Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. Dez. 2016 - 7 Sa 320/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1215.7SA320.16.0A
15.12.2016

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 18. Mai 2016, Az. 5 Ca 1216/15, wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über auf die Beklagte übergegangene Ansprüche der Arbeitnehmerin T. S. auf Annahmeverzugsvergütung.

2

Die Arbeitnehmerin S. war seit dem 6. Mai 2010 als Spielhallenaufsicht bei dem Beklagten beschäftigt. Dieser betreibt mehrere Spielhallen. Daneben ist er Gesellschafter der X. & Y. GbR, die die Spielhalle "W" betreibt.

3

Der Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer. Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Arbeitnehmerin S. betrug zuletzt mindestens 1.500,00 €.

4

Mit Schreiben vom 18. September 2013 kündigte der Beklagte der Arbeitnehmerin S. aus verhaltensbedingten Gründen zum 31. Oktober 2013. Gleichzeitig erklärte der Beklagte: "Wie in jüngster Vergangenheit werden Sie von der Arbeit freigestellt und wir sprechen Ihnen gleichzeitig ein Haus- und Betretungsverbot für alle von uns betriebenen Spielstätten aus."

5

Auf die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin S. stellte das Arbeitsgericht Trier durch Urteil vom 19. März 2014, Az. 4 Ca 1407/13, unter anderem fest, dass diese Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 2. Oktober 2014 (Az. 3 Sa 290/14 - BeckRS 2015, 66358) zurück. In einem Folgeverfahren (Arbeitsgericht Trier, Az. 1 Ca 87/15) einigten sich die Arbeitnehmerin S. und der Beklagte auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2015 und die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 12.000,00 €.

6

Die Arbeitnehmerin S. meldete sich am 1. November 2013 arbeitslos bzw. -suchend und beantragte Arbeitslosengeld. Die Klägerin bewilligte ihr ab dem 1. November 2013 Arbeitslosengeld im Rahmen einer Gleichwohlgewährung nach § 157 Abs. 3 SGB III und informierte den Beklagten mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 über den Übergang eventueller Ansprüche der Arbeitnehmerin S. auf sie.

7

Die Klägerin zahlte an die Arbeitnehmerin S. Arbeitslosengeld für die Zeiträume 1. November 2013 bis 30. November 2013, vom 1. Januar 2014 bis 15. Mai 2014 und vom 23. Mai 2014 bis zum 29. November 2014. Die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes betrug grundsätzlich 726,30 € monatlich, wobei sich dieses aufgrund der Anrechnung von Nebeneinkünften nach § 155 SGB III in unterschiedlicher Höhe verringerte. Darüber hinaus finanzierte die Klägerin für diese Zeit-räume die Sozialversicherung von Frau S.. Insgesamt zahlte die Klägerin 6.871,94 €. Hinsichtlich der Berechnung der Zahlungen im Einzelnen wird auf Bl. 28 f. d. A. Bezug genommen.

8

Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 machte die Klägerin ihre Forderung gegen den Beklagten außergerichtlich geltend. Nachdem der Beklagte diese mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 23. Juli 2015 zurückgewiesen hatte, erhob die Klägerin mit am 5. Oktober 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenem, dem Beklagten am 9. Oktober 2015 zugestelltem Schriftsatz vom 30. September 2015 Klage.

9

Das Arbeitsgericht Trier hat die Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 4. November 2015 (Bl. 43 f.) abgewiesen. Das Versäumnisurteil wurde der Klägerin am 12. November 2015 zugestellt. Der Einspruch der Klägerin ging am 18. November 2015 beim Arbeitsgericht ein.

10

Die Klägerin hat vorgetragen,
die Ansprüche der Arbeitnehmerin S. gegen den Beklagten seien gemäß § 115 SGB X auf sie übergegangen. Diese habe nicht böswillig anderweitigen Verdienst unterlassen. Der Arbeitnehmerin S. sei lediglich ein neuer Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber angeboten worden, der in einem Vorverfahren vom Arbeitsrichter als nicht ernstzunehmend eingestuft worden sei.

11

Sie hat beantragt,

12

den Beklagte zu verurteilen, an sie 6.871,94 € zur Befriedigung übergegangener Ansprüche auf Arbeitsentgelt zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2015 zu zahlen.

13

Der Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen

15

Er hat zuletzt erstinstanzlich vorgetragen,
die Arbeitnehmerin S. habe es böswillig unterlassen, einen anderweitigen Verdienst zu erzielen. Frau S. habe nicht mehr unter dem Spielhallenleiter V. arbeiten wollen. Er habe der Arbeitnehmerin S. gesagt, dass er dafür sorgen könne, dass sie eine Stelle als Spielhallenaufsicht in der von der X. & Y. betriebenen Spielhalle "W" erhalte. Diese sei nur wenige Kilometer von U. entfernt. Herr V. arbeite dort nicht. Sein Partner habe Frau S. kennenlernen wollen. Daher sei ein Vorstellungsgespräch mit dem zuständigen Herrn Y. für Samstagnachmittag, den 2. November 2013 gegen 15.00 Uhr vereinbart worden. Die Arbeitnehmerin S. habe auch zugesagt, dort zu erscheinen, dies jedoch nicht getan. Er habe Frau S. gesagt, dass sie dort den gleichen Lohn bekomme wie vorher, so dass sie dadurch keinen Nachteil habe. Grundsätzlich bekämen alle Mitarbeiter, die eine Kündigung erhielten, ein Hausverbot ausgesprochen, da sie über interne Dinge informiert seien, wie zum Beispiel, wo sich Geld befände.

16

Das Arbeitsgericht Trier hat durch Urteil vom 18. Mai 2016 das Versäumnisurteil vom 4. November 2015 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von 6.871,94 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19. Juli 2015 verurteilt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Klägerin stehe gegen den Beklagten der gemäß § 115 SGB X durch die Zahlung des Arbeitslosengeldes an die Arbeitnehmerin T. S. für die Zeit vom 2013 bis 2014 auf sie übergegangene Anspruch auf Annahmeverzugslohn in Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes zu. Der Beklagte habe sich in dem Zeitraum von November 2013 bis November 2014 infolge seiner unwirksamen Kündigung vom 18. September 2013 bis zum 31. Oktober 2013 sowie der darüber hinaus ausdrücklich ausgesprochenen Freistellung der Arbeitnehmerin T. S. von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung (sogar verbunden mit einem Hausverbot) im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Angebots der Arbeitnehmerin S. bedurft hätte. Der auf die Klägerin übergegangene Anspruch auf Zahlung des Annahmeverzugslohns entfalle nicht durch die Anrechnung eines böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes. Der Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes durch die Arbeitnehmerin S. in diesem Zeitraum gegeben gewesen sei. Aufgrund des eigenen Vortrags des Beklagten sei davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerin S. zwar durch Nichterschienen zu dem Vorstellungsgespräch verhindert habe, dass ihr ein Angebot der X. & Y. GbR unterbreitet worden sei. Sie habe jedoch aufgrund der ihr von dem Beklagten gegebenen Informationen nicht davon ausgehen können, dass es sich bei dem nach dem Vorstellungstermin möglicherweise zustande gekommenen Angebot um eine Prozessbeschäftigung während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens, also unter Wahrung ihrer bei Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten bestehenden Rechte, wie insbesondere ihres Kündigungsschutzes, handeln würde. Die Verhinderung eines Angebots der X. & Y. GbR durch die Arbeitnehmerin S. sei aufgrund dessen, dass sie davon habe ausgehen müssen, dass sich durch dieses mögliche Dauerschuldverhältnis der anhängige Kündigungsrechtsstreit betreffend ihres alten Arbeitsplatzes erledige bzw. ihr die Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz erschwert werde, nicht böswillig. Vertretbar sei auch die Literaturmeinung, dass Böswilligkeit grundsätzlich ausscheide, wenn sich der Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet habe. Im Übrigen sei bei einer verhaltensbedingten Kündigung die vorläufige Weiterbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber in der Regel (je nach Art und Schwere der Vorwürfe) als unzumutbar anzusehen. Bei der Kündigung handele es sich um eine solche aus verhaltensbedingten Gründen und der Beklagte habe zudem gegenüber der Klägerin ein Hausverbot ausgesprochen. Die X. & Y. GbR wäre zwar ein anderer Arbeitgeber im juristischen Sinn gewesen, der Beklagte als Person wäre jedoch aufgrund seiner Beteiligung an dieser Gesellschaft "Chef" der Arbeitnehmerin S. geblieben. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Trier (Bl. 99 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 1. Juli 2016 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen mit einem am 1. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 3. August 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

18

Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 125 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag zusammengefasst geltend,
böswillig unterlassener Zwischenverdienst könne auch dann vorliegen, wenn der gekündigte Arbeitnehmer die von dem ehemaligen Arbeitgeber aufgezeigte Möglichkeit der Aufnahme eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ergreife. Er habe der Arbeitnehmerin S. jedenfalls nicht erklärt, dass diese die Stelle in der Spielhalle "W" nur dann erhalte, wenn im Gegenzug deren Arbeitsverhältnis zur Beklagten ende. Die vertraglichen Einzelheiten hätten anlässlich dieses Vorstellungsgesprächs bzw. danach geklärt werden sollen. In der Klageerweiterung im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Trier mit dem Az. 4 Ca 1407/13 vom 18. November 2013 sei der - dort anwaltlich vertretenen - Arbeitnehmerin S. nochmals die Zumutbarkeit der Aufnahme der Tätigkeit aufgezeigt worden. Auch nach diesem Hinweis habe sich die Arbeitnehmerin S. nicht mit Herrn Y. in Verbindung gesetzt.

19

Der Kündigungsausspruch sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass sich die Arbeitnehmerin geweigert habe, mit dem Hallenleiter Herrn V., der Vorgesetzter der Arbeitnehmerin gewesen sei, zusammenzuarbeiten. Dieser sei aber nicht für die Spielhalle "W" zuständig.

20

Der Beklagte beantragt,

21

unter Abänderung des am 18. Mai 2016 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Trier, Az. 5 Ca 1216/15, zugestellt am 1. Juli 2016, das Versäumnisurteil vom 4. November 2015 aufrechtzuerhalten.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 7. Oktober 2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 151 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag als rechtlich zutreffend.

25

Die Arbeitnehmerin S. habe sich unverzüglich arbeitsuchend gemeldet. Es sei unklar, was der Beklagte überhaupt angeboten habe. Es spreche viel dafür, dass der Beklagte Frau S. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei einem Schwesterunternehmen aufgezeigt habe, wodurch sich deren Rechtsposition unstrittig verschlechtert hätte. Auch habe der Beklagte der Arbeitnehmerin unstrittig kein Prozessarbeitsverhältnis angeboten. Inhalt und Form des Angebots seien völlig unklar, unpräzise und letztlich nicht ernsthaft, was zu Lasten des Beklagten gehe.

26

Die Kündigung sei zudem aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt. Die Arbeitnehmerin sei unverzüglich freigestellt und es sei ihr Hausverbot erteilt worden. Hierdurch sei ihr Ruf nachhaltig für sämtliche Spielhallen beschädigt worden. Ein nicht aufgehobenes Hausverbot über einen derart langen Zeitraum deute darauf hin, dass es sich nicht nur um eine Freistellung von der vertragsgemäßen Leistung handele, sondern dass man die Arbeitnehmerin S. auch nicht mehr "sehen wollte", ja ihr sogar untersagte, in den Betrieb und darüber hinaus in sämtliche Spielhallen des Beklagten zurückzukehren. Der Arbeitnehmerin S. sei es schlicht unzumutbar gewesen, eine Tätigkeit in einem Betrieb des Beklagten zu übernehmen, in dem dieser ebenfalls Gesellschafter sei. Das nicht aufgehobene Hausverbot sei umfassend gewesen und habe alle von "uns betriebenen Spielhallen" einbezogen.

27

Der Vortrag des Beklagten im vorliegenden Verfahren stelle sich als widersprüchlich dar und verstoße gegen Treu und Glauben.

28

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 15. Dezember 2016 (Bl. 160 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

29

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

30

In der Sache hat die Berufung des Beklagten jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 6.871,94 € nebst Zinsen verurteilt.

31

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung aus übergegangenem Recht der Arbeitnehmerin T. S. gemäß § 615 S. 1 in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB, § 115 Abs. 1 SGB X. Nach § 115 Abs. 1 SGB X geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat.

I.

32

Die Arbeitnehmerin T. S. hatte gegen den Beklagten Anspruch auf An-nahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 1 in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB.

1.

33

Der Beklagte kam durch die Freistellung der Arbeitnehmerin T. S. und den Ausspruch der unwirksamen Kündigung vom 18. September 2013 in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots der Arbeitnehmerin bedurft hätte.

2.

34

Eine Beendigung des Annahmeverzugs ist bis Ende November 2014 nicht eingetreten. Insbesondere die Mitteilung des Beklagten an die Arbeitnehmerin T. S., es bestünde für sie eine Beschäftigungsmöglichkeit in der Spielhalle „W“ war hierzu nicht geeignet. Annahmeverzug ist auch nicht nach § 297 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, die Klägerin sei leistungsunfähig oder leistungsunwillig gewesen.

3.

35

Die Arbeitnehmerin T. S. musste sich auch nicht eine Anrechnung nach § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG gefallen lassen. Sie hat es nicht böswillig unterlassen, eine zumutbare Arbeit anzunehmen.

a)

36

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, muss sich der Arbeitnehmer nach § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. § 11 S. 1 KSchG ist eine Sonderregelung zu § 615 S. 2 BGB. Trotz des nicht völlig identischen Wortlauts sind die Vorschriften inhaltsgleich (BAG, Urteil vom 16. Juni 2004 – 5 AZR 508/03 – NZA 2004, 1155, 1156 m. w. N.). Zu prüfen ist, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar war. Der Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er vorsätzlich ohne aus-reichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird. Böswilligkeit setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer in der Absicht handelt, den Arbeitgeber zu schädigen. Es genügt das vorsätzliche Außer-Acht-Lassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten reicht nicht aus. Die vorsätzliche Untätigkeit muss vorwerfbar sein. Das ist nicht der Fall, wenn eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit kann sich etwa aus der Art der Arbeit, den sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben. Die Frage der Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen. Eine Anrechnung nach § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG kommt auch in Betracht, wenn der Arbeitgeber, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet, Arbeit anbietet (BAG, Urteil vom 11. Januar 2006 – 5 AZR 98/05 – NZA 2006, 314, 315 Rz. 18). Dies gilt insbesondere für den Fall einer bis zur endgültigen Entscheidung des Kündigungsrechtsstreits befristeten Weiterbeschäftigung zu denselben Arbeitsbedingungen. Die Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer hängt hier vornehmlich von der Art der Kündigung und ihrer Begründung sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozess ab.

37

Dasselbe muss nach Auffassung der Kammer gelten, wenn das Arbeitsangebot durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgt, an der der Arbeitgeber – wie im vorliegenden Fall – als einer von zwei Gesellschaftern beteiligt ist.

38

Ob die Arbeitnehmerin es böswillig unterlassen hat, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, indem sie der Aufforderung zum Vorstellungsgespräch nicht wahrgenommen hat, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zu beurteilen (vgl. BAG, Urteil vom 16. Juni 2004 – 5 AZR 508/03 – NZA 2004, 1155, 1156).

39

Bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die befristete Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Arbeitsbedingungen an, wird ihre Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer in erster Linie von der Art der Kündigung und ihrer Begründung sowie dem Verhalten des Arbeitgebers im Kündigungsprozess abhängen. Handelt es sich um eine betriebsbedingte Kündigung, wird dem Arbeitnehmer die vorläufige Weiterbeschäftigung in der Regel zumutbar sein. Gleiches dürfte für Fälle der krankheitsbedingten Kündigung gelten. Wird eine Kündigung auf verhaltensbedingte Gründe gestützt, spricht dieser Umstand eher für die Unzumutbarkeit der vorläufigen Weiterarbeit für den Arbeitnehmer im Betrieb. Dies gilt insbesondere, wenn eine außerordentliche Kündigung erklärt wird, da der Arbeitnehmer bereits durch diese Art der Kündigung in seinem Ansehen beeinträchtigt wird. Auch Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe sind zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 24.September 2003 - 5 AZR 500/02 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 4; vom 14.November 1985 - 2 AZR 98/84 – AP BGB § 615 Nr. 39).

b)

40

Die Arbeitnehmerin T. S. hat dadurch, dass sie nicht zum Vorstellungsgespräch bei Herrn Y., einem Gesellschafter der X. und Y. GbR, erschienen ist, nach Auffassung der Kammer kein zumutbares Angebot nicht angenommen oder verhindert.

41

Das folgt bereits daraus, dass die X. und Y. GbR der Arbeitnehmerin zu keinem Zeitpunkt ein konkretes Angebot unterbreitet hat. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten hätten die vertraglichen Einzelheiten erst anlässlich dieses Gesprächs bzw. danach geklärt werden sollen. Mangels eines solchen konkreten Angebots und des Vortrags, was ihr konkret angeboten worden wäre, kann die Kammer nicht beurteilen, ob das „Angebot“ für die Arbeitnehmerin zumutbar gewesen wäre. Insbesondere ist ungeklärt, unter welchen Bedingungen es zu einem Vertragsabschluss zwischen der X. und Y. GbR hätte kommen sollen, insbesondere ob der Vertragsabschluss davon abhängig gemacht werden sollte, dass die Klägerin den Kündigungsrechtsstreit mit dem Beklagten beendet und ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Beschäftigungsverhältnis handeln sollte.

42

Das Angebot der X. und Y. GbR zu einem Vorstellungsgespräch hinsichtlich eines Arbeitsplatzes in der Spielhalle „W“ sowie gegebenenfalls zur Aufnahme einer Beschäftigung dort war der Arbeitnehmerin S. überdies unzumutbar.

43

Dabei ist es einem Arbeitnehmer auch bei verhaltensbedingter Kündigung regelmäßig nicht unzumutbar, der Arbeitsaufforderung seines bisherigen Arbeitgebers nachzukommen, wenn er einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtlich durchgesetzt hat. Die Arbeitnehmerin S. hat jedoch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch gerichtlich geltend gemacht. Daneben handelte es sich nicht um ein Arbeitsanbot des Beklagten, sondern der X. und Y. GbR.

44

Auch unabhängig von einem Weiterbeschäftigungsurteil kann es dem Arbeitnehmer obliegen, der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme nachzukommen, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Kündigung keine unbewiesenen Vorwürfe gemacht, sondern auf einen unstreitigen und für den Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich geeigneten Sachverhalt abgestellt hat, der nur rechtlich zu bewerten ist (BAG, Urteil vom 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – NZA 2004, 90). Auch solche Umstände liegen im streitigen Fall nicht vor. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat im Kündigungsschutzverfahren durch Urteil vom 2. Oktober 2014 (3 Sa 290/14 – BeckRS 2015, 66358) festgestellt, dass die verhaltensbedingte Kündigung des Beklagten sozialwidrig und damit rechtsunwirksam ist. Soweit die Beklagte die ordentliche Kündigung auf ein Fehlverhalten der Arbeitnehmerin im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter V. der Beklagten gestützt habe, habe es bereits an einem substantiiert, das heißt nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen nachvollziehbar dargelegten entsprechenden schuldhaften Fehlverhalten der Klägerin gefehlt. Dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen lasse sich auch im Ansatz nicht entnehmen, wo ein derartiges Fehlverhalten zu sehen sein solle. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit nicht einmal einlassungsfähig. Des Weiteren wäre selbst dann, wenn hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, die Kündigung gleichwohl sozial nicht gerechtfertigt, weil es an einer vorliegend notwendigen einschlägigen Abmahnung fehle.

45

Bei der von dem Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung handelte es sich mithin nicht nur um eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Beklagte hat der Arbeitnehmerin überdies pauschale Vorwürfe gemacht, die er auch im Kündigungsschutzprozess nicht einlassungsfähig konkretisiert hat. Darüber hinaus hat er das Fehlverhalten der Arbeitnehmerin als derart schwerwiegend einzustufend beschrieben, dass es einer Abmahnung nicht bedurft habe.

46

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Beklagte sich im vorliegenden Rechtsstreit darauf berufen hat, dass die Kündigung erfolgt sei, da die Arbeitnehmerin sich geweigert habe, mit dem Vorgesetzten V. zu arbeiten und dieser Vorgesetzte nicht für die Y. und X. GbR tätig sei. Der Beklagte hat das Kündigungsschreiben jedoch persönlich unterzeichnet und sich im Kündigungsschutzverfahren die Vorwürfe zu eigen gemacht.

47

Eine Freistellung der Arbeitnehmerin S. war ausweislich des Kündigungsschreibens bereits vor dem Ausspruch der Kündigung erfolgt.

48

Darüber hinaus war auch das der Arbeitnehmerin vom Beklagten für alle seine Betriebsstätten erteilte Hausverbot geeignet, das Ansehen der Arbeitnehmerin nachhaltig zu beschädigen.

49

Die Freistellung und das "Haus- und Betretungsverbot für alle von uns betriebenen Betriebsstätten" wurden von dem Beklagten auch trotz des vereinbarten Vorstellungsgesprächs bei Herrn Y. aufrechterhalten. Ein Klarstellung dahingehend, dass dieses nicht für die von der X. & Y. betriebene Spielhalle "W" gelten sollte, erfolgte nicht.

50

Schließlich hat die Kammer bei der Prüfung, ob die Arbeitnehmerin böswillig unterlassen hat, eine ihr zumutbare Arbeit anzunehmen, berücksichtigt, dass diese sich am 1. November 2013 arbeitslos bzw. arbeitssuchend gemeldet hat und damit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Weiter war zu berücksichtigen, dass die Arbeitnehmerin während des Annahmeverzugs Nebeneinkünfte erzielt hat, die auf das Arbeitslosengeld angerechnet wurden. Sie ist neben der Meldung ihrer Arbeitslosigkeit bzw. ihres Arbeitssuchens nicht untätig geblieben.

II.

51

Wegen der Nichtleistung des Annahmeverzugslohns durch den Beklagten hat die Klägerin Leistungen für den Zeitraum 1. November 2013 bis einschließlich Januar 2015 in Höhe der Klageforderung erbracht. Insoweit ist der Anspruch der Arbeitnehmerin T. S. auf die Klägerin übergegangen. Die Forderungshöhe ist zwischen den Parteien im Berufungsverfahren nicht streitig.

III.

52

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 286 Abs. 1, 2, 288 Abs. 1, 247 BGB.

IV.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat oder aber nicht, sowie um Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten.

2

Die Beklagte betreibt verschiedene Spielhallen. Die Klägerin war seit dem Jahr 2000 bei ihr beschäftigt; ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl im Betrieb Anwendung.

3

Zwischen der Klägerin und dem gleichfalls bei der Beklagten beschäftigten Herrn E., der als Hallenleiter tätig ist, kam es zu Konflikten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin richtete am 20.08.2013 außergerichtlich ein Schreiben an die Beklagte, in dem er mitteilte, die Klägerin sowie eine im Parallelverfahren klagende weitere Kollegin fühlten sich durch das Verhalten des Herrn E. "schikaniert". Er bat in diesem Schreiben die Beklagte "dafür Sorge zu tragen, dass die Verhaltensweisen des Herrn E. sich umgehend ändern."

4

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt und die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Abmahnungen wurden im zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis zuvor der Klägerin gegenüber nicht ausgesprochen.

5

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte zudem der Klägerin eine schriftliche "Lohnabfindung" erstellt, in der sie anhand des von ihr benannten Durchschnittslohns der letzten drei Monate die an die Klägerin zu leistenden Zahlungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beziffert hat.

6

Die Klägerin hat vorgetragen,
die Kündigung sei unwirksam. Nicht sie habe sich falsch verhalten, sondern Herr E. Der von der Beklagten in der Lohnabrechnung ermittelte Betrag sei zu niedrig. Ihr stünden höhere Annahmeverzugsansprüche zu,

7

Die Klägerin, soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang, beantragt,

8

1. festzustellen, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das bestehende Arbeitsverhältnis fortbesteht,

9

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat August 2013 in Höhe von 487,76,-€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,

10

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat September 2013 in Höhe von 604,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,

11

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat Oktober 2013 in Höhe von 840,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung aus dem sich ergebenden Nettobetrag,
5. ...

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Das Schreiben des Klägerprozessbevollmächtigten vom 20.08.2013 habe dazu Anlass gegeben. Außerdem habe sich die Klägerin den Anweisungen des Herrn E. zu Unrecht widersetzt, in dem sie Schichten nach Belieben getauscht habe.

15

Das Arbeitsgericht Trier hat daraufhin durch Urteil vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - festgestellt, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Restlohn zu zahlen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 39 bis 45 d. A. Bezug genommen.

16

Gegen das ihr am 11.04.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am Montag, dem 12.05.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 11.07.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 12.06.2014 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 11.07.2014 einschließlich verlängert worden war.

17

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwar fehle vorliegend eine Abmahnung, das Fehlverhalten der Klägerin sei jedoch als derart schwerwiegend einzustufen, dass es vorliegend einer Abmahnung nicht bedurft habe. Der Schwerpunkt des gegenüber der Klägerin erhobenen Vorwurfs bestehe darin, dass sie sich geweigert habe, mit dem ihr vorgesetzten Herrn E. zusammenzuarbeiten und dessen Anordnungen Folge zu leisten. Für die Beklagte bestehe keine Möglichkeit, die Klägerin etwa durch Versetzung an einen anderen Ort, oder in einer anderen Spielhalle ihres Betriebes, in der sie nicht mit Herrn E. zusammenarbeiten müsse, zu beschäftigen. Herr E. sei im Betrieb des Beklagten der zuständige Hallenleiter für sämtliche Spielhallen, die von der Beklagten betrieben würden.

18

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.07.2014 (Bl. 77, 78 d. A.) Bezug genommen.

19

Die Beklagte beantragt,

20

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier zu Az: 4 Ca 1407/13 die Klage insgesamt abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Behauptung der Beklagten, sie habe sich geweigert, mit dem Vorgesetzten E. zusammenzuarbeiten, sei falsch. Auch der von der Beklagten selbst in der Güteverhandlung angegebene Grund, sie habe gekündigt, weil die Klägerin zum Anwalt gegangen sei, könne nur verwundern. Auch bei größtem Wohlwollen seien vorliegend keine Gründe erkennbar, die die Kündigung rechtfertigen könnten.

24

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 19.08.2014 (Bl. 84 bis 86 d. A.) Bezug genommen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

26

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 02.10.2014.

Entscheidungsgründe

I.

27

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

28

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

29

Denn das Arbeitsgericht ist ebenso im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG und damit rechtsunwirksam ist und dass folglich des Weiteren die Beklagte zur Zahlung von Arbeitsentgelt aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§§ 615, 293 ff. BGB, 11 KSchG) verpflichtet ist.

30

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass vorliegend die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht gegeben sind.

31

Was als verhaltensbedingter Kündigungsgrund zu verstehen ist, wird im KSchG zwar nicht definiert. Allerdings kommen verhaltensbedingte Umstände, die grds. dazu geeignet sind, einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, ebenso als verhaltensbedingte Gründe i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG in Betracht. Im Übrigen ist eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 S 1 Alt. 2 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint. Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermag. Ebenso kann eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen (BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607;s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 10).

32

Eine ordentliche verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung ist grds. nur dann sozial gerechtfertigt (vgl. BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65, 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607; s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 1; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 4, Rn. 2282 ff.) wenn

33

- ein (i. d. R. schuldhaftes) Fehlverhalten des Arbeitnehmers als Abweichung des tatsächlichen Verhaltens oder der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung vom vertraglich geschuldeten Verhalten bzw. der vertragliche geschuldeten Arbeitsleistung gegeben ist, der Arbeitnehmer also seine vertraglichen haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat;
- dieses Fehlverhalten auch betriebliche Auswirkungen hat;
- (i. d. R. zumindest) eine einschlägige vorherige Abmahnung gegeben ist;
- danach weiteres einschlägiges schuldhaftes Fehlverhalten mit betrieblichen Auswirkungen vorliegt und
- eine umfassende Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der betrieblichen Auswirkungen des Fehlverhaltens oder der Schlechtleistung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips das Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ergibt.

34

Es gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für eine Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch zukünftig noch belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG 19.04.2007 NZA-RR 2007, 571; LAG RhPf 26.02.2010 NZA-RR 2010, 297).

35

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung, wie bereits dargelegt, regelmäßig eine Abmahnung voraus; sie dient der Objektivierung der Prognose (BAG 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67: 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Sie ist nur dann entbehrlich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht Erfolg versprechend angesehen werden kann. Das ist insbes. dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, wenn und weil der Arbeitnehmer dann von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann (LAG RhPf 26.02.2010 - 6 Sa 682/09, NZA-RR 2010, 297; LAG Nds. 12.02.2010 - 10 Sa 1977/08, EzA-SD 8/2010 S. 6 LS).

36

Einer Abmahnung bedarf es danach bei einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes also nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 24.03.2011 - 2 AZR 282/10, EzA-SD 16/2011 S. 3 LS = NZA 2011, 1029; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 36; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 39 = NZA-RR 2012, 567;25.10.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 41 = NZA 2013, 319; LAG Hessen 27.02.2012 NZA-RR 2012, 471), denn dann ist grds. davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann; die Abmahnung dient insoweit der Objektivierung der negativen Prognose: Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

37

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht zutreffend verneint.

38

Beruht nämlich die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist zunächst einmal grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Von dem Arbeitgeber ist nach dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz deshalb, wie darlegt, grundsätzlich zu fordern, dass er ein zu beanstandendes Verhalten zum Anlass für eine Abmahnung nimmt. Soweit die Beklagte insoweit die ordentliche Kündigung auf ein Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter E. der Beklagten stützt, fehlt es bereits an einem substantiiert, d. h. nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen nachvollziehbar dargelegten entsprechenden schuldhaften Fehlverhalten der Klägerin. Dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen lässt sich auch im Ansatz nicht entnehmen, wo ein derartiges Fehlverhalten zu sehen sein soll; das Vorbringen der Beklagten ist insoweit nicht einmal einlassungsfähig. Des Weiteren wäre selbst dann, wenn hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, die Kündigung gleichwohl sozial nicht gerechtfertigt, weil es an einer vorliegend notwendigen einschlägigen Abmahnung fehlt.

39

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

40

"Eine Abmahnung erfolgte unstreitig nicht. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein Fehlverhalten der Klägerin zu verzeichnen ist, so liegt jedenfalls offensichtlich kein derart schwerer Fehler vor, der eine Abmahnung entbehrlich machen würde. Die Beklagte trägt nicht vor, inwiefern sich die Klägerin der Anweisung des Herrn E., nur nach Rücksprache mit ihm Schichten zu tauschen, nach dieser Anweisung zu Unrecht widersetzt haben soll. Auch das eigenständige Organisieren einer Vertretung im Krankheitsfall mag die Beklagte beanstanden und eine anderweitige Regelung vorschlagen, eine Kündigung ohne Abmahnung kann es indes keinesfalls rechtfertigen. Daher kann auch offen bleiben, ob die Kündigung bereits wegen des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB unwirksam ist, da die Beklagte im Gütetermin erklärt hat, sie habe gekündigt, "weil die Klägerinnen zum Anwalt gegangen seien und hierdurch das Vertrauensverhältnis zerstört worden sei".

41

Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen; darauf wird folglich zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

42

Die Zahlungsansprüche der Klägerin sind jedenfalls in dem vom Arbeitsgericht ausgeurteilten und ins Berufungsverfahren gelangten Ausmaß begründet.

43

Gemäß §§ 615 Satz 1 in Verbindung mit §§ 293 ff. BGB, 11 KSchG kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug geraten ist.

44

Annahmeverzug setzt also voraus, dass der Arbeitgeber ein - vertragsgemäßes Angebot des Arbeitnehmers der Arbeitsleistung ablehnt (§ 293 BGB).

45

Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung persönlich tatsächlich so anbieten, wie sie zu bewirken ist (§§ 294, 613 S. 1 BGB BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; 19.05.2010 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 33), d. h. zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Art und Weise; der Arbeitnehmer muss sich also zur vertraglich vereinbarten Zeit an den vereinbarten Arbeitsort begeben und die nach dem Vertrag geschuldete Arbeitsleistung anbieten (BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; s.a. BAG 19.09.2012 EzA § 54 TVG Ausschlussfristen Nr. 201 = NZA 2013, 101; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 3 Rdnr. 1515 ff.). Auch nach Ablauf der Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 295 BGB eines wörtlichen Angebots des Arbeitnehmers. Das wörtliche Angebot ist nicht nach § 296 BGB entbehrlich (BAG 19.09.2012 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 201).

46

Gemäß § 295 BGB genügt ausnahmsweise ein wörtliches Angebot der Leistung, wenn der Gläubiger (Arbeitgeber) erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen wird oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterblieben ist (BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; 12.07.2006 NZA 2006, 1047; s. a. Hess. Landesarbeitsgericht 21.08.2006 NZA-RR 2007, 186). Als wörtliches Angebot kann auch ein Widerspruch des Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden (BAG 12.07.2006, 1094; BGH 28.10.1996, NZA-RR 1997, 329).

47

Das Angebot ist also entbehrlich, wenn die verpflichtete Partei erkennen lässt, sie sei unter keinen Umständen bereit, den Dienstverpflichteten weiter zu beschäftigen (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; BGH EzA § 615 BGB Nr. 100).

48

Selbst ein wörtliches Angebot ist insbes. dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber es versäumt, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das ist bei Übertragung eines neuen Arbeitsbereichs nur dann der Fall, wenn diese vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist (Landesarbeitsgericht Köln 14.02.2011, 211 LS). Ergibt sich z. B. aus einem Arbeitszeitmodell, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, einen Negativsaldo zurückzuführen, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer zum Ausgleich Arbeit zu übertragen, da der Arbeitnehmer nicht berechtigt ist, sich Arbeit zu nehmen. Ein Arbeitgeber, der der Verpflichtung zum Einsatz des Arbeitnehmers aus dem im Arbeitsvertrag festgelegten Umfang nicht nachkommt und die vertraglich ge-forderte Stundenzahl nicht abfordert, gerät folglich in Annahmeverzug (Hess. Landesarbeitsgericht 02.06.2005 NZA-RR 2006, 127).

49

Auch die Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht bedeutet einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung. Mit der Freistellung tritt mithin regelmäßig Annahmeverzug des Arbeitgebers mit den Rechtsfolgen des § 615 BGB ein (BAG 23.09.2009 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 30; 23.01.2008 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 22; 06.09.2006 EzA § 615 2002 Nr. 16; Landesarbeitsgericht SchlH 22.12.2011 LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 15).

50

Zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang, welche Voraussetzungen für die Begründung von Annahmeverzug des Arbeitgebers im Zusammenhang mit von diesem erklärten Kündigungen bestehen, deren Unwirksamkeit später rechtskräftig festgestellt wird. Es ist davon auszugehen, dass in der Erhebung der Kündigungsschutzklage ein ausreichendes wörtliches Angebot i.S.d. § 295 BGB liegt (BAG 18.12.1986 EzA § 615 BGB Nr. 53; 19.04.1990 EzA § 615 BGB Nr. 66; krit. Waas NZA 1994, 151 ff.; s.a. Ricken NZA 2005, 323 ff.). Es bedarf dann auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebots des Arbeitnehmers mehr, um den Arbeitgeber in Annahmeverzug zu setzen. Als wörtliches Angebot kann auch ein sonstiger Widerspruch des Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; BGH 28.10.1996, NZA-RR 1997, 329).

51

Denn der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ihm ferner Arbeit zuzuweisen und somit eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung gem. § 296 BGB vorzunehmen. Er muss als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung ermöglichen.

52

Erst durch die Wahrnehmung seines Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) konkretisiert der Arbeitgeber die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers im Zuge der Arbeitssteuerung. und schafft so die Grundalge für den Leistungserfüllungsvorgang. Dazu muss er den der Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers fortlaufend planen und durch Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer bedarf (BAG 19.01.1999 EzA § 615 BGB Nr. 93; Landesarbeitsgericht Köln 04.03.2010 - 6 Sa 117/10, AuR 2010, 444 LS).

53

Es reicht in diesem Zusammenhang nicht aus, dass auf die Existenz eines Arbeitsplatzes verwiesen und im Übrigen zum Ausdruck gebracht wird, man werde den Arbeitnehmer schon "irgendwie" beschäftigen. Die zugewiesene Arbeit ist zu konkretisieren, damit der Arbeitnehmer überprüfen kann, ob der Arbeitgeber sein Weisungsrecht zulässig ausübt. Der Arbeitnehmer schuldet nur eine vertragsgemäße Arbeitsleistung (Landesarbeitsgericht SchlH 10.12.2003 - 3 Sa 395/03, EzA-SD 2/04, S. 8 LS). Andererseits ist ein Angebot der Arbeitsleistung im Übrigen regelmäßig nicht nach § 296 BGB entbehrlich, da für die Einteilung der Arbeit durch den Arbeitgeber keine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, sondern der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit - im Grundsatz - jederzeit bestimmen kann (BAG 30.04.2008 NZA-RR 2008, 551).

54

Da der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung allerdings den entgegengesetzten Willen unzweideutig zu erkennen gibt (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; s.a. Landesarbeitsgericht München 19.08.2010 LAGE § 613 a BGB 2002 Nr. 30; Widerspruch gegen Betriebsübergang), muss er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern - im Falle einer außerordentlichen Kündigung sofort bzw. nach Ablauf einer etwaigen Auslauffrist -, wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Gleiches gilt z. B. bei der Einhaltung einer zu kurzen Kündigungsfrist (BAG 09.04.1987 EzA § 9 AÜG Nr. 1; Landesarbeitsgericht SchlH 10.12.2003 - 3 Sa 395/03, EzA-SD 2/04, S. 8 LS; s. auch Landesarbeitsgericht Bln 20.09.2002 - 6 Sa 961/02, EzA-SD 24/02, S. 13 LS).

55

Das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der geltend gemachten Annahmeverzugsentgeltansprüche hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6, 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 43, 44 d. A.) Bezug genommen.

56

Gleiches gilt für die Berechnung der Höhe der geltend gemachten Ansprüche; insoweit bedarf es weiterer Ausführungen vorliegend schon deshalb nicht, weil sich das Berufungsvorbringen der Beklagten dazu nicht verhält. Insoweit werden keinerlei nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tat-sachenbehauptungen vorgetragen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen.

57

Insgesamt rechtfertigt das Berufungsvorbringen der Beklagten keine ab-weichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält hinsichtlich des behaupteten schuldhaften Fehlverhaltens der Klägerin wiederum, wie bereits im erstinstanzlichen Rechtszug, keinerlei nachvollziehbares substantiiertes tatsächliches Vorbringens, das auch nur einem substantiierten Bestreiten durch die Klägerin zugänglich gewesen wäre. Des Weiteren ist auch im Ansatz nicht nachvollziehbar, warum entgegen der zuvor dargestellten Grundsätze bei dem von der Beklagten - lediglich im Ansatz - behaupteten Fehlverhalten der Klägerin eine Abmahnung ausnahmsweise trotz Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einmal entbehrlich gewesen sein könnte. Zu den geltend gemachten Annahmeverzugsentgeltansprüchen schließlich fehlt, wie dargelegt, jegliches Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren.

58

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

60

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien keine Veranlassung gegeben.

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat.

(2) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses.

(3) Soweit die oder der Arbeitslose die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Arbeitgeber die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.

(1) Übt die oder der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihr oder ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 138 Absatz 3 aus, ist das daraus erzielte Einkommen nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrags in Höhe von 165 Euro in dem Kalendermonat der Ausübung anzurechnen. Handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit, eine Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger, sind pauschal 30 Prozent der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben abzusetzen, es sei denn, die oder der Arbeitslose weist höhere Betriebsausgaben nach.

(2) Hat die oder der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine Erwerbstätigkeit (§ 138 Absatz 3) mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, so bleibt das Einkommen bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer Erwerbstätigkeit (§ 138 Absatz 3) durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Absatz 1 ergeben würde.

(3) Leistungen, die eine Bezieherin oder ein Bezieher von Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung

1.
vom Arbeitgeber oder dem Träger der Weiterbildung wegen der Teilnahme oder
2.
auf Grund eines früheren oder bestehenden Arbeitsverhältnisses ohne Ausübung einer Beschäftigung für die Zeit der Teilnahme
erhält, werden nach Abzug der Steuern, des auf die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer entfallenden Anteils der Sozialversicherungsbeiträge und eines Freibetrags von 400 Euro monatlich auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.

(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.

(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.

(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,

1.
was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
2.
was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
3.
was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,

1.
was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
2.
was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
3.
was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

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Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat oder aber nicht, sowie um Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten.

2

Die Beklagte betreibt verschiedene Spielhallen. Die Klägerin war seit dem Jahr 2000 bei ihr beschäftigt; ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl im Betrieb Anwendung.

3

Zwischen der Klägerin und dem gleichfalls bei der Beklagten beschäftigten Herrn E., der als Hallenleiter tätig ist, kam es zu Konflikten. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin richtete am 20.08.2013 außergerichtlich ein Schreiben an die Beklagte, in dem er mitteilte, die Klägerin sowie eine im Parallelverfahren klagende weitere Kollegin fühlten sich durch das Verhalten des Herrn E. "schikaniert". Er bat in diesem Schreiben die Beklagte "dafür Sorge zu tragen, dass die Verhaltensweisen des Herrn E. sich umgehend ändern."

4

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt und die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Abmahnungen wurden im zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis zuvor der Klägerin gegenüber nicht ausgesprochen.

5

Mit Schreiben vom 18.09.2013 hat die Beklagte zudem der Klägerin eine schriftliche "Lohnabfindung" erstellt, in der sie anhand des von ihr benannten Durchschnittslohns der letzten drei Monate die an die Klägerin zu leistenden Zahlungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beziffert hat.

6

Die Klägerin hat vorgetragen,
die Kündigung sei unwirksam. Nicht sie habe sich falsch verhalten, sondern Herr E. Der von der Beklagten in der Lohnabrechnung ermittelte Betrag sei zu niedrig. Ihr stünden höhere Annahmeverzugsansprüche zu,

7

Die Klägerin, soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang, beantragt,

8

1. festzustellen, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das bestehende Arbeitsverhältnis fortbesteht,

9

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat August 2013 in Höhe von 487,76,-€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,

10

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat September 2013 in Höhe von 604,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage aus dem sich ergebenden Nettobetrag,

11

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restlohn für den Monat Oktober 2013 in Höhe von 840,11€ brutto zu zahlen, zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung aus dem sich ergebenden Nettobetrag,
5. ...

12

Die Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Das Schreiben des Klägerprozessbevollmächtigten vom 20.08.2013 habe dazu Anlass gegeben. Außerdem habe sich die Klägerin den Anweisungen des Herrn E. zu Unrecht widersetzt, in dem sie Schichten nach Belieben getauscht habe.

15

Das Arbeitsgericht Trier hat daraufhin durch Urteil vom 19.03.2014 - 4 Ca 1407/13 - festgestellt, dass die Kündigung vom 18.09.2013 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Restlohn zu zahlen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 39 bis 45 d. A. Bezug genommen.

16

Gegen das ihr am 11.04.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am Montag, dem 12.05.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 11.07.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 12.06.2014 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 11.07.2014 einschließlich verlängert worden war.

17

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwar fehle vorliegend eine Abmahnung, das Fehlverhalten der Klägerin sei jedoch als derart schwerwiegend einzustufen, dass es vorliegend einer Abmahnung nicht bedurft habe. Der Schwerpunkt des gegenüber der Klägerin erhobenen Vorwurfs bestehe darin, dass sie sich geweigert habe, mit dem ihr vorgesetzten Herrn E. zusammenzuarbeiten und dessen Anordnungen Folge zu leisten. Für die Beklagte bestehe keine Möglichkeit, die Klägerin etwa durch Versetzung an einen anderen Ort, oder in einer anderen Spielhalle ihres Betriebes, in der sie nicht mit Herrn E. zusammenarbeiten müsse, zu beschäftigen. Herr E. sei im Betrieb des Beklagten der zuständige Hallenleiter für sämtliche Spielhallen, die von der Beklagten betrieben würden.

18

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.07.2014 (Bl. 77, 78 d. A.) Bezug genommen.

19

Die Beklagte beantragt,

20

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier zu Az: 4 Ca 1407/13 die Klage insgesamt abzuweisen.

21

Die Klägerin beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Behauptung der Beklagten, sie habe sich geweigert, mit dem Vorgesetzten E. zusammenzuarbeiten, sei falsch. Auch der von der Beklagten selbst in der Güteverhandlung angegebene Grund, sie habe gekündigt, weil die Klägerin zum Anwalt gegangen sei, könne nur verwundern. Auch bei größtem Wohlwollen seien vorliegend keine Gründe erkennbar, die die Kündigung rechtfertigen könnten.

24

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 19.08.2014 (Bl. 84 bis 86 d. A.) Bezug genommen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

26

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 02.10.2014.

Entscheidungsgründe

I.

27

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

28

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

29

Denn das Arbeitsgericht ist ebenso im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG und damit rechtsunwirksam ist und dass folglich des Weiteren die Beklagte zur Zahlung von Arbeitsentgelt aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§§ 615, 293 ff. BGB, 11 KSchG) verpflichtet ist.

30

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass vorliegend die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht gegeben sind.

31

Was als verhaltensbedingter Kündigungsgrund zu verstehen ist, wird im KSchG zwar nicht definiert. Allerdings kommen verhaltensbedingte Umstände, die grds. dazu geeignet sind, einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, ebenso als verhaltensbedingte Gründe i. S. d. § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG in Betracht. Im Übrigen ist eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 S 1 Alt. 2 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint. Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermag. Ebenso kann eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen (BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607;s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 10).

32

Eine ordentliche verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung ist grds. nur dann sozial gerechtfertigt (vgl. BAG 24.06.2004 EzA § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 65, 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 37; 03.11.2011 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 79 = NZA 2012, 607; s. a. BAG 12.05.2011 EzA § 123 BGB 2002 Nr. 1; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 12. Aufl. 2015, Kap. 4, Rn. 2282 ff.) wenn

33

- ein (i. d. R. schuldhaftes) Fehlverhalten des Arbeitnehmers als Abweichung des tatsächlichen Verhaltens oder der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung vom vertraglich geschuldeten Verhalten bzw. der vertragliche geschuldeten Arbeitsleistung gegeben ist, der Arbeitnehmer also seine vertraglichen haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i. d. R. schuldhaft verletzt hat;
- dieses Fehlverhalten auch betriebliche Auswirkungen hat;
- (i. d. R. zumindest) eine einschlägige vorherige Abmahnung gegeben ist;
- danach weiteres einschlägiges schuldhaftes Fehlverhalten mit betrieblichen Auswirkungen vorliegt und
- eine umfassende Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der betrieblichen Auswirkungen des Fehlverhaltens oder der Schlechtleistung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips das Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ergibt.

34

Es gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für eine Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch zukünftig noch belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG 19.04.2007 NZA-RR 2007, 571; LAG RhPf 26.02.2010 NZA-RR 2010, 297).

35

Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung, wie bereits dargelegt, regelmäßig eine Abmahnung voraus; sie dient der Objektivierung der Prognose (BAG 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67: 12.01.2006 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Sie ist nur dann entbehrlich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht Erfolg versprechend angesehen werden kann. Das ist insbes. dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Nur besonders schwere Vorwürfe bedürfen keiner Abmahnung, wenn und weil der Arbeitnehmer dann von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann (LAG RhPf 26.02.2010 - 6 Sa 682/09, NZA-RR 2010, 297; LAG Nds. 12.02.2010 - 10 Sa 1977/08, EzA-SD 8/2010 S. 6 LS).

36

Einer Abmahnung bedarf es danach bei einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes also nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG 24.03.2011 - 2 AZR 282/10, EzA-SD 16/2011 S. 3 LS = NZA 2011, 1029; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35; 09.06.2011 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 36; 19.04.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 39 = NZA-RR 2012, 567;25.10.2012 EzA § 626 BGB 2002 Nr. 41 = NZA 2013, 319; LAG Hessen 27.02.2012 NZA-RR 2012, 471), denn dann ist grds. davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann; die Abmahnung dient insoweit der Objektivierung der negativen Prognose: Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

37

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Arbeitsgericht zutreffend verneint.

38

Beruht nämlich die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist zunächst einmal grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Von dem Arbeitgeber ist nach dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz deshalb, wie darlegt, grundsätzlich zu fordern, dass er ein zu beanstandendes Verhalten zum Anlass für eine Abmahnung nimmt. Soweit die Beklagte insoweit die ordentliche Kündigung auf ein Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter E. der Beklagten stützt, fehlt es bereits an einem substantiiert, d. h. nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen nachvollziehbar dargelegten entsprechenden schuldhaften Fehlverhalten der Klägerin. Dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen lässt sich auch im Ansatz nicht entnehmen, wo ein derartiges Fehlverhalten zu sehen sein soll; das Vorbringen der Beklagten ist insoweit nicht einmal einlassungsfähig. Des Weiteren wäre selbst dann, wenn hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, die Kündigung gleichwohl sozial nicht gerechtfertigt, weil es an einer vorliegend notwendigen einschlägigen Abmahnung fehlt.

39

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

40

"Eine Abmahnung erfolgte unstreitig nicht. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein Fehlverhalten der Klägerin zu verzeichnen ist, so liegt jedenfalls offensichtlich kein derart schwerer Fehler vor, der eine Abmahnung entbehrlich machen würde. Die Beklagte trägt nicht vor, inwiefern sich die Klägerin der Anweisung des Herrn E., nur nach Rücksprache mit ihm Schichten zu tauschen, nach dieser Anweisung zu Unrecht widersetzt haben soll. Auch das eigenständige Organisieren einer Vertretung im Krankheitsfall mag die Beklagte beanstanden und eine anderweitige Regelung vorschlagen, eine Kündigung ohne Abmahnung kann es indes keinesfalls rechtfertigen. Daher kann auch offen bleiben, ob die Kündigung bereits wegen des Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB unwirksam ist, da die Beklagte im Gütetermin erklärt hat, sie habe gekündigt, "weil die Klägerinnen zum Anwalt gegangen seien und hierdurch das Vertrauensverhältnis zerstört worden sei".

41

Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen; darauf wird folglich zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

42

Die Zahlungsansprüche der Klägerin sind jedenfalls in dem vom Arbeitsgericht ausgeurteilten und ins Berufungsverfahren gelangten Ausmaß begründet.

43

Gemäß §§ 615 Satz 1 in Verbindung mit §§ 293 ff. BGB, 11 KSchG kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug geraten ist.

44

Annahmeverzug setzt also voraus, dass der Arbeitgeber ein - vertragsgemäßes Angebot des Arbeitnehmers der Arbeitsleistung ablehnt (§ 293 BGB).

45

Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung persönlich tatsächlich so anbieten, wie sie zu bewirken ist (§§ 294, 613 S. 1 BGB BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; 19.05.2010 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 33), d. h. zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Art und Weise; der Arbeitnehmer muss sich also zur vertraglich vereinbarten Zeit an den vereinbarten Arbeitsort begeben und die nach dem Vertrag geschuldete Arbeitsleistung anbieten (BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; s.a. BAG 19.09.2012 EzA § 54 TVG Ausschlussfristen Nr. 201 = NZA 2013, 101; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2014, Kap. 3 Rdnr. 1515 ff.). Auch nach Ablauf der Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nach § 295 BGB eines wörtlichen Angebots des Arbeitnehmers. Das wörtliche Angebot ist nicht nach § 296 BGB entbehrlich (BAG 19.09.2012 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 201).

46

Gemäß § 295 BGB genügt ausnahmsweise ein wörtliches Angebot der Leistung, wenn der Gläubiger (Arbeitgeber) erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen wird oder wenn eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterblieben ist (BAG 07.12.2005 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 12; 12.07.2006 NZA 2006, 1047; s. a. Hess. Landesarbeitsgericht 21.08.2006 NZA-RR 2007, 186). Als wörtliches Angebot kann auch ein Widerspruch des Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden (BAG 12.07.2006, 1094; BGH 28.10.1996, NZA-RR 1997, 329).

47

Das Angebot ist also entbehrlich, wenn die verpflichtete Partei erkennen lässt, sie sei unter keinen Umständen bereit, den Dienstverpflichteten weiter zu beschäftigen (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; BGH EzA § 615 BGB Nr. 100).

48

Selbst ein wörtliches Angebot ist insbes. dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber es versäumt, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das ist bei Übertragung eines neuen Arbeitsbereichs nur dann der Fall, wenn diese vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist (Landesarbeitsgericht Köln 14.02.2011, 211 LS). Ergibt sich z. B. aus einem Arbeitszeitmodell, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, einen Negativsaldo zurückzuführen, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer zum Ausgleich Arbeit zu übertragen, da der Arbeitnehmer nicht berechtigt ist, sich Arbeit zu nehmen. Ein Arbeitgeber, der der Verpflichtung zum Einsatz des Arbeitnehmers aus dem im Arbeitsvertrag festgelegten Umfang nicht nachkommt und die vertraglich ge-forderte Stundenzahl nicht abfordert, gerät folglich in Annahmeverzug (Hess. Landesarbeitsgericht 02.06.2005 NZA-RR 2006, 127).

49

Auch die Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht bedeutet einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung. Mit der Freistellung tritt mithin regelmäßig Annahmeverzug des Arbeitgebers mit den Rechtsfolgen des § 615 BGB ein (BAG 23.09.2009 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 30; 23.01.2008 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 22; 06.09.2006 EzA § 615 2002 Nr. 16; Landesarbeitsgericht SchlH 22.12.2011 LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 15).

50

Zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang, welche Voraussetzungen für die Begründung von Annahmeverzug des Arbeitgebers im Zusammenhang mit von diesem erklärten Kündigungen bestehen, deren Unwirksamkeit später rechtskräftig festgestellt wird. Es ist davon auszugehen, dass in der Erhebung der Kündigungsschutzklage ein ausreichendes wörtliches Angebot i.S.d. § 295 BGB liegt (BAG 18.12.1986 EzA § 615 BGB Nr. 53; 19.04.1990 EzA § 615 BGB Nr. 66; krit. Waas NZA 1994, 151 ff.; s.a. Ricken NZA 2005, 323 ff.). Es bedarf dann auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebots des Arbeitnehmers mehr, um den Arbeitgeber in Annahmeverzug zu setzen. Als wörtliches Angebot kann auch ein sonstiger Widerspruch des Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; BGH 28.10.1996, NZA-RR 1997, 329).

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Denn der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ihm ferner Arbeit zuzuweisen und somit eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung gem. § 296 BGB vorzunehmen. Er muss als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung ermöglichen.

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Erst durch die Wahrnehmung seines Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) konkretisiert der Arbeitgeber die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers im Zuge der Arbeitssteuerung. und schafft so die Grundalge für den Leistungserfüllungsvorgang. Dazu muss er den der Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers fortlaufend planen und durch Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher konkretisieren. Kommt der Arbeitgeber dieser Obliegenheit nicht nach, gerät er in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer bedarf (BAG 19.01.1999 EzA § 615 BGB Nr. 93; Landesarbeitsgericht Köln 04.03.2010 - 6 Sa 117/10, AuR 2010, 444 LS).

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Es reicht in diesem Zusammenhang nicht aus, dass auf die Existenz eines Arbeitsplatzes verwiesen und im Übrigen zum Ausdruck gebracht wird, man werde den Arbeitnehmer schon "irgendwie" beschäftigen. Die zugewiesene Arbeit ist zu konkretisieren, damit der Arbeitnehmer überprüfen kann, ob der Arbeitgeber sein Weisungsrecht zulässig ausübt. Der Arbeitnehmer schuldet nur eine vertragsgemäße Arbeitsleistung (Landesarbeitsgericht SchlH 10.12.2003 - 3 Sa 395/03, EzA-SD 2/04, S. 8 LS). Andererseits ist ein Angebot der Arbeitsleistung im Übrigen regelmäßig nicht nach § 296 BGB entbehrlich, da für die Einteilung der Arbeit durch den Arbeitgeber keine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, sondern der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit - im Grundsatz - jederzeit bestimmen kann (BAG 30.04.2008 NZA-RR 2008, 551).

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Da der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung allerdings den entgegengesetzten Willen unzweideutig zu erkennen gibt (BAG 12.07.2006 NZA 2006, 1094; s.a. Landesarbeitsgericht München 19.08.2010 LAGE § 613 a BGB 2002 Nr. 30; Widerspruch gegen Betriebsübergang), muss er den Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordern - im Falle einer außerordentlichen Kündigung sofort bzw. nach Ablauf einer etwaigen Auslauffrist -, wenn er trotz der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Gleiches gilt z. B. bei der Einhaltung einer zu kurzen Kündigungsfrist (BAG 09.04.1987 EzA § 9 AÜG Nr. 1; Landesarbeitsgericht SchlH 10.12.2003 - 3 Sa 395/03, EzA-SD 2/04, S. 8 LS; s. auch Landesarbeitsgericht Bln 20.09.2002 - 6 Sa 961/02, EzA-SD 24/02, S. 13 LS).

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Das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der geltend gemachten Annahmeverzugsentgeltansprüche hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6, 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 43, 44 d. A.) Bezug genommen.

56

Gleiches gilt für die Berechnung der Höhe der geltend gemachten Ansprüche; insoweit bedarf es weiterer Ausführungen vorliegend schon deshalb nicht, weil sich das Berufungsvorbringen der Beklagten dazu nicht verhält. Insoweit werden keinerlei nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tat-sachenbehauptungen vorgetragen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen.

57

Insgesamt rechtfertigt das Berufungsvorbringen der Beklagten keine ab-weichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält hinsichtlich des behaupteten schuldhaften Fehlverhaltens der Klägerin wiederum, wie bereits im erstinstanzlichen Rechtszug, keinerlei nachvollziehbares substantiiertes tatsächliches Vorbringens, das auch nur einem substantiierten Bestreiten durch die Klägerin zugänglich gewesen wäre. Des Weiteren ist auch im Ansatz nicht nachvollziehbar, warum entgegen der zuvor dargestellten Grundsätze bei dem von der Beklagten - lediglich im Ansatz - behaupteten Fehlverhalten der Klägerin eine Abmahnung ausnahmsweise trotz Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einmal entbehrlich gewesen sein könnte. Zu den geltend gemachten Annahmeverzugsentgeltansprüchen schließlich fehlt, wie dargelegt, jegliches Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren.

58

Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

60

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien keine Veranlassung gegeben.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.