erk. Ken. nicht. Er hatte dem Angeklagten am 27.05.2011 eine Generalvollmacht folgenden Inhalts ausgestellt:
13 
„Ich, der unterzeichneter Erk. Ken., ermächtige Herrn Vel. K., Vollmachtgegenstand mit Spezifizierung, wie Personalführung, Einstellung und Kündigung der Mitarbeiter, Verhandlungen mit der Firmen zum Angebote, Kundenverträge Abschließen und Preise handeln, Abschlüsse sämtliche in diesem Zusammenhang notwendigen und nützlichen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen und unterschreiben von Verträge in Namen Fa. K. GmbH, sowie Handlungen vorzunehmen.“
14 
Im Jahr 2011 war die Fa. K. GmbH nahezu ausschließlich mit Eisenflechterarbeiten als Subunternehmer für größere Baufirmen beschäftigt. Ihre Auftraggeber waren im Jahr 2011 die regional bekannten Baufirmen M. GmbH & Co KG, Sp. GmbH und Ko. GmbH. Die Fa. K. GmbH verrichtete diese Arbeiten durch bei ihr beschäftigte, meist ungelernte Arbeitnehmer i. d. R. bulgarischer oder rumänischer, manchmal auch türkischer Herkunft. Diese benötigten für die Durchführung der Eisenflechterarbeiten vor Ort lediglich Kleinwerkzeug, insbesondere Zangen. Sie führten die Arbeiten nach den Plänen und Vorgaben der auftraggebenden Baufirmen aus. Das zu verarbeitende Eisen wurde von den Auftraggebern gestellt. Je nach Größe der Baustelle waren manchmal nur drei oder vier, manchmal ca. 10 oder mehr Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH gleichzeitig auf einer Baustelle beschäftigt.
15 
Der Angeklagte beschäftigte bei der von ihm im gesamten Tatzeitraum zumindest faktisch geführten Fa. K. GmbH zu unterschiedlichen Zeiten zwischen April und Dezember 2011 folgende gewerbliche Arbeitnehmer, die sämtlich bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert waren:
16 
Arbeitnehmer -
AOK BaWü
AHM.
BOT. E.-E.
BOT. S.
BOZ.
BRI.
CAY. alias SAB.
CIV. J. R.
CIV. J. R. F.
DAM.
DRA.
IVA. I.
JOI.
MUS.
ORB.
SAL.
SHE., I.
STA.
17 
Weiter beschäftigte der Angeklagte bei der von ihm im gesamten Tatzeitraum zumindest faktisch geführten Fa. K. GmbH zu verschiedenen Zeiten im Zeitraum zwischen April und Dezember 2011 drei gewerbliche Arbeitnehmer, die nicht bei der AOK Baden-Württemberg, sondern bei einer anderen Krankenkasse versichert waren, nämlich SÜL. ATA. (AOK Westphalen-Lippe), SEL. KOC. (IKK classic) und HAY. YÜC. (Barmer Ersatzkasse).
18 
Ob die Fa. K. GmbH im genannten Zeitraum noch andere gewerbliche Arbeitnehmer beschäftigte, konnte nicht sicher festgestellt werden. Sicher ist aber, dass es sich dabei gegebenenfalls nur um wenige Arbeitnehmer und einen nicht erheblichen Beschäftigungsumfang gehandelt hätte.
19 
Der Angeklagte und in seinem Auftrag sein Schwager E. Ken. zahlten nahezu allen gewerblichen Arbeitnehmern der Fa. K. GmbH den Lohn in bar aus. Lediglich der Vorarbeiter ISL. SHE. und der Mitarbeiter DEM. SAB. alias BIR. CAY. erhielten Lohnüberweisungen auf ihre Bankkonten, letzterer auch mit dem Zusatz, dass das Geld für namentlich in der Überweisung genannte weitere Arbeitnehmer bestimmt sei.
20 
Für die Arbeiter der Firma K. GmbH standen im Jahr 2011 Zimmer in zwei Wohngebäuden in Freiburg zur Verfügung, nämlich in der G. Str. … in der Innenstadt von Freiburg und in der L. Straße ... in Freiburg-Hochdorf. Soweit die Arbeiter diese Wohnmöglichkeit in Anspruch nahmen, mussten sie hierfür keine Miete zahlen. Diese wurde vielmehr von der Fa. K. GmbH bezahlt.
21 
Seit Bestehen der Firma bis Ende 2011 hatte die Fa. K. GmbH durch den Angeklagten mindestens 20 Subunternehmerverträge bei den genannten Baufirmen für Eisenflechterarbeiten akquiriert, die bis Dezember 2011 von der Fa. K. GmbH auch erfüllt und abgerechnet sowie von den Auftraggebern jeweils innerhalb weniger auf die Rechnungsstellung folgender Wochen bezahlt wurden. Insgesamt machte die Fa. K. GmbH im Zeitraum zwischen Februar und Dezember 2011 mit mindestens diesen Verträgen einen Nettoumsatz in Höhe von mindestens 570.242,48 EUR, davon im Zeitraum zwischen April und Dezember 2011 von mindestens 393.296,49 EUR.
22 
II. Eigentliches Tatgeschehen
23 
Der Angeklagte kannte - auch aufgrund der vier vorausgegangenen Verurteilungen wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt seit Sommer 2006, zuletzt durch Strafbefehl vom 05.04.2011, rechtskräftig seit 21.04.2011 - die gesetzliche Verpflichtung der Fa. K. GmbH zur vollständigen, wahrheitsgemäßen und rechtzeitigen Anmeldung der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bei der jeweils für sie zuständigen Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge. In Kenntnis dieser Pflicht veranlasste er als ihr faktischer Geschäftsführer das Buchhaltungsbüro Ra. Ltd., für alle bei der Fa. K. GmbH beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer außer I. S., H. Y., S. K. und möglicherweise S. A. zu geringe Arbeitsentgelte abzurechnen und auf dieser unzutreffenden Grundlage die angeblich geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge anzumelden. Er faxte zu diesem Zweck dem Buchhaltungsbüro Stundenzettel mit deutlich zu wenig, nämlich teilweise gar keinen, teilweise lediglich zwischen 40 und 80 Arbeitsstunden monatlichen Arbeitsstunden pro Arbeitnehmer. Ihm war bekannt, dass die Arbeiter wesentlich mehr, vermutlich i. d. R. mindestens ca. 115 Stunden, wahrscheinlich teilweise sogar ca. 150 oder 160 Stunden im Monat arbeiteten. Möglicherweise gab er dem Lohnbuchhaltungsbüro einige Beschäftigte auch gar nicht an. Auch wusste er, dass der tarifvertragliche Mindestlohn im Baugewerbe für die Lohngruppe 1 (Ausführung von einfachen Arbeiten ohne Regelqualifikation) bis Ende Juni bei 10,90 EUR, danach bei 11,- EUR lag.
24 
Den Arbeitern zahlte die Fa. K. GmbH, wie der Angeklagte wusste, wollte und jeweils veranlasste, deutlich mehr monatlichen Lohn aus, als offiziell über das Lohnbuchhaltungsbüro Ra. Ltd. abgerechnet und den der AOK gemeldeten Sozialversicherungsbeiträgen zugrunde gelegt wurde. Soweit Arbeitern die Unterkünfte in den beiden Wohngebäuden G. Straße … oder L. Straße ... in Freiburg von der Fa. K. GmbH bezahlt wurden, wurde dies der Fa. Ra. nicht mitgeteilt und dieser Lohnbestandteil daher ebenfalls weder den Lohnabrechnungen noch den Anmeldungen zur Sozialversicherung zugrunde gelegt, wie der Angeklagte wusste und wollte. Auf diese Weise unterwarf der Angeklagte nicht den gesamten Lohnanspruch der Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH der Beitragsbemessung; die Fa. K. GmbH zahlte für ihre Arbeitnehmer keine bzw. jedenfalls zu geringe Sozialversicherungsbeiträge. Dabei handelte es sich möglicherweise ausschließlich um die Arbeitnehmer, für die die Einzugsstelle AOK Baden-Württemberg zuständig war.
25 
Der Angeklagte handelte jeweils aufgrund eines bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Beschäftigungsmonats neu gefassten Tatentschlusses.
26 
Hierdurch wurden im Tatzeitraum von April bis Dezember 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge von insgesamt mindestens
27 
119.989,85 EUR
28 
nicht an die zuständige Einzugsstelle abgeführt,
29 
wobei auf die Arbeitnehmeranteile mindestens
30 
61.694,29 EUR
31 
entfielen und auf die Arbeitgeberanteile mindestens
32 
57.703,81 EUR.
33 
Dabei konnten wegen des Fehlens einer den Tatsachen entsprechenden Lohnbuchhaltung keine tragfähigen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie viele Arbeitsstunden welche Arbeitnehmer in welchem Monat im Tatzeitraum für die K. GmbH tatsächlich gearbeitet haben und wie viel Lohn ihnen dafür tatsächlich ausbezahlt wurde.
34 
Die von der Fa. K. GmbH gezahlten Schwarzlöhne mussten daher im Wege der Schätzung anhand der von der Fa. K. GmbH erzielten Umsätze im Tatzeitraum ermittelt werden. Dabei waren nach ständiger, gefestigter Rechtsprechung zur Schadensschätzung bei illegaler Beschäftigung in Form der - auch teilweisen - Schwarzarbeit zwei Drittel des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme zu veranschlagen (BGH, 1 StR 283/09, B. v. 10.11.2009, NStZ 2010, 635, bei juris Rn. 21 ff.).
35 
Zugrunde zu legen waren für die Berechnung die folgenden, im Jahr 2011 geltenden Beitragssätze zur Sozialversicherung:
36 
        
Arbeitnehmer-
Anteil in %
Arbeitgeber-
Anteil in %
Beitrag
insgesamt %
Krankenversicherung
8,2
7,3
15,5
Pflegeversicherung
1,225
0,975
2,2
Rentenversicherung
9,95   
9,95
19,9
Arbeitslosenversicherung
1,5
1,5
3,0
Summe Beiträge insgesamt
20,875
(gerundet 20,88)
19,725
(gerundet 19,73)
40,60
37 
Dabei entspricht der Arbeitnehmer-Anteil 51,42%, der Arbeitgeber-Anteil 48,58% am Gesamtsozialversicherungsbeitrag.
38 
Im Tatzeitraum von April 2011 und bis Dezember 2011 kam es auf diese Weise mindestens zu folgenden neun Einzeltaten:
39 
Tat
Beschäftigungs-
monat
Fälligkeit
Vorenthaltene
AN-Beiträge, EUR
Vorenthaltene
AG-Beiträge, EUR
Vorenthaltene
Gesamt-Soz.
Vers. Beiträge, EUR
   
Gesamter Tatzeit-
raum 4/11 - 12/11
        
 
61.698,78
 
58.291,07
 
119.989,85
1
April 2011
27.04.2011
9.462,12
8.939,52
18.401,64
2
Mai 2011
27.05.2011
4.735,78
4.474,27
9.210,02
3
Juni 2011
28.06.2011
9.462,12
8.939,52
18.401,64
4
Juli 2011
27.07.2011
9.462,12
8.939,52
18.401,64
5
August 2011
29.08.2011
 882,91
 834,15
1.717,06
6
September 2011
28.09.2011
3.537,24
3.341,87
6.879,11
7
Oktober 2011
27.10.2011
3.537,24
3.341,87
6.879,11
8
November 2011
28.11.2011
1.771,37
1.673,54
3.444,91
9
Dezember 2011
28.12.2011
1.771,37
1.673,54
3.444,91
40 
Um die an die Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH gezahlten und nicht der Sozialversicherung unterworfenen Löhne oder Lohnbestandteile verschleiern zu können, ließ der Angeklagte von dem Zeugen Y. Rechnungen einer vermeintlichen Fa. Vic. Port. bzw. Vic. Komp. an die Fa. K. GmbH für vermeintliche Subunternehmertätigkeiten erstellen, die sich allein im Zeitraum von April bis Juli 2011 auf eine Summe von 245.505,83 EUR belaufen. Auch fertigte er entweder selbst Quittungen oder ließ sie fertigen, in denen die Zahlung dieser Rechnungen an die vermeintliche Fa. Port. quittiert wurde, obwohl die Fa. K. GmbH, wie der Angeklagte wusste, weder entsprechende Verträge mit einer Fa. Port. abgeschlossen hatte noch entsprechende Rechnungen bezahlt hatte.
41 
Tatsächlich gab es, wie der Angeklagte wusste, die Fa. Vic. Port. bereits seit Ende des Jahres 2010 nicht mehr; der Inhaber war spätestens Ende 2010 nach Rumänien zurückgekehrt; das von ihm eingetragene Gewerbe war am 05.11.2010 von Amts wegen abgemeldet worden. Dahinstehen kann daher, ob es sich bei der Fa. Vic. Port. im Jahr 2010 nicht ohnehin um eine faktisch vom Angeklagten beherrschte Scheinfirma gehandelt hatte.
42 
Auch bei den scheinbar quittierten Rechnungen einer Fa. O. an die Fa. K. GmbH für vermeintliche Subunternehmertätigkeiten, datierend vom 17., 24. und 31.10.2011 sowie vom 21.11.2011, die sich auf eine Summe von 85.460,06 EUR belaufen, handelt es sich, wie der Angeklagte wusste, um Scheinrechnungen, denen keine tatsächlichen Arbeiten zugrunde lagen. Auch diese Rechnungen dienten vielmehr dem Zweck, die an die Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH gezahlten und nicht der Sozialversicherung unterworfenen Lohnbestandteile zu verschleiern.
43 
D. Beweiswürdigung
44 
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
(…)
45 
II. Feststellungen zur Sache
46 
Die Strafkammer hat in 15 Verhandlungstagen insgesamt 38 Zeugen vernommen und zahlreiche Urkunden verlesen. Nach einer Würdigung des gesamten Beweisergebnisses stand zu ihrer Überzeugung der oben dargestellte Sachverhalt zweifelsfrei fest.
47 
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
48 
1. Feststellungen zu Vel. K. als faktischem Geschäftsführer der Fa. K. GmbH
(…)
49 
2. Fa. K. GmbH als Arbeitgeberin
50 
Die K. GmbH war Arbeitgeberin der oben genannten, von der Fa. K. GmbH bei der AOK Baden-Württemberg angemeldeten Mitarbeiter.
51 
Die bulgarischen und rumänischen Arbeitnehmer der K. GmbH hatten zwar teilweise selbständige Gewerbe als Eisenflechter angemeldet. Tatsächlich arbeiteten aber jedenfalls die in den Feststellungen namentlich genannten Arbeitnehmer nicht als selbständige Sub-Subunternehmer für die K. GmbH, sondern waren in den Betriebsablauf weisungsabhängig eingegliedert.
(…)
52 
3. Zahlung von Teilschwarzlohn
53 
Die Strafkammer ist davon überzeugt, dass nahezu alle Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH höhere Lohnzahlungen erhielten als sie der Einzugsstelle gemeldet wurden und somit Teile ihres Arbeitslohns schwarz bezahlt wurden.
54 
Diese Überzeugung beruht auf folgendem:
55 
a) Fast alle gewerblichen Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH wurden im Tatzeitraum offiziell lediglich für monatlich zwischen 0 und max. 80 Arbeitsstunden entlohnt, wobei die allermeisten offiziell abgerechneten Monatslöhne auf der Basis entweder von „0 Arbeitsstunden“ oder von lediglich zwischen 40 und 45 monatlichen Arbeitsstunden berechnet wurden. Ausnahmen bilden insofern lediglich die Zeugen Isl. She., für den im Tatzeitraum pro Monat jeweils offiziell 115 Arbeitsstunden à 15,- EUR brutto Arbeitslohn abgerechnet wurde, und Hay. Yüc., der nur im Juni und Juli 2011 sozialversicherungspflichtig gemeldet war und hier mit sogar mit 140 (Juni) bzw. 150 (Juli) Arbeitsstunden à 13,- EUR brutto offiziell abgerechnet wurde.
56 
Für sämtliche anderen gewerblichen Arbeitnehmer lag der offiziell abgerechnete Nettolohn in aller Regel entweder bei „0 EUR“ oder zwischen knapp 400,- und knapp 500,- EUR monatlich. Lediglich für den Arbeitnehmer Sab. wurden auch zwischen 60 und 80 Arbeitsstunden à 11,- brutto, somit zwischen 536,81 EUR und 696,30 EUR netto, und für den Arbeitnehmer Iva. einmal 80 Stunden à 11,- EUR brutto, somit ebenfalls 696,30 EUR netto, abgerechnet. Dass für den vermeintlichen Arbeitnehmer (formal ja eigentlich Geschäftsführer) Erk. Ken. seit Juli 2011 offiziell monatlich 70 Arbeitsstunden à 12,- EUR brutto abgerechnet wurden, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich.
57 
Die Sozialversicherungsbeiträge wurden im Tatzeitraum von der Fa. Ra. Ltd. mit Wissen und Wollen des Angeklagten auf der Grundlage dieser offiziellen Lohnabrechnung errechnet, der AOK Baden-Württemberg mitgeteilt („nachgewiesen“) und bezahlt, wie sich aus dem Abgleich der von der Zeugin Sim. für das Lohnbuchhaltungsbüro Ra. Ltd. erstellten Lohnunterlagen der Fa. K. GmbH einerseits und der Übersichten der AOK Baden-Württemberg sowie der Deutschen Rentenversicherung andererseits ergab.
58 
Eine so geringe Teilzeitbeschäftigung für vollerwerbsfähige männliche gewerbliche Arbeitnehmer ist aber von vornherein lebensfremd (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.03.2011, 15 Sa 1883/10, bei juris Rn. 176). Zwar ist im Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass die Eisenflechterbranche keine regelmäßigen durchgehenden Arbeitszeiten zu festen Arbeitsstunden von montags bis freitags garantiert, weil die Eisenflechterarbeiten mit den anderen Arbeiten auf der Baustelle koordiniert werden müssen und erst nach Abschluss eines bestimmten vorherigen Bauabschnitts durchgeführt werden können. Dennoch ist es fernliegend, dass die Arbeiter in der Woche nur 10 - 15 Stunden bzw. nur 1 Woche im Monat Vollzeit gearbeitet hätten, obwohl keiner von ihnen angab, nebenher noch eine andere Arbeitsstelle gehabt zu haben. Auch dass für den Vorarbeiter Isl. She. und den Zeugen Hay. Yüc. 115 bzw. 140 und 150 monatliche Arbeitsstunden abgerechnet wurden, weist darauf hin, dass in Wirklichkeit die Arbeitsgruppen der Fa. K. GmbH längere Arbeitszeiten hatten. Es gibt nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass Isl. She. oder Hay. Yüc. regelmäßig allein auf Baustellen gearbeitet hätte oder von täglich wechselnde Mitarbeiter begleitet wurden. Vielmehr sagten die Poliere der auftraggebenden Firmen aus, dass die Arbeitsgruppen der Fa. K. GmbH pro Baustelle einheitlich gewesen seien. Auch dass für die Arbeiter in den Urlaubsmonaten erheblich mehr Stunden abgerechnet wurden (z. B. im August 2011 für Cay. alias Sab. 176 Stunden statt wie in den Vormonaten 70 bzw. 60 Stunden), weist auf eine grundsätzliche Vollzeitbeschäftigung der Arbeiter hin.
59 
Im Übrigen hatte der Angeklagte auch nur für die beiden einzigen weiblichen Beschäftigten der Fa. K. GmbH, nämlich Ajn. She., Ehefrau des Isl. She. und Reinigungskraft für die Arbeiterunterkünfte in der L. Straße und der G. Straße, sowie Tun. K., Bürokraft, der Fa. Ra. Ltd. mitgeteilt, diese seien geringfügig beschäftigt („Minijob“).
60 
Dass die Lohnabrechnung der Fa. K. GmbH unzutreffend war und beitragspflichtige Lohnbestandteile nicht ausweist, ergibt sich zudem daraus, dass mehrere der Arbeiter im Tatzeitraum zumindest zeitweise in Unterkünften lebten, die nach ihrer Auskunft „vom Chef“, also rechtlich betrachtet von der Fa. K. GmbH bezahlt wurden (E.-E. Bot., Iva. Iva., Joi., Orb., Sta., Bri.).
61 
b) Diese Überlegung wird durch die Aussagen der als Zeugen vernommenen Arbeitnehmer nicht entkräftet.
(…)
62 
c) Die Strafkammer ist auch davon überzeugt, dass den Arbeitnehmern in der Regel mehr Lohn ausgezahlt wurde als offiziell abgerechnet wurde. Dass die Arbeiter sich mit einem Lohn von um die 500,- EUR im Monat für eine im Wesentlichen Vollzeitbeschäftigung begnügten, ist nicht realistisch. Dagegen sprechen auch die oben dargestellten Versprecher der Zeugen und die Tatsache, dass ersichtlich alle Arbeiter, die als Zeugen vernommen wurden, den Angeklagten unterstützen wollten und kein schlechtes Wort über ihre Tätigkeit bei der Fa. K. GmbH verloren. Auch dass die Arbeiter gegenüber dem Zeugen J. ganz überwiegend angaben, sie und auch ihre Kollegen verdienten 1.000,- EUR im Monat bzw., soweit sie Baupläne lesen konnten, zwischen 1.200,- und 1.500,- EUR, kann trotz des eingeschränkten Beweiswerts dieser Vernehmungen aufgrund des verwendeten Fragebogens als Indiz dafür angesehen werden, dass sie jedenfalls nicht nur die offiziell abgerechneten Nettobeträge ausgezahlt erhielten.
63 
d) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte seinerseits andere Firmen als Subunternehmer in nennenswerten Umfang beschäftigt hätte.
(…)
64 
e) Ohne Subunternehmer im nennenswerten Umfang konnte der Umsatz aber mit den offiziell abgerechneten, wenigen Arbeitsstunden nicht erarbeitet werden. Dies sieht auch der Angeklagte selbst so, der sich deshalb auf die vermeintliche Subunternehmerfirma Port. (bzw. seine Verteidiger dann auch noch auf die Fa. O.) berief. Die von der Fa. K. GmbH offiziell abgerechneten Löhne beliefen sich im Tatzeitraum insgesamt auf eine Bruttolohnsumme von 75.756,67 EUR, wie der Sachverständige Dipl. Bw. G. C. errechnete.
65 
Die offizielle Bruttolohnsumme der Fa. K. GmbH konnte dabei nur durch Hochrechnung, ausgehend von den tatsächlich gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen, ermittelt werden. Zwar hat der Angeklagte im Laufe der Berufungshauptverhandlung Lohnunterlagen der Fa. Ra. für den Zeitraum von April bis Dezember 2011 vorgelegt, aus denen sich theoretisch die offiziell gezahlten Bruttolöhne durch Addition der verschiedenen Lohnabrechnungen ergeben könnten. Die Lohnunterlagen waren aber nicht vollständig, wie sich z. B. daraus ergibt, dass für den Arbeitnehmer Isl. She. keine Lohnabrechnung für den Monat September 2011 vorgelegt wurde, obwohl ihm laut den Kontoauszügen auch in diesem Monat ein Gehalt in Höhe von 1.365,21 EUR überwiesen wurde. Auch der Zeuge J. R. F. Ciu. war laut den Rentenversicherungsmitteilungen im April 2011 bereits versicherungspflichtig bei der Fa. K. GmbH beschäftigt; bei den vorgelegten Lohnunterlagen befindet sich aber keine Lohnabrechnung für diesen Monat für ihn. Zudem ist fraglich, ob die in den offiziellen Lohnabrechnungen belegten Urlaubslöhne tatsächlich in voller Höhe ausgezahlt wurden, da manche der im Laufe der Berufungshauptverhandlung als Zeugen vernommenen Arbeitnehmer angaben, ihnen sei im Urlaub überhaupt kein Lohn ausgezahlt worden bzw. sie seien immer nur für wenige Monate angestellt gewesen und dann - ohne Urlaubslohnfortzahlung - für ein paar Monate in ihr Heimatland zurückkehrt.
66 
Für diese Hochrechnung wurden vom Gutachter sämtliche Sozialversicherungsbeiträge zugrunde gelegt, die die Fa. K. GmbH für ihre angemeldeten Beschäftigten im Tatzeitraum April bis Dezember 2011 an Sozialversicherungsträger bezahlt hat, insgesamt 30.757,21 EUR. Diese Sozialversicherungsbeiträge wurden überwiegend durch die Nachfragen bei der Deutschen Rentenversicherung und den Sozialversicherungsträgern AOK Baden-Württemberg, IKK und Barmer ermittelt, zum geringen Teil auch durch die nachträglich vom Angeklagten vorgelegten Lohnunterlagen. Soweit die Lohnunterlagen zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge an bis dahin nicht ermittelte Sozialversicherungsträger auswiesen, wurden diese ebenfalls nachträglich durch ein Ergänzungsgutachten zur Gesamtsumme hinzuaddiert (betrifft insgesamt 1.527,62 EUR, von denen 267,29 EUR an die AOK Westphalen-Lippe für Sül. Ata. sowie der Rest an die Knappschaft B-S für Ajn. She. bezahlt wurden).
67 
Wie der Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen S. von der Deutschen Rentenversicherung ausführte, waren im Jahr 2011 - ohne Berücksichtigung von Umlagebeiträgen U 1 (Krankheit) und U 2 (Mutterschaft) - Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 20,88 % des Bruttolohns (Krankenversicherung 8,2 %, Pflegeversicherung 1,225 %, Rentenversicherung 9,95 %, Arbeitslosenversicherung 1,5 %) als Arbeitnehmeranteil und weitere 19,73 % als Arbeitgeberanteil (Krankenversicherung 7,3 %, Pflegeversicherung 0,975 %, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung wie beim Arbeitnehmeranteil), insgesamt also 40,6 % abzuführen. Hieraus ergab sich ein Bruttolohn von 75.756,67 EUR (30.757,21 EUR ./. 40,6 x 100), wie der Sachverständige nachvollziehbar und - wie die Strafkammer nach eigener Überprüfung feststellte - zutreffend errechnete.
68 
Der Nettoumsatz der Firma K. GmbH belief sich im Tatzeitraum, wie der Sachverständige anhand der vorliegenden Ausgangsrechnungen und der Auswertung des Firmenkontos bei der Deutschen Bank ausführte und von der Strafkammer nach eigener Prüfung übernommen wurde, auf 393.296,49 EUR.
69 
Eine Bruttolohnsumme von 75.756,67 EUR entspricht bei einem Nettoumsatz von 393.296,49 EUR einer Bruttolohnquote von lediglich ca. 19,26 %. Selbst wenn zugunsten des Angeklagten die - in sich zweifelhaften - angeblich angemeldeten Bruttolöhne entsprechend den Zahlungslisten der Fa. Ra. Ltd. in Höhe von insgesamt 91.747,60 EUR zugrunde gelegt würden, ergäbe sich eine Bruttolohnquote am Nettoumsatz von nur 23,33 %. Eine solch geringe Bruttolohnquote kann für die Fa. K. GmbH ausgeschlossen werden. In der allgemeinen Baubranche, zu der auch Betriebe mit hohem Materialaufwand wie Baumaschinen und LKWs gehören und bei denen deshalb bereits ein Betriebskostenanteil für Materialeinsatz von knapp 31% zugrunde zu legen ist, gilt eine Kostenquote für produktiv Beschäftige von mindestens 40 %, wie der Sachverständige unter Zuhilfenahme der Broschüre „Betriebsvergleich im Hochbauhandwerk“ der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e. V., Stand Dezember 2013, nachvollziehbar und überzeugend erläuterte.
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Die Fa. K. GmbH hat dagegen nahezu keinen Materialaufwand, wie die Beweisaufnahme ergab: Alle als Zeugen vernommenen Arbeiter, die Poliere der auftraggebenden Baufirmen und auch der Angeklagte selbst führten aus, dass die Arbeiter im Eisenflechtergewerbe im Wesentlichen nur eine Zange, möglicherweise noch eine Vorrichtung für die Aufhängung der Zange am Gürtel, und allenfalls Sicherheitsschuhe (so der Zeuge Ken.) zur Verfügung gestellt bekommen. Der Materialaufwand hierfür ist gering. Darüber hinausgehendes Material, insbesondere Baumaschinen o. ä., benötigt ein Eisenflechterbetrieb und somit auch die Fa. K. GmbH nicht. Auch muss sie keinen Materialeinkauf finanzieren, da das zu biegende Eisen von den auftraggebenden Firmen auf die Baustelle gebracht und zur Verarbeitung durch die Eisenflechter vorbereitet wird.
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Auch die sonstigen Kosten der Fa. K. GmbH waren im Jahr 2011 gering: Auf sie waren zwei PKWs zugelassen. Sie verfügte nicht über eigene Büroräume. Bei der Durchsuchung am 07.10.2011 wurden vielmehr Unterlagen der Fa. K. GmbH sowohl in der - beengten - Wohnung der Familie K. als auch in dem im Keller des Anwesens H. Weg … hinzu gemietete Raum gefunden; Anhaltspunkte für weitere Büroräume haben sich im Laufe der Ermittlungen nach Auskunft des Zeugen J. nicht ergeben und wurden auch weder vom Angeklagten noch vom Zeugen Ken. geltend gemacht. Der Kellerraum diente nach Angaben des Angeklagten selbst primär seinen privaten Zwecken, auch wenn der Zeuge Ken. - insofern im Widerspruch zum Angeklagten - behauptete, dieses Zimmer sei das von ihm benutzte Büro der Fa. K. GmbH. Der Zeuge J. sagte aus, dass keine büromäßige Ausstattung vorhanden war. An weiteren Unkosten der Fa. K. ergaben sich die Rechnungen der von dieser beauftragten Dienstleister, also der Fa. Ra. (Lohnbuchhaltung), Dem. (allgemeine Buchhaltung) und Y. (Rechnungsschreiber), sowie der geringfügig beschäftigten Reinigungskraft Ajn. She. und der mit unklarer Funktion im Bürobereich, manchmal mit 320,- EUR, manchmal laut Lohnunterlagen (allerdings nicht nach Kontoauszügen) mit 900,- EUR monatlich entlohnten Zeugin Tun. K.. Ein regelmäßiges Geschäftsführergehalt erhielten laut Lohnunterlagen und Kontoauszügen weder der Angeklagte noch Erk. Ken. ausgezahlt. Es ist anzunehmen, dass der Angeklagte und möglicherweise in unklarem Umfang auch der Zeuge Ken. sich über die umfangreichen Barentnahmen vom Firmenkonto (insgesamt 391.680,- EUR im Tatzeitraum April bis Dezember 2011 laut den vollständig vorliegenden und eingeführten Kontoauszügen) finanzierten.
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Dem entspricht es, dass auch der BGH in ständiger Rechtsprechung von einer Bruttolohnquote von mindestens 60 % bei Eisenflechterbetrieben mit legalen Beschäftigungsverhältnissen, also insbesondere einer den Tatsachen entsprechenden Anmeldung der Arbeitnehmer bei den Sozialversicherungsträgern, ausgeht (BGH NStZ 2010, 148, juris bei Rn. 22; vgl. bereits BGH NJW 1983, 1334, juris bei Rn. 13).
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4. Einzeltatenzuordnung und Teilfreispruch
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Zu Gunsten des Angeklagten war davon auszugehen, dass er keine Arbeitnehmer beschäftigt hat, die überhaupt nicht angemeldet waren. Zwar war dies auch nicht auszuschließen, insbesondere angesichts der Angabe des Zeugen J., er habe bei einer Baustellenkontrolle zwei Männer kontrolliert, die nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung zum Kontrollzeitpunkt nicht als versicherungspflichtig beschäftigt angemeldet gewesen seien. An deren Auskunft im Rahmen ihrer Befragung auf der Baustelle, sie seien seit einigen Tagen als selbständige Gewerbetreibende für die Fa. K. GmbH tätig, bestehen Zweifel; es erscheint nicht ausgeschlossen, dass es sich de facto um Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH gehandelt hat, die nicht angemeldet waren (Scheinselbständige). Letztlich kann dies aber nicht sicher bewiesen werden. Zudem ist die Strafkammer, wie dargelegt, der Auffassung, dass es sich hier um Ausnahmen gehandelt haben dürfte und die Verträge der Fa. K. GmbH im Wesentlichen mit den genannten bei den jeweiligen Sozialversicherungsträgern - wenn auch in zu geringem Umfang - angemeldeten Arbeitnehmern erfüllt wurden. Hierfür spricht auch, dass der Angeklagte die Praxis von Baustellenkontrollen durch das Hauptzollamt nicht zuletzt aufgrund der vorherigen Ermittlungsverfahren kannte und die (für die Ermittlungsbehörden leichte) Entdeckung nicht angemeldeter Arbeiter vermeiden musste, zumal er, wie er wusste, einschlägig unter Bewährung stand.
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Die beiden bei den Einzugsstellen IKK Classic (Koc.) und Barmer Ersatzkasse (Yüc.) beschäftigten Arbeitnehmer gehörten angesichts der Anzahl der abgerechneten Arbeitsstunden zu den wenigen, die möglichweise zumindest im Ergebnis richtig angemeldet wurden: Koc. gab an, vom 01.06. bis 24.06.2011 beschäftigt gewesen zu sein und dann einen Herzinfarkt bekommen zu haben; laut Lohnabrechnung wurde für ihn Arbeitslohn für 16 Stunden sowie 80 „Urlaubsstunden“ jeweils à 11,- EUR, insgesamt 1.056,- EUR brutto bzw. 838,20 EUR netto angemeldet und hierfür auch die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, was dem tarifvertraglich vereinbarten Mindestlohn von 10,90 EUR für ca. 6 Stunden täglicher Arbeit entspricht. Insofern konnte nicht sicher festgestellt werden, ob auch bezüglich des Zeugen Koc. tatsächlich geschuldete Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt wurden. Für den Zeugen Yüc. wurden in den Monaten Juni und Juli 2011 jeweils 140 und 150 Stunden à 13,- angemeldet. Im August 2011 war er gar nicht als Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH gemeldet, im September 2011 dann mit 176 Stunden Lohnfortzahlung, die laut Lohnabrechnungsunterlagen im Oktober und November 2011 wieder zurückverlangt wurden. Näheres konnte insofern aber nicht ermittelt werden. Jedenfalls war dieser Zeuge nie mit weniger als 140 monatlichen Arbeitsstunden und somit möglicherweise in zutreffendem Umfang angemeldet.
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Der Arbeitnehmer Sül. Ata., für den bei der AOK Westphalen-Lippe laut den vorgelegten Lohnunterlagen im April 2011 lediglich Sozialversicherungsbeiträge aus einem Arbeitslohn abgeführt wurde, der 60 Arbeitsstunden à 11,- entsprach, war zwar vermutlich ebenfalls - wie alle anderen vermeintlich nur mit so wenigen monatlichen Arbeitsstunden anmeldeten Arbeitnehmer - in größerem Umfang beschäftigt und erhielt einen höheren Arbeitslohn ausbezahlt. Andererseits war dieser Arbeiter laut den Lohnabrechnungsunterlagen zum damaligen Zeitpunkt in ... Hamm wohnhaft; er hat auch - wiederum laut Lohnunterlagen - weder vorher noch nachher für die Fa. K. GmbH gearbeitet. Die Vernehmung der Zeugen Yüc. und Koc. ergab Anhaltspunkte dafür, dass Bekannte oder Freunde von Vel. K. oder Erk. Ken. unter Umständen auch ordnungsgemäß angemeldet wurden. Es kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass dies für den Arbeitnehmer Ata. ebenfalls der Fall war.
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Vor diesem Hintergrund ist nicht sicher festzustellen, dass die Fa. K. GmbH im Tatzeitraum für solche Arbeitnehmer zu geringe oder gar keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlt hat, die nicht bei der AOK Baden-Württemberg krankenversichert waren.
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Bezüglich der oben genannten, bei der AOK Baden-Württemberg krankenversicherten Arbeitnehmer ist dies aber zur Überzeugung der Strafkammer bewiesen.
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Daher wurden zu Gunsten des Angeklagten lediglich neun Straftaten, nämlich für jeden Monat des Tatzeitraums gegenüber der Einzugsstelle AOK Baden-Württemberg, zugrunde gelegt.
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Wegen der darüber hinausgehenden angeklagten Einzeltaten zum Nachteil anderer Einzugsstellen im Zeitraum April bis Dezember 2011 war der Angeklagte dagegen aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
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5. Schadensschätzung
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a) Begründung für die Schätzung
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Eine konkrete Schadensberechnung war nicht möglich. Weder können genaue Beschäftigungsmonate der häufig nur für einige Wochen oder Monate bei der Fa. K. GmbH angestellten Arbeiter festgestellt werden noch die von diesen in ihren Beschäftigungsmonaten geleisteten Arbeitsstunden noch der ihnen jeweils pro Monat tatsächlich ausgezahlte Lohn.
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Die Strafkammer ist aus den dargestellten Gründen davon überzeugt, dass die Aussagen der als Zeugen vernommenen Arbeitnehmer jedenfalls insoweit objektiv unzutreffend sind, als sie aussagten, sie hätten nicht mehr als max. 60 - 80 h monatlich gearbeitet. Zudem wussten die Arbeitnehmer nachvollziehbarerweise nicht mehr, in welchem Monat genau sie bei der Fa. K. GmbH beschäftigt waren. Die genaue Zuordnung von Arbeitsstunden zu Beschäftigungsmonaten war ihnen aufgrund des Zeitablaufs und der Tatsache, dass allgemein lediglich mündliche Absprachen getroffen wurden, nicht mehr möglich. Andere Unterlagen als die - zur Überzeugung der Strafkammer objektiv falschen - Lohnbuchhaltungsunterlagen wurden bei der Durchsuchung der vom Angeklagten und der Fa. K. GmbH genutzten Räumlichkeiten nicht gefunden. Die Kontoauszüge des Firmenkontos im Tatzeitraum lassen Lohnüberweisungen nur an zwei Arbeitnehmer erkennen und belegen ansonsten Barabhebungen in beträchtlicher Höhe, was den Angaben nahezu aller als Zeugen vernommener Arbeiter entspricht, dass ihnen ihr Lohn bar ausgezahlt wurde. Daher lassen sich auch den Kontoauszügen keine näheren Erkenntnisse über die genauen Beschäftigungszeiten der immer mal wieder für einige Monate für die Fa. K. GmbH angestellten Arbeiter entnehmen. Auch die Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung lassen keine sichere Schlussfolgerung über die tatsächlichen Beschäftigungszeiträume zu. Zwar lassen sie erkennen, in welchen Monaten welche Arbeiter angemeldet werden. Gleichzeitig enthalten sie aber auch zahlreiche Eintragungen, die für vorübergehende Anmeldungen bzw. Anmeldungen mit darauf folgender Abmeldung sprechen, ohne dass sicher erkennbar würde, welche tatsächlichen Vorgänge diesen Meldevorgängen zugrunde lagen. So sagte auch die Zeugin Sim. aus, dass viele Mitteilungen des Angeklagten über erforderliche An- und Abmeldungen bzw. angebliche „0 Arbeitsstunden“ von ihr bei ihm telefonisch hinterfragt und dann so erfasst werden mussten, dass das System sie überhaupt annahm, ohne dass sicher erkennbar wurde, ob dies den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach.
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Schließlich kann ausgeschlossen werden, dass Aufzeichnungen über die tatsächlich gearbeiteten Stunden und die tatsächlich bar ausgezahlten Löhne in den Räumlichkeiten der Buchhaltungsfirma des Zeugen Dem. hätten gefunden werden können, da kein Grund dafür erkennbar ist, ihm solche Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die ja gerade keinen Niederschlag in der offiziellen Buchhaltung finden sollen.
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Es spricht zwar einiges dafür, dass die nicht qualifizierten Arbeitnehmer pro Monat 1.000,- EUR bar ausgezahlt erhielten, wie sie dies auch ganz überwiegend bei ihren Vernehmungen durch den Zeugen J. aussagten. Die Strafkammer konnte sich hiervon aber ebenfalls keine vollständig sichere Überzeugung bilden. Zum einen war, wie bereits dargestellt, die Befragung durch den Zeugen J. durch die verwendete Fragebogentechnik vorgeprägt. Während seiner Zeugenvernehmung wurde deutlich, dass er einen monatlichen Schwarzlohn von 1.000,- EUR für nicht qualifizierte Eisenflechter für das übliche hält. Dies spricht einerseits für eine solche Entlohnung auch in diesem Fall, andererseits sieht die Strafkammer gerade dadurch die Gefahr, dass dieser Betrag den Arbeitern während der Befragung durch den Zeugen unbewusst suggeriert worden sein kann. Immerhin sagten auch einige Arbeiter bereits bei ihrer Vernehmung durch den Zeugen J. und alle im Zuge der Berufungshauptverhandlung vernommenen Arbeiter aus, dass nur die Arbeitsstunden bezahlt wurden, die geleistet wurden, was gegen einen einheitlichen Monatschwarzlohn von 1.000,- EUR sprechen würde. Auch wenn die Größenordnung vermutlich stimmen dürfte, reichte dies nach Auffassung der Strafkammer - auch wegen der fehlenden Zuordnungsmöglichkeit zu konkreten Monaten - nicht aus, um hierauf eine konkrete Schadensberechnung zu stützen.
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Vorliegend konnte auch aus den Ausgangsrechnungen der Fa. K. GmbH nicht auf die geleisteten Arbeitsstunden geschlossen werden. Die Ausgangsrechnungen der Fa. K. GmbH beruhen sämtlich auf dem jeweils vereinbarten Einheitspreis pro Tonne Baustahl. Sowohl der beauftragte Sachverständige Dipl. Bw. C. als auch der Angeklagte, die Bauleiter und die Poliere der Baufirmen gaben an, dass nicht allgemein gesagt werden könne, wie viel Arbeitsstunden erforderlich seien, um eine Tonne Baustahl zu verarbeiten. Dies hinge stark von den Gegebenheiten des Baus ab. Zudem war nicht auszuschließen, dass die mit der Fa. K. GmbH ausgehandelten Preise von der illegalen Teilbeschäftigung beeinflusst waren. Die Strafkammer sah daher in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen keine Möglichkeit, den Ausgangsrechnungen Indizien für eine genauere Berechnung der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zu entnehmen. Hinzu kommt, dass Ausgangsrechnungen nur für die Zeit von Februar bis Juli 2011, aber nicht mehr für die Zeit von August bis Dezember 2011 gefunden worden.
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b) Schätzung des Gesamtschadens im Tatzeitraum
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Es musste somit eine Schadensschätzung vorgenommen werden. Hiermit hat die Strafkammer den Sachverständigen Dipl. Bw. G. C. von der auf Wirtschaftsforensik spezialisierten Fa. M. GmbH beauftragt. Dieser hat die Schadensschätzung anhand der vom BGH in seiner Entscheidung vom 10.11.2009, 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 ff., dargestellten Kriterien vorgenommen. Dabei ist er in mehrfacher Weise alternativ vorgegangen:
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- Zum einen hat er für den Zeitraum von April 2011 bis Juli 2011 die geleisteten Schwarzlöhne als Nettolohnsumme anhand der (zum Zeitpunkt der letzten Gutachtenerstattung nur für diesen Zeitraum vorliegenden) Scheinrechnungen der Fa. Port. berechnet, zum anderen aber auch die Schadensschätzung für den gesamten Tatzeitraum nach der vom BGH für zutreffend gehaltenen Schätzung berechnet, dass bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen in Form der (auch Teil-)Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme veranschlagt werden können (BGH a.a.O. bei Juris Rn. 21).
91 
- Außerdem hat er die Schadensschätzung in beiden eben genannten Varianten einerseits unter Zugrundelegung der Steuerklasse VI für die illegal Beschäftigten, dann aber auch unter Zugrundelegung der Steuerklasse I vorgenommen.
92 
Für die Schadensfeststellung hat die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten die Berechnungsweise zugrunde gelegt, die zu den niedrigsten festzustellenden Schäden führte. Sie hat die geleisteten Schwarzlöhne anhand einer Quote von zwei Dritteln des Nettoumsatzes als Nettolohnsumme und einer Hochrechnung der somit beitragspflichtigen Bruttolöhne gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV unter Zugrundelegung lediglich der Steuerklasse I statt der wesentlich ungünstigeren Steuerklasse VI durchgeführt.
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Dies beruhte auf folgenden Erwägungen:
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- Grundsätzlich können die Beträge, die sich aus Scheinrechnungen von vermeintlichen Subunternehmern ergeben, als Anhaltspunkt für die Höhe der Schwarzgeldauszahlungen verwendet werden. Die Abdeckrechnungen dienen nämlich vornehmlich der buchhalterischen Verschleierung der Bargeldentnahmen, die erforderlich sind, um die Schwarzlöhne auszuzahlen. Sie können daher belastbare Erkenntnisquellen für die Höhe der geleisteten Schwarzlöhne sein (vgl. BGH, a.a.O. bei juris Rn. 29).
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Die Eingangsrechnungen des Unternehmens Vic. Port./Komp. aus den Monaten 04/11 bis 07/11, zu denen parallele Ausgangsrechnungen der K. GmbH mit gleichem Rechnungsdatum und gleicher Rechnungsnummer vorlagen, belaufen sich auf einen Gesamtbetrag von netto EUR 200.759,14. Dieser Betrag wäre gleichzeitig die Nettolohnsumme für diesen Zeitraum, wenn die Rechnungen als vollständige Abdeckrechnungen angesehen würden.
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Der Nettoumsatz der Fa. K. GmbH im Zeitraum 04/11 bis 07/11 belief sich laut den vorgefundenen Ausgangsrechnungen und den mit diesen korrespondieren Kontoeingängen auf 268.113,80 EUR. Eine Nettolohnquote von zwei Dritteln aus diesem Nettoumsatz ergibt den Betrag von 178.751,47 EUR, somit einen geringeren Betrag als die Eingangsrechnungen der Fa. Port..
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Letztlich konnte nicht sicher zugrunde gelegt werden, dass die Eingangsrechnungen der Fa. Port. tatsächlich die Beträge ausweisen, die in Wirklichkeit nicht an die Fa. Port., sondern an die Arbeiter ausgezahlt wurden. Da die Arbeiter offiziell angemeldet waren, bestand keine Notwendigkeit, zur Verdeckung der Barauszahlungen in vollem Umfang Scheinrechnungen zu produzieren. Die Strafkammer hält es daher für möglich, dass die Scheinrechnungen nicht primär dazu dienten, die Barabhebungen vom Konto zu verdecken, sondern in erster Linie den Zweck erfüllen sollten behaupten zu können, die geringe Beschäftigung der angemeldeten Arbeiter stehe nicht im Widerspruch zum erheblichen Firmenumsatz, da ein großer Teil des Umsatzes ja von einer Subunternehmerfirma erwirtschaftet worden sei. Dann sind die Beträge der Eingangsrechnungen aber nicht notwendig identisch mit den an die Arbeiter ausbezahlten Beträgen. Hierfür spricht auch, dass die Barabhebungen vom Konto häufig nicht mit den Beträgen korrespondieren, die scheinbar von der Fa. Port. in Rechnung gestellt worden waren (z. B. 4/2011 Barabhebungen von insgesamt 37.400,- EUR; Eingangsrechnungen der Fa. Port. über 14.240,- EUR). Es erschien daher sachgerechter, von einer Nettolohnsumme von zwei Dritteln des Nettoumsatzes für den Zeitraum von April bis Juli 2011 auszugehen.
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Gleiches gilt für den Zeitraum von August bis Dezember 2011. Auch hier wurde der tatsächlich - teilweise schwarz - gezahlte Nettolohn ebenfalls auf zwei Drittel des in diesem Zeitraum erwirtschafteten Nettoumsatzes der Fa. K. GmbH geschätzt und nicht anhand der Scheinrechnungen der Fa. O.. Zum einen geht die Strafkammer in Bezug auf diese Rechnungen davon aus, dass sie nachträglich und allein zu dem Zweck hergestellt wurden, sie im laufenden Berufungsstrafverfahren vorzulegen, so dass sie ohnehin keine Rückschlüsse auf die Höhe der tatsächlich gezahlten Nettolöhne zulassen. Zum anderen ist auch hier die Berechnung anhand einer 2/3-Quote des Nettoumsatzes für den Angeklagten günstiger: Die Gesamtsumme der scheinbar von der Fa. O. in Rechnung gestellten Leistungen beläuft sich auf 85.460,06 EUR. Der Nettoumsatz der Fa. K. GmbH in derselben Zeit beläuft sich auf 125.182,69 EUR. Zwei Drittel hiervon ergeben eine geschätzte Nettolohnsumme von 83.459,30 EUR, somit weniger.
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- Üblicherweise wird die Hochrechnung der festgestellten Schwarzlöhne auf einen Bruttolohn der Arbeitnehmer gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV unter Zugrundelegung der fiktiven Lohnsteuerklasse VI durchgeführt (vgl. BGH NJW 2009, 528, bei Juris Rn. 7 ff., 18). Nach § 39c EStG ist diese Steuerklasse zu Grunde zu legen, wenn bei einem Arbeitsverhältnis die Lohnsteuerkarte dem Arbeitgeber nicht vorgelegt wird. Bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen besteht regelmäßig kein Grund zu der Annahme, dass die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ihre Lohnsteuerkarte vorgelegt haben. Dies gilt aber nach Auffassung der Strafkammer dann nicht, wenn die Arbeitnehmer nur teilweise schwarz bezahlt werden, mit Teilen ihres Lohnes aber angemeldet werden. Es ist davon auszugehen, dass hierfür die Arbeitnehmer ihre Lohnsteuerklasse vorgelegt haben. Für die überschlägige Hochrechnung der festgestellten Schwarzlöhne auf einen Bruttolohn gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV wurde vorliegend daher allgemein von der günstigeren Lohnsteuerklasse I ausgegangen.
100 
Diese Berechnung erbrachte, wie der Sachverständige nachvollziehbar und nach Überprüfung durch die Strafkammer zutreffend ausführte, für den Tatzeitraum folgende Ergebnisse:
101 
- Nettoumsätze der Fa. K. im Zeitraum 4 - 12/2011 ausweislich der Ausgangsrechnungen der Fa. K. und der Zahlungseingänge auf dem Firmenkonto: mindestens 393.296,49 EUR.
102 
Dabei konnten Ausgangsrechnungen nur bis Juli 2011 gefunden werden; Kontoauszüge lagen bis inklusive November 2011 vor. Die Fa. K. GmbH tätigte aber auch im Dezember 2011 weiter Geschäfte, wie nicht zuletzt die Lohnabrechnungsunterlagen belegten, in denen für den Dezember 2011 trotz der dort üblichen Bauferien 195 geleistete Arbeitsstunden offiziell abgerechnet wurden. Dennoch wurden - auch insofern erneut zugunsten des Angeklagten - als Nettoumsatz für den gesamten Tatzeitraum lediglich die tatsächlich durch Kontoumsätze belegten und somit eigentlich nur bis November 2011 reichenden 393.296,49 EUR zugrunde gelegt
103 
- Schätzung der Nettolohnsumme mit der Formel „bereinigter Nettoumsatz x Nettolohnquote = Nettolohnsumme“ ergibt mindestens EUR 262.210,77 (mindestens EUR 393.296,49 x 0,6667)
104 
- Hiervon sind die den Krankenkassen tatsächlich gemeldeten Nettolöhne abzuziehen. Diese wurden berechnet anhand einer Hochrechnung der an die Sozialversicherungsträger gezahlten Sozialversicherungsbeiträge, da eine genauere Feststellung nicht möglich war.
105 
- Insgesamt wurden von der Fa. K. GmbH im Zeitraum 4 - 12/2011 Sozialversicherungsbeiträge bei den bereits genannten, verschiedenen Einzugsstellen in Höhe von 30.757,21 EUR angemeldet („nachgewiesen“) und auch bezahlt.
106 
- Sozialversicherungsbeiträge werden insgesamt in Höhe von 40,60 % des Bruttolohns geschuldet (wie bereits dargelegt 20,88 % als Arbeitnehmeranteil und 19,73 % als Arbeitgeberanteil)
107 
- Den abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 30.757,21 EUR lagen somit offiziell gemeldete Bruttolöhne in Höhe von 75.746,67 EUR zugrunde (30.757,21 EUR./. 40,6 x 100).
108 
- Bei einer durchschnittlichen Lohnsteuer von 8,5 %, wie vom Sachverständigen bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse I nachvollziehbar angenommen, beläuft sich der Anteil des Nettolohns am Bruttolohn auf 70,62 % (100 % ./. 20,88 % AN-Anteil .zur Sozialversicherung ./. 8,5 % Lohnsteuer). Hieraus errechnet sich die offiziell angemeldete Nettolohnsumme von 53.499,36 EUR (75.746,67 EUR x 70,62 %)
109 
- Diese war von der oben geschätzten Schwarzlohnnettosumme in Höhe von mindestens EUR 262.210,77 abzuziehen, was eine tatsächliche Nettolohnsumme von mindestens 208.711,41 EUR ergibt.
110 
- Dem entspricht nach der oben dargelegten Berechnung (Anteil des Nettolohns am Bruttolohn von 70,62 %) eine nach § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV hochgerechnetebislang nicht verbeitragte Bruttolohnsumme von mindestens 295.541,50 EUR für gesamten Tatzeitraum April bis Dezember 2011.
111 
- Der hiervon geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag im gesamten Tatzeitraum beläuft sich auf 119.989,85 EUR (40,60 %), wobei der AN-Anteil 61.694,29 EUR (20,875 % des Bruttolohns - zugunsten des Angeklagten nicht auf 20,88 % aufgerundet), der AG-Anteil 57.703,81 EUR (19,725 % - ebenfalls zugunsten des Angeklagten nicht auf 19,73 % aufgerundet) beträgt.
112 
c) Begründung für die Art der Aufteilung des Schadens auf die Monate:
113 
Dieser durch Schätzung für den gesamten Tatzeitraum ermittelte Schadensbetrag musste nun noch auf die jeweils als Einzeltaten zu qualifizierenden Beitragsmonate verteilt werden.
114 
Eine gleichmäßige Aufteilung des Gesamtschadens auf neun Monate (pro Monat 13.332,21 EUR Schaden) erschien nicht realistisch, da in den ersten vier Monaten des Tatzeitraums fast 2/3 des Gesamtumsatzes erzielt wurde und somit hier auch mehr gearbeitet wurde. Gleichzeitig sollten aber laut den von der Zeugin Sim. vorgelegten Auszahlungslisten in den ersten vier Monaten nur 34.821,- EUR Bruttolohn ausgezahlt worden sein, in den letzten fünf Monaten 56.927,-EUR (was allerdings an den jeweils sehr hohen bezahlten Urlaubsstunden liegt, die in der zweiten Jahreshälfte gemeldet wurden - siehe dazu oben). Das spricht für einen höheren Schaden in den ersten vier Monaten und einen geringeren in den letzten fünf Monaten.
115 
Der Gutachter wurde daher beauftragt, die Schäden auf die Weise auf die Monate im Tatzeitraum umzurechnen, dass die Ausgangsrechnungen der Fa. K. GmbH des einen Monats in Bezug zu den Beitragszahlungen des Vormonats gesetzt werden. Diese Berechnung stellte sich aber als unanwendbar heraus: Zum einen fehlen bei ihr die Eckmonate; zum anderen erscheint es letztlich als zu spekulativ, ob wirklich die Ausgangsrechnungen des Folgemonats den Arbeitsstunden des vorausgegangenen Monats entsprechen. So spricht für den Monat Juli 2011 die Zahl der angemeldeten Arbeitnehmer (12 - 14 Arbeitnehmer; eine genauere Feststellung war wegen diverser Widersprüche zwischen den offiziellen Lohnabrechnungen, den Auskünften der Deutschen Rentenversicherung und den Aussagen der als Zeugen vernommenen Arbeiter nicht möglich) und die Zahl der offiziell abgerechneten Stunden (698 im Gegensatz z. B. zu 507 offiziell abgerechneten Arbeitsstunden im Juni 2011) für besonders viel Arbeit. Gleichzeitig sprach angesichts der geringen Anzahl der pro Arbeiter offiziell abgerechneten Stunden (ganz überwiegend 42 oder 45 Arbeitsstunden pro Arbeiter im Monat) nichts dafür, dass die Fa. K. gerade in diesem Monat beitragsehrlich gewesen wäre. Vielmehr war anzunehmen, dass es sich um einen arbeitsintensiven Monat gehandelt hat, der - bei gleichbleibender Teilzahlungsmethode - dementsprechend auch zu relativ hohen Schäden der Einzugsstellen geführt haben müsste. Bei der vorgegebenen Berechnungsmethode ergab sich aber aufgrund relativ geringer Zahlungseingänge für diesen Monat (ebenso wie für den Mai) ein Minusbetrag von rund 1.500,- EUR, also der Anschein, als seien hier sogar zuviel Beiträge bezahlt worden. Dagegen ergab sich bei dieser Berechnungsmethode für Juni 2011 als ein ungewöhnlich hoher Schaden von 49.115,42 EUR, für den weder der Umsatz noch die Anzahl der in diesem Monat angemeldeten Arbeiter eine Erklärung liefern. Bei dieser Sachlage erschien die vorgeschlagene Methode zur Umlegung des geschätzten Gesamtschadens als nicht geeignet.
116 
Die Strafkammer hat die monatlichen Schäden mangels anderer Schätzgrundlagen schließlich anhand des einzigen objektiven Anhaltspunkts, des Nettoumsatzes, geschätzt, und der Gesamtschaden entsprechend dem Anteil des jeweiligen Monats am Umsatz auf die Monate verteilt.
117 
Der Nettoumsatz auf Monate verteilt ergibt für die ersten vier Monate (4-7/11) 68,17%, für die folgenden fünf Monate 31,83% des Gesamtumsatzes. Das würde hochgerechnet für die ersten vier Monate pro Monat 17,04% des Gesamtnettoumsatzes bedeuten, für die folgenden fünf Monate 6,37 % des Gesamtnettoumsatzes.
118 
Grundsätzlich wären daher für die ersten vier Monate des Tatzeitraums jeweils 17,04 % des Schadens, auf die folgenden fünf Monate jeweils 6,37 % des Gesamtschadens zu schätzen gewesen.
119 
Allerdings gibt es auch innerhalb der genannten Monatsblöcke Anhaltspunkte für eine schwankende Auftragslage bzw. wechselnde Arbeitsbelastung.
120 
So weist einiges darauf hin, dass im Mai 2011 weniger als in den übrigen Monaten gearbeitet wurde, was für einen geringeren Tatumfang spräche. So wurde im Juni nur ca. 1.500,- EUR Umsatz gemacht. Da die Rechnungen in der Regel ein paar Wochen nach der Arbeitsleistung bezahlt werden, könnte das für weniger Arbeit im Mai sprechen. Dem würde auch entsprechen, dass im Mai nur 6-8 Arbeitnehmer offiziell angemeldet waren, ca. die Hälfte der sonst in der ersten Jahreshälfte angemeldeten Arbeitnehmer. Andererseits hat die Fa. K. auch im Mai/Juni Rechnungen gestellt; in den Rechnungen, die überhaupt Arbeitszeiträume benennen, werden auch Arbeitszeiträume im Mai ausgewiesen. Es gibt somit zwar Anhaltspunkte, dass der Mai ein arbeitsärmerer Monat war, aber nicht, um wie viel. Dass im Mai gar nicht gearbeitet wurde, kann dagegen bei dieser Sachlage dagegen ausgeschlossen werden. Daher wurde für den Monat Mai 2011 zu Gunsten des Angeklagten nur die Hälfte des Schadens angenommen, der für die anderen Monate des ersten Tatzeitblocks (April bis Juli 2011) geschätzt wird. Hierfür spricht auch, in diesem Monat nur ca. halb so viel Arbeiter angemeldet waren wie in den anderen Monaten dieses Blocks.
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Im Zeitraum 8-12/11 gelten Ausnahmen für die Monate August und Dezember 2011:
122 
Im August 2011 ist keine einzige echte Arbeitsstunde angemeldet worden, sondern nur Urlaub oder „0“. Manche der als Zeugen vernommenen AN sagten, dass sie Urlaub hatten (ohne dies zeitlich zuzuordnen - die Lohnunterlagen wurden ja erst später eingereicht), Sor. Bot., dass er nur bis 08. oder 10.08.2011 gearbeitet hat. Möglicherweise waren im August 2011 Bauferien. Andererseits wurden im September schon wieder knapp 47.000,- EUR Ausgangsrechnungen bezahlt und auch im August immerhin über 4.500,- EUR. Auch hat die Zeugin Ada. Betriebsferien nur für den Jahreswechsel erwähnt. Bauferien von mehr als zwei oder drei Wochen sind in Deutschland auch gerichtsbekannt unüblich. Daher kann davon ausgegangen werden, dass im August zumindest teilweise gearbeitet wurde, allerdings eventuell nur ¼ der sonstigen Stunden (falls es drei Wochen Bauferien gab). Dies rechtfertigt es, im Zweifel für den Angeklagten für den Monat August nur ¼ des für den Tatzeitraum 5 - 12/11 angenommenen monatlichen Durchschnittsschadens anzunehmen, somit 1,59% des im ganzen Tatzeitraum anfallenden Gesamtschadens.
123 
Für Dezember 2011 ergibt sich aus den Lohnabrechnungen und den Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung, dass ebenfalls wenig Arbeitnehmer angemeldet waren. Zudem verlangsamt sich zum Jahreswechsel traditionell die Bauwirtschaft. Die Zeugin Ada. erwähnte Betriebsferien im Dezember 2011. Andererseits ist hier nur Emi. Bot. mit Urlaub, die anderen angemeldeten Arbeitnehmer aber sämtlich mit - wenn auch wie üblich sehr wenigen - Arbeitsstunden angemeldet.
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Hier wird im Ergebnis zu Gunsten des Angeklagten von einem Schaden in Höhe von lediglich der Hälfte der übrigen Monate ausgegangen, also von 3,19% des Gesamtschadens.
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Weiter wurde zum Ausgleich für etwaige weitere Schätzungsfehler und -unschärfen ein weiterer allgemeiner Abschlag von 10 % auf die auf diese Weise pro Monat geschätzten Schäden vorgenommen.
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Bei Anwendung dieser Berechnungsmethode ergeben sich die unter C. II dargestellten Einzelschäden pro Monat.
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6. Vorsatz
128 
Dass der Angeklagte mit mindestens bedingtem Vorsatz gehandelt hat, ergibt sich von selbst aus den getroffenen Feststellungen. Ohne Zweifel war ihm bekannt, dass seine Arbeiter im Wesentlichen Vollzeit arbeiteten und dass er ihnen mehr als nur die offiziell abgerechneten geringen Nettosummen monatlich auszahlte bzw. durch Erk. Ken. auszahlen ließ. Ebenso wusste er, dass er der Fa. Ra. weniger als die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH mitteilte und diese somit die Sozialversicherungsbeiträge (und weitere Betriebslasten wie die Beiträge zur S. Bau, die sich nach der Höhe der Löhne richten) zu gering berechnen würde. Auch wusste er, dass er der tatsächliche „Chef“ der Fa. K. GmbH war und sich erneut - wie bereits bei der Fa. Euro C. Limited - seines Schwagers lediglich als eingetragenen Geschäftsführers bediente, um seine eigene vorherrschende Stellung in der Firma zu verschleiern.
129 
E.
Rechtliche Würdigung
130 
Der Angeklagte hat somit in neun rechtlich selbständigen Fällen,
131 
als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung - unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird - vorenthalten
132 
sowie jeweils zugleich
133 
als Arbeitgeber der für den Einzug zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder sie pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthalten,
134 
strafbar als Vergehen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. §§ 266 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2, 52, 53 StGB.
135 
Dem Angeklagten ist dabei als faktischer Geschäftsführer der Fa. K. GmbH die Arbeitgebereigenschaft der Fa. K. GmbH zuzurechnen, § 14 Abs. 1 StGB.
136 
Soweit dem Angeklagten in der Anklage für den Tatzeitraum April bis Dezember 2011 auch Taten zu Lasten der IKK Classic und der Barmer Ersatzkasse als Einzugsstellen vorgeworfen wurden (Ziff. 3 - 12 der Anklage), war der Angeklagte freizusprechen (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., 2012, § 260, Rn. 55).
137 
F.
Strafzumessung
138 
Bei der Strafzumessung wurde für jede Einzeltat vom Strafrahmen des § 266 a Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe) ausgegangen.
139 
Zwar lagen zahlreiche straferschwerende Umstände vor, die es erforderlich machten zu prüfen, ob ein unbenannter besonders schwerer Fall i. S. d. § 266 a Abs. 4 StGB vorlag. Hier handelte es sich um folgende Umstände:
140 
- Der Angeklagte ist bereits vier Mal einschlägig vorbestraft und stand im Tatzeitraum einschlägig unter Bewährung.
141 
- Er hat zur Verschleierung der Taten gefälschte Quittungen hergestellt und vorgelegt, ohne allerdings das Regelbeispiel des § 266 a Abs. 4 Nr. 2 StGB zu erfüllen, da die gefälschten Belege nicht gegenüber der Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge vorgelegt wurden.
142 
- Er hat gewerbsmäßig gehandelt, denn es ging bei der Konstruktion ersichtlich darum, sich durch höhere Gewinnspannen eine Einkommensquelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu eröffnen.
143 
- Er hat einen hohen Gesamtschaden und in den meisten Einzelfällen auch hohe Einzelschäden verursacht, wenn auch in jedem Einzelfall der Grenzwert von 50.000,00 Euro für die Annahme eines Schadens in großem Ausmaß gem. § 266 a Abs. 4 Nr. 1 StGB nicht erreicht wurde (vgl. BGH NStZ 2009, 271; Fischer, StGB, 61. Auflage, § 266 a, Rdnr. 27).
144 
Die festgestellten Einzelfälle heben sich aufgrund dieser Vielzahl zu Lasten des Angeklagten sprechender Umstände nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt vorkommender Fälle ab (vgl. auch BGH NStZ 2010, 635 ff.; bei juris Rdnr. 50).
145 
Die Strafkammer hat dennoch davon abgesehen, jeweils unbenannte besonders schwere Fälle i. S. d. § 266 a Abs. 4 StGB zu bejahen. Den belastenden Umständen standen nämlich folgende, zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigende Strafzumessungskriterien gegenüber:
146 
- Aus Sicht des Angeklagten handelt es sich um eine relativ lange Verfahrensdauer, nachdem er seit der Durchsuchung vom 07.10.2011 von den Ermittlungen im vorliegenden Verfahren wusste.
147 
- Der Angeklagte muss damit rechnen, dass die Vollstreckung der derzeit zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten widerrufen wird, was zu einer Verlängerung seines Freiheitsentzuges führen wird. Gleichzeitig ist von einer besonderen Haftempfindlichkeit des Angeklagten als Erstverbüßer und Familienvater auszugehen.
148 
- Zudem ist zu sehen, dass die Arbeitnehmer des Angeklagten immerhin beim Sozialversicherungsträger angemeldet waren und somit vollständig krankenversichert waren und - wenn auch zu geringe - Anwartschaften auf Arbeitslosen- und Rentenleistungen erworben haben.
149 
Insgesamt war die Strafkammer deswegen der Auffassung, dass letztlich trotz des überwiegenden Gewichts der zu Lasten des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens (noch) nicht geboten erschien.
150 
Unter Berücksichtigung sämtlicher, insbesondere der genannten Strafzumessungsgesichtspunkte sowie der jeweils verursachten Schadenshöhe erschien es der Strafkammer zur tat- und schuldangemessen Bestrafung erforderlich und auch ausreichend, folgende Einzelstrafen festzusetzen:
151 
Für April, Juni und Juli 2011 (Tat Ziff. 1, 3 und 4): jeweils Einzelstrafen von
152 
einem Jahr und zwei Monaten,
153 
für Mai 2011 (Tat Ziff. 2): Einzelstrafe von
154 
neun Monaten,
155 
für September und Oktober 2011 (Taten Ziff. 6 und 7): Einzelstrafen von jeweils
156 
acht Monaten,
157 
für November und Dezember 2011 (Taten Ziff. 8 und 9): Einzelstrafen von jeweils
158 
vier Monaten,
159 
sowie
160 
für August 2011 (Tat Ziff 5) eine Einzelstrafe von
161 
drei Monaten.
162 
Dabei war bezüglich der Taten Ziff. 5, 8 und 9 (August, November und Dezember 2011) die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe jeweils unerlässlich i. S. d. § 47 Abs. 1 StGB. Die zahlreichen, wirkungslosen Vorstrafen sowie die hohe kriminelle Energie durch die dargestellten Verschleierungshandlungen belegen eindrücklich, dass der Angeklagte durch die bloße Verhängung von Geldstrafen nicht zu beeindrucken ist.
163 
Unter nochmaliger Berücksichtigung sämtlicher Strafmessungsgesichtspunkte, insbesondere einerseits der besonderen Haftempfindlichkeit des Angeklagten, andererseits seiner strafrechtlichen Vorbelastung, erschien der Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von
164 
zwei Jahren und sechs Monaten
165 
als tat- und schuldangemessen.
166 
Die Strafkammer hat zur Kompensation für eine konventionswidrige Verfahrensverzögerung einen Monat dieser Strafe für bereits vollstreckt erklärt. Die konventionswidrige Verzögerung belief sich auf ca. sechs Monate, in denen das Verfahren bei der Berufungsstrafkammer wegen Arbeitsüberlastung nicht gefördert werden konnte.
167 
G.
Nebenentscheidungen
168 
Eine Gewinnabschöpfung nach § 73 ff. StGB kam nicht in Betracht, da die Sozialversicherungsträger ihre Ansprüche auf Beitragszahlungen nach Rechtskraft des Urteils geltend machen werden, § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB.
169 
Die Strafkammer hat auch von der Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 StGB abgesehen. Zwar hält sie es für naheliegend, dass der Angeklagte auch nach der Verbüßung der vorliegenden Freiheitsstrafe weiterhin als selbständiger Unternehmer tätig sein möchte. Die Strafkammer geht aber davon aus, dass der Eindruck der Freiheitsentziehung ausreichen wird, um den Angeklagten zur Erfüllung seiner Arbeitgeberpflichten anzuhalten.
170 
H.
Kosten
171 
Die Kostenentscheidung beruht bezüglich der in der ersten Instanz entstandenen Verfahrenskosten auf §§ 465, 467 StPO, bezüglich der im Berufungsverfahren entstandenen Kosten und Auslagen auf §§ 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Zwar hatte der Angeklagte mit seiner Berufung in der Berufungsinstanz einen Teilerfolg insofern, als er für einige der angeklagten Taten freigesprochen wurde. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat aber ergeben, dass der vom Angeklagten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum verursachte Gesamtschaden sogar höher war als in der ersten Instanz angenommen, weshalb auch trotz der Teilfreisprüche eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt wurde. Es handelt sich daher lediglich um ein geringfügiges Teilobsiegen, das kostenmäßig nicht berücksichtigt werden musste, § 473 Abs. 4 StPO.
172 
Es war auch nicht aus anderen Gründen unbillig, dem Angeklagten die Kosten seines Rechtsmittels vollständig aufzuerlegen. Zwar sind die in der Berufungsinstanz durch die unbeschränkte Berufungseinlegung des Angeklagten verursachten Gutachterkosten auch deswegen ungewöhnlich hoch gewesen, weil im Laufe des Ermittlungsverfahrens nicht sämtliche aufgefundenen Unterlagen dokumentiert worden waren, sondern teilweise Unterlagen unausgewertet und ohne Vermerk in den Akten zurückgegeben worden waren, insbesondere die Lohnabrechnungen der Fa. Ra. Ltd. Dies hatte dazu geführt, dass die Berechnungen durch den ursprünglichen Sachverständigen der Deutschen Rentenversicherung auf einer falschen Grundlage erstellt worden waren, indem die tatsächlich gezahlten Löhne bei der Berechnung der Gesamtschadenshöhe nicht nach der Maßgabe der obergerichtlichen Rechtsprechung einbezogen worden waren. Hierdurch war es erforderlich geworden, zur Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung ein externes Gutachten in Auftrag zu geben, das zudem durch Ergänzungsgutachten erweitert werden musste, nachdem im Laufe der zunehmenden Erkenntnisse weitere sachverständig zu beurteilende Fragen der Schadensberechnung in den Vordergrund traten.
173 
Wie sich aus dem Rechtsgedanken des § 465 Abs. 2 StPO ergibt, sind aber die Kosten für Sachverständigengutachten, die letztlich nicht zu Gunsten, sondern, wie hier, zu Lasten des Angeklagten ausgehen, nicht der Staatskasse aufzuerlegen, auch wenn sie bei einem anderen Vorgehen der Ermittlungsbehörden möglicherweise hätten geringer ausfallen können.

Sonstige Literatur

 
174 
Urteilsgliederung
A. Prozessgeschichte
B. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
C. Feststellungen zur Sache
I. Vorgeschichte und Rahmenbedingungen
II. Eigentliches Tatgeschehen
D. Beweiswürdigung
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
II. Feststellungen zur Sache
1. Feststellungen zu Vel. K. als faktischem Geschäftsführer der Fa. K. GmbH
a) Einlassung des Angeklagten
b) Aussage des Zeugen Erk. Ken.
c) Aussagen der als Zeugen vernommenen Arbeiter hierzu
d) Beweise für die faktische Geschäftsführerstellung
aa) Angaben der Mitarbeiter der Baufirmen
bb) Verhältnis des Angeklagten zu den mit der Lohnbuchhaltung und der Buchhaltung beauftragten Firmen
cc) Kritische Würdigung der Angaben der Arbeitnehmer der Fa. K. GmbH
dd) Angaben des Zeugen Muh. Y. hierzu
e) Abschließende Gesamtwürdigung
2. Fa. K. GmbH als Arbeitgeberin
3. Zahlung von Teilschwarzlohn
a) offiziell nur monatlich zwischen 0 und max. 80 Arbeitsstunden unrealistisch
b) trotz entsprechender Aussagen der AN
c) mehr Lohn bezahlt als offiziell abgerechnet
d) keine Subunternehmer in nennenswertem Umfang
aa) Fa. Vic. Port.
bb) Fa. O.
cc) Andere Firmen
e) Bruttolohnquote bei offiziellen Löhnen nur knapp 20 % statt wie erforderlich bei ca. 60 %
4. Einzeltatenzuordnung
5. Schadensschätzung
a) Begründung für die Schätzung
b) Schätzung des Gesamtschadens im Tatzeitraum
c) Begründung für die Art der Aufteilung des Schadens auf die Monate
6. Vorsatz
E. Rechtliche Würdigung
F. Strafzumessung
G. Nebenentscheidungen
H. Kosten
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published on 10/11/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 283/09 vom 10. November 2009 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2009 beschlossen : 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urt
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1)1Solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zum Zweck des Abrufs der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39e Absatz 4 Satz 1) die ihm zugeteilte Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt schuldhaft nicht mitteilt oder das Bundeszentralamt für Steuern die Mitteilung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale ablehnt, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln.2Kann der Arbeitgeber die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale wegen technischer Störungen nicht abrufen oder hat der Arbeitnehmer die fehlende Mitteilung der ihm zuzuteilenden Identifikationsnummer nicht zu vertreten, hat der Arbeitgeber für die Lohnsteuerberechnung die voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale im Sinne des § 38b längstens für die Dauer von drei Kalendermonaten zu Grunde zu legen.3Hat nach Ablauf der drei Kalendermonate der Arbeitnehmer die Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt nicht mitgeteilt, ist rückwirkend Satz 1 anzuwenden.4Sobald dem Arbeitgeber in den Fällen des Satzes 2 die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale vorliegen, sind die Lohnsteuerermittlungen für die vorangegangenen Monate zu überprüfen und, falls erforderlich, zu ändern.5Die zu wenig oder zu viel einbehaltene Lohnsteuer ist jeweils bei der nächsten Lohnabrechnung auszugleichen.

(2)1Ist ein Antrag nach § 39 Absatz 3 Satz 1 oder § 39e Absatz 8 nicht gestellt, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln.2Legt der Arbeitnehmer binnen sechs Wochen nach Eintritt in das Dienstverhältnis oder nach Beginn des Kalenderjahres eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vor, ist Absatz 1 Satz 4 und 5 sinngemäß anzuwenden.

(3)1In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 1 kann der Dritte die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug mit 20 Prozent unabhängig von den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers ermitteln, wenn der maßgebende Jahresarbeitslohn nach § 39b Absatz 3 zuzüglich des sonstigen Bezugs 10 000 Euro nicht übersteigt.2Bei der Feststellung des maßgebenden Jahresarbeitslohns sind nur die Lohnzahlungen des Dritten zu berücksichtigen.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

(1) Handelt jemand

1.
als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
2.
als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
3.
als gesetzlicher Vertreter eines anderen,
so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

(2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten

1.
beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder
2.
ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen,
und handelt er auf Grund dieses Auftrags, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebs vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrags für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.

(2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.

(4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.