vorgehend
Amtsgericht Augsburg, 4 XVII 953/13, 16.12.2016

Gericht

Landgericht Augsburg

Tenor

– Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 16.12.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse wendet sich mit seiner Beschwerde vom 13.01.2017 (vgl. Zu II Bl. 27 d.A.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 16.12.2016 (vgl. Zu II Bl. 20 d.A.), mit dem der Erinnerung des Kostenschuldners abgeholfen wurde und der Kostenansatz vom 03.05.2016 (Jahresgebühr für Dauerbetreuung für die Jahre 2013 - 2016: 4 x 200,- EUR; sowie Vergütung für Sachverständigen: 411,32 EUR) aufgehoben wurde.

Im Januar 2013 wurde die Schwester des Betroffenen, (…), als Betreuerin für den Betroffenen bestellt für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-Pflegevertrages, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post und Entscheidung über Fernmeldeverkehr (vgl. Bl. 28 d.A.).

Die Eltern des Betroffenen sind verstorben, zuletzt verstarb im Jahr 2012 die Mutter. Zwischenzeitlich lebt der Betroffene im (…) Alten- und Pflegeheim. Im Rahmen der Anhörung am 17.01.2013 hatte die Schwester des Betroffenen mitgeteilt, Erbangelegenheiten seien bereits geregelt, die Konten und das Geld geteilt (vgl. Bl. 25 d.A.).

Die Eltern des Betroffenen hatten einen notariellen Erbvertrag geschlossen, in dem der Betroffene zum Miterben als nicht befreiter Vorerbe eingesetzt wurde (vgl. Bl. 90, 91 d.A.). Als Nacherbin wurde die Schwester des Betroffenen (…) eingesetzt. Weiter wurde „mit Rücksicht darauf, dass (der Betroffene) wegen seiner Behinderung nicht in der Lage sein wird, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen, insbesondere die ihm durch den jeweiligen Erbfall zufallenden Vermögenswerte selbst zu verwalten“ Testamentsvollstreckung für den Erbteil des Betroffenen angeordnet. Aufgabe des jeweiligen Testamentsvollstreckers ist die Verwaltung des Erbteils des Betroffenen und damit die Verwaltung des Nachlasses gemeinsam mit dem weiteren Miterben. Der jeweilige Testamentsvollstrecker hat alle Verwaltungsrechte auszuüben, die dem Betroffenen als Vorerbe zustehen. Er ist zur Verwaltung des Nachlasses in Gemeinschaft mit dem weiteren Miterben berechtigt und verpflichtet (vgl. Bl. 93 f d.A.). Es wurden folgende, für den jeweiligen Testamentsvollstrecker verbindlichen Verwaltungsanordnungen gem. § 2216 II BGB getroffen:

„Der Testamentsvollstrecker hat dem Betroffenen die ihm gebührenden anteiligen jährlichen Reinerträgnisse (Nutzungen) des Nachlasses, wie z.B. etwaige anteilige Zinserträge, Dividenden- und Gewinnanteile und etwaige sonstige Gebrauchsvorteile und Früchte von Nachlassgegenständen, nur in Form folgender Leistungen zuzuwenden:

– Überlassung von Geldbeträgen in Höhe des jeweiligen Rahmens, der nach den jeweiligen einschlägigen Gesetzen einem Behinderten maximal zur freien Verfügung stehen kann;

– Geschenke zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten und zu seinem Geburtstag, wobei bei der Auswahl der Geschenke auf die Bedürfnisse und Wünsche des Betroffenen ausdrücklich einzugehen ist;

– Zuschüsse zur Finanzierung eines Urlaubs und zur Urlaubsgestaltung;

– Zuwendung zur Befriedigung geistiger und künstlerischer Bedürfnisse sowie zur Befriedigung der individuellen Bedürfnisse des Betroffenen in Bezug auf Freizeit, wozu insbesondere auch Hobbys und Liebhabereien zählen.

Für welche der genannten Leistungen die jährliche Reinerträgnisse verwendet werden sollen, ob diese also auf sämtliche Leistungen gleichmäßig oder nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden oder ob diese in einem Jahr nur für eine oder mehrere der genannten Leistungen verwendet werden, entscheidet der jeweilige Testamentsvollstrecker nach billigem Ermessen, wobei er allerdings immer auf das Wohl des Betroffenen bedacht sein muss.

Werden die jährlichen Reinerträgnisse in einem Jahr nicht in voller Höhe in Form der bezeichneten Leistungen dem Betroffenen zugewendet, sind die entsprechenden Teile vom jeweiligen Testamentsvollstrecker gewinnbringend anzulegen.

Sind größere Anschaffungen für den Betroffenen, wie beispielsweise der Kauf eines Gegenstandes zur Steigerung des Lebensstandardes für den Betroffenen, oder eine größere Reise oder ähnliches, beabsichtigt, hat der jeweilige Testamentsvollstrecker entsprechende Rücklagen zu bilden, die dann zugunsten des Betroffenen zur gegebenen Zeit entsprechend zu verwenden sind.“

Im Übrigen gelten für die Testamentsvollstreckung die gesetzlichen Bestimmungen. Als Testamentsvollstreckerin nach dem zweiten Erbfall wurde die Schwester des Betroffenen, (…) ernannt.

Mit Beschluss vom 20.11.2014 bestellte das Amtsgericht Augsburg (…) als Ergänzungsbetreuerin für den Aufgabenkreis „Wahrung der Rechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses (…)“ (vgl. Bl. 85 d.A.).

Insgesamt hatte der Betroffene einen Vorerbenanteil am Nachlass seiner Eltern in Höhe von 27.045,62 EUR (vgl. Bl. 233 d.A.). Zwischenzeitlich ist der Erbteil des Betroffenen fast komplett aufgebraucht, das Geld wurde seitens der Betreuerin für die Heimkosten des Betroffenen (vgl. Bl. 49 d.A.: Heimkosten 1.904,84 EUR + Taschengeld 100,- EUR ./. 770,- Rente = Fehlbetrag ca. 1.234,- EUR) eingesetzt. Zum 31.12.2014 ergab sich ein Vermögensstand von 2.415,81 EUR (vgl. Bl. 249 d.A.). Die Ergänzungsbetreuerin führte im Schreiben vom 10.03.2015 (Bl. 140 f d.A.) aus, dass die Betreuerin einen Fehler gemacht habe, da sie den gesamten Erbanteil des Betroffenen für diesen eingesetzt habe. Es stelle sich die Frage, inwieweit dem Betroffenen dadurch tatsächlich ein Schaden entstanden sei, da er entsprechend dem Erbvertrag nur berechtigt war, die Zinsen aus dem Vorerbanteil für sich zu verwenden. Tatsächlich habe die Betreuerin sich selbst geschädigt, da sie als Nacherbin eingesetzt war. Aus diesem Grund wurde unter Mitwirkung der Ergänzungsbetreuerin eine Vereinbarung zwischen dem Betreuten und der Betreuerin geschlossen, mit der sich die Betreuerin verpflichtet - nachdem eine Nutzung des Erbanteils insgesamt nicht mehr möglich íst - die jährlichen Zinsen des Betrages von 27.045,62 EUR in Höhe von 1% (= 270,45 EUR) an den Betreuten auszuzahlen (vgl. Bl. 256 d.A.). Diese Vereinbarung wurde betreuungsgerichtlich genehmigt (vgl. Bl. 259 d.A.).

Mit Kostenrechnung vom 09.05.2016 (Kostenansatz vom 03.05.2016) wurden die Jahresgebühren von jeweils 200,- EUR für die Jahr 2013 - 2016 (KV-GNotKG 11101) sowie die Vergütung für Sachverständige (KV-GNotKG 31005) i.H.v. 411,32 EUR, insgesamt also 1.211,32 EUR in Rechnung gestellt (vgl. Zu II Bl. 4 d.A.). Ausweislich des Schreibens vom 30.05.2016 (vgl. Zu II Bl. 5 d.A.) wurde die Nacherhebung erforderlich, weil die Erhebung der Gerichtskosten zunächst übersehen worden war. Mit Schreiben vom 23.06.2016 wurde seitens des Betroffenen Erinnerung eingelegt (vgl. Zu II Bl. 6 d.A.).

Der Bezirksrevisor legte mit Stellungnahme vom 04.11.2016 (vgl. Zu II Bl. 15 ff d.A.) namens der Staatskasse die Erinnerung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Gericht zur Entscheidung vor. Zudem wurde in diesem Schreiben Erinnerung zugunsten des herangezogenen Kostenschuldners eingelegt.

In rechtlicher Hinsicht wird u.a. argumentiert, die bislang vorliegende Rechtsprechung berücksichtige nicht, dass das Anwartschaftsrecht des Nacherben einen abzuziehenden Vermögenswert darstelle (vgl. Zu II Bl. 16 d.A.). Der Unterschied zum seitens des Landgerichts Augsburg bereits entschiedenen Fall 054 T 2005/15 liege darin, dass hier der Betreute keinen durchsetzbaren Anspruch gegen die Testamentsvollstreckerin auf Freigabe des Betrages der Kostenrechnung habe (vgl. Zu II Bl. 16 d.A.).

Mit Beschluss vom 16.12.2016 half das Amtsgericht Augsburg (Rechtspfleger) der Erinnerung des Kostenschuldners vom 23.06.2016 ab und hob den Kostenansatz vom 03.05.2016 auf (vgl. Zu II Bl. 20 ff d.A.). Dabei übernahm das Amtsgericht die Argumentation des Bezirksrevisors.

Namens und im Auftrag der Staatskasse legte der Bezirksrevisor Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.12.2016 ein, mit dem Antrag, die zu erhebenden Gebühren und Auslagen für die Jahre 2013 bis einschließlich 2016 mit insgesamt 861,32 EUR anzusetzen (vgl. Zu II Bl. 27 ff d.A.).

Mit Beschluss vom 19.01.2017 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig, eine Beschwerdeeinlegung seitens der Staatskasse war möglich, da die Entscheidung im Beschluss vom 16.12.2016 die Staatskasse belastet. Dabei bleiben die Anträge im Erinnerungsverfahren außer Betracht (materielle Beschwer, vgl. Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz, 19. Aufl., 2015, § 81 GNotKG, RN 123).

2. Die Beschwerde ist unbegründet, die Aufhebung des Kostenansatzes erfolgte zu Recht.

Die Frage, ob im vorliegenden Fall Kosten vom Betroffenen zu erheben sind, richtet sich grds. nach § 92 KostO für die Jahresgebühr 2013/2014 bzw. nach Nr. 11101 KV-GNotKG für die Jahre ab 2015.

Nach BezRevRi 2014 (Richtlinien der bayerischen Bezirksrevisoren 2014, welche nach ihrem Wortlaut für die Anwender verbindlich sind, soweit nicht eine örtliche oder überörtliche Rechtsprechung oder Verwaltungsanordnung entgegensteht) Nr. 276 gehört zum sog. Reinvermögen auch eine Vorerbschaft in vollem Umfang, d.h. beim Betroffenen wäre nach dieser Ansicht ein Vermögen i.H.v. 27.045,62 EUR in Ansatz zu bringen. Dem kann nach Ansicht der Kammer nicht gefolgt werden.

a) Der Gesetzgeber hat die Regelung der Vermögensberechnung für die Gerichtskosten auch im Rahmen des GNotKG nicht der Beurteilung der Mittellosigkeit nach §§ 1908 i, 1836c Nr. 2 BGB, § 90 SGB XII angepasst, so dass, anders als für die Betreuervergütung, bei der Berechnung der Gerichtskosten mit Ausnahme des angemessenen, eigengenutzten Grundbesitzes weiterhin grundsätzlich nicht die Verwertbarkeit des Vermögens maßgeblich ist (vgl. Nr. 11101 KV-GNotKG). Unberücksichtigt bleibt nach dem Gesetz ausdrücklich nur der in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannte Vermögenswert (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 28.12.2016, Az. 2 W 255/16).

b) Vorliegend wurde der entsprechende Teil des Vermögens des Betreuten auch Gegenstand der Betreuung nach Abs. 1 S. 1 der Anmerkung zu Nr. 11101 KV-GNotKG.

Die Regelungen des neuen Satzes 3 und Satz 4 von § 92 I KostO wurden ins GNotKG übernommen. Dabei ist sowohl nach § 92 I S. 3 KostO als auch nach der entsprechenden Vorschrift des GNotKG (Abs. 1 S. 2 der Anmerkung zu Nr. 11101 KV-GNotKG) das Vermögen des Betroffenen nur insoweit der Bewertung zugrunde zu legen, als es Gegenstand der Betreuung ist. Die Beschränkung kann sich aus den Verhältnissen oder den übertragenen Aufgabenkreisen ergeben. Wenn nun infolge der Anordnung der Testamentsvollstreckung der Erbteil nicht der Verwaltung der Betreuerin unterliegt, gehört es andererseits freilich doch zu den Aufgaben der Betreuerin, die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers zu überprüfen und die Rechte des Betreuten gegenüber dem Testamentsvollstrecker geltend zu machen. Nachdem die Betreuerin zugleich Testamentsvollstreckerin und Miterbin war, wurde deshalb mit Beschluss vom 20.11.2014 (…) als Ergänzungsbetreuerin bestellt für den Aufgabenkreis „Wahrung der Rechts gegenüber dem Testamentsvollstrecker hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses (…). Somit wird das Betreuungsgericht auch in diesem Fall mit dem Vermögen und seiner Verwaltung beschäftigt.

c) Allerdings stellt Nr. 11101 GNotKG in Abs. 1 klar, dass auf das Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten abgestellt wird. Sowohl Aktiva als auch Passiva sind zu bewerten, wobei bei beiden Positionen bedingte Forderungen, Anwartschaften und - rechtlich oder hinsichtlich ihrer Verwirklichung - zweifelhafte Ansprüche nicht mit ihrem Nennwert, sondern mit ihrem nach § 36 I GNotKG zu schätzenden wirtschaftlichen Wert, i.d.R. also einem Bruchteil, anzusetzen sind (vgl. Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz, 19. Aufl., 2015, Vorbem 1.1 GNotKG, RN 22, 29). In der Kommentarliteratur wird dann - allerdings ohne weitere durchschlagende Begründung - angeführt, dass demgegenüber ererbtes Vermögen auch dann voll anzusetzen ist, wenn der Betroffene (beschränkter) Vorerbe ist (vgl. Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz, 19. Aufl., 2015, Vorbem 1.1 GNotKG, RN 22).

Dies überzeugt letztendlich nicht.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum so genannten Behindertentestament sind Verfügungen von Todes wegen, in denen Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer - - mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen - - Dauertestamentsvollstreckung so gestaltet, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann, grundsätzlich nicht sittenwidrig, sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes ü über den Tod der Eltern hinaus (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2017, Az. XII ZB 299/15).

Der Vorerbe hat dem Nacherben die Substanz des Nachlasses zu erhalten. Mit dem Erbfall entsteht ein grundsätzlich unentziehbares und unbeschränkbares Anwartschaftsrecht des Nacherben an der Erbschaft, das einen gegenwärtigen Vermögenswert darstellt (vgl. dazu Palandt, 76. Aufl., § 2100 BGB, RN 11 f).

Wenn in der Rechtsprechung argumentiert wird, das einfach gehaltene Kostenrecht solle nicht überfrachtet werden, überzeugt dieser Ansatz letztendlich nicht. Die Frage, ob und inwieweit der Betreute als Kostenschuldner tatsächlich zur Bezahlung der festgesetzten Gebühr herangezogen werden kann, wird ins Vollstreckungsrecht verlagert, wobei nach Argumentation der Rechtsprechung durch die Anwendung der Vorschrift des § 850k ZPO der Einzelfallgerechtigkeit hinreichend Rechnung getragen werden kann (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 28.12.2016, Az. 2 W 255/16).

Bereits nach dem Wortlaut von Nr. 11101 KV-GNotKG wird jedoch auf Vermögen abgestellt, soweit es nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000,- EUR beträgt. Sowohl Aktiva als auch Passiva sind zu bewerten, wobei bei beiden Positionen bedingte Forderungen, Anwartschaften und - rechtlich oder hinsichtlich ihrer Verwirklichung - zweifelhafte Ansprüche nicht mit ihrem Nennwert, sondern mit ihrem nach § 36 I GNotKG zu schätzenden wirtschaftlichen Wert, i.d.R. also einem Bruchteil, anzusetzen sind (vgl. Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz, 19. Aufl., 2015, Vorbem 1.1 GNotKG, RN 22, 29). Rechtlich überzeugende Gründe - außer einer Vereinfachung für den Kostenbeamten - bei einem Anwartschaftsrecht des Nacherben Ausnahmen zu machen, sind nicht erkennbar. Auch bei anderen schwierig zu bewertenden Vermögens- bzw. Verbindlichkeitspositionen sind Bewertungen vorzunehmen.

Aufgrund der einschränkenden Verwaltungs- und Auszahlungsanordnungen im vorliegenden Erbvertrag ist davon auszugehen, dass nur die Früchte bzw. Zinserträge des Vermögens dem Betreuten zur Verfügung stehen sollten, daraus sollten auch Rücklagen für größere Anschaffungen gebildet werden (vgl. Erbvertrag v. 13.12.1989, Bl. 88 ff d.A.). Der Vermögensstamm sollte umfassend für die Nacherbin erhalten bleiben, so dass vorliegend das Anwartschaftsrecht mit einem hoch anzusetzenden Bruchteil zu bewerten sein wird. Die konkrete Bewertung ist hier unerheblich, egal, ob das Anwartschaftsrecht mit 30%, 50% oder 70% bewertet wird, bleibt das Vermögen nach Abzug dieser Verbindlichkeit unter der Grenze von 25.000,- EUR.

d) Eine andere Beurteilung könnte sich dann ergeben, wenn der Betreute einen Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Vergütung der Kosten für eine gerichtlich angeordnete Betreuung hat (vgl. LG Köln, Beschluss v. 13.10.2014, Az. 1 T 363/14). Dies kann offen bleiben, weil im vorliegenden Fall nach dem Wortlaut des Erbvertrags bzw. nach dessen Auslegung kein durchsetzbarer Anspruch des Betroffenen gegen den Testamentsvollstrecker bestand gerichtet auf Freigabe des Betrages für die Begleichung der Gerichtsgebühren. In dem Erbvertrag ist in Ziff. IV. 2 klar geregelt, welche Leistungen dem Betroffenen zuzuwenden sind und wofür Rücklagen zu bilden sind. Zwar ist die Kostenzahlung für Gerichtsgebühren nicht wörtlich ausgeschlossen, aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich jedoch, dass die Begleichung der Gerichtsgebühren hiervon nicht umfasst ist. Insbesondere bestand bei Zustandekommen des Erbvertrags im Jahr 1989 noch keine Betreuung für den Betroffenen.

3. Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstatten (§ 81 VIII GNotKG).

4. Die weitere Beschwerde wird zugelassen (§ 81 IV GNotKG).

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(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1.
eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,
2.
eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,
3.
eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,
4.
eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
5.
von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,
6.
von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,
7.
von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,
8.
eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,
9.
kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen,
10.
eines angemessenen Kraftfahrzeuges.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 299/15
vom
1. Februar 2017
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beträgt für die Staatskasse
in analoger Anwendung des § 304 Abs. 2 FamFG drei Monate. Sie beginnt
mit der - auch formlos möglichen - Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung
; § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG findet keine Anwendung.

b) Ob die durch ein Behindertentestament für den Betroffenen angeordnete
(Vor-)Erbschaft bei gleichzeitiger Anordnung der Testamentsvollstreckung
zur Mittellosigkeit des Betroffenen führt, ist durch Auslegung der an den
Testamentsvollstrecker adressierten Verwaltungsanordnungen zu ermitteln
(im Anschluss an Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - XII ZB 679/11 -
FamRZ 2013, 874).
BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 299/15 - LG Oldenburg
AG Vechta
ECLI:DE:BGH:2017:010217BXIIZB299.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 25. Juni 2014 aufgehoben. Auf die Beschwerde der Betroffenen werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Vechta vom 12. Mai 2014 und vom 15. Mai 2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die dem weiteren Beteiligten zu 2 für die Tätigkeit der weiteren Beteiligten zu 1 zu erstattende Vergütung für die Zeiträume vom 26. Oktober 2013 bis zum 25. Januar 2014 und vom 26. Januar 2014 bis zum 25. April 2014 wird auf jeweils 264 € festgesetzt. Die Vergütung ist aus der Staatskasse zu zahlen. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen. Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Wert: 660 €

Gründe:

I.

1
Die Staatskasse wendet sich mit ihrer Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung einer Betreuervergütung.
2
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin) wurde für die an einer chronifizierten paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie leidende und seit vielen Jahren unter Betreuung stehende Betroffene als Vereinsbetreuerin bestellt. Die Betroffene ist gemeinsam mit ihren drei Schwestern Erbin nach ihrer Mutter. Diese hatte in ihrem Testament angeordnet, dass die Betroffene hinsichtlich ihres Erbteils Vorerbin und die Schwestern insoweit Nacherbinnen sein sollen. Ferner hatte die Mutter im Hinblick auf die psychische Erkrankung der Betroffenen Testamentsvollstreckung auf deren Lebenszeit angeordnet und den Testamentsvollstrecker angewiesen, der Betroffenen aus dem Erbteil die Mittel für ein möglichst würdevolles und angemessenes Leben zur Verfügung zu stellen. Im Einzelnen hat sie "Taschengeld in angemessener Höhe, Zuwendungen für Kleidung und persönliche Anschaffungen, Mittel zur Ausübung eines Hobbys, ggf. Freizeiten- und Urlaubsaufenthalte, Aufwendungen für ärztliche Behandlungen , die von der Krankenkasse nicht vollständig gezahlt werden, wie z.B. Brille oder Zahnersatz u.ä." als aus dem Erbteil zu finanzieren benannt. Am 7. November 2013 betrug das im Wesentlichen aus diesem Erbteil bestehende Vermögen der Betroffenen rund 49.000 €.
3
Das Amtsgericht hat in getrennten Beschlüssen für die Zeit vom 26. Oktober 2013 bis zum 25. Januar 2014 und für die Zeit vom 26. Januar 2014 bis zum 25. April 2014 die Vergütung der Betreuerin auf jeweils 330 € festgesetzt, angeordnet, dass diese Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen zu zahlen ist, und die Beschwerde zugelassen. Auf die von der Betreuerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht die angefochtenen Beschlüsse insoweit aufgehoben , "als dort angeordnet wurde, dass die Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen zu zahlen ist." Der landgerichtliche Beschluss vom 25. Juni 2014 wurde der Staatskasse am 1. Juni 2015 formlos übersandt. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatskasse mit ihrer zugelassenen und am 6. Juli 2015 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat nur hinsichtlich der Höhe der Betreuervergütung Erfolg.
5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig; sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden.
6
a) Der Lauf der Rechtsbeschwerdefrist ergibt sich für die Staatskasse aus einer analogen Anwendung des § 304 Abs. 2 FamFG. Abweichend von der allgemeinen Beschwerdefrist nach § 63 FamFG beträgt die Frist zur Einlegung der Beschwerde durch den Vertreter der Staatskasse mithin drei Monate und beginnt mit der formlosen Mitteilung (§ 15 Abs. 3 FamFG) an ihn.
7
§ 304 Abs. 2 FamFG regelt eine besondere Frist für die Einlegung der Beschwerde durch die Staatskasse. Die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde verweisen zwar nicht auf § 304 Abs. 2 FamFG. Diese Regelung gilt jedoch für das Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend (BeckOK FamFG/ Günter [Stand: 1. August 2016] § 304 Rn. 8; Guckes in Fröschle Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 3. Aufl. § 304 FamFGRn. 2 und § 74 FamFG Rn. 11; Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 304 Rn. 20; vgl. zur Beschwerdeberechtigung auch Senatsbeschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 - FamRZ 2016, 1671 Rn. 8). Die für die entsprechende Anwendung erforderliche Regelungslücke liegt vor, denn weder aus dem Gesetz noch aus den Gesetzgebungsmaterialien sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber in den Vorschriften über die Rechtsbeschwerde bewusst von einem Verweis auf § 304 Abs. 2 FamFG abgesehen hat. Es besteht auch ein vergleichbarer Bedarf, die Rechtsbeschwerdefrist für die Staatskasse wie die Beschwerdefrist besonders zu regeln. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der Vorschrift, wonach die Regelung ermöglichen soll, dass die Bezirksrevisoren ihre bisherige Praxis, in regelmäßigen Abständen Revisionen vorzunehmen, beibehalten können (BT-Drucks. 16/6308 S. 272; Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 5. Aufl. § 304 FamFG Rn. 4; Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 304 Rn. 6; Bienwald/Sonnenfeld/Harm/Bienwald Betreuungsrecht 6. Aufl. § 304 FamFG Rn. 5; Guckes in Fröschle Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren 3. Aufl. § 304 FamFG Rn. 10). Diese regelmäßigen Revisionen beinhalten auch die Prüfung, ob Beschwerdeentscheidungen ergangen sind, die der Staatskasse nicht mitgeteilt worden sind.
8
Aus diesem Sinn und Zweck des § 304 Abs. 2 FamFG folgt zudem, dass die Fünfmonatsfrist des § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG daneben nicht zum Tragen kommt (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 304 Rn. 18; vgl. auch BTDrucks. 16/6308 S. 272), wobei dahinstehen kann, ob § 63 Abs. 3 Satz 2 FamFG im Rechtsbeschwerdeverfahren überhaupt Anwendung findet (vgl. Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - XII ZB 531/11 - FamRZ 2012, 1049 Rn. 13 mwN).
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b) Demnach hat die am 6. Juli 2015 eingegangene Rechtsbeschwerde der Staatskasse die Rechtsbeschwerdefrist gewahrt, denn die Beschwerdeentscheidung ist der Staatskasse erst am 1. Juni 2015 zugegangen.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nur teilweise begründet.
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a) Das Landgericht hat das Rechtsmittel als Beschwerden der Betreuerin gegen beide Vergütungsfestsetzungen behandelt und seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Betroffene sei vermögenslos, weil das Testament der Mutter der Betroffenen dahin auszulegen sei, dass die Erblasserin Vergütungsansprüche eines Betreuers ausschließen wollte. Bei der Auslegung sei der wirkliche Wille der Erblasserin zu erforschen. Die Mutter habe ihr Interesse zum Ausdruck gebracht, der Betroffenen zusätzliche Vorteile und Annehmlichkeiten über die staatlichen Leistungen hinaus zukommen zu lassen, und durch die Nacherbschaft zu erkennen gegeben, dass auch nach dem Tod der Betroffenen die Sozialhilfeträger keinen Zugriff auf das Vermögen haben sollen. Aus den im Testament beispielhaft benannten Zwecken, für die Gelder entnommen werden dürfen, ergebe sich, dass die Erblasserin nicht die Grundversorgung sicherstellen wollte, sondern persönliche Vergünstigungen vorgesehen habe. Die Betreuung sei aber eher als Grundversorgung anzusehen. Im vorliegenden Fall sei auch zu berücksichtigen, dass die Betroffene voraussichtlich noch viele Jahre eine Betreuung in Anspruch nehmen werde und dass das Vermögen von rund 49.000 € entsprechend dem Wunsch der Erblasserin noch für eine lange Zeit für die zusätzlichen Annehmlichkeiten zur Verfügung stehen solle.
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b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
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aa) Zu Recht ist das Landgericht allerdings von zulässigen Beschwerden gegen die amtsgerichtlichen Beschlüsse ausgegangen. Zwar hat die – durch die amtsgerichtlichen Vergütungsentscheidungen nicht beschwerte und damit selbst nicht beschwerdeberechtigte – Betreuerin die Beschwerden eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist jedoch dahingehend auszulegen, dass die Betreuerin die Beschwerden im Namen der Betroffenen eingelegt hat. Die Be- schwerden waren darauf gerichtet, dass die angeordnete Erstattung der Vergütung aus dem Vermögen der Betroffenen wegen ihrer Mittellosigkeit entfallen sollte, was nach der Regelung des § 5 Abs. 2 VBVG auch dazu führt, dass bei der pauschalen Vergütung nur noch eine geringere Stundenzahl in Ansatz gebracht werden kann. Das wiederum liegt allein im Interesse der Betroffenen und nicht im Interesse des Vergütungsempfängers, hier also des Betreuers bzw. des Betreuungsvereins.
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bb) Auch die Auslegung des Landgerichts, dass die Mutter der Betroffenen in ihrem Testament die Zahlung der Betreuervergütung aus dem Erbteil nicht anordnen wollte, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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(1) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum so genannten Behindertentestament sind Verfügungen von Todes wegen, in denen Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer – mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen – Dauertestamentsvollstreckung so gestalten , dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann, grundsätzlich nicht sittenwidrig , sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus (Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - XII ZB 679/11 - FamRZ 2013, 874 Rn. 20; BGHZ 188, 96 = FamRZ 2011, 472 Rn. 12 mwN). Die angeordnete Testamentsvollstreckung schränkt die Verfügungsbefugnis des Betroffenen gemäß § 2211 BGB ein; demgemäß können sich die Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten, § 2214 BGB (Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - XII ZB 679/11 - FamRZ 2013, 874 Rn. 21). Allerdings hat der Betroffene als Erbe einen durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Tes- tamentsvollstrecker die vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanordnungen im Sinne des § 2216 Abs. 2 BGB umsetzt (Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - XII ZB 679/11 - FamRZ 2013, 874 Rn. 22). Für die insoweit notwendige Feststellung des Erblasserwillens gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 BGB. Hiernach ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Diese Aufgabe der Auslegung obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann mit der Revision bzw. Rechtsbeschwerde nur angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - XII ZB 679/11 - FamRZ 2013, 874 Rn. 24; BGH Beschluss vom 9. März 2011 - IV ZB 16/10 - FamRZ 2011, 1224 Rn. 9 mwN).
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(2) Entsprechende Auslegungsfehler zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Das Landgericht hat weder wesentliche Tatsachenfragen missachtet noch gegen Auslegungsregeln oder Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, dass die Betreuung eine über staatliche Sozialleistungen hinausgehende Vergünstigung und daher nach dem Willen der Erblasserin aus dem Erbe zu finanzieren sei, ergibt sich eine solche Verwaltungsanordnung nicht zwingend aus dem Testament. Das Landgericht hat vielmehr unter Beachtung des Wortlauts und des inhaltlichen Zusammenhangs des Testaments, insbesondere der im Testament genannten Zwecke, für die Geld zur Verfügung zu stellen ist, und unter Berücksichtigung der daraus erkennbaren Interessen der Erblasserin deren Anordnungen so ausgelegt, dass der Betroffenen persönliche Vergünstigungen über die staatliche Grundsicherung hinaus zukommen sollen. Dass das Landgericht die Betreuung insoweit als der staatlichen Grundsicherung ähnlicher einstuft als darüber hinausgehende Vergünstigungen und sie darum nicht als einen von der Bestimmung der Erblasserin erfassten Zweck ansieht, bewegt sich im Rahmen des tatrichterlichen Er- messens. Für die Auffassung des Landgerichts spricht im Übrigen, dass die Einrichtung der Betreuung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine staatliche Pflicht im Rahmen des Erwachsenenschutzes ist. Diese Pflicht besteht gegenüber jedermann unabhängig von dessen Vermögensverhältnissen und stellt somit keine besondere Vergünstigung für die Betroffene, sondern – wie das Landgericht richtig gesehen hat – eher deren Grundversorgung dar. Das Landgericht hat insoweit alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt und sein Ergebnis nachvollziehbar begründet.
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cc) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht allerdings die Festsetzung der Vergütung für die hier maßgeblichen Zeiträume von jeweils drei Monaten auf 330 € bestätigt. Die Entscheidung ist gemäß § 74 Abs. 3 Satz 2 FamFG insoweit auch ohne eine Rüge der Rechtsbeschwerde zu überprüfen. § 5 VBVG regelt die pauschalen Stundenansätze für die Vergütung des Betreuers. Dabei sind unterschiedliche Stundenansätze für vermögende (Absatz 1) und für mittellose (Absatz 2) Betroffene geregelt. Da die Betroffene für die Vergütung nicht auf ihren Erbteil zugreifen kann und nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts im Übrigen mittellos ist, sind für die Betreuervergütung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VBVG im vorliegenden Fall monatlich zwei Stunden in Ansatz zu bringen. In Verbindung mit dem von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Stundensatz in Höhe von 44 € ergibt sich daher eine Vergütung von jeweils 264 € für die beiden, jeweils dreimonatigen Zeiträume.
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3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Schilling Günter Krüger
Vorinstanzen:
AG Vechta, Entscheidung vom 12.05.2014 und 15.05.2014 - 14 XVII S 988 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 25.06.2014 - 8 T 377/14 u. 8 T 378/14 -

(1) Eine natürliche Person kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Satz 1 gilt auch, wenn das Zahlungskonto zum Zeitpunkt des Verlangens einen negativen Saldo aufweist. Ein Pfändungsschutzkonto darf jedoch ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden.

(2) Ist Guthaben auf dem Zahlungskonto bereits gepfändet worden, kann der Schuldner die Führung dieses Kontos als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf sein Verlangen folgenden Geschäftstages fordern. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut bleibt im Übrigen unberührt.

(3) Jede Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten. Bei dem Verlangen nach Absatz 1 hat der Kunde gegenüber dem Kreditinstitut zu versichern, dass er kein weiteres Pfändungsschutzkonto unterhält.

(4) Unterhält ein Schuldner entgegen Absatz 3 Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichnete Zahlungskonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. Der Gläubiger hat den Umstand, dass ein Schuldner entgegen Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten unterhält, durch Vorlage entsprechender Erklärungen der Drittschuldner glaubhaft zu machen. Eine Anhörung des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht unterbleibt. Die Anordnung nach Satz 1 ist allen Drittschuldnern zuzustellen. Mit der Zustellung der Anordnung an diejenigen Kreditinstitute, deren Zahlungskonten nicht zum Pfändungsschutzkonto bestimmt sind, entfallen die Wirkungen dieser Pfändungsschutzkonten.

(5) Der Kontoinhaber kann mit einer Frist von mindestens vier Geschäftstagen zum Monatsende von dem Kreditinstitut verlangen, dass das dort geführte Pfändungsschutzkonto als Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz geführt wird. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde vom 26.08.2014 (Bl. 178 d. A.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 20.08.2014 – 52 XVII T 16 – (Bl. 174 d. A.) wird zurückgewiesen.


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