Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Juni 2017 - 6 Sa 502/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0620.6Sa502.16.00
bei uns veröffentlicht am20.06.2017

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 29. September 2016 - 8 Ca 280/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Weihnachtsgeld für das Jahr 2015.

2

Der Kläger trat zum ab 01. Januar 1999 in die Dienste der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin ein. § 4 des das Arbeitsverhältnis zuletzt bestimmenden Arbeitsvertrages vom 01. März 2012 (Bl. 5 ff. d. A., im Folgenden: AV) enthält ua. folgende Regelungen:

3

„§ 4 Arbeitsvergütung

4

4.1. Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung von 2.580,00 Euro pro Monat. Überstunden werden gemäß der jeweils gültigen Betriebsanordnung vergütet.

5

Es werden ferner zusätzliche Leistungen bezahlt:

6

- Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes vor Weihnachten
- Urlaubsgeld in Höhe eines halben Monatsgehaltes zur Sommerzeit
- Zusätzliche Anwesenheitsprämie in Höhe von je einem Viertel Monatsgehalt im Juni und Dezember. Bei Abwesenheit werden pro Tag 2,5% des Monatsgehaltes abgezogen.
- Jahresbonus gemäß der jeweils gültigen und jährlich zu besprechenden Jahresvereinbarung.

7

Gratifikationen, Tantiemen, Prämien und/oder sonstige zusätzliche Leistungen vom Arbeitgeber, werden von diesem freiwillig gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung wiederholt und ohne ausdrückliche Formulierung des Vorbehalts der Freiwilligkeit erfolgt. Etwas anderes gilt bei Zahlungen, die aufgrund dieses Vertrages, einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages erfolgen.

8

Insbesondere besteht ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation nicht. Wenn eine solche gewährt wird, so handelt es sich um eine freiwillige Leistung, auf die auch bei mehrfacher Gewährung kein Rechtsanspruch besteht. Voraussetzung für die Gewährung einer Gratifikation ist stets, dass das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag weder beendet noch gekündigt ist. …

9

4.2. …

10

4.3. Die Zahlung der Vergütung ist am jeweils letzten Kalendertag eines Monats fällig. …“

11

Soweit dem Kläger in der Vergangenheit Weihnachtsgeld gezahlt wurde, erfolgte die Zahlung mit der Novemberabrechnung.

12

Über das Vermögen der Beklagten wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 30. September 2015 - 3 e IN 245/15 - wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und zugleich Eigenverwaltung unter Bestellung eines Sachwalters unter Verbleib der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der Beklagten angeordnet.

13

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen mit Schreiben vom 24. November 2015, dem Kläger zugegangen am 27. November 2015, zum 29. Februar 2016.

14

Der Kläger hat gegen die Beklagte nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein am 15. Februar 2016 Klage auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2015 erhoben.

15

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Arbeitsvertrag gewähre ihm einen Anspruch auf die Gratifikation, da der Freiwilligkeitsvorbehalt nach § 307 Abs. 1 Satz 3 BGB intransparent und damit unwirksam sei und dem Weihnachtsgeld reiner Entgeltcharakter, jedenfalls aber Mischcharakter zukomme. Auch wenn in den letzten drei Jahren kein Weihnachtsgeld gezahlt worden sei, gebe es keine negative betriebliche Übung. Er habe entgegen der unsubstantiierten Behauptung der Beklagten auch nicht auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes verzichtet, sondern sei bereits im November 2015 wegen des Weihnachtsgeldes an die Beklagte herangetreten, woraufhin man ihm gesagt habe, dass man aus finanziellen Gründen keine Chance sehe, zu zahlen, ohne dass von einem angeblichen früheren Verzicht des Klägers die Rede gewesen sei. Die Weihnachtsgratifikation habe sich in den Jahren vor der „Zahlungseinstellung“ für ihn als fester Gehaltsbestandteil (13. Monatsgehalt) dargestellt.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 2.580,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 24. Dezember 2015 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, bereits angesichts der klaren Formulierung des Freiwilligkeitsvorbehalts bestehe kein Verstoß gegen das Transparenzgebot. Wie schon im Jahr 2013 hätten die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung am 04. November 2015, an der auch der Kläger teilgenommen habe, wegen ihrer schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse zugestimmt, dass das Weihnachtsgeld nicht gezahlt werde. Außerdem habe das Arbeitsverhältnis entgegen der Regelung in § 4 AV am Auszahlungstag nicht ungekündigt bestanden. Das Weihnachtsgeld sei als reine Sonderzahlung außerhalb des Gegenseitigkeitsverhältnisses ausschließlich zur Belohnung der Betriebstreue in nicht individueller Höhe und nicht arbeitsleistungsbezogen gezahlt worden, so dass die Stichtagsregelung zulässig sei. Sie habe mit der Zahlung stets dem zusätzlichen finanziellen Bedarf der Mitarbeiter in der Weihnachtszeit Rechnung tragen wollen.

21

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. September 2016 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung des Weihnachtsgeldes 2015, weil sich das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag bereits in gekündigtem Zustand befunden habe. Der Ausschluss des Anspruchs sei wirksam, da die Sonderzuwendung nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung gestanden habe. Dies ergebe eine Auslegung der Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellenden arbeitsvertraglichen Vorschriften. Die Bezeichnung „Weihnachtsgeld“ und der Zeitpunkt der Auszahlung legten nahe, dass der Arbeitgeber mit der Zahlung einen Beitrag zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen habe leisten wollen. Die Zahlung werde auch allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht an eine persönliche qualitative oder quantitative Zielerreichung oder an ein bestimmtes Betriebsergebnis geknüpft. Dies lasse für einen verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit dem Weihnachtsgeld, dass sich der Höhe nach in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne Vergütungscharakter bewege, ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Allein aufgrund der einleitenden Worte in § 4 AV und allein dadurch, dass das Weihnachtsgeld im Arbeitsvertrag unter der Überschrift „Arbeitsvergütung“ geregelt worden sei, ergebe sich kein Mischcharakter der Zahlung. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 94 ff. d. A. Bezug genommen.

22

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 03. November 2016 zugestellte Urteil mit am 05. Dezember 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 29. Dezember 2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

23

Der Kläger macht zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 116 f. d. A. verwiesen wird, im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags geltend,

24

das Arbeitsgericht übersehe mit seiner Wertung des Weihnachtsgeldes allein als Beitrag zum Weihnachtsfest und zum Zwecke der Honorierung von Betriebstreue, dass die Leistung unter der Überschrift „Arbeitsvergütung“ zur „zusätzlichen Vergütung von Leistungen“ im Arbeitsvertrag geregelt sei und dass das 13. Monatsgehalt in der Vergangenheit fest eingeplant zu seinem generellen Finanzbedarf gehört habe. Sowohl der Vertragswortlaut, als auch seine erkennbare Interessenlage spreche für eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Anderes habe die Beklagte nicht klar zum Ausdruck gebracht und gehe daher zu ihren Lasten.

25

Der Kläger beantragt,

26

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - 8 Ca 280/16 - vom 29. September 2016 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.580,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 24. Dezember 2015 zu zahlen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 30. Januar 2017 (Bl. 139 ff. d. A.) und macht zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

30

das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass sich aus § 4 AV ergebe, dass die Sonderzuwendung ausschließlich sonstigen Zwecken gedient habe. Es sei auch nicht etwa durch eine vorherige Arbeitsleistung der Höhe nach anteilig erworben worden.

31

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz und der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

32

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

33

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 03. November 2016 mit am 05. Dezember 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit bei Gericht am 29. Dezember 2016 eingegangenem Schriftsatz, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 ZPO).

II.

34

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf das geltend gemachte Weihnachtsgeld 2015 nicht zu.

35

1. Die Klage ist zulässig. Trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten bereits vor Klageerhebung konnte der Kläger die Klage gegen die Beklagte selbst richten. Daraus, dass dem Insolvenzschuldner im Fall der Anordnung der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse verbleibt (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO), folgt zugleich, dass er auch die Prozessführungsbefugnis behält(vgl. BGH 07. Dezember 2006 - V ZB 93/06 - Rn. 5, zitiert nach juris; Landfermann in Kayser/Thole Heidelberger Kommentar zur InsO 8. Aufl. § 270 Rn. 35). Die Klage ist darüber hinaus auch dann als Leistungsklage zulässig, wenn es sich bei dem erhobenen Anspruch tatsächlich um eine Insolvenzforderung handeln sollte. Geht der Arbeitnehmer nicht von einer Masseverbindlichkeit, sondern lediglich von einer Insolvenzforderung aus, ist die auf eine Leistung gerichtete Klage unzulässig; der Arbeitnehmer kann diese Ansprüche nach § 87 InsO nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens verfolgen und muss sie nach § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO - vorliegend beim Sachwalter - anmelden; beruft sich der Arbeitnehmer dagegen auf eine vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit iSv. § 55 InsO, ist die Klage nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Insolvenzforderung handelt(vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17, zitiert nach juris). Vorliegend hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ausdrücklich klargestellt, dass er einen Anspruch aus der Masse verlange.

36

2. Die Klage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2015.

37

2.1. Die Klage ist nicht bereits unbegründet, weil der vom Kläger verfolgte Anspruch eine Insolvenzforderung darstellt, die der Kläger nach § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO beim Sachwalter zur Tabelle hätte anmelden und im Bestreitensfall im insolvenzrechtlichen Feststellungsverfahren verfolgen müssen. Das vom Kläger geltend gemachte Weihnachtsgeld 2015 stellt insolvenzrechtlich eine Masseforderung iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO dar.

38

a) Unter welchen Voraussetzungen jährliche Sonderzuwendungen als Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO anzusehen sind, hängt vom Zweck der Sonderzuwendung ab.

39

aa) Mit einer Sonderzuwendung kann die vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honoriert werden. Der Anspruch auf eine solche Sonderzuwendung entsteht regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig. Insolvenzrechtlich sind solche arbeitsleistungsbezogenen Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind. Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseforderungen Soweit durch sie vor Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden, liegen Insolvenzforderungen vor. Für einen ratierlichen Erwerb des Anspruchs in dem hier dargestellten Sinne genügt es, dass der Anspruch - unabhängig von einer gleichmäßigen Zielerfüllung im Geschäftsjahr - kontinuierlich an die Arbeitsleistung anknüpft. Ist die zusätzliche Vergütung dagegen für besondere, zu bestimmten Zeiten während des Geschäftsjahres zu erbringende Leistungen versprochen, kann es allein auf diese Zeiträume ankommen (vgl. insgesamt BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 14, mwN).

40

bb) Sonderzuwendungen können auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie“ langfristige oder als „Halteprämie“ kurzfristige bzw. künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab. Insolvenzrechtlich sind derartige stichtags- oder anlassbezogene Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fällt. Liegt der Stichtag zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit. Im anderen Fall ist eine solche Zahlung in voller Höhe als Insolvenzforderung anzusehen (vgl. insgesamt BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 15, mwN).

41

cc) Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele gebunden ist (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 16, mwN).

42

b) Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Weihnachtsgeld 2015 um eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

43

aa) Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass das in § 4.1. AV geregelte Weihnachtsgeld nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dienen, sondern lediglich einen Beitrag der Arbeitgeberin zu erhöhten Weihnachtsaufwendungen leisten und Betriebstreue belohnen sollte. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (S. 6 bis 7 des Urteils = Bl. 96 f. d. A.) Bezug, macht sich diese zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Angriffe der Berufung rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht. Dem arbeitsvertraglich geregelten Weihnachtsgeld, dessen Gewährung nicht an die Erreichung persönlicher qualitativer oder quantitativer Ziele gebunden ist, kommt weder reiner Entgeltcharakter, noch auch nur Mischcharakter zu. Das Arbeitsgericht hat entgegen der Auffassung der Berufung zu Recht festgestellt, dass die Tatsache, dass die Bedingungen für die Gewährung eines Weihnachtsgeldes unter der Überschrift „Arbeitsvergütung“ geregelt sind, genauso wenig zu einem Mischcharakter der Leistung führt wie der Umstand, dass das Weihnachtsgeld nach dem Vertragswortlaut zu den „zusätzlich vergüteten Leistungen“ zählt. Auch wenn der Berufung zuzugestehen ist, dass hierin zumindest Anhaltspunkte für einen Mischcharakter der Weihnachtsgratifikation gesehen werden könnten, spricht dagegen letztlich jedoch bereits, dass der Bezeichnung „Arbeitsvergütung“ - ähnlich dem steuerrechtlichen Begriff des Arbeitslohns - dem reinen Wortlaut nach auch sonstige, nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Leistungen des Arbeitgebers zugeordnet werden können. Soweit § 4.1. AV das streitige Weihnachtsgeld als „zusätzliche Leistung“ bezeichnet, übersieht die Berufung, dass mit dieser Formulierung lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass weitergehende Leistungen erbracht werden, nicht jedoch zugleich feststeht, dass die Leistungen zusätzlich Vergütung für geleistete Arbeit darstellen sollen. Damit spricht bereits der Vertragswortlaut nicht zwingend für eine Sonderzahlung mit Mischcharakter. Angesichts der Tatsache, dass an das Weihnachtsgeld, das im zeitlichen Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest gezahlt werden soll, neben dem Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Stichtag der Auszahlung keine weiteren Voraussetzungen geknüpft werden, hat das Arbeitsgericht zu Recht angenommen, dass mit dem Weihnachtsgeld neben der Belohnung von Betriebstreue ausschließlich Mehraufwendungen im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest abgedeckt werden sollten. Dass der Kläger das zuletzt in 2012 gezahlte Weihnachtsgeld zur Deckung seines generellen Finanzbedarfs verwendet haben mag, ändert hieran nichts.

44

bb) Da der Stichtag der Auszahlung für das Weihnachtsgeld 2015 mit dem 30. November 2015 als Fälligkeitszeitpunkt iSd. § 4.3. AV zeitlich nach der bereits zum 30. September 2015 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten liegt, handelt es sich bei der Klageforderung um eine Masseverbindlichkeit.

45

2.2. Die Klage auf Zahlung des eine Masseverbindlichkeit darstellenden Weihnachtsgeldes 2015 blieb ohne Erfolg, weil der Kläger die in § 4.1. AV geregelte Anspruchsvoraussetzung des ungekündigten Bestandes des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag nicht erfüllt hat. § 4.1 AV hält im Hinblick auf die Stichtagsregelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Der Kläger wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf das Weihnachtsgeld ausgeschlossen ist, wenn sich das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet. Hiervon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Auf die Frage der Wirksamkeit des ebenfalls in § 4.1. AV enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehaltes kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich an.

46

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie vorliegend die Bestimmungen des Arbeitsvertrages - unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(vgl. insgesamt BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 24, zitiert nach juris, mwN).

47

Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, stellt es keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar, wenn der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag als Anspruchsvoraussetzung bestimmt wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 25, 27, aaO). Der Arbeitgeber kann unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören. Entscheidend ist, dass nicht in das Synallagma eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 26, aaO).

48

b) Gemessen hieran ist es angesichts des bereits unter A II 2. 2.1. b) aa) dargestellten Zwecks des Weihnachtsgeldes als nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis stehender Zahlung nicht zu beanstanden, dass nach § 4.1 AV die Auszahlung des Weihnachtsgeldes vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Anhaltspunkte dafür, dass die sich bei Kündigungsausspruch unstreitig in wirtschaftlichen Nöten befindliche Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann, bestehen nicht.

49

2.3. In Ermangelung eines Anspruchs auf Zahlung des Weihnachtsgeldes kann dahinstehen, ob die Beklagte - woran Zweifel bestehen - einen Verzicht des Klägers auf die Zahlung des Weihnachtsgeldes 2015 schlüssig dargelegt hätte.

B

50

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

51

Gründe, die nach § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
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2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Vorschriften dieses Teils sind auf Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 nicht anzuwenden.

5
1. Fehlerhaft hat es allerdings den von dem Insolvenzgericht bestellten Sachwalter als neuen Beklagten und Berufungskläger in das Rubrum des angefochtenen Beschlusses aufgenommen. Daraus, dass dem Insolvenzschuldner in dem Fall der Anordnung der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse verbleibt (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO), folgt zugleich, dass er auch die Prozessführungsbefugnis behält (MünchKommInsO /Wittig, § 270 Rdn. 105). Deshalb ist das Rubrum dahingehend zu berichtigen , dass die Insolvenzschuldnerin nach wie vor Partei des Rechtsstreits ist.

Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen.

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. März 2011 - 5 Sa 2740/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt Vergütung für sog. Mehrarbeit in der Zeit von März bis Mai 2009 und im August 2009. Er leistete die Arbeit ohne Entgeltausgleich vor Eröffnung der Insolvenz der Schuldnerin aufgrund einer Sanierungsvereinbarung der Tarifvertragsparteien.

2

Der Kläger war seit 1985 bei der Schuldnerin, der Hugo Rossmann Apparatebau GmbH, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge des Tarifgebiets I der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg Anwendung.

3

Der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e. V. und die Gewerkschaft IG Metall vereinbarten am 13. Dezember 2007 für die Schuldnerin eine „Betriebliche Sonderregelung gem. Tarifvertrag zu betrieblichen Sonderregelungen für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg, Tarifgebiet I und II, vom 18.05.2002 in der Fassung vom 09.05.2007“ (SR). Die SR sollte nach der einleitenden Formulierung dazu dienen, eine aktuelle Gefährdung der wirtschaftlichen Bestandsfähigkeit der Schuldnerin abzuwenden und ihre Arbeitsplätze zu sichern. Die SR lautet auszugsweise:

        

㤠2 Entgelte

        

…       

        
        

2.    

…       

                 

Die in Ziffern 2.1.3 und 2.1.5 des Lohntarifvertrages sowie in Ziffern 4.1.3 und 4.1.5 des Gehaltstarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg, Tarifgebiet I, jeweils vom 9. Mai 2007, vorgesehenen Pauschal- und Einmalbeträge entfallen ersatzlos.

        

…       

        

§ 4 Wöchentliche Arbeitszeit

        

Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit bleibt unverändert. Je nach Auftragslage können bis zu 4 Stunden wöchentlich ohne Entgeltausgleich mehr gearbeitet werden. Ankündigungsfrist, Lage, Beginn und Ende sowie Verteilung der Arbeitszeiten regeln die Betriebsparteien. Die ohne Entgeltausgleich mehr gearbeiteten Stunden sind für jeden Beschäftigten gesondert zu erfassen und zu dokumentieren.

        

…       

        

§ 6 Beschäftigungssicherung

        

3Scheiden Mitarbeiter während der Laufzeit dieser betrieblichen Sonderregelung aufgrund betriebsbedingter Beendigungskündigungen aus, wird die nach § 4 dieser betrieblichen Sonderregelung mehr geleistete Arbeitszeit für die letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden monetär vergütet. ...

        

…       

        

§ 9 Schlussbestimmungen

        

…       

        
        

6.    

Verliert diese betriebliche Sonderregelung ihre Wirkung, weil sie vor Ablauf des 31.12.2010 von einer Seite aus wichtigem Grund gekündigt worden ist, sind die in dieser tariflichen Sonderregelung getroffenen Regelungen … zu der wöchentlichen Mehrarbeit ohne Entgeltausgleich (nach § 4) von Anfang an wirkungslos.

                 

…       

                 

Die nach § 4 geleistete Mehrarbeit ohne Entgeltausgleich ist ebenfalls zum Ende des auf die Kündigung dieser Vereinbarung folgenden Monats fällig.“

4

Der Kläger leistete von März bis Mai 2009 und im August 2009 zusätzliche Arbeitsstunden iSv. § 4 Satz 2 SR, für die er im Fall der Vergütungspflicht 934,46 Euro hätte beanspruchen können. Im März 2009 handelte es sich um 17,5 Stunden (14 Arbeitstage vom 2. bis 5. März 2009, 16. bis 19. März 2009, 23. bis 26. März 2009 sowie am 30. und 31. März 2009 x 1,25 Stunden = 17,5 Stunden à 15,93 Euro brutto = 278,78 Euro brutto). Im April 2009 fielen 18,75 Stunden sog. Mehrarbeit an (15 Arbeitstage am 1. und 2. April 2009, 6. und 7. April 2009, vom 14. bis 16. April 2009, 20. bis 23. April 2009 und 27. bis 30. April 2009 x 1,25 Stunden = 18,75 Stunden à 15,93 Euro brutto = 298,69 Euro brutto). Auf Mai 2009 entfiel sog. Mehrarbeit von 14,94 Stunden (18 Arbeitstage vom 4. bis 8. Mai 2009, 11. bis 15. Mai 2009, 18. bis 20. Mai 2009 und 25. bis 29. Mai 2009 x 0,83 Stunden = 14,94 Stunden à 15,93 Euro brutto = 237,99 Euro brutto). Im August 2009 leistete der Kläger über die tarifliche Arbeitszeit hinaus 7,47 Stunden (neun Arbeitstage vom 19. bis 21. August 2009, 24. bis 28. August 2009 und am 31. August 2009 x 0,83 Stunden = 7,47 Stunden à 15,93 Euro brutto = 119,00 Euro brutto). Mehrarbeit in diesem Sinn war die Arbeitszeit, die nach dem Arbeitszeitkonto des Klägers täglich sieben Stunden oder wöchentlich 35 Stunden überschritt.

5

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten vom 28. November 2009 mit dem 28. Februar 2010. Die Beklagte begründete die Kündigung mit betriebsbedingten Gründen.

6

Der Kläger hat die auf § 6 Satz 3 SR gestützten Ansprüche auf sog. Mehrarbeitsvergütung für Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO gehalten. Die Ansprüche auf Vergütung der zunächst unentgeltlich geleisteten Sanierungsstunden seien erst mit Wirksamwerden der Kündigung der Beklagten entstanden. Es handle sich nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck des § 6 Satz 3 SR um Ansprüche, die „für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens“ erfüllt werden müssten. Das synallagmatische Verhältnis von Arbeit und Vergütung sei durch die SR aufgehoben worden. Die Entgeltpflicht sei durch einen begrenzten Kündigungsschutz ersetzt und durch die Ersatzleistung nach § 6 Satz 3 SR abgesichert worden. Die Tarifbestimmung sei in dieser Auslegung nicht unwirksam nach § 119 InsO. Sie setze die Rechtsfolgen des § 108 Abs. 3 InsO nicht außer Kraft. Vielmehr sei der Tatbestand dieser Norm nicht erfüllt. Die Vergütungsansprüche seien erst nach Insolvenzeröffnung entstanden.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn aus der Masse 934,46 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Dezember 2009 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die erhobenen Ansprüche seien Insolvenzforderungen iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO. Es komme nicht darauf an, ob § 4 Satz 2 SR einen durch eine betriebsbedingte Beendigungskündigung auflösend bedingten Forderungserlass enthalte oder aber die Fälligkeit der Vergütungsforderung aufschiebe. Entscheidend sei nach dem Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO allein, dass der Kläger die den Ansprüchen zugrunde liegende sog. Mehrarbeit vor Insolvenzeröffnung geleistet habe. Die Arbeitsleistung komme der Masse deshalb nicht zugute. Die zusätzliche Arbeit und der Kündigungsschutz stünden nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis. Würde § 6 Satz 3 SR iSd. Verständnisses des Klägers ausgelegt, wäre die Bestimmung nach § 119 InsO unwirksam.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, die Klage aber für unbegründet gehalten. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageforderungen weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.

11

A. Die Klage ist zulässig.

12

I. Die nach § 260 ZPO objektiv gehäuften Anträge sind hinreichend bestimmt.

13

1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss eine Klage einen bestimmten Antrag enthalten und den Lebenssachverhalt erkennen lassen, aus dem der geltend gemachte Anspruch folgen soll. Fehlen diese Angaben, steht der Umfang der Rechtskraft des erstrebten Urteils nach § 322 Abs. 1 ZPO nicht fest.

14

2. Dem genügt das Klagevorbringen, obwohl der Kläger zwar die Tage, nicht aber die einzelnen Arbeitsstunden, für die er sog. Mehrarbeitsvergütung beansprucht, dargelegt hat. Das Problem stellt sich, obwohl die Stundenzahlen festgestellt und zwischen den Parteien unstreitig sind. Die Prozessvoraussetzung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist von Amts wegen zu prüfen. Die vom Kläger erhobenen Ansprüche sind für März bis Mai und August 2009 jedoch abschließend geltend gemacht und nach Tagen konkretisiert. Die Reichweite der Rechtskraft des angestrebten Urteils unterliegt daher hinsichtlich der einzelnen Klagegründe keinem Zweifel (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; 13. Dezember 2001 - 6 AZR 127/00 - zu B I 1 a der Gründe, EzBAT BAT SR 2l II Nr. 2 Nr. 10; 4. Mai 1994 - 4 AZR 445/93 - zu I der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arbeiterwohlfahrt Nr. 1 = EzA BGB § 611 Mehrarbeit Nr. 5).

15

3. Die Klage ist zudem wegen der Saldierung der Ansprüche auf einem Arbeitszeitkonto des Klägers ausreichend bestimmt. Wird die Klage dahin verstanden, dass sie auf den Ausgleich des aus dem Arbeitszeitkonto ermittelten monatlichen Guthabens gerichtet ist, brauchten die Arbeitsstunden nicht näher bezeichnet zu werden (vgl. BAG 13. März 2002 - 5 AZR 43/01 - zu I der Gründe, EzA ZPO § 253 Nr. 22; 25. Oktober 2000 - 4 AZR 596/99 - zu I der Gründe, BAGE 96, 189).

16

II. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Klage auch dann nicht unzulässig, wenn es sich bei den erhobenen Ansprüchen um Insolvenzforderungen handelt. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

17

1. Geht der Arbeitnehmer nicht von einer Masseverbindlichkeit, sondern lediglich von einer Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO aus, ist die auf eine Leistung des Insolvenzverwalters gerichtete Klage unzulässig. Der Arbeitnehmer kann diese Ansprüche nach § 87 InsO nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens verfolgen und muss sie gegenüber dem Insolvenzverwalter nach § 174 InsO anmelden(vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 13, BAGE 118, 115). Beruft sich der Arbeitnehmer dagegen auf eine vorweg zu berichtigende Masseverbindlichkeit iSv. § 55 InsO, ist die Klage nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn es sich in Wirklichkeit um eine Insolvenzforderung handelt(vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 14, BAGE 124, 150; 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 15, BAGE 117, 1).

18

2. Der Kläger hat die Ansprüche auf sog. Mehrarbeitsvergütung stets für Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 InsO gehalten. Die Leistungsklage ist deswegen statthaft und zulässig. Die Frage, ob es sich tatsächlich um Masseverbindlichkeiten handelt, stellt sich erst bei der Prüfung, ob die Klage in der Sache Erfolg hat.

19

B. Die Klage ist unbegründet. Die geltend gemachten Ansprüche auf sog. Mehrarbeitsvergütung sind keine Masseverbindlichkeiten iSv. § 53 iVm. § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Sie sind Insolvenzforderungen iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO.

20

I. Bei der sog. Mehrarbeit, die vergütet werden soll, handelt es sich nicht um Mehrarbeit im engeren Sinn. Mit Mehrarbeit wird die durch das Arbeitszeitgesetz vorgegebene Höchstarbeitszeit überschritten. Der Kläger macht der Sache nach Vergütung für Überarbeit geltend, die die tarifliche Arbeitszeit von 35 Wochenstunden überstieg.

21

II. Die erhobenen Ansprüche sind keine Masseverbindlichkeiten.

22

1. Das Landesarbeitsgericht hat sich zu Recht nicht mehr mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Forderungen Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind. Das rügt der Kläger auch nicht, obwohl er sich in erster Instanz auf diese Regelung gestützt hat.

23

a) Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören. Von dieser Vorschrift werden insbesondere Arbeitsverhältnisse erfasst, die der Insolvenzverwalter in seiner Funktion als Partei kraft Amtes selbst begründet. Werden Ansprüche durch Vereinbarungen des Schuldners vor Insolvenzeröffnung begründet, handelt es sich demgegenüber auch für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung nicht um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO(vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 16, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 16, BAGE 117, 1).

24

b) Hier scheidet ein Fall des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO aus. Das Arbeitsverhältnis wurde nicht von der beklagten Insolvenzverwalterin begründet, sondern bestand zwischen dem Kläger und der Schuldnerin seit 1985. Der Bestand des Vertragsverhältnisses blieb durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO unberührt.

25

2. Die geltend gemachten Ansprüche sind auch keine Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

26

a) Danach sind Masseverbindlichkeiten Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.

27

aa) § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen alle Entgeltansprüche, die aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern durch den Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung erwachsen, und alle sonstigen Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Ist im Arbeitsverhältnis ein regelmäßiges Arbeitsentgelt vereinbart, entstehen die Entgeltansprüche mit den Zeitabschnitten, nach denen die Vergütung zu bemessen ist (§ 614 Satz 2 BGB). Fallen die Zeitabschnitte in die Zeit nach Insolvenzeröffnung, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 18, BAGE 124, 150; 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1).

28

bb) Die Regelung der Insolvenzforderungen in §§ 38, 108 Abs. 3 InsO beruht auf dem in § 1 Satz 1 InsO ausgedrückten Ziel des Insolvenzverfahrens, alle Gläubiger des Schuldners im Regelfall gemeinschaftlich zu befriedigen. Die Regelung der Masseverbindlichkeiten in §§ 53, 55 InsO hat im Unterschied dazu Ausnahmecharakter. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO bringt mit dem Wort „für“ zum Ausdruck, dass es bei den nach § 53 InsO vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigenden Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen nicht allein auf die vereinbarte Leistungszeit, sondern auf die Zwecksetzung ankommt. Es genügt nicht, dass die Verbindlichkeiten „in der Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt werden müssen (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 563/05 - Rn. 25, BAGE 120, 27).

29

cc) Um einen Anspruch als Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO oder als Masseforderung iSv. §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO einordnen zu können, ist entscheidend, ob die Forderung eine Leistung mit Entgeltcharakter zum Gegenstand hat. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO und seinem Zusammenhang mit § 108 Abs. 3 InsO. Grundsätzlich können nur solche Leistungsansprüche, die in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu den nach Insolvenzeröffnung erbrachten Arbeitsleistungen stehen, als Masseverbindlichkeiten anerkannt werden. Ihre vorweg vorzunehmende Berichtigung ist eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung, die der Masse nach Insolvenzeröffnung zugutegekommen ist. Entscheidend ist, ob Entgelt im weitesten Sinn für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet wird (vgl. nur BAG 14. November 2012 - 10 AZR 793/11 - Rn. 12, EzA-SD 2013 Nr. 4, 12; 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150; Henssen jurisPR-ArbR 33/2008 Anm. 1 zu C).

30

b) Nach diesen Grundsätzen sind die vom Kläger erhobenen Ansprüche keine Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Das folgt schon daraus, dass die Forderungen weder synallagmatisch mit Arbeitsleistungen nach Insolvenzeröffnung verknüpfte Ansprüche auf Arbeitsentgelt noch sonstige Ansprüche sind, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 18, 20, BAGE 124, 150; 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Nur diese beiden Anspruchsgruppen unterfallen der Ausnahmeregelung des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

31

aa) Die Revision räumt selbst ein, dass ein Vergütungsanspruch aus § 6 Satz 3 SR ohne sog. Mehrarbeit iSv. § 4 Satz 2 SR nicht entstehen konnte. Sie nimmt jedoch an, das ursprüngliche Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeit und Vergütung sei durch die SR aufgehoben und umgestaltet worden. Die Entgeltpflicht sei durch einen begrenzten Kündigungsschutz ersetzt und durch die Ersatzleistung des § 6 Satz 3 SR gesichert worden.

32

bb) Der Kläger geht also zu Recht nicht davon aus, die Ansprüche knüpften an den reinen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Insolvenzeröffnung hinaus an. Er erkennt vielmehr, dass eine Wechselbeziehung von geleisteter Arbeit und Arbeitsentgelt besteht. Diese Auslegung trifft nach dem klaren Wortlaut und Zusammenhang von § 4 Satz 2 und § 6 Satz 3 SR zu. Sie wird entscheidend von dem Zweck der Entgeltsicherung durch die Rückfallklausel in § 6 Satz 3 SR gestützt. Die Rückfallregelung soll die Entgelteinbuße des Arbeitnehmers aufheben, wenn das Ziel des Arbeitsplatzerhalts im Rahmen des Sanierungsprozesses nicht erreicht werden kann und eine betriebsbedingte Kündigung wirksam wird (vgl. Bayreuther ZIP 2008, 573, 578 f.).

33

(1) Bei der SR handelt es sich um einen (Sanierungs-)Tarifvertrag.

34

(a) Nicht jede schriftliche Vereinbarung zwischen tariffähigen Parteien (§ 2 Abs. 1 TVG), die dem Schriftformerfordernis in § 1 Abs. 2 TVG, § 126 BGB entspricht, ist ein Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes. Als Tarifvertrag ist nur ein zwischen einer Gewerkschaft und einem oder mehreren Arbeitgebern oder einer Vereinigung von Arbeitgebern geschlossener schriftlicher Vertrag anzusehen. Er muss - abgesehen von schuldrechtlichen Vereinbarungen - dazu dienen, Rechtsnormen zur Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen festzulegen sowie tarifliche Rechte und Pflichten der tarifunterworfenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber durch Inhaltsnormen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Halbs. 2 TVG unmittelbar zu begründen. Unerheblich ist, ob die Vereinbarung als Tarifvertrag benannt ist (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 4 AZR 366/10 - Rn. 24 mwN, EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 48).

35

(b) Danach ist die SR ein Tarifvertrag. Sie wurde schriftformgerecht von tariffähigen Parteien iSv. § 2 Abs. 1 TVG geschlossen, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e. V. sowie der IG Metall. Mit der SR wurden Rechtsnormen zur Regelung der Rechte und Pflichten im Verhältnis der Schuldnerin als damaliger Arbeitgeberin und der bei ihr beschäftigten tarifunterworfenen Arbeitnehmer geschaffen. Das ergibt sich aus der Auslegung der SR. Sie regelt in §§ 2 und 3 ua. Erhöhungen und Streichungen von tariflichen Entgeltbestandteilen. § 4 Satz 2 SR lässt sog. Mehrarbeit von vier Stunden über die tarifliche Wochenarbeitszeit hinaus ohne Entgeltausgleich zu. § 6 Satz 3 SR enthält eine Rückfallklausel für den Fall gescheiterter Sanierungsbemühungen. Nach dieser Bestimmung wird die zunächst ohne Entgeltausgleich geleistete sog. Mehrarbeitszeit iSv. § 4 SR für die letzten zwölf Monate vor dem Ausscheiden vergütet, wenn der Arbeitnehmer während der Laufzeit der SR aufgrund betriebsbedingter Beendigungskündigung ausscheidet.

36

(2) Die erhobenen Vergütungsansprüche stehen nach § 6 Satz 3 SR in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis mit der in den Monaten März bis Mai und August 2009 geleisteten Überarbeit.

37

(a) Der Kläger verneint allerdings ein unmittelbares Gegenseitigkeitsverhältnis mit dem Argument, § 4 Satz 2 SR sehe vor, dass die sog. Mehrarbeit ohne Entgeltausgleich geleistet werde. Werde eine betriebsbedingte Kündigung wirksam, sichere der erst dann entstandene Vergütungsanspruch das Entgeltinteresse anstelle des weggefallenen besonderen Kündigungsschutzes. Der Kläger sieht aber selbst, dass die erhobenen Forderungen Vergütungsansprüche sind, die im Ausgangspunkt auf geleisteter Arbeit beruhen. Die Entgeltansprüche sind trotz der weiteren Voraussetzung einer wirksam gewordenen betriebsbedingten Kündigung nicht von dem Erfordernis geleisteter Überarbeit gelöst. Damit besteht eine zumindest teilweise synallagmatische Verknüpfung von Arbeit und Entgelt. Die Forderungen gehören demnach - wie anderes laufendes Arbeitsentgelt und Jahressonderzahlungen mit Arbeitsleistungs- oder Betriebstreueaspekt - zu den Ansprüchen mit Entgeltcharakter (vgl. schon BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 441/78 - zu B II 2 a der Gründe, AP KO § 59 Nr. 10 = EzA KO § 59 Nr. 9; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67 ). Sie sind keine Ansprüche, die an den bloßen Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, wie das zB für Gratifikationsansprüche, die nur an Stichtage gebunden sind, und Urlaubsabgeltungsforderungen anzunehmen ist (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20 mwN, BAGE 124, 150; 25. März 2003 - 9 AZR 174/02 - zu A II 2 a bb der Gründe, BAGE 105, 345).

38

(b) Die Argumentation der Revision lässt zudem außer Acht, dass nach dem Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO und seinem systematischen Zusammenhang mit § 108 Abs. 3 InsO grundsätzlich nur solche Leistungsansprüche mit Entgeltcharakter als Masseforderungen anzuerkennen sind, die in einem zumindest partiellen Gegenseitigkeitsverhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung stehen(vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150). § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt die vom Kläger für die streitgegenständlichen Rückfallforderungen abgelehnte jedenfalls teilweise synallagmatische Verknüpfung von Arbeit und Entgelt gerade voraus.

39

cc) Der Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit spricht entscheidend dagegen, die geltend gemachten Ansprüche als Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO einzuordnen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

40

(1) Das Erfordernis des zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnisses von Arbeit und Entgelt dient dazu, den Zweck des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO zu verwirklichen.

41

(a) Der Zweck der Bevorrechtigung besteht darin, dass derjenige, der seine vertragsgemäßen Leistungen nach Insolvenzeröffnung zugunsten der Masse weiter erbringt, die vollen Rechte auf die Gegenleistungen behalten soll (vgl. Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 46). Die Ausnahme vorweg zu berichtigender Vergütungsforderungen als Masseverbindlichkeiten ist lediglich dann gerechtfertigt, wenn die Verbindlichkeiten Gegenleistungen für Arbeitsleistungen sind, die der Masse nach Insolvenzeröffnung zugutegekommen sind (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150). Ansprüche mit Entgeltcharakter entstehen im insolvenzrechtlichen Sinn mit den Zeitabschnitten, nach denen die Vergütung zu bemessen ist (vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1).

42

(b) Die Ansprüche auf Überarbeitsvergütung entstanden hier in diesem insolvenzrechtlichen Sinn in den Monaten März bis Mai und August 2009, die vor Insolvenzeröffnung am 1. September 2009 lagen. Kommen der Masse die Arbeitsleistungen, wie im Streitfall, nicht zugute, weil sie vor Insolvenzeröffnung erbracht wurden, handelt es sich um einfache Insolvenzforderungen, dh. um Ansprüche auf Arbeitsentgelt „für“ die Zeit vor Insolvenzeröffnung iSv. § 108 Abs. 3 InsO. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Entgeltansprüche aufschiebend bedingt waren, wie es die Beklagte noch in den Vorinstanzen angenommen hat, oder aber aufgrund von § 6 Satz 3 SR ein durch das Wirksamwerden der betriebsbedingten Beendigungskündigung auflösend bedingter Erlass der Forderung zustande kam, wovon der Kläger ausgeht(vgl. zu der Unterscheidung BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 21 ff., BAGE 117, 1).

43

(2) Eine andere Einordnung der Forderungen benachteiligte die Gesamtheit der anderen Gläubiger und verletzte den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. Die Insolvenzordnung sieht nicht vor, dass Arbeitnehmer generell gegenüber anderen Gläubigern bevorzugt werden. Die Entstehung von Masseverbindlichkeiten soll begrenzt werden (vgl. BVerfG 19. Oktober 1983 - 2 BvR 485/80, 2 BvR 486/80 - zu B II 2 a der Gründe, BVerfGE 65, 182; BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 23, BAGE 118, 115).

44

(a) Besonders deutlich wird der Ausnahmecharakter von Masseverbindlichkeiten in der Blockaltersteilzeit. Obwohl der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seinen vollen Arbeitsleistungen für die spätere Freistellungsphase vorleistet, sind die in der Fälligkeit aufgeschobenen - zumeist hälftigen - Vergütungsansprüche nur dann Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO, wenn die Arbeitsleistung der Masse noch zugutekommt (vgl. etwa BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 230/06 - Rn. 19, AP ATG § 3 Nr. 19; 19. Oktober 2004 - 9 AZR 645/03 - zu I 3 der Gründe, NZA 2005, 527; Froehner NZA 2012, 1405, 1406 mwN). Es kommt nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer die (Gegen-)Leistung der Vergütung verlangen kann (st. Rspr., vgl. BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 230/06 - Rn. 20, aaO; 23. Februar 2005 - 10 AZR 602/03 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 114, 13; 23. Februar 2005 - 10 AZR 672/03 - zu II 1 der Gründe, DB 2005, 1227; 19. Oktober 2004 - 9 AZR 647/03 - zu II 3 der Gründe, BAGE 112, 214; BGH 6. Dezember 2007 - IX ZR 284/03 - Rn. 10 f., NZA 2008, 306). Beim kontinuierlichen Teilzeitmodell der Altersteilzeit, in dem noch nach Insolvenzeröffnung Arbeit geleistet wird, erlangt der Arbeitnehmer dagegen Masseforderungen iSv. §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Die Arbeitsleistung kommt der Masse zugute (vgl. BAG 19. Oktober 2004 - 9 AZR 645/03 - zu I 3 der Gründe, NZA 2005, 527; Berscheid jurisPR-InsR 18/2005 Anm. 3 zu C).

45

(b) Für eine Rückfallklausel für den Fall des Scheiterns von Sanierungsbemühungen, wie sie in § 6 Satz 3 SR enthalten ist, gilt nichts anderes als für Arbeit, die in der Blockaltersteilzeit vor Insolvenzeröffnung geleistet wurde. Da diese Auslegung der Rückfallklausel in § 6 Satz 3 SR nicht von § 108 Abs. 3 InsO abweicht, findet § 119 InsO keine Anwendung(vgl. BAG 23. Februar 2005 - 10 AZR 600/03 - zu II 4 der Gründe, AP InsO § 108 Nr. 1 = EzA InsO § 55 Nr. 7).

46

(3) Der Senat setzt sich damit nicht in Widerspruch zu der vom Kläger zitierten Entscheidung vom 19. Januar 2006 (- 6 AZR 529/04 - Rn. 14 ff., BAGE 117, 1). Dort sind Masseverbindlichkeiten iSv. §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO für Vergütungsansprüche aufgrund einer höheren Arbeitszeit bejaht worden, auf die die Klägerin nach gescheiterten Sanierungsbemühungen Anspruch hatte.

47

(a) Die dortige Klägerin hatte eine zeitweilige Verringerung ihrer Arbeitszeit und eine damit verbundene Entgelteinbuße akzeptiert, um zur Sanierung des Betriebs beizutragen. Der Verzicht sollte nur bis zu dem Zeitpunkt wirken, in dem die Sanierungsbemühungen scheiterten. Bei Konkurs, Schließung des Betriebs oder betriebsbedingter Kündigung sollte die Klägerin für die zwölf Monate vor ihrem Ausscheiden hinsichtlich ihrer monatlichen Vergütung so gestellt werden, wie sie ohne die Teilzeitvereinbarung gestanden hätte (vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 22, BAGE 117, 1).

48

(b) Die Klägerin machte in der herangezogenen Entscheidung jedoch anders als im Streitfall keine Vergütungsansprüche für Arbeit geltend, die vor Insolvenzeröffnung geleistet worden oder ausgefallen war. Die Insolvenz war am 1. März 2003 eröffnet worden. Die Klägerin verlangte Differenzvergütung für die Monate März bis Juni 2003 (vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 4 f., BAGE 117, 1). Der Senat hat auch in dieser Entscheidung betont, die Entgeltansprüche entstünden mit den Zeitabschnitten, nach denen die Vergütung zu bemessen sei. Er hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass diese Zeitabschnitte in die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fielen (vgl. BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, aaO).

49

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Augat    

                 

(1) Die Insolvenzgläubiger haben ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren nach diesem Abschnitt sind auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

(2) Bei der Anmeldung sind der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sowie die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzliche pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht oder eine Steuerstraftat des Schuldners nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung zugrunde liegt.

(3) Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind nur anzumelden, soweit das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert. Bei der Anmeldung solcher Forderungen ist auf den Nachrang hinzuweisen und die dem Gläubiger zustehende Rangstelle zu bezeichnen.

(4) Die Anmeldung kann durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen, wenn der Insolvenzverwalter der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesem Fall auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 30. Juni 2011 - 3 Sa 85/11 - aufgehoben, soweit hierdurch das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16. November 2010 - 36 Ca 14709/09 - abgeändert wurde.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16. November 2010 - 36 Ca 14709/09 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision sowie die Kosten der Streithilfe zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den beklagten Insolvenzverwalter auf Zahlung eines anteiligen sog. Incentive-Bonus für Oktober 2008 bis März 2009 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 16.300,00 Euro in Anspruch. Im Vordergrund steht die Frage, ob der Anspruch eine Masseforderung oder eine Insolvenzforderung ist.

2

Der Kläger trat am 1. Juni 2005 aufgrund Arbeitsvertrags vom selben Tage in die Dienste der I AG, der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin. Nach dem - am 1. Mai 2006 erfolgten - Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Insolvenzschuldnerin war der Kläger zuletzt als außertariflicher Angestellter in der Position eines Senior Director/Overall Program Manager mit einem Jahreszieleinkommen in Höhe von 116.600,00 Euro brutto beschäftigt. Das Jahreszieleinkommen setzte sich nach Ziffer 4 des Arbeitsvertrags aus einem festen Jahresgehalt in Höhe von 84.000,00 Euro brutto, zahlbar in zwölf gleichen monatlichen Raten, und einem jährlichen Bonus bei Erreichen festgelegter Ziele in Höhe von 32.600,00 Euro brutto bei einhundertprozentiger Zielerreichung im Geschäftsjahr (1. Oktober bis 30. September des Folgejahres) zusammen. Nach der Vertragsregelung sollten die Ziele jährlich auf der Grundlage der jeweils geltenden Richtlinie (Bonus & Incentive Guideline) in einer gesonderten Zielvereinbarung festgelegt werden. Weiter heißt es, dass die Höhe des Bonus sich nach dem Grad des Erreichens der in der Zielvereinbarung festgelegten Ziele richtet und der Zielerreichungsgrad jeweils nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt wird.

3

Am 23. Januar 2009 stellte die Insolvenzschuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Das Amtsgericht M - Insolvenzgericht - ordnete am selben Tag die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin an und bestellte den Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit der Anordnung, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Am 1. April 2009 eröffnete das Amtsgericht M - Insolvenzgericht - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf das variable Einkommen für die Zeit von Oktober 2008 bis März 2009 ergebe sich als Schadensersatzanspruch, da die Insolvenzschuldnerin ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung, mit dem Kläger eine Zielvereinbarung für das Geschäftsjahr 2008/2009 zu schließen, nicht nachgekommen sei. Demgegenüber habe der Kläger seine Arbeitsleistung in der Zeit von Oktober 2008 bis März 2009 erbracht. Der Kläger meint, es liege insoweit eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 InsO vor, da es sich um einen Anspruch auf eine Sonderleistung handele, der an besondere Anlässe geknüpft sei und sich nicht einzelnen Monaten oder Zeitabschnitten zuordnen lasse. Dieser Anspruch sei deshalb erst mit Ablauf des 30. September 2009 entstanden.

5

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 16.300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die streitige Bonuszahlung betreffe eine einfache Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO, da der Anspruch des Klägers auf die variable Vergütung ebenso wie der Anspruch auf das Grundgehalt monatlich, also zeitanteilig entstanden sei.

7

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2009 den beiden Vorstandsmitgliedern der Insolvenzschuldnerin den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf der Seite des Beklagten beigetreten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat dem oben genannten Klageantrag entsprochen. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Endurteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Endurteils. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann keine Zahlung verlangen. Der Anspruch auf den Incentive-Bonus für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. März 2009 ist eine Insolvenzforderung.

9

I. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass ihm ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 iVm. § 283 Satz 1 BGB wegen einer zu vertretenden Pflichtverletzung zusteht, weil keine Zielvereinbarung für das am 1. Oktober 2008 begonnene Geschäftsjahr zustande gekommen ist. Ein solcher Anspruch ist jedoch keine Masseforderung, sondern eine Insolvenzforderung iSd. § 108 Abs. 3 InsO. Der Kläger kann den Anspruch gemäß § 87 InsO nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens verfolgen und muss ihn gemäß § 174 InsO beim Insolvenzverwalter anmelden.

10

1. Eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO liegt nicht vor.

11

a) Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO sind Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss.

12

aa) Die Regelung stellt sicher, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle Gegenleistung erhält und die Masse nicht auf seine Kosten bereichert wird (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269; 27. April 2006 -  6 AZR 364/05  - Rn. 21, BAGE 118, 115). Soweit Arbeitsverhältnisse betroffen sind, beruht die Vorschrift auf dem Grundgedanken, dass der Arbeitnehmer trotz Insolvenz seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen muss und im Gegenzug seine vertraglich vereinbarten Ansprüche behalten soll. Unter § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO fallen daher alle Lohn- und Gehaltsansprüche, die aus der Beschäftigung von Arbeitnehmern nach der Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter erwachsen, sowie alle sonstigen Ansprüche, die sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Maßgeblich ist, ob die geltend gemachten Ansprüche vor oder nach der Verfahrenseröffnung entstanden sind, wobei nicht auf die Fälligkeit, sondern auf den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung abzustellen ist (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - aaO; 19. Januar 2006 -  6 AZR 529/04  - Rn. 18, BAGE 117, 1).

13

bb) Unter welchen Voraussetzungen jährliche Sonderzuwendungen als Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO anzusehen sind, hängt von dem Zweck der Sonderzuwendung ab.

14

(1) Mit einer Sonderzuwendung kann die vom Arbeitnehmer im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich honoriert werden. Der Anspruch auf eine solche Sonderzuwendung entsteht regelmäßig während des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer („pro rata temporis“) und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 10, AP BGB § 307 Nr. 59 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 32; 21. April 2010 - 10 AZR 178/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 45; 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21). Insolvenzrechtlich sind solche arbeitsleistungsbezogenen Sonderzuwen-dungen dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie als Gegenleistung geschuldet sind (für zeitliche Zuordnung nach der KO: BAG 21. Mai 1980 -  5 AZR 441/78 - AP KO § 59 Nr. 10 = EzA KO § 59 Nr. 9; ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. Einf. InsO Rn. 44; Uhlenbruck/Sinz InsO 13. Aufl. § 55 Rn. 67; MünchKommInsO/Hefermehl 2. Aufl. § 55 Rn. 167): Soweit mit ihnen Arbeitsleistungen vergütet werden, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, handelt es sich um Masseforderungen (für zeitliche Zuordnung nach der KO: BAG 4. Juni 1977 - 5 AZR 663/75 - zu 2 a der Gründe, BAGE 29, 211). Soweit durch sie vor Verfahrenseröffnung erbrachte Arbeitsleistungen honoriert werden, liegen Insolvenzforderungen vor (für zeitliche Zuordnung nach der KO: BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 337/78 - BAGE 33, 113). Für einen ratierlichen Erwerb des Anspruchs in dem hier dargestellten Sinne genügt es, dass der Anspruch - unabhängig von einer gleichmäßigen Zielerfüllung im Geschäftsjahr - kontinuierlich an die Arbeitsleistung anknüpft. Ist die zusätzliche Vergütung dagegen für besondere, zu bestimmten Zeiten während des Geschäftsjahres zu erbringende Leistungen versprochen, kann es allein auf diese Zeiträume ankommen.

15

(2) Sonderzuwendungen können auch anderen Zwecken als der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung dienen. Sie können als „Treueprämie“ langfristige oder als „Halteprämie“ kurzfristige bzw. künftige Betriebstreue honorieren ( BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, AP BGB § 307 Nr. 59 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 32 ); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - aaO). Insolvenzrechtlich sind derartige stichtags- oder anlassbezogene Sonderzuwendungen dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fällt (BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 459/00 - zu I 1 der Gründe, AP InsO § 209 Nr. 1 = EzA InsO § 210 Nr. 1). Liegt der Stichtag zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit (LAG Nürnberg 3. Februar 2010 - 4 Sa 367/09 - Rn. 42, ZIP 2010, 1189; LAG Schleswig-Holstein 12. März 2008 - 6 Sa 411/07 - Rn. 30, NZA-RR 2008, 594; Uhlenbruck/Sinz § 55 Rn. 67; MünchKommInsO/Hefermehl § 55 Rn. 168). Im anderen Fall ist eine solche Zahlung in voller Höhe als Insolvenzforderung anzusehen. Diese Unterscheidung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Einbeziehung von Vergütungsbestandteilen in die Insolvenzgeldberechnung (BSG 21. Juli 2005 - B 11a/11 AL 53/04 R - NZA-RR 2006, 437).

16

(3) Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele gebunden ist (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 59 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 32; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 41 f., AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).

17

cc) Schadensersatzansprüche eines Arbeitnehmers, die an die Stelle von Vergütungsansprüchen aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis treten, sind insolvenzrechtlich wie die ihnen zugrunde liegenden Vergütungsansprüche zu behandeln, dh. sie sind demjenigen Zeitraum zuzuordnen, auf den sich der ursprüngliche Vergütungsanspruch bezog (BAG 13. August 1980 5 AZR 588/78 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 34, 101; vgl. auch BSG 17. Juli 1979 - 12 RAr 12/78 - SozR 4100 § 141b Nr. 10 ; 17. Juli 1979 -  12 RAr 4/79 - SozR 4100 § 141b Nr. 12 ).

18

b) Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht um eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO, sondern um eine Insolvenzforderung.

19

aa) Gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrags setzt die Zahlung des Bonus das Erreichen bestimmter, in einer Zielvereinbarung festzulegender Ziele voraus. Die Höhe des Bonus richtet sich nach dem Grad des Erreichens dieser Ziele. Eine solche erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 10, 15, AP BGB § 307 Nr. 59 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 32; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, BAGE 137, 300). Keine Rolle spielt, dass der Zielerreichungsgrad erst nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt wird.

20

bb) Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch bezieht sich auf die Monate Oktober 2008 bis März 2009 und damit auf einen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Zeitraum. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es nach der Art der zu vereinbarenden Ziele auf besondere Ergebnisse oder Leistungen außerhalb dieses Zeitraums hätte ankommen können. Der Kläger hat nichts dafür vorgetragen, dass der Incentive-Bonus entgegen der dargestellten Regel überwiegend erst in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres verdient worden wäre. Keinesfalls wäre der Bonus erst nach Abschluss des Geschäftsjahres entstanden.

21

cc) Für die insolvenzrechtliche Einordnung ist unerheblich, dass der Kläger nicht einen Erfüllungsanspruch, sondern einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 iVm. § 283 Satz 1 BGB wegen nicht abgeschlossener Zielvereinbarung geltend macht. Ein solcher Schadensersatzanspruch tritt gemäß § 280 Abs. 3 BGB an die Stelle des Anspruchs aus der Zielvereinbarung, weil die Vereinbarung von Zielen mit Ablauf der Zielperiode unmöglich geworden ist, § 275 BGB(vgl. BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 46 f., BAGE 125, 147); er ist daher insolvenzrechtlich demselben Zeitraum zuzuordnen.

22

2. Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht nach anderen Vorschriften Masseverbindlichkeit. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegen nicht vor, weil der Anspruch nicht durch eine Handlung des Beklagten begründet wurde. § 55 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 InsO ist nicht anwendbar, weil auf den Beklagten als vorläufigen Insolvenzverwalter nicht die Verfügungsbefugnis übergegangen 21 Abs. 2 Nr. 2 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern zu seinen Gunsten lediglich ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet worden war 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Eine analoge Anwendung des § 55 Abs. 2 InsO auf die Fälle der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts scheidet mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke aus( BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 275/01 - zu II 1 b cc (2) der Gründe , BAGE 102, 82 ; BGH 24. Januar 2008 - IX ZR 201/06 - Rn. 9 , NJW 2008, 1442; Uhlenbruck/Sinz § 55 Rn. 93 mwN).

23

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten der Berufung und der Revision (§ 97 Abs. 1 ZPO) sowie die Kosten der Streithilfe (§ 101 Abs. 1 ZPO).

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    A. Effenberger    

        

        

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. September 2010 - 15 Sa 812/10 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin war vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 für den Beklagten als Steuerfachwirtin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 23. November 2009.

2

§ 5 „Gehalt und sonstige Vergütungen“ des Arbeitsvertrags regelt Folgendes:

        

„(1) Die Angestellte erhält ein monatliches, nachträglich zu zahlendes Gehalt von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

(2) Der Angestellte erhält mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

…       

        

(4) Im Eintrittsjahr wird die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt. Besteht das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung noch keine drei Monate, wird keine Gratifikation gezahlt.

        

(5) Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.

        

(6) Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Praxisinhabers vor dem 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30. Juni des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von DM 200,00 nicht übersteigt.

        

…“    

        
3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für das Jahr 2009 eine Weihnachtsgratifikation zu. Der Ausschluss des Anspruchs bei gekündigtem Arbeitsverhältnis sei unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe im Jahr 2009 seine Mitarbeiter aufgefordert, freiwillig auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht verzichtet habe.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt gewesen sei. Die Kündigung habe auf betrieblichen Gründen beruht.

6

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 hat. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

8

I. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb begründet, weil der in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags bestimmte Ausschluss des Anspruchs auf eine Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis unwirksam ist. Eine Sonderzuwendung kann vielmehr vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung abhängig gemacht werden, wenn sie nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient und nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

9

1. Steht eine Sonderzuwendung im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

10

a) Sonderzuwendungen können vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen. Zweck einer erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie ist besonderer Anreiz für die Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele oder allgemein Anreiz für die Erzielung überdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse im Bezugszeitraum. Eine erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, NZA 2011, 989; 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Auch Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, aaO; 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 46, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18); die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzuwendung wird durch die Abhängigkeit von einem Unternehmensergebnis nicht in Frage gestellt. Schließlich können auch nicht erfolgsabhängige Sonderzuwendungen wie ein 13. Monatsgehalt im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich honorieren. Der Anspruch auf eine solche Zuwendung entsteht während des Bezugzeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

11

b) Zulässig ist nach der Rechtsprechung des Senats, den Anspruch auf eine Bonuszahlung an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Geschäftsjahr zu knüpfen. Ein Bonus, der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 -). Es ist unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB, vereinbartes Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu entziehen, wenn der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat.

12

2. Dient eine Sonderzuwendung hingegen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach die Zahlung den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.

13

a) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 390/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 159). Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.

14

b) Eine Klausel, die eine Sonderzuwendung in diesem Sinne allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann zulässig sein, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 4. Mai 1999 - 10 AZR 417/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214: Klausel in einem Tarifvertrag; 2. Dezember 1992 - 10 AZR 238/91 -: Klausel in einer Betriebsordnung; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1: einzelvertragliche Zusage; 25. April 1991 - 6 AZR 183/90 - BAGE 68, 41: Klausel in einer Betriebsvereinbarung; 4. September 1985 - 5 AZR 655/84 - BAGE 49, 281). Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

15

3. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Macht die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Fehlt es hieran und sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht vereinbart, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - zu II 2 b bb der Gründe, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8). Will der Arbeitgeber andere Zwecke verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. Gratifikationscharakter können nur die Sonderzuwendungen haben, die sich im üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen und keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen.

16

II. Die in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte Weihnachtsgratifikation dient nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen.

17

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zugrunde. Als solche sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - Rn. 14, NZA 2011, 109). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, aaO).

18

2. Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erhält der Angestellte mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine „Weihnachtsgratifikation“. Der Wortlaut legt nahe, dass damit ein Beitrag des Arbeitgebers zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen zugesagt werden sollte, eindeutig ist dies für sich genommen jedoch nicht (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8: Weihnachtsgeld als reines Arbeitsentgelt; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 15/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 280: Weihnachtsgeld als Gratifikation, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu Weihnachten voraussetzt; 30. März 1994 - 10 AZR 134/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 161 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 109). Die weiteren Bestimmungen verdeutlichen jedoch, dass die zugesagte Weihnachtsgratifikation keinen Vergütungscharakter hat. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsvertrags soll eine Gratifikation „gleichzeitig“ Treueprämie sein und nach Satz 2 ist eine Weihnachtsgratifikation bei einem arbeitnehmerseitig oder in bestimmten Fällen arbeitgeberseitig veranlassten Ausscheiden im Rahmen zulässiger Bindungsfristen wieder zurückzuzahlen. Diese Zahlungsbedingungen lassen bei einem verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit der Weihnachtsgratifikation ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Weihnachtsgratifikation keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung der Klägerin ausmacht, sondern sich in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne Vergütungscharakter bewegt. Dieser Auslegung steht § 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im Eintrittsjahr die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt wird. Eine mit einer bestimmten Zwecksetzung zugesagte Gratifikation wird nicht dadurch zu einem im Synallagma stehenden Vergütungsbestandteil, dass sie im Eintrittsjahr nur anteilig entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Daraus folgt nur, dass sich die Höhe des Beitrags zum Weihnachtsfest im Eintrittsjahr an der Dauer des Arbeitsverhältnisses orientiert. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Gratifikation ist nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags allein der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag.

19

III. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksam und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Klägerin wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf eine Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet.

20

1. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, NZA 2012, 81; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

22

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags, der in § 5 Abs. 6 eine nach arbeitgeber- und arbeitnehmerseitiger Kündigung differenzierende Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bestimmt.

23

2. Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.

24

a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, NZA 2012, 81; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 27, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 32, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 28, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

25

b) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass die Weihnachtsgratifikation nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

26

aa) Eine Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1). Nur eine wirksame Kündigung kann zum Anspruchsausschluss führen. Entscheidend ist, dass nicht in das Synallagma eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird.

27

bb) Eine solche Klausel weicht auch nicht vom Grundgedanken des § 162 Abs. 2 BGB ab. Danach gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird. Die Norm enthält eine Regelung zur Ausübungskontrolle. Niemand darf aus einer treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen. Einer abstrakten Regelung, dass bei einer wirksamen Kündigung ein Arbeitnehmer von einer Gratifikation ausgeschlossen werden kann, steht § 162 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Ob die Kündigung auf einem treuwidrigen Verhalten beruht, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen. Eine nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit zugesagte Weihnachtsgratifikation kann deshalb unter den Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden.

28

IV. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Zwar besteht nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ein Anspruch der Klägerin auf die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich nicht, weil das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag wirksam gekündigt war. Die Klägerin hat aber geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie sich geweigert habe, auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Die Klägerin hat damit einen schlüssigen Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann. War die Kündigung Reaktion auf die Weigerung der Klägerin, Verzicht zu leisten, so hat er den Bedingungseintritt treuwidrig herbeigeführt. Das Landesarbeitsgericht wird diesem Vortrag nachgehen müssen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. September 2010 - 15 Sa 812/10 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin war vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 für den Beklagten als Steuerfachwirtin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 23. November 2009.

2

§ 5 „Gehalt und sonstige Vergütungen“ des Arbeitsvertrags regelt Folgendes:

        

„(1) Die Angestellte erhält ein monatliches, nachträglich zu zahlendes Gehalt von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

(2) Der Angestellte erhält mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

…       

        

(4) Im Eintrittsjahr wird die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt. Besteht das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung noch keine drei Monate, wird keine Gratifikation gezahlt.

        

(5) Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.

        

(6) Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Praxisinhabers vor dem 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30. Juni des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von DM 200,00 nicht übersteigt.

        

…“    

        
3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für das Jahr 2009 eine Weihnachtsgratifikation zu. Der Ausschluss des Anspruchs bei gekündigtem Arbeitsverhältnis sei unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe im Jahr 2009 seine Mitarbeiter aufgefordert, freiwillig auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht verzichtet habe.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt gewesen sei. Die Kündigung habe auf betrieblichen Gründen beruht.

6

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 hat. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

8

I. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb begründet, weil der in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags bestimmte Ausschluss des Anspruchs auf eine Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis unwirksam ist. Eine Sonderzuwendung kann vielmehr vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung abhängig gemacht werden, wenn sie nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient und nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

9

1. Steht eine Sonderzuwendung im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

10

a) Sonderzuwendungen können vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen. Zweck einer erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie ist besonderer Anreiz für die Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele oder allgemein Anreiz für die Erzielung überdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse im Bezugszeitraum. Eine erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, NZA 2011, 989; 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Auch Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, aaO; 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 46, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18); die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzuwendung wird durch die Abhängigkeit von einem Unternehmensergebnis nicht in Frage gestellt. Schließlich können auch nicht erfolgsabhängige Sonderzuwendungen wie ein 13. Monatsgehalt im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich honorieren. Der Anspruch auf eine solche Zuwendung entsteht während des Bezugzeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

11

b) Zulässig ist nach der Rechtsprechung des Senats, den Anspruch auf eine Bonuszahlung an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Geschäftsjahr zu knüpfen. Ein Bonus, der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 -). Es ist unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB, vereinbartes Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu entziehen, wenn der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat.

12

2. Dient eine Sonderzuwendung hingegen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach die Zahlung den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.

13

a) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 390/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 159). Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.

14

b) Eine Klausel, die eine Sonderzuwendung in diesem Sinne allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann zulässig sein, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 4. Mai 1999 - 10 AZR 417/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214: Klausel in einem Tarifvertrag; 2. Dezember 1992 - 10 AZR 238/91 -: Klausel in einer Betriebsordnung; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1: einzelvertragliche Zusage; 25. April 1991 - 6 AZR 183/90 - BAGE 68, 41: Klausel in einer Betriebsvereinbarung; 4. September 1985 - 5 AZR 655/84 - BAGE 49, 281). Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

15

3. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Macht die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Fehlt es hieran und sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht vereinbart, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - zu II 2 b bb der Gründe, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8). Will der Arbeitgeber andere Zwecke verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. Gratifikationscharakter können nur die Sonderzuwendungen haben, die sich im üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen und keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen.

16

II. Die in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte Weihnachtsgratifikation dient nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen.

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1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zugrunde. Als solche sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - Rn. 14, NZA 2011, 109). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, aaO).

18

2. Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erhält der Angestellte mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine „Weihnachtsgratifikation“. Der Wortlaut legt nahe, dass damit ein Beitrag des Arbeitgebers zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen zugesagt werden sollte, eindeutig ist dies für sich genommen jedoch nicht (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8: Weihnachtsgeld als reines Arbeitsentgelt; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 15/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 280: Weihnachtsgeld als Gratifikation, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu Weihnachten voraussetzt; 30. März 1994 - 10 AZR 134/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 161 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 109). Die weiteren Bestimmungen verdeutlichen jedoch, dass die zugesagte Weihnachtsgratifikation keinen Vergütungscharakter hat. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsvertrags soll eine Gratifikation „gleichzeitig“ Treueprämie sein und nach Satz 2 ist eine Weihnachtsgratifikation bei einem arbeitnehmerseitig oder in bestimmten Fällen arbeitgeberseitig veranlassten Ausscheiden im Rahmen zulässiger Bindungsfristen wieder zurückzuzahlen. Diese Zahlungsbedingungen lassen bei einem verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit der Weihnachtsgratifikation ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Weihnachtsgratifikation keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung der Klägerin ausmacht, sondern sich in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne Vergütungscharakter bewegt. Dieser Auslegung steht § 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im Eintrittsjahr die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt wird. Eine mit einer bestimmten Zwecksetzung zugesagte Gratifikation wird nicht dadurch zu einem im Synallagma stehenden Vergütungsbestandteil, dass sie im Eintrittsjahr nur anteilig entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Daraus folgt nur, dass sich die Höhe des Beitrags zum Weihnachtsfest im Eintrittsjahr an der Dauer des Arbeitsverhältnisses orientiert. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Gratifikation ist nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags allein der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag.

19

III. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksam und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Klägerin wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf eine Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet.

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1. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, NZA 2012, 81; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

22

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags, der in § 5 Abs. 6 eine nach arbeitgeber- und arbeitnehmerseitiger Kündigung differenzierende Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bestimmt.

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2. Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.

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a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, NZA 2012, 81; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 27, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 32, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 28, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

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b) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass die Weihnachtsgratifikation nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

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aa) Eine Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1). Nur eine wirksame Kündigung kann zum Anspruchsausschluss führen. Entscheidend ist, dass nicht in das Synallagma eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird.

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bb) Eine solche Klausel weicht auch nicht vom Grundgedanken des § 162 Abs. 2 BGB ab. Danach gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird. Die Norm enthält eine Regelung zur Ausübungskontrolle. Niemand darf aus einer treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen. Einer abstrakten Regelung, dass bei einer wirksamen Kündigung ein Arbeitnehmer von einer Gratifikation ausgeschlossen werden kann, steht § 162 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Ob die Kündigung auf einem treuwidrigen Verhalten beruht, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen. Eine nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit zugesagte Weihnachtsgratifikation kann deshalb unter den Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden.

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IV. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Zwar besteht nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ein Anspruch der Klägerin auf die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich nicht, weil das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag wirksam gekündigt war. Die Klägerin hat aber geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie sich geweigert habe, auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Die Klägerin hat damit einen schlüssigen Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann. War die Kündigung Reaktion auf die Weigerung der Klägerin, Verzicht zu leisten, so hat er den Bedingungseintritt treuwidrig herbeigeführt. Das Landesarbeitsgericht wird diesem Vortrag nachgehen müssen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.