Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 09. Jan. 2017 - 3 TaBVGa 3/16

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2017:0109.3TABVGA3.16.0A
bei uns veröffentlicht am09.01.2017

Tenor

Auf die Beschwerde der Bet. zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 12.12.2016 - Az. 5 BVGa 154/16 - abgeändert:

Der Wahlvorstand wird verpflichtet, den von der Gewerkschaft I... M... in der Schlussfassung mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M... Liste“ für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 im Betrieb der Bet. zu 2 zuzulassen.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten über die Zulassung der von der Beteiligten zu 1. (im Folgenden: I... M...) mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlagsliste zur für den 17.01.2017 angesetzten Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Beteiligten zu 2.

2

Im Betrieb der Beteiligten zu 2. sind mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Es existiert bislang kein Betriebsrat. Am 11.04.2016 wurde ein Wahlvorstand bestellt, der Beteiligte zu 3. (im Folgenden: Wahlvorstand). Kurz danach wurde nach Ausscheiden eines Wahlvorstandsmitgliedes vorübergehend die Handlungsfähigkeit und korrekte Besetzung des Wahlvorstandes unklar. Im Mai 2016 kursierte schon eine Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl im Betrieb, u.a. mit den gleichen Bewerbern wie in diesem Verfahren, die aber nicht beim Wahlvorstand eingereicht wurde.

3

Mit Wahlausschreiben vom 15.11.2016 leitete der Wahlvorstand die am 17.01.2017 stattfindende Betriebsratswahl ein und forderte zur Einreichung von Wahlvorschlägen bis zum 29.11.2016 auf (Bl. 53f d. A.).

4

Schon mit Schreiben vom 26.10.2016 reichte die I... M..., Region H..., einen undatierten Wahlvorschlag, Kennwort I... M..., im Original bei dem Wahlvorstand ein (Anl. ASt 2, Bl. 65f d. A.). In diesem Wahlvorschlag heißt es u.a. wie folgt:

5

„Teil 1“: Bewerber/innen mit Zustimmungserklärung eines jeden einzelnen Bewerbers/einer jeden Bewerberin“.

6

Dann sind mit entsprechender Nummerierung vier Personen mit Familienname, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum und Beschäftigungsart benannt. Jeweils daneben befindet sich in einer sechsten Spalte unter der Überschrift „Zustimmung zur Bewerbung (Unterschrift)“ die Originalunterschrift der vier vorgeschlagenen Bewerber (Bl. 66 d. A.). Auf dem Wahlvorschlag ist ein „Teil 2: Stützunterschriften“ mit anschließenden zwei Zeilen und Spalten „Familienname, Vorname, Unterschrift“. Dieser „Teil 2“ ist nicht ausgefüllt. Drei der Bewerber haben im Frühjahr 2016 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und hiergegen geklagt. Zwei der Kündigungsschutzverfahren sind gegenwärtig in der Berufung beim Landesarbeitsgericht anhängig.

7

Auf dem Wahlvorschlag vom 26.10.2016 benannte die I... M... als Listenvertreter „M... G..., I... M... Sekretär“. Der Wahlvorschlag ist nicht mit Unterschriften von zwei Beauftragten der Gewerkschaft versehen (Bl. 66 d. A.). Das Anschreiben der I...-M... Region H... vom 26.10.2016 ist unterzeichnet von „M... G...“ und „J... W...“ (Anl. ASt. 2, Bl. 65 d. A.). Eine Vollmacht der Beauftragten der Gewerkschaft war dem Wahlvorschlag nicht beigefügt.

8

Der Wahlvorstand lehnte gegenüber der I... M... mit Schreiben vom 31.10.2016 den eingereichten Wahlvorschlag als ungültig ab (Anl. ASt. 3, Bl. 15f d.A.). Auf den Inhalt wird verwiesen.

9

Mit an den Wahlvorstand gerichtetem Schreiben vom 01.11.2016 erteilte Herr E... G... als „2. Bevollmächtigter der I... M...“ den politischen Sekretären M... G... und J... W... Vollmacht, die Liste der I... M... für die Betriebsratswahl mit Listenvertreter M... G... und Listenführer A... F... als Wahlvorschlag der I... M... einzureichen (Anl. ASt 4, Bl. 17 d. A.). Diesem Schreiben beigefügt war eine Fotokopie des bereits mit Schreiben vom 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Wahlvorschlags versehen mit dem Zusatz:

10

„H... 3. November 2016

11

Durch die beigefügte Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, überreichen wir ihnen gemäß § 14 BetrVG (in Ergänzung) unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen) den Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl im Betrieb P... K....

12

M... G...   

 J... W...“ (Bl. 21 d.A.)

13

Die Einsichtnahme des Originals in den Anhörungsterminen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hat ergeben, dass dieses Schriftstück Originalunterschriften der Genannten trägt. Der Nachname der als „M... G...“ aufgeführten Person ist mit „ß“ geschrieben (Bl. 180 d.A.).

14

Mit Schreiben vom 08.11.2016 lehnte der Wahlvorstand den eingereichten Wahlvorschlag erneut ab. Auf den Inhalt wird verwiesen (Anl. ASt 5, Bl. 18 – 20 d. A).

15

Mit an den Wahlvorstand gerichtetem Schreiben vom 25.11.2016 (Anl. ASt 6, Bl. 22 d. A.) reichte die I... M... erneut einen Wahlvorschlag ein (Bl. 23 d.A.), überreichte zum Nachweis der Vertretungsberechtigung für die Bet. zu 2. zum Nachweis der Bevollmächtigung eines Geschäftsführers einer Geschäftsstelle die Satzung der I... M... und eine von der 1. Bevollmächtigten der I...-M... I... M... unterschriebene „Vollmacht I... M...-Liste; Betriebsratswahl P... K... GmbH“ für die politischen Sekretäre M... G... und A... M... (Bl. 24 d. A.). Auf den Inhalt der Vollmacht wird verwiesen.

16

Diesem Schreiben beigefügt war eine Fotokopie des bereits mit Schreiben vom 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Wahlvorschlags versehen mit dem Zusatz:

17

„Durch die beigefügte Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, überreichen wir ihnen gemäß § 14 BetrVG (in Ergänzung) unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen) den Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl im Betrieb P... K....

18

H..., 21.11. 2016

19

M... G...   

A... M...“ (Bl. 23 d.A.)

20

Die Einsichtnahme des Originals in den Anhörungsterminen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hat ergeben, dass dieses Schriftstück Originalunterschriften der Genannten trägt. Dieser Wahlvorschlag enthält auf dem Original in Ziffer 5. in Spalte 1 ein großes mit blauem Kugelschreiber geschriebenes „M“ (Bl. 181 d.A.).

21

Mit Schreiben vom 29.11.2016 lehnte der Wahlvorstand den eingereichten Wahlvorschlag wiederum ab. Auf den Inhalt wird verwiesen (Anl. ASt 7, Bl. 29 ff d. A).

22

Die I... M... begehrt mit dem vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren die Zulassung des Wahlvorschlags vom 25.11.2016 zur Betriebsratswahl. Sie hat stets die Ansicht vertreten, die Beanstandungen des Wahlvorstandes seien unberechtigt und der Wahlvorschlag deshalb zur Betriebsratswahl zuzulassen. Der Wahlvorschlag sei gültig. Bei dem letzten Wahlvorschlag vom 25.11.2016 handele es sich nicht um einen neuen Wahlvorschlag, sondern lediglich um eine Ergänzung des bisher eingereichten Wahlvorschlages. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschlagsliste vom 25.11.2016. Die Zustimmung der Bewerber könne nur einmal erteilt werden und liege dem Wahlvorstand seit Übermittlung der Unterlagen vom 26.10.2016 vor. Der Wahlvorschlag sei auch durch zwei Beauftragte der Gewerkschaft, die von der 1. Bevollmächtigten der I... M... ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen seien, unterzeichnet. Aus der Satzung der I... M... ergebe sich klar ersichtlich die Berechtigung der Frau I... M... als 1. Bevollmächtigte zur Beauftragung von Herrn G... und Frau M.... Es sei auch zweifelsfrei ersichtlich, um welche Betriebsratswahl in welchem Unternehmen es sich handele.

23

Die I... M... hat beantragt:

24

Der von der Gewerkschaft I... M... mit Datum vom 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 wird zugelassen.

25

Die Beteiligten zu Ziff. 2 und 3 haben beantragt,

26

den Antrag zurückzuweisen.

27

Der Wahlvorstand hat die Meinung geäußert, der Wahlvorschlag der I... M... vom 25.11.2016 sei ungültig und deshalb zu Recht nicht zur Betriebsratswahl zugelassen worden. Er hat auf den Inhalt seiner drei Ablehnungsschreiben vom 31.10.2016, vom 08.11.2016 und vom 29.11.2016 verwiesen und ergänzend vorgetragen: Die I... M... habe drei verschiedene Wahlvorschläge eingereicht. Ein Zusammenhang im Sinne einer einheitlichen Urkunde könne nicht hergestellt werden. Die Wahlvorschläge seien inhaltlich und formal unterschiedlich und auch jeder für sich unwirksam. Zu entscheiden sei antragsgemäß nur über den mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag. Zu dem Wahlvorschlag vom 25.11.2016 lägen keine Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber vor. Die durch Originalunterschrift erklärte Zustimmung beziehe sich nur auf einen früheren, inhaltlich abweichenden Wahlvorschlag und sei nur in den Wahlvorschlag vom 25.11.2016 „reinkopiert“ worden. Zudem sei die Beauftragung der von der I... M... Beauftragten nicht hinreichend nachgewiesen worden. Aus der Satzung sei nicht erkennbar, dass Frau M... zur Beauftragung von Herrn G... und Frau M... bevollmächtigt gewesen sei.

28

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.12.2016 den Antrag zurückgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der Wahlvorschlag vom 25.11.2016 sei ungültig. Er sei kein ergänzender, vielmehr ein eigener Wahlvorschlag. Das ergebe sich u.a. schon daraus, dass andere Beauftragte der Gewerkschaft benannt worden seien. Das sei ohne Einverständnis der Wahlbewerber nicht möglich. Die von den Wahlbewerbern abgegebenen Unterschriften bezögen sich nicht auf diesen Vorschlag, vielmehr nur auf den vom 26.10.2016. Es fehle auch jegliche Bezugnahme der eingereichten Wahlvorschläge untereinander. Für den Wahlvorschlag vom 25.11.2016 fehle eine Originalunterschrift der Bewerber. Im Übrigen sei nicht nachgewiesen worden, dass Frau I... M... die 1. Bevollmächtigte der I...-M... sei. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass sie Vollmacht zur Beauftragung der Gewerkschaftsvertreter habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

29

Gegen diesen der I...-M... am 15.12.2016 zugestellten Beschluss hat sie am 23.12.2016 Beschwerde eingelegt, die sofort begründet wurde.

30

Die Beschwerdeführerin wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ihres Erachtens handelt es sich im Hinblick auf die am 26.10.2016, 2./3.11.2016 und 25.11.2016 eingereichten Unterlagen um einen einzigen Wahlvorschlag. Dieser sei wirksam. Das gelte auch im Hinblick auf die Bevollmächtigung von Frau I... M... und die regionale Zuständigkeit der I... M... für den Betrieb der Bet. zu 2., die ursprünglich nicht vom Wahlvorstand gerügt worden sei. Die Beschwerdeführerin verweist auf das zur Akte gereichte Schreiben des I... M...vorstands vom 04.04.2016 (Bl. 157 d. A.), mit dem die Wahl der Ortsvorstandsmitglieder I... M... und E... G... des Ortsvorstands H... vom 19.03.2016 bestätigt wurde. Ferner verweist sie auf das zur Akte gereichte Ortsstatut.

31

Die I... M... beantragt:

32

den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 12.12.2016 Az. 5 BVGa 154/16 abzuändern:

33

Der Wahlvorstand wird verpflichtet, den von der Gewerkschaft I... M... in der Schlussfassung vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 im Betrieb der Beteiligten zu 2. zuzulassen.

34

Die Beteiligten zu Ziff. 2 und 3 beantragen,

35

die Beschwerde zurückzuweisen.

36

Der Wahlvorstand und die Bet. zu 2. halten den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Die Bet. zu 2. und der Bet. zu 3 meinen, es handele sich jeweils um einen neuen Wahlvorschlag. Die Exemplare seien nicht inhaltsgleich. Das müsste auch im Zusammenhang mit den Anschreiben gewürdigt werden. Frau M... sei nicht ordnungsgemäß zur Beauftragung von Gewerkschaftsmitgliedern bevollmächtigt und auch regional nicht zuständig gewesen. Das im Gerichtsverfahren ergänzende Vorbringen könne nicht berücksichtigt werden, da es der Wahlvorstand bei seiner Entscheidung nicht gekannt habe.

37

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle verwiesen.

B.

38

Die Beschwerde der I... M... ist zulässig und begründet.

39

I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).

40

2. Der Antrag auf Zulassung des Wahlvorschlags zur Betriebsratswahl am 17.01.2017 ist zulässig.

41

a) Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes kann auch in ein laufendes Betriebsratswahlverfahren durch Erlass einer einstweiligen Verfügung korrigierend eingegriffen werden, wenn dem Wahlvorstand ein Fehler unterlaufen ist und dieser noch mit Wirkung für das laufende Wahlverfahren berichtigt werden kann. In dieser Konstellation wäre es unverhältnismäßig, den Betroffenen auf das Wahlanfechtungsverfahren gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG zu verweisen, wo auch gerade in der genannten Norm die Berichtigung als weniger einschneidende Maßnahme genannt wird (LAG Hamm vom 15.02.2016 – 13 Ta 70/16, LS 1 und Rz 3; LAG Hamm vom 03.03.2006 – 13 TaBV 18/06 – LS und Rz. 52 m.w.N.).

42

b) Die Betriebsratswahl soll am 17.01.2017 durchgeführt werden. Das Begehren der I... M... hat sich damit nicht durch Zeitablauf erledigt, so dass das Rechtsschutzinteresse gegeben ist. Das gilt auch mit Blick auf § 10 Abs. 2 WO, der die Wochenfrist zur Bekanntmachung von Wahlvorschlägen regelt. Die Wochenfrist ist heute noch nicht abgelaufen.

43

2. Der Antrag ist auszulegen: Die I... M... begehrt die Zulassung des mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlags mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2.. Diesen Wahlvorschlag soll der Wahlvorstand zulassen. Dazu soll er gerichtlich verpflichtet werden. Dass dieses Ziel begehrt wird, ergibt die Auslegung. Der am 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag enthält ausdrücklich in der Zusatzerklärung den Hinweis, dass der Vorschlag die schon von der I... M... eingereichten Wahlvorschlagsunterlagen ergänzen soll. Auch die Antragsschrift und die Beschwerdeschrift betonen ausdrücklich dieses Anliegen (Bl. 9 und Bl. 79 d. A). In diesem Sinne ist der Antrag der Beteiligten zu 1. zu verstehen.

44

II. Der Verfügungsanspruch ist gegeben. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der I... M... zu Unrecht abgewiesen.

45

Der erforderliche Verfügungsanspruch ergibt sich daraus, dass die I...-M... vom Wahlvorstand verlangen kann, den mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. zuzulassen, indem gem. § 10 Abs. 2 WO unter Einhaltung der einwöchigen Frist die erforderliche Bekanntmachung (noch am Tag der Verkündung des Beschlusses) erfolgt. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der genannte Wahlvorschlag als gültig anzusehen. Er durfte nicht vom Wahlvorstand im Rahmen seiner Prüfpflicht gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO, u.a. gestützt auf § 14 Abs.3 2. Alt. BetrVG; § 14 Abs. 5 BetrVG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WO und § 6 Abs. 2 WO zurückgewiesen werden.

46

1. Der von der I... M... mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichte Wahlvorschlag ist fristgerecht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 WO. Dieses Schreiben mit all seinen Unterlagen ist beim Wahlvorstand eingegangen am 28.11.2016. Das Wahlausschreiben erfolgte am 15.11.2016. Die zweiwöchige Frist zur Einreichung eines Wahlvorschlags lief erst am 29.11.2016 ab.

47

2. Es handelt sich um den Wahlvorschlag einer Gewerkschaft, so dass die Voraussetzungen des § 14 Abs.3, 2.Alt. BetrVG vorliegen müssen. Die Wahlvorschlagsberechtigung setzt voraus, dass die I... M... im Betrieb des Bet. zu 2. mit mindestens einem Mitglied als Arbeitnehmer vertreten ist. Diese Voraussetzung ist, falls nicht offenkundig, dem Wahlvorstand ggf. durch Vorlage einer notariellen Erklärung ohne Namensnennung oder durch eine entsprechende eidesstattliche Versicherung nachzuweisen (Fitting, Rz. 63 zu § 14 BetrVG).

48

a) Die Berufungskammer ist bereits davon überzeugt, dass es angesichts der seit der Wahlvorstandsbestellung im April 2016 bestehenden betrieblichen Auseinandersetzungen um die Wahl mindestens zweier Mitglieder der I... M... in den Wahlvorstand und die Aufstellung einer I...-M…liste mittels Unterstützung durch Arbeitnehmer im Sinne des § 14 Abs. 3, 1. Alt. BetrVG offenkundig ist, dass die I...-M... im Betrieb der Bet. zu 2 durch Arbeitnehmer vertreten ist. Es dürfte daher fraglich sein, ob der Wahlvorstand überhaupt zur Vorlage eines Nachweises auffordern durfte.

49

b) Ungeachtet dessen hat die I... M... dem Wahlvorstand zusammen mit ihrem Schreiben vom 25.11.2016 die Fotokopie einer notariell beglaubigten Eidesstattlichen Versicherung des Herrn M... G..., handelnd für die I... M... Region H..., überreicht, aus der sich ergibt, dass Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. Mitglied der I... M... sind. Eine Originalausfertigung befindet sich – unstr. – in den Händen der Bet. zu 2.. Soweit der Wahlvorstand in seinem Schreiben vom 29.11.2016 darauf hinweist, dass ihm nur eine unbeglaubigte Fotokopie überreicht wurde, ist gleichwohl hierdurch der Nachweis erbracht. Es fehlt jegliches Vorbringen des Wahlvorstandes, woraus sich ergeben soll, dass diese Fotokopie nicht mit dem Original übereinstimmt. Im Übrigen gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür.

50

Die Bet. zu 2. hat mit an das Landesarbeitsgericht gerichtetem Schriftsatz vom 06.01.2017 unter Hinweis auf Fluktuation erstmals bestritten, dass die I... M... nach wie vor im Betrieb vertreten ist. Das Bestreiten ist unbeachtlich. Der Wahlvorstand selbst hat noch mit Schriftsatz vom 05.01.2017 - Seite 8 – vorgetragen, dass die I... M... unstreitig eine im Betrieb des Bet. zu 2. vertretene Gewerkschaft ist. Außerdem hat der Vertreter der I... M... Region H... im Anhörungstermin am 09.01.2017 nochmals ausdrücklich an Eides statt die Vertretungsberechtigung im Betrieb versichert. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

51

3. Entgegen der Ansicht des Wahlvorstands und des Arbeitsgerichts ist der in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 mit Schreiben vom 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. nicht ungültig im Sinne des § 27 Abs. 2 WO in Verbindung mit § 14 Abs. 5 BetrVG. Das Arbeitsgericht geht von falschen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Aufstellung eines Wahlvorschlages aus. Es vermischt die Voraussetzungen und die Bedeutung von Zustimmungserklärungen der vorgeschlagenen Wahlbewerber und die Voraussetzungen und die Bedeutung der Unterstützer eines Wahlvorschlages. Auch die getroffene Auslegung des Inhalts der von der I... M... eingereichten Wahlvorschlagsunterlagen ist fehlerhaft. Sie widerspricht dem Wortlaut der Unterlagen und dem durch Betrachtung des Gesamtzusammenhangs des Geschehens deutlich erkennbaren Erklärungsinhalt.

52

a) Gem. § 14 Abs. 5 BetrVG muss jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Ist er das nicht, ist er gem. § 27 Abs. 5 WO ungültig.

53

b) Unter Wahlvorschlag versteht man die schriftliche Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden (Fitting, Rz. 40 zu § 14 BetrVG; GK-Kreutz/Jacobs, Rz. 47 zu § 14 BetrVG). Er ist eine in der Form einer Aufstellung gekleidete Benennung der Personen, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden (DKK-Homburg, Rz. 18 zu § 14 BetrVG). Ein Wahlvorschlag ist damit nichts anderes als eine Kandidatenliste.

54

Der Wahlvorschlag ist kein Vorschlag des Listenvertreters, sondern all derer, die ihn als Unterstützer unterzeichnet haben (DKK-Homburg, Rz. 19 zu § 14 BetrVG). Das heißt, den Inhalt des Wahlvorschlages bestimmen die Unterstützer. Den Inhalt bestimmen nicht die vorgeschlagenen Wahlbewerber. Das trennt das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss bereits nicht hinreichend.

55

c) Die Wirksamkeit eines Wahlvorschlags einer Gewerkschaft setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 WO inhaltlich beachtet werden (1); dass die gem. § 14 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 27 Abs. 2 WO erforderlichen Unterschriften von zwei wirksam Beauftragten der Gewerkschaft im Original vorhanden sind (2) und dass Wahlvorschlag und Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten eine einheitliche Urkunde bilden (3). Im Einzelnen:

56

(1) Der von der I... M... in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 mit Schreiben vom 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ erfüllt die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 WO. Maßgeblich ist insoweit nur der als „Teil 1“ bezeichnete Inhalt, denn das allein ist „die Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden“. „Teil 1“ ist der Wahlvorschlag. Das ergibt bereits die zu Teil 1 aufgenommene Überschrift. In „Teil 1“ sind in erkennbarer, durchnummerierter Reihenfolge vier Bewerber mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufgeführt. Ebenso ist ein Listenvertreter benannt, nämlich der I... M... Sekretär M... G....

57

(a) Von diesem Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ existiert eine Urschrift - nämlich das mit Schreiben vom 26.10.2016 an den Wahlvorstand übermittelte, auch die Zustimmungserklärungen der vorgeschlagenen Bewerber zur Kandidatur enthaltende Exemplar (Bl. 66 d. A.), das aber keine „Unterstützerunterschriften“ von Gewerkschaftsbeauftragten enthält. Des Weiteren existiert von dieser Urschrift des Wahlvorschlags eine inhaltsgleiche Ausfertigung/Vervielfältigung vom 01.11.2016 (Bl. 21 d.A.), die am 03.11.2016 von dem I... M... Sekretär M... G... und dem politischen Sekretär J... W... unterschrieben worden sind. Sie hat das gleiche Kennwort. Dass der „Teil 2: Unterstützerunterschriften“ auf der Ausfertigung fehlt, ist unbeachtlich. „Teil 2“ gehört nicht zum Inhalt des Wahlvorschlages. Das ergibt schon die o.g., der unangefochtenen herrschenden Meinung entsprechende rechtliche Definition eines Wahlvorschlages. Der „Teil 2“ hat auch keinen eigenen Erklärungswert. Er ist leer. Diese Ausfertigung mit diesen Originalunterschriften hat der Wahlvorstand am 08.11.2016 erhalten (Bl. 18 d.A.). Zudem existiert eine weitere Ausfertigung/Vervielfältigung der Urschrift des Wahlvorschlags vom 26.10.2016, nämlich das Exemplar vom 25.11.2016 (Bl. 23 d. A.). Sie hat ebenfalls das gleiche Kennwort.

58

(b) Bei letztgenannter Ausfertigung/Vervielfältigung des Wahlvorschlags vom 25.11.2016 handelt es sich zweifelsfrei nicht um einen eigenen neuen Wahlvorschlag der I... M..., sondern nur um eine erneute Kopie der schon abgegebenen Urschrift. Das ergibt die Auslegung.

59

(aa) Die Auslegung hat nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen. Ohne am buchstäblichen Sinne zu haften, ist der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut und von sämtlichen Begleitumständen auszugehen. Dieses hat unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu geschehen. Anhaltspunkte ergeben sich ferner aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck, den Interessenlagen und dem Gesamtzusammenhang (ständige Rechtsprechung vgl. nur BAG vom 12.10.2005 - 10 AZR 501/04; BAG vom 18.11.2009 – 4 AZR 514/98, Rz. 24).

60

(bb) Die am 25.11.2016 übermittelte Ausfertigung stellt eindeutig und unstreitig eine Fotokopie der Urschrift des Wahlvorschlags vom 26.11.2016 dar. Nach dem Wortlaut sind alle Bewerber identisch. Die Reihenfolge der Bewerber ist identisch. Alle Angaben in dem Wahlvorschlag sind identisch. Der benannte Listenvertreter ist identisch. Das Kennwort der Liste „I... M...“ ist identisch.

61

(cc) Dass sich auf dem Original der Ausfertigung in Spalte 5 ein mit blauem Kugelschreiber geschriebenes „M“ befindet, ist unbeachtlich. Denn das „M“ ist ein rechtliches Nichts. Es hat keinerlei eigene Aussagekraft. Es kann nicht als Benennung eines fünften Bewerbers gedeutet werden, denn das „M“ ist auch nicht ansatzweise reanonymisierbar. Es ist keine Person. Es kann auch keiner Person zugeordnet werden. Das „M“ kann sich daher nicht zur Wahl stellen. Es kann auch keine Zustimmungserklärungen abgeben. Es kann nicht gewählt werden. Es hat keinerlei Auswirkungen auf das Wahlergebnis. Es hat daher nicht mehr Bedeutung, als ein Kaffeefleck auf einer Ausfertigung eines Wahlvorschlags.

62

(dd) Auch aus der Interessenlage, der Entstehungsgeschichte der erneuten Ausfertigung(en) und dem Gesamtzusammenhang des Vorgehens der I... M... ergibt sich nichts anderes. Mit Abgabe der Urschrift war der Wahlvorschlag der Verfügungsbefugnis des Listenvertreters entzogen. Eine Rückgabe darf nicht erfolgen. Nachbesserungen bzw. Ergänzungen wie hier die geforderten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten konnten daher nur noch auf zu erstellende Ausfertigungen gesetzt werden. Jeder Bewerber darf aber nur einmal vorgeschlagen werden. Ein solcher Vorschlag existiert dann, aber auch erst dann, wenn er beim Wahlvorstand eingereicht ist. Die I... M... hätte bei Aufstellung einer neuen Urschrift eines wortlautidentischen Wahlvorschlages die Gefahr der Ungültigkeit aus anderen Gründen heraufbeschworen und ihre vorgeschlagenen Bewerber in jeder Hinsicht für die gesamte Betriebsratswahl unwählbar gemacht. Das wollte sie erkennbar gerade nicht. Die I... M... wollte nur nachholen, Fehler ausbügeln und notwendige Angaben ergänzen. Das ergibt sich entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts aus dem eindeutigen Wortlaut der 1. Vervielfältigung mit Datum vom 03.11.2016 und auch aus der 2. Vervielfältigung mit Datum vom 25.11.2016. Dort heißt es explizit „in Ergänzung unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen“. Ebenso wird ausdrücklich in dem Anschreiben vom 25.11.2016 auf die dem Wahlvorstand schon vorliegenden originalen Zustimmungserklärungen Bezug genommen. Die I... M... hatte aber nur mit Schreiben vom 26.10.2016 originale Zustimmungserklärungen eingereicht. Vor diesem Hintergrund kann der am 25.11.2016 in Fotokopie übermittelte, mit Original-Unterstützerunterschriften von Gewerkschaftssekretären versehene Wahlvorschlag unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht als eigenständiger neuer Wahlvorschlag gewertet werden.

63

(2) Es liegen hier für den Wahlvorschlag der I... M... wirksame gem. § 14 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 27 Abs. 2 WO erforderliche Unterschriften von zwei Beauftragten der Gewerkschaft im Original vor.

64

(a) Wen die Gewerkschaft als Beauftragte bestimmt, ist ihre Sache (h.M. Fitting, Rz. 68 zu § 14 BetrVG). Bereits deshalb liegt das Arbeitsgericht falsch, wenn es auf Seite 7 der Gründe schreibt, die Gewerkschaft dürfe ohne Einverständnis der Wahlbewerber die Beauftragten der Gewerkschaft weder bestimmen noch ändern.

65

(b) Die Beauftragung zur Einreichung eines Wahlvorschlages muss sich entweder unmittelbar aus der Satzung ergeben oder durch ihre satzungsgemäßen Organe ordnungsgemäß ausgesprochen worden sein. Die Beauftragung braucht nicht schriftlich zu erfolgen. In Zweifelsfällen kann der Wahlvorstand den Nachweis der Beauftragung verlangen (Fitting, Rz. 68 zu § 14 BetrVG).

66

(aa) Den mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. haben als Beauftragte der Gewerkschaft Herr M… G... und Frau A... M... unterschrieben. M... G... ist politischer Sekretär der I... M..., Frau M... ist politische Sekretärin der I... M....

67

(bb) Deren Beauftragung zur Einreichung von Wahlvorschlägen der I... M... ergibt sich nicht aus der Satzung der I... M.... Diese enthält hierzu keine Aussagen.

68

(cc) Den Nachweis der Beauftragung haben die Beauftragten erbracht. Sie haben zweimal eine auf sie lautende Vollmacht der I... M... Region H... vorgelegt. Das ist üblicherweise ausreichend, wenn nicht der Wahlvorstand begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Vollmachtserteilung hat. Für begründete Zweifel fehlt jegliches Vorbringen des Wahlvorstandes. Er bestreitet nur. Das ist nicht seine Aufgabe. Die Kammer hat mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass der nur eine Prüfungsaufgabe innehabende, anwaltlich vertretene Wahlvorstand bis ins letzte Glied ohne jeglichen Tatsachenvortrag und ohne begründete Zweifel Vollmachtserteilungsbefugnis der 1. Bevollmächtigten der I... M..., deren Wahl und deren Bestätigung durch den F... I... M...-Vorstand, deren Geschäftsführungsbefugnis und den Regionalzuschnitt der I... M... bestritten hat.

69

Die Vollmachtserteilung ist aber auch korrekt. Herr G... und Frau M... sind ordnungsgemäß durch die 1. Bevollmächtigte der I... M... Region H..., I... M..., zur Einreichung des Wahlvorschlags bevollmächtigt worden (Bl. 24 d.A.).

70

Die regionale Zuständigkeit für den betr. der Bet. zu 2. ergibt sich aus dem Organisationsstatut. Auf den Inhalt wird verwiesen. Danach ist die I... M... Region H... auch für A... zuständig. Der F... I... M...-Vorstand hat dieses am 02.12.2015 von der Delegiertenversammlung beschlossene Ortsstatut am 09.12.2015 genehmigt.

71

Frau I... M... ist 1. Bevollmächtigte der I... M..., Geschäftsstelle Region H.... Das ist selbst vom Wahlvorstand in seiner Stellungnahme vom 29.11.2016 unter Ziffer. 2., a., i. nicht bezweifelt worden. Das ist angesichts des Bestreitens des Arbeitsgerichts (S. 8 des Beschlusses) jedoch auch explizit nachgewiesen worden. Ihre Befugnis zur Bevollmächtigung der Gewerkschaftsbeauftragten ergibt sich aus der Satzung und dem Schreiben des I... M... Vorstands vom 04.04.2016 (Bl. 157 d. A.)

72

Ausweislich der Satzung der I... M... ist diese dreistufig gegliedert, nämlich in Geschäftsstelle und Ortsverbände, Bezirke und Vorstand. Gem. § 14 Ziff. 1 der Satzung werden für vom Vorstand abgegrenzte und festgelegte Bereiche Geschäftsstellen errichtet. Die Leitung der Geschäftsstelle ist gem. § 14 Ziff. 2 der Satzung der Ortsvorstand. Dieser besteht u.a. aus der 1. Bevollmächtigten und dem 2. Bevollmächtigten, die die Geschäfte des Ortsvorstandes führen. Dabei ist die 1. Bevollmächtigte geschäftsführende Bevollmächtigte und als solche anzustellen. (Bl. 108 d. A.). Gem. § 14 Ziff. 4a) der Satzung der I... M... leitet der Ortsvorstand die Geschäftsstelle und vertritt diese nach innen und außen, sowohl den Mitgliedern als auch Dritten gegenüber. Gem. § 14 Ziff. 4 c) ist Aufgabe des Ortsvorstandes u.a. die Unterstützung und Überwachung bei der Einleitung und Durchführung von Betriebsratswahlen. In Erfüllung der weiteren Vorgaben des § 14 Ziff. 2 der Satzung wurde ausweislich des zur Akte gereichten Schreibens des I... M...vorstandes vom 04.04.2016 die auf der Delegiertenversammlung vom 19.03.2016 erfolgte Wahl von Frau I... M... als 1. Bevollmächtigte und von Herrn E... G... als 2. Bevollmächtigter bestätigt (Bl. 157 d. A.). Damit sind alle vom Wahlvorstand bzw. vom Arbeitsgericht vorgebrachten Zweifel an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Beauftragten der I... M... durch die 1. Bevollmächtigte I... M... ausgeräumt. Dass der Nachweis der Befugnis der 1. Bevollmächtigten I... M... zur Beauftragung der Gewerkschaftsbeauftragten erst im Laufe des einstweiligen Verfügungsverfahrens und damit außerhalb der Zwei-Wochenfrist des § 6 Abs. 1 S. 2 WO erbracht wurde, ist unschädlich, denn die Vorlage eines solchen Nachweises ist nicht ausdrücklich vom Wahlvorstand in seinem Schreiben vom 29.11.2016 verlangt worden (vgl. hierzu Fitting, Rz. 3 zu § 27 WO). Die Satzung der I... M... hat ihm bereits vorgelegen.

73

(dd) Dass die von der 1. Bevollmächtigten der I... M... I... M... erteilte Bevollmächtigung der Gewerkschaftsbeauftragten G... und M... im Betreff „Betriebsratswahl 2016 – P... K... GmbH“ aufführt und nicht von „P... K... GmbH & Co. KG“ spricht, ist entgegen der Ansicht des Wahlvorstands unschädlich. Die richtige Parteibezeichnung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG durch Auslegung zu ermitteln (zuletzt BAG vom 19.05.2015 – 9 AZR 837/13 – Juris). Was für die Bezeichnung einer Partei im Sinne des § 253 ZPO gilt, muss erst Recht Anwendung auf Fehler in Betreffzeilen gelten. Das Schreiben ist an den Wahlvorstand der P... K... GmbH & Co. KG gerichtet (Bl. 24 d. A.). Es gibt nur einen Wahlvorstand. Es gibt nur eine Betriebsratswahl. Der Wahlvorschlag enthält die richtige Firmenbezeichnung.

74

(ee) Gleiches gilt im Hinblick auf die Erwähnung der „Betriebsratswahl im Betrieb P... K...“ im Vorspann zu den geleisteten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten (Bl. 21 und 23 d. A.).

75

(ff) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die mit Vollmacht des nachgewiesenermaßen wirksam bestellten 2. Bevollmächtigten G... vom 01.11.2016 geleistete Unterschrift des Gewerkschaftssekretärs J... W... vom 03.11.2016 eine dritte wirksame Unterschrift im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG darstellt, wofür sehr viel spricht. Es reichen gem. § 14 Abs. 5 BetrVG zwei wirksame Unterschriften von wirksam Beauftragten der Gewerkschaft. Diese liegen mit den vorgelegten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten G... und M... vor (Bl. 24 d. A.).

76

(3) Der Wahlvorschlag der I... M... mit dem Kennwort „I... M...“ und die Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten bilden hier eine einheitliche Urkunde im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WO.

77

(a) Nach § 14 Abs. 5 BetrVG bestehen für den Wahlvorschlag keine besonderen Anforderungen in Bezug auf die äußere Beschaffenheit der Urkunde (BAG vom 25.5.2005 – 7 ABR 39/04 – Rz. 14; BAG vom 06.11.2013 – 7 ABR 65/11 – Rz. 26; LAG Hamm vom 15.02.2016 – 13 Ta 70/16 – Rz. 11 m.w.N.). Es muss nur gewährleistet sein, dass im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung durch die Unterstützer oder Gewerkschaftsbeauftragten unter den Wahlvorschlag für jeden unmissverständlich klar ist, welche gem. § 6 WO in eine Vorschlagsliste aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber es in welcher Reihenfolge zu unterstützen gilt (LAG Hamm a.a.O, Rz. 6). Eine andere Funktion hat die Leistung von Unterstützerunterschriften nicht.

78

Auch das vermischt das Arbeitsgericht.

79

(b) Es muss nur sichergestellt sein, dass sich die Unterschriften auf diesen Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Eine körperlich feste Verbindung von Bewerber- und Unterschriftenliste ist nicht die einzige Möglichkeit, deren Zusammengehörigkeit kenntlich zu machen. Die Einheitlichkeit kann auch aus anderen Umständen geschlossen werden, z.B. aus der Angabe des Kennworts auf den einzelnen Blättern der Vorschlagsliste (BAG vom 25.05.2005 – 7 ABR 39/04 – Rz. 14). Es kann nach ganz herrschender Meinung auch eine Vervielfältigung der Vorschlagsliste erfolgen und auf mehreren Wahlvorschlagsexemplaren Unterschriften gesammelt werden, wenn die verschiedenen Wahlvorschlagsexemplare nur sämtliche Bewerber inhaltlich übereinstimmend aufführen (GK- Kreutz/Jacobs, Rz. 69 zu § 14 BetrVG m.w.N.).

80

(c) Nach diesen Grundsätzen entspricht der Wahlvorschlag „I... M...“ in dem am 25.11.2016 überreichten Exemplar den Anforderungen des § 14 Abs. 5 BetrVG. Die Bewerberliste ist fotokopiert worden. Sie stimmt inhaltlich mit dem bereits überreichten Original der Bewerberliste überein. Auf diese Vervielfältigung des Originals haben die beiden Beauftragten der Gewerkschaft ihre Unterschrift gesetzt. Damit ist Einheitlichkeit zweifelsfrei gegeben.

81

(d) Es berührt die Wirksamkeit des Vorschlags nicht, dass die Unterschriften der Gewerkschaft nachgereicht wurden.

82

Der Wahlvorschlag ist nur dann ungültig, sofern die Unterschriften nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 6 Abs. 1 S. 2 WO für die Einreichung von Wahlvorschlägen nachgeholt wurden (Fitting, Rz. 69 zu § 14 BetrVG). Nachholen bedeutet in diesem Zusammenhang nichts anderes als Nachreichen, denn das Original des Wahlvorschlags ist durch die Einreichung bereits unwiederbringlich der Verfügungsbefugnis entzogen. Eine Ergänzung kann nur durch Nachreichen eines weiteren Schriftstücks erfolgen. Eine „Wiederholung“ des gesamten Vorgangs ist nicht erforderlich.

83

(e) Es berührt die Wirksamkeit des Vorschlags nicht, dass am 03.11.2016 mit Herrn W... ein anderer Gewerkschaftsbeauftragter unterschrieben hat als am 25.11.2016, also die Gewerkschaftsbeauftragten teilweise wechseln. Für die Gültigkeit des Wahlvorschlages hat das keine Bedeutung (siehe Fitting, Rz. 55 zu § 14 BetrVG).Herr W... hat zudem zu keinem Zeitpunkt seine Unterschrift zurückgezogen.

84

(f) Der mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichte Wahlvorschlag „I... M...“ ist auch nicht ungültig im Sinne des § 8 Abs. 2 Ziff. 2 WO. Die Zustimmungserklärungen der vier Bewerber im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 3 WO für den Wahlvorschlag liegen vor.

85

(1) Gem. § 6 Abs. 3 Satz 3 WO ist der Vorschlagsliste die schriftliche Zustimmung zur Aufnahme in die Liste beizufügen. Eine Vorschlagsliste ist gem. § 8 Abs. 2 Ziff. 2 WO ungültig, wenn die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt.

86

(2) Es ist nicht erforderlich, dass Wahlvorschlag und Zustimmungserklärung zeitgleich eingereicht werden. Die Zustimmungserklärungen der Bewerber können auch direkt beim Wahlvorstand abgegeben werden. Eine Rücknahme der Zustimmung ist nicht zulässig (Fitting, Rz. 10 zu § 6 WO m.w.N.).

87

(3) Die vier auf der Vorschlagsliste der I... M... benannten Wahlbewerber haben ihre Zustimmung bereits auf der am 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Urschrift des Wahlvorschlags erteilt. Sie haben in Spalte 6 des Wahlvorschlags ausdrücklich mit ihrer Unterschrift ihre „Zustimmung zur Bewerbung“ auf der Liste mit dem Kennwort „I... M...“ erteilt.

88

(4) Soweit das Arbeitsgericht meint, es liege auch deshalb keine Zustimmung der Wahlbewerber vor, weil kein Einverständnis von ihnen mit der im Zusammenhang mit der Einreichung der Vorschlagsliste vom 25.11.2016 erfolgten Änderung der Beauftragten der Gewerkschaft vorliege, ist diese Ansicht falsch. Das Arbeitsgericht verkennt, dass die Wahlbewerberzustimmung nichts damit zu tun hat, wer wann von der Gewerkschaft zur Einreichung eines Wahlvorschlages beauftragt wurde und wer einen Wahlvorschlag unterstützt. Eine Änderung der Beauftragten der Gewerkschaft ist nicht vom Einverständnis der Wahlbewerber abhängig. Der Bewerber muss nur mit der Kandidatur auf der Liste einverstanden sein. Deshalb hat er eine schriftliche Zustimmungserklärung abzugeben (völlig herrschende Meinung, vgl. nur DKK, Rz. 30 zu § 6 WO). Diese Zustimmungserklärung steht in keinem Zusammenhang mit den Unterstützerunterschriften von Arbeitnehmern oder von Beauftragten der Gewerkschaft im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG. Ein mit eigener Zustimmung vorgeschlagener Wahlbewerber hat nach dem Gesetz keinerlei Einfluss darauf, wer ihn konkret auf dem Wahlvorschlag unterstützt. Er kann der Unterstützung, durch wen auch immer, weder zustimmen noch einzelne Personen, die den Wahlvorschlag unterstützen, oder hierzu beauftragt werden, ablehnen. Sein Einverständnis zur Aufnahme in den Wahlvorschlag ist kraft Gesetzes losgelöst davon, wer den Wahlvorschlag, auf dem er steht, unterstützt.

89

4. Der Wahlvorschlag der „I... M...“ ist auch nicht aus anderen Gründen ungültig.

90

a) Die Zahl der jeweils Vorgeschlagenen ist für die Gültigkeit eines Wahlvorschlags ohne Belang (BAG vom 6.11.2013 – 7 ABR 65/11 – Rz. 14; GK- Kreutz/Jacobs, Rz. 47 zu § 14 BetrVG). Angesichts dessen ist die Rüge des Wahlvorstandes, im Hinblick auf die Tatsache, dass drei der vier Bewerber in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, müssten mehr Bewerber benannt werden, unbeachtlich. Bei § 6 Abs. 2 WO handelt es sich nur um eine „Soll-Vorschrift“ (BAG a.a.O.).

91

b) Die drei gekündigten Wahlbewerber sind wählbar im Sinne der §§ 7, 8 BetrVG. Die erforderliche Betriebszugehörigkeit ist erfüllt. Die Tatsache der Kündigung steht der Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht entgegen. Die Kündigungen waren bei Aufnahme in den Wahlvorschlag schwebend unwirksam. Über sie ist noch nicht rechtskräftig entschieden (siehe hierzu Fitting, Rz. 20 zu § 8 BetrVG; h.M.).

92

III. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass im Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Beschlussfassung am 09.01.2017 noch das mildere Mittel gegeben war, in die laufende Wahl korrigierend einzugreifen. Denn in Befolgung der gerichtlichen Entscheidung ist es dem Wahlvorstand noch möglich, gem. § 10 Abs. 1 WO den Wahlvorschlag der I... M... vom 25.11.2016 bekanntzumachen.

93

IV. Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und dem Antrag der I... M... auf Zulassung des Wahlvorschlags „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. stattzugeben. Der Wahlvorschlag der I... M... ist gültig.

94

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

95

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 14 Wahlvorschriften


(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt. (2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betri

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 18. Juli 2013 - 3 Sa 175/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 06. Nov. 2013 - 7 ABR 65/11

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Tenor Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juli 2011 - 13 TaBV 26/11 - wird zurückgewiesen.

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(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der zu 1) bis 9) beteiligten Arbeitnehmer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 09.02.2016 – 1 BvGa 1/16 – abgeändert.

Der Wahlvorstand wird verpflichtet, zu der mit Wahlausschreiben vom 11.01.2016 im Betrieb der Arbeitgeberin eingeleiteten Betriebsratswahl am 23.02.2016 den Wahlvorschlag mit dem Kennwort „L/F“ zuzulassen.


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(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 18. Juli 2013 - 3 Sa 175/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 20. September 2012 - 9 Ca 9189/12 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über das Recht der Klägerin, am Auswahlverfahren für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle „Bereichsleiterin/Bereichsleiter ‚Recht‘“ teilzunehmen. Des Weiteren verlangt die Klägerin von der Beklagten, die ausgeschriebene Stelle bis zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens nicht zu besetzen.

2

Die Klägerin ist Assessorin des Rechts. Sie trat 2007 in den Dienst der Bundesagentur für Arbeit (BA), die sie im Jobcenter Bremen (Jobcenter) als Teamleiterin einsetzt. Das Jobcenter ist eine gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II, die von der BA und der Beklagten als kommunale Trägerin gebildet wird. Nach der von der Beklagten und der Agentur für Arbeit Bremen am 7. Dezember 2010 getroffenen „Gründungsbegleitende(n) Vereinbarung/Absichtserklärung in Bezug auf die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)“ (Gründungsbegleitende Vereinbarung) übertragen die beiden Trägerinnen dem Jobcenter mit der Zuweisung von Tätigkeiten in möglichst gleichem Umfang Planstellen zur Bewirtschaftung. Der Stellenplan für das Jahr 2012 weist die Stelle „Bereichsleiter/-in Recht“ der Beklagten als Trägerin zu. In der Vergangenheit tauschten die Beklagte und die BA Stellen oder überließen diese der jeweils anderen Trägerin zur Besetzung. Unter Nr. 1.4 der Gründungsbegleitenden Vereinbarung kamen die beiden Trägerinnen überein, dass den Mitarbeitern des Jobcenters die Karrierepfade des Jobcenters, aber auch die jeweiligen Karrierepfade ihrer „Herkunftsarbeitgeber“ offenstehen.

3

Die zuständige Senatorin der Beklagten schrieb unter dem 30. März 2012 ressortintern eine dem „Amt für Soziale Dienste“ zugeordnete Stelle „einer/eines Bereichsleiterin/Bereichsleiters ‚Recht‘“ mit einem Einsatz „im Rahmen einer Zuweisung im Jobcenter“ aus, die mit Wirkung zum 1. Juni 2012 zu besetzen sei. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle. Die Beklagte teilte ihr mit Schreiben vom 11. Mai 2012 mit, sie werde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen, da sich die Ausschreibung nur an Mitarbeiter der Beklagten richte.

4

Anfang Juni 2012 hat das Arbeitsgericht der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, die ausgeschriebene Stelle bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens endgültig zu besetzen.

5

Die Klägerin, die auch im Falle einer erfolgreichen Bewerbung an ihrem Beschäftigungsverhältnis mit der BA festhalten will, hat die Auffassung vertreten, sie sei durch den Ausschluss aus dem Bewerberkreis in ihrem verfassungsrechtlichen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Bei einer Stelle, die Tätigkeiten für beide Trägerinnen des Jobcenters vorsehe, erlaube Art. 33 Abs. 2 GG eine trägerübergreifende Bewerbung mit der Folge, dass das Beschäftigungsverhältnis zur ursprünglichen Arbeitgeberin erhalten bleibe, der Mitarbeiter aber „auf der Stelle der anderen Trägerin“ beschäftigt werde. Dies folge ua. aus Nr. 1.4 der Gründungsbegleitenden Vereinbarung. Im Übrigen sei ein Stellentausch möglich, infolgedessen die ausgeschriebene Stelle in Zukunft von der BA bewirtschaftet werde.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, sie zum Bewerbungsverfahren betreffend die am 30. März 2012 ausgeschriebene Stelle des Bereichsleiters „Recht“ der Stadtgemeinde Bremen im Jobcenter Bremen zuzulassen und bis zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens diese Stelle nicht endgültig mit einem anderen Bewerber zu besetzen.

7

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Klägerin gehöre als Mitarbeiterin der BA nicht zum Bewerberkreis, den sie zulässigerweise auf die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter beschränkt habe.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel, die Abweisung der Klage, weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Beklagte ist nicht gemäß Art. 33 Abs. 2 GG verpflichtet, die Klägerin am Auswahlverfahren für die zu besetzende Stelle zu beteiligen. Der Unterlassungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

10

I. Soweit die Beklagte erstmalig in der Revisionsinstanz rügt, die Klägerin habe die falsche Partei verklagt, übersieht sie, dass sich die Klage bei der gebotenen Auslegung nicht gegen den bremischen Staat, die Freie Hansestadt Bremen, sondern gegen die Beklagte, die Stadt Bremen, richtet.

11

1. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind die Parteien in der Klageschrift anzugeben. Ist die Bezeichnung der beklagten Partei nicht eindeutig, ist diese durch Auslegung zu ermitteln (BAG 11. Juni 2013 - 9 AZR 668/11 - Rn. 9 mwN). Für die Parteistellung ist nicht allein die formale Bezeichnung einer Partei maßgeblich. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Eine ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnung ist unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen berichtigt werden (BAG 21. Februar 2002 - 2 AZR 55/01 - zu II 1 a der Gründe).

12

2. Diesen Grundsätzen gemäß richtete sich die Klage von Anfang an nicht gegen die Freie Hansestadt Bremen, sondern gegen die Beklagte. Das Rubrum war dementsprechend zu berichtigen.

13

a) Nach Art. 64 der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen führt der bremische Staat den Namen „Freie Hansestadt Bremen“. Die „Stadt Bremen“ und die „Stadt Bremerhaven“ bilden jede für sich eine Gemeinde des bremischen Staates (Art. 143 Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen).

14

b) Nachdem die Beklagte im Rechtsverkehr mehrfach unter dem Namen „Freie Hansestadt Bremen“ aufgetreten ist - wie dies etwa das Rubrum der Gründungsbegleitenden Vereinbarung belegt -, hat die Klägerin sie in der Klageschrift vom 31. Mai 2012 mit eben diesem Namen bezeichnet. Die Bezeichnung ist zwar unrichtig. Die Klägerin hat jedoch eine auf Art. 33 Abs. 2 GG gestützte Konkurrentenklage erhoben, mit der sie die Teilnahme an dem Auswahlverfahren für die Besetzung der von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle begehrt. Hierfür spricht entscheidend die der Klage als Anlage beigefügte Kopie der von der Beklagten gefertigten Stellenausschreibung vom 30. März 2012 (vgl. zur Auslegung des Rubrums im Kündigungsschutzprozess BAG 21. Februar 2002 - 2 AZR 55/01 - zu II 1 a der Gründe). In der Klageschrift setzt sich die Klägerin im Einzelnen mit der Personalkompetenz auseinander, die den Trägerinnen des Jobcenters zukommt. Da nicht die Freie Hansestadt Bremen, sondern allein die Beklagte kommunale Trägerin des Jobcenters ist, konnten bei objektiver Würdigung keine berechtigten Zweifel bestehen, dass sich die Klage gegen die Beklagte als ausschreibende Körperschaft richten sollte und nicht gegen die Freie Hansestadt Bremen, die in das Verfahren der Stellenvergabe nicht eingebunden ist.

15

II. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin in das Auswahlverfahren für die zu besetzende Stelle einzubeziehen. Die Voraussetzungen, unter denen Art. 33 Abs. 2 GG einem Stellenbewerber ein Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren garantiert, liegen im Streitfall nicht vor.

16

1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter iSv. Art. 33 Abs. 2 GG sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die ein öffentlicher Arbeitgeber mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt. Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Verfassungsnorm dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Beamten und Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst steht deshalb bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Dies gilt nicht nur für die Begründung von Dienst- und Arbeitsverhältnissen, sondern auch für den Zugang zu Beförderungsämtern und -stellen (vgl. BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 724/12 - Rn. 10). Sofern auf das Rechtsverhältnis Arbeitsrecht anzuwenden ist, richtet sich der grundrechtsgleiche Anspruch allein gegen denjenigen, der durch den Vertragsschluss, den der Bewerber im Wege der Konkurrentenklage erstrebt, rechtlich gebunden werden soll (vgl. zum Besetzungsanspruch BAG 11. Juni 2013 - 9 AZR 668/11 - Rn. 16). Soweit nicht bereits ein Beschäftigungsverhältnis besteht, kann der Bewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch nur mit Erfolg geltend machen, wenn er bereit ist, in die Dienste des Arbeitgebers zu treten.

17

2. Die Klägerin nimmt die Beklagte nicht als künftige Arbeitgeberin in Anspruch. Die Klägerin will an ihrem Arbeitsverhältnis mit der BA selbst für den Fall festhalten, dass die Beklagte am Ende des Auswahlverfahrens zu der Entscheidung gelangt, ihr die ausgeschriebene Stelle zu übertragen. Das für diese Übertragung erforderliche Arbeitsverhältnis mit der Beklagten lehnt die Klägerin ab. Eine gekreuzte Rechtsstellung in dem Sinne, dass die Klägerin auch zukünftig ein Arbeitsverhältnis zur BA unterhält und nach den bei dieser geltenden Bestimmungen vergütet wird, aber eine der Beklagten zugeordnete Stelle besetzt, liegt bereits der Rechtsfolge nach außerhalb des Schutzes, den Art. 33 Abs. 2 GG Stellenbewerbern gewährt. Der vertragsfernen Beklagten steht nicht die Befugnis zu, das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der BA zu ändern. Im Ergebnis bewirbt sich die Klägerin nicht um die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle, die ein Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten bedingt, sondern um eine Stelle, die eine Tätigkeit als „Bereichsleiterin Recht“ auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags mit der BA vorsieht. Dieses Begehren kann die Klägerin nicht auf Art. 33 Abs. 2 GG stützen. Der öffentliche Arbeitgeber ist auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich gesicherten Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht gehalten, eine den Vorstellungen des Bewerbers entsprechende Stelle zu schaffen. Im Übrigen könnte nicht die Beklagte, sondern allenfalls die BA die von der Klägerin begehrte Stelle zur Verfügung stellen. Gegen die BA richtet sich die Klage nicht.

18

3. Soweit die Klägerin darauf verweist, es sei möglich, dass die Beklagte und die BA die ausgeschriebene Stelle tauschten, übersieht sie, dass die Beklagte einen solchen Stellentausch weder in Aussicht gestellt hat noch zu einem solchen verpflichtet ist. Die Klägerin hat keinerlei Gesichtspunkte benannt, die eine derartige Verpflichtung oder gar ein subjektives Recht der Klägerin auf einen Stellentausch nahelegten.

19

4. Der Umstand, dass es sich bei dem Jobcenter um eine gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II und damit eine wegen Art. 91e Abs. 1 GG ausnahmsweise zulässige Form der Mischverwaltung handelt, gibt ebenso wenig ein anderes Ergebnis vor wie Nr. 1.4 der Gründungsbegleitenden Vereinbarung. Die Trägerinnen des Jobcenters, nicht aber das Jobcenter selbst sind Arbeitgeberinnen der dort eingesetzten Mitarbeiter. Soweit Nr. 1.4 der Gründungsbegleitenden Vereinbarung bestimmt, dass den Mitarbeitern die Karrierepfade des Jobcenters offenstehen, besagt dies nichts über die Voraussetzungen, unter denen Mitarbeiter, die im Dienst einer Trägerin stehen, Stellen, die der anderen Trägerin zugeordnet sind, übertragen werden. Nach § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II erfolgt die Zuweisung von Mitarbeitern der Träger mit Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung nach tarifrechtlichen Regelungen. Die Zuweisung aber setzt zwingend das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum zuweisenden Träger voraus.

20

III. Der Teil des Antrags, mit dem die Klägerin die zeitweilige Unterlassung der Stellenbesetzung verlangt, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, handelt es sich hierbei um einen unechten Hilfsantrag, dessen Bescheidung sie nur für den Fall begehrt, dass sie mit dem Klageantrag, der sich auf die Zulassung zum Bewerbungsverfahren richtet, obsiegt. Dies ist nicht der Fall.

21

IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Suckow    

        

        

        

    Merte    

        

    Martin Lücke    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juli 2011 - 13 TaBV 26/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die - ursprünglich 36 und nunmehr noch - 21 Antragsteller machen als wahlberechtigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der zu 27. beteiligten Arbeitgeberin die Unwirksamkeit einer im März 2010 durchgeführten Wahl geltend, aus der der zu 26. beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die Arbeitgeberin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen. In ihrem Betrieb in I mit 119 Arbeitnehmern wurde am 23. März 2010 ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt. Für die Wahl waren zwei Wahlvorschläge (Vorschlagslisten) - beide unter Nutzung eines „Formulars 115b“ - eingereicht worden. In einem Wahlvorschlag mit den Daten „Kennwort I“ und „ListenvertreterIn L“ sind unter der Überschrift „Liste zur Erfassung der Wahlvorschläge“ unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung sowie Geschlecht 14 Bewerberinnen und Bewerber aufgelistet, die jeweils in einem Formularfeld „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ unterschrieben haben. Diese Vorschlagsliste haben unter den Bezeichnungen „Kennwort I“ und „Unterstützungsunterschriften für Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ sieben Arbeitnehmer unter Angaben zu ihren Vor- und Familiennamen, zu der „Art der Beschäftigung im Betrieb“ und der „Abteilung“ unterzeichnet. Der andere Wahlvorschlag lautet:

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3

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde für diesen Wahlvorschlag (künftig: Wahlvorschlag/Vorschlagsliste B) „eine Liste mit fünf ‚Unterstützungsunterschriften’ eingereicht“. In dem mit der Überschrift „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ bezeichneten Formularfeld hat der Wahlkandidat M unterschrieben.

4

Mit am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller die Wahl angefochten. Sie haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Vorschlagsliste B sei vom Wahlvorstand zu Unrecht als gültig angesehen worden. Sie weise nur fünf Stützunterschriften auf und erreiche damit nicht das nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG erforderliche Quorum an Stützunterschriften von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Die Unterschrift des Wahlbewerbers M könne nicht als Stützunterschrift für den Wahlvorschlag „mitgezählt“ werden.

5

Die Antragsteller haben beantragt,

die Betriebsratswahl vom 23. März 2010 für unwirksam zu erklären.

6

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, bei der Vorschlagsliste B sei die Unterschrift des Wahlbewerbers M entsprechend dem Hinweis am Ende des „Formulars 115b“ zugleich als Stützunterschrift zu werten.

7

Das Arbeitsgericht hat den Antrag, mit dem die Antragsteller ursprünglich auch noch andere Verstöße und Fehler im Wahlverfahren beanstandet haben, nach Beweisaufnahme über das Heften beider Wahlvorschläge mit den jeweiligen Stützunterschriftslisten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Antragsteller, mit der diese nur noch die Ungültigkeit des Wahlvorschlags B wegen der nicht ausreichenden Zahl sie unterzeichnender Arbeitnehmer geltend gemacht haben, zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller den Wahlanfechtungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

8

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Antragsteller gegen den ihren Wahlanfechtungsantrag abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die im Betrieb der Arbeitgeberin im März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam.

9

I. Die förmlichen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Antragsteller sind als Wahlberechtigte nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie haben die Wahl des am 23. März 2010 gewählten Betriebsrats mit ihrer am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

10

II. Der Antrag ist unbegründet. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

11

1. Entgegen der Auffassung der Antragsteller wurde bei der Betriebsratswahl nicht gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (Wahlordnung - WO -) iVm. § 14 Abs. 4 BetrVG verstoßen. Der Wahlvorstand hat die Vorschlagsliste B zu Recht nicht beanstandet. Diese ist nicht ungültig.

12

a) Im Hinblick auf die Anzahl der im Betrieb der Arbeitgeberin tätigen 119 Arbeitnehmer war ein aus sieben Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen. Sind mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen, erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WO).

13

b) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen, und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 ABR 40/11 - Rn. 18 mwN). § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“(vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 28). Hiergegen hat der Wahlvorstand im Streitfall nicht verstoßen. Er ist seiner Prüfpflicht nachgekommen und hat die Vorschlagsliste B zu Recht als gültig angesehen.

14

aa) Eine Ungültigkeit der Vorschlagsliste B folgt nicht aus dem Umstand, dass sie nur einen Wahlbewerber aufweist. Zwar soll nach § 6 Abs. 2 WO jede Vorschlagsliste mindestens doppelt so viele Bewerberinnen oder Bewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Diese Vorschrift ist aber eine bloße Ordnungsvorschrift. Ihre Nichtbeachtung führt nicht zur Ungültigkeit der Vorschlagsliste (vgl. BAG 10. Dezember 2012 - 7 ABR 53/11 - Rn. 28). Selbst wenn bei der Wahl eines mehrköpfigen Betriebsrats nur ein einziger Bewerber oder eine einzige Bewerberin genannt ist, führt dies nicht zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags (vgl. bereits BAG 29. Juni 1965 - 1 ABR 2/65 - BAGE 17, 223 [zu § 6 Abs. 3 der bis 30. Juni 2004 geltenden WO]).

15

bb) Die Liste B ist auch nicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig.

16

(1) Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei ihrer Einreichung nicht die nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweist.

17

(a) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG muss jeder Wahlvorschlag von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer - wenigstens jedoch von drei Wahlberechtigten - unterzeichnet sein (sog. Stützunterschriften). In Betrieben mit in der Regel bis zu zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern genügt die Unterzeichnung durch zwei Wahlberechtigte (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 BetrVG). Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG genügt in jedem Fall die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Das „Unterzeichnet-Sein“ jedes Wahlvorschlags nach § 14 Abs. 4 BetrVG legt eine formelle Anforderung fest(vgl. hierzu [zu den vergleichbaren Vorschriften nach § 22 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO] BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 30 ff., BAGE 133, 114).

18

(b) § 14 Abs. 4 BetrVG regelt das Erfordernis der Unterzeichnung von „wahlberechtigten Arbeitnehmern“(vgl. § 7 BetrVG). Auch Wahlbewerber können daher den Wahlvorschlag, auf dem sie selbst als Kandidaten benannt sind, iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG unterzeichnen und damit stützen(vgl. bereits - zu der mit § 14 Abs. 4 BetrVG vergleichbaren Vorschrift des § 13 Abs. 4 BetrVG 1952 - BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

19

(2) Hiervon ausgehend entspricht der Wahlvorschlag B den Anforderungen des § 14 Abs. 4 BetrVG und ist damit nicht ungültig.

20

(a) Da im Betrieb der Arbeitgeberin in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, musste der Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer unterzeichnet sein, bei einer Gesamtzahl von 119 wahlberechtigten Arbeitnehmern also von rechnerischen 5,95 Arbeitnehmern. Der Wahlvorschlag B bedurfte demnach der Unterzeichnung von mindestens sechs wahlberechtigten Arbeitnehmern (zur Aufrundung von Bruchteilen bei der Feststellung des Mindestquorums vgl. Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 14 Rn. 59 mit Hinweis auf § 8 Abs. 3 Satz 2 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz).

21

(b) Der Wahlvorschlag B wurde nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) von fünf Arbeitnehmern unterzeichnet. Jedenfalls in der Konstellation des vorliegenden Streitfalls ist darüber hinaus die Unterschrift des Wahlbewerbers M auf der Vorschlagsliste zugleich eine Stützunterschrift, so dass das notwendige Quorum von sechs den Wahlvorschlag unterzeichnenden wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

22

(aa) Der Erklärungswert der Unterzeichnung durch den Arbeitnehmer M erschließt sich zunächst durch die formularmäßige Bezeichnung des Unterschriftsfeldes als „Schriftliche Zustimmung der BerweberInnen zur Aufnahme in die Liste“. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen oder der Bewerber zur Aufnahme in die Liste beizufügen. Es bedarf insoweit keiner „gesonderten“ Zustimmungserklärung; diese kann vielmehr - mittels Unterschrift der Wahlbewerberin oder des Wahlbewerbers - auch „auf“ der Vorschlagsliste abgegeben werden (vgl. hierzu zB DKKW-Homburg 13. Aufl. § 6 WO 2001 Rn. 30 mwN).

23

(bb) Mit seiner Unterzeichnung auf der Liste hat der Wahlbewerber M aber ebenso zum Ausdruck gebracht, die Vorschlagsliste B stützen zu wollen. Seine Unterschrift ist daher zugleich eine Stützunterschrift iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG.

24

(aaa) In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob es im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ggf. sogar geboten sein könnte, die schriftliche Zustimmung eines Wahlbewerbers zur Aufnahme in eine Liste nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO immer auch als Unterzeichnung des Wahlvorschlags iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG anzusehen. Immerhin führt das Erfordernis einer bestimmten Zahl von Unterschriften für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 14 Abs. 4 BetrVG zu einer Beschränkung der Gleichheit des Wahlvorschlagsrechts(vgl. [zum Ein-Zehntel-Unterschriftenquorum für Wahlvorschläge im Zusammenhang mit der Wahl der Personalvertretung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 des Bremischen Personalvertretungsgesetzes vom 5. März 1974] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - BVerfGE 60, 162). Das Unterschriftenquorum hat die Nichtberücksichtigung der Wahlvorschläge aller derjenigen zur Folge, die nicht die erforderliche Unterschriftenzahl aufgebracht haben. In dieser Einschränkung der Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen liegt eine Ungleichbehandlung. Sie ist sachlich gerechtfertigt, wenn und soweit sie dazu dient, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, dadurch das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimmen zu sichern und so indirekt der Gefahr der Stimmenzersplitterung vorzubeugen. Die Zahl der Unterschriften darf dabei aber nur so hoch festgesetzt werden, wie es für die Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist. Sie darf der Wählerentscheidung möglichst wenig vorgreifen und nicht so gefasst sein, dass einem Bewerber die Teilnahme an der Wahl praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (bezogen auf politische Wahlen vgl. bereits BVerfG 1. August 1953 - 1 BvR 281/53 - BVerfGE 3, 19; bezogen auf Personalratswahlen [Rechtfertigung durch „zwingenden Grund“ gefordert] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - aaO und 16. Oktober 1984 - 2 BvL 20/82, 2 BvL 21/82 - BVerfGE 67, 369; bezogen auf Wahlen von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat BVerfG 12. Oktober 2004 - 1 BvR 2130/98 - BVerfGE 111, 289). Für eine Berücksichtigung der Zustimmungserklärungen als Unterzeichnung iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG könnte daher die Erwägung sprechen, dass ein Wahlbewerber typischerweise auch gewählt werden will und bei der Listenwahl - im Falle der Mehrheitswahl nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BetrVG stellt sich das Problem der Beschränkung auf aussichtsreiche Listen ohnehin nicht - regelmäßig der Liste, auf der er kandidiert, seine Stimme geben wird und demzufolge die Erfolgsaussichten dieser Liste erhöht. Das könnte allerdings dann problematisch sein, wenn bei Abgabe der Zustimmungserklärung die Vorschlagsliste noch nicht vollständig und abgeschlossen ist. Dies spräche dagegen, die Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers als Unterzeichnung des gesamten Wahlvorschlags zu erachten (vgl. hierzu BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 27). Dieses Problem stellt sich auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Formular „Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ einen Hinweis enthält, die schriftliche Zustimmung des Bewerbers gelte zugleich als Stützunterschrift. Letztlich muss diese Problematik aber nicht abschließend entschieden werden.

25

(bbb) Jedenfalls hier hat der Wahlbewerber M mit seiner Unterschrift auf der Liste neben seinem Einverständnis mit einer Kandidatur für den Betriebsrat auch eine Unterstützung der Vorschlagsliste B ausgedrückt. Es kommt dabei nicht entscheidend auf den im Formular weiter unten platzierten Hinweis an, dass die schriftliche Zustimmung eines Bewerbers gleichzeitig als Unterstützungsunterschrift zähle. Selbst wenn man diese Information wegdenken würde, wäre es lebensfremd anzunehmen, der Arbeitnehmer M stimme mit seiner Unterschrift auf der Liste zwar der Aufnahme in die Liste zu, bekunde damit aber keinen Willen der Unterstützung eines Wahlvorschlags, auf dem ohnehin nur er kandidiert. Es ist auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Wahlbewerber mit einer einzigen Unterschrift auf einer Vorschlagsliste seinen Willen sowohl zur Aufnahme in die Liste als auch zur Stützung des Wahlvorschlags ausdrückt (vgl. bereits BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

26

(ccc) Kommt es damit auf den Formularhinweis nicht an, ist es entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht von Bedeutung, dass Herr Ms Unterschrift oberhalb des Formularhinweises zur Bedeutung der Unterzeichnung platziert ist. Zwar stellen weder eine „Überschrift“ oder „Oberschrift“ (hierzu BGH 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48) noch eine „Nebenschrift“ (hierzu BGH 21. Januar 1992 - XI ZR 71/91 -) der gesetzlichen Schriftform genügende „Unterzeichnungen“ iSv. § 126 Abs. 1 BGB dar(in den Entscheidungen des BGH ging es entscheidend um die Auslegung der in zivilprozessualen Beweisvorschriften zu Urkunden verwandten Begrifflichkeiten „… von den Ausstellern unterschrieben“ nach § 416 ZPO und „… über der Unterschrift … stehende Schrift“ nach § 440 Abs. 2 ZPO und nicht um § 126 Abs. 1 BGB; kritisch zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf den materiell-rechtlichen Begriff der Schriftform daher etwa MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126 Rn. 10). Die Antragsteller verkennen jedoch, dass nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG der Wahlvorschlag - und nicht etwa ein Hinweis zum Bedeutungsgehalt einer Unterschrift - von einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern unterzeichnet sein muss. Entscheidend ist, ob sich die Unterzeichnung auf den Wahlvorschlag „an sich“ bezieht. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Es hat zutreffend hervorgehoben, dass der Wahlbewerber M auf einem Wahlvorschlag, der nur ihn auflistet, unterzeichnet hat. Damit musste sich der zugleich mit der Zustimmungserklärung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO bekundete Unterstützungswillen auch nicht auf weitere Kandidaten und deren Reihenfolge beziehen.

27

2. Die Wahlanfechtung hat nicht aus anderen Gründen Erfolg. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, dass aufgrund der anderen mit dem Antrag vorgebrachten Beanstandungen die Wahl nicht iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG anfechtbar ist, und die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen wurden von den Antragstellern bereits in der Beschwerdeinstanz nicht mehr in Frage gestellt. Dass sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht befasst hat, ist nicht rechtsfehlerhaft. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine (Aufklärungs- oder Verfahrens-)Rügen.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Rose    

                 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der zu 1) bis 9) beteiligten Arbeitnehmer wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 09.02.2016 – 1 BvGa 1/16 – abgeändert.

Der Wahlvorstand wird verpflichtet, zu der mit Wahlausschreiben vom 11.01.2016 im Betrieb der Arbeitgeberin eingeleiteten Betriebsratswahl am 23.02.2016 den Wahlvorschlag mit dem Kennwort „L/F“ zuzulassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juli 2011 - 13 TaBV 26/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die - ursprünglich 36 und nunmehr noch - 21 Antragsteller machen als wahlberechtigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der zu 27. beteiligten Arbeitgeberin die Unwirksamkeit einer im März 2010 durchgeführten Wahl geltend, aus der der zu 26. beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die Arbeitgeberin ist ein kommunales Verkehrsunternehmen. In ihrem Betrieb in I mit 119 Arbeitnehmern wurde am 23. März 2010 ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt. Für die Wahl waren zwei Wahlvorschläge (Vorschlagslisten) - beide unter Nutzung eines „Formulars 115b“ - eingereicht worden. In einem Wahlvorschlag mit den Daten „Kennwort I“ und „ListenvertreterIn L“ sind unter der Überschrift „Liste zur Erfassung der Wahlvorschläge“ unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum, Art der Beschäftigung sowie Geschlecht 14 Bewerberinnen und Bewerber aufgelistet, die jeweils in einem Formularfeld „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ unterschrieben haben. Diese Vorschlagsliste haben unter den Bezeichnungen „Kennwort I“ und „Unterstützungsunterschriften für Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ sieben Arbeitnehmer unter Angaben zu ihren Vor- und Familiennamen, zu der „Art der Beschäftigung im Betrieb“ und der „Abteilung“ unterzeichnet. Der andere Wahlvorschlag lautet:

Abbildung
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Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde für diesen Wahlvorschlag (künftig: Wahlvorschlag/Vorschlagsliste B) „eine Liste mit fünf ‚Unterstützungsunterschriften’ eingereicht“. In dem mit der Überschrift „Schriftliche Zustimmung der BewerberInnen zur Aufnahme in die Liste“ bezeichneten Formularfeld hat der Wahlkandidat M unterschrieben.

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Mit am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Antragsteller die Wahl angefochten. Sie haben - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - die Auffassung vertreten, die Vorschlagsliste B sei vom Wahlvorstand zu Unrecht als gültig angesehen worden. Sie weise nur fünf Stützunterschriften auf und erreiche damit nicht das nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG erforderliche Quorum an Stützunterschriften von einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Die Unterschrift des Wahlbewerbers M könne nicht als Stützunterschrift für den Wahlvorschlag „mitgezählt“ werden.

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Die Antragsteller haben beantragt,

die Betriebsratswahl vom 23. März 2010 für unwirksam zu erklären.

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Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, bei der Vorschlagsliste B sei die Unterschrift des Wahlbewerbers M entsprechend dem Hinweis am Ende des „Formulars 115b“ zugleich als Stützunterschrift zu werten.

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Das Arbeitsgericht hat den Antrag, mit dem die Antragsteller ursprünglich auch noch andere Verstöße und Fehler im Wahlverfahren beanstandet haben, nach Beweisaufnahme über das Heften beider Wahlvorschläge mit den jeweiligen Stützunterschriftslisten abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Antragsteller, mit der diese nur noch die Ungültigkeit des Wahlvorschlags B wegen der nicht ausreichenden Zahl sie unterzeichnender Arbeitnehmer geltend gemacht haben, zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller den Wahlanfechtungsantrag weiter. Der Betriebsrat begehrt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Antragsteller gegen den ihren Wahlanfechtungsantrag abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Die im Betrieb der Arbeitgeberin im März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl ist wirksam.

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I. Die förmlichen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt. Die Antragsteller sind als Wahlberechtigte nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie haben die Wahl des am 23. März 2010 gewählten Betriebsrats mit ihrer am 7. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

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II. Der Antrag ist unbegründet. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

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1. Entgegen der Auffassung der Antragsteller wurde bei der Betriebsratswahl nicht gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (Wahlordnung - WO -) iVm. § 14 Abs. 4 BetrVG verstoßen. Der Wahlvorstand hat die Vorschlagsliste B zu Recht nicht beanstandet. Diese ist nicht ungültig.

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a) Im Hinblick auf die Anzahl der im Betrieb der Arbeitgeberin tätigen 119 Arbeitnehmer war ein aus sieben Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen. Sind mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen, erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WO).

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b) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen, und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 ABR 40/11 - Rn. 18 mwN). § 7 Abs. 2 WO ist eine iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG „wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren“(vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 28). Hiergegen hat der Wahlvorstand im Streitfall nicht verstoßen. Er ist seiner Prüfpflicht nachgekommen und hat die Vorschlagsliste B zu Recht als gültig angesehen.

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aa) Eine Ungültigkeit der Vorschlagsliste B folgt nicht aus dem Umstand, dass sie nur einen Wahlbewerber aufweist. Zwar soll nach § 6 Abs. 2 WO jede Vorschlagsliste mindestens doppelt so viele Bewerberinnen oder Bewerber aufweisen, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Diese Vorschrift ist aber eine bloße Ordnungsvorschrift. Ihre Nichtbeachtung führt nicht zur Ungültigkeit der Vorschlagsliste (vgl. BAG 10. Dezember 2012 - 7 ABR 53/11 - Rn. 28). Selbst wenn bei der Wahl eines mehrköpfigen Betriebsrats nur ein einziger Bewerber oder eine einzige Bewerberin genannt ist, führt dies nicht zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags (vgl. bereits BAG 29. Juni 1965 - 1 ABR 2/65 - BAGE 17, 223 [zu § 6 Abs. 3 der bis 30. Juni 2004 geltenden WO]).

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bb) Die Liste B ist auch nicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig.

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(1) Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei ihrer Einreichung nicht die nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweist.

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(a) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG muss jeder Wahlvorschlag von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer - wenigstens jedoch von drei Wahlberechtigten - unterzeichnet sein (sog. Stützunterschriften). In Betrieben mit in der Regel bis zu zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern genügt die Unterzeichnung durch zwei Wahlberechtigte (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 BetrVG). Nach § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG genügt in jedem Fall die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Das „Unterzeichnet-Sein“ jedes Wahlvorschlags nach § 14 Abs. 4 BetrVG legt eine formelle Anforderung fest(vgl. hierzu [zu den vergleichbaren Vorschriften nach § 22 Abs. 1 Satz 4, § 6 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO] BAG 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - Rn. 30 ff., BAGE 133, 114).

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(b) § 14 Abs. 4 BetrVG regelt das Erfordernis der Unterzeichnung von „wahlberechtigten Arbeitnehmern“(vgl. § 7 BetrVG). Auch Wahlbewerber können daher den Wahlvorschlag, auf dem sie selbst als Kandidaten benannt sind, iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG unterzeichnen und damit stützen(vgl. bereits - zu der mit § 14 Abs. 4 BetrVG vergleichbaren Vorschrift des § 13 Abs. 4 BetrVG 1952 - BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

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(2) Hiervon ausgehend entspricht der Wahlvorschlag B den Anforderungen des § 14 Abs. 4 BetrVG und ist damit nicht ungültig.

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(a) Da im Betrieb der Arbeitgeberin in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind, musste der Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer unterzeichnet sein, bei einer Gesamtzahl von 119 wahlberechtigten Arbeitnehmern also von rechnerischen 5,95 Arbeitnehmern. Der Wahlvorschlag B bedurfte demnach der Unterzeichnung von mindestens sechs wahlberechtigten Arbeitnehmern (zur Aufrundung von Bruchteilen bei der Feststellung des Mindestquorums vgl. Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 14 Rn. 59 mit Hinweis auf § 8 Abs. 3 Satz 2 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz).

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(b) Der Wahlvorschlag B wurde nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) von fünf Arbeitnehmern unterzeichnet. Jedenfalls in der Konstellation des vorliegenden Streitfalls ist darüber hinaus die Unterschrift des Wahlbewerbers M auf der Vorschlagsliste zugleich eine Stützunterschrift, so dass das notwendige Quorum von sechs den Wahlvorschlag unterzeichnenden wahlberechtigten Arbeitnehmern erreicht ist. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

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(aa) Der Erklärungswert der Unterzeichnung durch den Arbeitnehmer M erschließt sich zunächst durch die formularmäßige Bezeichnung des Unterschriftsfeldes als „Schriftliche Zustimmung der BerweberInnen zur Aufnahme in die Liste“. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen oder der Bewerber zur Aufnahme in die Liste beizufügen. Es bedarf insoweit keiner „gesonderten“ Zustimmungserklärung; diese kann vielmehr - mittels Unterschrift der Wahlbewerberin oder des Wahlbewerbers - auch „auf“ der Vorschlagsliste abgegeben werden (vgl. hierzu zB DKKW-Homburg 13. Aufl. § 6 WO 2001 Rn. 30 mwN).

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(bb) Mit seiner Unterzeichnung auf der Liste hat der Wahlbewerber M aber ebenso zum Ausdruck gebracht, die Vorschlagsliste B stützen zu wollen. Seine Unterschrift ist daher zugleich eine Stützunterschrift iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG.

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(aaa) In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob es im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ggf. sogar geboten sein könnte, die schriftliche Zustimmung eines Wahlbewerbers zur Aufnahme in eine Liste nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO immer auch als Unterzeichnung des Wahlvorschlags iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG anzusehen. Immerhin führt das Erfordernis einer bestimmten Zahl von Unterschriften für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 14 Abs. 4 BetrVG zu einer Beschränkung der Gleichheit des Wahlvorschlagsrechts(vgl. [zum Ein-Zehntel-Unterschriftenquorum für Wahlvorschläge im Zusammenhang mit der Wahl der Personalvertretung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 des Bremischen Personalvertretungsgesetzes vom 5. März 1974] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - BVerfGE 60, 162). Das Unterschriftenquorum hat die Nichtberücksichtigung der Wahlvorschläge aller derjenigen zur Folge, die nicht die erforderliche Unterschriftenzahl aufgebracht haben. In dieser Einschränkung der Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen liegt eine Ungleichbehandlung. Sie ist sachlich gerechtfertigt, wenn und soweit sie dazu dient, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, dadurch das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimmen zu sichern und so indirekt der Gefahr der Stimmenzersplitterung vorzubeugen. Die Zahl der Unterschriften darf dabei aber nur so hoch festgesetzt werden, wie es für die Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist. Sie darf der Wählerentscheidung möglichst wenig vorgreifen und nicht so gefasst sein, dass einem Bewerber die Teilnahme an der Wahl praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (bezogen auf politische Wahlen vgl. bereits BVerfG 1. August 1953 - 1 BvR 281/53 - BVerfGE 3, 19; bezogen auf Personalratswahlen [Rechtfertigung durch „zwingenden Grund“ gefordert] BVerfG 23. März 1982 - 2 BvL 1/81 - aaO und 16. Oktober 1984 - 2 BvL 20/82, 2 BvL 21/82 - BVerfGE 67, 369; bezogen auf Wahlen von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat BVerfG 12. Oktober 2004 - 1 BvR 2130/98 - BVerfGE 111, 289). Für eine Berücksichtigung der Zustimmungserklärungen als Unterzeichnung iSv. § 14 Abs. 4 BetrVG könnte daher die Erwägung sprechen, dass ein Wahlbewerber typischerweise auch gewählt werden will und bei der Listenwahl - im Falle der Mehrheitswahl nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BetrVG stellt sich das Problem der Beschränkung auf aussichtsreiche Listen ohnehin nicht - regelmäßig der Liste, auf der er kandidiert, seine Stimme geben wird und demzufolge die Erfolgsaussichten dieser Liste erhöht. Das könnte allerdings dann problematisch sein, wenn bei Abgabe der Zustimmungserklärung die Vorschlagsliste noch nicht vollständig und abgeschlossen ist. Dies spräche dagegen, die Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers als Unterzeichnung des gesamten Wahlvorschlags zu erachten (vgl. hierzu BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 27). Dieses Problem stellt sich auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Formular „Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ einen Hinweis enthält, die schriftliche Zustimmung des Bewerbers gelte zugleich als Stützunterschrift. Letztlich muss diese Problematik aber nicht abschließend entschieden werden.

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(bbb) Jedenfalls hier hat der Wahlbewerber M mit seiner Unterschrift auf der Liste neben seinem Einverständnis mit einer Kandidatur für den Betriebsrat auch eine Unterstützung der Vorschlagsliste B ausgedrückt. Es kommt dabei nicht entscheidend auf den im Formular weiter unten platzierten Hinweis an, dass die schriftliche Zustimmung eines Bewerbers gleichzeitig als Unterstützungsunterschrift zähle. Selbst wenn man diese Information wegdenken würde, wäre es lebensfremd anzunehmen, der Arbeitnehmer M stimme mit seiner Unterschrift auf der Liste zwar der Aufnahme in die Liste zu, bekunde damit aber keinen Willen der Unterstützung eines Wahlvorschlags, auf dem ohnehin nur er kandidiert. Es ist auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Wahlbewerber mit einer einzigen Unterschrift auf einer Vorschlagsliste seinen Willen sowohl zur Aufnahme in die Liste als auch zur Stützung des Wahlvorschlags ausdrückt (vgl. bereits BAG 12. Februar 1960 - 1 ABR 13/59 - zu II 5 der Gründe).

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(ccc) Kommt es damit auf den Formularhinweis nicht an, ist es entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht von Bedeutung, dass Herr Ms Unterschrift oberhalb des Formularhinweises zur Bedeutung der Unterzeichnung platziert ist. Zwar stellen weder eine „Überschrift“ oder „Oberschrift“ (hierzu BGH 20. November 1990 - XI ZR 107/89 - BGHZ 113, 48) noch eine „Nebenschrift“ (hierzu BGH 21. Januar 1992 - XI ZR 71/91 -) der gesetzlichen Schriftform genügende „Unterzeichnungen“ iSv. § 126 Abs. 1 BGB dar(in den Entscheidungen des BGH ging es entscheidend um die Auslegung der in zivilprozessualen Beweisvorschriften zu Urkunden verwandten Begrifflichkeiten „… von den Ausstellern unterschrieben“ nach § 416 ZPO und „… über der Unterschrift … stehende Schrift“ nach § 440 Abs. 2 ZPO und nicht um § 126 Abs. 1 BGB; kritisch zur Übertragung dieser Rechtsprechung auf den materiell-rechtlichen Begriff der Schriftform daher etwa MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126 Rn. 10). Die Antragsteller verkennen jedoch, dass nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG der Wahlvorschlag - und nicht etwa ein Hinweis zum Bedeutungsgehalt einer Unterschrift - von einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern unterzeichnet sein muss. Entscheidend ist, ob sich die Unterzeichnung auf den Wahlvorschlag „an sich“ bezieht. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Es hat zutreffend hervorgehoben, dass der Wahlbewerber M auf einem Wahlvorschlag, der nur ihn auflistet, unterzeichnet hat. Damit musste sich der zugleich mit der Zustimmungserklärung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 WO bekundete Unterstützungswillen auch nicht auf weitere Kandidaten und deren Reihenfolge beziehen.

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2. Die Wahlanfechtung hat nicht aus anderen Gründen Erfolg. Die Würdigung des Arbeitsgerichts, dass aufgrund der anderen mit dem Antrag vorgebrachten Beanstandungen die Wahl nicht iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG anfechtbar ist, und die dieser Würdigung zugrunde liegenden Feststellungen wurden von den Antragstellern bereits in der Beschwerdeinstanz nicht mehr in Frage gestellt. Dass sich das Landesarbeitsgericht hiermit nicht befasst hat, ist nicht rechtsfehlerhaft. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine (Aufklärungs- oder Verfahrens-)Rügen.

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Busch    

        

    Rose    

                 

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden.

(1) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. Auf diese sechsmonatige Betriebszugehörigkeit werden Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns (§ 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes) angehört hat. Nicht wählbar ist, wer infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzt.

(2) Besteht der Betrieb weniger als sechs Monate, so sind abweichend von der Vorschrift in Absatz 1 über die sechsmonatige Betriebszugehörigkeit diejenigen Arbeitnehmer wählbar, die bei der Einleitung der Betriebsratswahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen.