Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Nov. 2013 - 9 Sa 263/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:1108.9SA263.13.0A
bei uns veröffentlicht am08.11.2013

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.05.2013, Az: 4 Ca 166/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger als städtischen Marktmeister, hilfsweise als Angestellten im uniformierten Vollzugsdienst weiter zu beschäftigen.

2

Der Kläger ist seit Oktober 1988 Angestellter der Beklagten. Der Formulararbeitsvertrag vom 25.02.1999 (Bl. 44 d. A.) sieht auszugsweise Folgendes vor:

3

§ 1
Herr Klaus A. wird ab 01.04.1999 als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt.

4

§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

5

Nach § 4 des genannten Arbeitsvertrages war der Kläger in Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.

6

Mit Schreiben vom 01.07.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass diesem ab 01.07.2003 die bisher kommissarisch übertragene Stelle des Marktmeisters endgültig übertragen werde. Mit Schreiben vom 15.01.2009 (Bl. 70 d. A.) beantragte der Kläger seine Versetzung in einen anderen Bereich. In diesem Schreiben führt der Kläger aus:

7

"Aus persönlichen und dienstlichen Gründen sehe ich mich nicht mehr in der Lage meinen Dienst als Marktmeister länger auszuüben.

8

Die Position als Marktmeister ist eine Vertrauensstellung, die vorausgesetzt, dass Vorgesetzte davon ausgehen, dass ich meine Arbeit ordnungsgemäß erledige. Dieses Vertrauensverhältnis besteht nicht mehr."

9

Am 19.02.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Sie stützte diese Kündigung darauf, dass der Kläger versucht habe, auf ein Bußgeldverfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zugunsten eines ihm bekannten Schaustellers Einfluss genommen zu haben. Hinsichtlich der Einzelheiten insoweit wird auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 21.05.2010, Az: 9 Sa 705/09, Bezug genommen. Mit dem genannten Urteil hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die genannte Kündigung nicht aufgelöst worden ist und die Beklagte ferner verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung im genannten Rechtsstreit zu den bisherigen Bedingungen als städtischen Markt- und Messemeister weiter zu beschäftigen. Der Kläger wurde im Anschluss an das genannte Urteil von der Arbeitspflicht freigestellt. Mit Schreiben vom 31.05. und 13.07.2010 beantragte die Beklagte bei dem bei ihr bestehenden Personalrat die Versetzung des Klägers in die Abteilung "Bürger-service". Der Personalrat lehnte unter Mitteilung des von ihm gefassten Beschlusses die beabsichtigte Maßnahme jeweils ab. Mit Schreiben vom 23.07.2010 teilte die Beklagte sodann dem Personalrat mit, dass sie die Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung als unbeachtlich ansehe. Dies nahm der Personalrat ausweislich seiner Rückantwort zur Kenntnis. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens der seinerzeitigen Personalratsanhörung wird auf Bl. 61 bis 63 d. A. Bezug genommen.

10

Ab 29.07.2010 wurde der Kläger im Bürgerservicebüro, dort im Bereich der Zulassungsstelle eingesetzt. Eine von ihm am 18.08.2010 vor dem Arbeitsgericht erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Zuweisung der neuen Tätigkeit und der Weiterbeschäftigung als Markt- und Messemeister wurde mit Schriftsatz des seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.09.2010 zurückgenommen. In dem genannten Schriftsatz heißt es: "Der Kläger wird die mit Schreiben der Beklagten vom 29.07.2010 angeordnete Zuweisung einer anderen Tätigkeit, um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden, akzeptieren."

11

Mit Schriftsatz vom 03.04.2013 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit:

12

"Der Kläger legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass der zweite Absatz des vorgenannten Schriftsatzes mit ihm nicht abgestimmt gewesen ist und nicht seine Zustimmung findet, da er die mit Schreiben der Beklagten vom 29.07.2010 angeordnete Zuweisung einer anderen Tätigkeit auch weiterhin nur unter Vorbehalt angetreten hat."

13

Im Februar und Juni 2011 führte die Beklagte eine personelle Neubesetzung des Markt- und Messewesens durch, die u. a. dazu führte, dass die seinerzeit vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben als Markt- und Messemeister einer anderen Person übertragen wurden. Diese personellen Maßnahmen erfolgten jeweils mit Zustimmung des Personalrats. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen 2 bis 6 zum erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 06.05.2013 (Bl. 106 ff. d. A.) Bezug genommen. Mit erstinstanzlichem Urteil vom 21.09.2010 wurde der Kläger im Hinblick auf die Vorgänge im genannten Bußgeldverfahren strafgerichtlich wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

14

Unter dem 27.09.2011 nahm der betriebsärztliche Dienst der Beklagten gutachterlich zur Frage der Feststellung der Dienstfähigkeit des Klägers Stellung. Ausweislich des genannten Schreibens (Bl. 73 d. A.) gab der Kläger anlässlich der Untersuchung am 23.09.2011 an, er habe sich inzwischen an den neuen Arbeitsplatz gewöhnt und kommt gut zu recht. Weiterer Schulungsbedarf bestehe nicht.

15

Aufgrund der erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.11.2011 erneut außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers hatte mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 02.11.2012, Az: 9 Sa 177/12, Erfolg. Der Kläger wurde in der Folge nicht weiterbeschäftigt. Mit der am 31.01.2013 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage leitete der Kläger das vorliegende Verfahren ein. Mit Schreiben vom 05.03.2013 wandte sich die Beklagte erneut an den Personalrat (Bl. 67 d. A.) und bat um ausdrückliche Zustimmung zum Einsatz des Klägers im Bereich Bürgerservice. Mit Schreiben vom 12.03.2013 teilte der Personalrat folgendes mit:

16

"Sehr geehrte Damen und Herren,
der Personalrat der Stadtverwaltung hat in seiner Sitzung am 12.03.2013 die Vorlage behandelt und einstimmig festgestellt, dass sich am derzeitigen Sachverhalt keine Veränderung ergeben haben, aus der sich eine personelle Entscheidung ableiten lässt.
Wir verweisen hier insbesondere auf Ihr Schreiben vom 23.07.2010.
Aus unserer Sicht besteht kein Handlungsbedarf.

Zu unserer Entlastung reichen wir daher die Vorlage zurück.
Mit freundlichen Grüßen"

17

Hinsichtlich des erstinstanzlichen wechselseitigen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.05.2013, Az: 4 Ca 166/13 (Bl. 122 d. A.).

18

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Beschäftigung als städtischer Marktmeister, hilfsweise auf Beschäftigung als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

19

Ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers auf die begehrte Beschäftigung bestehe nicht. Insbesondere lasse sich weder dem Arbeitsvertrag vom 25.02.1999 noch dem Schreiben der Beklagten vom 01.07.2003 eine entsprechende Einschränkung des Direktionsrechts entnehmen. Für die Versetzung hätten auch hinreichende dienstliche Gründe vorgelegen, da bereits zum damaligen Zeitpunkt der dringende Verdacht bestanden habe, dass der Kläger sich durch seine Mitwirkung an dem Versuch der Strafvereitelung durch falsche Verdächtigung strafbar gemacht habe. Ferner habe aufgrund einer privaten Beziehung zu einer Schaustellerin auch ein Interessenkonflikt bei einer weiteren Beschäftigung als Marktmeister bestanden. Schließlich ergebe sich ein dienstlicher Grund für die Versetzung allein schon aus dem eigenen Versetzungsgesuch des Klägers mit Schreiben vom 15.01.2009. Die Zuweisung der Tätigkeit in der Kfz-Zulassungsstelle sei auch nicht unbillig. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger nicht in der Lage sein sollte, sich die noch erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Hierfür spreche auch die ärztliche Stellungnahme des betriebsärztlichen Dienstes der Beklagten.

20

Die Versetzung sei auch kollektiv-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Personalrat habe nach dem Schreiben der Beklagten vom 23.07.2010, welches als erneuter Antrag auf Zustimmung zu verstehen sei, nicht ausdrücklich eine Zustimmungsverweigerung erklärt.

21

Jedenfalls aber sei es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine evtl. Unwirksamkeit der Versetzung weiter zu berufen. Der Kläger setze sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch. Die Beklagte habe die Rücknahme der gegen die Versetzung gerichteten Klage durch Schriftsatz vom 28.09.2010 nur dahingehend verstehen können, dass der Kläger sich mit der Versetzung nunmehr einverstanden erklärt habe. Ferner seien in diesem Zusammenhang die wiederholten eigenen Versetzungsanträge des Klägers zu berücksichtigen. Sofern der Kläger eine Beschäftigung als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst begehre, sei nicht ersichtlich, dass eine derartige Tätigkeit der nunmehrigen tariflichen Eingruppierung des Klägers entsprechen könnte.

22

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 19.05.2013 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem 28.06.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 29.07.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 29.08.2013, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

23

Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 163 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend:

24

Die Beklagte habe hinreichende dienstliche Gründe auch nicht ansatzweise ausreichend dargelegt. Ein Interessenkonflikt aufgrund einer Beziehung zu einer Schaustellerin bestehe nicht. Die Beziehung habe sich darauf beschränkt, dass der Kläger und die Schaustellerin gemeinsame Besitzer eines Grundstücks gewesen seien und der Kläger zeitweilig eine von dort befindlichen zwei separaten Wohnungen bewohnt habe. Der Grundstücksanteil sei bereits vor geraumer Zeit verkauft worden und der Kläger jetzt weder dort gemeldet noch wohnhaft. Ebenso sei es rechtlich unzutreffend, dienstliche Gründe auf den Versetzungsantrag des Klägers vom 15.01.2009 zu stützen. Der Kläger habe einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung als Marktmeister. Diese sei nicht aufgrund des einseitig ausgeübten Direktionsrechts, sondern aufgrund einer mündlichen Vereinbarung der Parteien erfolgt. Eine einvernehmliche Abänderung dieser vertraglichen Regelung sei nicht erfolgt.

25

Die Zuweisung der neuen Tätigkeit im Rahmen des Direktionsrechts entspreche auch nicht billigem Ermessen. Die Beklagte habe im Rahmen der Abwägung die Belange des Klägers überhaupt nicht berücksichtigt.

26

Die Versetzung sei jedenfalls aber auch personalvertretungsrechtlichen Gründen unwirksam. Sofern das Arbeitsgericht das Schreiben der Beklagten vom 23.07.2010 als erneuten Antrag auf Zustimmung bewertet habe, sei dies ausweislich des Wortlauts des Schreibens falsch. Das Schreiben stelle einseitig die Rechtsposition der Beklagten dar, der zufolge die zuvor erklärten Zustimmungsverweigerungen unbeachtlich seien.

27

Soweit das Arbeitsgericht schließlich anführe, die Berufung des Klägers auf die Unwirksamkeit der Versetzung sei rechtsmissbräuchlich, sei dies nicht nachvollziehbar, da der Kläger durch die Durchführung zweier Kündigungsschutzverfahren über zwei Instanzen verdeutlicht habe, dass er sich gegen die Maßnahme, die ihn aus seiner zuletzt seit Jahren ausgeübten Tätigkeit als Marktmeister habe entfernen sollen, gewährt habe. Auch aus der Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 28.09.2010 ergebe sich nichts anderes. Dem Kläger werde zur Last gelegt, dass er zu Vermeidung von weiteren Konfliktstoffen eine Tätigkeit aufgenommen habe, die er gar nicht hätte aufnehmen müssen.

28

Der Kläger beantragt,

29

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.05.2013, Az. 4 Ca 166/13, abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als städtischen Marktmeister weiterzubeschäftigen,

30

hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Angestellten im uniformierten Vollzugsdienst weiterzubeschäftigen.

31

Die beklagte Stadt beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 02.10.2013, auf den Bezug genommen wird (Bl. 177 d. A.), als zutreffend.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die Berufung des Klägers ist zum Teil unzulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung auch des Hilfsantrags durch das angefochtene Urteil richtet. Insoweit fehlt es an einer ausreichenden Berufungsbegründung.

35

Gem. § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 ZPO muss die Berufung begründet werden. Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 S 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 S 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt.

36

Die Berufungsbegründung setzt sich mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil hinsichtlich der Abweisung der Klage auch mit dem Hilfsantrag überhaupt nicht auseinander, welches u.a. darauf abgestellt hat, dass nicht ersichtlich sei, dass eine Tätigkeit als Angestellter im uniformierten Hilfsdienst der geltenden tariflichen Eingruppierung des Klägers entspreche.

37

Von einer eigenständigen Berufungsbegründung in Bezug auf die Abweisung des Hilfsantrags konnte auch nicht aus anderen Gründen abgesehen werden. Eine gesonderte Berufungsbegründung im Hinblick auf einen abgewiesenen Hilfsantrag kann dann entbehrlich sein, wenn die Argumentation der Berufungsbegründung im Hinblick auf die Klageabweisung des Hauptantrags auf den Hilfsantrag durchschlägt. Das Gegenteil ist vorliegend der Fall: Der Kläger stützt seine Berufung im Hinblick auf sein primäres Ziel der Beschäftigung als städtischer Marktmeister wesentlich auch darauf, dass diese Tätigkeit in Abänderung des ursprünglichen Arbeitsvertrags, der eine Beschäftigung als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst aufweist, vertraglich vereinbart und nicht einseitig abänderbar sei. Dann aber kommt ein vertraglicher Anspruch auf eine Tätigkeit im Vollzugsdienst nicht mehr in Betracht.

II.

38

Im Übrigen, d.h. soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage im Hauptantrag richtet, ist die Berufung zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und -insoweit auch inhaltlich ausreichend- begründet.

III.

39

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beschäftigung als städtischer Marktmeister. Zwar begründet im ungekündigten Arbeitsverhältnis ein Arbeitsvertrag nicht nur das Recht des Arbeitnehmers auf Vergütung der Dienste, sondern auch einen Anspruch auf Grund des Arbeitsvertrages und in dessen Grenzen tatsächlich beschäftigt zu werden (vgl. nur BAG (GS) vom 27.2.1985, GS 1/84, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9). Ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers auf tatsächliche Beschäftigung gerade als Marktmeister besteht aber nicht. Die Beklagte hat dem Kläger rechtswirksam eine andere Tätigkeit in Ausübung ihres Direktionsrechts zugewiesen.

40

1. Die Beklagte hat ihr Direktionsrecht dahingehend ausgeübt, den Kläger im Bürgerservicebüro, KFZ-Zulassungsstelle einzusetzen. Die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte dabei nicht nur durch Zuweisung dieser Tätigkeit im Jahre 2010, sondern erneut im Jahre 2013. Der Kläger wurde nämlich nach Ausspruch der zweiten Kündigung vom 18.11.2011 bis Anfang 2013 nicht beschäftigt, so dass es nach dieser Freistellung der erneuten Zuweisung einer Tätigkeit bedurfte.

41

2. Gemäß § 106 GewO kann der Arbeitgeber u.a. den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese nicht durch den Arbeitsvertrag oder die genannten kollektivrechtlichen oder durch gesetzliche Bestimmungen festgelegt sind.

42

a) Ein Ausschluss des Direktionsrechts hinsichtlich des Inhalts der Tätigkeit folgt nicht aus dem Arbeitsvertrag vom 25.02.1999 und auch nicht aus zeitlich nachfolgend getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

43

Der genannte Arbeitsvertrag erwähnt in § 1 eine Beschäftigung als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst. Hierunter fällt die Tätigkeit als Marktmeister nicht. Durch das Schreiben der Beklagten vom 01.07.2003 (Bl. 4 d.A.) wurde der Arbeitsvertrag nicht dahingehend vertraglich abgeändert, dass die übertragene Tätigkeit als Marktmeister nunmehr vertraglich bindend unter Verzicht auf das Direktionsrecht vereinbart worden wäre.

44

Zutreffend ist zwar, dass dem Kläger die zuvor kommissarisch ausgeübte Funktion des Marktleiters nicht einseitig zugewiesen werden konnte, weil sie nicht eine Tätigkeit darstellte, die der für den Kläger zuvor geltenden geringeren Vergütungsgruppe entsprach. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (vgl. nur BAG 17.8.2011 -10 AZR 322/10- EzA § 106 GewO Direktionsrecht Nr. 8).

45

Eine vertragliche Vereinbarung dahingehend, dass nunmehr ausschließlich die Tätigkeit als Marktmeister geschuldet sei, lässt sich aber nicht feststellen.

46

Das Schreiben vom 1.7.2003 stellt schon dem Wortlaut nach kein Vertragsangebot dar, welches auf eine Abänderung des Arbeitsvertrags bezüglich des nach diesem Vertrag gegebenen Direktionsrechts der Beklagten hinsichtlich der auszuübenden Tätigkeit abzielte.

47

Der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag vom 25.2.1999 enthielt keine vertragliche Zusage einer bestimmten Tätigkeit unter entsprechender Begrenzung des Direktionsrechts. Soweit § 1 des Vertrages vorsah, dass der Kläger ab 1.4.1999 als Angestellter im uniformierten Vollzugsdienst weiterbeschäftigt wird, ergibt eine Auslegung des Vertrages, dass mit der Bestimmung der Tätigkeit in § 1 Arbeitsvertrag nicht die seinerzeit geltende Bestimmung des § 12 Abs. 1 BAT (jetzt § 4 Abs. 1 TVöD) abbedungen werden sollte. Zwar können die Parteien die Anwendung einzelner Tarifbestimmungen vertraglich ausschließen oder durch eine andere Regelung ersetzen. Ob eine tarifliche Bestimmung durch eine einzelvertragliche Vereinbarung abbedungen ist, ist durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarung festzustellen. Danach haben die Parteien durch die Bezeichnung der Tätigkeit des Klägers nur die dem Kläger ab 01.04.1999 übertragene Tätigkeit bezeichnet, ohne die künftige Übertragung einer anderen Tätigkeit auszuschließen. Dies ergibt sich bereits aus der Systematik des Arbeitsvertrags. Der Einsatz des Klägers wurde in § 1 Arbeitsvertrag zusammen mit dem Beginn der Beschäftigung festgelegt. Dies spricht gegen eine bindende Festlegung der Tätigkeit, weil im Anschluss daran die Geltung eines Tarifvertrags vereinbart wird, der eine Erweiterung des Direktionsrechts des Arbeitgebers ausdrücklich regelt (vgl. BAG 21.01.2004 -6 AZR 583/02- EzBAT § 8 BAT Direktionsrecht Nr 55; BAG 22.1.2004 -1 AZR 495/01- EzBAT § 8 BAT Direktionsrecht Nr. 53). Es handelt sich um einen im öffentlichen Dienst üblichen Mustervertrag, der nach der Beschreibung der Tätigkeit umfassend auf einen Tarifvertrag verweist, der eine Versetzungsbefugnis des Arbeitgebers vorsieht. Bei einer derartigen Vertragsgestaltung ist die tarifliche Versetzungsbefugnis des Arbeitgebers in der Regel nicht ausgeschlossen. Einen eingeschränkten Umfang hat das tarifliche Direktionsrecht des öffentlichen Arbeitgebers nur dann, wenn die Parteien dazu eindeutige Absprachen treffen (BAG 21.1.2004, aaO.).

48

Wenn die Beklagte auf dieser Grundlage sodann in der Folge mit Schreiben vom 01.07.2003 ohne weitere Erklärungen lediglich mitteilt, die bisher kommissarisch übertragene Stelle werde nun endgültig übertragen, lässt sich dem nicht der Erklärungswert entnehmen, sie verzichte auf ihre in § 2 des Vertrages vom 25.02.1999 vorgesehenen tariflichen Versetzungsbefugnisse.

49

Soweit der Kläger mit der Berufung und unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Schriftsatz vom 26.4.2013 behauptet, die Übertragung der Tätigkeit als Marktmeister sei aufgrund einer mündlichen Vereinbarung der Parteien erfolgt, ist dieser Sachvortrag ungeachtet der Schriftformklausel in § 6 des Arbeitsvertrages unsubstantiiert. Der Kläger hat hierzu lediglich dargelegt, es sei eine entsprechende mündliche Vereinbarung auf Änderung der Tätigkeit mit dem damaligen Amtsleiter getroffen worden, ohne dies hinsichtlich des Zeitpunkts, insbesondere aber des genauen Inhalts dieser angeblichen Vereinbarung zu präzisieren.

50

b) Auch die vertraglichen Grenzen des Direktionsrechts sind gewahrt. Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes regelmäßig auf alle Tätigkeiten, die den Merkmalen der tariflichen Vergütungsgruppe entspricht. Beide Stellen entsprechen nach nicht mehr streitigem Vortrag der Parteien Entgeltgruppe 8 TVöD.

51

3. Eine Einschränkung des Direktionsrechts ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung des Inhalts der Tätigkeit auf die eines Marktmeisters.

52

Eine solche Konkretisierung tritt regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit in einer bestimmten Weise eingesetzt worden ist. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, der Arbeitnehmer solle künftig verpflichtet sein, seine Arbeit nur noch wie bisher zu erbringen. Allein aus der Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitnehmer nicht schließen, der Arbeitgeber werde diese Praxis auch künftig beibehalten und sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben (vgl. nur BAG 19.7.2012 – 2 AZR 25/11- EzA § 2 KSchG Nr 86). Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich.

53

4. Die tariflichen Grenzen des Direktionsrechts sind gewahrt. Nach § 4 TVöD kann eine Versetzung bei Vorliegen dienstlicher oder betrieblicher Gründe erfolgen.

54

Derartige dienstliche Gründe liegen vor. Der Kläger wurde rechtskräftig strafgerichtlich wegen falscher Verdächtigung verurteilt, wobei die ihm zur Last gelegte Straftat in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Marktmeister insoweit gestanden haben soll, dass das strafrechtlich relevante Geschehen zugunsten eines Schaustellers stattgefunden haben soll, mit dem der Kläger in seiner Funktion als Marktmeister auch dienstlich zu tun hatte. Unter Berücksichtigung dieser strafgerichtlichen Feststellungen ist es nachvollziehbar, dass die Beklagte das Vertrauen in eine redliche Wahrnehmung der dienstlichen Belange im Bereich des Marktwesens als nicht mehr gegeben ansah. Auch der Kläger selbst geht ausweislich seines Versetzungsantrags vom 15.01.2009 davon aus, dass für die Wahrnehmung der Funktion als Marktmeister ein Vertrauensverhältnis erforderlich ist. Insoweit bestand ein dienstlicher Grund zur Zuweisung einer anderen Tätigkeit.

55

5. Die (erneute) Zuweisung der Tätigkeit im Bereich der KFZ-Zulassungsstelle nach Beendigung der Freistellung des Klägers Anfang 2013 wahrte auch die Grenzen billigen Ermessens, § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB.

56

Die Leistungsbestimmung in Ausübung des Direktionsrechts muss nach billigem Ermessen erfolgen. Dies verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen, in die alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (vgl. BAG 26.09.2012 -10 AZR 412/11- AP Nr 22 zu § 106 GewO).

57

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Grenzen billigen Ermessens gewahrt.

58

Für den Kläger ergeben sich im Vergleich zu der vorherigen Tätigkeit als Marktmeister keine Nachteile hinsichtlich der Vermögens- und Einkommensverhältnisse oder der sozialen Lebensverhältnisse. Vergütung und Arbeitsort bleiben unverändert. Die Wahrnehmung familiärer Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen ist nicht beeinträchtigt. Auch außervertragliche Nachteile sind nicht erkennbar.

59

Soweit der Kläger als Nachteil erstinstanzlich geltend gemacht hat, er könne die Tätigkeiten seiner neuen Funktion mangels ausreichender Vorbereitung nur zum Teil erbringen, wird dies nicht näher konkretisiert und steht zudem in Widerspruch zu der im Gutachten des betriebsärztlichen Dienstes vom 27.09.2011 wiedergegebenen Einschätzung des Klägers, er habe sich am neuen Arbeitsplatz eingewöhnt und komme gut zurecht und weiterer Schulungsbedarf bestehe nicht. Auch eine gesundheitliche Eignung besteht.

60

Demgegenüber besteht ein erhebliches Interesse der Beklagten daran, den Kläger statt als Marktmeister, nunmehr im Bereich der KFZ-Zulassung einzusetzen. Wie bereits dargestellt (s.o. III 4.) liegen dienstliche Gründe für den geänderten Einsatz des Klägers vor, die von Gewicht sind. Hinzu kommt, dass die Beklagte ausweislich der mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 30.04.2013 vorgelegten Anlagen 2 -6 (Bl. 106 ff. d.A.) eine organisatorischen Umgestaltung im Bereich des Markt- und Messwesens im Jahre 2011 vorgenommen hat mit der Folge, dass es die Funktion des Marktmeisters im bisherigen Zuschnitt nicht mehr gibt. Auf die Anlage 2 (Bl. 106 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Die hieraus folgenden personellen Maßnahmen wurden ausweislich der Anlagen 3 – 6 zum genannten Schriftsatz mit Zustimmung des Personalrats vorgenommen, wobei es einem sachlich nachvollziehbaren dienstlichen Interesse entspricht, die Sachbearbeitung im Markt- und Messwesen mit einer Person auf der Ebene des gehobenen Dienstes mit der Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt zu besetzen.

61

6. Die (erneute) Zuweisung der Tätigkeit im Bereich der KFZ-Zulassung ist auch nicht aus personalvertretungsrechtlichen Gründen rechtsunwirksam.

62

a) Nach § 78 Abs. 2 Nr. 4 PersVG Rheinland-Pfalz (im Folgenden LPersVG) unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats die Übertragung einer anderen Tätigkeit für die Dauer von mehr als zwei Monaten. Gem. § 74 Abs. 1 LPersVG kann eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme nur mit Zustimmung des Personalrats getroffen werden. Das Verfahren zur Einholung der Zustimmung ergibt sich aus § 74 Abs. 2 LPersVG.

63

b) Es kann dahinstehen, ob – wie das Arbeitsgericht angenommen hat - das Schreiben der Beklagten vom 23.7.2010 als erneuter Antrag im Sinne des § 74 Abs. 2 LPersVG und die Antwort des Personalrats vom 10.08.2010 „Kenntnis genommen“ als abschließende Stellungnahme zu werten ist. Dies erscheint allerdings fraglich, denn in dem genannten Schreiben der Beklagten wird nicht erneut eine Zustimmung beantragt, sondern vielmehr mitgeteilt, die Beklagte gehe davon aus, dass die vorherigen Zustimmungsverweigerungen des Personalrats unbeachtlich seien. Dies spricht dafür, dass die Beklagte davon ausging, dass aufgrund der von ihr angenommenen Unbeachtlichkeit der vorherigen Zustimmungsverweigerung die Zustimmung des Personalrats als erteilt gelte.

64

c) Die Beklagte hat den erneuten Einsatz des Klägers im Bereich der KFZ-Zulassung nach Beendigung der Nichtbeschäftigung nach Ausspruch der Kündigung vom 18.11.2011 bis Anfang 2013 zum Anlass für eine erneute Beteiligung des Personalrats gemäß Schreiben vom 05.03.2013 (Bl. 67 d.A.) genommen und um Zustimmung des Personalrats gebeten.

65

Unerheblich ist, dass die Beklagte in diesem Schreiben den Antrag auf Zustimmung nicht mehr ausführlich begründet hat, sondern insoweit nur auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung verwiesen hat. Sie hat zugleich aber auf die seinerzeitige Personalratsvorlage aus dem Jahr 2010 Bezug genommen. In dem seinerzeitigen Zustimmungsverfahren waren aber dem Personalrat umfangreich die aus Sicht der Beklagten maßgeblichen Gründe der Maßnahme mitgeteilt worden und daher dem Personalrat bekannt. Hierüber musste die Beklagte nicht erneut unterrichten, sondern konnte sich darauf beschränken, auf den seitdem neu hinzugetretenen Gesichtspunkt der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung hinzuweisen. Damit liegt eine ordnungsgemäße Unterrichtung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 1 LPersVG vor.

66

Das Mitbestimmungsverfahren konnte auch eingeleitet werden, obwohl der Kläger tatsächlich schon – wohl seit Anfang 2013 - tatsächlich erneut im Bereich der KFZ-Zulassung beschäftigt wurde. Gem. § 74 Abs. 1 LPersVG führt auch die im Wege der nachgeholten Befassung gegebene Zustimmung des Personalrats dazu, dass dann die Maßnahme aufrecht erhalten bleiben kann.

67

d) Eine Zustimmungsverweigerung des Personalrats liegt nicht vor. Gem. § 74 Abs. 2 Satz 7 LPersVG gilt die Maßnahme als vom Personalrat gebilligt, wenn dieser nicht innerhalb der in der Vorschrift genannten Fristen die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Eine solche Zustimmungsverweigerung liegt nicht vor.

68

Dem Schreiben des Personalrats lässt sich weder nach dem Wortlaut, noch im Wege der Auslegung mit der erforderlichen Klarheit eine begründete Zustimmungsverweigerung entnehmen. Ein Beschluss, der ausdrücklich eine Zustimmungsverweigerung zum Inhalt hätte, wird nicht mitgeteilt, sondern lediglich ausgeführt, dass der Personalrat festgestellt habe, dass sich am derzeitigen Sachverhalt keine Veränderungen ergäben hätten, aus der sich eine personelle Entscheidung ableiten ließe. Wenn es dann weiter heißt, aus Sicht des Personalrats bestehe kein Handlungsbedarf, deutet dies darauf hin, dass der Personalrat eine erneute Beschlussfassung über den Zustimmungsantrag für entbehrlich hielt. Dafür spricht auch, dass im Rahmen des früheren Beteiligungsverfahrens der Personalrat seine Zustimmungsverweigerung ausdrücklich unter Mitteilung des entsprechenden Beschlusstenors mitgeteilt hatte. Jedenfalls enthält das Schreiben keinerlei Begründung der Zustimmungsverweigerung und geht insbesondere auf den von der Beklagten aufgeführten Gesichtspunkt der zwischenzeitlich erfolgten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung nicht ein, sondern enthält nur eine allgemeine formelhafte Wendung. Eine solche nur formelhafte Begründung ist nicht ausreichend (OVG Rheinland-Pfalz 17.12.2010 - 5 A 10523/12 -, juris).

IV.

69

Ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung als Marktmeister ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 21.5.2010, Az. 9 Sa 705/09. Ausweislich des Tenors erfolgte die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits.

V.

70

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Nov. 2013 - 9 Sa 263/13 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Nov. 2013 - 9 Sa 263/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe I. 1 Die Verfahrensbeteiligten streiten über d

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 10 AZR 322/10

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Tenor 1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. April 2010 - 5 Sa 214/09 - aufgehoben.

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bei uns veröffentlicht am 21.05.2010

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009, AZ: 3 Ca 439/09 abgeändert: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 -...

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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009, AZ: 3 Ca 439/09 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 - zugegangen am 21.02.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Städtischer Markt- und Messemeister weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der am … 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.10.1988 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.04.1989, zuletzt als Städtischer Markt- und Messemeister beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ständig weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer. Gemäß Ziffer 2 des genannten Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und den zusätzlich abgeschlossenen Bezirkstarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung und nach den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 16 f. d. A. Bezug genommen. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers belief sich auf ca. 2.500,-- €.

2

Am 15.12.2008 beging der Zeuge A. eine Geschwindigkeitsüberschreitung, welche durch eine Radarmessung unter Aufzeichnung eines Fotos des fahrenden Zeugen A. festgehalten wurde. Mit Schreiben vom 08.01.2009 hörte die bei der Beklagten im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Sachbearbeiterin, die Zeugin C., die A. GmbH, auf die das vom Zeugen A. geführte Fahrzeug zugelassen war, diese zu dem Verkehrsverstoß an. Der begangene Verkehrsverstoß hätte bei dem Zeugen A. mit der Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis zu einem Eintrag im Verkehrszentralregister geführt. Der Anhörungsbogen, der zur Beklagten zurückgelangte, enthielt auf der Rückseite unter der Rubrik "Angaben zur Person des/der Betroffenen" Name und Anschrift des Zeugen B.. Dieser unterschrieb auch den Anhörungsbogen. Angaben zur Sache wurden nicht gemacht. Aufgrund der Angaben im Anhörungsbogen veranlasste die Zeugin C. die Eröffnung eines Verfahrens gegen den Zeugen B. und unter dem 26.01.2009 eine Anhörung ohne Verwarnungsgeldangebot an den Zeugen. Nach dem normalen Verfahrensgang sieht die bei der Beklagten verwendete EDV die Veranlassung einer Wiedervorlage vor. Unter dem 28.01.2009 veranlasste die Zeugin C. die Löschung dieser Wiedervorlage sowie den Erlass eines Bußgeldbescheides gegenüber dem Zeugen B.. Dieses Bußgeld wurde unverzüglich gezahlt. Nachdem festgestellt wurde, dass tatsächlich nicht der Zeuge B., sondern der Zeuge A. das Fahrzeug geführt hat, wurde der Bußgeldbescheid hinsichtlich des Zeugen B. zurückgenommen und stattdessen ein Bußgeldbescheid gegenüber dem Zeugen A. erlassen.

3

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger auf dieses Bußgeldverfahren am 28.01.2009 dadurch Einfluss genommen hat, dass er gegenüber der Zeugin C. bestätigte, dass der auf dem Foto der Radarmessung ersichtliche Fahrer der Zeuge B. sei.

4

Während die Beklagte davon ausgeht, dass der Kläger am 28.01.2009 der Zeugin C. gegenüber die zuvor schon von den Zeugen B. und A. gemachten Falschangaben zur Fahreridentität bestärkt und diese unmittelbar aufgefordert habe, den Bußgeldbescheid mithin dem falschen Fahrer zu schicken, wobei er sich das Vertrauen der Zeugin C. zunutze gemacht habe, bestreitet der Kläger, Einfluss auf die Zeugin C. genommen zu haben.

5

Am 09.02.2009 und ergänzend am 11.02.2009 hörte die Beklagte die Zeugin C. an. Eine Anhörung des Klägers erfolgte am 10.02.2009. Über diese Anhörungen wurden jeweils Anhörungsniederschriften gefertigt (Bl. 160 ff. d. A., Bl. 10 d. A.).

6

Mit Schreiben vom 13.02.2009 (Bl. 54 d. A.), welchem die genannten Anhörungsniederschriften beigefügt waren, unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Personalrat darüber, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich zu kündigen. Mit Schreiben vom 17.02.2009, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 9 d. A.), äußerte der Personalrat Bedenken und regte an zu prüfen, ob der Kläger nicht unter Fortzahlung der Bezüge bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens freigestellt werden könne.

7

Mit Schreiben vom 19.02.2009 (Bl. 7 f. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentliche fristlos. Hiergegen richtet sich die am 27.02.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangene Klage, mit welcher der Kläger ferner die Verurteilung der Beklagten zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits begehrt.

8

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009, Az.: 3 Ca 439/09 (Bl. 277 ff. d. A.).

9

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen C., B., A. und H. gem. Sitzungsniederschrift vom 21.07.2009 (Bl. 203 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

10

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass der Kläger die zuvor schon von den Zeugen B. und A. gemachten Falschangaben zur Fahreridentität bei der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung im Dezember 2008 am 28.01.2009 durch Wiederholung und Bekräftigung dieser Falschangaben gegenüber der Zeugen C. bestärkt und diese unmittelbar aufgefordert habe, den Bußgeldbescheid dem falschen Fahrer zu schicken. Damit habe dem tatsächlichen Fahrer eine Ahndung erspart bleiben sollen. Der Kläger habe sich dabei das Vertrauen der Zeugin C. als seiner Kollegin zu Nutze gemacht. Das Arbeitsgericht hat seine Überzeugungsbildung dabei maßgeblich auf die Aussage der Zeugin C. gestützt, hingegen der Aussage des Zeugen B. keinen Glauben geschenkt. Der erwiesene Sachverhalt sei an sich und auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Kündigung sei auch nicht nach § 82 Abs. 4 LPersVG Rheinland-Pfalz rechtsunwirksam. Die Beklagte habe den Personalrat inhaltlich ausreichend unterrichtet. Eine Auslegung des Schreibens des Personalrats vom 17.02.2009 ergebe, dass es sich hierbei um eine abschließende Stellungnahme des Personalrats gehandelt habe.

11

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 13.11.2009 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 25.11.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.12.2009, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 04.01.2010, begründet. Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der weiteren Schriftsätze vom 16.03., 30.03., 14.05. und 19.05.2010, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 317 ff., 348 ff., 363 ff., 378 ff., 382 ff. d. A.), macht der Kläger zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend:

12

Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin C. bestünden erhebliche Zweifel. Entgegen ihrer Darstellung in der von ihr abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 26.03.2009 habe sie den Zeugen A. gekannt. Entgegen ihrer detailreichen Schilderung anlässlich ihrer Anhörung am 09.02.2009 habe die Zeugin später einräumen müssen, dass der Kläger nicht das Anhörungsschreiben an die A. GmbH bei dem behaupteten Aufsuchen der Zeugin am 28.01.2009 mit sich geführt haben könnte, da es sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Verwaltungsakte befunden habe. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, dass die Zeugen das angeblich vom Kläger gemäß ihrer späteren Einlassung mitgeführte Anhörungsschreiben an den Zeugen B. nicht zu den Akten genommen habe. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass ein solches Anhörungsschreiben dem Zeugen B. überhaupt zugegangen sei. Ebenso entspreche es nicht den Tatsachen, dass die Zeugin C. vor dem 09.02.2009 als Datum ihrer ersten Anhörung nicht mit dem Mitarbeiter der Beklagten B., gesprochen habe. Dies sei durch die von Herrn B. unter dem 06.02.2009 bereits gefertigten Strafanzeige widerlegt. Auch ein Motiv des Klägers sei nicht ersichtlich. Die Zeugin habe vielmehr mit dem Kläger im Zuge der Identitätsfeststellung des Fahrers lediglich telefonisch Kontakt aufgenommen. Von diesem Telefonat habe der Kläger auch einem Mitarbeiter des XY als unbeteiligtem Zeugen berichtet.

13

Die Kündigung sei auch unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter Personalratsanhörung unwirksam. Das Schreiben des Personalrats vom 17.02.2009 stelle keine abschließende Stellungnahme dar. Die Kündigung sei daher vor Ablauf der Stellungnahmefrist erfolgt.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009 - 3 Ca 439/09 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 - zugegangen am 21.02.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist und

16

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Städtischer Markt- und Messemeister weiterzubeschäftigen.

17

Die Beklagte tritt der Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 05.02.2010 sowie mit weiterem Schriftsatz vom 05.05.2010, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 340 ff. d. A., 368 ff. d. A.), entgegen. Sie ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die erhobenen Beweise in nicht zu beanstandender Weise und zutreffend gewürdigt. Die Angriffe des Klägers gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin C. überzeugten nicht. Insbesondere habe die Zeugin C. plausibel erklären können, weshalb sie sich hinsichtlich der Frage, welches Anhörungsschreiben der Kläger bei seinem Aufsuchen der Zeugin am 28.01.2009 dabei gehabt habe, korrigieren müssen. Im Gegensatz zum Kläger, dessen Verhältnis zu den Zeugen A. und B. über einen rein dienstlichen Kontakt hinausginge, habe die Zeugin C. an einer Manipulation des Bußgeldverfahrens keinerlei eigenes Interesse. Der vom Kläger benannte Zeuge für die Behauptung, der Kläger habe diesem Zeugen gegenüber von einem Telefonat mit der Zeugin C. im Rahmen der Identitätsfeststellung berichtet, sei ein Freund des Klägers und arbeite nebenberuflich für den Zeugen A..

18

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugen C., B. und A. gemäß Beweisbeschluss vom 26.03.2010 (Bl. 359 d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2010 (Bl. 394 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet.

II.

20

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur ausreichenden Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der Kläger am 28.01.2009 Einfluss auf die Zeugin C. zur Abwendung eines Bußgeldverfahrens gegen den Zeugen A. genommen hat. Der von der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung behauptete Sachverhalt ist damit nicht erwiesen. Ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB lässt sich damit nicht feststellen. Dies führt zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung. Dem Kläger steht deshalb auch ein Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu.

21

1. Gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat zwar das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen. Etwas anderes gilt, soweit konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die erneute Durchführung einer Beweisaufnahme ist geboten, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders beurteilen will als die erste Instanz, aber auch dann, wenn sich die nicht nur theoretische Möglichkeit einer unterschiedlichen Wertung ergeben kann (vgl. BGH 14.07.2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291; BVerfG Beschl. v. 12.06.2003 - 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524). Die Erweisbarkeit des von der Beklagten kündigungsbegründend herangezogenen Sachverhalts hängt entscheidend von der Aussage und deren Glaubhaftigkeit der Zeugin C. und deren Glaubwürdigkeit ab. Der Kläger hat aber mit seiner Berufung ausführlich Gesichtspunkte aufgezeigt, die zumindest die Möglichkeit einer unterschiedlichen Bewertung der Aussage der Zeugin C. begründeten, so dass aus Sicht der Berufungskammer eine erneute Beweisaufnahme erforderlich war.

22

2. Ausweislich der Begründung in ihrer schriftlichen Kündigung vom 19.02.2009, der Anhörung des Personalrats gem. Schreiben vom 13.02.2009 sowie des gesamten prozessualen Vortrags der Beklagten im vorliegenden Verfahren geht diese davon aus, dass der Kläger die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Die Beklagte hat damit eine sogenannte Tat- und nicht etwa eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Die Beklagte ist somit darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Kläger die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung in Form der Einflussnahme auf das Bußgeldverfahren tatsächlich begangen hat. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten (wiederholten) Beweisaufnahme stehen die Behauptungen der Beklagten, auf die diese die streitgegenständliche Kündigung stützt, nicht zur ausreichenden Überzeugung der Berufungskammer fest. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit reicht dabei für das Bewiesensein nicht aus: Ein bloßes Glauben, Wähnen oder für Wahrscheinlich halten berechtigt nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Andererseits ist mehr als die subjektive Überzeugung nicht gefordert. Eine absolute Gewissheit ist nicht erforderlich. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine persönliche Gewissheit des Gerichts, welche Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 ZPO RZ 18, 19 m. w. N.).

23

3. Nach dem Ergebnis der Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme bleiben bei der Berufungskammer aber sachlich begründete Zweifel, die die Erlangung einer persönlichen Gewissheit dahingehend, dass der von der Beklagten erhobene Vorwurf zutrifft, ausschließt. Die Kammer vermag insoweit allein gestützt auf die Aussage der Zeugin C. nicht mit einer ausreichenden Gewissheit davon ausgehen, dass der Kläger versucht hat, das gegen die Fa. A. gerichtete Bußgeldverfahren zu Gunsten des Zeugen A. zu beeinflussen. Die Zweifel, die eine ausreichende Überzeugungsbildung des Gerichts ausschließen, sind in folgenden Gesichtspunkten begründet:

24

Ein Vergleich der Angaben der Zeugin über den selben Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergibt Widersprüche. Die Zeugin hat in ihrer Anhörung vom 09.02.2009 dezidiert und detailreich bekundet, der Kläger sei mit dem an die Fa. A. gerichteten Anhörungsschreiben bei ihr erschienen. Sie hat explizit darauf hingewiesen, dass der Kläger auf ihre Frage, ob der auf dem Radarbild zu sehende Fahrer der Zeuge Herr A. sei unter Hinweis auf die Eintragung auf der Rückseite des Anhörungsbogens mit Name, Anschrift und Unterschrift des Zeugen B., mit "nein" geantwortet habe. Sie hat also der Tatsache, dass der Zeuge B. auf dem Anhörungsbogen unterschrieben hat, eine gesteigerte Bedeutung im Hinblick auf die Bestärkung der nach ihrer Aussage vom Kläger getätigten Aussagen beigemessen. Diese Angabe entsprach offensichtlich nicht den Tatsachen, da der an die Fa. A. gerichtete Anhörungsbogen nicht mehr vom Kläger mitgebracht werden konnte, da er sich bereits bei dem Verwaltungsvorgang befand. Die Zeugin hat dann zwar vorgerichtlich in ihrer zweiten Anhörung ihre Bekundung richtig gestellt und dies in ihrer erstinstanzlichen Aussage mit einem Versehen, welches auf die Aufregung in dem Moment zurückzuführen sei, erklärt. Allerdings weist die Aussage der Zeugin im Hinblick darauf, in welcher Weise sie ihren Irrtum entdeckt und darauf reagiert hat, ebenfalls Widersprüchlichkeiten auf. Die Zeugin hat erstinstanzlich bekundet, sie habe den Irrtum gleich bemerkt, als sie die Anhörungsniederschrift habe durchlesen können. Sie habe direkt versucht, telefonisch den Irrtum aufzuklären und sodann, als eine telefonische Kontaktaufnahme nicht gelungen sei, noch am selben Tag der ersten Anhörung eine klarstellende E-Mail an den Personalchef gesandt. Die Zeugin hat erstinstanzlich auch bestätigt, dass es sich bei der von ihr noch am gleichen Tag in ihrem Büro verfassten E-Mail um die E-Mail gem. Bl. 163 d. A. handele, die ihr anlässlich ihrer erstinstanzlichen Vernehmung vorgelegt wurde. Anlässlich ihrer Vernehmung im Berufungsverfahren hat die Zeugin hingegen bekundet, nicht sofort nach Durchführung der ersten Anhörung durch die Beklagte und nicht aus eigenem Antrieb ihren Irrtum bezüglich der Frage, welches Anhörungsschreiben der Kläger dabei gehabt haben soll, bemerkt und korrigiert zu haben. Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe erst angefangen nachzudenken, als sie einen Anruf aus der Personalabteilung erhalten habe mit der Frage, ob der Kläger ein Schreiben dabei gehabt habe. Erst dann, d. h. nach diesem Anruf, habe sie die in der EDV hinterlegte Verfahrenschronologie aufgerufen und erst dann sei ihr klar geworden, dass es nicht die Firmenanhörung gewesen sein könne. Nach Maßgabe dieser Aussage hat die Klägerin also ihren Irrtum nicht sofort nach Durchlesen ihrer vorgerichtlichen ersten Aussage bemerkt, sondern erst aufgrund eines Anrufs aus der Personalabteilung. Dieser Anruf ist nach Aussage der Zeugin auch nicht am gleichen Tag der ersten vorgerichtlichen Anhörung erfolgt, sondern einen Tag später am 10.02.2009. Widersprüchlich ist die Aussage der Zeugin auch bezüglich der an Herrn K. gerichteten E-Mail. Während die Zeugin erstinstanzlich bestätigt hat, es handele sich bei dieser E-Mail um die gem. Bl. 163 f. d. A., musste sie anlässlich ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung sich auch in diesem Punkt korrigieren.

25

Nicht konsistent ist die Aussage der Zeugin auch im Hinblick auf ihre eigene emotionale Lage anlässlich ihrer ersten Anhörung durch die Beklagte. Während die Zeugin erstinstanzlich bekundet hat, ihr sei bei der Anhörung kein Vorwurf gemacht worden und ihre Aufregung habe daraus resultiert, dass sie vom Kläger als ihrem Kollegen enttäuscht gewesen sei, hat sie zweitinstanzlich wortreich bekundet, dass für sie ein gegen sie gerichteter Vorwurf nicht sorgfältiger Ermittlung im Vordergrund gestanden und sie sich angegriffen gefühlt habe. Die sich hieraus bereits ergebenden Zweifel werden bestärkt dadurch, dass die Zeugin ausweislich der Anhörungsniederschriften vom 09. und 11.02.2009 und ihrer ergänzenden Angaben gem. Bl. 163 f. d. A. auf den von ihr unmittelbar im Anschluss an das behauptete Erscheinen des Klägers am 28.01.2009 gefertigten Aktenvermerk hingewiesen hat. Dies aber hätte dann, wenn sich die Zeugin - wie sie dies zweitinstanzlich bekundet hat - einem persönlichen Vorwurf ausgesetzt gesehen hat, nahegelegen.

26

Auch in einem anderen Punkt weist die Aussage der Zeugin eine Widersprüchlichkeit auf. Anlässlich ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung hat die Zeugin anfangs bekundet, dass es wegen ihrer Arbeitsleistung bisher zu keinen Ermahnungen oder gar Abmahnungen gekommen sei, hat dann aber im Laufe ihrer weiteren Aussage bekundet, dass sie den im Schreiben der Bereichsleitung an die Personalabteilung ihr gegenüber zum Ausdruck kommenden Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei den Ermittlungen gerade auch deshalb als unverschämt empfand, weil ihr ein anderes Mal vorgeworfen worden sei, zu sorgfältig zu ermitteln. Abgesehen davon, dass dieser Teil der Bekundungen erneut zum Ausdruck bringt, dass im Gegensatz zur erstinstanzlichen Aussage der Zeugin aus deren Sicht sehr wohl auch ein gegen sie gerichteter Vorwurf im Raum stand, ergibt sich hieraus, dass der Zeugin seitens der Beklagten bei früherer Gelegenheit sehr wohl eine Vorhaltung im Hinblick auf ihre Arbeitsweise im Rahmen von Ermittlungen gemacht wurde.

27

Aus Sicht der Berufungskammer ist weiter bemerkenswert, dass das an den Zeugen B. gerichtete Anhörungsschreiben, welches der Kläger nach der berichtigten Sachverhaltsdarstellung durch die Zeugin am 28.01.2009 mit sich geführt und der Zeugin vorgelegt haben soll, nicht zu den Akten genommen wurde. Auch wenn dieses Anhörungsschreiben nach Darstellung der Zeugin keinerlei Angaben zur Sache und auch keine Unterschrift des Zeugen B. beinhaltete, hätte doch der Rücklauf dieses Schreibens belegt, dass dem Zeugen B. Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist.

28

Die Zeugin hat ferner bekundet, vor dem Zeitpunkt ihrer ersten Anhörung durch die Beklagte am 09.02.2009 über den Vorgang mit Herrn B. nicht gesprochen zu haben. Herr B. aber hat bereits am 06.02.2009 eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung erstellt (Bl. 391 ff. d. A.), die ohne Information durch die Zeugin nicht erklärbar ist. Die Zeugin hat zwar bekundet - hiervon geht auch die Kammer aus - dass Herr B. als Bereichsleiter ebenfalls Zugriff auf die von der Beklagten im Rahmen der Bußgeldbearbeitung eingesetzten EDV hat und somit auch den Aktenvermerk mit Datum vom 28.01.2009 (Bl. 182 d. A.) zur Kenntnis genommen haben kann. In der Sachverhaltsschilderung des Herrn B. heißt es aber ausdrücklich, dass der Kläger am 28.01.2009 die Zeugin C. aufgesucht habe und geäußert habe, dass die Ordnungswidrigkeit nicht von Herrn A., sondern von B. begangen wurde. Diese von Herrn B. wiedergegebene Äußerung des Klägers ergibt sich aber aus dem Inhalt der in der EDV hinterlegten Dokumente nicht, auch nicht aus dem genannten Aktenvermerk vom 28.01.2009. In diesem ist nur festgehalten, dass es sich laut Kläger bei dem Fahrer um Herrn B. gehandelt haben soll.

29

Zu diesen zweifelbegründenden Gesichtspunkten kommt hinzu, dass die Aussage der Zeugin in Teilen sehr detailreich ist, aber in anderen Teilen vage bleibt. So konnte die Zeugin keine Angaben zur ungefähren Tageszeit, an welcher der Kläger am 28.01.2009 bei ihr erschienen sein soll, machen. Dies wäre eine Angabe gewesen, die es dem Kläger ggf. ermöglich hätte, die Aussage der Zeugin zu relativieren. Nicht zu verkennen ist schließlich, dass in den Bekundungen der Zeugen eine gewisse Belastungstendenz zu Lasten des Klägers zum Ausdruck kommt. Während hiervon in der Niederschrift ihrer ersten Anhörung keine Rede ist, hat die Zeugin, die nach ihren zweitinstanzlichen Bekundungen mit ihrem Irrtum hinsichtlich der Verwechslung der Anhörungsschreiben bei ihrer ersten Anhörung nicht von selbst, sondern aufgrund eines Anrufs aus der Personalabteilung bemerkte, in ihrer zweiten Anhörung ebenso wie in ihrer erstinstanzlichen gerichtlichen Aussage von sich aus einen Vorfall geschildert, der den Verdacht gegen den Kläger verstärkt, wenn sie schildert, dass dieser bereits ca. 14 Tage vorher versucht habe sie alleine anzusprechen. In den ergänzenden Angaben zu ihrer Stellungnahme vom 09.02.2009 (Bl. 163 f. d. A.) hat die Zeugin diesen Vorfall nicht erwähnt, obwohl sie gemäß ihrer zweitinstanzlichen Aussage diese ergänzende schriftliche Stellungnahme als Ergebnis eines längeren Nachdenkens zu Hause aufgeschrieben habe, wobei sie bekundet hat, dass sie sich in ihr Arbeitszimmer auch deshalb zurückgezogen habe, um den ganzen Vorfall für sich noch mal Schritt für Schritt durchzugehen, weil ihr abends die Angelegenheit noch mal im Kopf rumgegangen sei und ihr dann auch eingefallen sei, dass der Kläger vor einiger Zeit schon mal bei ihr im Büro vorbeigeschaut habe, ohne allerdings einzutreten.

30

Da bei der Berufungskammer allein schon aufgrund der dargestellten Gegebenheiten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin C. und damit auch Wahrheitsgehalt der dem Kläger belastenden Aussage verblieben, kommt es auf die Aussagen der zweitinstanzlich ebenfalls erneut vernommenen Zeugen B. und A. nicht an. Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass die Berufungskammer ebenso wie das Arbeitsgericht der Aussage des Zeugen B. insgesamt keinen Glauben schenkt. Weder aus den Bekundungen des Zeugen B., noch aus denen des Zeugen A. ergibt sich aber ein Hinweis darauf, dass der Kläger den von der Beklagten behaupteten Pflichtverstoß begangen hat.

31

4. Da es der Beklagten somit nicht gelungen ist, den Kündigungsvorwurf in tatsächlicher Hinsicht zu beweisen, ist die streitgegenständliche Kündigung mangels eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 BGB rechtsunwirksam. Die Frage einer Umdeutung in eine ordentliche Kündigung stellt sich daher - abgesehen davon, dass der Kläger nach Maßgabe des § 34 Abs. 2 TVöD ordentlich nicht kündbar ist, nicht. Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu.

III.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.02.2012, Az.: 4 Ca 2145/11, abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.11.2011 aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der am … 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.10.1988 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.04.1989 beschäftigt. Er übte bis zum Winter 2008/2009 eine Funktion als städtischer Markt- und Messemeister zu einer Bruttoarbeitsvergütung von ca. 2.500,00 EUR aus. Die Beklagte beschäftigt ständig weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer. Gemäß Ziffer 2 des genannten Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und den zusätzlich abgeschlossenen Bezirkstarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung und nach den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen.

2

Der Kläger ist seiner geschiedenen Ehefrau und drei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet.

3

Am 15.12.2008 beging der Schausteller E.L. eine Geschwindigkeitsüberschreitung, welche durch eine Radarmessung unter Aufzeichnung eines Fotos des fahrenden L. festgehalten wurde. Herrn L. drohte aufgrund bereits zuvor begangener Verkehrsverstöße wegen des begangenen neuerlichen Verstoßes ein weiterer Eintrag im Verkehrszentralregister mit der Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis. Der sodann von der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten S. an die R.L. GmbH als Halterin des Fahrzeugs veranlasste Anhörungsbogen gelangte zur Beklagten zurück. Unter der Rubrik "Angaben zur Person des/der Betroffenen" waren nicht Name und Anschrift des Herrn L., sondern des Herrn H. vermerkt. Dieser unterschrieb auch den Anhörungsbogen, ohne Angaben zur Sache zu machen. Aufgrund der Angaben im Anhörungsbogen veranlasste die Sachbearbeiterin Frau S. die Eröffnung eines Verfahrens gegen Herrn H. Es kam in der Folge zum Erlass eines Bußgeldbescheides gegenüber Herrn H. Nachdem festgestellt wurde, dass tatsächlich nicht Herr H., sondern Herr L. das Fahrzeug geführt hatte, wurde der Bußgeldbescheid hinsichtlich Herrn H. zurückgenommen und stattdessen ein Bußgeldbescheid gegenüber Herrn L. erlassen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger auf dieses Bußgeldverfahren am 28.01.2009 dadurch Einfluss genommen hat, dass er gegenüber der Frau S. bestätigte, dass der auf dem Foto der Radarmessung ersichtliche Fahrer Herr H. sei.

4

Während die Beklagte davon ausging und ausgeht, dass der Kläger am 28.01.2009 der zuständigen Sachbearbeiterin gegenüber die zuvor schon von Herrn H. und Herrn L. gemachten Falschangaben zur Fahreridentität bestärkt und diese unmittelbar aufgefordert habe, den Bußgeldbescheid mithin dem falschen Fahrer zu schicken, wobei er sich das Vertrauen der Sachbearbeiterin zu Nutze gemacht habe, hat der Kläger bestritten, Einfluss auf die Sachbearbeiterin genommen zu haben.

5

Wegen des genannten Vorfalls hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 19.02.2009 außerordentlich fristlos gekündigt. Durch rechtskräftiges Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.05.2010, Az: 9 Sa 705/09, ist festgestellt worden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Diesem Urteil der Berufungskammer ging eine Beweisaufnahme in Form der Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiterin, sowie der Herren H. und L. voraus. Die Berufungskammer konnte gestützt auf die Hauptbelastungszeugin, Frau S. als zuständige Sachbearbeiterin, keine ausreichende Gewissheit gewinnen, dass der Kläger tatsächlich versucht hatte, das gegen die Firma L. gerichtete Bußgeldverfahren zugunsten des Herrn L. zu beeinflussen. Wegen der Einzelheiten der diesbezüglichen seinerzeitigen Erwägungen der Berufungskammer wird auf das den Parteien bekannte Berufungsurteil vom 21.05.2010 Bezug genommen.

6

Aufgrund des genannten Urteils der Berufungskammer wurde der Kläger in der Folge weiterbeschäftigt, allerdings auf einem anderen Arbeitsplatz.

7

Gegen den Kläger wurde wegen des von der Beklagten der seinerzeitigen Kündigung zugrunde gelegten Sachverhalts ein Strafverfahren durchgeführt. Mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 05.10.2010, Geschäftsnummer 123 Js 0000 1 ECs (Kopie Bl. 109 ff. d. A.) ist der Kläger wegen falscher Verdächtigung zu Lasten des Herrn H. zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,00 EUR verurteilt worden. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb im Verfahren vor dem Landgericht M. (Kopie des Urteils Bl. 55 d. A.) ohne Erfolg. Das Urteil ist seit dem 03.11.2011 rechtskräftig. Das Amtsgericht A-Stadt hat ebenfalls Beweis erhoben durch Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiterin, der Herrn L. und H. sowie eines weiteren Zeugen. Zur Überzeugung des Strafgerichts stand dabei eine Manipulation des Bußgeldverfahrens durch den Kläger aufgrund der Angaben der als Zeugin vernommenen Sachbearbeiterin S. fest.

8

Mit Schreiben vom 14.11.2011 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung zum 30.06.2012 auszugsweise wie folgt an:

9

"Das Landgericht, als Berufungsgericht, hat das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes A-Stadt, von dem Herr R. wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) verurteilt worden war, bestätigt. Die strafgerichtliche Verurteilung ist zwischenzeitlich rechtskräftig geworden. Der Stadtverwaltung A-Stadt als Arbeitgeber ist, wie auch den Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Frau S., die von Herrn A. wahrheitswidrig der Lüge und Falschaussage bezichtigt worden ist, unter diesen Umständen eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar. Durch eine Weiterbeschäftigung nach rechtskräftiger Verurteilung würde der Betriebsfrieden ernsthaft gefährdet.

10

Unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien und der langjährigen Zugehörigkeit des Herrn A. zur Stadtverwaltung A-Stadt ist die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bzw. einer sozialen Auslauffrist für den Arbeitgeber unzumutbar. Aus diesem Grund wird auch die sofortige Freistellung verfügt werden.
…."

11

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das genannte Schreiben (Bl. 25 d. A.) Bezug genommen.

12

Mit Schreiben vom 17.11.2011 (Bl. 26 d. A.) äußerte der Personalrat Bedenken. Er verwies u. a. darauf, dass eine Störung des Betriebsfriedens nicht nachvollzogen werden könne, da es von Seiten der Beschäftigten, insbesondere seitens der Frau S. keinerlei Beschwerden gegeben habe. Des Weiteren führte der Personalrat aus, dass aus seiner Sicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen werde, da bei anderen Beschäftigten, bei denen auch eine Verurteilung erfolgt sei, lediglich eine Abmahnung und eine Umsetzung in einen anderen Bereich vorgenommen worden sei.

13

Insoweit kam es zu einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung einer Mitarbeiterin der Kfz-Stelle der Beklagten wegen des Vorwurfs der Untreue. Diese war in 27 Fällen von Untreue angeklagt.

14

Mit Schreiben vom 18.11.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlich zum 30.06.2012. Das Kündigungsschreiben konnte dem Kläger unter der zuletzt von ihm angegebenen Anschrift nicht übergeben werden. Er holte sich das Kündigungsschreiben am 23.11.2011 selbst bei der Beklagten ab.

15

Nachdem der Kläger am 01.12.2011 vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hat, fand bei der Beklagten am 12.01.2012 eine Bereichsleiter-sitzung statt. Das hierüber gefertigte Protokoll (Bl. 158 d. A.) hat auszugsweise folgenden Inhalt:

16

"Herr F. berichtet, dass Herr A. (früher Marktmeister im Bereich 3) mittlerweile strafrechtlich verurteilt wurde, da eine Betrugshandlung festgestellt wurde.

17

Der Sachverhalt zu Herrn A. ist allen Bereichsleitern bereits bestens bekannt, Herr A. ist gekündigt und vom Dienst frei gestellt. Falls es im anhängigen Gerichtsverfahren zu einem Urteil gegen die Stadt A-Stadt kommen würde, müsste Herr A. weiter beschäftigt werden. Der Bereich 3 signalisiert, dass er dort nicht eingesetzt werden kann, da er eine andere Mitarbeiterin belastet hat, um unbestraft zu bleiben. Die Mitarbeiterinnen im Bereich 3 weigern sich, mit Herrn A. zusammen zu arbeiten. Falls es daher durch das Arbeitsgericht zu einer für die Stadt A-Stadt negativen Entscheidung kommen sollte, müsste er in einem anderen Fachbereich beschäftigt werden. Daher bittet Herr F. um die Bereitschaft der anderen Bereiche bei der Lösung des Problems behilflich zu sein. Übereinstimmend erklären die Bereichsleitungen, dass die Vorgänge um Herrn A. im Haus detailliert bekannt sind. Keine der Bereichsleitungen wäre im Falle der Wiederbeschäftigung von Herrn A. bereit, ihn einzusetzen, da die Ablehnung der Mitarbeiterinnen ihm gegenüber in allen Fachbereichen formuliert wird."

18

Hinsichtlich des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf dessen Wiedergabe im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.02.2012, Az: 4 Ca 2145/11 (Bl. 160 ff. d. A.).

19

Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil die Klage hinsichtlich des Antrags festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.11.2011 beendet wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

20

Das Arbeitsverhältnis habe infolge der außerordentlichen, fristlosen Kündigung seine Beendigung gefunden. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB sei gewahrt. Es käme auf die Kenntnis des Oberbürgermeisters an, so dass unerheblich sei, dass der zuständige Sachbearbeiter, der bei der Verkündung des strafgerichtlichen Berufungsurteils anwesend war, in der Lage gewesen wäre, den Ablauf der Revisionsfrist selbst zu errechnen und ggf. durch telefonische Rückfrage hätte abklären können, ob der Kläger Revision eingelegt habe oder nicht. Die Kündigung sei auch nicht wegen unzureichender Anhörung des Personalrats unwirksam. Dieser sei über die Auffassung der Beklagten informiert worden, dass es Frau S. nicht zumutbar sei, dass der Kläger weiterbeschäftigt werde. Die Stellungnahme des Personalrats verdeutliche, dass dieser über den Kündigungsgrund - den rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens - informiert worden sei. Über den der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt sei der Personalrat bereits aufgrund der vorangegangenen Kündigung und der dortigen Personalratsanhörung informiert gewesen.

21

Es bestehe auch ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Die rechtskräftige Verurteilung des Klägers stelle für sich allein betrachtet einen wichtigen Grund dar, weil hierdurch nicht nur eine Dienstpflichtverletzung geahndet wurde, sondern hinzutrete, dass der Kläger nach den Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils die Sachbearbeiterin Frau S. benutzte, um Herrn L. zu begünstigen und anschließend diese Zeugin der Lüge bzw. Intrige bezichtigt habe. Auch nach der Rechtsprechung des BAG sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen einer in Betrieb begangenen Straftat als neue Tatsache an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen, weil sie den Betriebsfrieden ernsthaft gefährden könne. Die vom Kläger gegen die Richtigkeit seiner strafrechtlichen Verurteilung vorgebrachten Argumente stellten keinen substantiierten Sachvortrag zur Darlegung der Unschuld dar. Wenn die Beklagte vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Verurteilung, der Bezichtigung der Sachbearbeiterin S. der Lüge auch um sich schützend vor die durch das bisherige Geschehen psychisch geschädigte Sachbearbeiterin Frau S. zu stellen und im Hinblick darauf, dass eine weitere Beschäftigung des Klägers aufgrund der im ganzen Haus bekannten Vorkommnisse von anderen Abteilungen ebenfalls abgelehnt werde, eine weitere Beschäftigung für unzumutbar ansehe, sei dies nachvollziehbar. Hinzu komme, dass der Kläger im Vorprozess die Behauptung erhoben habe, die Zeugin sei zu ihrer ihn belastenden Aussage seitens der Führung bestimmt worden. Nach den vorangegangenen Geschehnissen könne die Beklagte nicht mehr das notwendige Vertrauen in eine gewissenhafte Amtsführung des Klägers haben. Dem stehe auch die zwischenzeitliche Beschäftigung des Klägers nicht entgegen, da diese aufgrund der Niederlage im ersten Kündigungsschutzprozess erfolgt sei. Die Mitarbeiter, welche mit dem Kläger zusammenarbeiten müssten, verfügten im Regelfall über keine juristische Ausbildung. Aus ihrer Sicht habe der Kläger im ersten Kündigungsschutzprozess gewonnen, weil zwei Bekannte des Klägers zu dessen Gunsten ausgesagt hätten, die deswegen inzwischen wegen falscher Aussage ebenfalls strafrechtlich belangt sind. Für die übrigen Mitarbeiter stehe aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung fest, dass der Kläger die ihm zur Last gelegten Verfehlung begangen habe.

22

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 15.03.2012 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 11.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 15.05.2012 bis zum 06.06.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 06.06.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

23

Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 195 ff. d. A.), macht der Kläger zur Begründung seines Rechtsmittels im Wesentlichen geltend:

24

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Angesichts der Stellung des mit der Kündigung befassten Sachbearbeiters und dessen Teilnahme an der Hauptverhandlung im Strafverfahren vor dem Landgericht M. sei zu erwarten gewesen, dass der Sachbearbeiter den Oberbürgermeister unverzüglich über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung unterrichten werde. Auch die Anhörung des Personalrats sei nicht ordnungsgemäß. Aus der schriftlichen Anhörung ergäben sich nicht die Tatsachen, aus denen sich der Beginn des Laufs der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nachvollziehen lasse. Ebenso wenig sei der Kündigungssachverhalt ausreichend konkret dargelegt worden. So werde weder ausgeführt, inwieweit tatsächlich eine wahrheitswidrige Bezichtigung vorliegen solle und wann diese erfolgt sei. Auch fehlte die Angaben von Tatsachen, aus denen sich die befürchtete ernsthafte Gefährdung des Betriebsfriedens ergeben solle. Ebenfalls fehle die Mitteilung der Sozialdaten. Das Arbeitsgericht habe auch nicht auf eine Vorkenntnis des Personalrats aufgrund des vorangegangenen Kündigungsschutzverfahrens abstellen dürfen. Auch im seinerzeitigen Verfahren sei die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats bestritten worden.

25

Es fehle auch an einem wichtigen Grund im Sinne des § 34 Abs. 2 TVöD, § 626 Abs.1 BGB. Wenn die rechtskräftige Verurteilung wegen einer im Betrieb begangenen Straftat einen Kündigungsgrund unter dem Gesichtspunkt einer ernsthaften Gefährdung des Betriebsfriedens darstellen solle, müsse jedenfalls festgestellt werden, ob tatsächlich derartige Tatsachen vorlägen. Derartige Tatsachen aber habe die Beklagte schon deshalb nicht wirksam in den Rechtsstreit einführen können, da sie insoweit den Personalrat nur schlagwortartig unterrichtet habe. Soweit das Arbeitsgericht darauf abgestellt habe, Kolleginnen und Kollegen des Klägers könnten angeblich nicht zwischen einer rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen und einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidung unterscheiden, handele es sich um Mutmaßungen, denen die erforderliche Tatsachengrundlage fehle. Hierauf habe sich auch die Beklagte selbst nicht berufen. Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, der Kläger habe die Sachbearbeiterin S. im Vorprozess als Lügnerin dargestellt, sei zu berücksichtigen, dass es sich um zulässiges Verteidigungsvorbringen in einem gerichtlichen Verfahren gehandelt habe. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, Frau S. habe durch ihre Situation als Zeugin gegen den Kläger in den verschiedenen Gerichtsverfahren psychischen Schaden erlitten, sei nicht erkennbar, was damit konkret gemeint sei und inwieweit ein entsprechender Zusammenhang hergestellt werden könne. Ohne nähere Aufklärung hätte das Arbeitsgericht dies nicht zu Lasten des Klägers verwerten dürfen. Soweit das Arbeitsgericht zu seinen Lasten gewertet habe, dass geltend gemacht worden sei, die Zeugin sei von der "Führung" angestiftet worden, habe er dies bereits erstinstanzlich bestritten. Auch hier gelte, dass es sich um Verteidigungsvorbringen in einem gerichtlichen Verfahren gehandelt habe. Die Beklagte selbst habe klargestellt, dass nicht der Kläger, sondern dessen damaliger Prozessbevollmächtigter sich in der seinerzeitigen mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht dahingehend geäußert habe. Soweit die Beklagte behauptet habe, andere Mitarbeiter sowie keiner der Bereichsleiter sei dazu bereit, den Kläger im eigenen Bereich einzusetzen, werde dies bestritten. Auf die Bereichsleitersitzung vom 12.01.2012 könne es nicht ankommen, da diese Sitzung erst nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung stattfand und zu dem hierzu dem Personalrat im Rahmen seiner Anhörung nichts mitgeteilt worden sei. Entsprechendes gelte für die weitere Begründung des Arbeitsgerichts, die Unzumutbarkeit folge auch daraus, dass die Beklagte sich schützend vor die psychisch geschädigte Mitarbeiterin S. habe stellen müssen. Der Kläger habe auch bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 10.02.2012 mit substantiiertem Vortrag die Unrichtigkeit seiner strafrechtlichen Verurteilung geltend gemacht. Wie die Tatsache der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung einer anderen Mitarbeiterin wegen Untreue belege, sehe die Beklagte selbst eine Weiterbeschäftigung allein aufgrund der Tatsache einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung wegen einer im Dienst begangenen Straftat nicht als Grund an, der zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung führe. Auch seien die bestehenden Unterhaltspflichten des Klägers seien im Rahmen der Interessenabwägung nicht ausreichend berücksichtigt.

26

Der Kläger beantragt,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 29.02.2012 - 4 Ca 2145/11 -abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die hilfs-weise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.11.2011 aufgelöst worden ist.

28

Die Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrem Schriftsatz vom 20.07.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 233 ff. d. A.), als zutreffend und macht im Wesentlichen geltend:

31

Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei im Hinblick auf die Regelung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 b GVGEG und Nr. 16 MiStra gewahrt. Es habe eine Mitteilungspflicht nach MiStra bestanden. Diese Mitteilung habe abgewartet werden können. Im Übrigen habe der Kläger die Zustellung der Kündigung zunächst treuwidrig vereitelt und müsse sich so behandeln lassen, als sei die Zustellung bereits am 21.11.2011 erfolgt.

32

Ebenso sei die Anhörung des Personalrats ordnungsgemäß. Dem Personalrat sei die Tatsache der Verurteilung und die Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung mitgeteilt worden. Des Weiteren habe sie auch mitgeteilt, dass unter diesen Umständen, nämlich der rechtskräftigen Verurteilung wegen falscher Verdächtigung der Mitarbeiterin S. eine Weiterbeschäftigung wegen ernsthafter Gefährdung des Betriebsfriedens nicht mehr zumutbar sei. Damit seien die aus Sicht des Arbeitgebers wesentlichen Tatsachen mitgeteilt worden. Die Mitteilung der Einzelheiten, wie sich die Kündigungserklärungsfrist berechne, gehöre nicht zu den zwingenden Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Anhörung. Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung habe die Beklagte den Betriebsfrieden als so gestört angesehen, dass eine weitere Beschäftigung nicht weiter zumutbar gewesen sei. Die weiteren Einzelheiten seien dem Personalrat bekannt gewesen, da er in das erste Kündigungsverfahren, in dem es um die Frage der wahrheitsgemäßen Aussage der Mitarbeiterin S. ging, eingebunden gewesen sei. Diese Vorkenntnisse müsse sich der Personalrat zurechnen lassen. Auch aus der Stellungnahme des Personalrats ergebe sich, dass dieser umfassend informiert gewesen sei. Die Sozialdaten des Klägers seien dem Personalrat ebenfalls bekannt gewesen. Im seinerzeitigen Kündigungsverfahren sei der Personalrat über den Sachverhalt umfänglich unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen informiert worden.

33

Das Arbeitsgericht habe auch zutreffend erkannt, dass die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung vorliegend die außerordentliche Kündigung rechtfertige. Die vom Kläger als bloße Mutmaßungen des Arbeitsgerichts dargestellten Erwägungen hinsichtlich der Gefährdung und Störung des Betriebsfriedens seien zutreffend. Er könne nicht damit gehört werden, dass es sich um zulässiges Verteidigungsvorbringen in einem gerichtlichen Verfahren gehandelt habe, vielmehr wäre es seitens des Klägers angezeigt gewesen, das Fehlverhalten einzuräumen. Die seinerzeitigen Ausführungen der Berufungskammer im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren zur Glaubwürdigkeit der Zeugen S. seien nicht entscheidungserheblich. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei als neue Tatsache die rechtskräftige Verurteilung des Klägers bezüglich seines Verhaltens gegenüber Frau S. und der Beklagten. Das Strafgericht habe rechtskräftig entschieden, dass der Kläger sich diesbezüglich der falschen Verdächtigung strafbar gemacht habe. Frau S. habe durch die belastende Situation als Zeugin in dem arbeits- und strafrechtlichen Gerichtsverfahren bereits psychischen Schaden mit physischen Auswirkungen erlitten. Der erste Kündigungsschutzprozess sei sehr emotional geführt worden. Die Äußerungen des seinerzeitigen Prozessvertreters des Klägers sei nicht dazu geeignet, das bereits belastete Verhältnis zu befrieden und seien weit über zulässiges Verteidigungsvorbringen hinaus gegangen. Die seinerzeitigen Äußerungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers hätten das Arbeitsverhältnis belastet. Der Kläger habe sich auch von diesen Äußerungen nicht distanziert. Aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers stehe fest, dass die Ausführungen der Frau S. als Zeugin im seinerzeitigen arbeitsgerichtlichen Verfahren zutreffend gewesen seien. Es frage sich auch, warum der Kläger vom Rechtsmittel der Revision keinen Gebrauch gemacht habe. Zu keiner anderen Beurteilung führe auch der Vorwurf, dass in anderen Fällen von rechtskräftigen Verurteilungen anders gehandelt wurde. Eine Gleichbehandlung im Unrecht gebe es nicht. Die seinerzeit betroffenen Mitarbeiterin habe anders als der Kläger ihr Fehlverhalten eingeräumt und keine Kollegen in ihr unrechtmäßiges Verhalten mit hinein gezogen.

34

Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

35

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgereicht eingelegt und begründet.

II.

36

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Tatsachen, die im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB aufgrund derer der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, liegen nicht vor.

37

1. Gemäß § 34 Abs. 2 TVöD konnte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers, der im Kündigungszeitpunkt das 40. Lebensjahr vollendet hatte und länger als 15 Jahre bei ihr beschäftigt war, nur aus einem wichtigen Grund kündigen. Mit dem Begriff des "wichtigen Grundes" knüpft die tarifvertragliche Bestimmung an die gesetzliche Regelung des § 626 Abs. 1 BGB an, die das Vorliegen eines solchen Grundes voraussetzt (BAG 26.11.2009 - 2 AZR 272/08 -EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr 16). Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig. Zunächst ist zu prüfen, ob der betreffende Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Grund "an sich" geeignet ist. Ist dies der Fall, ist sodann zu prüfen, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26.11.2009, aaO.). Fristlos kann aber einem tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer nach § 626 BGB nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren kündbaren Arbeitnehmer dessen Weiterbeschäftigung nicht einmal bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar wäre (BAG 12.8.1999 - 2 AZR 923/98 - EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr 8; 27.4.2006 - 2 AZR 386/05- EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr 11). Ist danach eine fristlose Kündigung gegenüber dem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer ausgeschlossen, so ist in den Fällen, in denen bei einem kündbaren Arbeitnehmer nur eine ordentliche Kündigung in Betracht käme, weiter zu prüfen, ob bei dem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer mit Rücksicht auf die lange Bindungsdauer die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung unter Gewährung einer Auslauffrist vorliegen. Stellt sich bei dieser Prüfung heraus, dass dem Arbeitgeber wegen der "Unkündbarkeit" des Arbeitnehmers dessen Weiterbeschäftigung bis zum Pensionsalter unzumutbar ist, bei unterstellter Kündbarkeit dagegen nur eine fristgerechte Kündigung zulässig wäre, muss dem Arbeitnehmer eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingeräumt werden. Es würde dem Sinn und Zweck des tariflichen Alterskündigungsschutzes widersprechen, dem altersgesicherten Arbeitnehmer eine der fiktiven Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist zu verweigern, wenn einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne gesteigerten Kündigungsschutz bei (theoretisch) gleichem Kündigungssachverhalt - und Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - nur fristgerecht gekündigt werden könnte.

38

2. Die Kündigung ist nicht als außerordentliche fristlose Verdachts- oder Druckkündigung gerechtfertigt.

39

a) Die Arbeitsgerichte dürfen eine Kündigung nur unter dem Gesichtspunkt der Verdachtskündigung beurteilen, wenn der Arbeitgeber die Kündigung - zumindest hilfsweise - auf den entsprechenden Verdacht stützt (BAG 23.6.2009 -2 AZR 474/07- EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr 8).

40

Eine Verdachtskündigung hat die Beklagte vorliegend nicht ausgesprochen. Sie stützt die Kündigung nicht auf einen Verdacht, sondern vielmehr auf die Tatsache rechtskräftiger strafgerichtlicher Verurteilung.

41

b) Auch als Druckkündigung ist die Kündigung nicht gerechtfertigt. Dazu müssten Dritte von der Arbeitgeberin unter Androhung von Nachteilen die Entlassung des Klägers verlangt haben (vgl. nur KR-KSchG/Fischermeyer, 9. Aufl., § 626 BGB Rz. 204 ; BAG 31.1.1996 -2 AZR 158/95- EzA § 626 BGB Druckkündigung Nr 3). Dies hat die Beklagte nicht dargelegt. Eine derartige Drucksituation ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten auszugsweise vorgelegten Protokoll der Bereichsleitersitzung vom 12.1.2012 (Bl. 158 d.A.). Ausweislich dessen haben die Bereichsleiter zwar einen Einsatz des Klägers in ihren Bereichen abgelehnt, ohne allerdings hiermit die Androhung von Nachteilen zu verbinden. Im Übrigen fand diese Sitzung erst nach Zugang der Kündigung statt, so dass diese Äußerung der Bereichsleiter nicht ursächlich für den Kündigungsentschluss gewesen sein konnte.

42

3. Ein Grund, der die Beklagte zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen würde, ergibt sich auch nicht aus der Tatsache der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers wegen falscher Verdächtigung zu Lasten des Herrn H.

43

a) Die Berufungskammer folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 16.9.1999 -2 ABR 68/98- EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 40; Beschluss vom 8.6.2000 -2 ABR 1/00- EzA § 15 KSchG nF Nr. 50) hinsichtlich der Frage, wie sich eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auswirkt, wenn der der vorangegangenen Kündigung zugrunde gelegte Tatvorwurf im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht nachgewiesen werden konnte.

44

Danach stützt der Arbeitgeber die Kündigung, wenn er nun auch auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung abstellt, nicht mehr allein auf die vorgeworfene Tat, sondern zusätzlich auf das mit der diesbezüglichen strafrechtlichen Verurteilung verbundene Unwerturteil als neue Tatsache. Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen einer im Betrieb begangenen Straftat ist als neue Tatsache auch an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen, weil sie den Betriebsfrieden ernsthaft gefährden kann. Sollte sie im Einzelfall für sich genommen nicht ausreichen, eine Kündigung zu begründen, etwa weil der Arbeitnehmer ungeachtet der Rechtskraft des Strafurteils weiterhin mit substantiiertem Vortrag seine Unschuld beteuert, kann im Zusammenhang damit auf die eigentlichen Tatvorwürfe zurückgegriffen werden.

45

b) Ausgehend hiervon stellt die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Klägers keinen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grund dar. Die strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen vermag die außerordentliche Kündigung deshalb nicht zu rechtfertigen, weil von der Beklagten nicht dargelegt werden konnte, inwieweit es hierdurch zu einer ernsthaften Gefährdung des Betriebsfriedens gekommen oder eine solche zu befürchten ist bzw. in anderer Weise betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigt worden sind.

46

aa) Soweit die Beklagte eine Störung des Betriebsfriedens im Hinblick darauf geltend macht, der Kläger habe Frau S. der Lüge und Falschaussage bezichtigt –so das Anhörungsschreiben an den Personalrat- geht auch die Berufungskammer davon aus, dass durch die unzutreffende Bezichtigung anderer Mitarbeiter zur Verdeckung eigener Fehlleistungen der Betriebsfrieden empfindlich gestört werden kann und auch andere Mitarbeiter befürchten müssen, bei einer Zusammenarbeit bezichtigt zu werden, um sich der Verantwortlichkeit für eigene Fehler zu entziehen.

47

Hierüber verhalten sich aber die strafgerichtlichen Urteile nicht. Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung war nicht eine falsche Verdächtigung zu Lasten der Mitarbeiterin S., sondern zu Lasten des Herrn H., der nicht bei der Beklagten beschäftigt ist. Auch aus der Begründung des strafgerichtlichen Urteils ergibt sich nicht, dass der Kläger die Mitarbeiterin S. in unzulässiger Weise der Lüge bzw. Falschaussage bezichtigt hätte. Ausweislich des strafgerichtlichen Urteils des Amtsgerichts A-Stadt hat dieses der Aussage der als Zeugin vernommenen Mitarbeiterin S. Glauben geschenkt, während die Berufungskammer im Verfahren hinsichtlich der vorangegangenen Kündigung (Urteil vom 21.5.2010, 9 Sa 705/09) keine ausreichende Überzeugung von der Wahrheit der Bekundungen der dort ebenfalls vernommenen Zeugin S. gewinnen konnte. Da im strafgerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Frage, ob der Kläger Frau S. im Interesse des ebenfalls vernommenen Zeugen L. manipuliert hat, keine neuen oder andere Beweismittel verwendet wurden, ergibt sich aus dem rechtskräftigen Strafurteil nur, dass das Strafgericht die Glaubwürdigkeit der Zeugin S. anders beurteilt hat als die Berufungskammer im genannten Verfahren. Ein „Bezichtigen“ kann hieraus nicht abgeleitet werden. Dass der Kläger im Strafverfahren die Zeugin der Lüge bezichtigt hätte, ist nicht feststellbar. Auch im genannten Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger dies nicht getan, sondern dort zulässigerweise die kündigungsbegründenden Vorwürfe seinerseits substantiiert bestritten und auf Widersprüchlichkeiten bezüglich der Bekundungen der Zeugin S. hingewiesen, wobei ausweislich des Urteils im Berufungsverfahren auch die Berufungskammer aufgrund von Widersprüchlichkeiten in der seinerzeitigen Aussage der Zeugin keine Überzeugung von der Wahrheit der Tatsachenbehauptungen gewinnen konnte. In dem prozessualen Verhalten des Klägers liegt kein Bezichtigen, sondern die Wahrnehmung berechtigter Interessen und Verwendung prozessual zulässiger Mittel im Rahmen eines Rechtsstreits.

48

bb) Auch eine anderweitige erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher bzw. dienstlicher Interessen lässt sich nicht feststellen, wobei die Beklagte derartige in der Anhörung des Personalrats auch nicht konkret dargelegt sondern lediglich darauf verwiesen hat, eine Weiterbeschäftigung sei unzumutbar.

49

Eine Kündigung, zumal eine außerordentliche, setzt generell die erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher (dienstlicher) oder vertraglicher Interessen voraus. Wird ein Arbeitnehmer jedoch von einem Strafgericht rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt und wird dadurch wegen der Auswirkungen der Verurteilung auf Kollegen oder den Arbeitgeber selbst ein regulärer Einsatz des Arbeitnehmers auf unabsehbare Zeit unmöglich, liegt bereits in dieser Störung eine Beeinträchtigung erheblicher betrieblicher Interessen, ohne dass dazu weitere Umstände hinzutreten müssen. Je nach Art der Straftat wegen derer eine Verurteilung erfolgt, kann hiervon auch ohne Darlegung konkreter Beeinträchtigungen ausgegangen werden (BAG 8.6.2000 aaO.).

50

Zwar wird durch die erfolgte rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung das Vertrauen der Beklagten in eine korrekte Wahrnehmung von Dienstgeschäften erschüttert. Dass dies aber zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers führt, macht die Beklagte nicht geltend, sondern stützt die Unzumutbarkeit der weiteren Beschäftigung gerade darauf, dass der Kläger die Mitarbeiterin S. belogen und diffamiert“ haben soll, was sich aber aus der Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung gerade nicht ergibt. Gegen eine Unzumutbarkeit der weiteren Beschäftigung spricht auch, dass die Beklagte in einem anderen Fall der Verurteilung einer Mitarbeiterin wegen Untreuestraftaten anlässlich der Wahrnehmung von Dienstgeschäften von einer Kündigung abgesehen hat.

51

c) Auch wenn entsprechend der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichts nicht allein auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung abgestellt wird, sondern davon auszugehen ist, dass in einer derartigen Konstellation der kündigende Arbeitgeber nicht allein hierauf, sondern ergänzend auch auf die eigentlichen Tatvorwürfe abstellt, ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Da keine Bindung der Arbeitsgerichte an das Strafurteil und die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen besteht (§ 14 Abs. 2 Ziff. 1 EGZPO; BAG 16.9.1999 aaO.), kann der Arbeitgeber ergänzend auf die eigentlichen Tatvorwürfe Bezug nehmen. Umgekehrt kann der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren seine Unschuld geltend machen, was er allerdings substantiiert tun muss. GGfs. muss sodann eine erneute Beweisaufnahme durchgeführt werden (vgl. BAG 8.6.2000, aaO.).

52

Der Kläger hat in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.2.2012 ausführlich die Gesichtspunkte aufgezeigt, die aus seiner Sicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage der Frau S. sprechen. Er hat des Weiteren Bezug genommen auf das Urteil der Berufungskammer im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren, in welchem im Einzelnen ausgeführt wurde, aufgrund welcher Widersprüchlichkeiten die Berufungskammer nicht vom Erwiesen-Sein der Kündigungsvorwürfe ausgehen konnte. Die Beklagte ihrerseits hat Bezug genommen auf das strafgerichtliche Urteil und die dortige Wertung der Zeugenaussage der Frau S., aber bewusst davon abgesehen, diese im jetzigen Verfahren erneut als Zeugin zu benennen.

53

4. Auch die von der Beklagten ausgesprochene hilfsweise ordentliche Kündigung (Kündigung mit sozialer Auslauffrist) hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Voraussetzung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist ist, dass einem vergleichbaren Arbeitnehmer ohne gesteigerten Kündigungsschutz bei gleichem Kündigungssachverhalt - und Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - fristgerecht hätte gekündigt werden können, was das Bestehen eines Kündigungsgrundes voraussetzt.

54

Vorliegend scheitert die außerordentliche Kündigung -wie ausgeführt- nicht daran, dass zwar eine schuldhafte Pflichtverletzung, also ein verhaltensbedingter Grund oder ein personenbedingter Kündigungsgrund vorläge, der aber im Rahmen der Interessenabwägung nicht zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist führt, sondern wie ausgeführt daran, dass die Beklagte eine erhebliche Beeinträchtigung dienstlicher Interessen bzw. eine ernsthafte Gefährdung bzw. Störung des Betriebsfriedens nicht ausreichend hat darlegen können.

55

5. Die Kündigungen sind aber auch unter dem Gesichtspunkt nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Personalrats rechtsunwirksam.

56

a) Gemäß § 82 Abs. 3 Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) ist der Personalrat zu fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen anzuhören. Die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle hat die beabsichtige Maßnahme zu begründen. Es besteht für den Personalrat eine Stellungnahmefrist von 4 Werktagen. Ebenfalls besteht ein Mitwirkungsrecht des Personalrats bei ordentlichen Kündigungen nach § 83 Abs. 1 iVm. § 82 LPersVG. Gemäß § 82 Abs. 4 LPersVG ist eine Kündigung unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist.

57

Ebenso wie bei der Betriebsratsanhörung tritt die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Kündigung nicht nur ein, wenn der der Personalrat überhaupt nicht beteiligt wurde, sondern auch dann, wenn der Personalrat nur unzureichend unterrichtet wurde. Es gelten die zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze (KR-KSchG/Etzel, 9. Aufl. §§ 72, 79, 108 Abs. 2 BPersVG Rz. 54, 15).

58

An die Unterrichtung des Personalrats sind nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess. Eine ordnungsgemäße Unterrichtung liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Personalrat die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der aus Sicht des Arbeitgebers für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss dabei so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Personalrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen (vgl. etwa zu § 102 BetrVG BAG 22.04.2010 - 2 AZR 991/08 -, EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 26).

59

b) Die Beklagte hat dem Personalrat gegenüber die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach rechtskräftiger Verurteilung mit einer ernsthaften Gefährdung des Betriebsfriedens begründet, ohne allerdings hierzu nähere Tatsachen mitzuteilen, auf die sie diese Einschätzung stützt. Ohne die Mitteilung derartiger Tatsachen ist es für den Personalrat nicht möglich, diese Einschätzung nachzuvollziehen, worauf der Personalrat auch in seiner Stellungnahme hingewiesen hat. Auch eine sachgerechte Stellungnahme kann allein aufgrund dieser Information nicht erfolgen. Ohne Kenntnis dessen, wodurch in Folge der strafgerichtlichen Verurteilung genau eine Störung des Betriebsfriedens zu befürchten sein soll, kann der Personalrat sachgerecht Bedenken im Sinne des § 83 Abs. 3 LPersVG, etwa in Form des Vorschlags alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten, bei denen keine Gefährdung des Betriebsfriedens zu erwarten sei, nicht äußern oder auch nur sachgerecht eine Entscheidung darüber treffen, ob er Bedenken äußern will.

60

Ebenso wenig führt die Beklagte näher aus, wann und in welcher Weise der Kläger Frau S. der Lüge und Falschaussage bezichtigt haben soll, worauf sie in der Personalratsanhörung und im vorliegenden Verfahren ebenfalls abstellt. Dem Personalrat wird schon nicht mitgeteilt, ob und auf welches Verhalten des Klägers im Strafverfahren und/oder im vorangegangenen Kündigungsschutzprozess bezieht und aufgrund welcher Tatsachen von einer Bezichtigung der Lüge und Falschaussage auszugehen ist. Die gewählte Formulierung impliziert, dass der Kläger die Zeugin einer Straftat der Falschaussage vor Gericht bezichtigt hat.

III.

61

Auf die Berufung des Klägers war daher das angefochtene Urteil wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. April 2010 - 5 Sa 214/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 27. Mai 2009 - 4 Ca 1119/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land den Kläger an eine Regionale Schule abordnen kann.

2

Der Kläger hat die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt und verfügt über die Lehrbefähigung in den Fächern Mathematik, Physik und Informatik. Er ist seit 1994 im Schuldienst des beklagten Landes. Der Arbeitsvertrag vom 17. Mai/22. Juni 1999 regelt ua.:

        

§ 1   

        

Herr S, geboren am …

        

wird ab 01.08.1999

        

für den Aufgabenbereich

        

eines Lehrers

        

als nicht vollbeschäftigter Angestellter mit durchschnittlich regelmäßig 50 von Hundert der jeweiligen Regelstundenzahl für vollbeschäftigte Lehrkräfte gemäß Erlass über die Festsetzung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern in der jeweils geltenden Fassung (25 Wochenstunden) unbefristet eingestellt.

        

…       

                 
        

§ 2     

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

                 
        

§ 3     

        

Die Eingruppierung bestimmt sich nach § 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum BAT-O vom 08. Mai 1991 in Verbindung mit den bundesbesoldungsrechtlichen Einstufungen vergleichbarer Beamter und erfolgt in die Vergütungsgruppe II a BAT-Ost.“

3

Zum 1. August 2001 vereinbarten die Parteien die unbefristete Vollzeitbeschäftigung des Klägers unter Fortgeltung der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen.

4

Für das Schuljahr 2008/2009 wurde der Kläger ohne seine Einwilligung an eine Regionale Schule abgeordnet. Regionale Schulen umfassen die Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Sie führen mit Ende der Jahrgangsstufe neun zur Berufsreife und mit Ende der Jahrgangsstufe zehn zur mittleren Reife. An Regionalen Schulen sowie den Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs die schulartunabhängige Orientierungsstufe. Ab der Jahrgangsstufe sieben verbleiben die Schüler an der Regionalen Schule oder wechseln an ein Gymnasium. Realschullehrer erhalten im Eingangsamt an Regionalen Schulen eine Vergütung nach Entgeltgruppe (EG) 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12. Einige Lehrer erhalten an Regionalen Schulen auch eine Vergütung nach EG 13 TV-L.

5

Bis Ende des Schuljahres 2008/2009 war Stammdienststelle des Klägers das Gymnasium U. Mit seinem Einverständnis versetzte ihn das beklagte Land sodann an eine Kooperative Gesamtschule. Dort ist er dem gymnasialen Zweig der Schule zugeordnet.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, außerhalb von Notfällen dürfe das beklagte Land ihn nicht an Regionale Schulen abordnen. Die dortige Lehrtätigkeit sei der an einem Gymnasium nicht gleichwertig.

7

Der Kläger hat sich zunächst gegen die konkrete Abordnung an eine Regionale Schule gewendet. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Beendigung der Abordnung durch Zeitablauf hat er im Berufungsverfahren die Klage umgestellt und beantragt

        

festzustellen, dass eine künftige Abordnung außerhalb von Notfällen an eine Regionale Schule nicht zulässig ist.

8

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule sei vom Direktionsrecht gedeckt. Es handele sich um gleichwertige Tätigkeiten. Die Rahmenpläne seien aufeinander abgestimmt, damit die Schüler ab der siebten Jahrgangsstufe an das Gymnasium wechseln könnten. In beiden Schularten müsse der Kläger in der Sekundarstufe I unterrichten. Bei der Bewertung müsse berücksichtigt werden, dass auch an Regionalen Schulen Lehrer nach EG 13 TV-L vergütet würden.

9

Das Landesarbeitsgericht hat dem geänderten Feststellungsantrag stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die begehrte Feststellung, dass eine Abordnung an eine Regionale Schule, dh. die vorübergehende Zuweisung dorthin unter Beibehaltung der Stammdienststelle, unzulässig ist, bezeichnet das Klagebegehren so genau, dass die Streitfrage zwischen den Parteien mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann. Die Beschränkung auf Abordnungen „außerhalb von Notfällen“ steht dem nicht entgegen, weil der Kläger damit lediglich klarstellt, dass er sich nicht gegen eine Abordnung in außergewöhnlichen Fällen wendet, in denen der Arbeitnehmer Arbeiten zu verrichten hat, deren Zuweisung nicht vom allgemeinen Weisungsrecht gedeckt ist (vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 20, 32, BAGE 132, 88; 3. Dezember 1980 - 5 AZR 477/78 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 4 = EzA BGB § 615 Nr. 39).

13

2. Das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO besteht. Die Parteien streiten über den Inhalt der Leistungspflicht des Klägers. Eine Feststellungsklage kann auf den Umfang einer Leistungspflicht aus einem Rechtsverhältnis beschränkt sein (BAG 26. Januar 2011 - 4 AZR 333/09 - Rn. 12; 21. April 2010 - 4 AZR 755/08 - Rn. 19, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9). Das beklagte Land berühmt sich des Rechts zur Abordnung des Klägers an Regionale Schulen und hat das Direktionsrecht insoweit bereits ausgeübt. Mit einer Entscheidung über die begehrte Feststellung wird abschließend geklärt, ob eine solche Abordnung zulässig ist.

14

II. Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Land ist rechtlich befugt, den Kläger an eine Regionale Schule abzuordnen.

15

1. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (st. Rspr., vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, NZA 2011, 507; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 22 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 104, 16; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Übertragung einer Tätigkeit, die geringere Qualifikationsmerkmale erfüllt, ist auch dann nicht zulässig, wenn der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die der bisherigen Tätigkeit entsprechende höhere Vergütung weiterzahlt. Auch die Zuweisung einer Tätigkeit, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die ursprünglich maßgebende Vergütungsgruppe ermöglicht, ist regelmäßig nicht vom Direktionsrecht gedeckt (BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 455/96 - zu B I 2 der Gründe, ZTR 1998, 187; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, aaO). Ein weitergehendes Direktionsrecht folgt schließlich nicht aus § 4 Abs. 1 TV-L. Danach können Beschäftigte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen abgeordnet werden. Auch dieses tarifliche Recht wird durch den Inhalt des Arbeitsvertrags begrenzt (vgl. zur Vorgängerregelung des § 12 BAT: BAG 11. Juni 1992 - 6 AZR 218/91 - zu II 1 der Gründe, AP BAT § 12 Nr. 2). Voraussetzung für die Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit ist somit regelmäßig, dass sie als gleichwertig anzusehen ist (st. Rspr., vgl. BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, aaO; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

16

2. Der Arbeitsvertrag steht der Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule nicht entgegen. Die vertraglich geschuldete Tätigkeit ist nicht auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium beschränkt.

17

a) Bei den Bestimmungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dafür begründet das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 498/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 82; 1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 13, AP BGB § 307 Nr. 50; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 19, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

18

b) Nach § 1 des Arbeitsvertrags ist der Kläger „für den Aufgabenbereich eines Lehrers“ eingestellt worden. Nach objektivem Inhalt und typischem Sinn ergibt sich daraus, dass dem Kläger (nur) Tätigkeiten eines Lehrers zugewiesen werden können. Eine weitergehende Beschränkung auf eine Lehrtätigkeit (nur) an einem Gymnasium ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen.

19

c) Eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit auf die Lehrtätigkeit an einem Gymnasium folgt nicht aus der Eingruppierung des Klägers in die VergGr. IIa BAT-O bzw. nach Überleitung gemäß § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder iVm. Teil B der Anlage 2 TVÜ-Länder in die EG 13 TV-L.

20

aa) Nach § 3 des Arbeitsvertrags bestimmt sich die Eingruppierung des Klägers nach dem Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften -(BAT-O) vom 8. Mai 1991 (im Folgenden: Änderungstarifvertrag Nr. 1). Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 ist der Kläger in die Vergütungsgruppe eingruppiert, die gemäß § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in die er eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Diese Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften ist rechtlich nicht zu beanstanden (st. Rspr., vgl. BAG 6. September 2001 - 8 AZR 59/01 - zu 2 der Gründe mwN, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 91).

21

bb) Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien oder an beruflichen Schulen werden bei einer entsprechenden Verwendung nach Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes (Bundesbesoldungsordnungen A und B - BBesO A/B) in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft (vgl. BAG 30. Oktober 2003 - 8 AZR 494/02 - zu II 2 c der Gründe, EzBAT BAT §§ 22, 23 M Nr. 117). Dem entspricht eine Eingruppierung in die VergGr. IIa BAT-O. Aufgrund seiner Verwendung als Lehrer an einem Gymnasium hatte der Kläger deshalb nach Überleitung in den TV-L einen Anspruch auf Vergütung nach EG 13 TV-L. Darüber streiten die Parteien nicht.

22

cc) Eine vertragliche Beschränkung der Leistungspflicht auf eine Lehrtätigkeit nur an einem Gymnasium ergibt sich daraus nicht. Nach BBesO A/B kann ein beamteter Lehrer nach A 13 besoldet werden, ohne dass er an einem Gymnasium verwendet wird. Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Primarstufe und die Sekundarstufe I und Lehrer mit einer Lehramtsbefähigung für die Sekundarstufe I und die Sekundarstufe II können zB bei entsprechender Verwendung in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft werden, sofern die Vorgaben der Protokollnotizen 18 und 20 im Hinblick auf den Umfang der ausgebrachten Planstellen eingehalten werden. Aus der Eingruppierung des Klägers kann deshalb entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht auf eine Beschränkung der vertraglich geschuldeten Leistung geschlossen werden.

23

d) Eine Einschränkung der Leistungspflicht folgt nicht daraus, dass der Kläger die erste und zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien abgelegt hat. Der Vertrag definiert den Aufgabenbereich des Klägers allgemein als den eines Lehrers; eine einschränkende Auslegung ist nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise auch nicht nahe liegend, denn eine Lehrtätigkeit in einer anderen Schulart ist nach den gesetzlichen Bestimmungen des beklagten Landes nicht ausgeschlossen. Nach § 100 Abs. 4 Satz 1 des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern(SchulG M-V) erteilt der Lehrer zwar Unterricht in solchen Fächern und Schularten, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Er kann aber auch Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dies nach Vorbildung und bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist (§ 100 Abs. 4 Satz 2 SchulG M-V). Eine schulartübergreifende Lehrtätigkeit ist danach in den Grenzen der Zumutbarkeit gesetzlich möglich. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf Beschäftigung mit einer Tätigkeit als Lehrer, die in ihrer Wertigkeit der EG 13 TV-L entspricht.

24

3. Der Kläger kann an einer Regionalen Schule als Lehrer gleichwertig beschäftigt werden, sodass eine Abordnung dorthin in den Grenzen von § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB möglich ist.

25

Mangels anderer Anhaltspunkte bestimmt sich die Gleichwertigkeit grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild. Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungssystems orientiert sie sich regelmäßig an diesem System (BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14).

26

a) An Regionalen Schulen beschäftigt das beklagte Land Lehrkräfte, die nach EG 13 TV-L vergütet werden. Nach BBesO A/B ist die Besoldung vergleichbarer Beamter aus der Besoldungsgruppe A 13 an Regionalen Schulen möglich, soweit die in den Protokollnotizen 18 und 20 ausgewiesenen Grenzen beachtet werden. Mit dieser Vergütungssystematik hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Tätigkeiten grundsätzlich gleichwertig sind. Der Kläger kann deshalb bei einer Abordnung an eine Regionale Schule mit einer Lehrtätigkeit beschäftigt werden, die nach dem bestehenden Vergütungssystem der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium gleichwertig ist.

27

b) Dem steht nicht entgegen, dass auf diesen Stellen auch Lehrkräfte beschäftigt werden können, die im Eingangsamt an einer Regionalen Schule zuvor eine Vergütung nach EG 11 TV-L entsprechend der Besoldungsgruppe A 12 (Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, soweit nicht anders eingereiht) bezogen haben. Dem Kläger werden deshalb bei einer Abordnung keine weniger qualifizierten Tätigkeiten übertragen, die nur im Wege des Bewährungsaufstiegs die Eingruppierung in die maßgebende Vergütungsgruppe ermöglichen (vgl. BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 13 ist nach BBesO A/B nicht durch eine solche Regelungssystematik geprägt.

28

c) Das Schulkonzept der Regionalen Schule des beklagten Landes und das sich daraus ableitende Sozialbild bestätigen die Gleichwertigkeit der Tätigkeit eines Lehrers an einer Regionalen Schule mit der Lehrtätigkeit an einem Gymnasium. Nach § 15 Abs. 1 SchulG M-V bilden die Jahrgangsstufen fünf und sechs an Regionalen Schulen und Integrierten und Kooperativen Gesamtschulen eine schulartunabhängige Orientierungsstufe. Diese hat die Aufgabe, durch Beobachtung, Förderung und Erprobung das Erkennen der Interessengebiete und Lernmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und damit die Wahl zwischen den nachfolgenden Bildungsgängen ab der Jahrgangsstufe sieben zu erleichtern. Es gibt damit eine schulartübergreifende Notwendigkeit, Lehrkräfte auch mit der Lehrbefähigung für das Gymnasium dort einzusetzen, wo Schüler auf einen Wechsel zum Gymnasium vorbereitet werden.

29

III. Ob eine Abordnung des Klägers an eine Regionale Schule rechtmäßig ist, hängt nach § 106 GewO, § 315 BGB von den Umständen des Einzelfalls und der Ausübung billigen Ermessens ab. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TV-L müssen dienstliche Gründe die Abordnung bedingen. Sodann ist die gesetzliche Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V zu beachten, wonach ein Lehrer grundsätzlich Unterricht in solchen Fächern und Schularten zu erteilen hat, für die er die Lehrbefähigung erworben hat. Darüber hinaus kann er Unterricht in anderen Fächern und Schularten erteilen, wenn dieses nach Vorbildung oder bisheriger Tätigkeit zumutbar und für den geordneten Betrieb der Schule erforderlich ist. Geboten ist deshalb in jedem Einzelfall eine Abwägung aller dienstlichen und sozialen Belange. Eine gehäufte Abordnungspraxis kann der gesetzlichen Wertung des § 100 Abs. 4 SchulG M-V widersprechen und zur Unwirksamkeit einer Abordnung führen.

30

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Simon    

        

    Alex    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 604/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist.

2

Die Klägerin ist seit dem 9. April 1987 im K Möbelhaus der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.300,00 Euro brutto. In ihrem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 wurde eine Tätigkeit als „Verkäuferin“ bei einem Arbeitszeitvolumen von 107 Stunden monatlich vereinbart. Die Klägerin war zuletzt in der zentral organisierten „Preisauszeichnung“ eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, auf Anforderung hin beschädigte oder abhanden gekommene Preisschilder in den einzelnen Abteilungen des Kaufhauses zu ersetzen und für eine korrekte Preisauszeichnung zu sorgen. In einer von den Parteien unterzeichneten und dem Betriebsrat zur Zustimmung zugeleiteten „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 wurde die „durchschnittliche Stundenzahl monatlich“ mit 163 angegeben und waren als Arbeitszeiten für die Tage von Montag bis Freitag die Stunden von 8:00 bis 17:00 Uhr einschließlich einer Stunde Pause aufgeführt. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung. Einige Jahre später wurde das Arbeitszeitende für die Tage Montag bis Donnerstag auf 16:00 Uhr, für den Freitag auf 13:30 Uhr verlegt.

3

In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Klägerin als Ersatzmitglied an mehreren Sitzungen des Betriebsrats teil.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2009, die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede Abteilung selbst ausführen zu lassen. Die Klägerin sollte deshalb im Verkauf eingesetzt werden.

5

Mit Schreiben vom 9. April 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung an. Er widersprach dieser Maßnahme.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Oktober 2009 und bot der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Verkauf ab dem 1. November 2009 an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Am 21. April 2009 erhielt die Klägerin nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen die Einladung zu einer Betriebsratssitzung, an der sie zwei Tage später teilnahm.

7

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, diese sei schon wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei nicht mitgeteilt worden, dass sie im Verkaufsbereich nunmehr an sechs Tagen unter Einschluss des Samstags tätig werden solle. Auch für eine solche Änderung der Lage der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Auch sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt worden.

8

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Sie habe ihm alle maßgeblichen Kündigungsgründe mitgeteilt. Mit der Klägerin sei keine feste Arbeitszeit vertraglich vereinbart gewesen; diese ergebe sich aus den geltenden Betriebsvereinbarungen, die dem Betriebsrat bekannt seien.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision hält die Beklagte an ihrem Begehren fest, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht als unwirksam ansehen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten zu Recht bejaht.

13

1. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Berufungsfrist einen Monat, die Frist zur Begründung der Berufung zwei Monate. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG beginnen beide Fristen mit Zustellung des vollständig abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. Die Berufungsfrist endet damit in jedem Fall spätestens sechs Monate nach der Verkündung (BAG 6. Juli 2005 - 4 AZR 35/04 - zu I 1 der Gründe). Das Urteil ist dann rechtskräftig (Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 66 Rn. 16).

14

2. Die Beklagte hat die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewahrt.

15

a) Das Urteil des Arbeitsgerichts ist am 3. November 2009 verkündet worden. Die Zustellung des vollständig abgefassten Urteils erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am 29. April 2010, also später als fünf Monate nach Verkündung.

16

b) Die Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Ablauf der fünf Monate Berufung eingelegt, nämlich noch am 29. April 2010. Sie hat die Berufung am 12. Mai 2010 und somit innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der fünf Monate begründet.

17

II. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für unwirksam halten. Es steht nicht fest, ob es insoweit einer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG bedurfte. Das wäre nicht der Fall, wenn die Versetzung der Klägerin in den Verkaufsbereich mit geänderten Arbeitszeiten schon ohne Änderungskündigung rechtswirksam vorgenommen werden konnte, die ausgesprochene Änderungskündigung demnach „überflüssig“ war.

18

1. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sei unwirksam, kann nicht getroffen werden, wenn das von ihr unter Vorbehalt angenommene „Änderungsangebot“ der Beklagten in Wirklichkeit gar nicht auf eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen abzielte.

19

a) Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei „sozial ungerechtfertigt“ oder sei „aus einem anderen Grund rechtsunwirksam“. Auf eine außerordentliche Änderungskündigung ist § 4 Satz 2 KSchG trotz des einschränkenden Wortlauts von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG entsprechend anzuwenden (BAG28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80). Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit der Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen gerichtet ist, sondern die bereits bestehenden Vertragsbedingungen inhaltlich nur wiederholt. Das ist der Fall, wenn die in ihm vorgesehenen „neuen“ Bedingungen vom Arbeitgeber schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 12; 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen oder deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll. Das gilt auch für eine außerordentliche Änderungskündigung, insbesondere für eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist, die der ordentlichen Änderungskündigung in den Rechtsfolgen angenähert ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14).

20

b) Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72).

21

c) Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG(BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14). Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor, die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 28). Es kann in diesem Fall schlechterdings nicht festgestellt werden, der Änderung der Vertragsbedingungen fehle es an einem wichtigen Grund oder sie sei aus anderen Gründen rechtsunwirksam (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; vgl. auch ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14).

22

2. Nach den bisherigen Feststellungen schuldete die Klägerin eine Tätigkeit als Verkäuferin. Danach hält sich die von der Beklagten für sie vorgesehene Tätigkeit im Rahmen der bestehenden vertraglichen Abrede. Um ihr diese Tätigkeit zuzuweisen, bedurfte es folglich keiner Änderungskündigung. Zwischen den Parteien steht dagegen im Streit, ob die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage von Montag bis Freitag und der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit vertraglich fest vereinbart sind. Liegt keine feste vertragliche Vereinbarung vor, gehört es nach § 106 Satz 1 GewO zum Gegenstand des Direktionsrechts der Beklagten, die Lage der Arbeitszeit zu bestimmen(vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 51, BAGE 132, 88). Haben die Parteien dagegen die Lage der Arbeitszeit vertraglich festgelegt, ist sie gemäß § 106 Satz 1 Halbs. 2 GewO einer näheren Ausgestaltung im Wege des Direktionsrechts der Beklagten entzogen. Eine solche Vereinbarung können die Vertragsparteien ausdrücklich oder konkludent schließen. Wollen sie das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch eine vertragliche Regelung einschränken, müssen sie das hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 67, 68; HWK/Lembke 4. Aufl. § 106 GewO Rn. 38).

23

3. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit dem Direktionsrecht der Beklagten unterfällt oder diesem aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien entzogen ist.

24

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 enthält keine ausdrückliche Regelung zur Verteilung der Arbeitszeit.

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob die in der „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 aufgeführten Arbeitszeiten ein einseitig nicht mehr änderbarer Vertragsbestandteil geworden sind. Dies durfte nicht dahingestellt bleiben. Das Landesarbeitsgericht wird vielmehr zu klären haben, ob die Parteien die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin vertraglich geregelt haben. Ist dies zu bejahen, bedurfte es zu ihrer Änderung einer - dann nicht „überflüssigen“ - Änderungskündigung, die allen Wirksamkeitsanforderungen entsprechen muss. Ist die Frage zu verneinen, kommt es auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht an. Dabei kommt in Betracht, dass die Parteien mit dem Schreiben vom Oktober 1994 eine verbindliche Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit getroffen haben. Ferner kommt in Betracht, dass die Parteien in der Folgezeit eine solche Vereinbarung getroffen haben; nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Arbeitszeit für die Klägerin nach 1994 erneut verändert worden.

26

c) Soweit sich die Klägerin auf eine der einseitigen Änderung entzogenen Konkretisierung der Lage ihrer Arbeitszeit durch eine jahrelang gleichmäßige Handhabung beruft, ist dieser Umstand nach den bisherigen Feststellungen nicht geeignet, das Weisungsrecht der Beklagten einzuschränken.

27

aa) Eine solche Konkretisierung tritt regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit in einer bestimmten Weise eingesetzt worden ist. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, der Arbeitnehmer solle künftig verpflichtet sein, seine Arbeit nur noch wie bisher zu erbringen (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 54, BAGE 132, 88). Allein aus der Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitnehmer nicht schließen, der Arbeitgeber werde diese Praxis auch künftig beibehalten und sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben (BAG 7. Dezember 2000 - 6 AZR 444/99 - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23). Der Arbeitgeber muss dazu nicht etwa in bestimmten zeitlichen Abständen darauf hinweisen, er beabsichtige, von seinem Weisungsrecht ggf. weiterhin Gebrauch zu machen (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 13 e).

28

bb) Etwas anderes kann sich bei Vorliegen besonderer Umstände ergeben, die den Schluss auf einen Verzicht des Arbeitgebers zulassen, von seinem Weisungsrecht anderen Gebrauch zu machen. Solche Umstände hat das Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt. Es wird den Parteien Gelegenheit geben müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.

29

III. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, es habe für die Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, folgt eine Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, anders als es angenommen hat, nicht aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 102 Abs. 1 BetrVG. Zwar gehört zu den dem Betriebsrat mitzuteilenden Kündigungsgründen im Fall einer Änderungskündigung auch das dem Arbeitnehmer unterbreitete Änderungsangebot (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115). Die Beklagte hat den Betriebsrat aber über die beabsichtigte Änderung der Tätigkeit der Klägerin in die einer Verkäuferin unterrichtet. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen Einsatzzeiten musste sie dem Betriebsrat nicht ausdrücklich mitteilen. Sie waren diesem aus der für den Verkaufsbereich geltenden Betriebsvereinbarung bekannt. Aus dem Anhörungsschreiben ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass auch die Klägerin im Verkaufsbereich zu den dort allgemein geltenden Arbeitszeiten tätig sein sollte. Die zentrale Preisauszeichnung wurde nach den Ausführungen im Anhörungsschreiben gerade aufgelöst, um die Preisauszeichnung „während der kompletten Öffnungszeit“ im Verkauf durchführen zu können. Von den entsprechenden Veränderungen ihrer bisherigen Arbeitszeit sollte die Klägerin ersichtlich betroffen sein.

30

IV. Hat es zur Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, wird das Landesarbeitsgericht dagegen prüfen müssen, ob eine solche Kündigung wegen § 15 Abs. 1 KSchG unwirksam war, weil die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG nicht vorgelegen hat. Das kommt deshalb in Betracht, weil die Klägerin Ersatzmitglied des Betriebsrats und bei Kündigungszugang möglicherweise gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachgerückt war.

31

V. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die Änderungskündigung vom 21. April 2009 zur Durchsetzung der Änderungswünsche der Beklagten erforderlich war und nicht schon „aus einem anderen Grund“ iSv. § 4 Satz 2 KSchG unwirksam ist, wird es prüfen müssen, ob die Änderung der bisherigen Vertragsbestimmungen wegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Es hat dies bislang nicht geprüft. Dabei wird das Berufungsgericht die außerordentliche Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 2 BGB als unwirksam ansehen dürfen. Betriebliche Änderungserfordernisse stellen einen Dauertatbestand dar (BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 25/95 - Rn. 23, RzK I 6g Nr. 26).

        

    Kreft    

        

    Rachor     

        

    Eylert     

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen     

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1033/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1965 geborene, verheiratete, zwei Kindern unterhaltspflichtige und in S wohnende Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten bzw. deren Rechtsvorgängerin (S) als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie war zuletzt in Teilzeit mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 1.895,00 Euro tätig. Die Klägerin war zunächst in Frankfurt am Main und später in Hannover stationiert.

3

Der Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 lautet auszugsweise:

        

1.    

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Frau Sch wird im Anschluss an die erfolgreich abgeschlossene Schulung zum/zur Flugbegleiter/in für die Flugzeugmuster B757/B737 als Flugbegleiterin bei S beschäftigt.

                 

Einsatzort ist grundsätzlich Frankfurt am Main.

                 

S kann Sch auch vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, an einem anderen Ort sowie befristet bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der S in ihrer jeweils geltenden Fassung und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.“

4

Der Umstationierung der Klägerin nach Hannover lag ein Schreiben der Beklagten vom 2. November 2004 zugrunde, das auszugsweise lautet:

        

„…    

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.11.2004 eine unbefristete Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 15.11.2004 unterschrieben an uns zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg; dies lehnte die Klägerin ab.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

12

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, der Klägerin am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2004 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 30. Oktober 1989 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, der Einsatzort sei „grundsätzlich“ Frankfurt am Main, der Arbeitgeber könne die Klägerin „auch vorübergehend oder auf Dauer … an einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 2. November 2004 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin von Frankfurt am Main nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit November 2004 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2004 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag - abgesehen von der durch Versetzung erfolgten Stationierung in Hannover - unverändert weitergalt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags der Klägerin in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der Vortrag der Beklagten, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis der Klägerin auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für die Klägerin damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für die Klägerin hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung der Klägerin an einem anderen, für die Klägerin günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten der Klägerin von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.



Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 28. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zur Einstellung eines Mitarbeiters im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses.

2

Am 16. Mai 2011 wurde bei der Stadtverwaltung P. intern die auf ein Jahr befristete Stelle als Anleiter für Bürgerarbeiter im Rahmen der Seniorenbegleitung ausgeschrieben.

3

Die Wochenarbeitszeit für den künftigen Stelleninhaber ist auf 30 Stunden begrenzt. Auf diese Stelle bewarb sich ausschließlich der Mitarbeiter A, der bis zum 30. Juni 2011 bereits in dem Bereich Seniorenbetreuung im Rahmen des Bundesprogramms „Kommunal-Kombi“ befristet beschäftigt gewesen war.

4

Der Beteiligte entschied sich für die Übertragung der Stelle auf diesen Mitarbeiter, unter anderem weil dieser bereits einschlägige Erfahrung in der Seniorenbegleitung aufweise. Am 16. August 2011 beantragte der Beteiligte sodann die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung des Mitarbeiters.

5

Der Antragsteller lehnte am 19. August 2011 die Zustimmung mit der Begründung ab, andere befristet oder im Rahmen von Eingliederungsmaßnahmen bei der Dienststelle Beschäftigte stünden für die Tätigkeit zur Verfügung und würden durch die Einstellung benachteiligt. Es sei sachlich nicht nachvollziehbar, weshalb langjährige Mitarbeiter der Dienststelle nicht die Möglichkeit erhielten, an geeigneter Stelle qualifiziert weiterbeschäftigt zu werden.

6

Mit Schreiben vom 29. August 2011 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass er seine Einwände für unbeachtlich halte. Die seitens der Personalvertretung genannten Personen hätten sich nicht auf die Stelle beworben und erfüllten im Übrigen nicht die tariflichen und sonstigen Voraussetzungen für den Arbeitsplatz. Sie wiesen im Übrigen auch nicht die einschlägige Berufserfahrung auf, die der ausgewählte Bewerber jedoch besitze.

7

Am 5. September 2011 wurde der Mitarbeiter A auf die ausgeschriebene Stelle eingestellt.

8

Mit Antrag vom 20. Oktober 2011 machte der Antragsteller geltend, seine Zustimmungsverweigerung zur Einstellung sei beachtlich gewesen. Die Zustimmung sei versagt worden, weil er für die Beschäftigten Nachteile befürchte, die für die Stelle ebenfalls in Betracht kämen. Ob die genannten Beschäftigten tatsächlich für die Stelle geeignet seien, müsse dem vom Antragsteller zugleich eingeforderten Erörterungsverfahren vorbehalten bleiben.

9

Der Antragsteller hat beantragt,

10

festzustellen, dass seine Zustimmungsverweigerung im Einstellungsverfahren des Mitarbeiters A als Anleiter für Seniorenbegleiter bei der Stadt P. beachtlich war und dadurch  das Mitbestimmungsrecht verletzt worden ist.

11

Der Beteiligte hat beantragt,

12

den Antrag abzulehnen.

13

Zur Begründung hat er ausgeführt, die Zustimmung habe offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes gelegen.

14

Durch Beschluss vom 28. März 2012 hat das Verwaltungsgericht Mainz den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dem Antragsteller stehe kein Anspruch auf die begehrte Feststellung zu. Seine Zustimmungsverweigerung sei nicht beachtlich gewesen. Der pauschale Einwand des Antragstellers, es kämen für die Besetzung der Stelle andere bei der Behörde Beschäftigte in Betracht, stelle keinen beachtlichen Grund für seine Zustimmungsverweigerung dar, da dies nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vom Mitbestimmungstatbestand umfasst sei. Hieran änderten auch die vom Antragsteller vorgetragenen Argumente im Hinblick auf das Betreiben eines sog. betrieblichen Eingliederungsmanagements für erkrankte Mitarbeiter nichts. Dies ergebe sich aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, in der ausgeführt worden sei, dass es sich hierbei um einen rechtlich regulierten Suchprozess handele, der für sich genommen noch keine rechtlich relevante Position des einzelnen betroffenen Beschäftigten herbeiführen könne. Es sei im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass sich Mitarbeiter auf die in Rede stehende Stelle beworben hätten.

15

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung er seine erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung ergänzt und vertieft. Er hält daran fest, dass er seine Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters A aus im Personalvertretungsrecht liegenden Gründen verweigert habe. Die in der maßgeblichen Regelung des Landespersonalvertretungsgesetzes nur allgemein aufgeführten Verweigerungstatbestände seien weit auszulegen. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass vorliegend Mitarbeiter im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Verfügung gestanden hätten. Der Einwand des Beteiligten, keiner dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe sich auf die Stelle beworben, greife jedenfalls in einigen Fällen zu kurz. Einige der Mitarbeiter seien möglicherweise krankheitsbedingt nicht in der Dienststelle anwesend gewesen und hätten infolgedessen eventuell keine Kenntnis von der Ausschreibung nehmen können. Im Übrigen habe der Beteiligte zusammen mit ihm – dem Antragsteller – nach geeigneten Mitarbeitern suchen müssen.

16

Der Antragsteller beantragt,

17

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 28. März 2012 nach seinem Antrag in erster Instanz zu entscheiden.

18

Der Beteiligte beantragt,

19

die Beschwerde zurückzuweisen.

20

Er verteidigt insoweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die er auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens für zutreffend hält.

21

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen sowie den Verwaltungsakten (1 Hefter), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

22

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

23

Das Verwaltungsgericht hat die vom Antragsteller begehrte Feststellung zu Recht abgelehnt. Denn die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung des Mitarbeiters A ist vom Beteiligten zutreffend als nicht beachtlich gewertet worden. Diese Verweigerung erfolgte ohne inhaltlichen Bezug zu einem von der geplanten Maßnahme berührten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand. Dies hat bereits im Einzelnen die Vorinstanz mit eingehender und zutreffender Begründung dargelegt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen kann deshalb zunächst auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden, denen sich der Senat inhaltlich vollständig anschließt. Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:

24

Nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 Landespersonalvertretungsgesetz – LPersVG – hat der Personalrat in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei deren Einstellung mitzubestimmen. Das rheinland-pfälzische Personalvertretungsrecht legt die Gründe für die Zustimmungsverweigerung nicht ausdrücklich fest. Es bestimmt in § 74 Abs. 2 LPersVG lediglich, dass eine Maßnahme, die der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, seiner Zustimmung bedarf und dass die Maßnahme als gebilligt gilt, wenn nicht der Personalrat innerhalb einer Frist von grundsätzlich 18 Tagen die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Personalvertretungen jeden beliebigen Grund für die Verweigerung der Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme anführen dürfen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ist die Zustimmungsverweigerung auch ohne gesetzliche Festlegung der dafür zugelassenen Gründe nur beachtlich, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe möglicherweise noch innerhalb der Mitbestimmung liegen. Dem Personalrat ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis ohne inhaltlichen Bezug zu einem von der Maßnahme berührten gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. An einem derartigen Bezug fehlt es, wenn die vom Personalrat angeführten Gründe sich dem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand nicht mehr zuordnen lassen oder sie sich in allgemeinen formelhaften Wendungen erschöpfen, die keinen Bezug zu dem konkreten Fall mehr erkennen lassen. Ist eine derartige Zuordnung offensichtlich nicht möglich, so lässt das erkennen, dass der Personalrat keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Ein solches Verhalten wird durch das Recht nicht geschützt. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann insbesondere nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Frist als gebilligt (BVerwG, Beschluss vom 27. September 1993 – 6 P 4.93 –, BVerwGE 84, 178; siehe auch Beschluss vom 6. September 1995 – 6 P 41.93 –, BVerwGE 99, 201).

25

Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen ist ein Mitbestimmungstatbestand bei der Einstellung des Mitarbeiters A schon nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 23. September 1992 – 6 P 24.91 –, PersR 1993, 24) nicht gegeben. Nach dieser Entscheidung kann der Personalrat die Zustimmung u.a. dann verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass durch die Maßnahme andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Zu Unrecht vertritt der Antragsteller den Standpunkt, ein Zustimmungsverweigerungsrecht sei gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 LPersVG gegeben. Er gelangt zu diesem Ergebnis, weil er den Begriff der Benachteiligung im Sinne von § 78 Abs. 2 Nr. 1 LPersVG zu weit auslegt. Nach seiner Meinung genügen dienstlich oder persönlich nicht gerechtfertigte Eingriffe in Chancen anderer Beschäftigter, um ihm die Möglichkeit zur Zustimmungsverweigerung bei der Einstellung von externen Bewerbern zu eröffnen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Es muss sich vielmehr um einen Eingriff in tatsächlich verfestigte Chancen eines Beschäftigten handeln. Ein solcher Eingriff kann vorliegend jedoch schon deshalb nicht festgestellt werden, weil sich trotz der Ausschreibung niemand auf die Stelle beworben hat.

26

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des Senats obliegt die Beurteilung der Beschäftigten und Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der Einstellung und der Vergabe höher zu bewertender Dienstposten allein dem Dienststellenleiter. In diesen weiten Ermessens- und Beurteilungsspielraum kann die Personalvertretung mit ihren Einwendungen nicht eindringen. Folgte man der Meinung des Antragstellers, so würde der Personalvertretung in diesen Fällen faktisch eine unmittelbare Beteiligung an der Auswahlentscheidung eingeräumt. Das ist abzulehnen. Deshalb kann die Personalvertretung im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens die Zustimmung zur Einstellung eines Bewerbers nur dann verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. September 1992, a.a.O.; OVG RP, Urteil vom 6. Juli 2011 – 5 A 10328/11.OVG –, veröffentlicht in ESOVGRP).

27

Legt man diese Befugnisse der Personalvertretung zugrunde, so kann der Antragsteller im Zusammenhang mit der Einstellung des Beschäftigten A nur geltend machen, es drohten „ungerechtfertigte“ Nachteile, d.h. es sei der Verlust eines Rechtes im Sinne einer Anwartschaft innerhalb eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder anderer rechtlich erheblicher Positionen der vorhandenen Beschäftigten zu besorgen. Hierunter fällt beispielsweise der Anspruch eines Probebeamten (bei Bewährung) auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nach Ablauf der Probezeit. Jede andere rechtlich erhebliche Position muss über gesetzlich geschützte Ansprüche auf lediglich ermessensfehlerfreie Entscheidung hinausgehen. Sie ist etwa dann anzunehmen, wenn ein Beschäftigter z. B. aufgrund einer Beförderungszusage oder aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung durch Auswahlrichtlinien oder Auswahlgrundsätze eine rechtliche Position erreicht hat, die den Dienststellenleiter zu deren Beachtung und Respektierung bei seinen Maßnahmen verpflichtet. Auch dies liegt hier nicht vor.

28

Eine Berücksichtigung rein faktischer Nachteile, wie etwa ein Eingriff in bloß tatsächlich verfestigte Chancen eines Beschäftigten, wäre eine unzulässige Vorgabe an die Dienststelle, den internen Bewerber wegen der vom Personalrat geltend gemachten Gesichtspunkte auszuwählen. Damit würde in ihr Auswahlermessen eingegriffen, denn die „tatsächlich verfestigten Chancen“ wären zu beachten, auch wenn die Dienststelle ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hätte. Abgesehen davon wäre die Nachprüfbarkeit einer faktischen Benachteiligung im Mitbestimmungs- und personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nur schwer möglich. Insbesondere in großen Behörden wird jeweils eine größere Zahl von Konkurrenten eine „tatsächlich verfestigte Einstellungschance“ geltend machen, die nach ihrer Meinung durch die anderweitige Einstellung oder Beförderung beeinträchtigt oder zunichte gemacht wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. September 1992, a.a.O.).

29

Dieser Rechtsprechung, die zwar zu einer Beförderungsentscheidung ergangen ist, aber in gleichem Maße für mitbestimmungspflichtige Einstellungen gilt, schließt sich der Senat an. Danach kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller rechtlich erhebliche Positionen oder gar Anwartschaften der vorhandenen Beschäftigten anführen kann, die den Beteiligten zu deren Beachtung und Respektierung bei der Einstellung verpflichtet hätten. Der Antragsteller hat insbesondere nicht darlegen können, dass bei der Stadtverwaltung (ggf. befristet) beschäftigte Personen – über die Erwartung der Zuweisung eines alternativen Arbeitsplatzes hinaus – etwa aufgrund einer Verwendungszusage eine rechtlich erhebliche Position erlangt haben könnten, die eine Bindung des Beteiligten bei der Auswahlentscheidung zur Folge hätte.

30

Die gilt auch für die vom Antragsteller mit in den Blick genommenen Mitarbeiter, die sich in einem sog. betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB IX befinden. Der Antragsteller hat auch hier nicht dargetan, dass es einen Mitarbeiter gibt, der in diesem Zusammenhang eine im vorgeschriebenen Sinne verfestigte Rechtsposition erlangt hätte, die Grundlage für den Einwand einer Benachteiligung dieses Mitarbeiters bei der Auswahlentscheidung sein könnte.

31

Der Senat folgt insoweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 30. September 2010 – 2 AZR 88/9 –). In diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht sinngemäß ausgeführt, dass es sich bei dem betreffenden Verfahren, das der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 84 Abs. 2 SGB IX durchführt, um einen rechtlich regulierten Suchprozess handelt, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit und Verhinderung von Arbeitslosigkeit ermitteln soll. Dies begründet jedoch für sich genommen keine rechtlich relevante Position des einzelnen betroffenen Beschäftigten, die eine Vorgabe an die Dienststelle bei einer Einstellung zu rechtfertigen vermag. Gegenüber dem Interesse der Dienststellenleitung, bei Einstellung im Rahmen eines Auswahlermessens entscheiden zu können, würde dem betrieblichen Eingliederungsverfahren per se ein zu großes Gewicht zugesprochen. Eine unmittelbare Beziehung des Eingliederungsverfahrens zu der Einstellungsmaßnahme ist vielmehr nicht gegeben. Allein der Verweis auf laufende Eingliederungsverfahren würde im Ergebnis dazu führen, Fremdbesetzungen von Stellen gleichsam generell aus Gründen zu verhindern, die im Rahmen der Auslese der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung an sich keine Berücksichtigung finden würden. Auf diese Weise würde fachlich eine unmittelbare Beteiligung an der Auswahlentscheidung eingeräumt, die dem Zweck des Mitbestimmungsrechts bei der Einstellung zuwider laufen würde.

32

Allenfalls dann, wenn im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements konkret eine Maßnahme für einen Beschäftigten wie die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz festgelegt worden wäre, käme eventuell eine rechtlich erhebliche Position in Betracht, die den Personalrat zur Begründung der Zustimmungsverweigerung ermächtigen könnte. Dadurch bestünde möglicherweise eine durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass in diese Position mit der Auswahl eines anderen Bewerbers aus ungerechtfertigten, sachwidrigen Gründen eingegriffen wird. Einen derartigen Fall einer konkretisierten Rechtsposition eines unter den Anwendungsbereich des § 84 Abs. 2 SGB IX fallenden Beschäftigten hat der Antragsteller hier jedoch nicht aufzeigen können.

33

Dies gilt auch hinsichtlich der Mitarbeiterin B, die nach den vorgelegten Unterlagen deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie nicht bereit ist (entsprechend den Vorgaben für die ausgeschriebene Stelle) eine Reduktion auf eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden hinzunehmen. Es fehlte daher im – maßgeblichen – Zeitpunkt der Auswahlentscheidung an einer rechtlich fundierten Position eines bereits Beschäftigten, dessen Interessen der Antragsteller zur Begründung eines ungerechtfertigten Nachteils geltend machen könnte. Allein die danach verbleibenden Ziele der Verhinderung einer Fremdbesetzung zur Freihaltung der Stellen für vorhandene Beschäftigte oder der Anmahnung einer besseren Gestaltung von betrieblichen Eingliederungsverfahren im Allgemeinen liegen offensichtlich außerhalb des Rahmens des Mitbestimmungstatbestandes der Einstellung und sind daher unbeachtlich.

34

Schließlich ergibt sich nichts anderes aus der hypothetischen Möglichkeit, dass einzelne Beschäftigte von der Stellenausschreibung eventuell keine Kenntnis haben erlangen können. Auch in diesem Falle ist bislang nicht dargetan, dass der Beteiligte Rechte dieser Personen verkürzt haben könnte. Bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde hat der Antragsteller keine Personen namentlich benannt, die sich konkret auf die ausgeschriebene Stelle beworben haben.

35

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 121 Abs. 2 LPersVG i.V.m. §§ 92 Abs. 1 Satz 2 und 72 Abs. 2 ArbGG genannten Art nicht vorliegen.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009, AZ: 3 Ca 439/09 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 - zugegangen am 21.02.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Städtischer Markt- und Messemeister weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der am … 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.10.1988 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.04.1989, zuletzt als Städtischer Markt- und Messemeister beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ständig weitaus mehr als 10 Arbeitnehmer. Gemäß Ziffer 2 des genannten Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und den zusätzlich abgeschlossenen Bezirkstarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung und nach den an ihre Stelle tretenden Tarifverträgen. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 16 f. d. A. Bezug genommen. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers belief sich auf ca. 2.500,-- €.

2

Am 15.12.2008 beging der Zeuge A. eine Geschwindigkeitsüberschreitung, welche durch eine Radarmessung unter Aufzeichnung eines Fotos des fahrenden Zeugen A. festgehalten wurde. Mit Schreiben vom 08.01.2009 hörte die bei der Beklagten im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Sachbearbeiterin, die Zeugin C., die A. GmbH, auf die das vom Zeugen A. geführte Fahrzeug zugelassen war, diese zu dem Verkehrsverstoß an. Der begangene Verkehrsverstoß hätte bei dem Zeugen A. mit der Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis zu einem Eintrag im Verkehrszentralregister geführt. Der Anhörungsbogen, der zur Beklagten zurückgelangte, enthielt auf der Rückseite unter der Rubrik "Angaben zur Person des/der Betroffenen" Name und Anschrift des Zeugen B.. Dieser unterschrieb auch den Anhörungsbogen. Angaben zur Sache wurden nicht gemacht. Aufgrund der Angaben im Anhörungsbogen veranlasste die Zeugin C. die Eröffnung eines Verfahrens gegen den Zeugen B. und unter dem 26.01.2009 eine Anhörung ohne Verwarnungsgeldangebot an den Zeugen. Nach dem normalen Verfahrensgang sieht die bei der Beklagten verwendete EDV die Veranlassung einer Wiedervorlage vor. Unter dem 28.01.2009 veranlasste die Zeugin C. die Löschung dieser Wiedervorlage sowie den Erlass eines Bußgeldbescheides gegenüber dem Zeugen B.. Dieses Bußgeld wurde unverzüglich gezahlt. Nachdem festgestellt wurde, dass tatsächlich nicht der Zeuge B., sondern der Zeuge A. das Fahrzeug geführt hat, wurde der Bußgeldbescheid hinsichtlich des Zeugen B. zurückgenommen und stattdessen ein Bußgeldbescheid gegenüber dem Zeugen A. erlassen.

3

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger auf dieses Bußgeldverfahren am 28.01.2009 dadurch Einfluss genommen hat, dass er gegenüber der Zeugin C. bestätigte, dass der auf dem Foto der Radarmessung ersichtliche Fahrer der Zeuge B. sei.

4

Während die Beklagte davon ausgeht, dass der Kläger am 28.01.2009 der Zeugin C. gegenüber die zuvor schon von den Zeugen B. und A. gemachten Falschangaben zur Fahreridentität bestärkt und diese unmittelbar aufgefordert habe, den Bußgeldbescheid mithin dem falschen Fahrer zu schicken, wobei er sich das Vertrauen der Zeugin C. zunutze gemacht habe, bestreitet der Kläger, Einfluss auf die Zeugin C. genommen zu haben.

5

Am 09.02.2009 und ergänzend am 11.02.2009 hörte die Beklagte die Zeugin C. an. Eine Anhörung des Klägers erfolgte am 10.02.2009. Über diese Anhörungen wurden jeweils Anhörungsniederschriften gefertigt (Bl. 160 ff. d. A., Bl. 10 d. A.).

6

Mit Schreiben vom 13.02.2009 (Bl. 54 d. A.), welchem die genannten Anhörungsniederschriften beigefügt waren, unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Personalrat darüber, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich zu kündigen. Mit Schreiben vom 17.02.2009, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 9 d. A.), äußerte der Personalrat Bedenken und regte an zu prüfen, ob der Kläger nicht unter Fortzahlung der Bezüge bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens freigestellt werden könne.

7

Mit Schreiben vom 19.02.2009 (Bl. 7 f. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentliche fristlos. Hiergegen richtet sich die am 27.02.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangene Klage, mit welcher der Kläger ferner die Verurteilung der Beklagten zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits begehrt.

8

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009, Az.: 3 Ca 439/09 (Bl. 277 ff. d. A.).

9

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen C., B., A. und H. gem. Sitzungsniederschrift vom 21.07.2009 (Bl. 203 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht durch das genannte Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

10

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass der Kläger die zuvor schon von den Zeugen B. und A. gemachten Falschangaben zur Fahreridentität bei der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung im Dezember 2008 am 28.01.2009 durch Wiederholung und Bekräftigung dieser Falschangaben gegenüber der Zeugen C. bestärkt und diese unmittelbar aufgefordert habe, den Bußgeldbescheid dem falschen Fahrer zu schicken. Damit habe dem tatsächlichen Fahrer eine Ahndung erspart bleiben sollen. Der Kläger habe sich dabei das Vertrauen der Zeugin C. als seiner Kollegin zu Nutze gemacht. Das Arbeitsgericht hat seine Überzeugungsbildung dabei maßgeblich auf die Aussage der Zeugin C. gestützt, hingegen der Aussage des Zeugen B. keinen Glauben geschenkt. Der erwiesene Sachverhalt sei an sich und auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Kündigung sei auch nicht nach § 82 Abs. 4 LPersVG Rheinland-Pfalz rechtsunwirksam. Die Beklagte habe den Personalrat inhaltlich ausreichend unterrichtet. Eine Auslegung des Schreibens des Personalrats vom 17.02.2009 ergebe, dass es sich hierbei um eine abschließende Stellungnahme des Personalrats gehandelt habe.

11

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 13.11.2009 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 25.11.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29.12.2009, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 04.01.2010, begründet. Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der weiteren Schriftsätze vom 16.03., 30.03., 14.05. und 19.05.2010, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 317 ff., 348 ff., 363 ff., 378 ff., 382 ff. d. A.), macht der Kläger zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend:

12

Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin C. bestünden erhebliche Zweifel. Entgegen ihrer Darstellung in der von ihr abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 26.03.2009 habe sie den Zeugen A. gekannt. Entgegen ihrer detailreichen Schilderung anlässlich ihrer Anhörung am 09.02.2009 habe die Zeugin später einräumen müssen, dass der Kläger nicht das Anhörungsschreiben an die A. GmbH bei dem behaupteten Aufsuchen der Zeugin am 28.01.2009 mit sich geführt haben könnte, da es sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Verwaltungsakte befunden habe. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, dass die Zeugen das angeblich vom Kläger gemäß ihrer späteren Einlassung mitgeführte Anhörungsschreiben an den Zeugen B. nicht zu den Akten genommen habe. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass ein solches Anhörungsschreiben dem Zeugen B. überhaupt zugegangen sei. Ebenso entspreche es nicht den Tatsachen, dass die Zeugin C. vor dem 09.02.2009 als Datum ihrer ersten Anhörung nicht mit dem Mitarbeiter der Beklagten B., gesprochen habe. Dies sei durch die von Herrn B. unter dem 06.02.2009 bereits gefertigten Strafanzeige widerlegt. Auch ein Motiv des Klägers sei nicht ersichtlich. Die Zeugin habe vielmehr mit dem Kläger im Zuge der Identitätsfeststellung des Fahrers lediglich telefonisch Kontakt aufgenommen. Von diesem Telefonat habe der Kläger auch einem Mitarbeiter des XY als unbeteiligtem Zeugen berichtet.

13

Die Kündigung sei auch unter dem Gesichtspunkt fehlerhafter Personalratsanhörung unwirksam. Das Schreiben des Personalrats vom 17.02.2009 stelle keine abschließende Stellungnahme dar. Die Kündigung sei daher vor Ablauf der Stellungnahmefrist erfolgt.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.10.2009 - 3 Ca 439/09 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 19.02.2009 - zugegangen am 21.02.2009 - ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist und

16

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Städtischer Markt- und Messemeister weiterzubeschäftigen.

17

Die Beklagte tritt der Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 05.02.2010 sowie mit weiterem Schriftsatz vom 05.05.2010, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 340 ff. d. A., 368 ff. d. A.), entgegen. Sie ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die erhobenen Beweise in nicht zu beanstandender Weise und zutreffend gewürdigt. Die Angriffe des Klägers gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin C. überzeugten nicht. Insbesondere habe die Zeugin C. plausibel erklären können, weshalb sie sich hinsichtlich der Frage, welches Anhörungsschreiben der Kläger bei seinem Aufsuchen der Zeugin am 28.01.2009 dabei gehabt habe, korrigieren müssen. Im Gegensatz zum Kläger, dessen Verhältnis zu den Zeugen A. und B. über einen rein dienstlichen Kontakt hinausginge, habe die Zeugin C. an einer Manipulation des Bußgeldverfahrens keinerlei eigenes Interesse. Der vom Kläger benannte Zeuge für die Behauptung, der Kläger habe diesem Zeugen gegenüber von einem Telefonat mit der Zeugin C. im Rahmen der Identitätsfeststellung berichtet, sei ein Freund des Klägers und arbeite nebenberuflich für den Zeugen A..

18

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Berufungskammer hat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugen C., B. und A. gemäß Beweisbeschluss vom 26.03.2010 (Bl. 359 d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.05.2010 (Bl. 394 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet.

II.

20

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur ausreichenden Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der Kläger am 28.01.2009 Einfluss auf die Zeugin C. zur Abwendung eines Bußgeldverfahrens gegen den Zeugen A. genommen hat. Der von der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung behauptete Sachverhalt ist damit nicht erwiesen. Ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB lässt sich damit nicht feststellen. Dies führt zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung. Dem Kläger steht deshalb auch ein Anspruch auf tatsächliche Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu.

21

1. Gemäß § 529 Abs. 1 ZPO hat zwar das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen. Etwas anderes gilt, soweit konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die erneute Durchführung einer Beweisaufnahme ist geboten, wenn das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen anders beurteilen will als die erste Instanz, aber auch dann, wenn sich die nicht nur theoretische Möglichkeit einer unterschiedlichen Wertung ergeben kann (vgl. BGH 14.07.2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291; BVerfG Beschl. v. 12.06.2003 - 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524). Die Erweisbarkeit des von der Beklagten kündigungsbegründend herangezogenen Sachverhalts hängt entscheidend von der Aussage und deren Glaubhaftigkeit der Zeugin C. und deren Glaubwürdigkeit ab. Der Kläger hat aber mit seiner Berufung ausführlich Gesichtspunkte aufgezeigt, die zumindest die Möglichkeit einer unterschiedlichen Bewertung der Aussage der Zeugin C. begründeten, so dass aus Sicht der Berufungskammer eine erneute Beweisaufnahme erforderlich war.

22

2. Ausweislich der Begründung in ihrer schriftlichen Kündigung vom 19.02.2009, der Anhörung des Personalrats gem. Schreiben vom 13.02.2009 sowie des gesamten prozessualen Vortrags der Beklagten im vorliegenden Verfahren geht diese davon aus, dass der Kläger die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Die Beklagte hat damit eine sogenannte Tat- und nicht etwa eine Verdachtskündigung ausgesprochen. Die Beklagte ist somit darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Kläger die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung in Form der Einflussnahme auf das Bußgeldverfahren tatsächlich begangen hat. Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten (wiederholten) Beweisaufnahme stehen die Behauptungen der Beklagten, auf die diese die streitgegenständliche Kündigung stützt, nicht zur ausreichenden Überzeugung der Berufungskammer fest. Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit reicht dabei für das Bewiesensein nicht aus: Ein bloßes Glauben, Wähnen oder für Wahrscheinlich halten berechtigt nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Andererseits ist mehr als die subjektive Überzeugung nicht gefordert. Eine absolute Gewissheit ist nicht erforderlich. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine persönliche Gewissheit des Gerichts, welche Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 ZPO RZ 18, 19 m. w. N.).

23

3. Nach dem Ergebnis der Verhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme bleiben bei der Berufungskammer aber sachlich begründete Zweifel, die die Erlangung einer persönlichen Gewissheit dahingehend, dass der von der Beklagten erhobene Vorwurf zutrifft, ausschließt. Die Kammer vermag insoweit allein gestützt auf die Aussage der Zeugin C. nicht mit einer ausreichenden Gewissheit davon ausgehen, dass der Kläger versucht hat, das gegen die Fa. A. gerichtete Bußgeldverfahren zu Gunsten des Zeugen A. zu beeinflussen. Die Zweifel, die eine ausreichende Überzeugungsbildung des Gerichts ausschließen, sind in folgenden Gesichtspunkten begründet:

24

Ein Vergleich der Angaben der Zeugin über den selben Sachverhalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ergibt Widersprüche. Die Zeugin hat in ihrer Anhörung vom 09.02.2009 dezidiert und detailreich bekundet, der Kläger sei mit dem an die Fa. A. gerichteten Anhörungsschreiben bei ihr erschienen. Sie hat explizit darauf hingewiesen, dass der Kläger auf ihre Frage, ob der auf dem Radarbild zu sehende Fahrer der Zeuge Herr A. sei unter Hinweis auf die Eintragung auf der Rückseite des Anhörungsbogens mit Name, Anschrift und Unterschrift des Zeugen B., mit "nein" geantwortet habe. Sie hat also der Tatsache, dass der Zeuge B. auf dem Anhörungsbogen unterschrieben hat, eine gesteigerte Bedeutung im Hinblick auf die Bestärkung der nach ihrer Aussage vom Kläger getätigten Aussagen beigemessen. Diese Angabe entsprach offensichtlich nicht den Tatsachen, da der an die Fa. A. gerichtete Anhörungsbogen nicht mehr vom Kläger mitgebracht werden konnte, da er sich bereits bei dem Verwaltungsvorgang befand. Die Zeugin hat dann zwar vorgerichtlich in ihrer zweiten Anhörung ihre Bekundung richtig gestellt und dies in ihrer erstinstanzlichen Aussage mit einem Versehen, welches auf die Aufregung in dem Moment zurückzuführen sei, erklärt. Allerdings weist die Aussage der Zeugin im Hinblick darauf, in welcher Weise sie ihren Irrtum entdeckt und darauf reagiert hat, ebenfalls Widersprüchlichkeiten auf. Die Zeugin hat erstinstanzlich bekundet, sie habe den Irrtum gleich bemerkt, als sie die Anhörungsniederschrift habe durchlesen können. Sie habe direkt versucht, telefonisch den Irrtum aufzuklären und sodann, als eine telefonische Kontaktaufnahme nicht gelungen sei, noch am selben Tag der ersten Anhörung eine klarstellende E-Mail an den Personalchef gesandt. Die Zeugin hat erstinstanzlich auch bestätigt, dass es sich bei der von ihr noch am gleichen Tag in ihrem Büro verfassten E-Mail um die E-Mail gem. Bl. 163 d. A. handele, die ihr anlässlich ihrer erstinstanzlichen Vernehmung vorgelegt wurde. Anlässlich ihrer Vernehmung im Berufungsverfahren hat die Zeugin hingegen bekundet, nicht sofort nach Durchführung der ersten Anhörung durch die Beklagte und nicht aus eigenem Antrieb ihren Irrtum bezüglich der Frage, welches Anhörungsschreiben der Kläger dabei gehabt haben soll, bemerkt und korrigiert zu haben. Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe erst angefangen nachzudenken, als sie einen Anruf aus der Personalabteilung erhalten habe mit der Frage, ob der Kläger ein Schreiben dabei gehabt habe. Erst dann, d. h. nach diesem Anruf, habe sie die in der EDV hinterlegte Verfahrenschronologie aufgerufen und erst dann sei ihr klar geworden, dass es nicht die Firmenanhörung gewesen sein könne. Nach Maßgabe dieser Aussage hat die Klägerin also ihren Irrtum nicht sofort nach Durchlesen ihrer vorgerichtlichen ersten Aussage bemerkt, sondern erst aufgrund eines Anrufs aus der Personalabteilung. Dieser Anruf ist nach Aussage der Zeugin auch nicht am gleichen Tag der ersten vorgerichtlichen Anhörung erfolgt, sondern einen Tag später am 10.02.2009. Widersprüchlich ist die Aussage der Zeugin auch bezüglich der an Herrn K. gerichteten E-Mail. Während die Zeugin erstinstanzlich bestätigt hat, es handele sich bei dieser E-Mail um die gem. Bl. 163 f. d. A., musste sie anlässlich ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung sich auch in diesem Punkt korrigieren.

25

Nicht konsistent ist die Aussage der Zeugin auch im Hinblick auf ihre eigene emotionale Lage anlässlich ihrer ersten Anhörung durch die Beklagte. Während die Zeugin erstinstanzlich bekundet hat, ihr sei bei der Anhörung kein Vorwurf gemacht worden und ihre Aufregung habe daraus resultiert, dass sie vom Kläger als ihrem Kollegen enttäuscht gewesen sei, hat sie zweitinstanzlich wortreich bekundet, dass für sie ein gegen sie gerichteter Vorwurf nicht sorgfältiger Ermittlung im Vordergrund gestanden und sie sich angegriffen gefühlt habe. Die sich hieraus bereits ergebenden Zweifel werden bestärkt dadurch, dass die Zeugin ausweislich der Anhörungsniederschriften vom 09. und 11.02.2009 und ihrer ergänzenden Angaben gem. Bl. 163 f. d. A. auf den von ihr unmittelbar im Anschluss an das behauptete Erscheinen des Klägers am 28.01.2009 gefertigten Aktenvermerk hingewiesen hat. Dies aber hätte dann, wenn sich die Zeugin - wie sie dies zweitinstanzlich bekundet hat - einem persönlichen Vorwurf ausgesetzt gesehen hat, nahegelegen.

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Auch in einem anderen Punkt weist die Aussage der Zeugin eine Widersprüchlichkeit auf. Anlässlich ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung hat die Zeugin anfangs bekundet, dass es wegen ihrer Arbeitsleistung bisher zu keinen Ermahnungen oder gar Abmahnungen gekommen sei, hat dann aber im Laufe ihrer weiteren Aussage bekundet, dass sie den im Schreiben der Bereichsleitung an die Personalabteilung ihr gegenüber zum Ausdruck kommenden Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei den Ermittlungen gerade auch deshalb als unverschämt empfand, weil ihr ein anderes Mal vorgeworfen worden sei, zu sorgfältig zu ermitteln. Abgesehen davon, dass dieser Teil der Bekundungen erneut zum Ausdruck bringt, dass im Gegensatz zur erstinstanzlichen Aussage der Zeugin aus deren Sicht sehr wohl auch ein gegen sie gerichteter Vorwurf im Raum stand, ergibt sich hieraus, dass der Zeugin seitens der Beklagten bei früherer Gelegenheit sehr wohl eine Vorhaltung im Hinblick auf ihre Arbeitsweise im Rahmen von Ermittlungen gemacht wurde.

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Aus Sicht der Berufungskammer ist weiter bemerkenswert, dass das an den Zeugen B. gerichtete Anhörungsschreiben, welches der Kläger nach der berichtigten Sachverhaltsdarstellung durch die Zeugin am 28.01.2009 mit sich geführt und der Zeugin vorgelegt haben soll, nicht zu den Akten genommen wurde. Auch wenn dieses Anhörungsschreiben nach Darstellung der Zeugin keinerlei Angaben zur Sache und auch keine Unterschrift des Zeugen B. beinhaltete, hätte doch der Rücklauf dieses Schreibens belegt, dass dem Zeugen B. Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist.

28

Die Zeugin hat ferner bekundet, vor dem Zeitpunkt ihrer ersten Anhörung durch die Beklagte am 09.02.2009 über den Vorgang mit Herrn B. nicht gesprochen zu haben. Herr B. aber hat bereits am 06.02.2009 eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung erstellt (Bl. 391 ff. d. A.), die ohne Information durch die Zeugin nicht erklärbar ist. Die Zeugin hat zwar bekundet - hiervon geht auch die Kammer aus - dass Herr B. als Bereichsleiter ebenfalls Zugriff auf die von der Beklagten im Rahmen der Bußgeldbearbeitung eingesetzten EDV hat und somit auch den Aktenvermerk mit Datum vom 28.01.2009 (Bl. 182 d. A.) zur Kenntnis genommen haben kann. In der Sachverhaltsschilderung des Herrn B. heißt es aber ausdrücklich, dass der Kläger am 28.01.2009 die Zeugin C. aufgesucht habe und geäußert habe, dass die Ordnungswidrigkeit nicht von Herrn A., sondern von B. begangen wurde. Diese von Herrn B. wiedergegebene Äußerung des Klägers ergibt sich aber aus dem Inhalt der in der EDV hinterlegten Dokumente nicht, auch nicht aus dem genannten Aktenvermerk vom 28.01.2009. In diesem ist nur festgehalten, dass es sich laut Kläger bei dem Fahrer um Herrn B. gehandelt haben soll.

29

Zu diesen zweifelbegründenden Gesichtspunkten kommt hinzu, dass die Aussage der Zeugin in Teilen sehr detailreich ist, aber in anderen Teilen vage bleibt. So konnte die Zeugin keine Angaben zur ungefähren Tageszeit, an welcher der Kläger am 28.01.2009 bei ihr erschienen sein soll, machen. Dies wäre eine Angabe gewesen, die es dem Kläger ggf. ermöglich hätte, die Aussage der Zeugin zu relativieren. Nicht zu verkennen ist schließlich, dass in den Bekundungen der Zeugen eine gewisse Belastungstendenz zu Lasten des Klägers zum Ausdruck kommt. Während hiervon in der Niederschrift ihrer ersten Anhörung keine Rede ist, hat die Zeugin, die nach ihren zweitinstanzlichen Bekundungen mit ihrem Irrtum hinsichtlich der Verwechslung der Anhörungsschreiben bei ihrer ersten Anhörung nicht von selbst, sondern aufgrund eines Anrufs aus der Personalabteilung bemerkte, in ihrer zweiten Anhörung ebenso wie in ihrer erstinstanzlichen gerichtlichen Aussage von sich aus einen Vorfall geschildert, der den Verdacht gegen den Kläger verstärkt, wenn sie schildert, dass dieser bereits ca. 14 Tage vorher versucht habe sie alleine anzusprechen. In den ergänzenden Angaben zu ihrer Stellungnahme vom 09.02.2009 (Bl. 163 f. d. A.) hat die Zeugin diesen Vorfall nicht erwähnt, obwohl sie gemäß ihrer zweitinstanzlichen Aussage diese ergänzende schriftliche Stellungnahme als Ergebnis eines längeren Nachdenkens zu Hause aufgeschrieben habe, wobei sie bekundet hat, dass sie sich in ihr Arbeitszimmer auch deshalb zurückgezogen habe, um den ganzen Vorfall für sich noch mal Schritt für Schritt durchzugehen, weil ihr abends die Angelegenheit noch mal im Kopf rumgegangen sei und ihr dann auch eingefallen sei, dass der Kläger vor einiger Zeit schon mal bei ihr im Büro vorbeigeschaut habe, ohne allerdings einzutreten.

30

Da bei der Berufungskammer allein schon aufgrund der dargestellten Gegebenheiten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin C. und damit auch Wahrheitsgehalt der dem Kläger belastenden Aussage verblieben, kommt es auf die Aussagen der zweitinstanzlich ebenfalls erneut vernommenen Zeugen B. und A. nicht an. Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass die Berufungskammer ebenso wie das Arbeitsgericht der Aussage des Zeugen B. insgesamt keinen Glauben schenkt. Weder aus den Bekundungen des Zeugen B., noch aus denen des Zeugen A. ergibt sich aber ein Hinweis darauf, dass der Kläger den von der Beklagten behaupteten Pflichtverstoß begangen hat.

31

4. Da es der Beklagten somit nicht gelungen ist, den Kündigungsvorwurf in tatsächlicher Hinsicht zu beweisen, ist die streitgegenständliche Kündigung mangels eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 BGB rechtsunwirksam. Die Frage einer Umdeutung in eine ordentliche Kündigung stellt sich daher - abgesehen davon, dass der Kläger nach Maßgabe des § 34 Abs. 2 TVöD ordentlich nicht kündbar ist, nicht. Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu.

III.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Ein Revisionszulassungsgrund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.