Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 31. März 2015 - 6 Sa 351/13

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2015:0331.6SA351.13.0A
bei uns veröffentlicht am31.03.2015

Tenor

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 19.06.2013 – 1 Ca 40/13 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch über Ansprüche des Klägers auf Freistellung von Schadensersatzansprüchen Dritter.

2

Der Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 24.04.2009 (Bl. 7, 8 d. A.) bei dem Beklagten als Straßenbauer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einer Arbeitsvergütung von 10,20 Euro brutto pro Stunde tätig. Er verfügt über eine Ausbildung als Straßenbauer.

3

Am 12.05.2009 ereignete sich während der von dem Kläger auszuführenden Arbeiten ein Unfall, bei dem eine Passantin, Frau O, erhebliche Verletzungen erlitt.

4

Die Arbeitsaufgabe des Klägers bestand an jenem Tag darin, in B im öffentlichen Verkehrsraum (Fußweg) Kabel in bereits vorhandenen Kabelschächten zu verlegen. Die Arbeiten wurden im Verlauf des Vormittags unter Leitung des Vorarbeiters W sowie eines weiteren Arbeitnehmers des Beklagten ausgeführt. Hierzu mussten die Schachtdeckel der Kabelschächte, die sich jeweils in einem Abstand von 30 bis 40 Metern zueinander befanden, aufgenommen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Örtlichkeit wird auf das zur Akte gereichte Foto (Bl. 96 d. A.) verwiesen. Der Kläger hielt sich neben einem bereits geöffneten Schachtdeckel auf, als er bemerkte, dass seine Arbeitskollegen bei dem Einbringen von Kabeln in den nächsten Kabelschacht Probleme hatten. Er entfernte sich daraufhin – ohne hierzu angewiesen worden zu sein – von seinem Arbeitsplatz und begab sich zur Unterstützung seiner Kollegen zu dem nächsten Kabelschacht. Hier leistete er für ca. 5 bis 10 Minuten Hilfestellung. Der von ihm zunächst betreute Kabelschacht blieb während dieser Zeit ungesichert im geöffneten Zustand zurück. Im Verlauf seiner Abwesenheit stürzte die den Fußweg entlang laufende Passantin Frau O in den ungesicherten Kabelschacht und erlitt hierdurch einen komplizierten Trümmerbruch der rechten Ferse.

5

Ein sich anschließender Zivilprozess vor dem Landgericht B, in dem Frau O den Kläger und den Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch nahm, endete am 20.10.2011 mit einem Vergleich, wonach der Kläger und der Beklagte sich gesamtschuldnerisch verpflichteten, der Frau O ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 Euro zu zahlen. Weiter erging gegenüber dem Kläger und dem Beklagten durch das Landgericht B ein Kostenfestsetzungsbeschluss betreffend die entstandenen Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro. Darüber hinaus machte die Krankenversicherung der Frau O mit Schreiben vom 10.12.2012 gegenüber dem Kläger Behandlungskosten in Höhe von 16.754,08 Euro geltend.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei im Innenverhältnis nach den zur Anwendung kommenden Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich verpflichtet, ihn von den vorgenannten Ansprüchen in vollem Umfang freizustellen. Er habe den Unfall der Frau O nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Einer solchen Annahme stehe entgegen, dass er von dem zuständigen Vorarbeiter nicht ordnungsgemäß in die Ausführung der Kabelverlegearbeiten eingewiesen worden sei. Auch habe der Beklagte keine Absperrmittel für die Schachtöffnungen zur Verfügung gestellt. Schlussendlich hätte der Vorarbeiter, nachdem er bemerkt habe, dass der Kläger sich von seinem Arbeitsplatz entfernt hatte, ihn unverzüglich wieder zurückschicken müssen.

7

Jedenfalls sei der Beklagte deshalb verpflichtet, ihn von den vorgenannten Schadensersatzansprüchen freizustellen, weil er nach eigener Aussage im Gütetermin über eine Betriebshaftpflichtversicherung verfüge. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, eine solche Versicherung abzuschließen.

8

Der Kläger hat beantragt,

9

1. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Forderungen der Frau, K, B in Höhe von 4.000,00 Euro Schmerzensgeld sowie zu erstattende Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro aus dem Verfahren 8 O 2770/10 des Landgerichts B aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 und dem übergegangenen Anspruch der Debeka Krankenversicherungsverein a. G. in Höhe von 16.754,08 Euro freizustellen.

10

2. Hilfsweise

11

festzustellen, dass dem Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 in B zustehen,

12

3. Hilfsweise

13

festzustellen, dass die Ansprüche des Beklagten gegen den Kläger wegen des Schadensfalls vom 12.05.2009 in B auf ein Bruttomonatsgehalt mithin auf 1.767,66 Euro beschränkt sind.

14

Der Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei im Innenverhältnis nicht verpflichtet, den Kläger von den Ansprüchen der Frau O bzw. deren Krankenversicherung freizustellen. Eine Betriebshaftpflichtversicherung habe zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Das Verhalten des Klägers sei als grob fahrlässig anzusehen. Er sei sehr wohl in die auszuführenden Arbeiten eingewiesen worden. Auch habe Absperrmaterial zur Verfügung gestanden. Ungeachtet dessen hätte dem Kläger als ausgebildeten und erfahrenen Straßenbauer klar sein müssen, dass durch das Verlassen seines (ungesicherten) Arbeitsplatzes eine erhebliche Gefahr für Passanten entstehe.

17

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.06.2013 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für den Kläger bestehe kein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten. Bei entsprechender Anwendung der für den innerbetrieblichen Schadensausgleich geltenden Grundsätze hafte im Innenverhältnis der Kläger für den entstandenen Schaden allein, weil er diesen grob fahrlässig herbeigeführt habe. Das Verlassen des ungesicherten aber weiterhin geöffneten Kabelschachtes stelle eine grobe, auch subjektiv nicht mehr zu entschuldigende Pflichtverletzung dar. Dahinstehen könne, ob eine Betriebshaftpflicht bestanden habe bzw. ob der Beklagte zum Abschluss einer solchen verpflichtet gewesen sei, da diese aufgrund des grob fahrlässigen Verhaltens des Klägers nicht eingetreten wäre. Auch die Hilfsanträge seien nicht begründet. Der Kläger hafte im Innenverhältnis gegenüber dem Beklagten ohne eine summenmäßige Beschränkung für den von ihm verursachten Schaden. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 102 bis 114 der Akte verwiesen.

18

Gegen dieses, ihm am 08.07.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.10.2013 Berufung eingelegt, diese sogleich begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungseinlegungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hatte zuvor, am 06.08.2013, zur Durchführung des Berufungsverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Landesarbeitsgericht hat ihm diese mit Beschluss vom 23.09.2013 (Bl. 172 f d. A.) bewilligt. Der Beschluss ist dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 09.10.2013 zugestellt worden.

19

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel voll umfänglich weiter. Er hält unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag an seiner Rechtsauffassung, der Beklagte sei verpflichtet, ihn vollständig von den Schadensersatzansprüchen der Frau O freizustellen, fest. Eine solcher Anspruch ergebe sich jedenfalls aus der Verpflichtung des Beklagten, eine die hier schadensverursachenden Arbeiten absichernde Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Derartige Abreden seien typischerweise in den Werkverträgen mit öffentlichen Auftraggebern enthalten. Im Übrigen sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts, der Kläger habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, rechtsfehlerhaft.

20

Der Kläger beantragt,

21

das am 19.06.2013 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau, 1 Ca 40/13, wird gemäß den klägerischen Schlussanträgen der I. Instanz wie folgt abgeändert:

22

Der Beklagte und Berufungskläger wird verurteilt, an den Kläger von den Forderungen der Frau O, K, B in Höhe von 4.000,00 Euro Schmerzensgeld sowie zu erstattende Verfahrenskosten in Höhe von 1.183,30 Euro aus dem Verfahren 8 O 2770/10 des Landgerichts B aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 und dem übergegangenen Anspruch der Debeka Krankenversicherungsverein a. G. in Höhe von 16.754,08 Euro freizustellen.

23

Hilfsweise

24

festzustellen, dass dem Beklagten und Berufungsbeklagten gegen den Kläger und Berufungskläger keine Ansprüche aus dem Schadensfall vom 12.05.2009 in B zustehen,

25

hilfsweise

26

festzustellen, dass die Ansprüche des Beklagten und Berufungsbeklagten gegen den Kläger und Berufungskläger wegen des Schadensfalls vom 12.05.2009 in B auf ein Bruttomonatsgehalt mithin auf 1.767,66 Euro beschränkt sind.

27

Der Beklagte beantragt,

28

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

29

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

30

Eine vertragliche Verpflichtung seinerseits zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung habe nicht bestanden. Er sei lediglich als Subunternehmer für die Firma K GmbH tätig geworden. Der Subunternehmervertrag sei im Wesentlichen mündlich vereinbart worden. Schriftliche Unterlagen seien nicht mehr vorhanden.

31

Zu Recht sei das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, das Verhalten des Klägers sei als grob fahrlässig anzusehen. Insbesondere sei es unzutreffend, dass seitens des Beklagten kein ausreichendes Absperrmaterial zur Verfügung gestellt worden sei. So habe der Kläger in dem Verfahren vor dem Landgericht B selber eingeräumt, er habe sich von der Kanalöffnung entfernt, um Sicherungsmaterial von dem Vorarbeiter zu holen. In gleicher Weise habe er sich im Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft B eingelassen (Sitzungsprotokoll LG B vom 20.10.2011 – Bl. 251 R d. A.; Schriftsatz vom 17.09.2009 an die StA B – Bl. 253 d. A.).

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

33

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Kläger die Fristen des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht gewahrt hat. Dem Kläger war insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren, weil er diese Fristen unverschuldet i. S. d. vorgenannten Bestimmung versäumt hat. Er war aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse und damit schuldlos nicht in der Lage, die Berufungseinlegungs- und die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Auf die Ausführungen im PKH-Beschluss vom 23.09.2013 wird zur weiteren Begründung Bezug genommen. Die versäumten Prozesshandlungen hat der Kläger nach Beseitigung des Hindernisses – Zustellung des PKH-Beschlusses am 09.10.2013 – innerhalb der Fristen des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt (§ 236 Abs. 2 ZPO).

B.

34

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch hinsichtlich der Hilfsanträge abgewiesen.

I.

35

Dem Kläger steht kein Freistellungsanspruch gegenüber dem Beklagten betreffend den von ihm verursachten Personenschaden am 12.05.2009 aus §§ 426 Abs.1 Satz 1, 670 BGB analog i. V. m. den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zu.

36

Zwar finden die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs auch in einem Gesamtschuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Form der deliktischen Haftung gegenüber einem geschädigten Dritten in der Weise Anwendung, dass der Arbeitnehmer in dem Umfang Freistellung von Ansprüchen Dritter verlangen kann, wie er bei einer Schädigung des Arbeitgebers selbst nicht haften würde. § 840 Abs. 2 BGB, der im Innenverhältnis die Haftung dem unmittelbaren Schädiger zuweist, wird hierdurch verdrängt (BAG GS 25.09.1957 – GS 4/56, GS 5/56; 23.06.1988 – 8 AZR 300/85; ErfK/Preis 15. Auflage BGB § 619a Rn. 26).

37

Vorliegend ergibt sich aber auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kein Freistellungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten betreffend die von der geschädigten Frau O bzw. ihrer Krankenversicherung aus übergegangenem Recht geltend gemachten Schadensersatzansprüche.

38

Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (27. 09.1994 – GS 1/89 (A)) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfange zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen. Der Umfang der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein (BAG 28.10.2010 – 8 AZR 418/09 – Rn. 18).

39

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat der Kläger nach dem sich bietenden Sachverhalt den aus dem Ereignis vom 12.09.2009 resultierenden streitgegenständlichen Drittschaden allein zu tragen.

40

1. Er hat diesen Schaden grob fahrlässig verursacht. Dies hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen (S. 8) zutreffend unter Anwendung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen.

41

Das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu begründen. Entgegen seiner Auffassung wird sein Verschulden nicht – so auch sein zweitinstanzliches Vorbringen – durch das Fehlen von Absperrmaterial, eine unterlassene Unterweisung über das Absichern von Schachtöffnungen und eine unterlassene Aufforderung des Vorarbeiters, sich sofort wieder zu dem noch geöffneten Kanalschacht zu begeben, derart gemindert, dass sein Fehlverhalten nicht mehr als grob fahrlässig einzustufen ist. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne einer auch subjektiv nicht entschuldbaren Pflichtversäumnis liegt darin begründet, dass der Kläger als ausgebildeter und erfahrener Straßenbauer sich in Kenntnis des fehlenden Absperrmaterials von sich aus von seinem zugewiesenen Arbeitsplatz 30 bis 40 Meter entfernt und für einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten diesen ungesichert zurückgelassen hat. Dass hierdurch auf einem öffentlichen Gehweg im Zentrum einer Großstadt zur Vormittagszeit eine erhebliche Gefahrenquelle für Fußgänger geschaffen worden ist, musste nicht nur jedem im Straßenbau Beschäftigten, sondern auch jedem „Leihen“ sofort einleuchten.

42

Sachvortrag, der diese elementare Sorgfaltspflichtverletzung abmildern könnte, ist nicht dargetan worden. Vielmehr ist unstreitig, dass für den Kläger keine betriebliche Notwendigkeit bestand, den Arbeitsplatz in ungesichertem Zustand zu verlassen. Eine Hilfeleistung ist von seinen Kollegen nicht erbeten worden. Dass die betriebliche Situation an dem nachfolgendem Schacht, an dem seine Kollegen mit der Einführung von Kabeln Probleme hatten, so gestaltet war, dass nur ein sofortiges Eingreifen des Klägers dort akut bestehende Gefahren hätte abwenden können, ist von ihm auch nicht ansatzweise dargetan worden. Vielmehr ist nach dem sich insgesamt bietenden Sachverhalt das Vorbringen des Klägers als widersprüchlich anzusehen. So hat er sich im Strafverfahren und im Rechtsstreit vor dem Landgericht B noch darauf berufen, er habe nur „kurz“ den Arbeitsplatz verlassen, um von den Kollegen am Nachbarschacht Absperrmaterial zu holen, während er nunmehr vortragen lässt, jenes Material sei gar nicht vorhanden gewesen. Er habe den Arbeitsplatz verlassen, um die Kollegen zu unterstützen, was zu einer fünf- bis zehnminütigen Abwesenheit geführt habe.

43

Letztendlich bleibt auch bei Berücksichtigung all dieser Umstände der zur groben Fahrlässigkeit führende Vorwurf an den Kläger bestehen, er habe elementare Sorgfaltsregeln dadurch verletzt, dass er seinen Arbeitsplatz ohne ausreichende Absicherung, sei es auch – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – durch Verschließen des Kanalschachts, verlassen hat.

44

2. Besondere Umstände, die dennoch im Innenverhältnis eine nur anteilige Haftung des Klägers oder gar keine Haftung rechtfertigen könnten, sind nicht dargetan worden.

45

a) Ob ungeachtet einer grob fahrlässigen Schadensverursachung eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit diese zu gehen hat, ist aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, die der Tatrichter nach Feststellung aller hierfür maßgebenden Umstände (§ 286 ZPO) nach § 287 ZPO vornehmen muss. Von Bedeutung kann dabei sein, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichtem Schadensrisiko der Tätigkeit steht (BAG 15.11.2012 – 8 AZR 705/11 – Rn. 26).

46

Der hier streitgegenständliche Drittschaden erreicht auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger aus dem Arbeitsverhältnis bezogenen Vergütung keinen Existenz bedrohenden Umfang. Das vorliegend verwirkte Schadensrisiko steht auch nicht in einem deutlichen Missverhältnis zu der bezogenen Vergütung. Das Verlegen von Kabeln in vorhandenen Schächten und die damit verbundene Absicherung der Schachtöffnungen ist nicht, schon gar nicht für einen ausgebildeten Straßenbauer, mit einem erhöhten Schadensrisiko bezogen auf die Verletzung Dritter verbunden.

47

b) Nach dem sich bietenden Sachverhalt ist weiter nicht davon auszugehen, dass eine den Kläger einbeziehende Betriebshaftpflichtversicherung zum Zeitpunkt des Schadenseintritts bestanden hat. Der Beklagte hat, nachdem der Kläger dies unter Bezugnahme auf Äußerungen im Gütetermin vorgetragen hat, im Kammertermin dies ausdrücklich in Abrede gestellt. Ergänzender Sachvortrag des Klägers, aus dem sich dennoch das Bestehen einer Haftpflichtversicherung ergeben könnte, ist nicht dargetan worden. Gegen den Bestand einer solchen spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung. Hätte der Beklagte eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, hätte es nahegelegen, dieser den Schaden zwecks Regulierung zu melden.

48

Eine vertragliche Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, bei deren Verletzung der Arbeitgeber wiederum verpflichtet ist, den Arbeitnehmer so zu stellen, wie er bei Abschluss derselben stünde (§§ 280, 283; 249 BGB), bestand vorliegend nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Hauptauftraggeber der Kabelarbeiten von seinem Vertragspartner den Abschluss einer solchen im Rahmen des Werkvertrages verlangt hat. Substantiiertes Vorbringen, dass auch der zwischen der K GmbH und dem Beklagten „größtenteils mündlich abgeschlossene“ Vertrag eine solche, den Kläger begünstigende Klausel aufweist, ist nicht dargetan worden. Ohne besondere Vereinbarung besteht keine Pflicht des Arbeitgebers zum Abschluss einer den Arbeitnehmer einbeziehenden Betriebshaftpflichtversicherung (BAG 01.12.1988 – 8 AZR 65/84).

49

c) Schlussendlich ist eine (volle) Haftung des Klägers im Innenverhältnis nicht deshalb ausgeschlossen, weil für den Beklagten – auch im Interesse des Klägers – aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Tätigkeit und dem damit erhöhten Betriebsrisiko die Obliegenheit bestanden hätte, eine Betriebshaftpflicht abzuschließen.

50

aa) Einer Berücksichtigung dieses Umstandes im Rahmen der zu treffenden Gesamtabwägung steht allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass der Kläger den Schaden grob fahrlässig verursacht hat. Die nach dem gesetzlichen Leitbild abgeschlossene Betriebshaftpflichtversicherung würde nämlich selbst in diesem Falle eintreten (§ 103 VVG). Der Versicherer könnte gegenüber dem Kläger auch keinen Regress gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG nehmen, weil der Kläger als Mitversicherter (§ 102 VVG) nicht „Dritter“ im Sinne dieser Bestimmung wäre (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20.03.2014 – 24 Sa 2223/13 – betreffend Kfz-Haftpflicht).

51

bb) Es bestand jedoch keine Obliegenheit des Beklagten, eine solche Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Die dem Kläger übertragene Tätigkeit weist keine erhöhte Betriebsgefahr bezogen auf die Schädigung Dritter aus. Die durch das Öffnen von Kabelkanalschächten sich ergebende Risikolage für Dritte ist durch die Beachtung einfacher Sicherungsmaßnahmen beherrschbar.

52

3. Ein dem Beklagten zurechenbares Mitverschulden i. S. d. § 254 BGB, das wiederum auf den Umfang eines Freistellungsanspruchs Einfluss hätte, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht dargetan. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt (Entscheidungsgründe S. 10). Dem schließt sich die Berufungskammer an.

II.

53

Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht die zur Entscheidung angefallenen Hilfsanträge abgewiesen. Auch insoweit schließt sich die Berufungskammer den Ausführungen des Arbeitsgerichts (Entscheidungsgründe S. 11) an. Danach stehen dem Beklagten aus § 426 Abs. 1 BGB gegenüber dem Kläger Ausgleichsansprüche zu, soweit er von der Geschädigten bzw. ihrer Krankenversicherung in Anspruch genommen wird, ohne dass eine summenmäßige Begrenzung in Betracht kommt.

III.

54

Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers in der Sache keinen Erfolg haben.

C.

55

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

D.

56

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

57

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


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(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

Abweichend von § 280 Abs. 1 hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. April 2009 - 10 Sa 1402/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens und der Nebenintervention haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Diagnosegeräts.

2

Die Kläger betreiben als Fachärzte eine Gemeinschaftspraxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin. Etwa 2/3 des durchschnittlichen Umsatzes der Praxis werden mit einem Magnetresonanztomographen (MRT) erwirtschaftet. Die Beklagte ist in der Praxis langjährig als Reinigungskraft beschäftigt, zuletzt gegen ein monatliches Bruttoentgelt iHv. 320,00 Euro. Die Nebenintervenientin ist das Versicherungsunternehmen, bei dem die Beklagte eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen hat.

3

Am Sonntag, 8. Januar 2006, besuchte die Beklagte ihre über den Praxisräumen der Kläger wohnende und mit ihr befreundete Arbeitskollegin Frau B. Bei Besuchsende nahmen die beiden Frauen auf dem Weg zur Haustür in der Praxis einen Alarmton wahr. Die Beklagte ging in die nicht verschlossenen Praxisräume, stellte fest, dass der Alarm vom MRT ausging und wollte an der Steuereinheit des Geräts den Alarmton ausschalten. Die fest an der Wand montierte Steuereinheit besitzt fünf Schaltknöpfe, vier davon sind in blauer Farbe gehalten und mit „host standby“, „alarm silence“, „system off“ und „system on“ überschrieben. Oberhalb von diesen im Quadrat angeordneten blauen Schaltknöpfen befindet sich ein deutlich größerer roter Schaltknopf, der mit der weißen Aufschrift „magnet stop“ versehen ist. Dieser rote Schalter ist hinter einer durchsichtigen Plexiglasklappe, die vor der Betätigung des Schalters angehoben werden muss, angebracht.

4

Um den Alarm auszuschalten, drückte die Beklagte statt des hierfür vorgesehenen blauen Knopfes „alarm silence“ den roten Schaltknopf „magnet stop“ und löste hierdurch einen so genannten MRT-Quench aus. Dabei wird das im Gerät als Kühlmittel eingesetzte Helium in wenigen Sekunden ins Freie abgeleitet, was das elektromagnetische Feld des Gerätes zusammenbrechen lässt. Die nach dieser Notabschaltung fällige Reparatur dauerte bis einschließlich Mittwoch, 11. Januar 2006, und kostete netto 30.843,01 Euro. Unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehalts zahlte die Betriebsunterbrechungs-Schadensversicherung der Kläger für einen Ausfalltag Schadensersatz iHv. 10.289,34 Euro.

5

Die Kläger haben behauptet, der rote Knopf für die Notabschaltung sei zusätzlich durch zwei über dem Plexiglasdeckel angebrachte Klebestreifen gesichert gewesen, die beschriftet gewesen seien. Auf dem oberen Streifen habe „bei Alarm alarm silence drücken“ und auf dem unteren habe „nicht mag stop. Es wird teuer!“ gestanden. Neben den Reparaturkosten sei ein weiterer, von der Versicherung nicht abgedeckter Nutzungsausfallschaden iHv. 18.390,00 Euro netto entstanden. Sie haben die Auffassung vertreten, das Handeln der Beklagten, die nicht einmal im Rahmen ihrer Aufgaben mit der Reinigung des MRT beauftragt gewesen sei, stelle sich als gröbst fahrlässig dar. Obgleich das Handeln betrieblich veranlasst gewesen sei, scheide wegen der besonders groben Fahrlässigkeit eine Haftungsprivilegierung aus. Da die Privathaftpflichtversicherung der Beklagten einstandspflichtig sei, wirke sich die Geltendmachung des vollständigen Schadensersatzanspruchs für die Beklagte nicht existenzgefährdend aus. Die Kläger seien bei Begründung des Arbeitsverhältnisses selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Beklagte über eine private Haftpflichtversicherung verfüge.

6

Soweit für die Revision von Bedeutung beantragen die Kläger,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gläubiger weitere 46.775,81 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Mai 2006 zu zahlen.

7

Auf der Beklagtenseite hat die Nebenintervenientin ihren Antrag auf Klageabweisung damit begründet, dass die Beklagte sich im angenommenen Interesse der Kläger verpflichtet gefühlt habe, den Alarmton auszuschalten. Dass sie dabei den falschen Knopf betätigt habe, sei versehentlich erfolgt, wobei sie in der Vergangenheit schon einmal einen MRT-Alarm erfolgreich abgeschaltet habe. Grob fahrlässig habe die Klägerin nicht gehandelt, da sie nicht einmal die Möglichkeit des eingetretenen Schadens gesehen habe. Somit scheide eine Haftung der Beklagten aus. Als Haftpflichtversicherer der Beklagten sei die Nebenintervenientin nur in dem Umfang wie die Beklagte selbst einstandspflichtig.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.920,00 Euro, dh. iHv. sechs Bruttomonatsbezügen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte vor dem Landesarbeitsgericht insoweit Erfolg, als weitere 1.920,00 Euro zugesprochen wurden. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger weiter den Ersatz ihres gesamten Schadens.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen den Schadensersatzanspruch der Kläger in der Höhe auf ein Bruttojahresgehalt der Beklagten begrenzt.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte habe schuldhaft ihre vertragliche wie gesetzliche Pflicht, das Eigentum der Kläger nicht zu beschädigen, verletzt. Die schädigende Handlung der Beklagten sei betrieblich veranlasst gewesen. Sie habe dabei besonders grob fahrlässig gehandelt, weil sie wahllos einen der Knöpfe auf der MRT-Steuereinheit gedrückt habe, ohne dessen Funktion zu kennen. Das Verschulden der Beklagten beziehe sich auch auf den Schadenseintritt, weil sie sich der Einsicht verschlossen habe, dass die Handlung einen Schaden unbekannter Art zur Folge haben könnte. Trotz des hohen Verschuldensgrades beim Handeln der Beklagten komme ihr aber eine Haftungserleichterung aufgrund einer Abwägung im Einzelfall zugute. In die Abwägung sei nicht nur der Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Verschuldens, sondern auch die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung abdeckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten sei, einzustellen. Es könne entscheidend darauf ankommen, dass der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände hafte die Beklagte mit einem vollen Jahresbruttoeinkommen. Dies stelle für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer eine enorme Belastung dar, was aber wegen des hohen Verschuldensgrades der Beklagten noch vertretbar sei. Eine höhere Haftung sei in Anbetracht des uneigennützigen Handelns der Beklagten, das von dem Willen getragen gewesen sei, den Klägern zu helfen, unbillig. Die von der Beklagten abgeschlossene Haftpflichtversicherung erhöhe die Haftungsobergrenze nicht.

11

B. Die dagegen gerichteten Angriffe der zulässigen Revision bleiben ohne Erfolg.

12

I. Die besondere persönliche Bindung der Vertragspartner im Arbeitsverhältnis (BAG 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - BAGE 81, 15 = AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 24 = EzA BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 4) bewirkt für beide Parteien des arbeitsvertraglichen Schuldverhältnisses, dass ihre Verpflichtung zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB) zu einer Vielzahl von Nebenleistungspflichten wie Unterlassungs- und Handlungspflichten führt. Allgemeine Sorgfalts-, Obhuts-, Fürsorge-, Aufklärungs- und Anzeigepflichten dienen dazu, die Erbringung der Hauptleistung vorzubereiten und zu fördern, die Leistungsmöglichkeit zu erhalten und den Leistungserfolg zu sichern (ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 707 ff.). Die Beklagte hat, als sie statt des Schaltknopfes „alarm silence“ fehlerhaft den Schaltknopf „magnet stop“ drückte, ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, verletzt (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dadurch, dass der bestimmungsgemäße Gebrauch des Diagnosegeräts für die Dauer der Reparatur aufgehoben wurde, wurden die Kläger auch in ihrem absolut geschützten Rechtsgut des Eigentums durch die Handlung der Beklagten verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB). Da die Beklagte schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig handelte und die fehlerhafte Bedienung unstreitig kausal für den entstandenen Schaden war, sind die Kläger grundsätzlich als Mitgläubiger berechtigt, von der Beklagten Schadensersatz zu verlangen (§ 432 Abs. 1 Satz 1 BGB). Anhaltspunkte für eine die Mitgläubigerschaft ausschließende Gesamtgläubigerschaft, etwa auf vertraglicher Grundlage, haben die Kläger nicht vorgetragen. Daher ist von einer gemeinsamen Empfangszuständigkeit der Kläger für den in Geld zu leistenden Schadensersatz und daher iSd. § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB von einer unteilbaren Leistung auszugehen(Palandt/Grüneberg 69. Aufl. § 432 Rn. 1).

13

II. Das Handeln der Beklagten war durch den Betrieb der Kläger veranlasst und geschah aufgrund des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien.

14

1. Der Begriff der betrieblich veranlassten Tätigkeit ist der gesetzlichen Regelung des § 105 Abs. 1 SGB VII entlehnt und wird von der Rechtsprechung in diesem Sinne ausgelegt(ErfK/Preis § 619a BGB Rn. 12 unter Hinweis auf BAG GS 27. September 1994 - GS 1/89 (A) - BAGE 78, 56 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 103 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 59; 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70; HWK/Krause 4. Aufl. § 619a BGB Rn. 21). Als betrieblich veranlasst gelten solche Tätigkeiten, die arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Das Handeln braucht dabei nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet des Beschäftigten gehören, ausreichend ist, wenn er im wohl verstandenen Interesse des Arbeitgebers tätig wird (BGH 2. März 1971 - VI ZR 146/69 - AP RVO § 637 Nr. 6; BAG 14. März 1974 - 2 AZR 155/73 - AP RVO § 637 Nr. 8 = EzA RVO § 637 Nr. 5). Das Handeln ist betrieblich veranlasst, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Schädigers im Betriebsinteresse zu handeln war, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war und keinen Exzess darstellte (BAG 22. April 2004 - 8 AZR 159/03 - BAGE 110, 195 = AP SGB VII § 105 Nr. 3 = EzA SGB VII § 105 Nr. 4). Der betriebliche Charakter der Tätigkeit geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer bei der Durchführung der Tätigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn ein solches Verhalten grundsätzlich nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt (BAG 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - aaO).

15

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass das Handeln der Beklagten betrieblich veranlasst war. Die Beklagte handelte zwar außerhalb ihrer Arbeitszeit und nicht in direkter Verfolgung ihrer Hauptleistungspflicht, aber um ihren allgemeinen Sorgfalts- und Obhutspflichten als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis (§ 241 Abs. 2 BGB) nachzukommen, Schaden von den Klägern abzuwenden und die Leistungsmöglichkeit der Praxis und damit auch ihren eigenen Arbeitsplatz zu erhalten. Die Beklagte erkannte, als sie aus der Praxis den Alarmton wahrnahm, dass sie verpflichtet war, Schaden von ihren Arbeitgebern abzuwenden und ihnen bei der Betriebsstörung zu helfen. Dass sie im Folgenden falsch handelte und ihr dabei ein Verschulden anzulasten ist, ändert nichts daran, dass zwischen der beabsichtigten Schadensverhinderung oder -minderung durch die Beklagte und dem wohl verstandenen Interesse der Kläger ein enger innerer Zusammenhang besteht, wie er für eine betrieblich veranlasste Tätigkeit typisch ist.

16

III. Das betrieblich veranlasste Handeln der Beklagten ist nach den Grundsätzen über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung zu beurteilen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

17

1. Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (27. September 1994 - GS 1/89 (A) - BAGE 78, 56 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 103 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 59) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, jedoch können Haftungserleichterungen, die von einer Abwägung im Einzelfall abhängig sind, in Betracht kommen.

18

Die Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein.

19

2. Die Haftung der Beklagten ist mithin entscheidend davon abhängig, welcher Verschuldensgrad ihr zur Last zu legen ist.

20

a) Der Begriff des Verschuldens und die einzelnen Arten des Verschuldens - leichteste, einfache oder normale und grobe Fahrlässigkeit - sind Rechtsbegriffe. Die Feststellung einer „Fahrlässigkeit“ ist durch die Revision nachprüfbar (BAG 19. März 1959 - 2 AZR 402/55 - BAGE 7, 290, 301 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 8 = EzA BGB § 276 Nr. 3). Dabei steht dem Tatsachenrichter ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, da die Feststellung der Voraussetzungen im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegt. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob der Tatsachenrichter von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und Denkgesetze, Erfahrungssätze und Verfahrensvorschriften nicht verletzt hat (BAG 18. April 2002 - 8 AZR 348/01 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 101, 107 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 122 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 70). Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2).

21

b) Hinsichtlich der Schädigungshandlung ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Gesamtumständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet gelassen hat, was in der konkreten Situation für jedermann erkennbar gewesen ist. Der Beklagten musste klar sein, dass sie in die Bedienung des MRT nicht eingewiesen war, über keine sonst erworbene Sachkunde verfügte und die Bedeutung der einzelnen Schaltknöpfe nicht kannte. Die wahllose Bedienung eines zumindest durch einen Plexiglasdeckel besonders gesicherten Schalters musste die Gefahr bergen, dass dadurch mehr passiert als das einfache Abschalten des Alarmtons. Die Beklagte konnte keine vernünftigen Zweifel daran hegen, dass die richtige Vorgehensweise in einer Verständigung der Kläger oder anderer für die Bedienung des Geräts kompetenter Personen gelegen hätte. Insoweit ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht für das Handeln der Beklagten ein Höchstmaß an grober Fahrlässigkeit festgestellt hat.

22

c) Hinsichtlich des Schadenseintritts hat das Landesarbeitsgericht vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen und auch insofern grobe Fahrlässigkeit angenommen. Dies ist zwar grundsätzlich zulässig (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2). Der Senat sieht aber hinsichtlich des Schadenseintritts nach den besonderen Umständen des Einzelfalls keinen Anlass, von einer „gröbsten“ Fahrlässigkeit auszugehen. Auch insoweit handelte die Beklagte grob fahrlässig, weil sie sich der aufdrängenden Erkenntnis verschloss, dass ihr Handeln einen Schaden verursachen kann, wenn sie irgendeinen Knopf, dessen Funktion sie nicht kennt, betätigt. Dass die Beklagte hinsichtlich des eingetretenen „MRT-Quench“ ebenfalls mit „gröbster“ Fahrlässigkeit gehandelt hat, setzte allerdings voraus, dass sie nach ihren individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt hätte beachten können. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Die Klägerin musste damit rechnen, dass ein Schaden, womöglich ein erheblicher Schaden, eintritt und hat insofern auch diesbezüglich grob fahrlässig gehandelt. Dass sie durch Betätigen des roten Knopfes eine Notabschaltung auslöst, die einer partiellen Selbstzerstörung des Geräts gleichkommt, kann ihr ohne weiteres Vorbringen nicht unterstellt werden. Nur dann aber wäre ihr auch insoweit besonders grobe (gröbste) Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

23

d) Im Übrigen kann es entgegen der mit der Revision vertretenen Auffassung dahinstehen, ob der Beklagten vorliegend grobe oder „gröbste“ Fahrlässigkeit sowohl hinsichtlich ihres Handelns als auch des eingetretenen Schadens vorzuwerfen ist. Denn auch bei „gröbster“ Fahrlässigkeit scheiden Haftungserleichterungen für den Arbeitnehmer nicht grundsätzlich aus. Auch in der von der Revision angeführten Entscheidung des Senats vom 25. September 1997 (- 8 AZR 288/96 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 63) wurde auf den konkret entschiedenen Einzelfall abgestellt und eine Haftungsmilderung nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung auch im Hinblick auf die Höhe des eingetretenen Schadens „im konkreten Fall“ für nicht angezeigt gehalten.

24

3. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht die Haftung der Beklagten trotz der grob fahrlässigen Beschädigung des MRT auf ein Jahresgehalt iHv. 3.840,00 Euro beschränkt.

25

a) Bei grober Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Entlastung des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen. Ob sie in Frage kommt und wie weit sie zu gehen hat, ist nach einer Abwägung zu entscheiden, die grundsätzlich dem Tatrichter nach Feststellung aller dafür maßgebenden Umstände obliegt (§§ 286, 287 ZPO). Auf Seiten des Arbeitnehmers müssen insbesondere die Höhe des Arbeitsentgelts, die weiteren mit seiner Leistungsfähigkeit zusammenhängenden Umstände und der Grad des Verschuldens in die Abwägung einbezogen werden. Auf Seiten des Arbeitgebers wird ein durch das schädigende Ereignis eingetretener hoher Vermögensverlust um so mehr dem Betriebsrisiko zuzurechnen sein, als dieser einzukalkulieren oder durch Versicherungen ohne Rückgriffsmöglichkeit gegen den Arbeitnehmer abzudecken war (BAG 12. Oktober 1989 - 8 AZR 276/88 - BAGE 63, 127 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 97 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 23). Die Entscheidung ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen. Eine feste, summenmäßig beschränkte Obergrenze der Haftung gibt es nicht, sie festzulegen wäre dem Gesetzgeber vorbehalten (BAG 23. Januar 1997 - 8 AZR 893/95 - NZA 1998, 140).

26

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht vorliegend den Grad des Verschuldens der Beklagten ebenso haftungserhöhend berücksichtigt wie die Tatsache, dass die Beklagte bei den Klägern als Reinigungskraft beschäftigt ist, was für die Verursachung eines hohen Schadens, wenigstens der eingetretenen Art, wenig gefahrgeneigt ist. Ob dagegen das Fehlverhalten der Beklagten für die Kläger kaum vorhersehbar war, wie das Landesarbeitsgericht in seine Überlegungen einbezogen hat, begegnet gewissen Zweifeln, kann aber letztlich dahinstehen. Immerhin mussten die Kläger bei einem Gerät, das offenbar auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten und über das Wochenende im „Stand-By-Modus“ bleiben musste, damit rechnen, dass nicht in die Bedienung des MRT eingewiesene Kräfte mit einem Alarm oder Fehlalarm konfrontiert werden. In der Gesamtabwägung ergäbe sich allerdings bei einer anderen Auffassung gleichwohl kein anderes als das vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. Denn zu Recht haben die Berufungsrichter vor allem die Ursachen und Motive der Beklagten berücksichtigt, als sie handelte. Die Beklagte erkannte ihre Pflicht zum Handeln, löste die Aufgabe allerdings völlig falsch. Dieser Ausgangssituation stellt das Landesarbeitsgericht zu Recht haftungsbegrenzend die geringe Vergütung der Beklagten gegenüber. Der eingetretene Schaden beläuft sich auf mehr als das Hundertfache eines Monatslohns der Beklagten, stellt sich mithin als ganz ungewöhnlich groß dar. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass bereits eine Haftungsbeschränkung auf zwölf Monatsgehälter für die Beklagte eine sehr große finanzielle Belastung darstellt, weil bei „Mini-Jobs“ regelmäßig der gesamte Verdienst zur Existenzerhaltung gebraucht wird und Reserven, Rücklagen oder Sparquoten, auf die verzichtet werden könnte, nicht bestehen. Damit hat das Landesarbeitsgericht bei zutreffenden rechtlichen Beurteilungsmaßstäben alle wesentlichen Umstände des Sachverhalts angemessen berücksichtigt und bei der Begründung seiner Entscheidung nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen.

27

4. Rechtlich zutreffend hat das Landesarbeitsgericht schließlich die von der Beklagten abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung, die vorliegend möglicherweise einstandspflichtig ist, nicht für entscheidungserheblich gehalten.

28

a) Ein Arbeitnehmer kann sich dann nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn zu seinen Gunsten eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung, etwa eine Kfz-Haftpflichtversicherung, eingreift (BAG 25. September 1997 - 8 AZR 288/96 - mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 111 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 63). Bei Bestehen einer Pflichtversicherung liegen Risiken vor, die der Gesetzgeber als so gefahrträchtig erachtet hat, dass er den Handelnden im Hinblick auf mögliche Gefahren für andere ohne Versicherungsschutz nicht tätig sehen wollte. Dieser Grund für eine gesetzliche Pflichtversicherung überlagert gleichsam die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung.

29

b) Eine freiwillig abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung wirkt sich dagegen grundsätzlich auf die interne Betriebsrisikoverteilung nicht aus. Insbesondere darf auch beim Bestehen einer solchen Privathaftpflichtversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass das gezahlte Entgelt im Verhältnis zu dem von ihm zu tragenden Risiko unangemessen gering ist. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitgeber vor Einstellung des Arbeitnehmers wegen der Risiken der gefahrgeneigten Tätigkeit den Abschluss einer solchen privaten Haftpflichtversicherung verlangt und zur Einstellungsbedingung gemacht hatte, erst recht, wenn dafür zusätzliche Vergütungsbestandteile vereinbart wurden (BAG 14. Oktober 1993 - 8 AZR 242/92 - EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 28). Wie bei einer gesetzlichen Pflichtversicherung kann auch zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrages wegen bestehender Risiken der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zwingend vereinbart werden mit der Folge, dass bei einem Schadenseintritt das Bestehen einer solchen Versicherung für Schäden im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen ist.

30

c) Dafür gibt es aber vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte, was das Landesarbeitsgericht rechtlich zutreffend erkannt hat. Die Kläger räumen ein, das Bestehen einer privaten Haftpflichtversicherung für beruflich verursachte Schäden nicht zur ausdrücklichen Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages gemacht zu haben. Um eine beiderseitige Geschäftsgrundlage handelte es sich unstreitig ebenfalls nicht. Die Beklagte hat zudem eine Haftpflichtversicherung für „privat“ verursachte Schäden abgeschlossen, die für das „betrieblich veranlasste“ Handeln der Klägerin bislang nur aus Kulanz einzutreten bereit ist.

31

5. Da der Schaden allein am MRT fast das 10-fache eines Jahresgehalts der Beklagten beträgt, bedürfen die weiteren von den Klägern geltend gemachten Schadenspositionen keiner Erörterung.

32

C. Die Kläger haben nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

Hauck 

        

Böck   

        

Breinlinger

        
                 

Burr   

        

F. Avenarius

                          

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. Juli 2011 - 11 Sa 319/11 - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht München - auch über die Kosten des Rechtsstreits - zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Firmenfahrzeugs.

2

Der verheiratete und keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Beklagte war seit dem 2. April 2007 bei der Klägerin, einem Speditionsunternehmen, als Lkw-Fahrer mit einem Bruttomonatslohn von zuletzt 2.726,50 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart. Diese gilt für alle gegenseitigen Ansprüche mit Ausnahme solcher Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Mit Schreiben vom 27. April 2007 hatte die Klägerin den Beklagten darauf hingewiesen, dass am Arbeitsplatz ein absolutes Alkoholverbot herrsche.

3

Am 28. Juni 2008 fuhr der Beklagte gegen 3:20 Uhr mit dem Lkw der Klägerin samt Anhänger und Wechselbrücke auf der Bundesautobahn 61 in Fahrtrichtung Süden. Er kam bei trockener Straße von der Fahrbahn ab und fuhr in den rechts vom Standstreifen gelegenen Graben. Bei dem Versuch, den Sattelzug aus dem Graben zu steuern, schleuderte der Sattelzug auf die Fahrbahn zurück und steuerte unkontrolliert in Richtung Mittelleitplanke, bevor er wieder nach rechts ausscherte. Dabei stürzte der Anhänger des Sattelzugs mitsamt der sich darauf befindlichen Wechselbrücke um und verlor einen Großteil seiner Ladung. Um 5:15 Uhr wurde bei dem Beklagten eine Blutalkoholkonzentration von 0,94 Promille festgestellt. Der Beklagte wurde durch mittlerweile rechtskräftigen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu 35 Tagessätzen à 30,00 Euro verurteilt.

4

Die Klägerin hatte für den Lkw nebst Anhänger weder eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen noch besaß sie einen Schutzbrief für eine evtl. Bergung. Der Lkw samt Anhänger nebst Wechselbrücke musste durch die Firma D GmbH geborgen werden, wodurch ausweislich der Rechnung Kosten in Höhe von 4.461,66 Euro anfielen. Der Lkw wurde auf das Gelände der R Kfz-Service GmbH verbracht. Dort erfolgte am 30. Juni 2008 eine Besichtigung des Schadens durch das Sachverständigenbüro W GbR. Für die Begutachtung stellte der Sachverständige 718,20 Euro in Rechnung. Der Lkw wurde in der Zeit vom 1. bis 4. Juli 2008 durch die Firma R Kfz-Service GmbH instand gesetzt. Dafür entstanden ausweislich der vorgelegten Rechnungen Kosten in Höhe von 3.429,10 Euro. Des Weiteren stellte die Firma L GmbH und Co. KG für die Reparatur an dem Lkw eine weitere Rechnung in Höhe von 562,04 Euro. Für die Reparatur des Anhängers verlangte die Firma R Kfz-Service GmbH 2.721,48 Euro.

5

Durch außergerichtliches Schreiben vom 10. März 2009 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen Gesamtschaden in Höhe von 16.718,18 Euro geltend. Mit Schreiben vom 17. März 2009 wies der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den Schadensersatzanspruch zurück. Mit ihrer am 29. März 2010 eingegangenen Klage hat die Klägerin ihre Ansprüche gerichtlich weiterverfolgt.

6

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 17.522,25 Euro zu. Diese Forderung setze sich zusammen aus den tatsächlich angefallenen Reparaturkosten für den Lkw (3.991,14 Euro), den Kosten für das Sachverständigengutachten (718,20 Euro), den Vorhaltekosten für vier Tage für den Lkw (434,52 Euro), den tatsächlich angefallenen Reparaturkosten für den Anhänger (2.701,48 Euro), den Bergungskosten (4.461,66 Euro), dem Selbstbehalt der Haftpflichtversicherung für die beschädigten Waren (1.340,25 Euro), dem Schaden an der Wechselbrücke (3.850,00 Euro) sowie aus einer Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro.

7

Der Beklagte habe den Verkehrsunfall aufgrund seines Alkoholkonsums und seiner alkoholbedingten Fahrfehler grob fahrlässig verursacht. Es sei von einer Blutalkoholkonzentration im Zeitpunkt des Unfalls in Höhe von mindestens 1,12 Promille auszugehen. Der Beklagte sei absolut fahruntauglich gewesen. Eine Haftungsbegrenzung greife zu seinen Gunsten nicht ein. Auch habe keine Verpflichtung der Klägerin zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung bestanden.

8

Die Klägerin hat zuletzt unter teilweiser Klagerücknahme im Übrigen beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.522,25 Euro nebst Zinsen aus 12.332,00 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. März 2009 sowie Zinsen aus weiteren 5.190,25 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Er meint, ein Fall grober Fahrlässigkeit liege nicht vor. Zum Tatzeitpunkt habe bei ihm keine Blutalkoholkonzentration von über 1,1 Promille vorgelegen, allenfalls habe eine relative Fahruntauglichkeit bestanden. Es habe lediglich ein Augenblicksversagen vorgelegen, sodass allenfalls die Annahme einer mittleren Fahrlässigkeit gerechtfertigt sei. Er besitze keine wesentlichen Vermögenswerte und habe zuletzt nur 1.400,00 Euro netto verdient. Diese sozialen Umstände sowie die Gefahrgeneigtheit des Berufs als Lkw-Fahrer müssten besondere Berücksichtigung finden. Er meint ferner, dass sich die Klägerin anrechnen lassen müsse, dass sie keine Vollkaskoversicherung und keinen Schutzbrief für eine Bergung besitze. Schließlich bestreitet er die Schadenspositionen der Höhe nach und meint, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch verwirkt sei, weil die Klägerin nach dem Ablehnungsschreiben vom 17. März 2009 rund ein Jahr bis zur Klageerhebung gewartet habe.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 7.010,56 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 8.179,50 Euro nebst Zinsen verurteilt. Mit der für beide Seiten zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfange weiter, während der Beklagte die Abweisung der Klage beantragt.

Entscheidungsgründe

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Auf die Revisionen beider Parteien war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Weil der Beklagte im Zeitpunkt des Unfalls mindestens eine Blutalkoholkonzentration von 0,94 Promille gehabt habe, sei von einer groben Fahrlässigkeit auszugehen. Eine absolute Fahruntüchtigkeit könne auch angenommen werden, wenn zwar nicht eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille erreicht sei, aber bei einem geringfügig darunter liegenden Wert Ausfallerscheinungen hinzukämen. Solche seien hier zu bejahen, da der Kläger bei trockener Witterung und gerader Straße ohne sonstige äußere Einflüsse von der Fahrbahn abgekommen sei. Es sei von einem Schaden in Höhe von insgesamt 17.522,25 Euro auszugehen. Bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers sei aber von einer Haftungsbegrenzung auf drei Bruttomonatsvergütungen auszugehen, wenn zwischen Verdienst und dem Schadensrisiko der Tätigkeit ein deutliches Missverhältnis bestehe. Angesichts der immer wertvolleren Betriebsmittel, die im Arbeitsalltag zum Einsatz kämen, der zunehmenden Leistungsverdichtung am Arbeitsplatz und der gleichzeitig festzustellenden Gehaltsrückgänge bei vielen Beschäftigungsgruppen sei das grundgesetzliche Gebot der Existenzsicherung im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung stärker zu berücksichtigen. Auch sonst seien Regelwerte der Rechtsfortbildung nicht fremd. Ausgehend von einem Bruttomonatslohn von 2.762,50 Euro ergebe sich ein Schadensersatzanspruch der Klägerin von 8.287,50 Euro. Dieser Betrag sei nicht deshalb weiter zu mindern, weil die Klägerin keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen habe. § 81 Abs. 2 VVG, wonach bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles der Versicherer berechtigt sei, seine Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen, finde auf Arbeitnehmer keine(analoge) Anwendung. Der Arbeitnehmer sei nicht Repräsentant des Versicherungsnehmers, also des Arbeitgebers. Letztlich sei der Anspruch der Klägerin auch nicht verwirkt.

14

B. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

15

I. Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Ihr steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens in Höhe von 17.522,25 Euro zu.

16

1. Der Beklagte hat am 28. Juni 2008 gegen 3:20 Uhr einen Verkehrsunfall mit dem im Eigentum der Klägerin stehenden Lkw verursacht.

17

2. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beklagte den Unfall grob fahrlässig verursacht hat.

18

a) Im Falle einer absoluten Fahruntüchtigkeit (ab 1,1 Promille) nimmt die hM an, dass im Wege eines Anscheinsbeweises davon auszugehen ist, dass der Unfall infolge der Alkoholisierung herbeigeführt worden ist, wenn sich der Unfall in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können (BGH 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1995, 1029). Ist dieser Wert nicht überschritten, so bedarf es weiterer Feststellungen, zB Ausfallerscheinungen oder typischerweise durch Alkohol bedingter Fahrfehler, um auf eine Fahruntüchtigkeit schließen zu können (vgl. BGH 24. Februar 1988 - IVa ZR 193/86 - NJW 1988, 1846).

19

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, der Beklagte habe den Unfall infolge seiner Alkoholisierung verursacht. Zwar konnte beim Beklagten im Zeitpunkt des Unfallgeschehens nur eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,94 Promille nachgewiesen werden. Eine absolute Fahruntüchtigkeit, die idR die Annahme indiziert, der Unfall sei aufgrund des Alkoholkonsums verursacht worden, wurde daher nicht festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat aber mit Recht dennoch eine alkoholbedingte Unfallverursachung durch den Kläger angenommen. Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass an alkoholbedingte Ausfallerscheinungen umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je mehr sich die Blutalkoholkonzentration dem Grenzwert von 1,1 Promille nähert. Solche Ausfallerscheinungen seien vorliegend zu bejahen, weil der Beklagte bei trockener Witterung und gerader Straße von der Fahrbahn abgekommen sei, ohne dass hierfür eine andere Ursache als seine alkoholbedingte Fahrweise in Betracht zu ziehen gewesen sei. Soweit der Beklagte in der Revisionsinstanz vorträgt, es habe eine einfache Fahrsituation zum streitgegenständlichen Unfallzeitpunkt nicht vorgelegen, da er auf einer äußerst frequentierten Bundesautobahn mit ständigen Fahrspurwechseln und hierdurch indizierten Brems- und Ausweichmanövern der Kraftfahrzeuge gefahren sei, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Neuer Tatsachenvortrag ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich ausgeschlossen (§ 559 Abs. 1 ZPO). Überdies wäre dieser neue Tatsachenvortrag nicht geeignet, die vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen zur alkoholbedingten Unfallverursachung zu erschüttern. Denn zum einen spricht nichts dafür, dass das Berufungsgericht den Umstand, dass der Beklagte auf einer mehrspurigen und im Grundsatz stark befahrenen Autobahn unterwegs war, übersehen hat. Zum anderen passierte der Unfall um 3:20 Uhr nachts und damit zu einer Uhrzeit, bei der üblicherweise kein hohes Verkehrsaufkommen herrscht. Aus welchem konkreten Grund bei dem Unfallereignis keine leichte Fahrsituation vorgelegen haben soll, erläutert auch der Beklagte nicht. Umstände, die nur typischerweise auftreten können, aber nicht in der konkreten Situation aufgetreten sind, haben außer Betracht zu bleiben.

20

c) Der Begriff des Verschuldens und die einzelnen Grade des Verschuldens sind Rechtsbegriffe. Die Feststellung einer „Fahrlässigkeit“ ist durch die Revision nachprüfbar. Dabei steht dem Tatsachenrichter ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, da die Feststellung der Voraussetzungen im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegt. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob der Tatsachenrichter von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 20, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 136 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 3). Eine Aufhebung des Berufungsurteils darf nur erfolgen, wenn eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums durch den Tatsachenrichter festzustellen ist. Dagegen genügt es für eine Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils nicht, dass im Streitfalle auch eine andere Beurteilung als die des Landesarbeitsgerichts möglich ist und dass das Revisionsgericht, hätte es die Beurteilung des Verschuldensgrades selbst vorzunehmen, zu dem Ergebnis gekommen wäre, es liege ein anderer Verschuldensgrad als der vom Berufungsgericht angenommene vor (BAG 15. September 2011 - 8 AZR 846/09 - Rn. 43 mwN, AP BGB § 280 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 611 Krankenhausarzt Nr. 4). Das Verschulden des Schädigers muss sich dabei sowohl auf die pflichtverletzende Handlung als auch auf den Eintritt des Schadens beziehen (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 34 mwN, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2).

21

d) Bei der Beurteilung, der Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verursacht, ist dem Landesarbeitsgericht kein Rechtsfehler unterlaufen. Insoweit hat es sich im Rahmen des dem Tatrichter zustehenden Beurteilungsspielraums gehalten.

22

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 40, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2).

23

Dass sich ein unter starker Alkoholeinwirkung stehender Kraftfahrer nicht mehr ans Steuer seines Kraftfahrzeugs setzen darf und dass er durch ein Fahren in diesem Zustand andere Verkehrsteilnehmer, sich selbst und das von ihm genutzte Fahrzeug einer unverantwortlichen Gefährdung aussetzt, ist heute so sehr Allgemeingut, dass unbedenklich davon ausgegangen werden kann, dass bei fast jedem Kraftfahrer die Hemmschwelle für ein Fahren trotz erheblichen Alkoholgenusses stark heraufgesetzt ist. Der Fahrer, bei dem dies aus mangelnder Einsicht nicht der Fall ist, muss sich diese mangelnde Einsicht in der Regel als grobes Verschulden zurechnen lassen (vgl. BGH 22. Februar 1989 - IVa ZR 274/87 - zu 4 der Gründe, NJW 1989, 1612). Dass dieser Grundsatz für den Beklagten als Berufskraftfahrer im konkreten Falle in besonderem Maße gegolten hat, ist vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt worden. Insbesondere ist es rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass grob fahrlässiges Verhalten vorliegt, obwohl zum Zeitpunkt des Unfalls keine absolute Fahruntüchtigkeit (diese läge bei 1,1 Promille Blutalkoholkonzentration vor) nachweisbar war. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht zulässigerweise auf das Vorliegen von Ausfallerscheinungen beim Beklagten abgestellt.

24

3. Rechtsfehlerhaft ist es jedoch, dass das Landesarbeitsgericht im Falle einer groben Fahrlässigkeit und einem deutlichen Missverhältnis zwischen Arbeitsentgelt und Schadensrisiko eine starre Haftungsobergrenze von drei Bruttomonatsverdiensten annimmt.

25

a) Nach den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätzen (27. September 1994 - GS 1/89 (A) - BAGE 78, 56 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 103 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 59) hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfange zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen. Der Umfang der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist durch eine Abwägung der Gesamtumstände zu bestimmen, wobei insbesondere Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 18, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 136 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 3).

26

Damit können grundsätzlich auch bei einer groben Fahrlässigkeit Haftungserleichterungen im Einzelfalle in Betracht kommen. Ob eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit diese zu gehen hat, ist aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, die der Tatrichter nach Feststellung aller hierfür maßgebenden Umstände (§ 286 ZPO) nach § 287 ZPO vornehmen muss(BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 41, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2). Von Bedeutung kann dabei sein, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht (BAG 12. November 1998 - 8 AZR 221/97 - zu II 3 a der Gründe mwN, BAGE 90, 148 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 117 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 66).

27

b) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht abgewichen und hat angenommen, bei einem grob fahrlässigen Verhalten des Arbeitnehmers und einem deutlichen Missverhältnis zwischen Verdienst und dem Schadensrisiko sei die Haftung des Arbeitnehmers grundsätzlich auf höchstens drei Bruttomonatsvergütungen zu beschränken. Eine solche Haftungsobergrenze bejaht der Senat nicht.

28

aa) Trotz Stimmen in der Literatur (Griese NZA 1996, 803, 808; Küttner/Griese Personalbuch 2012 19. Aufl. Stichwort Arbeitnehmerhaftung Rn. 16; Hanau/Rolfs NJW 1994, 1439, 1442; Lipperheide BB 1993, 720, 724 f.; Sommer NZA 1990, 837, 840), die eine solche Haftungshöchstgrenze befürworten, hat das Bundesarbeitsgericht in st. Rspr. eine summenmäßige Begrenzung der Haftung des Arbeitnehmers abgelehnt und dies im Wesentlichen damit begründet, die Entscheidung über eine solche starre Haftungshöchstgrenze müsse dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 25 mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 136 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 3). Dem ist die überwiegende Meinung in der Literatur gefolgt (MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 51 Rn. 38; Waltermann RdA 2005, 98, 105; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 619a Rn. 36; HWK/Krause 5. Aufl. § 619a BGB Rn. 33; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 59 Rn. 52).

29

bb) Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Das Landesarbeitsgericht argumentiert, es dürfte sich mittlerweile eine Rechtsüberzeugung dahin gehend entwickelt haben, sich verstärkt festen Haftungsgrenzen zu öffnen. Dies ist nicht nachvollziehbar. Der Gesetzgeber, dessen Aufgabe die Festlegung bestimmter Haftungsobergrenzen wäre, hat bislang keinen Anlass gesehen, tätig zu werden. Es mag zwar sein, dass Instanzgerichte mehrfach eine Haftungsbegrenzung auf drei Bruttomonatsverdienste im Falle einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung angenommen haben. Es ist dem Tatrichter - dann aber unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - nach Abwägung aller Umstände unbenommen, zu dem Ergebnis zu gelangen, im Einzelfalle sei es dem Arbeitnehmer nur zumutbar, in Höhe von drei Bruttomonatsvergütungen zu haften. Der Senat hat Urteile von Landesarbeitsgerichten bestätigt, die nach einer Abwägung im Einzelfalle zu dem Ergebnis gekommen waren, dem Arbeitnehmer sei eine Haftung nur in einer bestimmten Höhe zumutbar (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 24 ff., AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 136 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 3: Haftung in Höhe eines Jahresgehalts; 23. Januar 1997 - 8 AZR 893/95 - zu I 4 der Gründe, NZA 1998, 140: Haftung in Höhe von knapp sechs Bruttomonatsverdiensten). Dabei ist er bei einer grob fahrlässig begangenen Pflichtverletzung davon ausgegangen, dass auch eine Haftung in Höhe von 3,5 Bruttomonatsgehältern dem Arbeitnehmer zuzumuten sein kann (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 42, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2; 12. November 1998 - 8 AZR 221/97 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 90, 148 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 117 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 66). Eine Haftungsbegrenzung auf drei Bruttomonatsverdienste ist in diesen Fällen im Sinne einer losgelöst vom Einzelfall stets geltenden Höchstgrenze nicht angenommen worden.

30

Auch das im GG verankerte Recht auf Existenzsicherung (Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 1 GG) gebietet es nicht, feste Haftungshöchstgrenzen einzuführen. Ein unzumutbares Missverhältnis zwischen der Schadenshöhe und dem Einkommen des Arbeitnehmers kann nämlich nach der Rechtsprechung des Senats auch bei grober Fahrlässigkeit zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt und somit eine existenzbedrohende Haftung vermieden werden.

31

Eine starre Haftungsgrenze wäre auch mit der dogmatischen Herleitung der Beschränkung der Haftung im Arbeitsverhältnis nicht zu vereinbaren. Der Rechtsgedanke des § 254 BGB, der eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles erfordert, schließt feste summenmäßige Haftungsbeschränkungen aus(BAG 12. Oktober 1989 - 8 AZR 276/88 - zu II 2 e der Gründe, BAGE 63, 127 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 97 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 23).

32

Eine generelle Haftungsobergrenze im Falle einer grob fahrlässig begangenen Pflichtverletzung würde schließlich auch nicht hinreichend berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer Haftungsbegrenzung auch im Falle einer groben Fahrlässigkeit vor allem damit begründet wird, dass der Arbeitnehmer vor Schäden, die ihn in seiner Existenz bedrohen, geschützt werden müsse. Solange es dem Arbeitnehmer aber möglich und zumutbar ist, von seinem Lohn den verursachten Schaden vollumfänglich zu begleichen, ist auch keine Einschränkung der Haftung im Falle einer groben Fahrlässigkeit angezeigt (vgl. BAG 12. Oktober 1989 - 8 AZR 276/88 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 63, 127 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 97 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 23).

33

Eine feste summenmäßige Begrenzung wäre zudem ein unzulässiger Akt richterlicher Rechtsfortbildung. Der Gesetzgeber hat seit dem Urteil des Senats vom 12. Oktober 1989 (- 8 AZR 276/88 - BAGE 63, 127 = AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 97 = EzA BGB § 611 Gefahrgeneigte Arbeit Nr. 23) keine Haftungsobergrenze festgesetzt. Wenn der Gesetzgeber mehr als 20 Jahre von einer solchen Regelung Abstand nimmt, erscheint es angebracht, dass dieses „beredte Schweigen“ jedenfalls insofern respektiert wird, als Obergrenzen vom Gesetzgeber sozialpolitisch nicht für notwendig erachtet werden und daher für deren Einführung durch die Gerichte besonders schwerwiegende Gründe vorliegen müssen. Solche sind aber nicht ersichtlich. Im Gegenteil lässt das bestehende System im Einzelfalle gerechte Ergebnisse zu, bei denen eine Existenzgefährdung des Arbeitnehmers vermieden werden kann.

34

cc) Das Berufungsgericht hat damit zu Unrecht angenommen, die Haftung des Beklagten sei auf drei Bruttomonatslöhne beschränkt. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landesarbeitsgericht einen anderen (größeren) Haftungsumfang angenommen hätte, wenn es seiner Entscheidung diese Haftungsobergrenze nicht zugrunde gelegt hätte. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Revisionsgericht kann die erforderliche Abwägung, die vor allem auf tatsächlichem Gebiet stattfindet, nicht selbst treffen. Denn es ist zuvorderst Sache des Tatrichters, nach einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles (§ 286 ZPO) festzustellen, ob und wenn ja, in welchem Umfange eine Haftungserleichterung zugunsten des Arbeitnehmers eingreifen soll. Ihm steht dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 8 AZR 250/06 - Rn. 41, AP BGB § 254 Nr. 15 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerhaftung Nr. 2).

35

II. Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet, weil sich die durch das Landesarbeitsgericht getroffene Entscheidung über die Höhe der Haftung als rechtsfehlerhaft darstellt und diese unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze erneut durch das Berufungsgericht - ggf. für den Beklagten günstiger - erfolgen muss.

36

Soweit der Beklagte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zur Begründetheit der einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen wegen der Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden Sachen beanstandet, greifen seine Rügen der fehlerhaften Rechtsanwendung allerdings nicht durch.

37

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, § 81 Abs. 2 VVG lasse die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung unberührt. Der Gesetzgeber hat mit dieser zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Vorschrift das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ durch eine Quotelung ersetzt, um im Einzelfalle Entscheidungen zu ermöglichen, die den jeweiligen Schutzinteressen des Versicherungsnehmers Rechnung tragen (BT-Drucks. 16/3945 S. 80). Anders als zuvor soll der Versicherer im Falle einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles nicht mehr automatisch von der Leistungspflicht befreit werden.

38

Eine Berücksichtigung der auf der Grundlage von § 81 Abs. 2 VVG festgesetzten Quote im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung würde dem Grundsatz widersprechen, dass sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der Versicherung richtet(sog. Trennungsprinzip, vgl. BGH 27. Oktober 2009 - VI ZR 296/08 - Rn. 14, NJW 2010, 537). Die Frage, mit welcher Quote der Arbeitnehmer haftet, kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht davon abhängen, ob und in welchem Umfang die Versicherung bei einem grob fahrlässigen Verhalten ihre Leistung gegenüber dem Versicherungsnehmer kürzt.

39

§ 81 Abs. 2 VVG ist auch nach seinem Sinn und Zweck nicht zugunsten des Arbeitnehmers anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte erkennbar eine Besserstellung des Versicherungsnehmers erreichen. Dieser zahlt schließlich auch die Prämien. Es ist nicht ersichtlich, dass er auch eine Besserstellung des den Versicherungsfall herbeiführenden Fahrers bezweckt, wenn dieser nicht zugleich Versicherungsnehmer ist (vgl. Keysers/Nugel NJW-Special 2008, 681). Dies läge auch fern, da zwischen dem Fahrer und der Versicherung keine Sonderverbindung besteht. Im Übrigen ist der Arbeitnehmer ausreichend über die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung geschützt. Zu einer weiteren Besserstellung über § 81 Abs. 2 VVG besteht kein Anlass.

40

2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht die einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen wegen der Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden Sachen (§ 823 Abs. 1 BGB) als begründet anerkannt.

41

a) Ursprünglich hat die Klägerin Reparaturkosten für den Lkw anhand des Sachverständigengutachtens in Höhe von 8.377,32 Euro geltend gemacht. Später hat sie den Schaden auf die tatsächlich entstandenen Reparaturkosten in Höhe von 3.991,14 Euro beschränkt. Nachdem für die Zahlungen schriftliche Bestätigungen des Geschäftsführers S vorgelegt worden sind, begegnet es keinen Bedenken, wenn die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass Reparaturkosten in dieser Höhe entstanden und von der Klägerin auch bezahlt worden sind. Der Beklagte äußert nur unsubstantiiert den Verdacht, es sei eine Gefälligkeitsrechnung gestellt worden, weil beide Firmen miteinander „betrieblich verwoben“ seien. Die Klägerin muss sich auch nicht, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, darauf verweisen lassen, günstigere gebrauchte Ersatzteile einbauen zu lassen (Knerr in Geigel Der Haftpflichtprozess 26. Aufl. 3. Kapitel Rn. 33).

42

Entsprechendes gilt für die Reparatur des Anhängers in Höhe von 2.701,48 Euro.

43

b) Die Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 718,20 Euro sind nach § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Dabei kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigengutachtens für geboten erachten durfte. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Geschädigte nicht in der Lage ist, seinen Schaden zu beziffern (BGH 11. Januar 2012 - IV ZR 251/10 - Rn. 15, NJW-RR 2012, 724). Angesichts des Schadensausmaßes und des Umstandes, dass die Klägerin ein Transportgewerbe, aber kein Kfz-Reparaturgewerbe betreibt, erscheint es unproblematisch, dass sie einen Sachverständigen hinzuziehen durfte. Die zeitnahe Geltendmachung der Schadensersatzforderung war schon aufgrund der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist geboten. Es schadet daher auch nicht, dass die Klägerin die Abrechnung des Schadens später auf die tatsächlich angefallenen Kosten beschränkt und nicht mehr eine Abrechnung auf der Grundlage des Gutachtens vorgenommen hat.

44

c) Auch die Schadensposition in Höhe von 434,52 Euro wegen sog. Vorhaltekosten für vier Tage ist ersatzfähig. Die Schadenshöhe ist nach § 287 ZPO nach den betriebswirtschaftlichen Kosten der Reservehaltung für fremdverschuldete Ausfälle zu schätzen(Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 249 Rn. 62 mwN). Dabei darf auf eine tabellarische Berechnung, wie sie bei Danner/Echtler (VersR 1984, 820 ff.) entwickelt worden ist, zurückgegriffen werden. Dies hat die Klägerin offensichtlich auch getan. Die Grundlagen der Berechnung sind zwar nicht offen gelegt. Die Annahme von 108,63 Euro pro Tag erscheint aber nicht als überhöht und hält sich in dem den Vorinstanzen zukommenden Beurteilungsspielraum nach § 287 ZPO.

45

d) Die Bergungskosten in Höhe von 4.461,66 Euro sind adäquat kausal durch die Eigentumsverletzung am Lkw bzw. Anhänger verursacht worden und vom Schutzzweck der Norm aus betrachtet auch ersatzfähig nach § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB. Der Beklagte wendet ein, die Bergung sei üblicherweise durch eine Versicherung abgedeckt. Dabei übersieht er, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, für ein vom Arbeitnehmer genutztes Firmenfahrzeug eine Vollkaskoversicherung abzuschließen (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 647/09 - Rn. 53 mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4), und dass dies entsprechend auch für einen mit einer Vollkaskoversicherung vergleichbaren Autoschutzbrief gilt.

46

e) Aus revisionsrechtlicher Sicht ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen den Schaden an der Wechselbrücke in Höhe von 3.850,00 Euro als erstattungsfähig berücksichtigt haben.

47

f) Schließlich ist die Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 Euro ebenfalls ersatzfähig (BGH 4. Mai 2011 - VIII ZR 171/10 - Rn. 27, NJW 2011, 2871). Es hält sich regelmäßig im Schätzungsermessen des Tatsachengerichts (§ 287 Abs. 1 ZPO), wenn es eine solche Pauschale zugunsten des Geschädigten ansetzt.

48

3. Die Schlussfolgerung des Landesarbeitsgerichts, die Ansprüche der Klägerin seien nicht verwirkt, weil der Beklagte keine Umstände vorgetragen habe, aus denen sich sein Vertrauen rechtfertigen könnte, nach dem Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 10. März 2009 nicht mehr gerichtlich in Anspruch genommen zu werden, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, dh. ob sowohl das für den Eintritt der Verwirkung erforderliche Zeitmoment als auch das erforderliche Umstandsmoment vorliegen, unterliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten. Diese haben den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob das Gericht der Tatsacheninstanz alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 885/08 - Rn. 30 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Annahme des Berufungsgerichts, allein der Zeitablauf zwischen dem Schreiben der Klägerin vom 10. März 2009 und der Klageerhebung ohne das Hinzutreten weiterer Umstände führe nicht zur Verwirkung des Schadensersatzanspruchs.

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4. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht im Weiteren auch Folgendes zu berücksichtigen haben:

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a) Der Selbstbehalt in Höhe von 1.340,25 Euro der Haftpflichtversicherung für die beschädigten Waren des Kunden ist grundsätzlich ersatzfähig (§ 280 Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag).

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b) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden Sachen (§ 823 Abs. 1 BGB) scheitert dem Grunde nach nicht an der vertraglichen Ausschlussfrist. Allerdings erscheint es möglich, dass der Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch den Selbstbehalt der Transporthaftpflichtversicherung in Höhe von 1.340,25 Euro bei der Klägerin eingetreten ist, verfallen ist. Dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben, sofern es hierauf ankommt, dh. das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten in einer Höhe annehmen möchte, bei der auch dieser Schadensposition Bedeutung zukommt.

52

c) Die Parteien haben eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart. Nach dieser müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Bleibt dies erfolglos, verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten gerichtlich geltend gemacht werden.

53

Die Regelung unter Ziffer 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags nimmt allerdings solche Ansprüche von dem Verfall aus, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ob diese Ausnahme auch für vertragliche Ansprüche (§ 280 Abs. 1 BGB iVm. dem Arbeitsvertrag), die auf ein Unfallgeschehen, bei dem Rechtsgüter iSv. § 823 Abs. 1 BGB verletzt worden sind, gilt oder ob sie nur für Ansprüche aus Deliktsrecht(§§ 823 ff. BGB) gelten sollte, ist eine Frage der Auslegung. Die Auslegung von Willenserklärungen ist zuvorderst Sache der Tatsachengerichte. Die Klägerin macht im Wesentlichen Schäden geltend, die aus einer Verletzung ihres Eigentums resultieren (§ 823 Abs. 1 BGB). Sowohl der Lkw als auch der Anhänger und die Wechselbrücke standen in ihrem Eigentum. Anders verhält es sich aber mit dem Ersatzanspruch wegen des Selbstbehalts in Höhe von 1.340,25 Euro, der durch die Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherung für die beschädigten Waren entstanden ist. Für deren Verletzung haftet der Beklagte der Klägerin nicht unter dem Gesichtspunkt einer Eigentumsverletzung. Dass die transportierten Waren im Eigentum der Klägerin gestanden haben, ist nicht ersichtlich. Mangels Verletzung eines eigenen Rechtsguts könnte die Klägerin von dem Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB deshalb keinen Ersatz für den Schaden verlangen, der durch die Geltendmachung des Selbstbehalts nach Schadensregulierung durch die Versicherung entstanden ist.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    F. Avenarius    

        

    Andreas Henniger    

                 

Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich und widerrechtlich den bei dem Dritten eingetretenen Schaden herbeigeführt hat.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

(1) Besteht die Versicherung für ein Unternehmen, erstreckt sie sich auf die Haftpflicht der zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen sowie der Personen, die in einem Dienstverhältnis zu dem Unternehmen stehen. Die Versicherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen.

(2) Wird das Unternehmen an einen Dritten veräußert oder auf Grund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses von einem Dritten übernommen, tritt der Dritte an Stelle des Versicherungsnehmers in die während der Dauer seiner Berechtigung sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. § 95 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 96 und 97 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.