Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Feb. 2017 - 6 Sa 315/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0221.6SA315.16.0A
21.02.2017

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - 7 Ca 602/15 - vom 16. Juni 2016 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch um restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis und um die Herausgabe von Arbeitspapieren einschließlich eines Zeugnisses durch den Beklagten.

2

Der Kläger war vom 01. Juni 2014 bis 30. Juni 2015 beim Beklagten als LKW-Fahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete kraft zwischenzeitlich rechtskräftigen Teilurteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 26. November 2015 in vorliegendem Rechtsstreit durch ordentliche Kündigung des Beklagten.

3

Der Kläger hat im Kündigungsschutzprozess mit am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangener Klageerweiterung vom 09. Oktober Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Juni 2014 bis Juni 2015, sowie 150 Euro brutto Spesen für Dezember 2014 verlangt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. November 2015, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 130 ff. d. A), mit behaupteten Gegenansprüchen hilfsweise die Aufrechnung erklärt.

4

Soweit vorliegend von Belang hat der Kläger erstinstanzlich zu Klage und hilfsweiser Widerklage des Beklagten vorgetragen, der Beklagte schulde ihm neben den eingeklagten Arbeitspapieren noch Differenzvergütung, da er die abgerechneten Ansprüche nicht vollständig ausgezahlt und den ihm zustehenden Arbeitslohn für den Monat Juni 2015 weder abgerechnet, noch vergütet habe. Er habe lediglich einmal 1.000,00 Euro bar erhalten, sonst nur die eingeräumten Überweisungen und keine weiteren Barzuwendungen, auch nicht seitens der Ehefrau oder der Mutter des Beklagten, auch nicht als Leihe oder Darlehen. Der PKW sei ihm ausschließlich für berufliche Zwecke überlassen worden, er habe nicht vom 20. November 2013 bis zum 18. Dezember 2013 mit seiner Familie beim Beklagten gewohnt, sondern sei dort nur gemeldet gewesen und schulde auch keine Kost und Logis.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

6

1. die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitspapiere des Klägers, wie die sozialversicherungsrechtliche Abmeldebescheinigung und die Jahreslohnabrechnung für 2014 und 2015, sowie die Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III ordnungsgemäß ausgefüllt, sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für die Zeit, welche der Kläger bei der Beklagten beschäftigt war, zu erstellen und diese direkt an den Kläger herauszugeben,

7

2. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ausstehende Lohnzahlungen mit einem Betrag in Höhe von 4.492,47 Euro netto und weitere 150 Euro brutto für den 12. Monat des Jahres 2014 zu zahlen; sowie weiter ihm den vertraglich zustehenden Arbeitslohn in Höhe von 2.000,00 Euro brutto für einen Monat bis zum 30. Juni 2015 zu vergüten und insgesamt ordnungsgemäß abzurechnen.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Darüber hinaus hat er hilfswiderklagend beantragt,

11

den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 5.000,00 Euro für Kost und Logis, die von Frau L gezahlten Beträge in Höhe von 1.500,00 Euro zuzüglich der Kosten für Flug- und Bustickets sowie die vom Beklagten an den Kläger gewährten Kredite in Höhe von 1.100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12

Der Kläger hat beantragt,

13

die Widerklage abzuweisen.

14

Der Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Leistungen des Klägers in den ersten drei Monaten der Beschäftigung, wo er nicht ohne Betreuung habe fahren können, hätten die erfolgten Zahlungen nicht gerechtfertigt. Der Kläger sei ständig in Geldnöten gewesen und deshalb von ihm, seiner Ehefrau und seiner Mutter durch im Einzelnen dargestellte Zahlungen unterstützt worden, auch durch Kost und Logis, beim Ankauf eines Autos und bei Flugkosten für sich und seine Familie oder sonstige Reisekosten. Auch habe der Kläger - näher dargelegt - Barbeträge erhalten. Insgesamt stünden dem Kläger, auch nachdem in Teilen Verrechnung mit gegebenen Krediten und Vorschüssen vereinbart worden sei - keinerlei Zahlungen mehr zu, sondern vielmehr dem Beklagten Rückzahlungsansprüche zu, teilweise aus Abtretung.

15

Wegen der Darstellung des weiteren Sachvortrags beider Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Schlussurteils des Arbeitsgerichts vom 16. Juni 2016 (Bl. 287 bis 293 d. A.) Bezug genommen.

16

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten mit Schlussurteil vom 16. Juni 2016 zur Zahlung von 4.454,14 Euro netto und zur Herausgabe der Arbeitspapiere verurteilt und Klage und Widerklage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen (Bl. 293 bis 298 ff. d. A.) Bezug genommen.

17

Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Juli 2016 zugestellte Urteil mit am 26. Juli 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 25. Juli 2016 Berufung eingelegt. Nach Hinweis des Berufungsgerichts auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vom 20. September 2016, beim Beklagtenvertreter eingegangen am 22. September 2016, hat der Beklagte mit Schriftsätzen vom 04. Oktober 2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, seine Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den Vorigen Stand beantragt.

18

Der Beklagte macht zur Begründung seiner Berufung und des Wiedereinsetzungsantrags nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 04. Oktober 2016 und 15. Februar 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 322, 327 ff. und 436 ff. d. A.) zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,

19

die Berufungsbegründungsfrist sei ordnungsgemäß von der Rechtsanwaltsfachangestellten T J für Montag, den 19. September 2016 im Fristenkalender und - wegen der gerade erfolgenden Umstellung der Kanzlei auf die elektronische Akte - zusätzlich im elektronischen Fristenkalender notiert worden. Frau G und Frau J als deren Abwesenheitsvertreterin bearbeiteten regelmäßig die Post und seien auch zuständig für die Eintragung, Kontrolle und Löschung der Fristen. Seien beide nicht im Haus, würden die Fristen von der nur noch auf 450,00 Euro-Basis auf Abruf bei personellen Engpässen tätigen früheren Bürovorsteherin B notiert, kontrolliert und gelöscht. Nach dem Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf die Versäumung der Frist zur Begründung der fristgerecht eingelegten Berufung habe eine Überprüfung aufgrund des für Frau G stehenden Kürzels „GR“ ergeben, dass es irrtümlich zu einer nicht mehr nachzuvollziehenden Verwechslung der Akte oder des Aktenzeichens durch sie gekommen sei und die Berufungsbegründungsfrist, sowie die Vorfrist zur Berufungsbegründung im Fristenkalender für den 12. bzw. den 19. September 2017 gestrichen worden sei, was sich die erfahrene und seit 18 Jahren in der Kanzlei tätige Notar- und Rechtsanwaltsfachangestellte G, die keinesfalls eine Frist ohne ausdrückliche Weisung eines Rechtsanwalts streiche, nicht erklären könne. Der Beklagtenvertreter und sein Rechtsanwaltskollege kontrollierten die Fristen regelmäßig in kurzen, maximal monatlichen Abständen unangemeldet, ob die Fristenkalender ordnungsgemäß geführt, Fristen eingetragen und eine Streichung nur erfolgt sei, wenn die Frist auch erledigt worden sei. Hierbei seien bei Frau G keinerlei Unregelmäßigkeiten aufgefallen, weshalb von einem individuellen, einmaligen Fehler einer erfahrenen Kraft auszugehen sei, die bis dahin immer fehlerfrei gearbeitet habe. Mit dem überobligatorischen elektronischen Fristenkalender sei eine „zweite Sicherung“ eingebaut worden. Da bei Ablauf der Vorfrist die Akte mit auffälligem Vermerk „Fristsache“ gesondert vorgelegt werden, folge auf diesem Weg eine Kontrolle. Am Tag des Fristablaufs werde die Erledigung überprüft und die Sache, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufklebe vorgelegt. Vor Büroschluss werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien. Erst dann werde regelmäßig die Frist gelöscht. Die Kontrolle der Fristen und der Streichung obliege Frau G. Da sie irrtümlich von einer Weisung zur Fristenstreichung ausgegangen sei, habe sie die Fristen schon am 11. August 2016 um 12.38 Uhr gestrichen, was infolge der Streichung auch nicht aufgefallen sei. Der Beklagte hat seinen Vortrag durch anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten und eine Eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin G (Bl. 326 d. A.), hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 326 d. A. Bezug genommen wird), glaubhaft gemacht.

20

Der Beklagte macht in der Sache geltend, das Arbeitsgericht sei den angebotenen Beweisen zu Unrecht nicht nachgegangen und habe eingeräumte Zahlungen nicht abgezogen. Nunmehr aufgefundene Belege zeigten exemplarisch, dass der Kläger, der nie Geld gehabt habe, bzw. dessen Ehefrau Zahlungen ins Ausland erhalten habe und das Urteil grundlegend falsch sei. Das vom Gericht im Rahmen der Entscheidungsgründe als fehlende Substantiierung kritisierte Nebeneinander von Barzahlungen und Überweisungen erkläre sich dadurch, dass der Beklage dem Kläger - wie er Marokkaner - unter Landsleuten geholfen habe. Im Übrigen seien die klägerischen Ansprüche nach § 12 des Arbeitsvertrages (Bl. 356 d. A.) verfallen und verwirkt.

21

Der Beklagte beantragt,

22

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - 7 Ca 602/15 - vom 16. Juni 2016 wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

23

Hilfsweise wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 5.000,00 Euro für Kost und Logis, die von Frau L gezahlten Beträge in Höhe von 1.500,00 Euro zuzüglich der Kosten für Flug- und Bustickets sowie die vom Beklagten an den Kläger gewährten Kredite in Höhe von 1.100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

24

Der Kläger beantragt,

25

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

26

hilfsweise,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Er verteidigt das von der Beklagten angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 14. November 2016 (Bl. 409 ff. d. A.), seiner Berufungserwiderung vom 30. November 2016 (Bl. 415 ff. d. A.) und seines Schriftsatzes vom 20. Februar 2017 (Bl. 443 d. A.), hinsichtlich deren Inhaltes auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,

29

der Wiedereinsetzungsantrag sei zurückzuweisen, da anerkanntermaßen Fristen im Fristenkalender erst dann gelöscht werden dürften, wenn sichergestellt sei, dass die Frist gewahrt und zumindest also der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig die Kanzlei verlassen habe. Wäre die vom BGH für erforderlich gehaltene Ausgangskontrolle fristgebunden der Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender erfolgt, wäre aufgefallen, dass tatsächlich ein Schriftsatz nicht gefertigt worden sei. Der von der Beklagtenseite behauptete Irrtum bzw. die Aktenverwechslung wäre dann aufgefallen. Offensichtlich sei vor Löschung der Frist deren Erledigung nicht kontrolliert worden.

30

In der Sache sei der Vortrag des Beklagten vom Arbeitsgericht zu Recht als pauschal und unsubstantiiert und jeglicher Lebenserfahrung widersprechend betrachtet worden. Zu einer Zeugenvernehmung habe keinerlei Veranlassung bestanden. Soweit der Beklagte darauf hinweise, dass beide Parteien Marokkaner seien, entspreche es dem Bild, dass man sich gegenseitig unterstütze, ohne gleich Gegenleistungen zu erwarten.

31

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 21. Februar 2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

32

Die Berufung ist nicht zulässig und war als unzulässig zu verwerfen.

I.

33

Die Berufung des Beklagten ist unzulässig, weil sein Prozessbevollmächtigter die gesetzliche Frist zur Begründung der Berufung nach § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils nicht eingehalten hat. Da ihm das arbeitsgerichtliche Urteil am 18. Juli 2016 zugestellt worden ist und der 18. September 2016 ein Sonntag war, lief die Berufungsbegründungsfrist am Montag, den 19. September 2016 ab (§ 222 Abs. 2 ZPO, § 193 BGB). Die erst am 04. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufungsbegründungsschrift konnte die Frist daher nicht wahren.

II.

34

Dem Beklagten kann wegen der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO gewährt werden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.

35

1. Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden die Frist zur Begründung der Berufung nicht eingehalten hat. Dabei steht nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Berufungskammer anschließt, hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH 04. November 2014 - VIII ZB 38/14 - Rn. 8; vgl. LAG Rheinland-Pfalz 23. April 2015 - 5 Sa 592/14 - Rn. 17, jeweils mwN, jeweils zitiert nach juris). Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu entnehmen ist, dass und wie die Prozessbevollmächtigten dafür Vorsorge getragen haben, dass es zu keiner versehentlichen Löschung von Fristen im Fristenkalender kommen kann und dass derartige Streichungen nach Möglichkeit im normalen Geschäftsgang aufgedeckt werden (BFH 13. September 2012 - XI R 48/10 - Rn. 15, zitiert nach juris).

36

Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich. Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH 07. Januar 2015 - IV ZB 14/14 - Rn. 8; 04. November 2014 - VIII ZB 38/14 - Rn. 9; jeweils mwN; LAG Rheinland-Pfalz 23. April 2015 - 5 Sa 592/14 - Rn. 18, aaO).

37

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte weder schlüssig dargetan, noch glaubhaft gemacht, dass ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung, welches ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, nicht vorliegt.

38

a) Den Darlegungen im auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichteten Schriftsatz vom 04. Oktober 2016 lässt sich nicht entnehmen, dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Beklagten eine hinreichende Ausgangskontrolle gewährleistet war. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass und welche allgemeine Organisationsanweisungen erteilt wurden, die geeignet waren, eine irrtümliche Friststreichung zu vermeiden. Nach dem Vortrag des Beklagten waren drei verschiedene Kanzleikräfte mit der Fristenkontrolle beauftragt, ohne dass erkennbar gewesen wäre, welche zur allabendlichen Fristenkontrolle angewiesen war. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten annimmt, dass dies die Mitarbeiterin G gewesen ist, ist nicht ersichtlich, welche Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung irrtümlicher Streichungen von Fristen angeordnet gewesen sind, insbesondere nicht, dass sie verpflichtet war, die Erledigung von Fristen anhand eines Abgleichs mit der Prozessakte zu überprüfen und erst danach die Streichung vorzunehmen. Allein dem Vortrag, vor Büroschluss werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien und erst dann werde regelmäßig die Frist gelöscht, lässt sich dies jedenfalls nicht entnehmen, zumal - insoweit widersprüchlich, zumindest aber nicht verständlich - zugleich vorgetragen worden ist, die Mitarbeiterin G streiche keinesfalls Fristen ohne ausdrückliche Weisung eines Rechtsanwalts. Dass ein Abgleich mit der Akte jedenfalls vorliegend nicht stattgefunden haben kann, ergibt sich bereits aus der Tatsache der irrtümlichen Streichung der Frist als solcher.

39

b) Darüber hinaus vermochte die Berufungskammer anhand des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu ersehen, dass die Organisation in der Kanzlei der Beklagtenvertreter so gestaltet war, dass irrtümliche Friststreichungen nach Möglichkeit im normalen Geschäftsgang aufgedeckt werden. Die angegebene Kontrolle der ordnungsgemäßen Fristenverwaltung durch den Beklagtenvertreter und seinen Rechtsanwaltskollege in - maximal - monatlichen Abständen ist vom normalen Geschäftsgang bereits aufgrund der Länge der Prüfintervalle nicht gedeckt, wobei kürzere Zeitspannen nicht substantiiert dargetan worden sind. Auch die von der Beklagtenseite angeführte „doppelte Sicherung“ durch den elektronischen Fristenkalender ist nicht geeignet, Fehler schneller aufzudecken, da davon auszugehen ist, dass Eintragungen zu den Fristen aufeinander folgend in beiden Kalendern vorgenommen werden und damit irrtümliche Fristenstreichungen - wie auch vorliegend geschehen - regelmäßig in beiden Kalendern erfolgen.

40

c) Der dargestellte Organisationsmangel war für die Fristversäumung ursächlich. Hätte in der Kanzlei des Beklagtenvertreters eine Anordnung zur Durchführung der dargestellten Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiter die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden, weil ein Abgleich mit dem Akteninhalt ergeben hätte, dass die Frist noch bis 19. September 2016 lief und keine Berufungsbegründung gefertigt und versandt worden war.

B

41

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

42

Gründe, die nach § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.

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(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.

(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.

(4) (weggefallen)

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

2. Die Rücknahme der Berufung der Beklagten hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge. Damit ist auch die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung wirkungslos geworden.

3. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 9.787,46 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt restliches Arbeitsentgelt und Spesen, die Beklagte Schadensersatz.

2

Der Kläger (geb. 1989, ledig) war vom 09.08.2013 bis zum 20.01.2014 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatslohn von 1.600,00 EUR beschäftigt. Er wurde überwiegend für Fernfahrten nach Großbritannien eingesetzt. Am 31.10.2013 entdeckten britische Grenzschutzbeamte bei einer Kontrolle zwei illegale Einwanderer, die sich in dem vom Kläger gelenkten Lkw versteckt hatten. Die britischen Behörden verhängten nach dem Einwanderungs- und Asylgesetz 1999 gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 24.04.2014 eine Geldstrafe iHv. 1.200 GBP (Britische Pfund) und gegenüber der Beklagten iHv. 4.000 GBP. Die Beklagte wird als Unternehmerin für 5.200 GBP gesamtschuldnerisch haftbar gemacht. Die Beklagte erteilte dem Kläger Lohnabrechnungen für Dezember 2013 und Januar 2014:

3

Dezember 2013

EUR 1.600,00 brutto

EUR 1.144,41 netto

Januar 2014

EUR 1.066,67 brutto

EUR   766,69 netto

4

Sie zahlte ihm den abgerechneten Nettolohn jedoch "im Vorgriff auf Schadensersatzansprüche" nicht aus, nachdem sie bereits am 31.10.2013 vom britischen Grenzschutz über den Vorfall informiert worden war.

5

Mit seiner Klage machte der Kläger den Lohn für Dezember 2013 iHv. 1.600,00 EUR brutto, für Januar 2014 iHv. 1.107,36 EUR brutto und restliche Spesen iHv. 1.800,00 EUR (steuerfrei) geltend. Mit ihrer Widerklage verlangte die Beklagte vom Kläger Ausgleich für die Zahlung seiner Geldstrafe von 1.474,03 EUR (1.200 GBP) und ihrer Geldstrafe von 4.913,43 EUR (4.000 GBP) an die britischen Behörden; mithin insgesamt 6.387,46 EUR.

6

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.09.2014 die Beklagte verurteilt, an den Kläger Lohn für Januar 2014 iHv. 1.066,67 EUR brutto zu zahlen. Es hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte den Anteil seiner Geldstrafe iHv. 1.474,03 EUR (1.200 GBP) nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage und die weitergehende Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

7

Der Beklagten ist das Urteil am 06.10.2014 zugestellt worden. Sie hat am 05.11.2014 teilweise Berufung eingelegt, soweit ihre Widerklage auf Zahlung von 4.913,43 EUR (4.000 GBP) abgewiesen worden ist. Die Beklagte hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 05.12.2014 begründet, der dem Kläger am 11.12.2015 zugestellt worden ist.

8

Dem Kläger ist das Urteil am 09.10.2014 zugestellt worden. Er hat mit Schriftsatz vom 20.11.2014 teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seine Klage auf Zahlung des Dezemberlohns 2013 iHv. 1.600,00 EUR brutto und der Spesen iHv. 1.800,00 EUR (steuerfrei) abgewiesen hat. Außerdem hat er beantragt, ihm Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Die Berufung hat er mit Schriftsatz vom 09.12.2014, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet. Am 12.01.2015, einem Montag, legte er vorsorglich Anschlussberufung ein.

9

Die Beklagte hat zweitinstanzlich - zunächst - beantragt,

10

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 10.09.2014, Az. 4 Ca 259/14, teilweise abzuändern und den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie weitere 4.913,43 EUR netto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2014 zu zahlen,
2. die Berufung/ Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. ihm Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren,
3. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 10.09.2014, Az. 4 Ca 259/14, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR brutto und 1.800,00 EUR steuerfrei zu zahlen.

13

Der Kläger macht zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags unter Vorlage von eidesstattlichen Erklärungen geltend, in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten habe Assessor W. am 06.11.2014 die Berufungsschrift mit dem Diktiersystem DictaNet diktiert. Er habe aus Versehen beim Speichern des Diktats den für Fristsachen vorgesehenen Button "F" nicht aktiviert und das Datum des Fristablaufs nicht in die Spalte "Bemerkungen" eingegeben. Am Freitag, dem 07.11.2014, sei Assessor W. die Liste der Fristabläufe für die 46. Kalenderwoche vorgelegt worden. Er habe die ihn betreffenden Fristabläufe mit einem grünen Textmarker markiert und die bereits erledigten Fristen gestrichen. Hierbei habe er aus Versehen die vorliegende Fristsache als erledigt gestrichen, weil die Sache nach seinem Gedächtnis am Vortag bearbeitet worden sei. Am Montag, dem 10.11.2014, habe Assessor W. seine Liste mit der Liste des Rechtsanwalts L. verglichen, die ihn betreffenden Fristen abgeglichen und gestrichen. Dabei habe er Rechtsanwalt L. mitgeteilt, dass die Frist in der vorliegenden Sache durch Fertigung der Berufungsschrift bereits in der Vorwoche erledigt worden sei. Da Assessor W. das Diktat nicht als Fristsache gekennzeichnet habe, sei es erst am 12.11.2014 geschrieben worden, weil die für ihn zuständige Sekretärin ab dem 10.11.2014 erkrankt gewesen sei. Wegen weiterer Einzelheiten des Wiedereinsetzungsantrags wird auf den Schriftsatz vom 20.11.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.

14

Die Beklagte hat ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2015 zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

I.

15

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil sein Prozessbevollmächtigter die gesetzliche Frist zur Einlegung der Berufung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG von einem Monat nicht eingehalten hat. Da ihm das arbeitsgerichtliche Urteil am 09.10.2014 zugestellt worden und der 09.11.2014 ein Sonntag war, lief die Frist am Montag, dem 10.11.2014, ab (§ 222 Abs. 2 ZPO, § 193 BGB). Die Berufungsschrift ist jedoch erst am 20.11.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

16

1. Dem Kläger kann wegen der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung gewährt werden. Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Ursache für die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung außerhalb eines ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren Anwaltsverschulden liegt.

17

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Berufungskammer folgt, hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH 04.11.2014 - VIII ZB 38/14 - NJW 2015, 253, mwN).

18

Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich. Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH 07.01.2015 - IV ZB 14/14 - Juris; 04.11.2014 - VIII ZB 38/14 - aaO; jeweils mwN).

19

2. Gemessen daran beruht die Fristversäumnis im Streitfall auf einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass dieser sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

20

Rechtsanwalt L. hat in seiner eidesstattlichen Erklärung ausgeführt, dass in seiner Kanzlei bei fristgebundenen Diktaten die Anweisung bestehe, diese mit dem Button "F" zu kennzeichnen. Die im Fristenkalender notierten Fristen seien grundsätzlich erst dann zu streichen, wenn der Schriftsatz gefertigt, unterzeichnet und versandt sei. Bei einem vorab per Telefax übermittelten Schriftsatz sei die Frist erst nach Kontrolle des Versendungsprotokolls zu streichen.

21

Es kann dahinstehen, ob diese Anweisungen zur Behandlung von Fristensachen geeignet sind, sicherzustellen, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist. Denn damit genügt der Prozessbevollmächtigte des Klägers seiner Organisationspflicht noch nicht. Er muss vielmehr auch Vorkehrungen dagegen treffen, dass -wie hier geschehen - durch versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender Fristen versäumt werden. Dazu gehört eine Anordnung, durch die gewährleistet wird, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen. Nur so kann festgestellt werden, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.

22

Eine solche Ausgangskontrolle sehen die dargestellten Büroanweisungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht vor. Eine Anordnung an Assessor W. oder andere Bürokräfte, vor dem Streichen einer Frist anhand der Akten oder des postfertigen Schriftsatzes zu überprüfen, dass zweifelsfrei nichts weiter zu veranlassen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die Ausgangskontrolle auch deshalb unzureichend, weil die allgemein gehaltene Anordnung, eine Frist erst zu streichen, wenn sichergestellt sei, dass der Schriftsatz gefertigt, unterzeichnet und versandt worden sei, es der Beurteilung der Bürokräfte, einschließlich Assessor W., überlässt, wann sie diese Voraussetzung als erfüllt ansehen. Erforderlich ist eine konkrete Anweisung - etwa in dem Sinne, dass die Frist erst gestrichen wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach der Kanzlei gelegt wird, von wo aus er unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird (BGH 12.04.2011 - VI ZB 6/10 - Rn. 7, NJW 2011, 2051). Eine Kontrolle des Fristenkalenders, die nicht die Prüfung einschließt, ob die Fristen durch Erstellung und Absendung des fristwahrenden Schriftsatzes tatsächlich eingehalten wurden, stellt ein anwaltliches Organisationsverschulden dar, das sich der Kläger zurechnen lassen muss.

II.

23

Der Beklagte hat seine Berufung nach § 516 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer wirksam zurückgenommen. Nach Rücknahme der Berufung hat die Anschlussberufung des Klägers nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren. Dies ist im Tenor (deklaratorisch) festgestellt worden.

III.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG. Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Tatbestand

1

I. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vom 23. Juli 2007, ihr Kindergeld für den in ihren Haushalt aufgenommenen geistig sowie mehrfach körperlich behinderten M zu gewähren, mit Bescheid vom 12. September 2007 ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

2

Das Finanzgericht wies die sich anschließende Klage der Klägerin ab, ohne die Revision zuzulassen.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hatte Erfolg. Der vormals zuständige III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ließ mit Beschluss vom 15. März 2010 III B 78/09 die Revision zu. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. März 2010 zugestellt.

4

Mit Schreiben vom 5. Mai 2010 machte die damalige Senatsvorsitzende des III. Senats des BFH die Klägerin darauf aufmerksam, dass die Frist zur Begründung der Revision nach § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) am 26. April 2010 abgelaufen war und wies auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO hin.

5

Hierauf begründete die Klägerin mit Schreiben vom 20. Mai 2010 die Revision und beantragte, ihr für die am 26. April 2010 abgelaufene Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

6

Sie bringt vor, die Frist zur Begründung der Revision und die dazugehörige Vorfrist sei im Fristenkalender ihrer Prozessbevollmächtigten gestrichen worden. Es habe nicht eruiert werden können, wann, weshalb und von wem die Frist im Fristenkalender gestrichen worden sei. Da ausgeschlossen werden könne, dass der Prozessbevollmächtigte, der allein die Sache bearbeitet habe, eine Anweisung zur Streichung der Frist gegeben habe, sei das Fristversäumnis auf ein einmaliges Versehen einer Rechtsanwaltsfachangestellten zurückzuführen, deren Ursache retrospektiv nicht mehr aufzuklären gewesen sei.

7

Zur Glaubhaftmachung des anwaltlich versicherten Sachvortrags hat die Klägerin eine Ablichtung des Aktenformblatts "Genaue Fristenkontrolle" mit Datierung 26. April 2010 ihrem Schreiben vom 20. Mai 2010 beigefügt.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO).

9

1. Die Klägerin hat die Revision nicht rechtzeitig begründet. Hat der BFH --wie hier-- der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, ist die Revision innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses zu begründen (§ 116 Abs. 7 Satz 2 1. Halbsatz, § 120 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz FGO).

10

Im Streitfall ist diese Frist für den am 24. März 2010 zugestellten Beschluss nach § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs am Montag, den 26. April 2010 abgelaufen. Der erst am 20. Mai 2010 beim BFH eingegangene Schriftsatz war mithin verspätet.

11

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsbegründungsfrist kann nicht gewährt werden.

12

a) Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von einem Monat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz FGO) nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 24. Juli 2002 VII B 150/02, BFH/NV 2002, 1489; vom 25. Juni 2003 XI B 186/02, BFH/NV 2003, 1589; vom 24. Januar 2005 III R 43/03, BFH/NV 2005, 1312; vom 24. Juni 2008 X R 38/07, BFH/NV 2008, 1517; vom 15. Dezember 2011 II R 16/11, BFH/NV 2012, 593). Hiernach schließt jedes Verschulden --mithin auch einfache Fahrlässigkeit-- die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Februar 2010 I R 38/09, BFH/NV 2010, 1283, m.w.N.). Der Beteiligte muss sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO; BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 593, m.w.N.).

13

b) Anhand des Vorbringens der Klägerin lässt sich nicht feststellen, dass das Fristversäumnis unverschuldet war. Es ist vorliegend nicht auszuschließen, dass an der Fristversäumnis ursächlich auch ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgewirkt hat, das der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. In einem derartigen Fall kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. Dezember 2010 IV R 5/10, BFH/NV 2011, 809; vom 14. Dezember 2011 X B 50/11, BFH/NV 2012, 440).

14

Dem Wiedereinsetzungsgesuch ist nicht zu entnehmen, wodurch sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor der irrtümlichen Streichung der Fristen im Fristenkalender geschützt haben. Bei der Organisation des Fristenwesens muss sichergestellt sein, dass keine versehentliche Streichung erfolgen kann (vgl. zur unbeabsichtigten Löschung im elektronischen Fristenkalender, Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2012 II ZB 10/11, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2012, 803, unter II.2.a, m.w.N.).

15

Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche Sicherungen es in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten gegen ein unbeabsichtigtes Streichen von Fristen gab. Sie hat im Kern lediglich dargetan, dass die Fristen in der Kanzlei nur auf ausdrücklichen Hinweis durch den jeweiligen, die Sache bearbeitenden Prozessbevollmächtigten oder nach Ausgang des entsprechenden fristwahrenden Schriftsatzes gestrichen würden. Die Darlegungen der Klägerin lassen aber nicht erkennen, dass und wie ihr Prozessbevollmächtigter dafür Vorsorge getroffen hat, dass es zu keiner versehentlichen Streichung von Fristen im Fristenkalender kommen kann und dass etwaige derartige Streichungen nach Möglichkeit im normalen Geschäftsgang aufgedeckt werden. Etwa indem sichergestellt wird, dass der Fristenkalender nur von einer klar begrenzten Personengruppe geführt werden darf, sämtliche Eintragungen mit einem Namenskürzel zu versehen und nachzuverfolgen sind und die Einhaltung dieser Vorgaben zeitnah überprüft wird. An derartigen Sicherungen fehlte es offenbar.

16

Nach dem Vortrag der Klägerin hatten alle Anwaltssekretärinnen Zugang zu dem Fristenkalender und waren zur Eintragung von Fristen befugt. Soweit sie an anderer Stelle ausführt, es seien nur einige wenige der Angestellten mit der Führung des Fristenkalenders betraut, bleiben diese Angaben vage; es hätte der Klägerin insoweit oblegen, die Angestellten namentlich zu benennen und geeignete Erklärungen von diesen beizubringen.

17

Der Senat kann mithin nicht beurteilen, ob es sich --wie die Klägerin behauptet-- bei dem Fristversäumnis um ein einmaliges, der Klägerin nicht zuzurechnendes Versehen einer Rechtsanwaltsfachangestellten in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten gehandelt hat. Im Ergebnis muss daher davon ausgegangen werden, dass die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist auf einem der Klägerin zuzurechnenden Verschulden beruht.

18

c) Zudem hat die Klägerin die von ihr vorgetragenen Tatsachen nicht glaubhaft gemacht.

19

Als präsentes Beweismittel i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 294 Abs. 2 ZPO hat die Klägerin lediglich eine Ablichtung des Aktenformblatts "Genaue Fristenkontrolle" mit Datierung 26. April 2010 vorgelegt. Aus diesem ist nicht zu entnehmen, dass --wie die Klägerin behauptet-- die Revisionsbegründungsfrist im Fristenkalender eingetragen und gestrichen worden sei. Es fehlt vollständig die Vorlage einer Ablichtung des Fristenkalenders. Ohne dieses Mittel der Glaubhaftmachung konnte sich der Senat trotz anwaltlicher Versicherung schon nicht von der Richtigkeit des Vortrages der Klägerin überzeugen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. April 2014 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 6.000 €

Gründe

1

I. Die Beklagte erstrebt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.

2

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Haftpflichtversicherung geltend. Das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts ist der Beklagten am 3. Mai 2013 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil fristgerecht Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. August 2013, einem Samstag, verlängert. Mit Verfügung vom 6. August 2013, der Beklagten am 8. August 2013 zugegangen, hat das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass bis zum 5. August 2013 keine Berufungsbegründungsschrift eingereicht worden sei. Mit einem am 21. August 2013 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

3

Dazu hat sie ausgeführt, die Berufungsbegründung müsse auf dem Postweg verloren gegangen sein. Der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte habe den Schriftsatz am 1. August 2013 vor einer mehrtägigen Abwesenheit unterzeichnet und mit den Akten auf den in der Kanzlei für die ausgehende Post vorgesehenen Tisch gelegt. Auf dem zugehörigen Verfügungsblatt in den Akten habe seine Sekretärin seinem Diktat entsprechend handschriftlich verfügt, dass die Berufungsbegründungsschrift an das Oberlandesgericht zu versenden sei und ihm die Akten anschließend wieder vorzulegen seien. Eine namentlich nicht zu ermittelnde Kanzleimitarbeiterin habe den Schriftsatz kuvertiert, frankiert und in das auf demselben Tisch befindliche Postausgangsfach gelegt. Sodann habe diese Mitarbeiterin auf dem Verfügungsblatt neben der Versendungsverfügung das Datum "01.08." vermerkt. Im Fristenkalender sei die Berufungsbegründungsfrist wegen der Fertigung und Absendung der Berufungsbegründungsschrift gestrichen worden. Auf diese Weise werde fristgebundene Post in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten durchweg bearbeitet. Wie jeden Tag sei das Postausgangsfach geleert und die Post zur etwa 200 Meter entfernten Postfiliale gebracht worden. Bei Rückkehr des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten am 4. August 2013 sei das Postausgangsfach leer gewesen. Er habe sich vor Ablauf des 5. August 2013 vergewissert, dass neben der Übersendungsverfügung in den Akten ein Datum vermerkt gewesen sei, dass sich die Berufungsbegründungsschrift nicht mehr in den Akten befunden habe und dass dort stattdessen eine für die Akten vorgesehene Abschrift eingeheftet gewesen sei.

4

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

5

II. Die Rechtsbeschwerde ist nach den §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, jedoch im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Anforderungen an die Organisation des Postausgangs in einer Anwaltskanzlei beachtet und nicht die Verfahrensgrundrechte der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat.

6

1. Nach seiner Ansicht hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Berufungsbegründungsfrist ohne Verschulden versäumt hat. Sie habe weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die Berufungsbegründungsschrift rechtzeitig am 1. oder 2. August 2013 in den Postlauf gelangt sei. Sie habe im Einzelnen darlegen und glaubhaft machen müssen, wann, von wem und in welcher Weise die Berufungsbegründungsschrift zur Post gegeben worden sei. Demgegenüber habe die Beklagte nur vorgetragen, dass ihr Prozessbevollmächtigter den Schriftsatz auf den für die ausgehende Post vorgesehenen Tisch gelegt habe. Wer den Schriftsatz kuvertiert, frankiert und in das Postausgangsfach gelegt habe, sei nicht aufklärbar. Es sei auch nicht dargelegt, wer dafür nach dem kanzleiinternen Organisationsplan zuständig gewesen sei und wer den Schriftsatz habe zur Post bringen müssen. Dass den Bürokräften der Prozessbevollmächtigten bei der Bearbeitung des Schriftsatzes ein Versehen unterlaufen sei, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Das neben der Übersendungsverfügung vermerkte Datum "01.08.", die gestrichene Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender und die Beschaffenheit des Tisches, die ein Herunterfallen von Schriftstücken ausschließe, reichten nicht aus, um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass die Berufungsbegründungsschrift weder in den Kanzleiräumen, noch auf dem Weg zur Postfiliale verloren gegangen sei. Jedenfalls sei ihr Vorbringen ungeeignet, ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auszuschließen. Es sei insbesondere nicht vorgetragen, dass für die Behandlung fristgebundener Post ausreichend zuverlässiges und regelmäßig überwachtes Personal mit abgegrenzten Aufgabenbereichen eingesetzt werde. Für ein Organisationsverschulden spreche vielmehr, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach drei Wochen nicht mehr hätten aufklären können, wer die Berufungsbegründungsschrift postfertig gemacht habe.

7

2. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze nicht überspannt. Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Ursache für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist außerhalb eines ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden liegt.

8

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Der Prozessbevollmächtigte muss durch organisatorische Maßnahmen gewährleisten, dass für den Postversand vorgesehene Schriftstücke zuverlässig auf den Postweg gebracht werden (Senatsbeschlüsse vom 16. Juli 2014 - IV ZR 40/13, juris Rn. 9; vom 5. Februar 2003 - IV ZB 34/02, NJW-RR 2003, 862 unter II 1; vom 18. Dezember 2002 - IV ZB 23/02, NJW-RR 2003, 569 unter II 1; BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, VersR 2002, 380 unter II 1; jeweils m.w.N.). Zu diesem Zweck hat er eine Ausgangskontrolle zu organisieren, die einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, WM 2014, 2388 Rn. 8 f.; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 10). Zunächst muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass im Fristenkalender vermerkte Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und versandfertig gemacht und die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (Senatsbeschluss vom 16. Juli 2014 aaO; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 aaO Rn. 8; vom 16. Dezember 2013 aaO Rn. 9; vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645 Rn. 10; jeweils m.w.N. ). Vor dem Streichen der Frist hat sich die damit betraute Bürokraft anhand der Akten oder des postfertigen Schriftsatzes zu vergewissern, dass zweifelsfrei nichts weiter zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 aaO; vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497 unter II 2 b; jeweils m.w.N.). Ferner gehört dazu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Schriftsätzen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Bürokraft nochmals und abschließend prüft, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Schriftsätzen übereinstimmen (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 aaO Rn. 9 f.; vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, VersR 2000, 1564).

9

b) Gemessen daran hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass die Ursache der Fristversäumnis außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegt. Sie hat die Möglichkeit nicht ausgeräumt, dass die Berufungsbegründung in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten verloren gegangen ist, bevor sie dort versandfertig gemacht worden ist, und dass dies aufgrund unzureichender Kontrolle der ausgehenden Post nicht entdeckt worden ist.

10

aa) Die Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten entspricht nicht den genannten Vorgaben. Eine Anordnung an die dortigen Bürokräfte, vor dem Streichen der Frist anhand der Akten oder des postfertigen Schriftsatzes zu überprüfen, dass zweifelsfrei nichts weiter zu veranlassen ist, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Ihrem erkennbar auf den Einzelfall bezogenen Vortrag, die Berufungsbegründungsfrist sei wegen Fertigung und Absendung der Berufungsbegründungsschrift im Fristenkalender gelöscht worden, ist eine allgemeine Anweisung an die Bürokräfte nicht zu entnehmen. Zu einer nochmaligen abendlichen Fristenkontrolle in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen.

11

bb) Der sachbearbeitende Prozessbevollmächtigte selbst hat die Bearbeitung der Berufungsbegründungsschrift nicht ausreichend kontrolliert. Es reicht nicht, dass er sich noch vor Ablauf des 5. August 2013 vergewisserte, dass das Datum "01.08." auf dem Verfügungsblatt in den Akten vermerkt war und sich anstelle des Originals der Berufungsbegründungsschrift das dafür vorgesehene Doppel in den Akten befand. Weder das auf dem Verfügungsblatt vermerkte Datum, noch das Fehlen des Originals der Berufungsbegründungsschrift oder das in den Akten abgeheftete Doppel lassen zweifelsfrei erkennen, dass die Berufungsbegründungsschrift tatsächlich postfertig in das Postausgangsfach der Kanzlei gelegt wurde.

12

cc) Die unzureichende Kontrolle der ausgehenden Post ist ursächlich für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewesen. Es reicht aus, dass eine mögliche Ursächlichkeit für das Versäumen der Frist nicht ausgeräumt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2000 - IV ZB 17/00, VersR 2001, 85 unter 2). Das ist der Beklagten nicht gelungen. Hätten in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten entsprechende Anordnungen zur Durchführung der beschriebenen Ausgangskontrolle bestanden, wäre bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Bürokraft ein möglicher Fehler bei der Bearbeitung des Schriftsatzes innerhalb der Kanzlei aufgefallen.

13

Die Ursächlichkeit entfällt auch nicht deswegen, weil die Berufungsbegründung trotz unzureichender Kontrolle ordnungsgemäß bearbeitet worden und in den Postausgang gelangt ist. Die Beklagte hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Berufungsbegründung postfertig gemacht und tatsächlich zur Post gegeben wurde. Die vorgelegten Versicherungen an Eides statt des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten und von dessen Sekretärin reichen nicht aus, weil beide nicht mit der Bearbeitung des Schriftsatzes betraut waren.

Mayen                                  Felsch                                       Harsdorf-Gebhardt

               Dr. Karczewski                        Dr. Schoppmeyer

8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

2. Die Rücknahme der Berufung der Beklagten hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge. Damit ist auch die vom Kläger eingelegte Anschlussberufung wirkungslos geworden.

3. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 9.787,46 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt restliches Arbeitsentgelt und Spesen, die Beklagte Schadensersatz.

2

Der Kläger (geb. 1989, ledig) war vom 09.08.2013 bis zum 20.01.2014 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatslohn von 1.600,00 EUR beschäftigt. Er wurde überwiegend für Fernfahrten nach Großbritannien eingesetzt. Am 31.10.2013 entdeckten britische Grenzschutzbeamte bei einer Kontrolle zwei illegale Einwanderer, die sich in dem vom Kläger gelenkten Lkw versteckt hatten. Die britischen Behörden verhängten nach dem Einwanderungs- und Asylgesetz 1999 gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 24.04.2014 eine Geldstrafe iHv. 1.200 GBP (Britische Pfund) und gegenüber der Beklagten iHv. 4.000 GBP. Die Beklagte wird als Unternehmerin für 5.200 GBP gesamtschuldnerisch haftbar gemacht. Die Beklagte erteilte dem Kläger Lohnabrechnungen für Dezember 2013 und Januar 2014:

3

Dezember 2013

EUR 1.600,00 brutto

EUR 1.144,41 netto

Januar 2014

EUR 1.066,67 brutto

EUR   766,69 netto

4

Sie zahlte ihm den abgerechneten Nettolohn jedoch "im Vorgriff auf Schadensersatzansprüche" nicht aus, nachdem sie bereits am 31.10.2013 vom britischen Grenzschutz über den Vorfall informiert worden war.

5

Mit seiner Klage machte der Kläger den Lohn für Dezember 2013 iHv. 1.600,00 EUR brutto, für Januar 2014 iHv. 1.107,36 EUR brutto und restliche Spesen iHv. 1.800,00 EUR (steuerfrei) geltend. Mit ihrer Widerklage verlangte die Beklagte vom Kläger Ausgleich für die Zahlung seiner Geldstrafe von 1.474,03 EUR (1.200 GBP) und ihrer Geldstrafe von 4.913,43 EUR (4.000 GBP) an die britischen Behörden; mithin insgesamt 6.387,46 EUR.

6

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.09.2014 die Beklagte verurteilt, an den Kläger Lohn für Januar 2014 iHv. 1.066,67 EUR brutto zu zahlen. Es hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte den Anteil seiner Geldstrafe iHv. 1.474,03 EUR (1.200 GBP) nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage und die weitergehende Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

7

Der Beklagten ist das Urteil am 06.10.2014 zugestellt worden. Sie hat am 05.11.2014 teilweise Berufung eingelegt, soweit ihre Widerklage auf Zahlung von 4.913,43 EUR (4.000 GBP) abgewiesen worden ist. Die Beklagte hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 05.12.2014 begründet, der dem Kläger am 11.12.2015 zugestellt worden ist.

8

Dem Kläger ist das Urteil am 09.10.2014 zugestellt worden. Er hat mit Schriftsatz vom 20.11.2014 teilweise Berufung eingelegt, soweit das Arbeitsgericht seine Klage auf Zahlung des Dezemberlohns 2013 iHv. 1.600,00 EUR brutto und der Spesen iHv. 1.800,00 EUR (steuerfrei) abgewiesen hat. Außerdem hat er beantragt, ihm Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Die Berufung hat er mit Schriftsatz vom 09.12.2014, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet. Am 12.01.2015, einem Montag, legte er vorsorglich Anschlussberufung ein.

9

Die Beklagte hat zweitinstanzlich - zunächst - beantragt,

10

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 10.09.2014, Az. 4 Ca 259/14, teilweise abzuändern und den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie weitere 4.913,43 EUR netto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2014 zu zahlen,
2. die Berufung/ Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. ihm Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren,
3. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 10.09.2014, Az. 4 Ca 259/14, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.600,00 EUR brutto und 1.800,00 EUR steuerfrei zu zahlen.

13

Der Kläger macht zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags unter Vorlage von eidesstattlichen Erklärungen geltend, in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten habe Assessor W. am 06.11.2014 die Berufungsschrift mit dem Diktiersystem DictaNet diktiert. Er habe aus Versehen beim Speichern des Diktats den für Fristsachen vorgesehenen Button "F" nicht aktiviert und das Datum des Fristablaufs nicht in die Spalte "Bemerkungen" eingegeben. Am Freitag, dem 07.11.2014, sei Assessor W. die Liste der Fristabläufe für die 46. Kalenderwoche vorgelegt worden. Er habe die ihn betreffenden Fristabläufe mit einem grünen Textmarker markiert und die bereits erledigten Fristen gestrichen. Hierbei habe er aus Versehen die vorliegende Fristsache als erledigt gestrichen, weil die Sache nach seinem Gedächtnis am Vortag bearbeitet worden sei. Am Montag, dem 10.11.2014, habe Assessor W. seine Liste mit der Liste des Rechtsanwalts L. verglichen, die ihn betreffenden Fristen abgeglichen und gestrichen. Dabei habe er Rechtsanwalt L. mitgeteilt, dass die Frist in der vorliegenden Sache durch Fertigung der Berufungsschrift bereits in der Vorwoche erledigt worden sei. Da Assessor W. das Diktat nicht als Fristsache gekennzeichnet habe, sei es erst am 12.11.2014 geschrieben worden, weil die für ihn zuständige Sekretärin ab dem 10.11.2014 erkrankt gewesen sei. Wegen weiterer Einzelheiten des Wiedereinsetzungsantrags wird auf den Schriftsatz vom 20.11.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.

14

Die Beklagte hat ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2015 zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

I.

15

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, weil sein Prozessbevollmächtigter die gesetzliche Frist zur Einlegung der Berufung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG von einem Monat nicht eingehalten hat. Da ihm das arbeitsgerichtliche Urteil am 09.10.2014 zugestellt worden und der 09.11.2014 ein Sonntag war, lief die Frist am Montag, dem 10.11.2014, ab (§ 222 Abs. 2 ZPO, § 193 BGB). Die Berufungsschrift ist jedoch erst am 20.11.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

16

1. Dem Kläger kann wegen der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung gewährt werden. Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Ursache für die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung außerhalb eines ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren Anwaltsverschulden liegt.

17

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Berufungskammer folgt, hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH 04.11.2014 - VIII ZB 38/14 - NJW 2015, 253, mwN).

18

Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich. Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH 07.01.2015 - IV ZB 14/14 - Juris; 04.11.2014 - VIII ZB 38/14 - aaO; jeweils mwN).

19

2. Gemessen daran beruht die Fristversäumnis im Streitfall auf einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass dieser sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

20

Rechtsanwalt L. hat in seiner eidesstattlichen Erklärung ausgeführt, dass in seiner Kanzlei bei fristgebundenen Diktaten die Anweisung bestehe, diese mit dem Button "F" zu kennzeichnen. Die im Fristenkalender notierten Fristen seien grundsätzlich erst dann zu streichen, wenn der Schriftsatz gefertigt, unterzeichnet und versandt sei. Bei einem vorab per Telefax übermittelten Schriftsatz sei die Frist erst nach Kontrolle des Versendungsprotokolls zu streichen.

21

Es kann dahinstehen, ob diese Anweisungen zur Behandlung von Fristensachen geeignet sind, sicherzustellen, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist. Denn damit genügt der Prozessbevollmächtigte des Klägers seiner Organisationspflicht noch nicht. Er muss vielmehr auch Vorkehrungen dagegen treffen, dass -wie hier geschehen - durch versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender Fristen versäumt werden. Dazu gehört eine Anordnung, durch die gewährleistet wird, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen. Nur so kann festgestellt werden, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.

22

Eine solche Ausgangskontrolle sehen die dargestellten Büroanweisungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht vor. Eine Anordnung an Assessor W. oder andere Bürokräfte, vor dem Streichen einer Frist anhand der Akten oder des postfertigen Schriftsatzes zu überprüfen, dass zweifelsfrei nichts weiter zu veranlassen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die Ausgangskontrolle auch deshalb unzureichend, weil die allgemein gehaltene Anordnung, eine Frist erst zu streichen, wenn sichergestellt sei, dass der Schriftsatz gefertigt, unterzeichnet und versandt worden sei, es der Beurteilung der Bürokräfte, einschließlich Assessor W., überlässt, wann sie diese Voraussetzung als erfüllt ansehen. Erforderlich ist eine konkrete Anweisung - etwa in dem Sinne, dass die Frist erst gestrichen wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach der Kanzlei gelegt wird, von wo aus er unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird (BGH 12.04.2011 - VI ZB 6/10 - Rn. 7, NJW 2011, 2051). Eine Kontrolle des Fristenkalenders, die nicht die Prüfung einschließt, ob die Fristen durch Erstellung und Absendung des fristwahrenden Schriftsatzes tatsächlich eingehalten wurden, stellt ein anwaltliches Organisationsverschulden dar, das sich der Kläger zurechnen lassen muss.

II.

23

Der Beklagte hat seine Berufung nach § 516 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer wirksam zurückgenommen. Nach Rücknahme der Berufung hat die Anschlussberufung des Klägers nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren. Dies ist im Tenor (deklaratorisch) festgestellt worden.

III.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG. Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.