Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 02. Dez. 2011 - 9 Sa 440/11

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2011:1202.9SA440.11.0A
bei uns veröffentlicht am02.12.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2011, Az.. 7 Ca 1815/10, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Für den Kläger wird die Revision zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei einem privaten Arbeitgeber im Rahmen der Anwendung des § 7 Abs. 2 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18.07.2001 in der Fassung des zweiten Änderungstarifvertrages vom 04.12.2007 (im Folgenden: TV UmBw).

2

Der Kläger ist seit dem 01.02.1991 bei der Beklagten im Wachdienst beschäftigt. Zuvor war er vom 05.05.1989 bis einschließlich 31.01.1991 im Wachdienst bei einem privaten Bewachungsunternehmen tätig. Der Kläger behauptet insoweit, er habe auch während seiner Beschäftigung bei diesem privaten Bewachungsunternehmen im Auftrag des Innenministeriums vom 05.05.1989 bis 31.01.1991 einen Regierungsbunker bewacht.

3

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten finden die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst, darunter der TVöD und der TV UmBw, Anwendung. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen dieses Tarifvertrags vom 18.07.2001 lauten wie folgt:

4

Präambel

5

Die Tarifvertragsparteien bekräftigen ihre Absicht, die mit dem erforderlichen Umstrukturierungsprozess verbundenen personellen Maßnahmen sozial ausgewogen auszugestalten. …

6

§ 1 Geltungsbereich.

7

(1) Abschnitt I dieses Tarifvertrages gilt für die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend Beschäftigte), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen und deren Arbeitsplätze in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 31. Dezember 2010 durch Auflösung oder Verkleinerung von Dienststellen oder durch eine wesentliche Änderung des Aufbaus oder der Aufgaben einer Dienststelle einschließlich damit verbundener Umgliederung oder Verlegung auf Grund der Neuausrichtung der Bundeswehr wegfallen. …

8

§ 3 Arbeitsplatzsicherung.

9

(1) Betriebsbedingte Beendigungskündigungen auf Grund von Maßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 1 sind für die Laufzeit dieses Tarifvertrages ausgeschlossen.

10

(2) Soweit der Wegfall von Arbeitsplätzen nicht im Rahmen der normalen Fluktuation aufgefangen werden kann, ist der Arbeitgeber nach Maßgabe der folgenden Kriterien zur Arbeitsplatzsicherung verpflichtet. Die/der Beschäftigte kann eine Abweichung von der Reihenfolge nach den Absätzen 4 bis 7 verlangen. …

11

4) In erster Linie ist der/dem Beschäftigten ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz im Bundesdienst zu sichern. Ein Arbeitsplatz ist gleichwertig, wenn sich durch die neue Tätigkeit die bisherige Eingruppierung nicht ändert und die/der Beschäftigte in der neuen Tätigkeit vollbeschäftigt bzw. im bisherigen Umfang nicht vollbeschäftigt bleibt. …

12

Steht ein gleichwertiger Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, soll die/der Beschäftigte entsprechend fortgebildet oder umgeschult werden, wenn ihr/ihm dadurch ein nach Möglichkeit gleichwertiger Arbeitsplatz bei einer Dienststelle des BMVg bzw. im sonstigen Bundesdienst zur Verfügung gestellt werden kann.

13

(5) Kann der/dem Beschäftigten kein gleichwertiger Arbeitsplatz nach Absatz 4 gesichert werden, hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob ihr/ihm bei einer anderen Dienststelle im Bundesdienst ein anderer Arbeitsplatz angeboten werden kann. …

14

(6) Kann der/dem Beschäftigten kein Arbeitsplatz im Bundesdienst gesichert werden, hat sich der Arbeitgeber um einen anderen nach Möglichkeit gleichwertigen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes an demselben Ort oder in dessen Einzugsgebiet – auf Wunsch der/des Beschäftigten auch an einem anderen Ort – zu bemühen.

15

(7) Kann der/dem Beschäftigten kein Arbeitsplatz im Sinne der vorstehenden Absätze angeboten werden, unterstützt der Arbeitgeber die Beschäftigte/den Beschäftigten bei der Suche nach einem anderen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes (Anhang) vorzugsweise an demselben Ort oder in dessen Einzugsgebiet. …

16

§ 7 Ergänzung der Einkommenssicherung.

17

A. Beschäftigte im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten.

18

(1) Beschäftigte, die bis zu dem Tag vor Aufnahme der neuen Tätigkeit (§ 3) mindestens ein Jahr ununterbrochen im Feuerwehr- oder Wachdienst oder als Besatzungsmitglied von Binnen- und Seefahrzeugen und von schwimmenden Geräten beschäftigt und Entgelt nach

19

– § 46 TVöD-BT-V (Bund),

20

– dem Tarifvertrag über die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit des im Arbeiterverhältnis stehenden Wachpersonals im Bereich des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom 28. November 1967,

21

– dem Tarifvertrag über die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit des im Angestelltenverhältnis stehenden Wachpersonals im Bereich des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom 12. Januar 1971

22

erhalten haben und deren Arbeitszeit durch den Wechsel der Beschäftigung wesentlich vermindert wird, erhalten – ggf. neben der Einkommenssicherung nach § 6 – eine Zulage in Höhe des auf die weggefallene, über die regelmäßige Arbeitszeit i.S.d. § 6 Abs. 1 TVöD hinaus gegangene Arbeitszeit, entfallende anteilige Tabellenentgelt i.S.d. Protokollerklärung zu § 8 Absatz 1 Satz 1 TVöD.

23

(2) Die Zulage vermindert sich je nach Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung im Feuerwehr- oder Wachdienst oder auf Seefahrzeugen wie folgt: Bei einer Beschäftigung

24

a) von weniger als fünf Jahren entfällt die Zulage bei der allgemeinen Entgelterhöhung,

25

b) von mindestens fünf, jedoch weniger als zehn Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils die Hälfte bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

26

c) von mindestens zehn, jedoch weniger als 15 Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils ein Drittel bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

27

d) von mindestens 15 Jahren vermindert sich die Zulage um jeweils ein Viertel bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung,

28

die auf die erste allgemeine Entgelterhöhung nach dem Tag der Aufnahme der neuen Tätigkeit folgt. Bei der Verminderung der Zulage ist von deren ursprünglicher Höhe auszugehen. Bei einer ununterbrochenen Beschäftigung von mehr als 20 Jahren im Feuerwehr- oder Wachdienst oder auf Binnen- und Seefahrzeugen und schwimmenden Geräten wird ein Restbetrag in Höhe von 30 v.H. des Ausgangsbetrages der persönlichen Zulage nicht abgebaut. …

29

Der Kläger hat zum 01.01.2010 eine neue Tätigkeit im Sinne des § 3 TV UmBw aufgenommen, die mit einer Einkommensreduzierung verbunden ist. Mit Schreiben vom 20.05.2010 hat die Beklagte die Zulage zur Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 a Abs. 1 TV UmBw auf 771,78 EUR festgesetzt und zugleich eine Dauer der Beschäftigung von 18 Jahren (01.02.1992 bis 01.01.2010) festgestellt.

30

Der Kläger vertritt die Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, den Zeitraum seiner Beschäftigung bei dem privaten Bewachungsunternehmen bei der Ermittlung der Beschäftigungszeit nach § 7 a Abs. 2 TV UmBw mit der Folge anzurechnen, dass sich im Ergebnis eine Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren ergebe.

31

Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.05.2011, Az: 7 Ca 1815/10 (Bl. 55 ff. d. A.).

32

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zugunsten des Klägers eine ununterbrochene Beschäftigung im Sinne des § 7 TV UmBw von mehr als 20 Jahren festzusetzen, abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

33

Im Rahmen des § 7 a Abs. 2 TV UmBw seien nur Beschäftigungszeiten bei demselben öffentlichen Arbeitgeber zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Bestimmungen. § 7 a Abs. 2 TV UmBw verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Verbot der Altersdiskriminierung.

34

Soweit der Kläger behaupte, die für ihn zuständige Personalsachbearbeiterin habe ihm seinerzeit zugesagt, dass die Beschäftigungszeiten bei dem privaten Bewachungsunternehmen berücksichtigt würden, habe der Kläger nicht dargelegt, dass die Personalsachbearbeiterin hierfür die erforderliche Kompetenz besessen habe. Ferner sei die für eine solche Zusicherung nach § 2 Abs. 3 TVöD erforderliche Schriftform nicht eingehalten worden.

35

Auch ein Anspruch in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bestehe nicht. Soweit der Kläger sich auf die Berücksichtigung privater Vordienstzeiten bei den Arbeitnehmern G. und D. berufe, sei dies im Rahmen der Eingruppierung nach § 16 Abs. 3 TVöD und damit in Anwendung unterschiedlicher tarifvertraglicher Regelungen erfolgt. Diese unterschiedliche Behandlung im Rahmen der genannten tarifvertraglichen Bestimmungen sei auch nicht willkürlich.

36

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 30.06.2011 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 25.07.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 05.08.2011, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 08.08.2011, begründet.

37

Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 88 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

38

Die im privaten Wachdienst zurückgelegte Vorbeschäftigungszeit sei im Rahmen der Anwendung des § 7 a TV UmBw zu berücksichtigen. Weder in § 7 a Abs. 2 TV UmBw, noch in dem gesamten Tarifvertrag gebe es Anhaltspunkte dafür, dass bei der Festsetzung der Beschäftigungszeit nur Beschäftigungszeiten im Wachdienst bei demselben öffentlichen Arbeitgeber zu berücksichtigen seien. Die Auslegung der §§ 7 a Abs. 2 TV UmBw sei nicht eindeutig und umstritten, so dass das Arbeitsgericht verpflichtet gewesen wäre, eine Tarifauskunft einzuholen. In der Auslegung des Arbeitsgerichts verstoße § 7 a Abs. 2 TV UmBw auch gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Differenzierung zwischen Mitarbeitern mit privaten Vordienstzeiten und solchen ohne private Vordienstzeiten stelle sich als sachfremde Benachteiligung dar und führe zu einem unangemessenen, mit dem Gesichtspunkt materieller Gerechtigkeit nicht vereinbarenden Ergebnis.

39

§ 7 a Abs. 2 TV UmBw beinhalte auch eine mittelbare Altersdiskriminierung, die nicht nach Maßgabe des § 10 AGG gerechtfertigt sei.

40

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgericht ergebe sich ein Anspruch auch aus der Zusage der seinerzeitigen Personalsachbearbeiterin, die für eine solche Zusage auch die erforderliche Kompetenz besessen habe. Bei dieser Zusage habe es sich auch nicht nur um eine Nebenabrede im Sinne des § 2 Abs. 3 TVöD, sondern um eine Hauptabrede gehandelt, so dass die Annahme einer Zusicherung auch nicht wegen Nichtwahrung der für Nebenabreden vorgesehenen Schriftform scheitere.

41

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch einen Verstoß gegen den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verneint.

42

Der Kläger beantragt,

43

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.05.2011, Az: 7 Ca 1815/10, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, zu Gunsten des Klägers eine ununterbrochene Beschäftigung von mehr als 20 Jahren festzusetzen.

44

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 30.09.2011, auf den Bezug genommen wird (Bl. 118 ff. d. A.) als zutreffend.

45

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

46

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und -auch inhaltlich ausreichend- begründet.

II.

47

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

48

1. Ungeachtet der weitergehenden Formulierung seines Berufungsantrags bezieht sich die begehrte Festsetzung einer ununterbrochenen Beschäftigung auf eine ununterbrochene Beschäftigung im Sinne des § 7 A Abs. 2 TV UmBw. Der Kläger verfolgt erkennbar sein erstinstanzliches Begehren weiter. Dieses bezog sich aber nicht auf eine generelle Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten, sondern auf eine solche im Rahmen des § 7 A Abs. 2 TV UmBw.

49

2. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Rahmen des § 7 A Abs. 2 TV UmBw zur Feststellung der Dauer der ununterbrochenen Beschäftigung Vorbeschäftigungszeiten bei einem privaten Arbeitgeber grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Dies ergibt eine Auslegung in Anwendung der vom Arbeitsgericht zutreffend dargestellten Grundsätze der Auslegung von Tarifverträgen.

50

In systematischer Hinsicht ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 7 Abs. 2 TV UmBw offensichtlich an § 7 A Abs. 1 TV UmBw anknüpft und damit auch an die dort vorausgesetzte Beschäftigung. Bei dieser handelt es sich jedoch um eine solche bei einem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, was daraus deutlich wird, dass Voraussetzung der Erhalt einer Vergütung nach den dort genannten Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes ist.

51

Der Einholung einer Tarifauskunft bedurfte es nicht. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Auslegung zu einem zweifelsfreien Ergebnis führt, so dass schon deshalb die Einholung einer Tarifauskunft ausscheidet (vgl. BAG 14.9.2011 -10 AZR 358/10-, juris). Eine Tarifauskunft darf darüber hinaus nicht auf die Beantwortung der prozessentscheidenden Rechtsfrage gerichtet sein (BAG 18.08.1999 - 4 AZR 247/98- EzA § 3 TVG Nr 17).

52

3. Ein Verstoß des § 7 A Abs. 2 TV UmBw gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor und folgt nicht daraus, dass die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer mit Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst und solche Mitarbeiter, die Vordienstzeiten bei einem privaten Arbeitgeber aufweisen, unterschiedlich behandeln. Zwar verpflichtet die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte die Arbeitsgerichte dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Den Tarifvertragsparteien steht jedoch aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BAG 18.03.2010 -6 AZR 156/09- EzA Art 3 GG Nr 108). Dieser Gestaltungsspielraum wird vorliegend nicht überschritten. Nach der Präambel des TV UmBw sollen durch die Regelungen des Tarifvertrags die mit dem erforderlichen Umstrukturierungsprozess verbundenen personellen Maßnahmen sozial ausgewogen ausgestaltet werden. Den Tarifvertragsparteien steht dabei ein weiter Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Frage zu, welche durch derartige Umstrukturierungen bedingte Nachteile in welchem Umfang ausgeglichen werden. Wenn die Tarifvertragsparteien insoweit durch § 7 A Abs. 2 TV UmBw durch das Merkmal der ununterbrochenen Beschäftigung bei demselben (öffentlichen) Arbeitgeber auf den bei der Beklagten erworbenen sozialen Besitzstand abstellen, ist dies nicht sachwidrig.

53

4. § 7 A Abs. 2 TV UmBw verstößt auch nicht gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG.

54

Es ist bereits zweifelhaft, ob eine hier allein in Betracht kommende mittelbare Benachteiligung von Arbeitnehmern wegen ihres Alters im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG vorliegt, da der von der Beschäftigungszeit abhängige Umfang der Verminderung der Zulage Mitarbeiter aller Alterstufen betreffen kann (vgl. LAG Köln 21.3.2011 -2 Sa 1246/10-, juris).

55

Jedenfalls aber ist die tarifvertraglich getroffene Regelung nach § 10 Satz 1 und 2 AGG zulässig.

56

§ 10 AGG hat Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG unionsrechtskonform umgesetzt. Der Gesetzgeber hat die möglichen Rechtfertigungsgründe zunächst in § 10 Satz 1 und 2 AGG in Form einer Generalklausel umschrieben, die mit der des Art. 6 Abs. 1 nahezu wortgleich ist. Auch die Generalklausel in § 10 Satz 1 und 2 AGG ist unionsrechtskonform. Der Gesetzgeber kann über eine solche Regelung Tarif-, Betriebsparteien oder auch einzelnen Arbeitgebern Ermessens- und Gestaltungsbefugnisse bei der Festlegung von Zielen, die als rechtmäßig iSv. Art. 6 der Richtlinie angesehen werden können, einräumen und damit den Arbeitgebern bei der Verfolgung der in der Umsetzungsnorm genannten rechtmäßigen Ziele eine gewisse Flexibilität gewähren (BAG 25.02.2010 -6 AZR 911/08- EzA § 10 AGG Nr 3).

57

Das mit der tariflichen Regelung verfolgte Ziel besteht darin, die Nachteile auszugleichen, die aufgrund einer wesentlichen Verminderung der Arbeitszeit eintreten und damit in einer begrenzten Verdienstsicherung. Hierbei handelt es sich zunächst um ein legitimes Ziel. Die Begünstigung einer längeren Dauer einer im Sinne des § 7 A Abs. 2 TV UmBw ununterbrochenen Beschäftigung durch eine weniger hohe Verminderung der Zulage ist zur Erreichung dieses Ziels angemessen. Je länger eine Vergütung in bestimmter Höhe gezahlt wurde, um so mehr und verfestigter wird ein Arbeitnehmer seinen Lebensstandard hierauf ausgerichtet haben, so dass es angemessen ist, einen längeren Übergangszeitraum vorzusehen, um sich auf die geänderte Situation einzustellen. Die Berufungskammer teilt auch die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtungsweise davon ausgehen durften, dass sich mit der Dauer der Beschäftigungszeit die Möglichkeiten, der eintretenden Einkommensverminderung durch einen Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber Rechnung zu tragen, erschweren. Jüngere Mitarbeiter mit einer weniger hohen Betriebszugehörigkeit haben in der Regel größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und können sich deshalb leichter entschließen, das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu beenden, um ihre besseren Chancen am Arbeitsmarkt zu nutzen und die Vergütungseinbußen durch Wechsel des Arbeitgebers aufzufangen. Mitarbeiter mit einer längeren Betriebszugehörigkeit müssen regelmäßig für eine evt. bessere Bezahlung bei einem anderen Arbeitgeber einen hohen sozialen Besitzstand aufgeben. Ihre bisherige Betriebstreue müssten sie vollständig aufgeben, um bei einem anderen Arbeitgeber eine verbesserte Vergütung zu erzielen. Dies ist für jüngere und weniger lang beschäftigte Mitarbeiter nicht in gleicher Weise belastend, wie für ältere und langjährig beschäftigte Mitarbeiter, die eine oft für andere Arbeitgeber nicht förderliche Spezialisierung auf den bisherigen Arbeitsplatz aufweisen (LAG Köln 21.3.2011, aaO.).

58

5. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus der von ihm behaupteten Zusicherung der Personalsachbearbeiterin P., die Beschäftigungszeiten, die der Kläger bei dem privaten Wachdienst zurückgelegt hatte, bei der Festlegung der Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen.

59

Der Sachvortrag des Klägers hierzu ist bereits nicht ausreichend konkret und lässt nicht erkennen, aufgrund welcher Umstände der Kläger von einer entsprechenden Zusicherung im Sinne einer vertraglichen Verpflichtung hat ausgehen können. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nur die tariflichen Leistungen gewähren will. Der Kläger hätte somit nur dann von der Begründung eines tarifunabhängigen Anspruchs durch eine entsprechende Zusicherung ausgehen können, wenn die Frage, ob die vom Kläger für sich reklamierte Berücksichtigung der Vorbeschäftigungszeit im Rahmen des § 7 A Abs. 2 TV UmBw zu berücksichtigen ist, im Rahmen des behaupteten Gesprächs zumindest problematisiert worden wäre und deshalb Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass durch eine solche Zusicherung auch unabhängig von der tariflichen Situation eine Anerkennung der Vorbeschäftigungszeiten erfolgen sollte. Ohne derartige Anhaltspunkte konnte der Kläger nicht von einem rechtsgeschäftlichen Bindungswillen der Mitarbeiterin der Beklagte ausgehen, sondern nur von einer (unrichtigen) Auskunft hinsichtlich der Voraussetzungen des Tarifvertrags, die als Rechtsfolge allerdings nicht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch begründen könnte, wobei ein ursächlich durch die ggf. unzutreffende Auskunft herbeigeführter Schaden nicht ersichtlich ist.

60

6. Soweit der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht hat, ein Anspruch ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern G. und D., hat das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass es bereits an einer vergleichbaren Lage fehlt. Die Berücksichtigung der Vordienstzeiten bei einem privaten Arbeitgeber bei den genannten Arbeitnehmern erfolgte im Rahmen der Eingruppierung auf der Grundlage des § 16 Abs. 3 TVöD, mithin im Rahmen einer völlig anderen Regelungsmaterie und auf der Grundlage einer völlig anderen tariflichen Regelung.

III.

61

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Revision wurde im Hinblick auf die einzelfallübergreifende Auslegung des Begriffs der „ununterbrochenen Beschäftigung“ im Sinne des § 7 A Abs. 2 TV UmBw sowie zur Klärung der Frage, ob eine Begünstigung von längeren Zeiten einer solchen ununterbrochenen Beschäftigung im Rahmen der genannten tariflichen Bestimmung eine unzulässige mittelbare Altersdiskriminierung darstellt, zugelassen.

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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters


Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein.

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Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. April 2010 - 13 Sa 1297/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf tarifliche Mehrarbeitszuschläge im Zeitraum von Juli 2008 bis Januar 2009.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes. Der Kläger ist seit 2003 bei ihr bzw. ihren Rechtsvorgängern im Geldtransportdienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden im streitgegenständlichen Zeitraum kraft arbeitsvertraglicher Regelung der Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Dezember 2006, gültig ab 1. Januar 2007 (MRTV 2006), der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Lande Niedersachsen vom 10. Oktober 2005, gültig ab 1. Januar 2006 (MTV Niedersachsen 2005), und der Lohntarifvertrag für die Geld- und Wertdienste im Lande Niedersachsen vom 9. Januar 2008, gültig ab 1. November 2007, Anwendung. Die beiden letztgenannten Tarifverträge waren darüber hinaus allgemeinverbindlich. Der tarifliche Stundenlohn des Klägers betrug 12,00 Euro.

3

§ 6 MRTV 2006 lautet auszugsweise:

        

„§ 6   

Arbeitszeit

        

1.1.   

Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Darüber hinaus kann die Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.

        

1.2.   

Die tägliche Ruhezeit beträgt 11 Stunden, mindestens jedoch 9 Stunden. Eine Verkürzung der 11-stündigen Ruhezeit ist nur dann zulässig, wenn ein Ausgleich innerhalb von 3 Monaten vorgenommen wird.

        

1.3.   

Bei Kurzeinsätzen besteht ein Vergütungsanspruch von mindestens 4 Stunden. Diese Regelung gilt nicht für Beschäftigte mit Arbeitsverträgen, in denen eine kapazitätsorientierte und/oder variable Arbeitszeit vereinbart ist.

        

1.4.   

Die monatliche Regelarbeitszeit kann auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden, ab dem 1. Oktober 2010 jedoch nur noch auf 248 Stunden.

        

1.5.   

Für kerntechnische Anlagen gelten die Arbeitszeitregelungen der länderspezifischen Tarifverträge unter Berücksichtigung der Ziffern 1.1 und 3 dieses Paragrafen.

                 

Die monatliche Regelarbeitszeit im Geld- und Werttransport und für Angestellte beträgt 173 Stunden im Durchschnitt des Kalenderjahres.

        

2.1.   

Abweichend von Ziffer 1 kann im Werkfeuerwehrdienst und im Objektschutzdienst bei der Bewachung militärischer Anlagen …

        

3.    

Länderspezifisch können jedoch zu den Ziffern 1 und 2 abweichende monatliche Regelarbeitszeiten vereinbart werden. Die in Ziffern 1.4 und 1.5 sowie Ziffer 2 festgelegten monatlichen Regelarbeitszeiten sollen dabei nicht überschritten werden. Mehrarbeitszuschläge können länderspezifisch unabhängig von den vorstehenden Regelarbeitszeiten vereinbart werden.

        

…“    

        
4

Die 3. Protokollnotiz zum MRTV 2006 hat folgenden Wortlaut:

        

„Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass abweichende länderspezifische Regelarbeitszeiten, die nach dem 31. August 2005 auf der Grundlage von § 6 Ziffer 3 des Mantelrahmentarifvertrags vom 30. August 2005 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen wurden, auch nach dem Abschluss des Mantelrahmentarifvertrags vom 1. Dezember 2006 für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland gültig bleiben.“

5

§ 6 des Mantelrahmentarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 30. August 2005 (MRTV 2005), der im Zeitraum vom 1. September 2005 bis 31. Dezember 2006 in Kraft war, lautete auszugsweise:

        

„§ 6   

Arbeitszeit

        

…       

        
        

1.5.   

Hinsichtlich der monatlichen Regelarbeitszeit gilt folgende abweichende Regelung:

                 

im Geld- und Werttransport 173 Stunden im Durchschnitt des Kalenderjahres.

                 

Hinsichtlich der monatlichen Regelarbeitszeit in kerntechnischen Anlagen gelten weiterhin die jeweiligen länderspezifischen Regelungen.

        

…       

        
        

3.    

Länderspezifisch können jedoch … abweichende monatliche Regelarbeitszeiten vereinbart werden. …

        

…“    

        
6

§ 8 Ziffer 1 MTV Niedersachsen 2005 bestimmt:

        

„1.     

Der Mehrarbeitszuschlag beträgt 25 %.“

7

Gleichzeitig mit der Unterzeichnung des MTV Niedersachen 2005 am 10. Oktober 2005 vereinbarten die Tarifvertragsparteien folgende „1. Protokollnotiz“:

        

„Der Mehrarbeitszuschlag beträgt gemäß § 8 Ziffer 1 des Manteltarifvertrags 25 %.

        

Er wird grundsätzlich ab der 265. tatsächlich geleisteten Monatsarbeitsstunde fällig.

        

Für Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst/Separatwachdienst gilt folgende Abweichung:

        

Der Mehrarbeitszuschlag wird

        

bis zum 31.12.2007 ab der 289. tatsächlich geleisteten Monatsarbeitsstunde,

        

ab dem 01.01.2008 ab der 265. tatsächlich geleisteten Monatsarbeitsstunde

        

fällig.

        

Für Mitarbeiter der Geld- und Wertdienste ist eine von § 6 Ziffer 1.5 MRTV abweichende Einteilung der monatlichen Regelarbeitszeit zulässig. Für diese Mitarbeiter werden Regelungen bezüglich eines Jahresarbeitszeitkontos getroffen.

        

Für Mitarbeiter in kerntechnischen Anlagen wird auf § 5 Ziffer 5 des Manteltarifvertrags verwiesen.“

8

Die Beklagte zahlte bis einschließlich Juni 2008 für Arbeit ab der 174. Monatsstunde einen Mehrarbeitszuschlag von 25 %. Dies war in den vom Arbeitgeberverband Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e. V. bis Ende des Jahres 2007 herausgegebenen Entgeltübersichten entsprechend vermerkt. In den im Jahr 2008 herausgegebenen Entgeltübersichten war eine Zuschlagspflicht erst ab der 265. Stunde angegeben.

9

Der Kläger leistete im Monat Juli 2008 218,6 Stunden, im August 2008 202,38 Stunden, im September 2008 196,39 Stunden, im Dezember 2008 198,32 Stunden und im Januar 2009 176,35 Stunden. Zuletzt mit Schreiben von Oktober 2008 verlangte er ergebnislos die Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen für die über 173 Monatsstunden hinaus geleistete Arbeit.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die 1. Protokollnotiz mit einer Festlegung der Zuschlagspflicht ab der 265. Stunde sei auf den Geld- und Werttransportdienst nicht anzuwenden. Die Regelung betreffe den Wachdienst mit erheblichen Zeiten der Arbeitsbereitschaft. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe im Lande Niedersachsen vom 6. März 1997 (MTV Niedersachsen 1997) durch eine Protokollnotiz vom 10. Oktober 2005 wieder in Kraft gesetzt worden sei. Daraus sei zu entnehmen, dass dieser Tarifvertrag zur Schließung etwaiger Tariflücken weiter anwendbar sein sollte. Er sehe einen Mehrarbeitszuschlag bei Überschreitung der täglichen Regelarbeitszeit von 8 Stunden vor.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 381,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 136,80 Euro seit dem 16. August 2008, aus 88,14 Euro seit dem 16. September 2008, aus 70,17 Euro seit dem 16. Oktober 2008, aus 75,96 Euro seit dem 16. Januar 2009 und aus 10,05 Euro seit dem 16. Januar 2009 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 bestehe eine Zuschlagspflicht erst ab der 265. Stunde. Auf den MTV Niedersachsen 1997 könne sich der Kläger nicht berufen; dieser sei durch den MTV Niedersachsen 2005 abgelöst worden. Der frühere Tarifvertrag sei nur wieder in Kraft gesetzt worden, um einen möglichst lückenfreien Bestand tariflicher Regelungen zu gewährleisten und dadurch leichter eine Allgemeinverbindlicherklärung zu erreichen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf einen Zuschlag von 25 % seines Stundengrundlohns für jede monatlich ab der 174. Stunde tatsächlich geleistete Arbeitsstunde nach § 6 Ziff. 1.5 MRTV 2006 iVm. § 8 Ziff. 1 MTV Niedersachsen 2005 und der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005. Dies ergibt eine Auslegung der tariflichen Vorschriften.

15

I. Der Wortlaut der einschlägigen tariflichen Regelungen, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 23. Februar 2011 - 10 AZR 299/10 - Rn. 14, ZTR 2011, 491; 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 220), führt zu keinem eindeutigen Auslegungsergebnis. § 8 Ziff. 1 MTV Niedersachsen 2005 bestimmt lediglich die Höhe des Mehrarbeitszuschlags, legt aber nicht selbst fest, ab welcher Arbeitsstunde dieser zu zahlen ist. § 6 Ziff. 1.5 MRTV 2006 bestimmt die monatliche Regelarbeitszeit im Geld- und Werttransport mit 173 Stunden im Durchschnitt des Kalenderjahres. Diese Regelung lässt sowohl die Deutung zu, dass ein Anspruch bei Überschreitung der monatlichen Regelarbeitszeit, nämlich ab der 174. Monatsstunde besteht, als auch die Deutung, dass ein Zuschlag nur dann fällig wird, wenn bei einer kalenderjährlichen Betrachtung der monatliche Durchschnitt über 173 Stunden liegt. Die 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 legt wiederum fest, dass der Mehrarbeitszuschlag „grundsätzlich“ ab der 265. tatsächlich geleisteten Monatsarbeitsstunde fällig wird. Damit sind Ausnahmen vorgesehen. Solche Ausnahmen werden ausdrücklich für Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst/Separatwachdienst und für Mitarbeiter in kerntechnischen Anlagen benannt. Für Mitarbeiter der Geld- und Wertdienste wird eine von § 6 Ziff. 1.5 des damals geltenden MRTV 2005 abweichende Einteilung der monatlichen Regelarbeitszeit erlaubt und auf noch zu treffende Regelungen über ein Jahresarbeitszeitkonto verwiesen.

16

II. Die Systematik der tariflichen Regelung macht damit deutlich, dass Anknüpfungspunkt die regelmäßige Monatsarbeitszeit der im Geld- und Werttransport Beschäftigten ist. Andernfalls wäre die diese Beschäftigten betreffende Regelung der Protokollnotiz überflüssig. Ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag bei Überschreitung der monatlichen Regelarbeitszeit von 173 Stunden besteht, solange keine abweichende monatliche Regelarbeitszeit nach der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 iVm. § 6 Ziff. 3 MRTV 2005 und der 3. Protokollnotiz zum MRTV 2006 bestimmt ist.

17

1. Entgegen der Auffassung des Klägers sind nur die Vorschriften des MRTV 2006 (und ggf. des MRTV 2005) sowie des MTV Niedersachsen 2005 heranzuziehen. Ein Rückgriff auf die Regelungen des MTV Niedersachsen 1997 ist nicht möglich, da dieser durch den MRTV 2005 iVm. dem MTV Niedersachsen 2005 als nachfolgende Tarifregelungen abgelöst worden ist. Im Verhältnis zweier zeitlich aufeinanderfolgender gleichrangiger Tarifnormen gilt das Ablösungsprinzip (st. Rspr., zB BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - Rn. 50, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - Rn. 18, NZA 2008, 131; vgl. 23. Oktober 2001 - 3 AZR 74/01 - zu I 1 a der Gründe, BAGE 99, 183). Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 1997 vom 10. Oktober 2005. Durch diese wurde der zum 31. Oktober 2003 gekündigte MTV Niedersachsen 1997 wieder in Kraft gesetzt. Der gleichzeitig abgeschlossene MTV Niedersachsen 2005 galt hingegen noch nicht. Mit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2006 erfolgte dann die Ablösung der wieder in Kraft gesetzten früheren tariflichen Regelung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien eines Tarifgebiets zwei Manteltarifverträgen (teilweise) nebeneinander Geltung verschaffen wollten.

18

2. Die Tarifnormen des Wach- und Sicherheitsgewerbes unterscheiden zwischen verschiedenen Gruppen von Mitarbeitern, für die in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit unterschiedliche tarifliche Regelungen gelten. Die Bestimmung der Mitarbeitergruppen findet sich in § 3 MRTV 2006, aber auch in den entsprechenden Vorgängerregelungen. Der Kläger gehört zur Gruppe der Sicherheitsmitarbeiter in Geld- und Wertdiensten (§ 3 Ziff. 6 MRTV 2006).

19

Wegen der unterschiedlichen Tätigkeiten gelten für diese Mitarbeitergruppen differenzierte Arbeitszeitregelungen (§ 6 MRTV 2006). Nach allgemeinen Regelungen zur täglichen Dauer der Arbeitszeit (Ziff. 1.1) sowie zu Ruhezeiten und Kurzeinsätzen bestimmt Ziff. 1.4, dass die monatliche Regelarbeitszeit auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden kann. Ziff. 1.5 macht von dieser Grundregel Ausnahmen: Für kerntechnische Anlagen wird auf die Arbeitszeitregelungen der länderspezifischen Tarifverträge verwiesen, für Angestellte und Mitarbeiter im Geld- und Werttransport wird die monatliche Regelarbeitszeit - die im Durchschnitt des Kalenderjahres zu erreichen ist - mit 173 Stunden festgelegt. Weitere Sonderregeln sind in Ziff. 2.1 für den Werkfeuerwehrdienst und den Objektschutzdienst bei der Bewachung militärischer Anlagen getroffen. Darüber hinaus lässt § 6 Ziff. 3 MRTV 2006 länderspezifisch die Festlegung abweichender monatlicher Regelarbeitszeiten und eine Entkopplung der Mehrarbeitszuschläge von den tariflich genannten Regelarbeitszeiten zu. Ebenso können in Ländertarifverträgen Regelungen zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten getroffen werden (§ 6 Ziff. 5 MRTV 2006).

20

3. Was als zuschlagspflichtige Mehrarbeit iSv. § 8 Ziff. 1 MTV Niedersachsen 2005 iVm. der 1. Protokollnotiz anzusehen ist, muss daher nach der Tarifsystematik für die jeweilige Arbeitnehmergruppe spezifisch bestimmt werden.

21

a) Grundsätzlich knüpfen die Tarifverträge des Wach- und Sicherheitsgewerbes an die jeweils gruppenspezifisch definierte „regelmäßige Arbeitszeit“ an, nämlich die Arbeitszeiten, in denen der Arbeitnehmer bei normalem Lauf der Dinge nach den tariflichen Vorstellungen seine Hauptleistungspflicht erfüllt (vgl. dazu BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19).

22

Die 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005, die nach ihrem Regelungsinhalt selbst Tarifcharakter besitzt (vgl. zu den Voraussetzungen: BAG 18. April 2007 - 4 AZR 661/05 - Rn. 18) und die Frage der Mehrarbeitszuschläge näher regelt, folgt dabei der Systematik der unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen im MRTV 2005 und MRTV 2006. Nach der Wiederholung der Regelung des § 8 Ziff. 1 MTV Niedersachsen 2005 korrespondiert ihr zweiter Absatz mit der gemäß § 6 Ziff. 1.4 MRTV 2005/MRTV 2006 möglichen Ausdehnung der monatlichen Regelarbeitszeit auf bis zu 264 Stunden und lässt insoweit eine Zuschlagspflicht erst ab der 265. Stunde entstehen. Dies gilt („grundsätzlich“) für alle Mitarbeiter, die nicht in den nachfolgenden Regelungen ausgenommen werden. Dies sind die Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst/Separatwachdienst (§ 3 Ziff. 2 MRTV 2005/MRTV 2006), bei denen ein Anspruch bis 31. Dezember 2007 erst ab der 289. Monatsarbeitsstunde bestand, und die Mitarbeiter in kerntechnischen Anlagen. Für Letztere wird auf § 5 Ziff. 5 MTV Niedersachsen 2005 verwiesen, der als Anknüpfungspunkt den jeweiligen Schichtplan bestimmt. Die Regelung in der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 stimmt insoweit mit § 6 Ziff. 1.5 Abs. 3 MRTV 2005 bzw. § 6 Ziff. 1.5 Abs. 1 MRTV 2006 überein, die für diese Beschäftigtengruppe ebenfalls auf die länderspezifischen Regelungen verweisen.

23

Auch für Mitarbeiter der Geld- und Wertdienste normiert Abs. 5 der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 eine Ausnahme zu der Regelung in Abs. 2. Abs. 5 der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 lässt eine abweichende Einteilung der monatlichen Regelarbeitszeit gegenüber § 6 Ziff. 1.5 MRTV 2005/MRTV 2006 zu. Damit wird die grundsätzliche Anknüpfung an diese Regelarbeitszeit zum Ausdruck gebracht; andernfalls bedürfte es nicht der Öffnung für eine Abweichung. Eine solche abweichende Einteilung könnte beispielsweise darin liegen, in bestimmten Monaten des Jahres eine höhere und in anderen Monaten eine niedrigere Regelarbeitszeit festzulegen oder einen anderen Anknüpfungszeitpunkt als das Kalenderjahr zu wählen. Die nähere Ausgestaltung legt die Protokollnotiz, abgesehen von dem Hinweis auf zu treffende Regelungen über ein Jahresarbeitszeitkonto, nicht fest. Zwar flexibilisiert § 6 Ziff. 1.5 MRTV 2005/MRTV 2006 die Arbeitszeit bereits insofern, als die monatliche Regelarbeitszeit nur im Durchschnitt des Kalenderjahres erreicht werden muss. Dies erlaubt dem Arbeitgeber, in einzelnen Monaten auch eine geringere Anzahl von Arbeitsstunden abzurufen, ohne dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Leistung von 173 Stunden hätte, sofern nur im Durchschnitt eines Kalenderjahres diese Stundenzahl erreicht wird. Diese Flexibilisierungsregelung sagt aber noch nichts über die Frage aus, wann Mehrarbeitszuschläge zu leisten sind, und schließt nicht aus, dass beim Abruf einer höheren Stundenzahl - und damit einer erhöhten tatsächlichen Belastung für den Arbeitnehmer (vgl. dazu BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19) - ein Anspruch auf einen Zuschlag entsteht. Erst Abs. 5 der 1. Protokollnotiz zum MTV Niedersachsen 2005 lässt eine Veränderung der den Mehrarbeitszuschlag auslösenden monatlichen Regelarbeitszeit zu und damit eine Abweichung von den Regelungen des MRTV 2005. Nur bei dieser Auslegung kommt der Protokollnotiz Bedeutung zu. Die niedersächsischen Tarifvertragsparteien haben damit im Grundsatz von der Öffnungsklausel des § 6 Ziff. 3 MRTV 2005 Gebrauch gemacht, ohne dass es allerdings im konkreten Fall zu einer solchen abweichenden Einteilung oder zu Regelungen über ein Jahresarbeitszeitkonto gekommen ist. Die nach § 6 Ziff. 3 MRTV 2005 zulässige Entkopplung der Mehrarbeitszuschläge von den Regelarbeitszeiten ist nicht erfolgt. Soweit von der Öffnungsklausel aber kein Gebrauch gemacht wurde, bleibt es für die Mitarbeiter der Geld- und Wertdienste beim Anknüpfungspunkt der monatlichen Regelarbeitszeit von 173 Stunden für die Bestimmung des Beginns der Mehrarbeit. Aus dem Hinweis auf zu treffende Regelungen über ein Jahresarbeitszeitkonto wird im Übrigen auch deutlich, dass die Zahlung des Mehrarbeitszuschlags nach der bestehenden Regelung nicht jahresbezogen bestimmt werden sollte. Eine solche Auslegung zieht auch keine der Parteien in Betracht.

24

b) Einer solchen Auslegung steht die Rechtsprechung des Vierten Senats (10. März 2004 - 4 AZR 126/03 -) zur Auslegung der Zuschlagsregelung des MTV Niedersachsen 1997 für die Mitarbeiter in kerntechnischen Anlagen nicht entgegen. Der Fall betraf eine andere Beschäftigtengruppe und unterschied sich im Übrigen dadurch, dass § 6 Ziff. 3 Buchst. d MTV Niedersachsen 1997 lediglich von einer „monatlichen Arbeitszeit“ sprach. Gerade aus dem Fehlen des Wortes „regelmäßig“ schloss der Vierte Senat, dass ein Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Mehrarbeit fehlte. Hinzu kam, dass die Tarifnormen für Mitarbeiter in kerntechnischen Anlagen - wie auch heute - einen Anspruch an die Überschreitung des Schichtplans geknüpft hatten.

25

c) Das gefundene Auslegungsergebnis wird durch die Tarifgeschichte gestützt. Bereits der MTV Niedersachsen 1997 sah unterschiedliche Anknüpfungspunkte für verschiedene Arbeitnehmergruppen vor, allerdings weitgehend bezogen auf die tägliche Arbeitszeit (vgl. zB § 6 Ziff. 2 und Ziff. 4 MTV Niedersachsen 1997). Die tarifliche Neuregelung lässt insofern einen deutlich flexibleren Einsatz der Mitarbeiter zu und löst Zuschläge grundsätzlich erst dann aus, wenn auf den Monat bezogen eine Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit vorliegt. Dass die Tarifvertragsparteien über diese Flexibilisierung hinaus für Mitarbeiter im Geld- und Werttransportdienst jeglichen Mehrarbeitszuschlag beseitigen wollten, liegt nicht nahe. Eine solche faktische Beseitigung läge aber vor, folgte man der Interpretation der Beklagten. Eine Arbeitszeit von 265 Stunden pro Monat kann ein Mitarbeiter im Geld- und Werttransportdienst ohne Verstoß gegen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes nicht erreichen, da Arbeitsbereitschaft bei dieser Tätigkeit - anders als bei anderen Beschäftigtengruppen - nicht anfällt.

26

d) Die Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der Gewährung eines Mehrarbeitszuschlags. Mehrarbeitszuschläge sollen in der Regel besondere Belastungen ausgleichen. Eine tarifvertragliche Bestimmung, die den Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag allein davon abhängig macht, dass über ein bestimmtes Monatssoll hinaus gearbeitet wird, bezweckt regelmäßig, eine grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung durch ein zusätzliches Entgelt auszugleichen (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19). Dieser Sinn wäre nicht erreicht, wenn für die Mitarbeiter im Geld- und Werttransportdienst ein Ausgleich von Mehrarbeit faktisch nicht gegeben wäre, obwohl sie über die tariflich bestimmte monatliche regelmäßige Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen erbringen.

27

Die Auffassung der Revision, § 8 Ziff. 2 MTV Niedersachsen 2005 gewähre bereits einen Zuschlag von 35 % für nicht gewährte Freischichten und kombiniert mit dem Mehrarbeitszuschlag würde sich ein ungewöhnlich hoher Zuschlag von 60 % ergeben, überzeugt nicht. Die beiden Zuschläge betreffen unterschiedliche Fallkonstellationen und unterschiedliche Erschwernisse. Da die Freischichten gemäß § 8 MRTV 2005 bzw. § 7 MRTV 2006 pro Woche zu gewähren sind, führt der Ausfall einer Freischicht wegen der monatlichen Betrachtung der Regelarbeitszeit keineswegs zwingend zum Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge. Im Übrigen ist in § 8 Ziff. 8 MTV Niedersachsen 2005 ausdrücklich festgelegt, in welchen Fällen keine Zusammenrechnung von Zuschlägen vorzunehmen ist; die Zuschläge nach Ziff. 1 und Ziff. 2 gehören nicht dazu. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der MTV Niedersachsen 1997 für den Fall der nicht gewährten Freischichten einen Zuschlag von 50 % vorsah. Beim Zusammentreffen mit Mehrarbeit ergab sich damals sogar ein Zuschlag in Höhe von 75 %.

28

e) Da Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte zu einem zweifelsfreien Ergebnis führen, bedurfte es keiner Einholung einer Tarifauskunft (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - Rn. 32, ZTR 2010, 417; 4. Dezember 2002 - 10 AZR 138/02 - zu II 2 b cc der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 3). Eine Tarifauskunft darf zudem nicht auf die Beantwortung der prozessentscheidenden Rechtsfrage gerichtet sein (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 40/09 - Rn. 23; 18. August 1999 - 4 AZR 247/98 - zu I 2.3.1 der Gründe, BAGE 92, 229).

29

III. Die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt, ist unzulässig. Die Beklagte trägt nicht vor, was sie im Fall der Erteilung eines Hinweises noch vorgetragen hätte. Fehlt solcher Vortrag, so lässt sich nicht absehen, ob die Erfüllung der (vermeintlichen) Hinweispflicht zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 600/04 - Rn. 22 mwN, BAGE 117, 14).

30

IV. Die Anzahl der im Streitzeitraum tatsächlich geleisteten Stunden und die Höhe des dem Kläger daraus zustehenden Mehrarbeitszuschlags ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

31

V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    A. Effenberger    

                 

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 27. Januar 2009 - 7 Sa 195/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1. und 2. des Tenors des Urteils des Arbeitsgerichts Leipzig vom 1. Februar 2007 - 7 Ca 4104/06 - aus Gründen der Klarstellung wie folgt neu gefasst werden:

1. a) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet war, für die Zeit vom 3. Juni 2005 bis zum 31. Oktober 2006 an die Klägerin den Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O für die in ihren Haushalt aufgenommenen Kinder C und L zu zahlen.

1. b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, seit dem 1. November 2006 der Klägerin die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder für die in ihren Haushalt aufgenommenen Kinder C und L zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die monatlichen Bruttodifferenzbeträge ab dem Monatsersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend ab dem 1. Juli 2005, mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf kinderbezogene Entgeltbestandteile für Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin.

2

Die Klägerin ist als Lehrerin beim beklagten Freistaat beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Seit dem 1. November 2006 findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 Anwendung.

3

Die Klägerin hat mit Wirkung zum 3. Juni 2005 eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit Frau Li begründet. In dem gemeinsamen Haushalt der Lebenspartner leben auch die beiden leiblichen minderjährigen Kinder Frau Li, für die diese Kindergeld bezieht. Die Klägerin trägt zum Unterhalt der Kinder bei. Sämtliche Lebenshaltungskosten der Lebenspartner werden vom gemeinsamen Einkommen bestritten. Der leibliche Vater der Kinder von Frau Li zahlt keinen Unterhalt.

4

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 30. August 2005, ihr rückwirkend ab Juni 2005 den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag zu gewähren, ab. Er zahlte ihr lediglich den familienstandsbezogenen Ortszuschlag der Stufe 2. Mit ihrer am 1. September 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Freistaats, ihr für die Kinder ihrer Lebenspartnerin den kinderbezogenen Entgeltbestandteil zu zahlen.

5

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O enthalte hinsichtlich des Anspruchs verpartnerter Angestellter auf den Ortszuschlag der Stufe 3 und höher eine unbewusste Regelungslücke, die dahin zu schließen sei, dass Angestellte, die in einer Ehe lebten, mit den Angestellten, die eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet hätten, gleichzustellen seien. Jede andere Auslegung des Tarifvertrags verstoße gegen den grundgesetz- und europarechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung. Wäre die Klägerin ein Mann und mit der Kindesmutter verheiratet, hätte sie Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 3 und höher. Auch wenn ihr für die Kinder ihrer Lebenspartnerin keine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung obliege, sei sie aufgrund der Fürsorge- und Unterstützungspflicht ihrer Lebensgefährtin gegenüber auch zur Versorgung und Betreuung von deren Kindern verpflichtet. Die Tarifvertragsparteien hätten nicht auf gesetzliche Unterhaltspflichten des Berechtigten abgestellt, sondern auf die mit der Aufnahme von Kindern in den eigenen Haushalt einhergehenden Belastungen.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den Ortszuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O für die in ihrem Haushalt aufgenommenen Kinder C und L ab dem 3. Juni 2005 zu zahlen;

        

2.   

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die monatlichen Bruttodifferenzbeträge ab dem Monatsersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend ab dem 1. Juli 2005, mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

7

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, nach § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O gehörten nur diejenigen Angestellten zur Stufe 3, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz zustehe bzw. zustehen würde. Der Klägerin stehe jedoch kein Kindergeld zu. Wenn der Gesetzgeber durch eine rechtliche Differenzierung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft einen Verfassungsauftrag zur Privilegierung der Ehe erfüllen wolle, könne eine daran anknüpfende Tarifnorm nicht rechtswidrig sein. Erst recht könne man nicht annehmen, dass dieses Ergebnis nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien, zumal im öffentlichen Dienst, entspreche.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgerichtsgericht hat nach Einholung von Tarifauskünften darüber, warum § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O nach Bekanntwerden der Rechtsprechung des Senats vom 29. April 2004 (- 6 AZR 101/03 -) nicht geändert worden sei, die Berufung des beklagten Freistaats zurückgewiesen. Es hat eine unbewusste Regelungslücke im Tarifrecht angenommen, die es dahin geschlossen hat, dass der erhöhte Ortszuschlag auch für solche Angestellte zu zahlen sei, die wie die Klägerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten. Hiergegen wendet sich der beklagte Freistaat mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hatte seit Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft am 3. Juni 2005 bis zur Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TV-L zum 1. November 2006 Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 4. Soweit § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O Angestellten, die Kinder ihres eingetragenen Lebenspartners in ihren Haushalt aufgenommen hatten, den Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag verwehrte, benachteiligte diese Bestimmung eingetragene Lebenspartner gleichheitswidrig und war deshalb gemäß Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam. Seit dem 1. November 2006 steht der Klägerin die Besitzstandszulage nach § 11 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) zu.

10

A. Die Klage ist zulässig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht wegen der begehrten zukunftsgerichteten Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der begehrten Entgeltbestandteile. Eine Klage auf künftige Leistung gemäß §§ 257 bis 259 ZPO, deren Zulässigkeit ohnehin zweifelhaft wäre (vgl. BAG 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - Rn. 27 ff., AP TVG § 1 Nr. 43 = EzA ZPO 2002 § 259 Nr. 1), musste die Klägerin nicht erheben (vgl. BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 187/05 - Rn. 19, BAGE 117, 44).

11

B. Der Antrag der Klägerin ist auszulegen. Weder die Klägerin noch die Vorinstanzen haben berücksichtigt, dass am 1. November 2006 der TV-L in Kraft getreten ist (§ 39 Abs. 1 Satz 1 TV-L) und seitdem aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

12

Der TV-L hat in seinem Geltungsbereich gemäß § 2 Abs. 1 iVm. der Anlage 1 Teil A Nr. 1 TVÜ-Länder den BAT-O ersetzt. Kinderbezogene Entgeltbestandteile sieht der TV-L nicht mehr vor. § 11 TVÜ-Länder gewährt allerdings für im Oktober 2006 zu berücksichtigende Kinder die bisher nach § 29 Abschn. B BAT-O gezahlten Entgeltbestandteile im Wege der Besitzstandszulage fort, solange die in der Überleitungsnorm genannten Voraussetzungen vorliegen. Auch wenn die Klägerin ihr Begehren für die Zeit nach dem 1. November 2006 nicht umgestellt hat, ergibt sich aus ihrem Vorbringen mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass sie den kinderbezogenen Entgeltbestandteil auf Basis der jeweils gültigen Rechtslage begehrt.

13

C. Prüfungsgegenstand ist nicht das Einkommensteuerrecht, auf das § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O inhaltlich verweist, sondern die Tarifnorm selbst.

14

I. Die Tarifvertragsparteien haben in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O wirksam auf die den Familienleistungsausgleich regelnden gesetzlichen Bestimmungen verwiesen.

15

1. Zwar können Tarifvertragsparteien die ihnen zugewiesene Rechtssetzungsbefugnis nicht auf Dritte delegieren. Die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG übertragene Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder sinnvoll zu ordnen, umfasst jedoch auch die Befugnis, in Tarifverträgen auf gesetzliche Bestimmungen zu verweisen, sofern diese Bestimmungen eindeutig sind und mit der tariflichen Regelung in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. BAG 7. September 1982 - 3 AZR 1252/79 - BAGE 41, 47, 51 für die Verweisung auf beamtenrechtliche Bestimmungen; Wiedemann/Thüsing 7. Aufl. § 1 TVG Rn. 240). Bei derartigen Blankettverweisungen ist sichergestellt, dass dem Postulat der Sachgerechtigkeit der tariflichen Regelung im Sinne eines angemessenen Interessenausgleichs Rechnung getragen wird (vgl. BAG 29. August 2001 - 4 AZR 332/00 - BAGE 99, 10, 16; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42, 54). Die Tarifvertragsparteien können die Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen jederzeit aufheben und bleiben so Herr des Verfahrens (vgl. Senat 15. Dezember 2005 - 6 AZR 227/05 - Rn. 17, BAGE 116, 346).

16

Die von § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O in Bezug genommenen einkommensteuerrechtlichen Vorschriften über den Familienleistungsausgleich weisen den erforderlichen engen Zusammenhang mit der tariflichen Regelung auf. Gemäß § 31 Satz 1 EStG wird das Einkommen der Eltern in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG oder durch das Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG steuerlich freigestellt. Soweit das Kindergeld für die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Freistellung (vgl. BVerfG 10. November 1998 - 2 BvR 1057/91 ua. - BVerfGE 99, 216, 231 ff.) nicht erforderlich ist, dient es gemäß § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie. Der Familienleistungsausgleich dient damit der einkommensteuerlichen Förderung der Familie (st. Rspr., BFH seit 23. November 2000 - VI R 165/99 - BFHE 193, 569) und soll kinderbedingte Minderungen der Leistungsfähigkeit von der Einkommensteuer freistellen (Seiler in Kirchhof EStG 8. Aufl. § 31 Rn. 1). Der tarifliche kinderbezogene Entgeltbestandteil sollte einen Beitrag zu der aus der Erziehung und Betreuung von Kindern folgenden erheblichen finanziellen Belastung leisten (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 28 mwN, AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13). Beide Leistungen dienten - wenn auch in unterschiedlicher rechtlicher Ausgestaltung - somit demselben sozialpolitischen Zweck (vgl. BVerwG 26. August 1993 - 2 C 16.92 - BVerwGE 94, 98).

17

2. Die für den Tarifvertrag vorgeschriebene Schriftform (§ 1 Abs. 2 TVG) ist durch die Verkündung als Gesetz und Veröffentlichung im Bundesanzeiger gewahrt (vgl. Senat 15. Dezember 2005 - 6 AZR 227/05 - Rn. 17, BAGE 116, 346).

18

II. § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O ist nach den für Tarifnormen geltenden Maßstäben auszulegen und auf seine Rechtswirksamkeit zu überprüfen (vgl. Ingrid Schmidt FS Wißmann S. 80, 91). Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Familienleistungsausgleich wirkt wie eine wörtliche Übernahme dieser Regelungen in den TVöD (vgl. BAG 29. Januar 2008 - 3 AZR 426/06 - AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 49; 10. März 2004 - 4 AZR 140/03 - EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 36). Die einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuerrechts entfalten deshalb im Bereich des TVöD Wirkung als Tarifrecht (vgl. Senat 11. September 2003 - 6 AZR 323/02 - BAGE 107, 272, 274 für die Bezugnahme auf das SächsRKG; vgl. BAG 14. Juni 1972 - 4 AZR 268/71 - BAGE 24, 300, 305 für die Bezugnahme auf den Haushaltszuschlag nach § 26 BBesG 1971).

19

D. Nach der Regelung des § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O stand der Klägerin der begehrte Ortszuschlag nicht zu. Danach gehörten zur Stufe 3 und den folgenden Stufen die Angestellten der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zustand oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zugestanden hätte. Die Stufe richtete sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder, für zwei Kinder war also der Ortszuschlag der Stufe 4 zu zahlen.

20

I. Zwar war die Klägerin nach der Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft der Stufe 2 des Ortszuschlags zuzuordnen (vgl. Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 284). Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

21

II. § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O gewährte jedoch Angestellten, die Kinder ihres eingetragenen Lebenspartners in den Haushalt aufgenommen hatten, keinen Anspruch auf den tariflichen kinderbezogenen Entgeltbestandteil. Der Umstand, dass die beiden leiblichen Kinder der eingetragenen Lebenspartnerin der Klägerin im Haushalt der Klägerin leben, begründete keinen materiell-rechtlichen Anspruch der Klägerin auf Kindergeld (zu dieser Anspruchsvoraussetzung vgl. Senat 13. August 2009 - 6 AZR 319/08 - Rn. 20, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 15).

22

1. Da die Klägerin im Inland wohnt und dort einkommensteuerpflichtig ist, bestimmt sich der Anspruch auf das Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz und nicht nach dem Bundeskindergeldgesetz (§ 62 Abs. 1 EStG).

23

2. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht nach § 62 Abs. 1 EStG für Kinder iSv. § 63 EStG. Als Kinder werden danach Kinder iSd. § 32 Abs. 1 EStG, also im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder und Pflegekinder unter den dort genannten Voraussetzungen, berücksichtigt. Weiter werden als Kinder berücksichtigt die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten (also Stiefkinder) und schließlich die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Enkel. Keine dieser Voraussetzungen ist im Fall der Klägerin erfüllt.

24

a) Die Kinder der Lebenspartnerin der Klägerin sind keine Kinder iSd. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil sie mit der Klägerin nicht im ersten Grad verwandt sind und auch nicht als verwandt gelten (vgl. BFH 30. November 2004 - VIII R 61/04 -). Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 LPartG gelten sie lediglich als mit der Klägerin verschwägert. Schwägerschaft wird durch Heirat bzw. Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft vermittelt, § 1590 BGB. Verwandtschaft beruht dagegen auf Abstammung. Sie besteht nach § 1589 BGB nur bei Personen, deren eine von der anderen abstammt. Eine Verwandtschaft ersten Grades, also eine Verwandtschaft mit nur einer sie vermittelnden Geburt (Palandt/Diederichsen BGB 69. Aufl. § 1589 Rn. 1), besteht deshalb nur zwischen Eltern und deren leiblichen Kindern sowie deren Adoptivkindern (§ 1754 BGB).

25

b) Die Kinder der eingetragenen Lebenspartnerin der Klägerin sind auch keine Pflegekinder iSv. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Nach der Legaldefinition in § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist Voraussetzung für eine Stellung als Pflegekind, dass das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht. Das Obhuts- und Pflegeverhältnis zwischen der Lebenspartnerin der Klägerin und ihren leiblichen Kindern besteht jedoch fort (vgl. BFH 30. November 2004 - VIII R 61/04 -).

26

c) Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht erfüllt. Die Klägerin hat nicht die Kinder ihres Ehegatten, sondern die ihrer eingetragenen Lebenspartnerin in den Haushalt aufgenommen. Die gesetzliche Bestimmung knüpft an den Ehebegriff des BGB (so ausdrücklich die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes - DA-FamEStG - Stand Januar 2009 DA 63.2.3 Abs. 3). Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist keine Ehe iSd. §§ 1310 ff. BGB. Zu den wesentlichen Strukturprinzipien der Ehe gehört die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner. Die Lebenspartnerschaft erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie ist von der Gleichgeschlechtlichkeit der Partner gekennzeichnet und damit keine Ehe iSd. Art. 6 Abs. 1 GG, wie sie die Bestimmungen über den Familienleistungsausgleich im Einkommensteuerrecht voraussetzen (BFH 30. November 2004 - VIII R 61/04 -; vgl. Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 281 für § 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 BAT; BVerwG 15. November 2007 - 2 C 33.06 - NJW 2008, 868 für § 40 BBesG).

27

§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist auf die vorliegende Konstellation auch nicht analog anzuwenden. Der Gesetzgeber hat die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Behandlung und die daran knüpfenden Nachteile beim Kindergeld von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber Ehegatten bewusst in Kauf genommen. Er hat im Gesetzgebungsverfahren zum Lebenspartnerschaftsgesetz Änderungen im Einkommensteuergesetz vorgesehen (Art. 3 § 77 des Entwurfs eines Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften [Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG] vom 4. Juli 2000 BT-Drucks. 14/3751; Art. 2 § 55 des Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetzes - LPartGErgG - BT-Drucks. 14/4545). Auch wenn diese § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht berührten und später nicht Gesetz geworden sind, zeigen sie doch den Willen des Gesetzgebers, im Übrigen am bestehenden Kindergeldrecht festzuhalten. Es fehlt damit an der erforderlichen Regelungslücke (vgl. BFH 30. November 2004 - VIII R 61/04 - BFH/NV 2005, 695).

28

III. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Regelung in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O nicht nachträglich unbewusst lückenhaft geworden. Spätestens durch die Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (- 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277) sind die Tarifvertragsparteien darauf aufmerksam gemacht worden, dass das familienstandsbezogene System des Ortszuschlags nach § 29 Abschn. B BAT/BAT-O, dessen Stufen sich nach den mit dem Familienstand einhergehenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bzw. der darauf zurückgehenden typisierten Bedarfssituation bestimmten, durch die Einführung des neuen Familienstandes der eingetragenen Lebenspartnerschaft zum 1. August 2001 lückenhaft geworden war. Gleichwohl haben sie dieses System an die geänderte Rechtslage nicht angepasst. Insbesondere haben sie die Regelung für den Ortszuschlag der Stufen 3 und höher in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT/BAT-O unverändert gelassen. Es kann dahinstehen, ob eine Änderung dieser Bestimmung deshalb unterblieb, weil die Arbeitgeberseite die Anspruchsvoraussetzungen für den kinderbezogenen Entgeltbestandteil nicht erweitern wollte, wie es sich der vom Landesarbeitsgericht eingeholten Stellungnahme der TdL entnehmen lässt, oder ob der BAT im Hinblick auf die Verhandlungen über ein neues Tarifsystem, in dem kein Ortszuschlag mehr vorgesehen war, bewusst nicht mehr „gepflegt“ werden sollte, wie es ver.di in ihrer Stellungnahme mitgeteilt hat. Dass die Tarifvertragsparteien unterschiedliche Motive für das unveränderte Festhalten am bisherigen Tarifrecht gehabt haben mögen, macht die entstandene Tariflücke nicht zu einer unbewussten. In jedem Fall haben die Tarifvertragsparteien nämlich in der Folge der Entscheidung des Senats vom 29. April 2004 (- 6 AZR 101/03 - aaO), die ihnen, wie sich den eingeholten Stellungnahmen entnehmen lässt, bekannt war, erkannt, dass die Frage, ob nach Einführung des neuen Familienstandes der eingetragenen Lebenspartnerschaft auch Kinder eines eingetragenen Lebenspartners den Anspruch des Angestellten auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag begründen konnten, regelungsbedürftig geworden war. Sie haben diese Frage bewusst ungeregelt gelassen. Bei einer derartigen bewussten Tariflücke scheidet aber eine ergänzende Tarifauslegung zur Schließung dieser Lücke aus (vgl. Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 283 f.).

29

E. § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O benachteiligte Angestellte des öffentlichen Dienstes gleichheitswidrig, soweit diese Vorschrift ihnen den Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag für die in ihren Haushalt aufgenommenen Kinder ihres eingetragenen Lebenspartners versagte, aber einem Ehegatten für die Kinder seines Ehepartners Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufen 3 und höher einräumte. Insoweit hält die tarifliche Regelung einer Kontrolle am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht stand.

30

I. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht. Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13).

31

II. Auch bei Anlegung dieses weiten Maßstabs war die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Gruppenbildung selbst bei typisierender Betrachtung und unter Beachtung des ihnen zukommenden Gestaltungsspielraums gleichheitswidrig.

32

1. § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O knüpfte an die sexuelle Orientierung homosexueller Menschen mittelbar nachteilige vergütungsrechtliche Folgen. Diese Bestimmung verwehrte eingetragenen Lebenspartnern kinderbezogene Entgeltbestandteile bei Aufnahme von leiblichen Kindern des Lebenspartners in den Haushalt, gewährte aber einen Anspruch auf diese Entgeltbestandteile für Stiefkinder, die im gemeinsamen Haushalt eines Angestellten des öffentlichen Dienstes und seines Ehegatten lebten.

33

Die Ehe wird typischerweise von Heterosexuellen, die eingetragene Lebenspartnerschaft von Homosexuellen eingegangen. Die Ungleichbehandlung von Verheirateten und Verpartnerten durch § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O knüpft damit an ein Persönlichkeitsmerkmal, das mit den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten vergleichbar ist und zur Diskriminierung einer Minderheit führen kann. Mittelbar werden deshalb durch Leistungen, die den Bestand einer Ehe voraussetzen und verpartnerten Homosexuellen deshalb nicht gewährt werden, Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung ungleich behandelt (BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 87, 92, ZTR 2009, 642; 20. September 2007 - 2 BvR 855/06 - Rn. 21, NJW 2008, 209). Deshalb unterlagen die Tarifvertragsparteien, die diese Ungleichbehandlung über § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O in das Tarifrecht übernommen haben, einer weitergehenden Bindung als bei einer bloßen sachverhaltsbezogenen Ungleichbehandlung. Die Differenzierung zwischen verheirateten und verpartnerten Angestellten, die Kinder ihres Partners in den Haushalt aufgenommen hatten, beim Anspruch auf kinderbezogene Entgeltbestandteile war nur zulässig, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung vorlag, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen ließ (vgl. BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 86, aaO). Es mussten also bei typisierender Betrachtung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft als rechtlich unterschiedlich ausgestalteten Formen auf Dauer angelegter, rechtlich verfestigter Partnerschaften bezogen auf den Zweck des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag erhebliche Unterschiede bestehen, die es rechtfertigten, nur für Stiefkinder von verheirateten Angestellten des öffentlichen Dienstes, nicht aber für leibliche Kinder des Partners eines in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Angestellten des öffentlichen Dienstes die kinderbezogenen Entgeltbestandteile zu gewähren. Mit diesem strengen Kontrollmaßstab bei einer auf die sexuelle Orientierung bezogenen Ungleichbehandlung schließt das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich an die Rechtsentwicklung im Europarecht an (vgl. 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 88, 93, aaO; zur Möglichkeit, das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung des Art. 1 der RL 2000/78/EG europarechtlich als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu begreifen siehe Preis/Temming NZA 2010, 185, 189 f.).

34

2. Die Ungleichbehandlung von verheirateten und verpartnerten Angestellten in Bezug auf den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag war gemessen an diesen Anforderungen nicht gerechtfertigt.

35

a) Nur Verwandte in gerader Linie sind einander zum Unterhalt verpflichtet (§ 1601 BGB). Das gilt auch in der Ehe. Eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht deshalb nach § 1360a Abs. 1 BGB auch in der Ehe nur gegenüber den gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern. Stiefkinder haben dagegen gegenüber dem Ehegatten ihres leiblichen Elternteils keinen Unterhaltsanspruch (vgl. BGH 11. Mai 2005 - XII ZR 211/02 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 163, 84). Gleichwohl wurde dem verheirateten Angestellten des öffentlichen Dienstes wegen des Verweises in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O auf die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Ortszuschlag der Stufe 3 und höher auch für seine Stiefkinder zugestanden (vgl. BVerwG 27. August 1992 - 2 C 41.90 - EzBAT BAT § 29 Nr. 18; vgl. BGH 23. November 1988 - IVb ZR 20/88 - zu B I 3 der Gründe, FamRZ 1989, 172). Diese gesetzliche Bestimmung räumt dem Stiefelternteil einen Kindergeldanspruch ein, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass durch die Aufnahme in den Haushalt des Berechtigten eine einem leiblichen Kind vergleichbare Unterhaltssituation entsteht (vgl. BFH 2. März 2009 - III B 4/07 - Rn. 7). Deshalb setzt die Vorschrift eine tatsächliche Aufnahme des Stiefkindes in den Haushalt des Berechtigten, dh. die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art, voraus. Ohne Bedeutung ist es dabei, ob und in welchem Umfang der Berechtigte einen tatsächlichen Beitrag zum Unterhalt des Kindes leistet (BFH 27. August 1998 - VI B 236/97 -). Die durch die Aufnahme in den Haushalt entstehende typische Mehrbelastung soll ausgeglichen werden (vgl. BVerwG 27. August 1992 - 2 C 41.90 - aaO; BGH 23. November 1988 - IVb ZR 20/88 - aaO). Letztlich beruht die gesetzliche Regelung des § 63 EStG, die die Tarifvertragsparteien in ihren Regelungswillen aufgenommen haben, auf der Erkenntnis, dass die Aufnahme von Stiefkindern in den gemeinsamen Haushalt von Ehegatten eine Familiengemeinschaft begründet, die zu gegenseitigen Schutz- und Beistandspflichten führt und es rechtfertigt, entsprechend dem sozialpolitischen Zweck des Kindergeldes auch Stiefeltern Anspruch auf das Kindergeld zu gewähren. Denn auch Stiefkinder bilden mit ihrem leiblichen Elternteil und dem Stiefelternteil eine Familie iSv. Art. 6 Abs. 1 GG (st. Rspr., seit BVerfG 30. Juni 1964 - 1 BvL 16/62 ua. - zu D 2 der Gründe, BVerfGE 18, 97).

36

b) Der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag sollte einen Beitrag zu der aus der Erziehung und Betreuung von Kindern folgenden erheblichen finanziellen Belastung leisten (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 28 mwN, AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13; vgl. auch BVerfG 19. November 2003 - 2 BvR 1476/01 - BVerfGK 2, 131 für den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 2 BBesG). Er bildete eine soziale Komponente des Arbeitseinkommens, die besondere, mit einem bestimmten Familienstand typischerweise und dauerhaft verbundene Unterhaltslasten des Angestellten ausgleichen sollte, ohne auf die damit einhergehende finanzielle Belastung im Einzelnen abzustellen (Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 284). Die Tarifvertragsparteien haben den Anspruch auf diesen Entgeltbestandteil vollständig an die Kindergeldberechtigung nach dem Einkommensteuergesetz geknüpft (Senat 31. Mai 2001 - 6 AZR 321/00 - AP BAT § 29 Nr. 16 = EzBAT BAT § 29 Nr. 29). Sie sind offenkundig davon ausgegangen, dass die Gewährung von Kindergeld und der Anspruch auf den kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag denselben sozialpolitischen Zwecken dienten (vgl. BVerwG 26. August 1993 - 2 C 16.92 - BVerwGE 94, 98).

37

c) Gründe, die ausgehend von diesem Regelungszweck des § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O bei der Aufnahme von Kindern in den Haushalt Differenzierungen zwischen Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnerschaften rechtfertigen könnten, lagen nicht vor. Vielmehr gebot der Regelungszweck des § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O die Gleichbehandlung beider Personengruppen.

38

aa) Die Tarifvertragsparteien hatten, wie sich aus den vom Landesarbeitsgericht eingeholten Auskünften ergibt, keine eigenständigen Gründe, die eingetragenen Lebenspartner vom Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufen 3 und höher auszunehmen. Eine etwaige familienpolitische Intention der Tarifvertragsparteien mit dem Ziel, dass Kinder mit möglichst verheirateten Eltern aufwachsen und daher Anreize zur Eheschließung gegeben werden sollten, läge ohnehin außerhalb der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien (Senat 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 27, BAGE 120, 55). Zudem könnte eine solche Intention allenfalls eine Privilegierung der Ehe gegenüber heterosexuellen nichtehelichen Lebensgemeinschaften begründen (BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 104, ZTR 2009, 642). Schließlich haben derartige Gründe keinen Niederschlag im Tarifwortlaut gefunden und wären daher unbeachtlich (vgl. Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 114/08 - Rn. 23, EzTöD 100 TVöD-AT § 8 Rufbereitschaftsentgelt Nr. 5).

39

bb) Der bloße Verweis auf den durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz der Ehe kann die Versagung des Anspruchs auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil für die in den Haushalt aufgenommenen Kinder des eingetragenen Lebenspartners nicht rechtfertigen (aA ohne nähere Begründung BFH 30. November 2004 - VIII R 61/04 -).

40

Zwar dürfen Tarifvertragsparteien bei der Gewährung sozialer Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis typisierend an die durch Eheschließung geschaffene Pflichtenlage anknüpfen, weil insoweit ein Bezug zu Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen und damit zur Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien besteht (vgl. Senat 29. April 2004 - 6 AZR 101/03 - BAGE 110, 277, 286). Regelungen, die derart differenzieren, müssen jedoch sachlich gerechtfertigt sein. Hierfür bedarf es jenseits des bloßen Abstellens auf die Ehe iSd. Art. 6 Abs. 1 GG eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel die Benachteiligung anderer Lebensformen, die wie die eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt (BVerfG 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 105, ZTR 2009, 642; vgl. auch Ingrid Schmidt FS Wißmann S. 80, 88). Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts tragen den Tenor seiner Entscheidung und entfalten wie der Tenor selbst die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG (5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05 - Rn. 74, NJW 2006, 672).

41

(1) Gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG entfalten die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts eine über den Einzelfall hinausgehende Bindungswirkung insofern, als die sich aus dem Tenor und den tragenden Gründen der Entscheidung ergebenden Grundsätze für die Auslegung der Verfassung von den Fachgerichten in allen künftigen Fällen beachtet werden müssen (vgl. 5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05 - Rn. 74, NJW 2006, 672; 10. Juni 1975 - 2 BvR 1018/74 - BVerfGE 40, 88, 94).

42

(2) Tragend für eine Entscheidung sind jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele (BVerfG 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 - BVerfGE 115, 97; 12. November 1997 - 1 BvR 479/92 - und - 1 BvR 307/94 - BVerfGE 96, 375, 404 f.).

43

Danach sind die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zum unzureichenden Rechtfertigungsgehalt des Schutzes der Ehe tragend und bindend. Unabhängig davon, dass diese Ausführungen sich lediglich auf den konkret zu entscheidenden Fall und damit auf die Hinterbliebenenversorgung von eingetragenen Lebenspartnern beziehen, beruht die Entscheidung in ihrem Ergebnis darauf, dass allein mit Art. 6 Abs. 1 GG die Differenzierung zwischen eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten nicht gerechtfertigt werden könne, sondern darüber hinaus ein gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel hinreichend gewichtiger Sachgrund vorliegen müsse. Diese Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts über die Interpretation der Reichweite des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG, die es im Übrigen auch zum Leitsatz gemacht hat, binden deshalb den Senat.

44

cc) Auch die innerhalb der Familie bestehenden Schutz- und Beistandspflichten rechtfertigen die Begünstigung von Ehen mit Stiefkindern eines Elternteils gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen leibliche Kinder eines Lebenspartners leben, nicht.

45

Der Ortszuschlag der Stufe 3 und höher sollte - wie ausgeführt - die durch die Erziehung und Betreuung von Kindern entstehenden finanziellen Belastungen mindern. Einen Anspruch darauf hatten neben verheirateten, verwitweten und geschiedenen Angestellten (§ 29 Abschn. B Abs. 2 Nr. 1 bis 3 iVm. Abs. 3 BAT/BAT-O), bei denen ein Bezug zur Ehe bestand, auch alleinerziehende Angestellte, bei denen nie eine Ehe bestanden hatte (§ 29 Abs. 2 Nr. 4 iVm. Abs. 3 bzw. § 29 Abs. 4 BAT/BAT-O). Der kinderbezogene Entgeltbestandteil im Ortszuschlag knüpfte damit bei typisierender Betrachtung auch an das Bestehen einer Familie und an die daraus entstehenden Pflichten an.

46

(1) In eingetragenen Lebenspartnerschaften besteht eine rechtlich abgesicherte Verantwortungsbeziehung nicht nur der Partner untereinander oder gegenüber ihren leiblichen Kindern, sondern auch gegenüber Kindern des Lebenspartners. § 9 LPartG räumt dem Lebenspartner eines allein sorgeberechtigten Elternteils im Einvernehmen mit dem Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes ein. Das Lebenspartnerschaftsgesetz gewährt dem Lebenspartner also für die Kinder seines eingetragenen Lebenspartners das sog. kleine Sorgerecht. Dies beruht auf der Annahme des Gesetzgebers, dass in einer Lebenspartnerschaft regelmäßig auch der Lebenspartner, der nicht Elternteil des Kindes ist, Aufgaben der Pflege und Erziehung des Kindes übernehme. Dies solle durch das kleine Sorgerecht rechtlich anerkannt, geschützt und abgesichert werden. Jedenfalls dann, wenn der leibliche Elternteil Alleininhaber der elterlichen Sorge sei, sei nämlich zu erwarten, dass im Rahmen der Lebenspartnerschaft eine neue soziale Familie entstehe (BT-Drucks. 14/3751 S. 39). Die durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts durch § 9 Abs. 7 LPartG eingefügte Möglichkeit der Stiefkindadoption hat der Gesetzgeber damit begründet, dass auch der Lebenspartner, der nicht Elternteil ist, Verantwortung für das Kind übernehme. Begründe der Elternteil eines Kindes, bei dem es lebe, eine Lebenspartnerschaft, bestehe in der Regel eine gemeinsame Familie (BT-Drucks. 15/3445 S. 15).

47

(2) Angesichts der vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lebenssituation von Angestellten des öffentlichen Dienstes, die leibliche Kinder ihres Ehegatten oder ihres eingetragenen Lebenspartners in den Haushalt aufgenommen haben, kann dahinstehen, ob die Gemeinschaft aus eingetragenen Lebenspartnern und Kindern eines der Lebenspartner tatsächlich - wie der Gesetzgeber ohne weitere Begründung wohl angenommen hat - bereits eine Familie iSd. Art. 6 Abs. 1 GG ist.

48

Art. 6 Abs. 1 GG erstreckt seinen Schutz auf die soziale Familie als dauerhafte Verantwortungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern. Dabei ist nicht maßgeblich, ob die Kinder von den Eltern abstammen und ob sie ehelich oder nichtehelich geboren wurden. Familie iSd. Art. 6 Abs. 1 GG ist nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen Kindern und Eltern, die für diese Verantwortung tragen. Lebt das Kind mit beiden Eltern zusammen, bilden sie gemeinsam eine Familie. Ist dies nicht der Fall, tragen aber beide Eltern tatsächlich Verantwortung für das Kind, hat dieses zwei Familien, die jeweils von Art. 6 Abs. 1 GG geschützt sind: die mit der Mutter und die mit dem Vater (BVerfG 9. April 2003 - 1 BvR 1493/96 - und - 1 BvR 1724/01 - zu C II 1 a der Gründe, BVerfGE 108, 82).

49

Damit ist zwar klargestellt, dass Ehe und Familie zwei unabhängig voneinander gewährleistete Schutzbereiche des Art. 6 Abs. 1 GG sind. Ungeklärt ist bisher jedoch, ob auch eine Gemeinschaft, die aus zwei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und Kindern des einen Lebenspartners besteht, ebenso wie eine Gemeinschaft aus Ehegatten mit leiblichen Kindern eines Elternteils als Familie iSv. Art. 6 Abs. 1 GG anzusehen ist (in diesem Sinn Jarass/Pieroth GG 10. Aufl. Art. 6 Rn. 7; ausführlich Gerhard Die eingetragene Lebenspartnerschaft Dissertation 2007). Darauf kommt es hier aber nicht an. Jedenfalls wird bei typisierender Betrachtung durch die Aufnahme von Kindern eines eingetragenen Lebenspartners in den Haushalt der Lebenspartnerschaft eine familienähnliche Beistandsgemeinschaft (zu diesem Begriff vgl. Gröschner in H. Dreier Grundgesetz-Kommentar Bd. 1 2. Aufl. Art. 6 Rn. 73) bzw. eine sozial-familiäre Verantwortungsgemeinschaft (zu diesem Begriff BVerfG 10. August 2009 - 1 BvL 15/09 - Rn. 15, FamRZ 2009, 1653 für das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) vermittelt, die es ausschließt, diese Kinder hinsichtlich der kinderbezogenen Entgeltbestandteile im Ortszuschlag anders zu behandeln als die Kinder von Ehegatten. Nach der Lebenswirklichkeit sind in dem durch die Aufnahme der Kinder des eingetragenen Lebenspartners begründeten familiären Betreuungs- und Erziehungsverhältnis die faktischen rechtlichen sowie sittlichen Pflichten gegenüber den Kindern des eingetragenen Lebenspartners soweit an die in einer Ehe gegenüber den Kindern des anderen Ehegatten bestehenden Verpflichtungen angenähert, dass es besonderer Umstände bedarf, um die Versagung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils im Ortszuschlag zu rechtfertigen.

50

(3) Solche Umstände liegen nicht vor. Die durch Aufnahme von Kindern entstehenden materiellen und immateriellen Belastungen, etwa durch deren Versorgung, Gewährung von Unterhalt, Zuwendung von Fürsorge und Betreuung und die Begründung familienähnlicher Bindungen (vgl. BSG 14. Januar 1987 - 10 RKg 13/85 - SozSich 1987, 288), hängen nicht davon ab, ob es sich um Kinder eines Ehegatten oder des Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft handelt.

51

Es sind auch weder vom Landesarbeitsgericht Feststellungen getroffen noch sind Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder offenkundig, dass in eingetragenen Lebenspartnerschaften entgegen der Annahme des Gesetzgebers derartige Belastungen - anders als in der Ehe - typischerweise vom leiblichen Elternteil allein getragen werden. Die eingetragene Lebenspartnerschaft führt - wie dargelegt - zu rechtlichen Bindungen, die weitgehend der Ehe entsprechen. Aufgrund der verrechtlichten Verantwortungsbeziehung der eingetragenen Lebenspartner ist die Annahme gerechtfertigt, dass - wie bei einer Ehe und anders als bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften - durch die Aufnahme des Kindes eines eingetragenen Lebenspartners in den Haushalt des Angestellten des öffentlichen Dienstes ein familiäres Betreuungs- und Erziehungsverhältnis entsteht, das mit dem gegenüber einem leiblichen Kind bestehenden vergleichbar ist. Gerade der Milderung der dadurch auftretenden Belastungen diente der kinderbezogene Entgeltbestandteil im Ortszuschlag. Daher verstößt es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn dieser Entgeltbestandteil eingetragenen Lebenspartnern, die Kinder ihres Partners aufgenommen haben, anders als Ehegatten für die Kinder ihres Ehepartners nicht gewährt wird, obwohl sie - wie es bei der Klägerin der Fall ist - die übrigen Voraussetzungen der §§ 63 ff. EStG erfüllen.

52

F. Wegen der Teilnichtigkeit der Regelung in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O hatte die Klägerin seit Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft am 3. Juni 2005 Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 4.

53

Verstöße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG lösen bei Tarifverträgen und Gesetzen die gleichen Rechtsfolgen aus. Soweit dem Normgeber ein Regelungsspielraum verbleibt, haben die Gerichte für Arbeitssachen dies zu respektieren. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Tarifvertrags ist nicht ohne Weiteres möglich. Die unzulässigerweise ausgeklammerten Personen haben jedoch dann Anspruch auf die Vergünstigung, wenn der Normgeber nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung tragen kann oder wenn anzunehmen ist, dass er bei Beachtung des Gleichheitssatzes alle zu berücksichtigenden Personen in die Vergünstigung einbezogen hätte (vgl. BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - BVerfGE 85, 191, 211 f.; BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 247 f.).

54

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG kann in dem vorliegenden Fall der Teilnichtigkeit einer Norm, die einen bestimmten Entgeltbestandteil einem kleinen Teil der Normunterworfenen gleichheitswidrig versagte und die zwischenzeitlich im Zuständigkeitsbereich des beklagten Freistaats durch den TV-L ersetzt worden ist, nur dadurch genügt werden, dass auch den benachteiligten Angestellten, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten, die vorenthaltene Leistung verschafft wird. Aus Gründen des Vertrauensschutzes kann den rechtmäßig von § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O iVm. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begünstigten Angestellten, die Kinder ihres Ehegatten in den Haushalt aufgenommen hatten und deswegen den Ortszuschlag der Stufe 3 und höher bezogen, dieser Entgeltbestandteil nicht rückwirkend genommen werden (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236, 248).

55

G. Seit dem 1. November 2006, dh. seit Inkrafttreten des TV-L, hat die Klägerin Anspruch auf Fortzahlung des kinderbezogenen Entgeltbestandteils gemäß § 11 TVÜ-Länder. Die Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin waren aus den unter E genannten Gründen im Oktober 2006 zu berücksichtigen. Änderungen in den persönlichen Verhältnissen, die den Anspruch auf das Kindergeld und damit die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-Länder zwischenzeitlich hätten entfallen lassen, sind nicht festgestellt, nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

56

H. Weil sich der Anspruch der Klägerin bereits aus einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O ergibt, kann dahinstehen, ob die Klägerin auch aus unionsrechtlichen Gründen Anspruch auf die begehrte Gleichbehandlung mit verheirateten Angestellten des Beklagten hatte. Der Senat brauchte daher auch nicht zu entscheiden, ob die Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht Personen gleichen Geschlechts in eine Situation versetzt, die in Bezug auf kinderbezogene Entgeltbestandteile der Situation von Ehegatten vergleichbar ist (zu dieser Anforderung vgl. EuGH 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757), oder ob dies wegen der nach wie vor bestehenden Unterschiede in der rechtlichen Ausgestaltung beider Familienstände zu verneinen ist (so für den Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG BVerwG 15. November 2007 - 2 C 33.06 - mwN, NJW 2008, 868; mit Beschluss vom 26. Mai 2009 - 2 B 80.08 - hat das BVerwG gleichwohl die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG mit dem Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung vereinbar ist; das BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07 - AP GG Art. 3 Nr. 315 = EzA AGG § 2 Nr. 3 hat eine Diskriminierung eingetragener Lebenspartner hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung bejaht), und welche Bedeutung Art. 6 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang zukäme. Schließlich bedarf auch die Frage keiner Klärung, ob und unter welchen Voraussetzungen Ungleichbehandlungen, die an den Familienstand anknüpfen, wie vom Gerichtshof der Europäischen Union in der Maruko-Entscheidung ohne nähere Begründung in Abweichung von den Schlussanträgen von Generalanwalt Colomer (6. September 2007 - C-267/06 - Rn. 96, aaO) angenommen, zu einer unmittelbaren Diskriminierung gleichgeschlechtlicher eingetragener Lebenspartner führen können, oder ob lediglich eine mittelbare Diskriminierung in Betracht kommt (so BVerwG 15. November 2007 - 2 C 33.06 - Rn. 19 ff., aaO; vgl. auch ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 13; EuGH 31. Mai 2001 - C-122/99 P - und - C-125/99 P - Rn. 48, Slg. 2001, I-4319 prüft neutral lediglich die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes). Der Senat hatte deshalb auch die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung dieser Fragen nicht zu prüfen.

57

I. Der Klägerin sind entgegen der Auffassung des beklagten Freistaats die begehrten Verzugszinsen zuzusprechen.

58

I. Nach ständiger Rechtsprechung (seit BAG 21. Januar 1970 - 4 AZR 106/69 - BAGE 22, 247) kann auch mit einer Feststellungsklage die Verpflichtung zur Verzinsung der jeweils fälligen festzustellenden Vergütungsbeträge begehrt werden.

59

II. Das für die begehrten Verzugszinsen nach § 285 BGB erforderliche Verschulden des Beklagten ergibt sich daraus, dass dieser trotz Mahnung und Fälligkeit nicht geleistet hat. Der Beklagte mag davon ausgegangen sein, dass er im Hinblick auf die eindeutige Regelung in § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O nicht zur Zahlung des begehrten Entgeltbestandteils verpflichtet war. Dies lässt jedoch das Verschulden nicht entfallen. Insoweit liegt ein normales Prozessrisiko vor, das den Beklagten nicht entlastet.

60

J. Ungeachtet der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30. November 2004 (- VIII R 61/04 -) war der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht gemäß § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (RsprEinhG) anzurufen.

61

I. Gemäß § 2 RsprEinhG ist eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat nur erforderlich, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. Dieselbe Rechtsfrage iSd. § 2 RsprEinhG liegt vor, wenn sich die zur Entscheidung anstehende Rechtsfrage im Anwendungsbereich derselben Rechtsvorschrift oder auf der Grundlage von Vorschriften stellt, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im Wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (GmS-OGB 12. März 1987 - 6/86 - zu II der Gründe, BVerwGE 77, 370).

62

Daran fehlt es hier. Die auszulegende Bestimmung des § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O hat einen anderen Regelungsinhalt als die Bestimmung des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, die als Sozialzwecknorm der einkommensteuerrechtlichen Förderung der Familie dient und im Übrigen nur an das Alter und das Einkommen der aufgenommenen Kinder knüpft. Demgegenüber ist der Ortszuschlag der Stufen 3 und höher ein Entgeltbestandteil, der zusätzlich zu den Anforderungen des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Erbringung der Arbeitsleistung oder den Anspruch auf Entgeltersatzleistungen voraussetzt. Deshalb stimmen die tarifliche Norm und die gesetzliche Bestimmung, auf die sie verweist, in ihrem Regelungsinhalt nicht gänzlich überein.

63

II. Darüber hinaus hat der Bundesfinanzhof zur Begründung seiner Annahme, die unterschiedliche gesetzliche Behandlung von Kindern des Ehegatten einerseits und Kindern der gleichgeschlechtlichen Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft andererseits sei nicht verfassungswidrig, darauf abgestellt, dass Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe unter den besonderen Schutz des Staates stelle und der Gesetzgeber deshalb ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG Ehegatten gegenüber Nichtehegatten begünstigen könne. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch entschieden, dass der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine Benachteiligung anderer Lebensformen, die wie die eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen mit der Ehe vergleichbar seien, allein nicht rechtfertige (7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - Rn. 105, ZTR 2009, 642).

64

Bei diesen Ausführungen handelt es sich - wie ausgeführt (siehe oben E II 2 c bb) - um den Tenor tragende Entscheidungsgründe, die deshalb wie der Tenor selbst die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG entfalten. Dadurch sind die Voraussetzungen einer Vorlage an den Gemeinsamen Senat entfallen. Die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes dient der Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (Art. 95 Abs. 3 Satz 1 GG, § 1 Abs. 1 RsprEinhG). Darum ist eine Anrufung des Gemeinsamen Senats nicht erforderlich, wenn das Bundesverfassungsgericht die von einem anderen obersten Gerichtshof des Bundes abweichend beantwortete Rechtsfrage inzwischen mit Bindungswirkung für alle Fachgerichte geklärt hat. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist dann bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewährleistet (vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07 - Rn. 25, AP GG Art. 3 Nr. 315 = EzA AGG § 2 Nr. 3 für die Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH).

65

K. Der Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

        

    H. Markwat    

        

    U. Lauth    

        

        

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

1.
die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
2.
die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
3.
den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
4.
die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
5.
den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
6.
die sozialen Vergünstigungen,
7.
die Bildung,
8.
den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. September 2008 - 9 Sa 525/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung oder wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen Abfindung verpflichtet ist.

2

Der 1949 geborene Kläger ist seit 1971 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juni 2006 legte die Beklagte, bei der betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu diesem Zeitpunkt tariflich noch bis mindestens 31. Dezember 2011 ausgeschlossen waren, für die bei ihr und bei bestimmten konzernangehörigen Gesellschaften Beschäftigen ein Abfindungsmodell für Arbeitnehmer auf, die bis zum 30. Juni 2007 freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden. Für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zwischen dem 1. Juni und dem 30. September 2006 aufgrund entsprechender Aufhebungsverträge endeten, war eine zusätzliche „Turbo-Prämie“ von 54.000,00 Euro brutto vorgesehen. Dieses Modell richtete sich ausdrücklich lediglich an Mitarbeiter der Jahrgänge 1952 und jünger. Es stand unter einem doppelten Freiwilligkeitsvorbehalt: Kein Arbeitnehmer musste zu den dargelegten Bedingungen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden; die Beklagte behielt sich vor, Angebote von Arbeitnehmern auf ein Ausscheiden abzulehnen. Bis zum 1. Januar 2007 hatten 5.937 Arbeitnehmer Aufhebungsverträge unterschrieben, darunter 24 Arbeitnehmer, die wie der Kläger vor dem 1. Januar 1952 geboren sind. Das ergibt sich aus einem „Flash-Report“ mit Stand vom 1. Januar 2007. Zwischen den Parteien ist streitig, zu welchen Konditionen die 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer, mit denen die Beklagte Aufhebungsverträge geschlossen hat, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind.

3

Der Kläger erhielt das Rundschreiben von Mai 2006, aus dem sich die Einzelheiten des Abfindungsmodells ergaben, nicht. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 bat er unter Bezug auf dieses Rundschreiben die Beklagte darum, ihm ein „entsprechendes“ Angebot zu unterbreiten. Dem Kläger stünde nach dem von der Beklagten aufgelegten Modell bei Ausscheiden bis zum 30. September 2006 inklusive der Turbo-Prämie unstreitig eine Abfindung von 171.720,00 Euro brutto zu. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 22. Juni 2006 den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zu den im Rundschreiben niedergelegten Bedingungen ab. Sie wies auf die bei ihr bestehende tarifliche Altersteilzeitregelung hin und erklärte sich bereit, dem Kläger eine Abfindung zu zahlen, die sich an den Altersteilzeitregelungen orientierte. Nach den bei der Beklagten geltenden tariflichen Regelungen darf die Altersteilzeit 24 Kalendermonate nicht unter- und 60 Kalendermonate nicht überschreiten. Während der Altersteilzeit dürfen grundsätzlich nur geringfügige Tätigkeiten unterhalb der Grenze des § 8 SGB IV ausgeübt werden.

4

In der Güteverhandlung bot die Beklagte dem Kläger eine Abfindung von 58.700,00 Euro netto an. Dieser bat daraufhin mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 um kurzfristige Mitteilung, welche Bruttoabfindung der Berechnung der Beklagten zugrunde liege, und um Übersendung der entsprechenden Berechnungen. Die Beklagte antwortete daraufhin mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 wie folgt:

        

„... teilen wir Ihnen mit, dass es uns nicht möglich ist, Ihnen eine Bruttoabfindungssumme zu nennen, weil diese abhängig vom konkreten Verdienst und den Steuerdaten Ihres Mandanten zum Auszahlungszeitpunkt ist. Die Nettosumme errechnet sich nach den Monaten bis zu einem frühestmöglichen Renteneintritt Ihres Mandanten (in diesem Fall 60 Jahre nach Altersteilzeit, also bei Austritt noch in diesem Oktober 36 Monate) und den Nettobeträgen, die er in einer Altersteilzeit monatlich lt. Zumutbarkeitstabelle erhalten würde (unter Berücksichtigung der Steuerklasse III 1.632,46 €).

        

...“

5

Ein Aufhebungsvertrag zu diesen Konditionen kam zwischen den Parteien nicht zustande.

6

Mit der am 22. September 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger den Abschluss eines Aufhebungsvertrags unter Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro brutto.

7

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, sein Anspruch ergebe sich aus dem Verbot der Altersdiskriminierung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) finde bereits Anwendung. Die Beklagte habe auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes noch den Abschluss des Aufhebungsvertrags zu den begehrten Bedingungen abgelehnt. Sie habe falsche Vergleichsgruppen gebildet. Zu vergleichen seien die Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung schließen wollten, und die Arbeitnehmer, die das Arbeitsverhältnis fortsetzen wollten. Die Möglichkeit, Altersteilzeit in Anspruch nehmen zu können, rechtfertige die Ungleichbehandlung der kontrahierungswilligen Arbeitnehmer der Geburtsjahrgänge 1951 und älter nicht. So könne er - unstreitig - frühestens im Jahr 2009 Altersteilzeit in Anspruch nehmen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem das von der Beklagten aufgelegte Abfindungsmodell bereits abgelaufen sei. Personalabbau sei kein legitimes und angemessenes Ziel iSd. § 10 AGG.

8

Der Kläger behauptet, er werde auch gegenüber den vor dem 1. Januar 1952 geborenen 24 Arbeitnehmern ungleich behandelt, mit denen die Beklagte Aufhebungsverträge geschlossen habe. Aus dem Flash-Report ergebe sich, dass die Aufhebungsverträge zu den Bedingungen der Turbo-Prämie abgeschlossen worden seien. Andernfalls wären sie in diesem nicht aufgeführt, der sich nach seinem Sinn und Zweck lediglich auf die Turbo-Prämie beziehe. Weitere Darlegungen seien ihm nicht möglich, da ihm diese Mitarbeiter namentlich nicht bekannt seien.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.   

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 117.720,00 Euro zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 54.000,00 Euro, insgesamt also eine Abfindung in Höhe von 171.720,00 Euro beinhaltet, zu unterbreiten, sowie

        

2.   

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass die Beklagte dem Kläger wegen seines Alters keinen Aufhebungsvertrag über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bis zum 30. September 2006 und Zahlung einer Abfindung in Höhe von 117.720,00 Euro zuzüglich Zuschlag in Höhe von 54.000,00 Euro, insgesamt also eine Abfindung in Höhe von 171.720,00 Euro, angeboten hat.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags auf den doppelten Freiwilligkeitsvorbehalt verwiesen, unter dem der Abschluss der Aufhebungsverträge im Rahmen der aufgelegten Aktion gestanden habe. Da sie das Angebot des Klägers, gegen Zahlung einer Abfindung zu den Bedingungen des Rundschreibens aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, vor Inkrafttreten des AGG endgültig abgelehnt habe, finde dieses keine Anwendung. Jedenfalls habe sie den Kläger nicht wegen seines Alters diskriminiert. Für ihn sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wirtschaftlich am vorteilhaftesten.

11

Die Beklagte hat behauptet, sie habe mit den Arbeitnehmern, die vor dem 1. Januar 1952 geboren seien, zu anderen Konditionen als denen des Rundschreibens kontrahiert. Sie hat insoweit drei Arbeitnehmer aus dem Werk H, in dem auch der Kläger beschäftigt war, namentlich benannt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Arbeitnehmer nicht zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 ausgeschieden sind. Der Flash-Report werte insgesamt aus, mit wie vielen Arbeitnehmern einvernehmliche Ausscheidensregelungen getroffen worden seien.

12

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Ausschluss der vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis des 2006 aufgelegten Abfindungsmodells sei durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt und objektiv angemessen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den 24 Arbeitnehmern, die als Angehörige des Jahrgangs 1951 und älter Aufhebungsverträge erhalten hätten. Die Beklagte biete auch älteren Arbeitnehmern Abfindungen an, wie sie es unstreitig auch beim Kläger getan habe. Deshalb reiche es aus, wenn die Beklagte lediglich bestreite, dass im Flash-Report ausschließlich Arbeitnehmer aufgeführt seien, die zu den Konditionen des Turbo-Modells ausgeschieden seien.

13

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, mit der er ua. geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast rechtsfehlerhaft überspannt, soweit es die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verneint habe.

Entscheidungsgründe

14

Der Kläger ist im Rahmen der von der Beklagten im Jahr 2006 aufgelegten Abfindungsaktion weder wegen seines Alters diskriminiert noch von der Beklagten gleichheitswidrig benachteiligt worden. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

15

A. Die Beklagte hat bei ihrer im Rahmen eines Personalabbaus durchgeführten Abfindungsaktion den Kläger nicht wegen seines Alters diskriminiert. Er hat deshalb unter diesem Gesichtspunkt keinen Anspruch auf das begehrte Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro.

16

I. Die Beklagte hat den Kläger durch die Herausnahme aus dem Personenkreis, mit dem sie bereit war, den Abschluss von Aufhebungsverträgen zu den Bedingungen des Rundschreibens vom Mai 2006 in Betracht zu ziehen, nicht wegen seines Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar benachteiligt. Bereits aus diesem Grund besteht kein Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags als Erfüllungsanspruch aus § 7 Abs. 1 AGG(zum Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags als vorenthaltene Leistung nach dem Rechtsgedanken des durch das AGG aufgehobenen § 611a Abs. 3 Satz 1 BGB siehe BAG 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 48, BAGE 123, 358; zum Anspruch auf Erfüllung derjenigen Ansprüche, die der begünstigten Gruppe zustehen, bei Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes siehe BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 37, NZA 2010, 159; zum Erfüllungsanspruch aus § 7 Abs. 1 AGG allg. siehe Wendeling-Schröder/Stein AGG § 7 Rn. 6; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 7 Rn. 19 f.). Ob einem solchen Erfüllungsanspruch die Bestimmung des § 15 Abs. 6 AGG entgegenstünde, der einen Vertragsabschlusszwang als Schadenersatz bei Verstößen des Arbeitgebers gegen § 7 Abs. 1 AGG bei Begründung eines Beschäftigungs- und Berufsausbildungsverhältnisses und bei beruflichem Aufstieg ausschließt, kann deshalb dahinstehen. Vertragsänderungen und -beendigungen wie die vom Kläger verlangte werden von dieser Bestimmung jedenfalls ihrem Wortlaut nach nicht erfasst (ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 15 AGG Rn. 13; für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Vereinbarung jeglichen Vertrags und jeglicher Vertragsänderung gleichwohl MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 42). Ebenso kann dahinstehen, ob ein etwaiger Kontrahierungszwang mit der durch Art. 2, 12 GG gewährleisteten Vertragsfreiheit vereinbar wäre(vorsichtig bejahend ErfK/Dieterich 10. Aufl. Art. 12 GG Rn. 31 zur Sicherung verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen bei gesetzlicher Grundlage mwN zum Streitstand).

17

1. Nach Auffassung des EuGH ist das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der nunmehr in Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist und den die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf konkretisiert (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 21 f.). Die unionsrechtliche Frage, welcher Rechtscharakter dem Verbot der Altersdiskriminierung zukommt, ist damit vom EuGH endgültig beantwortet. Dieses Verbot ist vom EuGH in den Rang eines Primärrechts erhoben worden, das unabhängig von einer nationalen Umsetzung auch im Verhältnis zwischen Privaten von den Gerichten unmittelbar anzuwenden ist. Ob dieses Verbot verletzt worden ist, ließ sich angesichts seiner Unbestimmtheit bis zum Inkrafttreten des AGG nur am Maßstab der es konkretisierenden Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG ABl. EG Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) feststellen. Seit dem 18. August 2006 ist eine Verletzung des Verbots der Altersdiskriminierung anhand des diese Richtlinie in nationales Recht umsetzenden AGG zu prüfen.

18

Auch wenn die Beklagte das Angebot des Klägers auf Kontrahierung zu den Bedingungen des Rundschreibens noch vor Inkrafttreten des AGG endgültig abgelehnt hat, ist damit die Frage, ob sie dadurch das Verbot der Altersdiskriminierung verletzt hat und der Kläger Anspruch auf Abgabe der begehrten Willenserklärung hat (§ 894 Satz 1 ZPO), am Maßstab des AGG zu beantworten. Dies gilt um so mehr, als der Kläger sein Verlangen nach einem Angebot zum Abschluss eines entsprechenden Aufhebungsvertrags spätestens mit seiner der Beklagten am 29. September 2006 zugestellten Klageschrift und damit vor Ablauf der von der Beklagten für den Anspruch auf die höchste Stufe der Turbo-Prämie gesetzten Frist am 30. September 2006 wiederholt hat, der Sachverhalt also bei Inkrafttreten des AGG noch nicht abgeschlossen iSd. § 33 Abs. 1 AGG war(dazu zuletzt BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - Rn. 31 ff.).

19

2. Die das Verbot der Altersdiskriminierung konkretisierende Richtlinie 2000/78/EG soll ausweislich ihres Art. 1 innerhalb der Europäischen Gemeinschaft einen allgemeinen Rahmen für die Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes festlegen und in diesem Rahmen Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf bekämpfen. Verboten ist deshalb im hier interessierenden Zusammenhang jede unmittelbare und mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Welches Verhalten als unzulässige Diskriminierung zu werten ist, legt Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie fest. Regelungstechnisch ist das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie ein Verbot, eine differenzierende, benachteiligende Behandlung an das Alter zu knüpfen. Erfährt eine Person wegen ihres Alters eine weniger günstige Behandlung als andere Personen in vergleichbaren Situationen, stellt eine solche Ungleichbehandlung begrifflich zunächst einmal eine „unmittelbare Diskriminierung“ iSd. Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie dar (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 59, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9).

20

Eine derartige Ungleichbehandlung unterliegt - anders als unmittelbare Diskriminierungen im Europarecht im Allgemeinen - jedoch nicht uneingeschränkt dem Verdikt, rechtswidrig zu sein. Das Differenzierungsmerkmal des Alters als solches besitzt nämlich im Unterschied zu den übrigen in Art. 1 der Richtlinie genannten verbotenen Anknüpfungspunkten die zur Annahme einer verbotenen Diskriminierung erforderliche abschließende Aussagekraft für sich allein genommen noch nicht. Auch bei Anknüpfung an ein solches Merkmal können die Betroffenen tatsächlich nicht nachteilig belastet sein. Alter ist eine lineare Eigenschaft, denn jeder Beschäftigte weist irgendein Alter auf, das sich auf einer horizontalen, nach Lebensjahren eingeteilten Skala entwickelt, auf der sich Abschnitte festlegen und Differenzierungen nach Altersstufen vornehmen lassen. Die anderen in Art. 1 der Richtlinie genannten Diskriminierungsmerkmale lassen sich nicht in derartigen Stufen messen und sind keiner ständigen, unausweichlichen Veränderung unterworfen, sondern - jedenfalls im Regelfall - ein für alle Mal festgelegt. Das Alter ist dagegen ein ambivalentes, relatives Differenzierungsmerkmal (Linsenmaier RdA 2003 Sonderbeilage Heft 5 S. 22, 25; Sprenger Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG S. 58 mwN zu Fn. 357). Von einer Altersdiskriminierung ist darum potenziell jeder Mensch betroffen. Eine bloße Differenzierung anhand des Lebensalters indiziert deshalb selbst dann, wenn sie zu einer Benachteiligung einer Personengruppe bestimmten Alters führt, eine Diskriminierung im Sinne einer rechtswidrigen Benachteiligung (vgl. Brockhaus Enzyklopädie 21. Aufl. „Diskriminierung“; Brockhaus Wahrig Deutsches Wörterbuch 1981 2. Bd. S. 245 „diskriminieren“) noch nicht. Vielmehr kann es gerechtfertigt sein, eine Maßnahme altersabhängig zu gestalten. Das bringt der Erwägungsgrund Nr. 25 der Richtlinie 2000/78/EG zum Ausdruck, der eine Unterscheidung zwischen einer bloßen Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer zu verbietenden Diskriminierung verlangt.

21

Wegen dieser Besonderheiten des Alterskriteriums als Anknüpfungspunkt einer Diskriminierung sieht die Richtlinie 2000/78/EG abweichend von der üblichen Systematik unionsrechtlicher Diskriminierungsverbote nicht nur in Art. 2 Abs. 2 Buchst. b bei mittelbaren Diskriminierungen Rechtfertigungsmöglichkeiten vor, sondern eröffnet in Art. 6 auch bei unmittelbar an das Alter anknüpfenden Maßnahmen die Möglichkeit, diese durch den Nachweis ihrer Verhältnismäßigkeit zu rechtfertigen(Schlachter Altersgrenzen und Alterssicherung im Arbeitsrecht S. 355, 366 f.).

22

3. Diese Systematik der Richtlinie 2000/78/EG behält das AGG bei. Danach hat die Beklagte den Kläger schon nicht wegen seines Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar benachteiligt.

23

a) Die Beklagte hat den Kläger aus dem Kreis der Arbeitnehmer ausgenommen, mit denen sie den Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu den Konditionen des Rundschreibens in Erwägung gezogen hat, weil er vor dem 1. Januar 1952 geboren ist. Damit ist der Anwendungsbereich des AGG eröffnet, denn unter die Entlassungsbedingungen iSd. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 AGG fallen auch Aufhebungsverträge (Wendeling-Schröder/Stein AGG § 2 Rn. 16; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 8; vgl. EuGH 16. Februar 1982 - C-19/81 - [Burton] Rn. 9, Slg. 1982, 555 für die Richtlinie 76/207).

24

b) Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern, die vor oder nach dem 1. Januar 1952 geboren sind, benachteiligte Arbeitnehmer wie den Kläger, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, nicht unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Solche Arbeitnehmer haben dadurch, dass sie von dem geplanten Personalabbau ausgenommen worden sind, keine weniger günstige Behandlung als jüngere Arbeitnehmer erfahren, denen das Angebot unterbreitet worden ist, zu den im Rundschreiben vom Mai 2006 genannten Bedingungen auszuscheiden, und die dieses Angebot angenommen haben. Das gilt auch dann, wenn ältere Arbeitnehmer wie der Kläger ein Angebot der Beklagten, zu den Bedingungen des Rundschreibens bis zum 30. September 2006 aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, angenommen hätten.

25

aa) Ein Arbeitnehmer erfährt nicht bereits dann eine „weniger günstige Behandlung“ iSv. § 3 Abs. 1 AGG, wenn er objektiv anders als ein älterer oder jüngerer Arbeitnehmer behandelt wird(vgl. Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 4; MünchKommBGB/Thüsing 5. Aufl. § 3 AGG Rn. 2; vgl. für die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 1 GG ErfK/Schmidt 10. Aufl. Art. 3 GG Rn. 34; Osterloh in Sachs Grundgesetz 5. Aufl. 2009 Art. 3 Rn. 84). Die dargelegte fehlende Eindeutigkeit des ambivalenten Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verlangt bereits auf der Tatbestandsebene zur Feststellung einer objektiv vorliegenden Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG eine Ungleichbehandlung, die für den Betroffenen einen eindeutigen Nachteil bewirkt. Die Differenzierung zwischen unterschiedlich alten Arbeitnehmern muss sich also für eine bestimmte Altersgruppe negativ auswirken, indem sie sie zurücksetzt (Wendeling-Schröder/Stein aaO; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 2).

26

bb) Ob ein Arbeitnehmer, der von einem durch Abschluss freiwilliger Aufhebungsverträge unter Zahlung von Abfindungen durchgeführten Personalabbau wegen seines Alters ausgenommen wird, im vorstehend dargelegten Sinn eine „weniger günstige Behandlung“ erfährt als jüngere Arbeitnehmer, denen Aufhebungsverträge gegen Zahlung einer Abfindung angeboten werden, und deshalb im unionsrechtlichen Sinne zunächst unmittelbar diskriminiert wird, kann nur unter Heranziehung der Gründe beurteilt werden, die zur Aufnahme des Alters als verpöntes Differenzierungsmerkmal in die Richtlinie 2000/78/EG und damit in das AGG geführt haben.

27

(1) Ziel für die Schaffung einer Richtlinie zur einheitlichen Bekämpfung von Diskriminierungen in der Europäischen Union war es, sicherzustellen, dass ein möglichst hoher Prozentsatz der Personen im erwerbsfähigen Alter tatsächlich einer Beschäftigung nachgeht. Ältere Menschen werden im Bereich Beschäftigung bei Arbeitsplatzverlusten, Einstellung, Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und in Bezug auf die Bedingungen für den Eintritt in den Ruhestand besonders diskriminiert (KOM [1999] 565 endgültig S. 3).

28

Diese von der Kommission in ihrem Vorschlag zum Erlass einer Gleichbehandlungsrichtlinie angeführte Zielrichtung des Schutzes und der Integration gerade älterer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt hat auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2000/78/EG Niederschlag gefunden. Nach Art. 253 EGV bedarf das gesamte Sekundärrecht der Gemeinschaft einer Begründung, die die wichtigsten rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen darlegt, auf denen die Rechtshandlungen beruhen und die für das Verständnis des Gedankengangs erforderlich sind. Motive und Hintergründe, die zum Erlass der Maßnahme geführt haben, sollen durch sie transparent gemacht werden. Mitgliedsstaaten und den Gemeinschaftsrichtern dienen sie als Indikator und maßgebliche Erkenntnisquelle zur Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit einer Maßnahme (Calliess in Calliess/Ruffert EUV/EGV 3. Aufl. 2007 Art. 253 EGV Rn. 2, 6; Schwarze EU-Kommentar 2. Aufl. Artikel 253 EGV Rn. 5 f.). Erwägungsgründe stellen deshalb nicht etwa unbeachtliche Programmsätze dar, sondern geben für die Auslegung der Regelungen einer Richtlinie entscheidende Hinweise (vgl. Senat 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 43, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 49 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 9 [insoweit in der amtl. Sammlung nicht abgedruckt]; vgl. auch BVerfG 20. September 2007 - 2 BvR 855/06 - Rn. 33, NJW 2008, 209).

29

Der Erwägungsgrund Nr. 6 nimmt auf die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer Bezug, in der anerkannt werde, wie wichtig die Bekämpfung jeder Art von Diskriminierung und geeignete Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung älterer Menschen und Menschen mit Behinderung seien. Der Erwägungsgrund Nr. 8 betont, dass der Unterstützung älterer Arbeitnehmer mit dem Ziel der Erhöhung ihres Anteils an der Erwerbsbevölkerung besonderer Aufmerksamkeit gebührt. Erwägungsgrund Nr. 11 stellt fest, dass Diskriminierungen ua. wegen des Alters die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren könnten, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz. Schließlich stellt nach dem bereits angeführten Erwägungsgrund Nr. 25 das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspolitischen Leitlinien und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Nach Art. 2 Abs. 1 erster Gedankenstrich EU und Art. 2 EG zählt die Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus zu den Zielen, die sowohl von der Europäischen Union als auch von der Gemeinschaft verfolgt werden(EuGH 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 64, Slg. 2007, I-8531).

30

(2) Dem Schutz älterer Menschen vor Benachteiligung im Beschäftigungsverhältnis kommt auch nach Auffassung des nationalen Gesetzgebers besondere Bedeutung zu (BT-Drucks. 16/1780 S. 31, 36). Dieser hat bei der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG darauf abgestellt, dass es auch in Deutschland Hinweise dafür gebe, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen schlechtere Chancen im Arbeitsleben als andere hätten. Insbesondere Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderte und ältere Menschen seien schlechter in die Arbeitswelt eingebunden. Menschen über 55 und unter 20 Jahren arbeiteten überdurchschnittlich häufig in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Die Erwerbsbeteiligung der über 55-Jährigen gehe drastisch zurück. Bei Männern falle sie zwischen 55 und 64 Jahren von 82,1 % auf 27 %. Diese soziale Lage könne zwar nicht allein mit gesetzlichen Benachteiligungsverboten verbessert werden, mache aber deutlich, dass auch in Deutschland diese Personengruppen besonderen Schutzes bedürften (BT-Drucks. 16/1780 S. 23 bis 25).

31

(3) Schutz und Integration älterer Arbeitnehmer stehen somit im Vordergrund der mit der Richtlinie 2000/78/EG und dem AGG verfolgten Ziele, soweit diese die Diskriminierung wegen des Alters verbieten (vgl. ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 11; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 67). Dies wird auch daran deutlich, dass die in Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG genannten Rechtfertigungsgründe für Ungleichbehandlungen wegen des Alters, soweit sie in Abs. 1 Satz 2 Buchst. a die Entlassungsbedingungen ausdrücklich ansprechen, den Schutz älterer Arbeitnehmer verstärken und nicht etwa schwächen sollen (Schlachter Altersgrenzen und Alterssicherung im Arbeitsrecht S. 355, 369 f.).

32

Zwar ist unbestritten auch die Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch die Richtlinie 2000/78/EG untersagt (Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 66; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 1 AGG Rn. 11; Linsenmaier RdA 2003 Sonderbeilage Heft 5 S. 22, 25; zu einer Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer durch ein Punkteschema bei Versetzungen vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - DB 2010, 397). Gleichwohl darf die oben dargestellte Hauptzielrichtung der Richtlinie bei der Auslegung des § 3 AGG nicht unbeachtet bleiben.

33

cc) Angesichts dieser Zielrichtung der das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung konkretisierenden Richtlinie 2000/78/EG und des diese umsetzenden AGG werden ältere Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeber generell von einem Personalabbau ausnimmt, auch dann nicht iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar gegenüber jüngeren Arbeitnehmern benachteiligt, wenn der Personalabbau durch freiwillige Aufhebungsverträge unter Zahlung attraktiver Abfindungen erfolgen soll. Bei Anlegung des von der Richtlinie 2000/78/EG und des AGG geforderten objektiven Maßstabes zur Beurteilung einer Benachteiligung (ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 2 AGG Rn. 3; Wendeling-Schröder/Stein AGG § 3 Rn. 4; aA wohl Schleusner/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 12) werden ältere Arbeitnehmer durch die Herausnahme aus dem Personalabbau gegenüber jüngeren Arbeitnehmern, die unter Zahlung einer Abfindung freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden können und sich neue Erwerbschancen suchen müssen, im Regelfall nicht weniger günstig behandelt. Im Gegenteil ist der Zweck des Diskriminierungsverbots wegen des Alters grundsätzlich gerade durch den weiteren Verbleib älterer Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis verwirklicht. Diese stehen dadurch nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis, das bei Vorliegen der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes bestandsgeschützt ist. Sie erhalten so bei typisierender Betrachtung aus der ex ante-Perspektive die Chance, bis zum Eintritt in den Ruhestand bzw. bis zum Erreichen der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Altersgrenze erwerbstätig zu bleiben. Dass in Einzelfällen Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen vor Erreichen der Altersgrenze ausscheiden oder später aus betriebsbedingten Gründen doch ihren Arbeitsplatz verlieren, muss dabei außer Betracht bleiben. Auch die subjektive Einschätzung einzelner älterer Arbeitnehmer, es sei für sie wirtschaftlich attraktiver, unter Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden als im Arbeitsverhältnis zu verbleiben - etwa in der Hoffnung oder Erwartung, sich neue Einkommensquellen zu erschließen -, kann nach dem Regelungszweck des AGG, der mit dem der Richtlinie 2000/78/EG in Einklang steht, eine Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht begründen(vgl. bereits Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 31, NZA 2010, 273). Das Verbot der Altersdiskriminierung zwingt deshalb Arbeitgeber im Rahmen eines von ihnen geplanten Personalabbaus im Regelfall nicht dazu, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen.

34

II. Jedenfalls war die Herausnahme älterer Arbeitnehmer aus der von der Beklagten im Jahr 2006 vorgenommenen Personalabbaumaßnahme gerechtfertigt iSd. § 10 AGG.

35

1. § 10 AGG hat Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG unionsrechtskonform umgesetzt. Der Gesetzgeber hat die möglichen Rechtfertigungsgründe zunächst in § 10 Satz 1 und 2 AGG in Form einer Generalklausel umschrieben, die mit der des Art. 6 Abs. 1 nahezu wortgleich ist. In § 10 Satz 3 AGG sind dann sechs nicht abschließende Anwendungsfälle von denkbaren Rechtfertigungen aufgeführt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 40, EzA AGG § 15 Nr. 1). Zur weitergehenden Festlegung von rechtfertigenden Zielen war der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet. Die Mitgliedstaaten sind durch Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht gezwungen, einen abschließenden Katalog rechtfertigender Ausnahmen aufzustellen. Die darin genannten Ziele sind nicht abschließend, sondern haben nur Hinweischarakter (EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 43, 52, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 49, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 12; 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 36, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).

36

Auch die Generalklausel in § 10 Satz 1 und 2 AGG ist unionsrechtskonform. Der Gesetzgeber kann über eine solche Regelung Tarif-, Betriebsparteien oder auch einzelnen Arbeitgebern Ermessens- und Gestaltungsbefugnisse bei der Festlegung von Zielen, die als rechtmäßig iSv. Art. 6 der Richtlinie angesehen werden können, einräumen und damit den Arbeitgebern bei der Verfolgung der in der Umsetzungsnorm genannten rechtmäßigen Ziele eine gewisse Flexibilität gewähren(vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; Schlussantrag des Generalanwalts Mazák vom 23. September 2008 - C-388/07 - Rn. 83; Sprenger EuZA 2009, 355, 358; vgl. für Tarifvertrags- und Betriebsparteien BAG 17. Juni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 50, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 12; 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 38, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Dies hat der nationale Gesetzgeber getan, der in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auch einzel- und kollektivvertragliche Regelungen einer Rechtfertigung über die Generalklausel zugänglich machen will (BT-Drucks. 16/1780 S. 36).

37

2. Die von der Beklagten vorgenommene Maßnahme unterfällt keinem der Regelbeispiele in § 10 Satz 3 Nr. 1 bis 6 AGG. Das in Nr. 6 dieser Norm aufgeführte Regelbeispiel ist nicht analog auf einzelvertragliche Abfindungsregelungen anzuwenden (aA Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 59; für eine Ausdehnung nur auf freiwillige Sozialpläne und bei Sozialplänen nach dem Personal- oder Mitarbeitervertretungsrecht Wendeling-Schröder/Stein AGG § 10 Rn. 61; der Senat hat in seiner Entscheidung vom 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 30 die für Sozialpläne geltenden Grundsätze des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auch auf eine von einer paritätisch besetzen Arbeits- und Dienstrechtlichen Kommission beschlossene kirchliche Arbeitsvertragsregelung angewandt). Nach dem eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Wortlaut dieser Vorschrift sind davon nur kollektivrechtlich vereinbarte Leistungen erfasst. Es fehlt zudem bereits an der für eine analoge Anwendung des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erforderlichen Regelungslücke. Einzelvertragliche Abfindungsregelungen unterfallen der Generalklausel in § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 AGG.

38

3. Die Maßnahme der Beklagten ist nach § 10 Satz 1 und 2 AGG gerechtfertigt.

39

a) Kommt die Generalklausel des § 10 Satz 1 und 2 AGG zur Anwendung, müssen die nationalen Gerichte feststellen, ob generell-abstrakte Regelungen, die an das Alter anknüpfen und zu einer Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG führen, durch rechtmäßige Ziele im Sinne dieser Generalklausel gerechtfertigt sind. Sie haben sicherzustellen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters nicht ausgehöhlt wird. Deshalb genügen allgemeine Behauptungen, dass eine bestimmte Maßnahme geeignet sei, der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung zu dienen, nicht zur Darlegung eines legitimen Ziels iSd. § 10 AGG. Vielmehr müssen zumindest aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter ihr stehenden Ziels ermöglichen, um die Rechtmäßigkeit, die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können als rechtmäßig nur Ziele angesehen werden, die als sozialpolitische Ziele im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 45 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9; BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 36 ff., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Inwieweit danach auch betriebs- und unternehmensbezogene Interessen Berücksichtigung finden können (bejahend BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 53 mwN zum Streitstand in Rn. 45 ff., EzA AGG § 15 Nr. 1), kann dahinstehen, weil die Beklagte solche nicht anführt.

40

b) Danach war hier der Ausschluss der Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, aus der Personalabbaumaßnahme gerechtfertigt. Die Beklagte hat diese älteren Arbeitnehmer aus der Personalabbaumaßnahme ausgenommen und hat ihnen mit der bei ihr geltenden Altersteilzeitregelung einen gleitenden Übergang in die Altersrente ermöglicht (vgl. § 1 Abs. 1 AltTZG). Sie hat damit dem Personenkreis, dem der Kläger angehört, die weitere Teilnahme am Erwerbsleben ermöglicht. Dies ist ein legitimes beschäftigungspolitisches Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG, das sich mit dem dargelegten Regelungsziel der Richtlinie 2000/78/EG und des diese umsetzenden AGG deckt und deshalb die Herausnahme älterer Arbeitnehmer aus dem Personenkreis, mit dem die Beklagte den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Zahlung von Abfindungen auf freiwilliger Basis zum Zwecke des Personalabbaus in Betracht gezogen hat, sachlich rechtfertigt(zum Verständnis der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 10 Satz 1 AGG BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 55, EzA AGG § 15 Nr. 1). Zur Erreichung dieses Ziels einer weiteren Integration älterer Arbeitnehmer in das Erwerbsleben war der Ausschluss älterer Arbeitnehmer aus dem Personalabbau auch ein verhältnismäßiges Mittel iSd. § 10 Satz 2 AGG.

41

III. Würde dem Arbeitgeber wegen des Verbots der Altersdiskriminierung generell untersagt, ältere Arbeitnehmer aufgrund der typisierenden und pauschalierenden Annahme, dass diesem Personenkreis der Verbleib im Erwerbsleben ermöglicht werden solle, generell von einem Personalabbau durch freiwilliges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auszunehmen, würde dies auch zu unüberbrückbaren Wertungswidersprüchen und Brüchen in der Systematik des nationalen Vertragsrechts führen. Dass die Arbeitsvertragsparteien in Wahrnehmung ihrer auch verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie die freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung vereinbaren können, steht außer Zweifel. Letzten Endes geht es darum, den von beiden Seiten für angemessen gehaltenen Preis für ein „Abkaufen“ des Bestandsschutzes zu ermitteln. Folgte man jedoch der Rechtsauffassung des Klägers, wäre dem Arbeitgeber die Ablehnung des Angebots des kontrahierungswilligen Arbeitnehmers verwehrt. Ein derartiger Kontrahierungszwang würde im Ergebnis jeden Personalabbau durch freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung unmöglich machen, weil das zur Verfügung stehende Abfindungsvolumen überwiegend von älteren Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden würde, ohne dass der Arbeitgeber das mit dem geplanten Personalabbau verfolgte Ziel einer Kostenersparnis tatsächlich erreicht.

42

IV. Die zu I. und II. dargestellten Grundsätze zum Verständnis und zur Anwendung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a sowie Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG sind, soweit sie nicht ohnehin offenkundig sind, durch die angeführte jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt, so dass ein erneutes Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 3 EGV nicht erforderlich war(vgl. EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - Ls. 4, Slg. 1982, 3415, 3429; 15. September 2005 - C-495/03 - [Intermodal Transports] Rn. 33, Slg. 2005, I-8151).

43

B. Der Kläger hat auch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes keinen Anspruch auf Abschluss des begehrten Aufhebungsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung von 171.720,00 Euro.

44

I. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung inhaltlich durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, knüpft an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an. Er gebietet diesem, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Er verbietet somit nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Nicht anwendbar ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch, wenn Leistungen oder Vergünstigungen individuell vereinbart werden. Insoweit genießt die Vertragsfreiheit Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz (st. Rspr., zuletzt Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 29, NZA 2010, 273).

45

II. Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

46

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Kläger wie alle anderen Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, aus dem Personenkreis, dem sie angeboten hat, zu den Bedingungen des Rundschreibens Stand Mai 2006 auszuscheiden, von vornherein ausgenommen hat. Dieser Grundsatz findet keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit Arbeitnehmern individuelle Vereinbarungen über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses unter Zahlung von Abfindungen trifft. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindungen dem Grunde und der Höhe nach in einer Betriebsvereinbarung oder wie hier in einem von der Beklagten aufgestellten Regelungsplan festgelegt sind. Die Beklagte hat sich ausdrücklich vorbehalten, in jedem Einzelfall darüber zu entscheiden, ob sie Angebote von Arbeitnehmern auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu den im Rundschreiben von Mai 2006 dargestellten Bedingungen annehmen will. In einem solchen Fall fehlt es bereits an einer verteilenden Entscheidung des Arbeitgebers nach einer von ihm selbst aufgestellten Regel (vgl. Senat 17. Dezember 2009 - 6 AZR 242/09 - Rn. 30, NZA 2010, 273). Auf die vom Kläger angezogene Entscheidung (BAG 18. September 2007 - 9 AZR 788/06 - AP BGB § 307 Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 15) kommt es deshalb nicht an.

47

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung mit den 24 Arbeitnehmern, die wie er vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, und mit denen die Beklagte unstreitig bis zum 31. Dezember 2006 Aufhebungsverträge abgeschlossen hat. Er hat nicht dargelegt, dass die Konditionen der mit diesen Arbeitnehmern vereinbarten Aufhebungsverträge den Bedingungen, wie sie die Beklagte im Rundschreiben vom Mai 2006 festgelegt hat, entsprechen und die Beklagte sich insoweit an die von ihr selbst gesetzte Regelung nicht gehalten, sondern eine neue, wiederum generalisierende Regelung geschaffen hat, mit einer Mehrzahl kontrahierungswilliger Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, einen Aufhebungsvertrag zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 zu schließen.

48

a) Die Beklagte hat dargelegt, dass sie mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern zu den Bedingungen, wie sie sie auch dem Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 angeboten hat, kontrahiert hat. Damit hat sie der ihr obliegenden Verpflichtung, die Gründe für eine Differenzierung zwischen beiden Arbeitnehmergruppen offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht (BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 14, EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20), genügt. Der Kläger hätte nunmehr seine Behauptung, dieser Vortrag der Beklagten sei inhaltlich unzutreffend, näher begründen müssen. Dies ist nicht hinreichend geschehen. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zu Recht abgestellt.

49

aa) Die bloße Aufnahme der 24 Arbeitnehmer in den Flash-Report lässt entgegen der Auffassung des Klägers keinen Rückschluss darauf zu, dass die Aufhebungsverträge auch dieser älteren Arbeitnehmer zu den von ihm begehrten Konditionen geschlossen worden sind. Dieser Report gibt laut seiner S. 1 den „Realisierungsstand der abgeschlossenen Aufhebungsverträge“ wieder. Ausgehend vom Ziel der Abfindungsaktion, zur Kostensenkung Personal abzubauen, ist es folgerichtig, sämtliche Arbeitnehmer, die anlässlich dieser Aktion bis zu dem gewünschten Zeitpunkt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, im Report aufzuführen, auch soweit Aufhebungsverträge zu anderen Konditionen als denen des Rundschreibens von Mai 2006 geschlossen worden sind.

50

bb) Auch die auf S. 5 des Flash-Reports erfolgte „Aufteilung abgeschlossener Aufhebungsverträge“ spricht entgegen der Auffassung des Klägers nicht für seine Behauptung, sondern im Gegenteil gegen diese. Der Flash-Report wertet dort unter Aufschlüsselung nach Entgeltstufen und Dauer der Betriebszugehörigkeit aus, wie hoch der Anteil angeschriebener Arbeitnehmer ist, die tatsächlich einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben. Dem Kläger ist zuzugeben, dass die vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer unstreitig nicht von der Beklagten angeschrieben worden sind. Gleichwohl sind Basis auch dieser Statistik alle bis zum 31. Dezember 2006 geschlossenen 5.937 Aufhebungsverträge einschließlich der auf S. 11 des Flash-Reportsausgewiesenen 24 Verträge, die mit vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern geschlossen worden sind. Aussagen zu den Konditionen der Aufhebungsverträge lassen sich damit S. 5 des Flash-Reports nicht entnehmen, sondern nur das Bemühen der Beklagten, alle bis zum 31. Dezember 2006 abgeschlossenen Aufhebungsverträge statistisch zu erfassen und zu bewerten.

51

cc) Schließlich ist auch der Vortrag des Klägers, Abfindungen an ältere Arbeitnehmer seien stets netto gezahlt worden, kein schlüssiges Indiz für seine Behauptung, die Konditionen der 24 auf S. 11 des Flash-Reports aufgeführten Aufhebungsverträge entsprächen denen des Rundschreibens. Der Kläger nimmt insoweit ausdrücklich Bezug auf das Schreiben der Beklagten vom 30. Oktober 2006,aus dem sich lediglich ergibt, dass sie im konkreten Fall des Klägers eine Nettoabfindung errechnet hat, weil ihr mangels der erforderlichen Daten die Ermittlung einer Bruttoabfindung nicht möglich war.

52

b) Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast nicht überspannt. Es hat vielmehr zu Recht vom Kläger verlangt, weitere Indizien vorzutragen, aus denen geschlossen werden könne, dass seine Behauptung, die Beklagte habe auch mit 24 älteren Arbeitnehmern zu den Bedingungen des Rundschreibens vom Mai 2006 kontrahiert, richtig sei. Trotz des unstreitigen Umstands, dass der Kläger die Bedingungen der 24 auf S. 11 des Flash-Reports aufgeführten Aufhebungsverträge, die mit vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern geschlossen sind, nicht kennt und keine Einsicht in die Personalunterlagen hat, war die Beklagte nicht zu weitergehendem Vortrag verpflichtet.

53

aa) Allerdings genügt nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das einfache Bestreiten des Gegners der primär darlegungspflichtigen Partei nicht, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, der Gegner dagegen alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. In diesen Fällen kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 - Rn. 16, NJW 2008, 982; BAG 6. September 2007 - 2 AZR 715/06 - Rn. 38, BAGE 124, 48). Der Gegner der primär darlegungs- und beweispflichtigen Partei muss deren Vortrag also positive Gegenangaben gegenüberstellen (Stein/Jonas/Leipold 22. Aufl. § 138 Rn. 36 f.; umfassend zu den Modifizierungen der Darlegungslast unter dem Gesichtspunkt der sekundären Behauptungslast Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. Vor § 284 Rn. 34 ff.).

54

Diesen Anforderungen hat die Beklagte genügt. Sie hat vorgetragen, dass sie mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge zu den Bedingungen geschlossen habe, wie sie sie auch dem Kläger angeboten hat . Sie hat diesen Vortrag mit der namentlichen Benennung von drei Arbeitnehmern, die wie der Kläger im Werk H beschäftigt und im Flash-Report erfasst seien, untermauert. Unstreitig sind diese Arbeitnehmer tatsächlich zu anderen Bedingungen als denen des Abfindungsmodells des Jahres 2006 ausgeschieden. Ebenso unstreitig hat die Beklagte jedenfalls dem Kläger lediglich die Konditionen angeboten, zu denen sie nach ihrem Vortrag mit den 24 älteren Arbeitnehmern kontrahiert hat. Sie hat damit den vom Kläger behaupteten Sachverhalt hinreichend substantiiert bestritten.

55

Weitergehende Vortragspflichten trafen die Beklagte aufgrund des Grundsatzes der sekundären Behauptungslast nicht. Insbesondere verlangen diese vom Gegner der beweispflichtigen Partei nicht die Preisgabe von Namen und ladungsfähiger Anschrift von (potentiellen) Zeugen. Dass die Beklagte die 24 Arbeitnehmer nicht namentlich benannt hat, hatte deshalb entgegen der Auffassung des Klägers nicht zur Folge, dass sein Vortrag, diese Arbeitnehmer seien zu den Bedingungen des Rundschreibens von Mai 2006 ausgeschieden, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen war(vgl. BGH 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 - Rn. 18 f., NJW 2008, 982).

56

bb) Die Zivilprozessordnung kennt keine - über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende - allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweisbelasteten Partei. Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindert den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. Im Grundsatz gilt, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner das Material für dessen prozessuales Obsiegen zu verschaffen (BAG 1. Dezember 2004 - 5 AZR 664/03 - BAGE 113, 55, 58 f.; BGH 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - NJW 1990, 3151).

57

Ohnehin ist außer einem ausdrücklichen Geständnis der Beklagten kein Vortrag erkennbar, der dem Kläger die weitere Substantiierung seiner Behauptung, die Aufhebungsverträge mit den 24 vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern seien zu denselben Bedingungen wie die der 5.913 bis zum 31. Dezember 2006 ausgeschiedenen jüngeren Arbeitnehmer geschlossen, ermöglichen würde. Trüge die Beklagte die Namen und Konditionen von 21 weiteren vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmern vor, mit denen sie 2006 Aufhebungsverträge geschlossen hat, könnte der Kläger ebenso, wie er es bereits bei den drei von der Beklagten namentlich benannten Arbeitnehmern des Werks H getan hat, einwenden, dass deren Aufhebungsverträge nicht im Flash-Report aufgeführt seien. Legte die Beklagte - unter Hintanstellung datenschutzrechtlicher Bedenken - alle 5.937 von ihr bis zum 31. Dezember 2006 geschlossenen Aufhebungsverträge vor, wären davon 24 mit Arbeitnehmern geschlossen, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, und würden diese Verträge andere Konditionen als die im Rundschreiben vom Mai 2006 genannten aufweisen, könnte der Kläger ebenfalls einwenden, dass dies nicht die Verträge der 24 im Flash-Report aufgeführten Arbeitnehmer seien.

58

c)  Das Landesarbeitsgericht hat auch seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO entgegen der Aufklärungsrüge der Revision nicht verletzt. Zum einen hatte es bereits laut Protokoll vom 4. Februar 2008 auf seine Auffassung hingewiesen, der Kläger habe konkret vorzutragen, zu welchen Bedingungen die Arbeitnehmer, die älter als 55 Jahre gewesen seien, aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden seien. Zum anderen war der vom Kläger auf den vermissten Hinweis gehaltene Vortrag, den er in der Revisionsbegründung mitgeteilt hat, nicht entscheidungserheblich. Wie ausgeführt, ändert der Umstand, dass der Kläger die 24 im Flash-Report aufgeführten, vor dem 1. Januar 1952 geborenen Arbeitnehmer nicht kennt und unter der Vielzahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer auch nicht ausfindig machen kann, nichts daran, dass er seiner Darlegungslast nicht genügt hat.

59

C. Der Antrag auf Feststellung einer künftigen Schadenersatzpflicht ist aus den dargelegten Gründen unbegründet.

60

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schmidt    

        

    B. Stang    

        

        

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)