Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 22. Juni 2017 - 7 Sa 438/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0622.7Sa438.16.00
bei uns veröffentlicht am22.06.2017

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 12. August 2016, Az. 4 Ca 345/16, abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständiges Urlaubsgeld in Höhe von 2.610,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 435,00 Euro seit dem 1. Oktober 2014, 1. Januar 2015, 1. April 2015, 1. Juli 2015, 1. Oktober 2015 und 1. Januar 2016 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von "Urlaubsgeld" nebst Zinsen.

2

Die Klägerin ist langjährig bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt bei einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von circa 2.400,00 €.

3

Seit mehreren Jahren, jedenfalls seit 2007, erhält die Klägerin in jedem Quartal eine feste Summe von zuletzt seit September 2008 435,- € brutto/Quartal. Dieser Betrag wird stets im März, Juni, September und Dezember abgerechnet und ausgezahlt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag gibt es ebenso wenig wie eine schriftliche Regelung hierzu. In den jeweiligen Abrechnungen ist der Posten als "Urlaubsgeld x. Quartal 20xx" bzw. "Urlaubsgeld" bezeichnet.

4

Seit Juli 2014 ist die Klägerin ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 26. August 2014 erhielt sie Krankengeld.

5

Die Klägerin erhielt nach der Abrechnung Ende Juni 2014 das streitgegenständliche Urlaubsgeld nicht mehr und macht mit der am 18. März 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die ihrer Auffassung nach rückständigen Beträge für den Zeitraum bis zur Klageerhebung (Zahlungen Ende September 2014, Dezember 2014, März 2015, Juni 2015, September 2015 und Dezember 2015) in Höhe von insgesamt 2.610,00 € brutto geltend.

6

Sie war der Auffassung, ihr Anspruch sei aufgrund von betrieblicher Übung begründet. Der Ausschluss der Zahlung von Urlaubsgeld im Krankheitsfall sei zwischen den Parteien vertraglich nicht geregelt. Der Anspruch von Arbeitnehmern auf arbeits- oder tarifvertraglich garantiertes Urlaubsgeld bleibe trotz langer Erkrankung bestehen. Eine Kürzung nach § 4a EFZG setze voraus, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung getroffen worden sei.

7

Sie hat erstinstanzlich beantragt,

8

die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständiges Urlaubsgeld in Höhe von 2.610,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 435,- € seit dem 1. Oktober 2014, 1. Januar 2015, 1. April 2015, 1. Juli 2015, 1. Oktober 2015 und 1. Januar 2016 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte war der Ansicht, ein Anspruch auf Urlaubsgeld bestehe nicht für Zeiten, in denen die Klägerin arbeitsunfähig krank sei. Der aufgrund betrieblicher Übung entstandene Anspruch auf Urlaubsgeld setze voraus, dass sie Urlaub gewähren könne. Dies setze die Verpflichtung zur Arbeitsleistung und mithin Arbeitsfähigkeit voraus.

12

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass mit dem "Urlaubsgeld" erkennbar auch die Vergütung der Arbeitsleistung der Klägerin bezweckt gewesen sei und dem Urlaubsgeld somit jedenfalls auch ein Entgeltcharakter zukomme. Aufgrund dieses Entgeltcharakters sei sie berechtigt gewesen, die Urlaubsgeldzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und des Krankengeldbezuges Anfang Oktober 2014 einzustellen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die Klägerin könne für den Zeitraum der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des (hier zeitlich nicht näher dargelegten) Entgeltfortzahlungszeitraums keine Auszahlung des "Urlaubsgelds" verlangen, da es sich hierbei um einen Vergütungsanspruch handele, auf den kein Anspruch bestehe, wenn keine zu vergütenden Arbeitsleistungen erbracht würden. Zwar stehe dem Anspruch noch nicht entgegen, dass die Leistung als Urlaubsgeld bezeichnet sei und somit vermeintlich an die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubs gebunden sein könnte oder erst mit Fälligkeit eines eventuellen Urlaubsabgeltungsanspruches auszukehren wäre. Ein Anspruch auf die Auszahlung der Sonderzahlung ohne Erbringung der Arbeitsleistung oder eines sonstigen, von der Erbringung der Arbeitsleistung unabhängigen Vergütungsanspruchs komme jedoch nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber mit der Leistung gerade nicht nur die Arbeitsleistung vergüten, sondern einen sonstigen Zweck wie etwa Betriebstreue belohnen oder dem Arbeitnehmer beispielsweise in Form von Weihnachtsgeld eine Freude bereiten wolle. Ein Indiz, das den Schluss darauf zuließe, mit der Zahlung sei im Sinne einer Gratifikation mit "Mischcharakter" auch ein weitergehender Zweck verbunden, sei vorliegend nicht festzustellen. Insofern sei die Sonderzahlung als Leistung mit reinem Entgeltcharakter zu verstehen. Damit sei die Zahlung an einen tatsächlichen Vergütungsanspruch geknüpft. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus § 305c Abs. 2 BGB. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 52 ff. d. A.) Bezug genommen.

14

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 12. September 2016 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am 7. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 11. November 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

15

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 71 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,

16

bei der regelmäßigen Zahlung des Urlaubsgeldes handele es sich nicht um eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter. Es handele sich um eine vom Urlaubsanspruch losgelöst geleistete Sonderzahlung. Diese sei aber als Leistung mit "Mischcharakter" zu qualifizieren. Da das Urlaubsgeld quartalsweise als fester Betrag zu feststehenden Zeitpunkten unabhängig vom tatsächlichen Urlaubsantritt gezahlt worden sei, sei für dessen Ausschüttung Voraussetzung, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt noch bei der Beklagten beschäftigt sei. Diese quartalsweise Zahlung biete insofern einen Anreiz für den Arbeitnehmer und solle der Belohnung der Betriebstreue dienen. Darüber hinaus, werde das Urlaubsgeld nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ausschließlich unter der Voraussetzung gewährt, dass diese den Urlaub auch gewähren könne. Wenn die Beklagte vortrage, Zweck des Urlaubsgelds sei, zu den anlässlich des Urlaubs entstehenden Mehraufwendungen des Arbeitnehmers beizutragen, bringe sie selbst zum Ausdruck, dass die gezahlte Sonderleistung nicht ausschließlich reinen Entgeltcharakter besitze.

17

Abschließend seien die Rechtsfolgen des § 305c Abs. 2 BGB zu ihren Gunsten heranzuziehen.

18

In der Vergangenheit sei das "Urlaubsgeld" bei Arbeitsunfähigkeit in voller Höhe weitergezahlt worden. Sie sei einst fünf Wochen in Reha gewesen. Für diesen Zeitraum sei ebenfalls das Urlaubsgeld gezahlt worden.

19

Die Klägerin beantragt,

20

unter Abänderung des am 12. August 2016 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Trier, zugestellt am 12. September 2016, Az. 4 Ca 345/16,

21

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin rückständiges Urlaubsgeld in Höhe von 2.610,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von jeweils 435,00 Euro seit dem 1. Oktober 2014, 1. Januar 2015, 1. April 2015, 1. Juli 2015, 1. Oktober 2015 und 1. Januar 2016

22

zu zahlen.

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

25

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 16. Januar 2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 93 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Das gezahlte Urlaubsgeld sei nicht als Sonderzahlung mit Mischcharakter zu qualifizieren. Die Zahlung des Urlaubsgeldes sei nicht von der Beschäftigung an einem Stichtag abhängig. Bereits ausweislich der Lohn- und Gehaltsabrechnungen werde das Urlaubsgeld lediglich für das vorangegangene Quartal ausgezahlt. Der Auszahlungstag sei kein Stichtag im Sinn der Rechtsprechung zu Gratifikationen mit Mischcharakter, sondern bloßer Fälligkeitstermin der Urlaubsgeldzahlung. Dieser Fälligkeitstermin lasse nicht erkennen, dass sie die Betriebstreue belohnen oder einen Anreiz für künftige Betriebstreue habe schaffen wollen.

26

Selbst unterstellt, die Rechtsaufassung der Gegenseite sei zutreffend und das Urlaubsgeld sei als Sonderzahlung mit Mischcharakter zu qualifizieren, wäre die Berufung gleichwohl unbegründet. Bei einer Sonderzahlung, die sowohl Arbeitsleistung vergüte als auch die Betriebstreue honoriert, genüge das Bestehen des Arbeitsverhältnisses allein nicht, um den Anspruch auf die Sonderzahlung zu begründen. Vielmehr müsste auch die weitere Voraussetzung, die Erbringung der Arbeitsleistung, erfüllt sein, was vorliegend aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin gerade nicht der Fall gewesen sei.

27

Das Arbeitsgericht habe auch § 305c Abs. 2 BGB korrekt angewendet. Ein Fall mehrerer rechtlich vertretbarer Auslegungsvarianten sei nicht zu bejahen. Weder die von der Beklagten in den Abrechnungen gewählte Bezeichnung "Urlaubsgeld [x.] Quartal [Jahr]" noch der von ihr gewählte Fälligkeitstermin böten hier Anlass zu Zweifeln bei der Auslegung dieser Begriffe. Zudem gehe es nicht um die Beseitigung von Zweifeln bei der Auslegung, sondern um die Frage, welche Voraussetzungen für die Urlaubsgeldzahlung gelten. Bei dieser Frage sei § 305c Abs. 2 BGB nicht einschlägig.

28

Die Höhe des "Urlaubsgeldes" hänge vom Einkommen der Mitarbeiter. Man gehe von dem Lohn von 30 Tagen aus und zahle hiervon die Hälfte als Gesamtjahresbetrag "Urlaubsgeld". Eintretenden Mitarbeitern werde das Urlaubsgeld anteilig Eintritt gezahlt. Es werde nur für Zeiten gezahlt, in denen eine Arbeitsleistung erbracht werde. Bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit werde es nicht gezahlt. Nur bei kurzer Erkrankung, wenn jemand ein oder zwei Wochen krank sei, werde weiter gezahlt, bei längerer Arbeitsunfähigkeit nicht. Ab welchem Zeitpunkt nicht mehr gezahlt werde, erfrage der Buchhalter beim Geschäftsführer. Bei einer Operation von sechs Wochen werde noch gezahlt, anders sei das hingegen, wenn jemand Monate oder gar Jahre, wie die Klägerin, fehle. Es könne sein, dass der Klägerin seinerzeit „Urlaubsgeld“ gezahlt worden sei, obwohl sie in Reha gewesen sei.

29

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 22. Juni 2017 (Bl. 103 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

30

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

31

In der Sache hatte die Berufung der Klägerin Erfolg. Sie hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung rückständigen Urlaubsgeldes in Höhe von insgesamt 2.610,00 € brutto nebst Zinsen aus betrieblicher Übung.

32

I. Im Betrieb der Beklagten besteht eine betriebliche Übung dahingehend, dass an die Arbeitnehmer quartalsweise ein in den jeweiligen Abrechnungen als „Urlaubsgeld“ bzw. "Urlaubsgeld x. Quartal 20xx“ bezeichneter Fixbetrag, im Fall der Klägerin zuletzt in Höhe von 435,00 € brutto/Quartal, gezahlt wird. Voraussetzung ist danach das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Weitere Voraussetzungen lassen sich nach Auffassung der Kammer der betrieblichen Übung nicht entnehmen.

33

Leistet der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Entgelt eine Sonderzahlung, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich aus einem Verhalten mit Erklärungswert – wie einer betrieblichen Übung – ergeben (BAG, Urteil vom 23. März 2017 – 6 AZR 264/16 – NZA 2017, 779, 780 Rz. 16 m. w. N.). Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2015 - 9 AZR 655/14 - NJOZ 2016, 1054 Rz. 14).

34

Aus der sich quartalsweise wiederholenden Zahlung von zuletzt 435,00 € brutto konnte die Klägerin als Erklärungsempfängerin schließen, dass ihr diese Leistung auf Dauer eingeräumt werden sollte. Sie konnte weiter davon ausgehen, dass sie diese Leistung erhalten würde, solange das Arbeitsverhältnis besteht, also auch in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bzw. in Zeiten nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums (hier 26. Augst 2014).

35

II. Mit einer Sonderzahlung kann die vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honoriert werden. Der Anspruch auf eine solche Sonderzahlung entsteht in diesem Fall regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Sonderzahlungen können aber auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie“ langfristige oder als „Halteprämie“ kurzfristige oder künftige Betriebstreue belohnen. Der Arbeitgeber kann auch den Zweck verfolgen, sich anlassbezogen an erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Die Leistung solcher Sonderzahlungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses. Reiner Gratifikationscharakter ist anzunehmen, wenn die Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist. Soll eine Sonderzahlung die gezeigte oder erwartete Betriebstreue belohnen, kann sie dennoch zugleich an die Arbeitsleistung im Bezugszeitraum anknüpfen. Es handelt sich dann um eine Sonderzahlung mit so genanntem Mischcharakter (vgl. BAG, Urteil vom 23. März 2017 – 6 AZR 264/16 – NZA 2017, 779, 781 Rz. 21 f. m. w. N.).

36

III. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts handelt es sich bei den von der Beklagten geleisteten quartalsmäßigen Zahlungen jedenfalls nicht allein um ein zusätzliches leistungsabhängiges Honorar für die in dem jeweiligen Quartal erbrachte Arbeitsleistung. Die Beklagte hat das „Urlaubsgeld“ nicht (allein) in Abhängigkeit zu der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung erbracht. So hat der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz – von der Klägerin bestritten – zum einen vorgetragen, dass die Höhe des „Urlaubsgeldes“ in Abhängigkeit vom Urlaubsanspruch bzw. –entgelt der Arbeitnehmer ermittelt werde, und damit nur indirekt in Abhängigkeit zum gezahlten Arbeitsentgelt. Man gehe von dem Lohn von 30 Tagen aus und zahle hiervon die Hälfte als Gesamtjahresbetrag „Urlaubsgeld“, eintretenden Mitarbeitern „anteilig Eintritt“. Zum anderen gab es nach den Ausführungen des Geschäftsführers im Kammertermin zweiter Instanz keine klaren Regeln, bis zu welchem Zeitpunkt im Fall längerfristiger Arbeitsunfähigkeit „Urlaubsgeld“ gezahlt wurde. Auch hat die Beklagte konkret im vorliegenden Fall das Urlaubsgeld nicht gequotelt in Abhängigkeit zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin oder zum Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums gezahlt, sondern den Quartalsbetrag insgesamt nicht mehr geleistet, als die Klägerin am Auszahlungstag keine Entgeltfortzahlung mehr erhielt.

37

IV Dem Erklärungsverhalten der Beklagten bei Zahlung des Urlaubsgeldes lässt sich auch nicht entnehmen, dass weitere Voraussetzungen für den Anspruch auf das „Urlaubsgeld“ bestehen als allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Insbesondere ist dem Erklärungsverhalten der Beklagten nicht zu entnehmen, dass ein Anspruch auf das „Urlaubsgeld“ voraussetzt, dass tatsächlich Urlaub gewährt werden kann und ein Anspruch bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nicht besteht.

38

Welche Voraussetzungen das Entstehen oder Erlöschen des Anspruchs bewirken, bestimmt sich nach dem Inhalt der betrieblichen Übung. Dabei kann der vom Arbeitgeber mit der Leistung verfolgte Zweck nur dann berücksichtigt werden, wenn er sich aus den Anspruchsvoraussetzungen oder den Ausschluss- oder Kürzungstatbeständen herleiten lässt. Ohne einen derartigen Anhalt kann nicht aufgrund eines vermeintlichen Regel-/Ausnahmeverhältnisses angenommen werden, der Anspruch auf Urlaubsgeld entfalle immer dann, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kein Urlaub gewährt werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 19. Januar 1999 – 9 AZR 158/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 67; vom 6. September 1994 – 9 AZR 92/93 – NZA 1995, 232).

39

Allein die Bezeichnung einer Leistung als „Urlaubsgeld“ rechtfertigt es nicht, einen zwingenden Sachzusammenhang zum Erholungsurlaub anzunehmen (BAG, Urteil vom 19. Mai 2009 – 9 AZR 477/07 – NJOZ 2009, 3803, 3805 Rz. 15 m. w. N.). Denn den Vertragsparteien steht es frei, die Bezeichnung auch für nichturlaubsakzessorische Sonderzahlungen zu verwenden. Es ist anhand der Leistungsvoraussetzungen, das heißt der Anforderungen und Ausschlussgründe, zu ermessen, ob das Urlaubsgeld von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist oder bloß eine saisonale Sonderleistung darstellt (BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - AP BUrlG § 11 Nr. 69 Rz. 23 f.).

40

Hinreichende Anhaltspunkte für eine Anbindung der Leistung des „Urlaubsgeldes“ an die tatsächliche Urlaubsnahme und den erzielten Urlaubserfolg bestehen vorliegend nicht. Zwar kann ein Urlaubsgeld dazu bestimmt sein, die mit einem Urlaub regelmäßig verbundenen höheren Aufwendungen des Arbeitnehmers auszugleichen. Der Arbeitgeber kann aber auch ohne Rücksicht auf den Bestand von Arbeitspflichten oder Urlaubsansprüchen eine als „Urlaubsgeld“ bezeichnete Sonderzahlung gewähren.

41

Die abweichend geregelte Fälligkeit von Urlaubsentgelt und „Urlaubsgeld“ gibt einen deutlichen Hinweis auf die sachliche Trennung beider Regelungskomplexe (vgl. BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 - 9 AZR 522/09 - AP BUrlG § 11 Nr. 69 Rz. 24). Das „Urlaubsgeld“ wird jeweils am Quartalsende ausgezahlt, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe in diesem Quartal vom Arbeitnehmer Urlaub genommen wurde. Es wird als Festbetrag gezahlt. Die – von der Klägerin bestrittene – Berechnung dieses Festbetrages in Abhängigkeit zum Urlaubsanspruch bzw. -engeltanspruch des jeweiligen Mitarbeiters hat die Beklagte erst im zweitinstanzlichen Kammertermin offengelegt, sie war daher nicht bereits Gegenstand des der betrieblichen Übung zugrunde liegenden Erklärungsverhaltens der Beklagten. Durch das „Urlaubsgeld“ wird nicht beispielsweise konkret das während des jeweiligen Urlaubs zu zahlende Urlaubsentgelt prozentual aufgestockt. Die Zahlung als Festbetrag ist typisch für eine eigenständige Sonderzahlung (vgl. BAG, Urteil vom 19. Mai 1999 – 9 AZR 477/07 – NJOZ 2009, 3803, 3805 Rz. 18).

42

Dem Verhalten der beklagten Arbeitgeberin bei Zahlung des „Urlaubsgeldes“ in der Vergangenheit lässt sich auch im Übrigen nicht entnehmen, dass dessen Leistung davon abhängig ist, dass tatsächlich Urlaub gewährt wird bzw. gewährt werden kann. Hätte die Beklagte den Anspruch auf das „Urlaubsgeld“ von tatsächlicher Arbeitsleistung im Quartal oder Kalenderjahr oder von der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Urlaubs im Kalenderjahr oder Übertragungszeitraum abhängig machen wollen, hätte sie dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist nicht der Fall. Aus ihren Erklärungen bei der Leistung des „Urlaubsgeldes“ in der Vergangenheit lässt sich ihr möglicher Willen, einen Anspruch auf „Urlaubsgeld“ nur begründen zu wollen, wenn der Arbeitnehmer das Geld für urlaubsbedingte Mehraufwendungen verwenden kann, nicht hinreichend entnehmen.

43

V. Eine Kürzungsmöglichkeit nach § 4a EFZG haben die Parteien nicht vereinbart. Diese Vorschrift stellt selbst keine Rechtsgrundlage für die Kürzung von Sondervereinbarungen dar (ErfK/Reinhard,17. Aufl. 2017, EFZG § 4a Rn. 2; MüKo/Müller-Glöge, 7. Aufl. 2016, EFZG § 4a Rn. 3).

44

VI. Gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein Zinsanspruch dem auf die Fälligkeit folgenden Kalendertag.

C.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

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(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 - 12 Sa 1051/15 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2015 - 3 Ca 2646/15 - teilweise abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die insolvenzrechtliche Einordnung einer Sonderzahlung.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten zu 1. (künftig Beklagte) als gewerblicher Arbeitnehmer in der Lebensmittelproduktion beschäftigt. Grundlage war zunächst der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1980. Er lautet auszugsweise:

        

„Mit dem 1.10.1980 werden Sie in die Z als jugendl. Arbeiter zu dem in unserem Hause gültigen Lohntarifvertrag zur Probe eingestellt.

        

…       

        

Es wird ein Probearbeitsverhältnis von 4 Wochen vereinbart.

        

Es endet, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf, am 28.10.1980. ...

        

Zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bedarf es in jedem Falle eines neuen Arbeitsvertrages.“

3

Der Kläger setzte seine Tätigkeit für die Beklagte nach dem 28. Oktober 1980 fort, ohne dass ein weiterer schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Die Beklagte war Mitglied des Arbeitgeberverbands der Ernährungsindustrie Nordrhein-Westfalen. Der Kläger wurde wie die tarifgebundenen Arbeitnehmer im Bereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie (MTV) vergütet. Er erhielt neben einer Vielzahl anderer tariflicher Leistungen jeweils im November des Bezugsjahres zum Monatsende die Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV. Zum 15. Januar 2011 trat die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband aus.

4

Über das Vermögen der Beklagten wurde am 1. Mai 2014 das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Am 31. Oktober 2014 zeigte der Sachwalter an, die Masse sei unzulänglich. Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde zunächst fortgesetzt. Sein Monatsentgelt betrug zuletzt 2.406,00 Euro brutto.

5

Auf die Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 nach § 10 MTV vom 8. Dezember 2004 leistete die Beklagte im November 2014 zwei Zwölftel einer Bruttomonatsvergütung, dh. 401,00 Euro.

6

Der MTV lautet auszugsweise:

        

㤠10 Jahressonderzuwendung

        

1.    

Höhe und Anspruch

                 

Arbeitnehmer, die am 1. Dezember eines Kalenderjahres eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von 11 Monaten haben und sich an diesem Tage im ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, erhalten eine Jahressonderzuwendung.

                 

Die Jahressonderzuwendung beträgt 100 % des tariflichen Monatsentgelts ...

        

2.    

Berechnungsgrundlagen

                 

Der Berechnung des tariflichen Monatsentgelts ... sind die für den Berechtigten jeweils am 31.10. des Auszahlungsjahres für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie geltenden tariflichen Entgeltsätze ... ohne Zulagen und Zuschläge zugrunde zu legen.

        

3.    

Teilzeitbeschäftigte

                 

Teilzeitbeschäftigte erhalten die Jahressonderzuwendung in einer Höhe, die dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht.

        

4.    

Ruhen des Arbeitsverhältnisses

                 

Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ruht, erhalten keine Jahressonderzuwendung; ruht das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr nur teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.

        

5.    

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

                 

Scheidet ein Arbeitnehmer vor dem 1. April aus, so hat er ein Viertel (25 %) der im Vorjahr erhaltenen Jahressonderzuwendung zurückzuzahlen.

        

6.    

Saisonarbeitnehmer

                 

Abweichend von § 10 Abs. 1 und 2 erhalten Arbeitnehmer, die gemäß § 2 Abs. 4 c für saisonmäßig bedingte Arbeiten zusätzlich eingestellt werden, erstmalig eine Jahressonderzuwendung, wenn sie in ununterbrochener Folge 3 Jahre lang je mindestens 3 Monate als Saisonarbeiter im Betrieb beschäftigt waren.

                 

Die Jahressonderzuwendung wird anteilig mit einem Zwölftel für jeden vollen Saison-Beschäftigungsmonat gewährt. ... Die anteilige Jahressonderzuwendung wird den Saisonarbeitnehmern am Schluss der Saison ausgezahlt. Maßgebend für die Berechnung dieser anteiligen Jahressonderzuwendung für Saisonarbeiter sind die zu diesem Zeitpunkt geltenden jeweiligen tariflichen Entgeltsätze in der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie.

        

7.    

Anrechenbarkeit betrieblicher Leistungen

                 

Auf die Jahressonderzuwendung können betriebliche Leistungen wie ganz oder teilweise vereinbarte 13. Monatsentgelte, Gratifikationen, Weihnachtsgelder, Jahresabschlussvergütungen, einmalig gezahlte Treueprämien, übertarifliches Urlaubsgeld o. ä. angerechnet werden.

                 

Die Jahressonderzuwendung gilt als Einmalleistung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen.“

7

Am 15. Dezember 2014 unterzeichnete der Kläger einen „Dreiseitigen Vertrag über Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses“ zwischen ihm, der Beklagten sowie einer Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft. Durch den Vertrag wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers und der Beklagten mit dem 21. Dezember 2014 aufgehoben. Für die Zeit vom 22. Dezember 2014 bis 21. Juli 2015 wurde ein Arbeitsverhältnis mit der Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft begründet.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. eine restliche Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV von 2.005,00 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, wegen des tariflichen Stichtags am 1. Dezember sei der Anspruch auf die Jahressonderzuwendung erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden und in vollem Umfang Neumasseverbindlichkeit. Es handle sich um eine rein stichtagsabhängige Sonderleistung. Selbst wenn der Jahressonderzuwendung ein „Mischcharakter“ zukomme, der arbeitsleistungsbezogene Elemente mit Betriebstreuezwecken vereine, dürfe sie insolvenzrechtlich nicht in verschiedene Forderungskategorien für die Zeit vor und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit aufgeteilt werden.

9

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.406,00 Euro brutto Jahressonderzahlung abzüglich geleisteter 401,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4. Dezember 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Jahressonderzuwendung habe zumindest auch Entgeltcharakter. Angesichts der Daten der Insolvenzeröffnung am 1. Mai 2014 und der Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 31. Oktober 2014 sei die Forderung insolvenzrechtlich aufzuteilen in vier Zwölftel Insolvenzforderung, sechs Zwölftel Altmasseverbindlichkeit und zwei Zwölftel - unstreitig erfüllte - Neumasseverbindlichkeit. Hinsichtlich der Altmasseverbindlichkeit komme lediglich ein Feststellungsantrag in Betracht. Die Insolvenzforderung sei zur Tabelle anzumelden.

11

Das Arbeitsgericht hat der auf die Jahressonderzuwendung gerichteten Klage in Höhe von 1.403,50 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat insgesamt eine Neumasseverbindlichkeit bejaht. Der Anspruch sei aufgrund des Ausscheidens des Klägers im Dezember 2014 nach § 10 Nr. 5 MTV auf 75 % von 2.406,00 Euro brutto zu kürzen, dh. auf 1.804,50 Euro brutto. Davon seien die bereits geleisteten 401,00 Euro brutto abzuziehen. Das Landesarbeitsgericht hat die nur von der Beklagten geführte Berufung gegen das Urteil erster Instanz zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen durften der noch rechtshängigen Klage nicht stattgeben. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur vollständigen Klageabweisung (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der erhobene Anspruch ist nicht als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen.

13

A. Die noch rechtshängige Klage ist zulässig. Der Kläger macht eine Neumasseverbindlichkeit iSd. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO geltend. Eine solche Neumasseverbindlichkeit unterliegt nicht den Vollstreckungsverboten des § 210 InsO und des § 123 Abs. 3 Satz 2 InsO. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 55 InsO oder eine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, ist die Klage deshalb nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Insolvenzforderung oder eine Altmasseverbindlichkeit handelt(vgl. BAG 25. Juni 2014 - 5 AZR 283/12 - Rn. 13, BAGE 148, 290; 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 15, BAGE 146, 64; 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 mwN). Die Beklagte hat den Einwand der Neumasseunzulänglichkeit, bei dem auch die Neumassegläubiger ihre Ansprüche nur noch im Weg der Feststellungsklage verfolgen können, nicht erhoben. Für die Leistungsklage besteht daher ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 13; 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 40, BAGE 123, 269).

14

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf die restliche, dh. noch nicht erfüllte Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 ist zwar entstanden. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen handelt es sich aber nicht um eine Neumasseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, die mit einer Leistungsklage auf volle Berichtigung durchgesetzt werden könnte.

15

I. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte dem Kläger auch für das Jahr 2014 unter den Voraussetzungen des § 10 MTV eine Jahressonderzuwendung zugesagt hat, obwohl der Kläger nicht Mitglied einer Gewerkschaft und die Beklagte im Jahr 2011 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist. Die Parteien vertreten lediglich unterschiedliche Auffassungen zu der insolvenzrechtlichen Einordnung der Jahressonderzuwendung. Der Anspruch ist jedenfalls aufgrund einer konkludent getroffenen vertraglichen Abrede entstanden. Danach schuldet die Beklagte auch für das Jahr 2014 unter den Voraussetzungen des § 10 MTV eine Jahressonderzuwendung. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen. Der Sachverhalt steht fest. Weiterer Sachvortrag ist nicht zu erwarten (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16).

16

1. Leistet der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Entgelt eine Sonderzahlung, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich aus einem Verhalten mit Erklärungswert - wie einer betrieblichen Übung - ergeben (vgl. zB BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 18 ff. mwN; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 20). Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Leistung nur an einen Arbeitnehmer erbracht hat und damit das kollektive Element fehlt, kann ein Anspruch des Arbeitnehmers entstanden sein. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen durfte, das er durch schlüssiges Verhalten angenommen hat (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 11; 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 12 f. mwN, BAGE 139, 156).

17

2. Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Parteien gerecht. Die Beklagte leistete die Jahressonderzuwendung während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses seit 1980 auch nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband im Jahr 2011. Sie hielt an der Leistung in der Phase der Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG weiter fest. Daraus durfte der Kläger auf ein verbindliches Angebot der Beklagten iSv. § 145 BGB unter Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung(§ 151 Satz 1 BGB) schließen. Er akzeptierte die Zahlungen unwidersprochen und nahm das Angebot der Beklagten damit durch schlüssiges Verhalten an.

18

II. Bei dem nicht erfüllten Anspruch auf die noch ausstehende Jahressonderzuwendung handelt es sich entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht um eine Neumasseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO.

19

1. Unter welchen Voraussetzungen jährliche Sonderzahlungen als Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 InsO anzusehen sind, hängt vom Zweck der Sonderzahlung ab. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen zu ermitteln (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 12 ff.; 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 18, 21).

20

a) Mit einer Sonderzahlung kann die vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honoriert werden. Der Anspruch auf eine solche Sonderzahlung entsteht in diesem Fall regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind solche arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 33, BAGE 146, 284; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14 mwN). Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Werden vor der Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert, bestehen Insolvenzforderungen (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - aaO; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO).

21

b) Sonderzahlungen können auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie“ langfristige oder als „Halteprämie“ kurzfristige oder künftige Betriebstreue belohnen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 32 ff., BAGE 146, 64; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 15 mwN; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239). Der Arbeitgeber kann auch den Zweck verfolgen, sich anlassbezogen an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 233/15 - Rn. 10, 12 f.; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Die Leistung solcher Sonderzahlungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - aaO). Reiner Gratifikationscharakter ist anzunehmen, wenn eine Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 233/15 - Rn. 18). Insolvenzrechtlich sind stichtagsbezogene Sonderzahlungen dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fällt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 459/00 - zu I 1 der Gründe). Liegt der Stichtag zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO(vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO mwN). Sonst ist eine solche Zahlung in voller Höhe als Insolvenzforderung anzusehen. Diese Unterscheidung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Einbeziehung von Vergütungsbestandteilen in die Insolvenzgeldberechnung (vgl. BSG 21. Juli 2005 - B 11a/11 AL 53/04 R -).

22

c) Soll eine Sonderzahlung die gezeigte oder erwartete Betriebstreue belohnen, kann sie dennoch zugleich an die Arbeitsleistung im Bezugszeitraum anknüpfen. Es handelt sich dann um eine Sonderzahlung mit sog. Mischcharakter (vgl. zB BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 13, 18, BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 16, 28, BAGE 140, 231).

23

2. Die Anzeige des Insolvenzverwalters oder Sachwalters, die Masse reiche nicht zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger aus (§ 208 Abs. 1 InsO), führt zu einer Neuordnung der Masseverbindlichkeiten. Sie werden nur unter den Voraussetzungen des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO - ggf. iVm. § 209 Abs. 2 InsO - als Neumasseverbindlichkeiten vorab aus der Masse berichtigt. Die Gläubiger von Altmasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind dagegen auf eine lediglich anteilige Berichtigung ihrer Forderungen beschränkt(vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 17, BAGE 120, 232). Bei der Befriedigung der Massegläubiger ist die Rangfolge des § 209 Abs. 1 InsO einzuhalten. Hierfür ist neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zwischen Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO) und Altmasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) zu unterscheiden (vgl. Oetker DZWIR 2002, 373).

24

3. Das Landesarbeitsgericht hat die noch ausstehende Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 zu Unrecht als Neumasseverbindlichkeit iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO eingeordnet.

25

a) Die Beurteilung des Berufungsgerichts beruht darauf, dass es die Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV ua. wegen der Stichtage in § 10 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 5 MTV als reine Betriebstreueregelung verstanden hat. Dagegen sprechen Nr. 3, Nr. 4, Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 7 Abs. 1 des § 10 MTV, die erkennen lassen, dass die Sonderzahlung auch arbeitsleistungsbezogen erbracht wird. Es handelt sich wegen der kombinierten Zwecke der Förderung der Betriebstreue und der zusätzlichen Vergütung der Arbeitsleistung um eine Sonderzahlung mit „Mischcharakter“ (vgl. etwa BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 13, 18, BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 16, 28, BAGE 140, 231).

26

aa) Die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, deren Anspruch in § 10 Nr. 3 MTV geregelt ist, unterscheidet sich von der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten nur im Hinblick auf das geringere Arbeitszeitvolumen. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Jahressonderzuwendung in einer Höhe, die dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht. Das spricht über die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten hinaus für einen Arbeitsleistungsbezug der Jahressonderzuwendung neben dem Zweck der Belohnung der Betriebstreue (vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23).

27

bb) Darauf deutet auch § 10 Nr. 4 MTV hin. Danach erhalten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ganz oder teilweise ruht, keine oder eine anteilige Leistung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dadurch werde nicht an die erbrachte Arbeitsleistung, sondern an den Bestand des Arbeitsverhältnisses angeknüpft. Die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten könne fehlender Betriebstreue gleichgestellt werden. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Das Ruhen der Hauptleistungspflichten lässt den Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit die reine Betriebstreue unberührt (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14). Der Ausschluss- und Kürzungstatbestand in § 10 Nr. 4 MTV macht vielmehr deutlich, dass § 10 MTV nicht nur geleistete Betriebstreue honorieren, sondern auch erbrachte Arbeitsleistung vergüten soll(vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23).

28

cc) Der neben dem Betriebstreuecharakter bestehende Vergütungscharakter wird durch die Bezugsgröße der Berechnung der Jahressonderzuwendung gestützt (vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23). Die Jahressonderzuwendung beträgt nach § 10 Nr. 1 Abs. 2 MTV 100 % des tariflichen Monatsentgelts. Hinzu kommt, dass die Sonderzahlung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts ein Dreizehntel und damit einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtjahresvergütung des Klägers ausmachte (vgl. zu diesem Indiz für Entgeltcharakter zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 25).

29

dd) Schließlich spricht - zumindest entfernt - für einen „Mischcharakter“ der Jahressonderzuwendung, dass § 10 Nr. 7 Abs. 1 MTV es zulässt, betriebliche Leistungen unabhängig von ihrem Entgelt- oder Gratifikationscharakter auf die Jahressonderzuwendung anzurechnen.

30

b) Abgesehen davon sind auch Sonderzahlungen mit reinem Betriebstreuecharakter nach angezeigter Masseunzulänglichkeit nicht vollständig Neumasseverbindlichkeiten iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, selbst wenn die Forderung erst mit einem Stichtag nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entsteht. Alle Sonderzahlungen sind als Neumasseverbindlichkeiten nur anteilig für den Zeitraum geleisteter Arbeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu berichtigen.

31

aa) Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein davon ausgegangen ist, eine Sonderzahlung mit „Mischcharakter“, die auch Zeiten der Arbeitsleistung vor Insolvenzeröffnung vergüte, wegen ihres Betriebstreueanteils aber erst nach Insolvenzeröffnung entstehe, stelle ebenso wie eine Sonderzahlung mit reinem Betriebstreuecharakter insgesamt eine Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO dar (vgl. LAG Schleswig-Holstein 12. März 2008 - 6 Sa 411/07 - zu 2 b und d der Gründe; ebenso Fischermeier in Heinrich Symposion Insolvenz- und Arbeitsrecht 2011 S. 81, 83; Gossak in Göpfert Handbuch Arbeitsrecht in Restrukturierung und Insolvenz § 10 Rn. 30). Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1995 zum Haftungsprivileg des Betriebserwerbers nach Konkurseröffnung (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 81, 132). Der Zehnte Senat hat dort angenommen, die Haftungseinschränkung des Betriebserwerbers gelte lediglich für Konkursforderungen, nicht für Masseschulden nach § 59 Abs. 1 KO(vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Ein Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung könne gegen die Gemeinschuldnerin nur dann entstehen, wenn es sich bei der Sonderzahlung um einen Vergütungsbestandteil handle, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung eingebunden sei und mit dem kein anderer Zweck verfolgt werde als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 d der Gründe, aaO). Der Zehnte Senat hat im konkreten Fall allerdings eine reine Betriebstreueregelung bejaht (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, aaO).

32

bb) Die genannten Entscheidungen des Zehnten Senats und des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein behandeln keine Fallgestaltungen, in denen die Masseunzulänglichkeit angezeigt war (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 81, 132; LAG Schleswig-Holstein 12. März 2008 - 6 Sa 411/07 - zu 2 b und d der Gründe). Bei angezeigter Masseunzulänglichkeit tritt neben die Insolvenzeröffnung ein weiterer rechtlicher Einschnitt. § 209 InsO ordnet in diesem Fall die insolvenzrechtliche Rangfolge der Masseverbindlichkeiten(vgl. zu der insolvenzrechtlichen Rangfolge von Mietansprüchen BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 154, 358; ohne Bezug auf § 209 InsO weiterentwickelt durch: BGH 5. Juli 2007 - IX ZR 185/06 - Rn. 8 ff., BGHZ 173, 116; 11. Dezember 2014 - IX ZR 87/14 - Rn. 7 ff., BGHZ 204, 1). Auch alle arbeitsrechtlichen Sonderzahlungen, dh. nicht nur solche mit reinem Entgeltcharakter, sondern auch solche zur reinen Belohnung von Betriebstreue oder mit „Mischcharakter“, unterliegen bei angezeigter Masseunzulänglichkeit § 209 InsO. Soweit die insolvenzrechtlichen Verteilungsgrundsätze reichen, gehen sie den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen als Spezialregelungen vor. Damit wird sichergestellt, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden (vgl. BAG 14. November 2012 - 5 AZR 778/11 - Rn. 13 mwN).

33

cc) Nach § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO gelten die auf einem Dauerschuldverhältnis beruhenden Verbindlichkeiten als Neumasseverbindlichkeiten, soweit der Verwalter die Gegenleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Der Insolvenzverwalter oder Sachwalter nimmt die Gegenleistung des Arbeitnehmers „in Anspruch“, wenn er sie nutzt, den Arbeitnehmer also zur Arbeit heranzieht. Gegenleistung ist die vom Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeitsleistung(vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 24 mwN; sh. auch BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu III 1 d der Gründe, BGHZ 154, 358). Für sie schuldet der Verwalter die volle Vergütung (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 20, BAGE 120, 232).

34

dd) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat daraus abgeleitet, eine völlige Vernachlässigung der tatsächlichen Arbeitsleistung für sog. geldwerte Urlaubsansprüche auf Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung sei - im Unterschied zu dem auf Freistellung gerichteten Urlaubsanspruch - nicht mit dem Wortlaut des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO vereinbar. Sie entspreche auch nicht der Zielsetzung, im Interesse der ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens die Entgeltansprüche der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer zu sichern. Abweichend von der Konzeption des gesetzlichen Urlaubsrechts sei deswegen im Anwendungsbereich des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO der auf die Dauer der tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen. Maßgeblich sei das Verhältnis der möglichen Arbeitstage im Jahr zu den vom Arbeitnehmer nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit geleisteten Arbeitstagen (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 26 f., BAGE 120, 232; Düwell/Pulz NZA 2008, 786, 788; aA Betz BB 2015, 886, 888 ff., der Ansprüche auf Urlaubsentgelt und -abgeltung wegen ihrer Unabhängigkeit von der Arbeitsleistung immer als Altmasseverbindlichkeiten versteht).

35

ee) Diese Überlegungen sind nicht nur auf Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter, sondern auch auf Sonderzahlungen mit reinem Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ zu übertragen.

36

(1) Der Zweck der Begünstigung der Neumassegläubiger soll den Insolvenzverwalter in die Lage versetzen, seinen Pflichten nachzukommen. Mit dem in § 209 InsO begründeten Vorrang der Neumasseverbindlichkeiten soll es dem Verwalter ermöglicht werden, die Masse nach § 208 Abs. 3 InsO auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu verwalten und zu verwerten. Gläubigern, die Sach- oder Dienstleistungen zugunsten der Masse erbringen, soll im Gegenzug ein möglichst ungekürzter Leistungsanspruch gegen die Masse zustehen (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 24, BAGE 120, 232).

37

(2) Die Beschäftigung von Arbeitnehmern liegt auch im Interesse der im Rang zurückgestuften (Alt-)Massegläubiger, wenn der Betrieb zumindest zeitweise fortgeführt werden kann. Ihnen wird der Forderungsausfall lediglich in engen Grenzen zugemutet. Neumasseverbindlichkeiten werden nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur begründet, „soweit“ die Gegenleistung zur Masse gelangt. Würde demgegenüber der gesamte Urlaub in seinem Geldwert oder eine Jahressonderzuwendung mit reinem Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ vollständig „nachgezogen“, würde die Masse nicht angereichert, sondern mit zusätzlichen Kosten belastet. Das widerspräche der Systematik der Insolvenzordnung. Neumasseverbindlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie vom Verwalter regelmäßig freiwillig begründet und ihm nicht aufgezwungen („oktroyiert“) werden. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO setzt voraus, dass der Verwalter die Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Darunter ist - wie in § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO - ein Verhalten des Verwalters zu verstehen, mit dem er die Gegenleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit selbstbestimmt nutzt, obwohl er dies pflichtgemäß hätte verhindern können (vgl. BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu III 1 d der Gründe, BGHZ 154, 358; Raiß AnwZert InsR 24/2009 Anm. 4 zu B II 3; Zwanziger NZA 2015, 577, 578 f.). „Freiwillig“ kann der Verwalter lediglich entscheiden, ob und mit welchen Arbeitnehmern er den Betrieb (begrenzt) fortführt. Dagegen kann er nach angezeigter Masseunzulänglichkeit nicht auf die oft erheblichen Resturlaubsansprüche und die damit verbundenen geldwerten Ansprüche, die bereits geleistete Betriebstreue oder die schon erbrachten Arbeitsleistungen einwirken, die sich neben dem Betriebstreuezweck in einer Sonderzahlung mit „Mischcharakter“ widerspiegeln (zu sog. auf Geld gerichteten Urlaubsansprüchen BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 25, BAGE 120, 232). Die Rückstufung drängender (Alt-)Masseverbindlichkeiten auf den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat zum Ziel, dem Verwalter den Handlungsspielraum zu geben, damit er die Verwertung auch bei Masseunzulänglichkeit zum Abschluss bringen kann(vgl. die Begründung zu § 321 Abs. 2 Nr. 3 des Regierungsentwurfs einer InsO in BT-Drs. 12/2443 S. 220; Windel in Jaeger InsO 5. Aufl. [online] § 209 Rn. 1).

38

(3) Dem Landesarbeitsgericht ist nicht darin zuzustimmen, dass die Erwägungen des Neunten Senats zu geldwerten Urlaubsansprüchen nicht auf die Frage des insolvenzrechtlichen Charakters des Anspruchs auf eine Sonderzahlung mit Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ übertragen werden können. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, der volle Urlaubsanspruch aus §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG entstehe nach erfüllter Wartezeit(§ 4 BUrlG) unabhängig von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers immer am 1. Januar des Urlaubsjahres, trifft das zu (vgl. für die st. Rspr. BAG 11. November 2015 - 10 AZR 645/14 - Rn. 18; 22. Juli 2014 - 9 AZR 981/12 - Rn. 27; in einem insolvenzrechtlichen Zusammenhang BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 13, BAGE 120, 232). Der Urlaubsabgeltungsanspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG entsteht jedoch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er ist seit Aufgabe der Surrogatstheorie auch nicht länger Ersatz des auf Freistellung gerichteten Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch (vgl. nur BAG 22. September 2015 - 9 AZR 170/14 - Rn. 14, BAGE 152, 308; grundlegend BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 15 ff., BAGE 142, 64; zu den insolvenzrechtlichen Auswirkungen der Aufgabe der Surrogatstheorie Betz BB 2015, 886, 889). Die Interessenlage ist daher bei einem Anspruch auf eine Sonderzahlung mit Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ vergleichbar mit geldwerten Urlaubsansprüchen. Die Aufteilung in Insolvenzforderungen, Alt- und Neumasseverbindlichkeiten entspricht auch der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit zur beschränkten Insolvenzgeldsicherung von Sonderzahlungen mit reinem Arbeitsleistungsbezug oder „Mischcharakter“ (vgl. BSG 21. Juli 2005 - B 11a/11 AL 53/04 R -; 10. September 1987 - 10 RAr 10/86 - BSGE 62, 131; Bayerisches LSG 25. Juli 2013 - L 9 AL 274/11 -).

39

III. Die Klage ist deshalb unbegründet. Der Kläger konnte nur verlangen, dass der auf die Zeit seiner Arbeitsleistung (einschließlich entgeltfortzahlungspflichtiger sog. „unproduktiver“ Ausfallzeiten, vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 25) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entfallende anteilige Anspruch auf die Jahressonderzuwendung als Neumasseverbindlichkeit iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO berichtigt wurde. Dieser Anteil des Anspruchs ist kein Gegenstand des Rechtsstreits. Die Neumasseverbindlichkeit ist erfüllt. Die vier Zwölftel der Jahressonderzuwendung für die Monate von Januar bis April 2014 - die Zeit vor Insolvenzeröffnung am 1. Mai 2014 - und die weiteren sechs Zwölftel der Jahressonderzuwendung für die Zeit zwischen Insolvenzeröffnung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit von Mai bis Oktober 2014 sind keine Neumasseverbindlichkeiten. Sie sind der auf volle Berichtigung gerichteten Leistungsklage nicht zugänglich.

40

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Gallner    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Talkenberg    

                 

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. August 2014 - 2 Sa 70/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf einen monatlichen Fahrgeldzuschuss iHv. 92,03 Euro netto für Fahrten zu seiner Arbeitsstätte hat.

2

Der Kläger wohnt in U. Er ist seit Juni 2006 als Monteur bei der Beklagten beschäftigt und wird ca. 600 km vom Sitz der Beklagten entfernt auf dem Gelände der Fa. A in H eingesetzt. Bis einschließlich Dezember 2012 erhielt er monatlich einen Fahrgeldzuschuss iHv. zuletzt 92,03 Euro netto. Die Beklagte sowie deren Rechtsvorgängerin berechneten die Höhe des Zuschusses unter Zugrundelegung von 0,08 Euro je Entfernungskilometer für eine Hin- und Rückfahrt zwischen dem Sitz der Beklagten in S und dem Arbeitsort H (einfache Fahrtstrecke).

3

In einer auf zwei Jahre befristeten Betriebsvereinbarung zum Regelungsgegenstand „Lohnsteuerliche Behandlung der Erstattung von Mehraufwendungen bei der vorübergehenden auswärtigen Tätigkeit von Arbeitnehmern“ vom 22. Februar 1999 heißt es ua.:

        

„Inhalt:

        

1.    

Unterkunft; Bei Vorhandensein eines eigenen Hausstandes am Heimatort werden die Mehraufwendungen für die Zweitwohnung am Arbeitsort lohnsteuerfrei ersetzt.

        

2.    

Heimfahrten; Für eine Hin- und Rückfahrt im Monat zwischen Arbeits- und Heimatort wird der firmeneigene Kleinbus bereitgestellt.

                 

Bei Nichtgestellung des Kleinbusses in Monatsfrist wird eine lohnsteuerfreie Aufwandserstattung von 0,15 DM je Entfernungskilometer gewährt.

        

3.    

Weitere Aufwendungen werden nicht erstattet.“

4

In einer Betriebsvereinbarung vom 3. Juni 2004 wurde bestimmt, dass der Fahrgeldzuschuss, „der … für die Arbeitnehmer im Bereich Montage H gezahlt wird“, für diejenigen Arbeitnehmer wegfalle, die ihren Hauptwohnsitz nach H und Umgebung verlegt haben.

5

§ 4 Abs. 1 Nr. 1 des Firmentarifvertrags vom 9. März 2012 bestimmt die Anerkennung des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe (BRTV) in der jeweils geltenden Fassung, „wenn und soweit die jeweilige Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) das Unternehmen erfasst“. Unter § 7 des Firmentarifvertrags verpflichteten sich die Tarifvertragsparteien, im Jahr 2013 Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, die volle Angleichung dieses Tarifvertrags an die Tarifverträge des Baugewerbes zu vereinbaren. Mit Einführung des Firmentarifvertrags ab dem 1. April 2012 erhöhte sich das monatliche Bruttoentgelt des Klägers unter Berücksichtigung des monatlichen Fahrgeldzuschusses um ca. 8,8 Prozent.

6

Mit Schreiben vom 27. April 2012 kündigte die Beklagte gegenüber dem Betriebsrat am Standort H sämtliche Betriebsvereinbarungen im Zusammenhang mit nicht tariflichen Lohnleistungen.

7

Seit Januar 2013 zahlte die Beklagte den Fahrgeldzuschuss nicht mehr.

8

Mit seiner am 5. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 31. Mai 2013 hat der Kläger Fahrgeldzuschüsse iHv. insgesamt 368,12 Euro netto für die Monate Januar bis April 2013 geltend gemacht. Er hat gemeint, ihm stehe aus betrieblicher Übung weiterhin der monatliche Fahrgeldzuschuss iHv. 92,03 Euro netto zu.

9

Er hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 368,12 Euro netto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen 16. Kalendertag des Monats beginnend mit dem Februar 2013 auf je 92,03 Euro netto zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, Grundlage der Zahlung des Fahrgeldzuschusses an den Kläger sei die Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1999 gewesen, die keine Nachwirkung entfaltet habe. Mit Einführung des Firmentarifvertrags seien die gesamten Arbeits- und Lebensbedingungen erstmals umfassend durch Tarifvertrag - unter Bezugnahme auf den Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe und andere Tarifverträge der Bauwirtschaft - geregelt worden. In den Tarifverhandlungen habe die Beklagte mitgeteilt, dass bei Einführung des Lohngefüges des BRTV sämtliche bislang neben dem Stundenlohn gewährten Entgeltbestandteile nicht weiter gewährt werden könnten. Die Zahlung des Fahrgeldzuschusses sei deshalb erst mit dem Monat Januar 2013 eingestellt worden, weil die Umstellungen auf die tariflichen Regelungen im Abrechnungsprogramm erst im November 2012 überwiegend erledigt gewesen seien. Von einer Rückforderung überzahlter Beträge habe sie abgesehen. Zudem sei die Tariflohnsteigerung auf die Zahlung der Fahrgeldzuschüsse anzurechnen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht abschließend darüber befunden werden, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger den Fahrgeldzuschuss zu zahlen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass zugunsten des Klägers ein Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Fahrgeldzuschusses aus einer betrieblichen Übung entstanden ist.

14

1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und ob er auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte (BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 806/13 - Rn. 26; 19. März 2014 - 5 AZR 954/12 - Rn. 43).

15

Ob das Zustandekommen einer betrieblichen Übung der vollen oder nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt, kann dahinstehen, da die Würdigung des Berufungsgerichts selbst bei uneingeschränkter Überprüfung nicht zu beanstanden ist (für eine uneingeschränkte Überprüfung zB: BAG 5. Mai 2015 - 1 AZR 806/13 - Rn. 26; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 58; offengelassen von BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR 887/08 - Rn. 42).

16

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist durch die monatliche Zahlung des Fahrgeldzuschusses über einen mehrjährigen Zeitraum an den Kläger wie auch an andere Mitarbeiter ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden. Die begünstigten Mitarbeiter konnten das Verhalten der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nur so verstehen, dass sie sich verpflichten wollten, den Fahrgeldzuschuss auf Dauer zu gewähren.

17

3. Dem steht auch nicht die auf zwei Jahre befristete Betriebsvereinbarung vom 22. Februar 1999 entgegen. Dabei kann dahinstehen, ob diese Betriebsvereinbarung nach Ablauf der zwei Jahre nachwirkt. Die Zahlung des hier streitgegenständlichen Fahrgeldzuschusses erfolgte erkennbar nicht lediglich in (vermeintlicher) Erfüllung dieser Betriebsvereinbarung, was dem Entstehen eines Anspruchs aus betrieblicher Übung entgegenstände (vgl. BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 21, BAGE 133, 337). Denn die Beklagte zahlte den Fahrgeldzuschuss nicht, wie in Nr. 2 der Betriebsvereinbarung bestimmt, für Fahrten zwischen Arbeits- und Wohnort, sondern für Fahrten zwischen dem Sitz der Beklagten in S und dem Arbeitsort H. Der Kläger wohnt in U und damit 366 km (laut Google Maps) vom Arbeitsort entfernt. Die Beklagte hat der Berechnung des Fahrgeldzuschusses nach eigenen Angaben aber die Entfernung zwischen ihrem Sitz und dem Arbeitsort zugrunde gelegt (600 km).

18

4. Auch die Betriebsvereinbarung vom 3. Juni 2004 steht einem Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entgegen, da diese Betriebsvereinbarung den Anspruch auf Fahrgeldzuschuss nicht positiv regelt, sondern lediglich einen bestehenden Anspruch („Fahrgeldzuschuss, der … gezahlt wird“) hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten einschränkt.

19

II. Ob der aus betrieblicher Übung erwachsene Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Fahrgeldzuschusses durch die Regelungen im Firmentarifvertrag vom 9. März 2012 abgelöst worden ist, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entschieden werden.

20

1. Eine Kollision zwischen den kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der Parteien normativ geltenden und den arbeitsvertraglichen Vorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG)zu lösen (vgl. BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 27 mwN). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Das gilt ebenso für durch betriebliche Übung entstandene Ansprüche, da sie nach der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Vertragstheorie Bestandteil des Individualarbeitsvertrags sind (vgl. BAG 5. August 2009 - 10 AZR 483/08 - Rn. 11; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 524; Thüsing/Braun/Forst Tarifrecht Kap. 7 Rn. 36; Däubler/Deinert TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 608 f.; Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 420, 425).

21

2. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ist durch einen Günstigkeitsvergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung zu ermitteln. Unerheblich ist dabei, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 29 mwN). Zu vergleichen sind die in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgruppenvergleich, BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 28 mwN).

22

3. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Firmentarifvertrag enthalte keine Regelungen hinsichtlich der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Es hat deshalb insoweit keinen Sachgruppenvergleich vorgenommen. Einen sachlichen Zusammenhang zwischen Entgelt und Fahrgeldzuschuss hat es verneint.

23

a) Dabei hat es verkannt, dass der möglicherweise anzuwendende § 7 BRTV ua. Regelungen zur „Fahrtkostenabgeltung“ enthält, auch hinsichtlich der „Wochenendheimfahrten“. Die Prüfung, ob insoweit eine Sachgruppe zu bilden und ein Günstigkeitsvergleich anzustellen ist, wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben. Ein thematischer Berührungspunkt und sachlicher Zusammenhang könnte unter dem Gesichtspunkt des Ersatzes von Aufwendungen gegeben sein.

24

b) Um einen solchen Sachgruppenvergleich vornehmen zu dürfen, müsste der BRTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden sein. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls noch Feststellungen zu treffen.

25

aa) Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Firmentarifvertrags soll der BRTV nur anwendbar sein, „wenn und soweit“ dessen Allgemeinverbindlicherklärung das Unternehmen erfasst. Die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Soweit der Kläger bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Firmentarifvertrags tarifgebunden war, was das Landesarbeitsgericht nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - festgestellt hat, ist abzustellen auf die Allgemeinverbindlicherklärung in der Fassung vom 15. Mai 2008 (BAnz. Nr. 104a vom 15. Juli 2008), andernfalls auf eine neuere Fassung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs ist derjenige, in dem die normativ geltende tarifvertragliche Regelung mit der abweichenden vertraglichen Regelung kollidiert (BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Weiterhin wird das Landesarbeitsgericht - ebenfalls nach ggf. ergänzendem Sachvortrag der Parteien - weitere Feststellungen zum Inhalt der betrieblichen Übung zu treffen haben. Das Landesarbeitsgericht wird dabei unter Berücksichtigung des sich aus den Anspruchsvoraussetzungen ergebenden Leistungszwecks zu würdigen haben, ob es sich bei dem Fahrgeldzuschuss um einen - wenn auch pauschalierten - Aufwendungsersatz für (tatsächlich) entstandene Fahrtkosten handelt und damit ggf. ein Sachgruppenvergleich mit den oder einzelnen der in § 7 BRTV geregelten Leistungen vorzunehmen ist oder ob es sich um „verschleiertes“ Arbeitsentgelt handelt, was einen Sachgruppenvergleich mit den Entgeltregelungen nahelegt.

27

Je weiter sich eine Leistung nach ihren Voraussetzungen und ihrer Höhe von tatsächlich entstandenen Aufwendungen entfernt, desto mehr spricht für den Entgeltcharakter dieser Leistung. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15. Juli 2013 vorgetragen, dass für die Berechnung des Fahrgeldzuschusses 600 km als einfache Wegstrecke angesetzt wurden, und zwar als Entfernung zwischen H und S, dem Sitz der Beklagten. Die Entfernung vom Wohnort des Klägers U und dem Arbeitsort H beträgt laut Google Maps lediglich 366 km. Die Berechnung des Zuschusses hatte - jedenfalls in Bezug auf den Kläger - keinen unmittelbaren Bezug zu dessen Wohnort und damit zu den tatsächlich entstandenen Aufwendungen, was das Landesarbeitsgericht in seine Prüfung, ob es sich um einen pauschalierten Aufwendungsersatz oder um „verschleiertes“ Arbeitsentgelt handelt, wird einbeziehen müssen. Ebenso wenig ist festgestellt, ob der Fahrgeldzuschuss auch für Urlaubszeiten oder bei Arbeitsunfähigkeit gezahlt wurde oder dieser abhängig von tatsächlichen „Heimfahrten“ war. Dies ist nicht nur relevant für die Zuordnung des Fahrgeldzuschusses zu einer bestimmten Sachgruppe, sondern auch, falls ein Sachgruppenvergleich zwischen dem Fahrgeldzuschuss und den Ansprüchen aus § 7 BRTV vorzunehmen sein sollte, für den Günstigkeitsvergleich selbst.

28

4. Soweit das Landesarbeitsgericht nach Vornahme eines Sachgruppenvergleichs die arbeitsvertragliche Regelung für günstiger erachten und überdies zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass der BRTV hier Anwendung findet, ist die Einhaltung der tariflichen Ausschlussfristen zu prüfen.

29

III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Insbesondere kommt - selbst wenn der Fahrgeldzuschuss der Sachgruppe Entgelt zuzurechnen wäre - keine Anrechnung in Betracht. Ein Anrechnungsvorbehalt ist nicht im Tarifvertrag geregelt. Auch für einen konkludenten Anrechnungsvorbehalt der Beklagten ist nichts ersichtlich (vgl. dazu BAG 27. August 2008 - 5 AZR 820/07 - Rn. 18, BAGE 127, 319). Vielmehr spricht der Umstand, dass dieser Zuschuss unstreitig in den Abrechnungen neben der Vergütung gesondert als „Fahrgeldzuschuss“ und damit als zweckgebundene Zusatzleistung ausgewiesen wurde, gegen einen konkludenten Anrechnungsvorbehalt. Schließlich hat auch die Beklagte - unabhängig vom Zeitpunkt der lohnbuchhalterischen Umstellung auf das neue Tarifentgelt - zunächst keine (ggf. rückwirkende) Anrechnung vorgenommen.

        

  Brühler   

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

   Wullhorst   

        

  Neumann-Redlin    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Februar 2016 - 12 Sa 1051/15 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2015 - 3 Ca 2646/15 - teilweise abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die insolvenzrechtliche Einordnung einer Sonderzahlung.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten zu 1. (künftig Beklagte) als gewerblicher Arbeitnehmer in der Lebensmittelproduktion beschäftigt. Grundlage war zunächst der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1980. Er lautet auszugsweise:

        

„Mit dem 1.10.1980 werden Sie in die Z als jugendl. Arbeiter zu dem in unserem Hause gültigen Lohntarifvertrag zur Probe eingestellt.

        

…       

        

Es wird ein Probearbeitsverhältnis von 4 Wochen vereinbart.

        

Es endet, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf, am 28.10.1980. ...

        

Zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bedarf es in jedem Falle eines neuen Arbeitsvertrages.“

3

Der Kläger setzte seine Tätigkeit für die Beklagte nach dem 28. Oktober 1980 fort, ohne dass ein weiterer schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Die Beklagte war Mitglied des Arbeitgeberverbands der Ernährungsindustrie Nordrhein-Westfalen. Der Kläger wurde wie die tarifgebundenen Arbeitnehmer im Bereich des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie, Essigindustrie, Senfindustrie (MTV) vergütet. Er erhielt neben einer Vielzahl anderer tariflicher Leistungen jeweils im November des Bezugsjahres zum Monatsende die Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV. Zum 15. Januar 2011 trat die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband aus.

4

Über das Vermögen der Beklagten wurde am 1. Mai 2014 das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet. Am 31. Oktober 2014 zeigte der Sachwalter an, die Masse sei unzulänglich. Das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde zunächst fortgesetzt. Sein Monatsentgelt betrug zuletzt 2.406,00 Euro brutto.

5

Auf die Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 nach § 10 MTV vom 8. Dezember 2004 leistete die Beklagte im November 2014 zwei Zwölftel einer Bruttomonatsvergütung, dh. 401,00 Euro.

6

Der MTV lautet auszugsweise:

        

㤠10 Jahressonderzuwendung

        

1.    

Höhe und Anspruch

                 

Arbeitnehmer, die am 1. Dezember eines Kalenderjahres eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von 11 Monaten haben und sich an diesem Tage im ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, erhalten eine Jahressonderzuwendung.

                 

Die Jahressonderzuwendung beträgt 100 % des tariflichen Monatsentgelts ...

        

2.    

Berechnungsgrundlagen

                 

Der Berechnung des tariflichen Monatsentgelts ... sind die für den Berechtigten jeweils am 31.10. des Auszahlungsjahres für die obst- und gemüseverarbeitende Industrie geltenden tariflichen Entgeltsätze ... ohne Zulagen und Zuschläge zugrunde zu legen.

        

3.    

Teilzeitbeschäftigte

                 

Teilzeitbeschäftigte erhalten die Jahressonderzuwendung in einer Höhe, die dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht.

        

4.    

Ruhen des Arbeitsverhältnisses

                 

Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ruht, erhalten keine Jahressonderzuwendung; ruht das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr nur teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.

        

5.    

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

                 

Scheidet ein Arbeitnehmer vor dem 1. April aus, so hat er ein Viertel (25 %) der im Vorjahr erhaltenen Jahressonderzuwendung zurückzuzahlen.

        

6.    

Saisonarbeitnehmer

                 

Abweichend von § 10 Abs. 1 und 2 erhalten Arbeitnehmer, die gemäß § 2 Abs. 4 c für saisonmäßig bedingte Arbeiten zusätzlich eingestellt werden, erstmalig eine Jahressonderzuwendung, wenn sie in ununterbrochener Folge 3 Jahre lang je mindestens 3 Monate als Saisonarbeiter im Betrieb beschäftigt waren.

                 

Die Jahressonderzuwendung wird anteilig mit einem Zwölftel für jeden vollen Saison-Beschäftigungsmonat gewährt. ... Die anteilige Jahressonderzuwendung wird den Saisonarbeitnehmern am Schluss der Saison ausgezahlt. Maßgebend für die Berechnung dieser anteiligen Jahressonderzuwendung für Saisonarbeiter sind die zu diesem Zeitpunkt geltenden jeweiligen tariflichen Entgeltsätze in der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie.

        

7.    

Anrechenbarkeit betrieblicher Leistungen

                 

Auf die Jahressonderzuwendung können betriebliche Leistungen wie ganz oder teilweise vereinbarte 13. Monatsentgelte, Gratifikationen, Weihnachtsgelder, Jahresabschlussvergütungen, einmalig gezahlte Treueprämien, übertarifliches Urlaubsgeld o. ä. angerechnet werden.

                 

Die Jahressonderzuwendung gilt als Einmalleistung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen.“

7

Am 15. Dezember 2014 unterzeichnete der Kläger einen „Dreiseitigen Vertrag über Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses“ zwischen ihm, der Beklagten sowie einer Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft. Durch den Vertrag wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers und der Beklagten mit dem 21. Dezember 2014 aufgehoben. Für die Zeit vom 22. Dezember 2014 bis 21. Juli 2015 wurde ein Arbeitsverhältnis mit der Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft begründet.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger ua. eine restliche Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV von 2.005,00 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, wegen des tariflichen Stichtags am 1. Dezember sei der Anspruch auf die Jahressonderzuwendung erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden und in vollem Umfang Neumasseverbindlichkeit. Es handle sich um eine rein stichtagsabhängige Sonderleistung. Selbst wenn der Jahressonderzuwendung ein „Mischcharakter“ zukomme, der arbeitsleistungsbezogene Elemente mit Betriebstreuezwecken vereine, dürfe sie insolvenzrechtlich nicht in verschiedene Forderungskategorien für die Zeit vor und nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit aufgeteilt werden.

9

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht - soweit für die Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.406,00 Euro brutto Jahressonderzahlung abzüglich geleisteter 401,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 4. Dezember 2014 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Jahressonderzuwendung habe zumindest auch Entgeltcharakter. Angesichts der Daten der Insolvenzeröffnung am 1. Mai 2014 und der Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 31. Oktober 2014 sei die Forderung insolvenzrechtlich aufzuteilen in vier Zwölftel Insolvenzforderung, sechs Zwölftel Altmasseverbindlichkeit und zwei Zwölftel - unstreitig erfüllte - Neumasseverbindlichkeit. Hinsichtlich der Altmasseverbindlichkeit komme lediglich ein Feststellungsantrag in Betracht. Die Insolvenzforderung sei zur Tabelle anzumelden.

11

Das Arbeitsgericht hat der auf die Jahressonderzuwendung gerichteten Klage in Höhe von 1.403,50 Euro brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat insgesamt eine Neumasseverbindlichkeit bejaht. Der Anspruch sei aufgrund des Ausscheidens des Klägers im Dezember 2014 nach § 10 Nr. 5 MTV auf 75 % von 2.406,00 Euro brutto zu kürzen, dh. auf 1.804,50 Euro brutto. Davon seien die bereits geleisteten 401,00 Euro brutto abzuziehen. Das Landesarbeitsgericht hat die nur von der Beklagten geführte Berufung gegen das Urteil erster Instanz zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen durften der noch rechtshängigen Klage nicht stattgeben. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur vollständigen Klageabweisung (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der erhobene Anspruch ist nicht als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen.

13

A. Die noch rechtshängige Klage ist zulässig. Der Kläger macht eine Neumasseverbindlichkeit iSd. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO geltend. Eine solche Neumasseverbindlichkeit unterliegt nicht den Vollstreckungsverboten des § 210 InsO und des § 123 Abs. 3 Satz 2 InsO. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 55 InsO oder eine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, ist die Klage deshalb nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Insolvenzforderung oder eine Altmasseverbindlichkeit handelt(vgl. BAG 25. Juni 2014 - 5 AZR 283/12 - Rn. 13, BAGE 148, 290; 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 15, BAGE 146, 64; 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 mwN). Die Beklagte hat den Einwand der Neumasseunzulänglichkeit, bei dem auch die Neumassegläubiger ihre Ansprüche nur noch im Weg der Feststellungsklage verfolgen können, nicht erhoben. Für die Leistungsklage besteht daher ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 13; 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 40, BAGE 123, 269).

14

B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf die restliche, dh. noch nicht erfüllte Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 ist zwar entstanden. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen handelt es sich aber nicht um eine Neumasseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, die mit einer Leistungsklage auf volle Berichtigung durchgesetzt werden könnte.

15

I. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte dem Kläger auch für das Jahr 2014 unter den Voraussetzungen des § 10 MTV eine Jahressonderzuwendung zugesagt hat, obwohl der Kläger nicht Mitglied einer Gewerkschaft und die Beklagte im Jahr 2011 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist. Die Parteien vertreten lediglich unterschiedliche Auffassungen zu der insolvenzrechtlichen Einordnung der Jahressonderzuwendung. Der Anspruch ist jedenfalls aufgrund einer konkludent getroffenen vertraglichen Abrede entstanden. Danach schuldet die Beklagte auch für das Jahr 2014 unter den Voraussetzungen des § 10 MTV eine Jahressonderzuwendung. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen. Der Sachverhalt steht fest. Weiterer Sachvortrag ist nicht zu erwarten (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 16).

16

1. Leistet der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Entgelt eine Sonderzahlung, ist durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich aus einem Verhalten mit Erklärungswert - wie einer betrieblichen Übung - ergeben (vgl. zB BAG 24. Februar 2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 18 ff. mwN; 19. August 2015 - 5 AZR 450/14 - Rn. 20). Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Leistung nur an einen Arbeitnehmer erbracht hat und damit das kollektive Element fehlt, kann ein Anspruch des Arbeitnehmers entstanden sein. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen durfte, das er durch schlüssiges Verhalten angenommen hat (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 11; 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 12 f. mwN, BAGE 139, 156).

17

2. Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Parteien gerecht. Die Beklagte leistete die Jahressonderzuwendung während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses seit 1980 auch nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband im Jahr 2011. Sie hielt an der Leistung in der Phase der Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG weiter fest. Daraus durfte der Kläger auf ein verbindliches Angebot der Beklagten iSv. § 145 BGB unter Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung(§ 151 Satz 1 BGB) schließen. Er akzeptierte die Zahlungen unwidersprochen und nahm das Angebot der Beklagten damit durch schlüssiges Verhalten an.

18

II. Bei dem nicht erfüllten Anspruch auf die noch ausstehende Jahressonderzuwendung handelt es sich entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht um eine Neumasseverbindlichkeit iSv. §§ 53, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO.

19

1. Unter welchen Voraussetzungen jährliche Sonderzahlungen als Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 InsO anzusehen sind, hängt vom Zweck der Sonderzahlung ab. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen zu ermitteln (vgl. BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 12 ff.; 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 18, 21).

20

a) Mit einer Sonderzahlung kann die vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honoriert werden. Der Anspruch auf eine solche Sonderzahlung entsteht in diesem Fall regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind solche arbeitsleistungsbezogenen Sonderzahlungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 33, BAGE 146, 284; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14 mwN). Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Werden vor der Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert, bestehen Insolvenzforderungen (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - aaO; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO).

21

b) Sonderzahlungen können auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie“ langfristige oder als „Halteprämie“ kurzfristige oder künftige Betriebstreue belohnen (vgl. BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 32 ff., BAGE 146, 64; 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 15 mwN; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239). Der Arbeitgeber kann auch den Zweck verfolgen, sich anlassbezogen an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 233/15 - Rn. 10, 12 f.; 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Die Leistung solcher Sonderzahlungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - aaO). Reiner Gratifikationscharakter ist anzunehmen, wenn eine Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 10 AZR 233/15 - Rn. 18). Insolvenzrechtlich sind stichtagsbezogene Sonderzahlungen dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fällt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO; 11. Dezember 2001 - 9 AZR 459/00 - zu I 1 der Gründe). Liegt der Stichtag zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO(vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - aaO mwN). Sonst ist eine solche Zahlung in voller Höhe als Insolvenzforderung anzusehen. Diese Unterscheidung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Einbeziehung von Vergütungsbestandteilen in die Insolvenzgeldberechnung (vgl. BSG 21. Juli 2005 - B 11a/11 AL 53/04 R -).

22

c) Soll eine Sonderzahlung die gezeigte oder erwartete Betriebstreue belohnen, kann sie dennoch zugleich an die Arbeitsleistung im Bezugszeitraum anknüpfen. Es handelt sich dann um eine Sonderzahlung mit sog. Mischcharakter (vgl. zB BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 13, 18, BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 16, 28, BAGE 140, 231).

23

2. Die Anzeige des Insolvenzverwalters oder Sachwalters, die Masse reiche nicht zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger aus (§ 208 Abs. 1 InsO), führt zu einer Neuordnung der Masseverbindlichkeiten. Sie werden nur unter den Voraussetzungen des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO - ggf. iVm. § 209 Abs. 2 InsO - als Neumasseverbindlichkeiten vorab aus der Masse berichtigt. Die Gläubiger von Altmasseverbindlichkeiten nach § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind dagegen auf eine lediglich anteilige Berichtigung ihrer Forderungen beschränkt(vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 17, BAGE 120, 232). Bei der Befriedigung der Massegläubiger ist die Rangfolge des § 209 Abs. 1 InsO einzuhalten. Hierfür ist neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zwischen Neumasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO) und Altmasseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO) zu unterscheiden (vgl. Oetker DZWIR 2002, 373).

24

3. Das Landesarbeitsgericht hat die noch ausstehende Jahressonderzuwendung für das Jahr 2014 zu Unrecht als Neumasseverbindlichkeit iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO eingeordnet.

25

a) Die Beurteilung des Berufungsgerichts beruht darauf, dass es die Jahressonderzuwendung nach § 10 MTV ua. wegen der Stichtage in § 10 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 5 MTV als reine Betriebstreueregelung verstanden hat. Dagegen sprechen Nr. 3, Nr. 4, Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 7 Abs. 1 des § 10 MTV, die erkennen lassen, dass die Sonderzahlung auch arbeitsleistungsbezogen erbracht wird. Es handelt sich wegen der kombinierten Zwecke der Förderung der Betriebstreue und der zusätzlichen Vergütung der Arbeitsleistung um eine Sonderzahlung mit „Mischcharakter“ (vgl. etwa BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 13, 18, BAGE 146, 284; 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 16, 28, BAGE 140, 231).

26

aa) Die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, deren Anspruch in § 10 Nr. 3 MTV geregelt ist, unterscheidet sich von der Gruppe der Vollzeitbeschäftigten nur im Hinblick auf das geringere Arbeitszeitvolumen. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Jahressonderzuwendung in einer Höhe, die dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit entspricht. Das spricht über die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten hinaus für einen Arbeitsleistungsbezug der Jahressonderzuwendung neben dem Zweck der Belohnung der Betriebstreue (vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23).

27

bb) Darauf deutet auch § 10 Nr. 4 MTV hin. Danach erhalten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr ganz oder teilweise ruht, keine oder eine anteilige Leistung. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dadurch werde nicht an die erbrachte Arbeitsleistung, sondern an den Bestand des Arbeitsverhältnisses angeknüpft. Die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten könne fehlender Betriebstreue gleichgestellt werden. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Das Ruhen der Hauptleistungspflichten lässt den Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit die reine Betriebstreue unberührt (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14). Der Ausschluss- und Kürzungstatbestand in § 10 Nr. 4 MTV macht vielmehr deutlich, dass § 10 MTV nicht nur geleistete Betriebstreue honorieren, sondern auch erbrachte Arbeitsleistung vergüten soll(vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23).

28

cc) Der neben dem Betriebstreuecharakter bestehende Vergütungscharakter wird durch die Bezugsgröße der Berechnung der Jahressonderzuwendung gestützt (vgl. BAG 26. April 2016 - 1 AZR 435/14 - Rn. 23). Die Jahressonderzuwendung beträgt nach § 10 Nr. 1 Abs. 2 MTV 100 % des tariflichen Monatsentgelts. Hinzu kommt, dass die Sonderzahlung in Höhe eines Bruttomonatsentgelts ein Dreizehntel und damit einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtjahresvergütung des Klägers ausmachte (vgl. zu diesem Indiz für Entgeltcharakter zB BAG 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14 - Rn. 25).

29

dd) Schließlich spricht - zumindest entfernt - für einen „Mischcharakter“ der Jahressonderzuwendung, dass § 10 Nr. 7 Abs. 1 MTV es zulässt, betriebliche Leistungen unabhängig von ihrem Entgelt- oder Gratifikationscharakter auf die Jahressonderzuwendung anzurechnen.

30

b) Abgesehen davon sind auch Sonderzahlungen mit reinem Betriebstreuecharakter nach angezeigter Masseunzulänglichkeit nicht vollständig Neumasseverbindlichkeiten iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO, selbst wenn die Forderung erst mit einem Stichtag nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entsteht. Alle Sonderzahlungen sind als Neumasseverbindlichkeiten nur anteilig für den Zeitraum geleisteter Arbeit nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu berichtigen.

31

aa) Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein davon ausgegangen ist, eine Sonderzahlung mit „Mischcharakter“, die auch Zeiten der Arbeitsleistung vor Insolvenzeröffnung vergüte, wegen ihres Betriebstreueanteils aber erst nach Insolvenzeröffnung entstehe, stelle ebenso wie eine Sonderzahlung mit reinem Betriebstreuecharakter insgesamt eine Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO dar (vgl. LAG Schleswig-Holstein 12. März 2008 - 6 Sa 411/07 - zu 2 b und d der Gründe; ebenso Fischermeier in Heinrich Symposion Insolvenz- und Arbeitsrecht 2011 S. 81, 83; Gossak in Göpfert Handbuch Arbeitsrecht in Restrukturierung und Insolvenz § 10 Rn. 30). Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1995 zum Haftungsprivileg des Betriebserwerbers nach Konkurseröffnung (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 81, 132). Der Zehnte Senat hat dort angenommen, die Haftungseinschränkung des Betriebserwerbers gelte lediglich für Konkursforderungen, nicht für Masseschulden nach § 59 Abs. 1 KO(vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 a der Gründe, aaO). Ein Anspruch auf eine tarifliche Sonderzahlung könne gegen die Gemeinschuldnerin nur dann entstehen, wenn es sich bei der Sonderzahlung um einen Vergütungsbestandteil handle, der in das vertragliche Austauschverhältnis von Vergütung und Arbeitsleistung eingebunden sei und mit dem kein anderer Zweck verfolgt werde als die Entlohnung tatsächlich erbrachter Arbeitsleistung (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 d der Gründe, aaO). Der Zehnte Senat hat im konkreten Fall allerdings eine reine Betriebstreueregelung bejaht (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, aaO).

32

bb) Die genannten Entscheidungen des Zehnten Senats und des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein behandeln keine Fallgestaltungen, in denen die Masseunzulänglichkeit angezeigt war (vgl. BAG 11. Oktober 1995 - 10 AZR 984/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 81, 132; LAG Schleswig-Holstein 12. März 2008 - 6 Sa 411/07 - zu 2 b und d der Gründe). Bei angezeigter Masseunzulänglichkeit tritt neben die Insolvenzeröffnung ein weiterer rechtlicher Einschnitt. § 209 InsO ordnet in diesem Fall die insolvenzrechtliche Rangfolge der Masseverbindlichkeiten(vgl. zu der insolvenzrechtlichen Rangfolge von Mietansprüchen BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 154, 358; ohne Bezug auf § 209 InsO weiterentwickelt durch: BGH 5. Juli 2007 - IX ZR 185/06 - Rn. 8 ff., BGHZ 173, 116; 11. Dezember 2014 - IX ZR 87/14 - Rn. 7 ff., BGHZ 204, 1). Auch alle arbeitsrechtlichen Sonderzahlungen, dh. nicht nur solche mit reinem Entgeltcharakter, sondern auch solche zur reinen Belohnung von Betriebstreue oder mit „Mischcharakter“, unterliegen bei angezeigter Masseunzulänglichkeit § 209 InsO. Soweit die insolvenzrechtlichen Verteilungsgrundsätze reichen, gehen sie den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen als Spezialregelungen vor. Damit wird sichergestellt, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden (vgl. BAG 14. November 2012 - 5 AZR 778/11 - Rn. 13 mwN).

33

cc) Nach § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO gelten die auf einem Dauerschuldverhältnis beruhenden Verbindlichkeiten als Neumasseverbindlichkeiten, soweit der Verwalter die Gegenleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Der Insolvenzverwalter oder Sachwalter nimmt die Gegenleistung des Arbeitnehmers „in Anspruch“, wenn er sie nutzt, den Arbeitnehmer also zur Arbeit heranzieht. Gegenleistung ist die vom Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1 BGB geschuldete Arbeitsleistung(vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 24 mwN; sh. auch BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu III 1 d der Gründe, BGHZ 154, 358). Für sie schuldet der Verwalter die volle Vergütung (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 20, BAGE 120, 232).

34

dd) Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat daraus abgeleitet, eine völlige Vernachlässigung der tatsächlichen Arbeitsleistung für sog. geldwerte Urlaubsansprüche auf Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung sei - im Unterschied zu dem auf Freistellung gerichteten Urlaubsanspruch - nicht mit dem Wortlaut des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO vereinbar. Sie entspreche auch nicht der Zielsetzung, im Interesse der ordnungsgemäßen Abwicklung des Insolvenzverfahrens die Entgeltansprüche der weiterbeschäftigten Arbeitnehmer zu sichern. Abweichend von der Konzeption des gesetzlichen Urlaubsrechts sei deswegen im Anwendungsbereich des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO der auf die Dauer der tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen. Maßgeblich sei das Verhältnis der möglichen Arbeitstage im Jahr zu den vom Arbeitnehmer nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit geleisteten Arbeitstagen (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 26 f., BAGE 120, 232; Düwell/Pulz NZA 2008, 786, 788; aA Betz BB 2015, 886, 888 ff., der Ansprüche auf Urlaubsentgelt und -abgeltung wegen ihrer Unabhängigkeit von der Arbeitsleistung immer als Altmasseverbindlichkeiten versteht).

35

ee) Diese Überlegungen sind nicht nur auf Sonderzahlungen mit Entgeltcharakter, sondern auch auf Sonderzahlungen mit reinem Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ zu übertragen.

36

(1) Der Zweck der Begünstigung der Neumassegläubiger soll den Insolvenzverwalter in die Lage versetzen, seinen Pflichten nachzukommen. Mit dem in § 209 InsO begründeten Vorrang der Neumasseverbindlichkeiten soll es dem Verwalter ermöglicht werden, die Masse nach § 208 Abs. 3 InsO auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu verwalten und zu verwerten. Gläubigern, die Sach- oder Dienstleistungen zugunsten der Masse erbringen, soll im Gegenzug ein möglichst ungekürzter Leistungsanspruch gegen die Masse zustehen (vgl. BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 24, BAGE 120, 232).

37

(2) Die Beschäftigung von Arbeitnehmern liegt auch im Interesse der im Rang zurückgestuften (Alt-)Massegläubiger, wenn der Betrieb zumindest zeitweise fortgeführt werden kann. Ihnen wird der Forderungsausfall lediglich in engen Grenzen zugemutet. Neumasseverbindlichkeiten werden nach § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur begründet, „soweit“ die Gegenleistung zur Masse gelangt. Würde demgegenüber der gesamte Urlaub in seinem Geldwert oder eine Jahressonderzuwendung mit reinem Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ vollständig „nachgezogen“, würde die Masse nicht angereichert, sondern mit zusätzlichen Kosten belastet. Das widerspräche der Systematik der Insolvenzordnung. Neumasseverbindlichkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie vom Verwalter regelmäßig freiwillig begründet und ihm nicht aufgezwungen („oktroyiert“) werden. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO setzt voraus, dass der Verwalter die Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Darunter ist - wie in § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO - ein Verhalten des Verwalters zu verstehen, mit dem er die Gegenleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit selbstbestimmt nutzt, obwohl er dies pflichtgemäß hätte verhindern können (vgl. BGH 3. April 2003 - IX ZR 101/02 - zu III 1 d der Gründe, BGHZ 154, 358; Raiß AnwZert InsR 24/2009 Anm. 4 zu B II 3; Zwanziger NZA 2015, 577, 578 f.). „Freiwillig“ kann der Verwalter lediglich entscheiden, ob und mit welchen Arbeitnehmern er den Betrieb (begrenzt) fortführt. Dagegen kann er nach angezeigter Masseunzulänglichkeit nicht auf die oft erheblichen Resturlaubsansprüche und die damit verbundenen geldwerten Ansprüche, die bereits geleistete Betriebstreue oder die schon erbrachten Arbeitsleistungen einwirken, die sich neben dem Betriebstreuezweck in einer Sonderzahlung mit „Mischcharakter“ widerspiegeln (zu sog. auf Geld gerichteten Urlaubsansprüchen BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 25, BAGE 120, 232). Die Rückstufung drängender (Alt-)Masseverbindlichkeiten auf den Rang des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat zum Ziel, dem Verwalter den Handlungsspielraum zu geben, damit er die Verwertung auch bei Masseunzulänglichkeit zum Abschluss bringen kann(vgl. die Begründung zu § 321 Abs. 2 Nr. 3 des Regierungsentwurfs einer InsO in BT-Drs. 12/2443 S. 220; Windel in Jaeger InsO 5. Aufl. [online] § 209 Rn. 1).

38

(3) Dem Landesarbeitsgericht ist nicht darin zuzustimmen, dass die Erwägungen des Neunten Senats zu geldwerten Urlaubsansprüchen nicht auf die Frage des insolvenzrechtlichen Charakters des Anspruchs auf eine Sonderzahlung mit Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ übertragen werden können. Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, der volle Urlaubsanspruch aus §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG entstehe nach erfüllter Wartezeit(§ 4 BUrlG) unabhängig von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers immer am 1. Januar des Urlaubsjahres, trifft das zu (vgl. für die st. Rspr. BAG 11. November 2015 - 10 AZR 645/14 - Rn. 18; 22. Juli 2014 - 9 AZR 981/12 - Rn. 27; in einem insolvenzrechtlichen Zusammenhang BAG 21. November 2006 - 9 AZR 97/06 - Rn. 13, BAGE 120, 232). Der Urlaubsabgeltungsanspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG entsteht jedoch erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er ist seit Aufgabe der Surrogatstheorie auch nicht länger Ersatz des auf Freistellung gerichteten Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch (vgl. nur BAG 22. September 2015 - 9 AZR 170/14 - Rn. 14, BAGE 152, 308; grundlegend BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 15 ff., BAGE 142, 64; zu den insolvenzrechtlichen Auswirkungen der Aufgabe der Surrogatstheorie Betz BB 2015, 886, 889). Die Interessenlage ist daher bei einem Anspruch auf eine Sonderzahlung mit Betriebstreue- oder „Mischcharakter“ vergleichbar mit geldwerten Urlaubsansprüchen. Die Aufteilung in Insolvenzforderungen, Alt- und Neumasseverbindlichkeiten entspricht auch der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit zur beschränkten Insolvenzgeldsicherung von Sonderzahlungen mit reinem Arbeitsleistungsbezug oder „Mischcharakter“ (vgl. BSG 21. Juli 2005 - B 11a/11 AL 53/04 R -; 10. September 1987 - 10 RAr 10/86 - BSGE 62, 131; Bayerisches LSG 25. Juli 2013 - L 9 AL 274/11 -).

39

III. Die Klage ist deshalb unbegründet. Der Kläger konnte nur verlangen, dass der auf die Zeit seiner Arbeitsleistung (einschließlich entgeltfortzahlungspflichtiger sog. „unproduktiver“ Ausfallzeiten, vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 246/12 - Rn. 25) nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit entfallende anteilige Anspruch auf die Jahressonderzuwendung als Neumasseverbindlichkeit iSv. § 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 InsO berichtigt wurde. Dieser Anteil des Anspruchs ist kein Gegenstand des Rechtsstreits. Die Neumasseverbindlichkeit ist erfüllt. Die vier Zwölftel der Jahressonderzuwendung für die Monate von Januar bis April 2014 - die Zeit vor Insolvenzeröffnung am 1. Mai 2014 - und die weiteren sechs Zwölftel der Jahressonderzuwendung für die Zeit zwischen Insolvenzeröffnung und Anzeige der Masseunzulänglichkeit von Mai bis Oktober 2014 sind keine Neumasseverbindlichkeiten. Sie sind der auf volle Berichtigung gerichteten Leistungsklage nicht zugänglich.

40

C. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Gallner    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    Talkenberg    

                 

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2009 - 22 Sa 725/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz über die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger ein Urlaubsgeld für das Jahr 2005 zu zahlen.

2

Die Beklagte, eine Tochtergesellschaft der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG, und den Kläger verbindet seit dem 1. Oktober 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger, der Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, in einer Pflegeeinrichtung in Berlin als Pflegehelfer. Der vom 1. Oktober 1998 datierende Arbeitsvertrag der Parteien verweist auf einen vorformulierten Anhang (Anh ArbV), der ua. folgende Regelungen enthält:

        

„§ 14 

        

Bestandteile der Vergütung

        

Die Vergütung des Beschäftigten besteht aus

        

a)    

der Grundvergütung (§ 15)

        

b)    

den Zeitzuschlägen (§ 17)

        

…       

        

§ 18   

        

Berechnung und Auszahlung der Bezüge

        

1.    

Die Bezüge sind für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats für den laufenden Monat auf ein vom Beschäftigten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. …

        

…       

        

§ 21   

        

Erholungsurlaub

        

1.    

Der Beschäftigte erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Vergütung. …

        

…       

        

§ 23   

        

Urlaubsgeld

        

Mit der Lohn-Gehaltsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres wird ein Urlaubsgeld in Höhe von DM 600,-- (Nichtvollbeschäftigte anteilig) gewährt.

        

Anspruchsvoraussetzungen:

        

Der Beschäftigte muss am 1. Juli im Arbeitsverhältnis stehen und seit dem 1. Januar ununterbrochen beschäftigt sein und mindestens für einen Teil des Monats Juli Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge haben.

        

Ist Urlaubsgeld gezahlt worden, obwohl es nicht oder nicht in voller Höhe zustand, ist es in Höhe des überzahlten Betrages zurückzuzahlen.

        

…       

        

§ 32   

        

Jährliche Sonderzuwendung

        

1.    

Der Beschäftigte, der sich am 1. Dezember in ungekündigtem Arbeitsverhältnis befindet und seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis steht und nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet, erhält eine Sonderzuwendung.

        

2.    

Die Sonderzuwendung ist mit dem Arbeitsentgelt des Monats November fällig und beträgt 100 % der für den Monat Oktober gezahlten Grundvergütung (§ 15).

                 

…       

        

§ 33   

        

Ausschlussfrist

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. …“

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung mehrere Tarifverträge Anwendung. Der zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di geschlossene Manteltarifvertrag vom 24. September 2004 (MTV) enthält ua. folgende Regelungen, die teils mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 und im Übrigen mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft traten:

        

㤠12a

        

Bestandteile der Vergütung

        

1.    

Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage.

        

2.    

Die Beträge der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage werden in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart.

        

…       

        

§ 13a 

        

Berechnung und Auszahlung der Vergütung

        

Die Vergütung ist für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am 5. Werktag eines jeden Monats (Zahltag) für den vergangenen Monat auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. Sie sind so rechtzeitig zu überweisen, dass der Angestellte am Zahltag über sie verfügen kann.

        

…       

        

§ 19   

        

Erholungsurlaub

        

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Urlaubsvergütung:

                 

…       

        

§ 20   

        

Zusatzurlaub

        

1.    

Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub:

                 

…       

        

§ 24   

        

Besitzstandswahrung

        

1.    

Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

                 

a)    

Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30.09.2004 schon bei Pro Seniore beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.

                 

b)    

Arbeitnehmer deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach den jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenzbetrag als persönliche Zulage.

                 

Protokollnotiz:

                          

Als Bestandteile des monatlichen Gesamteinkommens gelten die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage.

        

§ 25   

        

Ausschlussfristen

        

1.    

Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“    

        
4

Der Tarifvertrag über eine Zuwendung zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di vom 24. September 2004 (TV Zuwendung), der mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 in Kraft trat, sieht unter den in § 2 TV Zuwendung genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine jährliche Zuwendung vor. Diese beträgt für Beschäftigte in Berlin im Regelfall 82 % der Vergütung für den Monat September, § 3 TV Zuwendung.

5

Seit dem Inkrafttreten des MTV zahlt die Beklage die monatliche Arbeitsvergütung am fünften Werktag des Folgemonats an den Kläger aus. Der Kläger war mit dieser Zahlungspraxis einverstanden.

6

Unter dem 31. Januar 2006 richtete der Kläger an die Beklagte per Telefax ein Schreiben, mit dem er seinen Anspruch auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 geltend machte. Der Sendebericht des von dem Kläger verwendeten Telefaxgeräts weist aus, die Fernkopie sei am 31. Januar 2006 gegen 13:14 Uhr an die Beklagte mit dem Ergebnis „OK“ übermittelt worden. Das Original des Schreibens ging der Beklagten am 1. Februar 2006 zu.

7

Der Kläger hat unter dem 27. Februar 2007 gegen die „Pro Seniore B gGmbH“ Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht das Passivrubrum entsprechend der Firma der Beklagten geändert.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei gemäß § 23 Anh ArbV verpflichtet, an ihn Urlaubsgeld zu zahlen. Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seien günstiger als die tarifvertraglichen Regelungen. Der Kläger behauptet, das Geltendmachungsschreiben vom 31. Januar 2006 sei der Beklagten am selben Tage per Telefax zugegangen.

9

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 306,78 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen.

10

Das Arbeitsgericht hat insoweit die im Termin säumige Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat im Wege des Einspruchs beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei auch nicht durch die Rubrumsberichtigung Partei des Rechtsstreits geworden. Das tarifliche Leistungsniveau sei bei einer Gesamtbetrachtung günstiger als die arbeitsvertraglichen Regelungen. § 24 MTV enthalte eine abschließende Regelung der Besitzstandswahrung. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 sei verfallen. Die Fälligkeit des Urlaubsgeldanspruchs und damit der Lauf der Ausschlussfristen richte sich nach § 18 Anh ArbV.

11

Das Arbeitsgericht hat auf den Einspruch der Beklagten das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte allein den Abweisungsantrag bezüglich des Urlaubsgelds für das Jahr 2005 weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

13

A. Die Klage ist zulässig. Zwischen den Parteien besteht ein Prozessrechtsverhältnis.

14

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat der Kläger die Parteien des Prozesses in der Klageschrift anzugeben. Ist die gewählte Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung prozessualer Willenserklärungen ist entsprechend der für die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen geltenden Regelung des § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn einzelner Bezeichnungen zu haften, sondern unter Berücksichtigung der gleichzeitig erteilten Begründung sowie sonstiger Verfahrenserklärungen der eigentliche Wille zu ermitteln(vgl. Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu A II der Gründe, BAGE 108, 103). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont der Adressaten, dh. des Gerichts sowie des Verfahrensgegners und der sonstigen am Verfahren beteiligten Personen. Eine ungenaue oder ersichtlich falsche Parteibezeichnung ist unschädlich und kann jederzeit - von Amts wegen - richtiggestellt werden (BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 14 ff., AP KSchG 1969 § 4 Nr. 67 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 86). Das Revisionsgericht hat im Rahmen des § 557 Abs. 3 ZPO von Amts wegen nachzuvollziehen, ob die angegriffene Entscheidung gegen die Person ergangen ist, die Partei des Rechtsstreits ist(vgl. BGH 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - zu II 1 der Gründe, NJW 1993, 3067).

15

Das Arbeitsgericht hat die Bezeichnung der Beklagten zu Recht korrigiert. Die Klageschrift weist als beklagte Partei die „Pro Seniore B gGmbH, vertr. d. d. GF C“ aus. Dies ist eine für die Verfahrensbeteiligten offenkundige Falschbezeichnung. Für das angerufene Arbeitsgericht ist aufgrund der Klagebegründung ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass sich die Klage allein gegen die Beklagte richtet. In der Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, er sei „bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1.10.1998 … beschäftigt“. Der der Klageschrift beigefügte Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1998 nennt als Arbeitgeberin die Beklagte. Die Beklagte hat die Klageschrift im nämlichen Sinne verstanden. Dies belegt das Rubrum, das die Beklagte ihrer eigenen Klageerwiderungsschrift vom 12. März 2007 vorangestellt hat. Dieses weist nicht die Pro Seniore B gGmbH, sondern sie selbst als beklagte Partei aus.

16

B. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 306,78 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen. Anspruchsgrundlage für den Urlaubsgeldanspruch ist § 23 Abs. 1 Anh ArbV. Der Zinsanspruch findet seine Rechtfertigung in den gesetzlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug.

17

I. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Anh ArbV vorliegen, hat die Beklagte in der Revision keine Einwendungen erhoben.

18

II. Tarifvertragliche Regelungen, die kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), lassen den Klageanspruch unberührt.

19

1. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag iSd. § 4 Abs. 3 TVG enthält, erfordert einen Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 118). Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (vgl. BAG 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe).

20

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es eines Günstigkeitsvergleichs zwischen der arbeitsvertraglichen Regelung in § 23 Anh ArbV und den tarifvertraglichen Bestimmungen nicht. Während § 23 Anh ArbV dem Kläger einen Anspruch auf ein jährliches Urlaubsgeld einräumt, sehen weder die Regelungen des MTV noch die des TV Zuwendung vergleichbare Ansprüche vor. Dies ergibt eine Auslegung des § 23 Anh ArbV.

21

a) Der Senat kann die von der Beklagten vorformulierten Klauseln, die den Anhang des Arbeitsvertrags bilden, auslegen, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Die Vertragsbestimmungen sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind weiterhin alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, EzA GewO § 106 Nr. 4).

22

b) Das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld gemäß § 23 Anh ArbV ist mit den arbeitsvertraglichen Regelungen, die Erholungs- und Zusatzurlaub zum Gegenstand haben, nicht verknüpft. Während das Urlaubsgeld eine saisonale Sonderleistung beinhaltet, sind die §§ 21, 22 Anh ArbV dem Urlaubsrecht zuzurechnen.

23

Allein die Bezeichnung einer Leistung als Urlaubsgeld rechtfertigt es nicht, einen zwingenden Sachzusammenhang zum Erholungsurlaub anzunehmen (vgl. Senat 11. April 2000 - 9 AZR 225/99 - zu I 2 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 13 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 4). Denn den Vertragsparteien steht es frei, die Bezeichnung auch für nichturlaubsakzessorische Sonderzahlungen zu verwenden (vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Die schlichte Aufeinanderfolge der §§ 21, 22 und 23 Anh ArbV legt eine sachliche Verbindung beider Regelungsmaterien nicht nah. Der Vertragsanhang weist keine abschnittsweise Gliederung auf, so dass zwangsläufig auch Normen, die inhaltlich nicht miteinander in Verbindung stehen, aufeinanderfolgen.

24

Deshalb ist anhand der Leistungsvoraussetzungen, dh. der Anforderungen und Ausschlussgründe, zu ermessen, ob das Urlaubsgeld von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist oder bloß eine saisonale Sonderleistung darstellt (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 15, DB 2009, 2051). Die für eine Akzessorietät sprechende Anbindung des Urlaubsgelds an die tatsächliche Urlaubsnahme und den erzielten Urlaubserfolg (Senat 21. Oktober 1997 - 9 AZR 255/96 - zu I 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Schuhindustrie Nr. 5 = EzA TVG § 4 Schuhindustrie Nr. 2), hat in § 23 Anh ArbV keinen Ausdruck gefunden. Das Urlaubsgeld hängt weder in seiner Entstehung von der tatsächlichen Urlaubsnahme ab, noch steht es mit deren Erfolg in Verbindung. Die in § 23 Anh ArbV vorausgesetzte 6-monatige Wartefrist lässt nicht auf eine Verbindung zur tatsächlichen Urlaubsnahme schließen(vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Der Umstand, dass die Bemessungshöhe feststeht und keinerlei Verbindung zum erzielten Urlaubsentgelt aufweist, spricht gegen eine sachliche Verbindung mit dem Urlaubsanspruch (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 18, aaO). Schließlich gibt die abweichend geregelte Fälligkeit beider Leistungen einen deutlichen Hinweis auf die sachliche Trennung beider Regelungskomplexe (vgl. Senat 24. Oktober 2000 - 9 AZR 610/99 - zu I 2 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 19).

25

Die Gewährung des Urlaubsgelds steht im Übrigen in keiner sachlichen Verbindung zu den weiteren im Anhang des Arbeitsvertrags enthaltenen Sonderzahlungen. Die Jubiläumszuwendung ist gemäß § 20 Anh ArbV von der Fortdauer der Beschäftigung abhängig. Die vermögenswirksamen Leistungen gewährt die Beklage entsprechend den gesetzlichen Regelungen des 5. VermBG, § 31 Anh ArbV. Die jährliche Sonderzuwendung iSd. § 32 Anh ArbV besitzt, wie die Anknüpfung an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verdeutlicht, Gratifikationscharakter.

26

c) Weder der MTV noch der TV Zuwendung enthalten - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - eine der Urlaubsgeldgewährung in § 23 Anh ArbV vergleichbare Sonderleistung. Der in §§ 19, 20 MTV geregelte Urlaub bildet lediglich die in §§ 21 und 22 Anh ArbV enthaltenen Erholungs- und Zusatzurlaubstatbestände ab. § 3 TV Zuwendung normiert eine jährliche Sonderzuwendung, die sowohl ihren Anspruchsvoraussetzungen als auch der Höhe nach von dem arbeitsvertraglich geregelten Urlaubsgeld abweicht.

27

III. Der Kläger hat den Zahlungsanspruch unter Wahrung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

28

1. Gemäß § 33 Satz 1 Anh ArbV entfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Das Urlaubsgeld ist nach § 23 Abs. 1 Anh ArbV mit der Vergütungsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres zu zahlen. § 18 Abs. 1 Satz 1 Anh ArbV bestimmt, dass die Bezüge für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats zu zahlen sind.

29

2. Der Senat kann offenlassen, ob das Schreiben des Klägers vom 31. Januar 2006 der Beklagten am selben Tag per Telefax oder erst am Folgetag im Original zugegangen ist. Zwar Wahrung der Ausschlussfrist genügte es, dass der Kläger den Urlaubsgeldanspruch bis zum 5. Februar 2006 der Beklagten gegenüber geltend gemacht hat. Denn der arbeitsvertraglich bestimmte Fälligkeitstermin ist durch eine einvernehmliche Stundung auf den 5. Februar 2006 hinausgeschoben worden.

30

Die Beklagte hat seit dem Inkrafttreten des MTV die Vergütung im Einverständnis mit dem Kläger nicht am arbeitsvertraglich bestimmten Fälligkeitstermin, dem letzten Werktag des jeweiligen Kalendermonats, sondern nach Maßgabe des § 13a MTV gezahlt. Danach ist die Vergütung für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am fünften Werktag eines jeden Monats für den vergangenen Monat zu zahlen. Eine Ausschlussfrist beginnt erst an dem Termin zu laufen, zu dem der Arbeitgeber die Zahlungen betriebsüblich erbringt (vgl. Senat 18. März 2003 - 9 AZR 44/02 - zu I 2 d der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 28). Zahlt der Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer das Urlaubsgeld abweichend von vertraglichen Bestimmungen, liegt hierin eine Stundungsvereinbarung, durch die die Fälligkeit des Anspruchs hinausgeschoben wird (vgl. Senat 18. Mai 1999 - 9 AZR 515/98 - zu I 2 d der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 223 = EzA BUrlG § 11 Nr. 43; siehe ferner Senat 9. Dezember 2003 - 9 AZR 648/02 - zu I 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 171).

31

C. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Preuß    

        

    Ropertz    

                 

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2009 - 22 Sa 725/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz über die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger ein Urlaubsgeld für das Jahr 2005 zu zahlen.

2

Die Beklagte, eine Tochtergesellschaft der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG, und den Kläger verbindet seit dem 1. Oktober 1998 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte beschäftigt den Kläger, der Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist, in einer Pflegeeinrichtung in Berlin als Pflegehelfer. Der vom 1. Oktober 1998 datierende Arbeitsvertrag der Parteien verweist auf einen vorformulierten Anhang (Anh ArbV), der ua. folgende Regelungen enthält:

        

„§ 14 

        

Bestandteile der Vergütung

        

Die Vergütung des Beschäftigten besteht aus

        

a)    

der Grundvergütung (§ 15)

        

b)    

den Zeitzuschlägen (§ 17)

        

…       

        

§ 18   

        

Berechnung und Auszahlung der Bezüge

        

1.    

Die Bezüge sind für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats für den laufenden Monat auf ein vom Beschäftigten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. …

        

…       

        

§ 21   

        

Erholungsurlaub

        

1.    

Der Beschäftigte erhält in jedem Urlaubsjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Vergütung. …

        

…       

        

§ 23   

        

Urlaubsgeld

        

Mit der Lohn-Gehaltsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres wird ein Urlaubsgeld in Höhe von DM 600,-- (Nichtvollbeschäftigte anteilig) gewährt.

        

Anspruchsvoraussetzungen:

        

Der Beschäftigte muss am 1. Juli im Arbeitsverhältnis stehen und seit dem 1. Januar ununterbrochen beschäftigt sein und mindestens für einen Teil des Monats Juli Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge haben.

        

Ist Urlaubsgeld gezahlt worden, obwohl es nicht oder nicht in voller Höhe zustand, ist es in Höhe des überzahlten Betrages zurückzuzahlen.

        

…       

        

§ 32   

        

Jährliche Sonderzuwendung

        

1.    

Der Beschäftigte, der sich am 1. Dezember in ungekündigtem Arbeitsverhältnis befindet und seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis steht und nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet, erhält eine Sonderzuwendung.

        

2.    

Die Sonderzuwendung ist mit dem Arbeitsentgelt des Monats November fällig und beträgt 100 % der für den Monat Oktober gezahlten Grundvergütung (§ 15).

                 

…       

        

§ 33   

        

Ausschlussfrist

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis entfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. …“

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung mehrere Tarifverträge Anwendung. Der zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di geschlossene Manteltarifvertrag vom 24. September 2004 (MTV) enthält ua. folgende Regelungen, die teils mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 und im Übrigen mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft traten:

        

㤠12a

        

Bestandteile der Vergütung

        

1.    

Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage.

        

2.    

Die Beträge der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage werden in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart.

        

…       

        

§ 13a 

        

Berechnung und Auszahlung der Vergütung

        

Die Vergütung ist für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am 5. Werktag eines jeden Monats (Zahltag) für den vergangenen Monat auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. Sie sind so rechtzeitig zu überweisen, dass der Angestellte am Zahltag über sie verfügen kann.

        

…       

        

§ 19   

        

Erholungsurlaub

        

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Zahlung der Urlaubsvergütung:

                 

…       

        

§ 20   

        

Zusatzurlaub

        

1.    

Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, erhalten einen Zusatzurlaub:

                 

…       

        

§ 24   

        

Besitzstandswahrung

        

1.    

Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

                 

a)    

Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30.09.2004 schon bei Pro Seniore beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.

                 

b)    

Arbeitnehmer deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach den jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenzbetrag als persönliche Zulage.

                 

Protokollnotiz:

                          

Als Bestandteile des monatlichen Gesamteinkommens gelten die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage.

        

§ 25   

        

Ausschlussfristen

        

1.    

Die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

        

…“    

        
4

Der Tarifvertrag über eine Zuwendung zwischen der Pro Seniore Consulting + Conception für Senioreneinrichtungen AG und ver.di vom 24. September 2004 (TV Zuwendung), der mit Wirkung zum 1. Oktober 2004 in Kraft trat, sieht unter den in § 2 TV Zuwendung genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf eine jährliche Zuwendung vor. Diese beträgt für Beschäftigte in Berlin im Regelfall 82 % der Vergütung für den Monat September, § 3 TV Zuwendung.

5

Seit dem Inkrafttreten des MTV zahlt die Beklage die monatliche Arbeitsvergütung am fünften Werktag des Folgemonats an den Kläger aus. Der Kläger war mit dieser Zahlungspraxis einverstanden.

6

Unter dem 31. Januar 2006 richtete der Kläger an die Beklagte per Telefax ein Schreiben, mit dem er seinen Anspruch auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 geltend machte. Der Sendebericht des von dem Kläger verwendeten Telefaxgeräts weist aus, die Fernkopie sei am 31. Januar 2006 gegen 13:14 Uhr an die Beklagte mit dem Ergebnis „OK“ übermittelt worden. Das Original des Schreibens ging der Beklagten am 1. Februar 2006 zu.

7

Der Kläger hat unter dem 27. Februar 2007 gegen die „Pro Seniore B gGmbH“ Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht das Passivrubrum entsprechend der Firma der Beklagten geändert.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei gemäß § 23 Anh ArbV verpflichtet, an ihn Urlaubsgeld zu zahlen. Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seien günstiger als die tarifvertraglichen Regelungen. Der Kläger behauptet, das Geltendmachungsschreiben vom 31. Januar 2006 sei der Beklagten am selben Tage per Telefax zugegangen.

9

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 306,78 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen.

10

Das Arbeitsgericht hat insoweit die im Termin säumige Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Beklagte hat im Wege des Einspruchs beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei auch nicht durch die Rubrumsberichtigung Partei des Rechtsstreits geworden. Das tarifliche Leistungsniveau sei bei einer Gesamtbetrachtung günstiger als die arbeitsvertraglichen Regelungen. § 24 MTV enthalte eine abschließende Regelung der Besitzstandswahrung. Der Anspruch des Klägers auf Urlaubsgeld für das Jahr 2005 sei verfallen. Die Fälligkeit des Urlaubsgeldanspruchs und damit der Lauf der Ausschlussfristen richte sich nach § 18 Anh ArbV.

11

Das Arbeitsgericht hat auf den Einspruch der Beklagten das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte allein den Abweisungsantrag bezüglich des Urlaubsgelds für das Jahr 2005 weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

13

A. Die Klage ist zulässig. Zwischen den Parteien besteht ein Prozessrechtsverhältnis.

14

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat der Kläger die Parteien des Prozesses in der Klageschrift anzugeben. Ist die gewählte Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung prozessualer Willenserklärungen ist entsprechend der für die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen geltenden Regelung des § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn einzelner Bezeichnungen zu haften, sondern unter Berücksichtigung der gleichzeitig erteilten Begründung sowie sonstiger Verfahrenserklärungen der eigentliche Wille zu ermitteln(vgl. Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu A II der Gründe, BAGE 108, 103). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont der Adressaten, dh. des Gerichts sowie des Verfahrensgegners und der sonstigen am Verfahren beteiligten Personen. Eine ungenaue oder ersichtlich falsche Parteibezeichnung ist unschädlich und kann jederzeit - von Amts wegen - richtiggestellt werden (BAG 28. August 2008 - 2 AZR 279/07 - Rn. 14 ff., AP KSchG 1969 § 4 Nr. 67 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 86). Das Revisionsgericht hat im Rahmen des § 557 Abs. 3 ZPO von Amts wegen nachzuvollziehen, ob die angegriffene Entscheidung gegen die Person ergangen ist, die Partei des Rechtsstreits ist(vgl. BGH 13. Juli 1993 - VI ZR 278/92 - zu II 1 der Gründe, NJW 1993, 3067).

15

Das Arbeitsgericht hat die Bezeichnung der Beklagten zu Recht korrigiert. Die Klageschrift weist als beklagte Partei die „Pro Seniore B gGmbH, vertr. d. d. GF C“ aus. Dies ist eine für die Verfahrensbeteiligten offenkundige Falschbezeichnung. Für das angerufene Arbeitsgericht ist aufgrund der Klagebegründung ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass sich die Klage allein gegen die Beklagte richtet. In der Klagebegründung hat der Kläger ausgeführt, er sei „bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1.10.1998 … beschäftigt“. Der der Klageschrift beigefügte Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1998 nennt als Arbeitgeberin die Beklagte. Die Beklagte hat die Klageschrift im nämlichen Sinne verstanden. Dies belegt das Rubrum, das die Beklagte ihrer eigenen Klageerwiderungsschrift vom 12. März 2007 vorangestellt hat. Dieses weist nicht die Pro Seniore B gGmbH, sondern sie selbst als beklagte Partei aus.

16

B. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger einen Bruttobetrag iHv. 306,78 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. August 2005 zu zahlen. Anspruchsgrundlage für den Urlaubsgeldanspruch ist § 23 Abs. 1 Anh ArbV. Der Zinsanspruch findet seine Rechtfertigung in den gesetzlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug.

17

I. Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Anh ArbV vorliegen, hat die Beklagte in der Revision keine Einwendungen erhoben.

18

II. Tarifvertragliche Regelungen, die kraft beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG), lassen den Klageanspruch unberührt.

19

1. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die gesetzliche Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG(vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 43, EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 47). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifnormen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag iSd. § 4 Abs. 3 TVG enthält, erfordert einen Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Zu vergleichen sind nur Regelungen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen (sog. Sachgruppenvergleich; vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 768/08 - Rn. 39, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 118). Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien des Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben (vgl. BAG 25. Juli 2001 - 10 AZR 391/00 - zu II 2 a bb (2) der Gründe).

20

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze bedarf es eines Günstigkeitsvergleichs zwischen der arbeitsvertraglichen Regelung in § 23 Anh ArbV und den tarifvertraglichen Bestimmungen nicht. Während § 23 Anh ArbV dem Kläger einen Anspruch auf ein jährliches Urlaubsgeld einräumt, sehen weder die Regelungen des MTV noch die des TV Zuwendung vergleichbare Ansprüche vor. Dies ergibt eine Auslegung des § 23 Anh ArbV.

21

a) Der Senat kann die von der Beklagten vorformulierten Klauseln, die den Anhang des Arbeitsvertrags bilden, auslegen, da es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Die Vertragsbestimmungen sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind weiterhin alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, EzA GewO § 106 Nr. 4).

22

b) Das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld gemäß § 23 Anh ArbV ist mit den arbeitsvertraglichen Regelungen, die Erholungs- und Zusatzurlaub zum Gegenstand haben, nicht verknüpft. Während das Urlaubsgeld eine saisonale Sonderleistung beinhaltet, sind die §§ 21, 22 Anh ArbV dem Urlaubsrecht zuzurechnen.

23

Allein die Bezeichnung einer Leistung als Urlaubsgeld rechtfertigt es nicht, einen zwingenden Sachzusammenhang zum Erholungsurlaub anzunehmen (vgl. Senat 11. April 2000 - 9 AZR 225/99 - zu I 2 b aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 13 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 4). Denn den Vertragsparteien steht es frei, die Bezeichnung auch für nichturlaubsakzessorische Sonderzahlungen zu verwenden (vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Die schlichte Aufeinanderfolge der §§ 21, 22 und 23 Anh ArbV legt eine sachliche Verbindung beider Regelungsmaterien nicht nah. Der Vertragsanhang weist keine abschnittsweise Gliederung auf, so dass zwangsläufig auch Normen, die inhaltlich nicht miteinander in Verbindung stehen, aufeinanderfolgen.

24

Deshalb ist anhand der Leistungsvoraussetzungen, dh. der Anforderungen und Ausschlussgründe, zu ermessen, ob das Urlaubsgeld von den Regelungen zum Urlaub abhängig ist oder bloß eine saisonale Sonderleistung darstellt (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 15, DB 2009, 2051). Die für eine Akzessorietät sprechende Anbindung des Urlaubsgelds an die tatsächliche Urlaubsnahme und den erzielten Urlaubserfolg (Senat 21. Oktober 1997 - 9 AZR 255/96 - zu I 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Schuhindustrie Nr. 5 = EzA TVG § 4 Schuhindustrie Nr. 2), hat in § 23 Anh ArbV keinen Ausdruck gefunden. Das Urlaubsgeld hängt weder in seiner Entstehung von der tatsächlichen Urlaubsnahme ab, noch steht es mit deren Erfolg in Verbindung. Die in § 23 Anh ArbV vorausgesetzte 6-monatige Wartefrist lässt nicht auf eine Verbindung zur tatsächlichen Urlaubsnahme schließen(vgl. Senat 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 106, 22). Der Umstand, dass die Bemessungshöhe feststeht und keinerlei Verbindung zum erzielten Urlaubsentgelt aufweist, spricht gegen eine sachliche Verbindung mit dem Urlaubsanspruch (vgl. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 477/07 - Rn. 18, aaO). Schließlich gibt die abweichend geregelte Fälligkeit beider Leistungen einen deutlichen Hinweis auf die sachliche Trennung beider Regelungskomplexe (vgl. Senat 24. Oktober 2000 - 9 AZR 610/99 - zu I 2 a der Gründe, AP BUrlG § 5 Nr. 19).

25

Die Gewährung des Urlaubsgelds steht im Übrigen in keiner sachlichen Verbindung zu den weiteren im Anhang des Arbeitsvertrags enthaltenen Sonderzahlungen. Die Jubiläumszuwendung ist gemäß § 20 Anh ArbV von der Fortdauer der Beschäftigung abhängig. Die vermögenswirksamen Leistungen gewährt die Beklage entsprechend den gesetzlichen Regelungen des 5. VermBG, § 31 Anh ArbV. Die jährliche Sonderzuwendung iSd. § 32 Anh ArbV besitzt, wie die Anknüpfung an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verdeutlicht, Gratifikationscharakter.

26

c) Weder der MTV noch der TV Zuwendung enthalten - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - eine der Urlaubsgeldgewährung in § 23 Anh ArbV vergleichbare Sonderleistung. Der in §§ 19, 20 MTV geregelte Urlaub bildet lediglich die in §§ 21 und 22 Anh ArbV enthaltenen Erholungs- und Zusatzurlaubstatbestände ab. § 3 TV Zuwendung normiert eine jährliche Sonderzuwendung, die sowohl ihren Anspruchsvoraussetzungen als auch der Höhe nach von dem arbeitsvertraglich geregelten Urlaubsgeld abweicht.

27

III. Der Kläger hat den Zahlungsanspruch unter Wahrung der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

28

1. Gemäß § 33 Satz 1 Anh ArbV entfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Das Urlaubsgeld ist nach § 23 Abs. 1 Anh ArbV mit der Vergütungsabrechnung für den Monat Juli eines Kalenderjahres zu zahlen. § 18 Abs. 1 Satz 1 Anh ArbV bestimmt, dass die Bezüge für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am letzten Werktag eines jeden Monats zu zahlen sind.

29

2. Der Senat kann offenlassen, ob das Schreiben des Klägers vom 31. Januar 2006 der Beklagten am selben Tag per Telefax oder erst am Folgetag im Original zugegangen ist. Zwar Wahrung der Ausschlussfrist genügte es, dass der Kläger den Urlaubsgeldanspruch bis zum 5. Februar 2006 der Beklagten gegenüber geltend gemacht hat. Denn der arbeitsvertraglich bestimmte Fälligkeitstermin ist durch eine einvernehmliche Stundung auf den 5. Februar 2006 hinausgeschoben worden.

30

Die Beklagte hat seit dem Inkrafttreten des MTV die Vergütung im Einverständnis mit dem Kläger nicht am arbeitsvertraglich bestimmten Fälligkeitstermin, dem letzten Werktag des jeweiligen Kalendermonats, sondern nach Maßgabe des § 13a MTV gezahlt. Danach ist die Vergütung für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am fünften Werktag eines jeden Monats für den vergangenen Monat zu zahlen. Eine Ausschlussfrist beginnt erst an dem Termin zu laufen, zu dem der Arbeitgeber die Zahlungen betriebsüblich erbringt (vgl. Senat 18. März 2003 - 9 AZR 44/02 - zu I 2 d der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 28). Zahlt der Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer das Urlaubsgeld abweichend von vertraglichen Bestimmungen, liegt hierin eine Stundungsvereinbarung, durch die die Fälligkeit des Anspruchs hinausgeschoben wird (vgl. Senat 18. Mai 1999 - 9 AZR 515/98 - zu I 2 d der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 223 = EzA BUrlG § 11 Nr. 43; siehe ferner Senat 9. Dezember 2003 - 9 AZR 648/02 - zu I 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 171).

31

C. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

        

        

    Preuß    

        

    Ropertz    

                 

(1) Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.

(2) Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.