Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Feb. 2017 - 6 Sa 315/16


Gericht
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - 7 Ca 602/15 - vom 16. Juni 2016 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zuletzt noch um restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis und um die Herausgabe von Arbeitspapieren einschließlich eines Zeugnisses durch den Beklagten.
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Der Kläger war vom 01. Juni 2014 bis 30. Juni 2015 beim Beklagten als LKW-Fahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete kraft zwischenzeitlich rechtskräftigen Teilurteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 26. November 2015 in vorliegendem Rechtsstreit durch ordentliche Kündigung des Beklagten.
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Der Kläger hat im Kündigungsschutzprozess mit am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangener Klageerweiterung vom 09. Oktober Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Juni 2014 bis Juni 2015, sowie 150 Euro brutto Spesen für Dezember 2014 verlangt. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. November 2015, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 130 ff. d. A), mit behaupteten Gegenansprüchen hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
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Soweit vorliegend von Belang hat der Kläger erstinstanzlich zu Klage und hilfsweiser Widerklage des Beklagten vorgetragen, der Beklagte schulde ihm neben den eingeklagten Arbeitspapieren noch Differenzvergütung, da er die abgerechneten Ansprüche nicht vollständig ausgezahlt und den ihm zustehenden Arbeitslohn für den Monat Juni 2015 weder abgerechnet, noch vergütet habe. Er habe lediglich einmal 1.000,00 Euro bar erhalten, sonst nur die eingeräumten Überweisungen und keine weiteren Barzuwendungen, auch nicht seitens der Ehefrau oder der Mutter des Beklagten, auch nicht als Leihe oder Darlehen. Der PKW sei ihm ausschließlich für berufliche Zwecke überlassen worden, er habe nicht vom 20. November 2013 bis zum 18. Dezember 2013 mit seiner Familie beim Beklagten gewohnt, sondern sei dort nur gemeldet gewesen und schulde auch keine Kost und Logis.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitspapiere des Klägers, wie die sozialversicherungsrechtliche Abmeldebescheinigung und die Jahreslohnabrechnung für 2014 und 2015, sowie die Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III ordnungsgemäß ausgefüllt, sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für die Zeit, welche der Kläger bei der Beklagten beschäftigt war, zu erstellen und diese direkt an den Kläger herauszugeben,
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2. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ausstehende Lohnzahlungen mit einem Betrag in Höhe von 4.492,47 Euro netto und weitere 150 Euro brutto für den 12. Monat des Jahres 2014 zu zahlen; sowie weiter ihm den vertraglich zustehenden Arbeitslohn in Höhe von 2.000,00 Euro brutto für einen Monat bis zum 30. Juni 2015 zu vergüten und insgesamt ordnungsgemäß abzurechnen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Darüber hinaus hat er hilfswiderklagend beantragt,
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den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 5.000,00 Euro für Kost und Logis, die von Frau L gezahlten Beträge in Höhe von 1.500,00 Euro zuzüglich der Kosten für Flug- und Bustickets sowie die vom Beklagten an den Kläger gewährten Kredite in Höhe von 1.100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Der Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Leistungen des Klägers in den ersten drei Monaten der Beschäftigung, wo er nicht ohne Betreuung habe fahren können, hätten die erfolgten Zahlungen nicht gerechtfertigt. Der Kläger sei ständig in Geldnöten gewesen und deshalb von ihm, seiner Ehefrau und seiner Mutter durch im Einzelnen dargestellte Zahlungen unterstützt worden, auch durch Kost und Logis, beim Ankauf eines Autos und bei Flugkosten für sich und seine Familie oder sonstige Reisekosten. Auch habe der Kläger - näher dargelegt - Barbeträge erhalten. Insgesamt stünden dem Kläger, auch nachdem in Teilen Verrechnung mit gegebenen Krediten und Vorschüssen vereinbart worden sei - keinerlei Zahlungen mehr zu, sondern vielmehr dem Beklagten Rückzahlungsansprüche zu, teilweise aus Abtretung.
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Wegen der Darstellung des weiteren Sachvortrags beider Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des Schlussurteils des Arbeitsgerichts vom 16. Juni 2016 (Bl. 287 bis 293 d. A.) Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat den Beklagten mit Schlussurteil vom 16. Juni 2016 zur Zahlung von 4.454,14 Euro netto und zur Herausgabe der Arbeitspapiere verurteilt und Klage und Widerklage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen (Bl. 293 bis 298 ff. d. A.) Bezug genommen.
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Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 18. Juli 2016 zugestellte Urteil mit am 26. Juli 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 25. Juli 2016 Berufung eingelegt. Nach Hinweis des Berufungsgerichts auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist vom 20. September 2016, beim Beklagtenvertreter eingegangen am 22. September 2016, hat der Beklagte mit Schriftsätzen vom 04. Oktober 2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, seine Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den Vorigen Stand beantragt.
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Der Beklagte macht zur Begründung seiner Berufung und des Wiedereinsetzungsantrags nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 04. Oktober 2016 und 15. Februar 2017, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 322, 327 ff. und 436 ff. d. A.) zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,
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die Berufungsbegründungsfrist sei ordnungsgemäß von der Rechtsanwaltsfachangestellten T J für Montag, den 19. September 2016 im Fristenkalender und - wegen der gerade erfolgenden Umstellung der Kanzlei auf die elektronische Akte - zusätzlich im elektronischen Fristenkalender notiert worden. Frau G und Frau J als deren Abwesenheitsvertreterin bearbeiteten regelmäßig die Post und seien auch zuständig für die Eintragung, Kontrolle und Löschung der Fristen. Seien beide nicht im Haus, würden die Fristen von der nur noch auf 450,00 Euro-Basis auf Abruf bei personellen Engpässen tätigen früheren Bürovorsteherin B notiert, kontrolliert und gelöscht. Nach dem Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf die Versäumung der Frist zur Begründung der fristgerecht eingelegten Berufung habe eine Überprüfung aufgrund des für Frau G stehenden Kürzels „GR“ ergeben, dass es irrtümlich zu einer nicht mehr nachzuvollziehenden Verwechslung der Akte oder des Aktenzeichens durch sie gekommen sei und die Berufungsbegründungsfrist, sowie die Vorfrist zur Berufungsbegründung im Fristenkalender für den 12. bzw. den 19. September 2017 gestrichen worden sei, was sich die erfahrene und seit 18 Jahren in der Kanzlei tätige Notar- und Rechtsanwaltsfachangestellte G, die keinesfalls eine Frist ohne ausdrückliche Weisung eines Rechtsanwalts streiche, nicht erklären könne. Der Beklagtenvertreter und sein Rechtsanwaltskollege kontrollierten die Fristen regelmäßig in kurzen, maximal monatlichen Abständen unangemeldet, ob die Fristenkalender ordnungsgemäß geführt, Fristen eingetragen und eine Streichung nur erfolgt sei, wenn die Frist auch erledigt worden sei. Hierbei seien bei Frau G keinerlei Unregelmäßigkeiten aufgefallen, weshalb von einem individuellen, einmaligen Fehler einer erfahrenen Kraft auszugehen sei, die bis dahin immer fehlerfrei gearbeitet habe. Mit dem überobligatorischen elektronischen Fristenkalender sei eine „zweite Sicherung“ eingebaut worden. Da bei Ablauf der Vorfrist die Akte mit auffälligem Vermerk „Fristsache“ gesondert vorgelegt werden, folge auf diesem Weg eine Kontrolle. Am Tag des Fristablaufs werde die Erledigung überprüft und die Sache, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufklebe vorgelegt. Vor Büroschluss werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien. Erst dann werde regelmäßig die Frist gelöscht. Die Kontrolle der Fristen und der Streichung obliege Frau G. Da sie irrtümlich von einer Weisung zur Fristenstreichung ausgegangen sei, habe sie die Fristen schon am 11. August 2016 um 12.38 Uhr gestrichen, was infolge der Streichung auch nicht aufgefallen sei. Der Beklagte hat seinen Vortrag durch anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtigten und eine Eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin G (Bl. 326 d. A.), hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 326 d. A. Bezug genommen wird), glaubhaft gemacht.
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Der Beklagte macht in der Sache geltend, das Arbeitsgericht sei den angebotenen Beweisen zu Unrecht nicht nachgegangen und habe eingeräumte Zahlungen nicht abgezogen. Nunmehr aufgefundene Belege zeigten exemplarisch, dass der Kläger, der nie Geld gehabt habe, bzw. dessen Ehefrau Zahlungen ins Ausland erhalten habe und das Urteil grundlegend falsch sei. Das vom Gericht im Rahmen der Entscheidungsgründe als fehlende Substantiierung kritisierte Nebeneinander von Barzahlungen und Überweisungen erkläre sich dadurch, dass der Beklage dem Kläger - wie er Marokkaner - unter Landsleuten geholfen habe. Im Übrigen seien die klägerischen Ansprüche nach § 12 des Arbeitsvertrages (Bl. 356 d. A.) verfallen und verwirkt.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - 7 Ca 602/15 - vom 16. Juni 2016 wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.
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Hilfsweise wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 5.000,00 Euro für Kost und Logis, die von Frau L gezahlten Beträge in Höhe von 1.500,00 Euro zuzüglich der Kosten für Flug- und Bustickets sowie die vom Beklagten an den Kläger gewährten Kredite in Höhe von 1.100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung als unzulässig zu verwerfen,
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hilfsweise,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das von der Beklagten angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 14. November 2016 (Bl. 409 ff. d. A.), seiner Berufungserwiderung vom 30. November 2016 (Bl. 415 ff. d. A.) und seines Schriftsatzes vom 20. Februar 2017 (Bl. 443 d. A.), hinsichtlich deren Inhaltes auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,
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der Wiedereinsetzungsantrag sei zurückzuweisen, da anerkanntermaßen Fristen im Fristenkalender erst dann gelöscht werden dürften, wenn sichergestellt sei, dass die Frist gewahrt und zumindest also der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig die Kanzlei verlassen habe. Wäre die vom BGH für erforderlich gehaltene Ausgangskontrolle fristgebunden der Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender erfolgt, wäre aufgefallen, dass tatsächlich ein Schriftsatz nicht gefertigt worden sei. Der von der Beklagtenseite behauptete Irrtum bzw. die Aktenverwechslung wäre dann aufgefallen. Offensichtlich sei vor Löschung der Frist deren Erledigung nicht kontrolliert worden.
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In der Sache sei der Vortrag des Beklagten vom Arbeitsgericht zu Recht als pauschal und unsubstantiiert und jeglicher Lebenserfahrung widersprechend betrachtet worden. Zu einer Zeugenvernehmung habe keinerlei Veranlassung bestanden. Soweit der Beklagte darauf hinweise, dass beide Parteien Marokkaner seien, entspreche es dem Bild, dass man sich gegenseitig unterstütze, ohne gleich Gegenleistungen zu erwarten.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 21. Februar 2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A
- 32
Die Berufung ist nicht zulässig und war als unzulässig zu verwerfen.
I.
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Die Berufung des Beklagten ist unzulässig, weil sein Prozessbevollmächtigter die gesetzliche Frist zur Begründung der Berufung nach § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils nicht eingehalten hat. Da ihm das arbeitsgerichtliche Urteil am 18. Juli 2016 zugestellt worden ist und der 18. September 2016 ein Sonntag war, lief die Berufungsbegründungsfrist am Montag, den 19. September 2016 ab (§ 222 Abs. 2 ZPO, § 193 BGB). Die erst am 04. Oktober 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufungsbegründungsschrift konnte die Frist daher nicht wahren.
II.
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Dem Beklagten kann wegen der Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. ZPO gewährt werden. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.
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1. Nach § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden die Frist zur Begründung der Berufung nicht eingehalten hat. Dabei steht nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Berufungskammer anschließt, hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH 04. November 2014 - VIII ZB 38/14 - Rn. 8; vgl. LAG Rheinland-Pfalz 23. April 2015 - 5 Sa 592/14 - Rn. 17, jeweils mwN, jeweils zitiert nach juris). Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu entnehmen ist, dass und wie die Prozessbevollmächtigten dafür Vorsorge getragen haben, dass es zu keiner versehentlichen Löschung von Fristen im Fristenkalender kommen kann und dass derartige Streichungen nach Möglichkeit im normalen Geschäftsgang aufgedeckt werden (BFH 13. September 2012 - XI R 48/10 - Rn. 15, zitiert nach juris).
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Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich. Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH 07. Januar 2015 - IV ZB 14/14 - Rn. 8; 04. November 2014 - VIII ZB 38/14 - Rn. 9; jeweils mwN; LAG Rheinland-Pfalz 23. April 2015 - 5 Sa 592/14 - Rn. 18, aaO).
- 37
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte weder schlüssig dargetan, noch glaubhaft gemacht, dass ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung, welches ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, nicht vorliegt.
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a) Den Darlegungen im auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichteten Schriftsatz vom 04. Oktober 2016 lässt sich nicht entnehmen, dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Beklagten eine hinreichende Ausgangskontrolle gewährleistet war. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass und welche allgemeine Organisationsanweisungen erteilt wurden, die geeignet waren, eine irrtümliche Friststreichung zu vermeiden. Nach dem Vortrag des Beklagten waren drei verschiedene Kanzleikräfte mit der Fristenkontrolle beauftragt, ohne dass erkennbar gewesen wäre, welche zur allabendlichen Fristenkontrolle angewiesen war. Selbst wenn man zu Gunsten des Beklagten annimmt, dass dies die Mitarbeiterin G gewesen ist, ist nicht ersichtlich, welche Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung irrtümlicher Streichungen von Fristen angeordnet gewesen sind, insbesondere nicht, dass sie verpflichtet war, die Erledigung von Fristen anhand eines Abgleichs mit der Prozessakte zu überprüfen und erst danach die Streichung vorzunehmen. Allein dem Vortrag, vor Büroschluss werde kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien und erst dann werde regelmäßig die Frist gelöscht, lässt sich dies jedenfalls nicht entnehmen, zumal - insoweit widersprüchlich, zumindest aber nicht verständlich - zugleich vorgetragen worden ist, die Mitarbeiterin G streiche keinesfalls Fristen ohne ausdrückliche Weisung eines Rechtsanwalts. Dass ein Abgleich mit der Akte jedenfalls vorliegend nicht stattgefunden haben kann, ergibt sich bereits aus der Tatsache der irrtümlichen Streichung der Frist als solcher.
- 39
b) Darüber hinaus vermochte die Berufungskammer anhand des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu ersehen, dass die Organisation in der Kanzlei der Beklagtenvertreter so gestaltet war, dass irrtümliche Friststreichungen nach Möglichkeit im normalen Geschäftsgang aufgedeckt werden. Die angegebene Kontrolle der ordnungsgemäßen Fristenverwaltung durch den Beklagtenvertreter und seinen Rechtsanwaltskollege in - maximal - monatlichen Abständen ist vom normalen Geschäftsgang bereits aufgrund der Länge der Prüfintervalle nicht gedeckt, wobei kürzere Zeitspannen nicht substantiiert dargetan worden sind. Auch die von der Beklagtenseite angeführte „doppelte Sicherung“ durch den elektronischen Fristenkalender ist nicht geeignet, Fehler schneller aufzudecken, da davon auszugehen ist, dass Eintragungen zu den Fristen aufeinander folgend in beiden Kalendern vorgenommen werden und damit irrtümliche Fristenstreichungen - wie auch vorliegend geschehen - regelmäßig in beiden Kalendern erfolgen.
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c) Der dargestellte Organisationsmangel war für die Fristversäumung ursächlich. Hätte in der Kanzlei des Beklagtenvertreters eine Anordnung zur Durchführung der dargestellten Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiter die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden, weil ein Abgleich mit dem Akteninhalt ergeben hätte, dass die Frist noch bis 19. September 2016 lief und keine Berufungsbegründung gefertigt und versandt worden war.
B
- 42
Gründe, die nach § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.

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(1) Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung), insbesondere
- 1.
die Art der Tätigkeit der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers, - 2.
Beginn, Ende, Unterbrechung und Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und - 3.
das Arbeitsentgelt und die sonstigen Geldleistungen, die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erhalten oder zu beanspruchen hat;
(2) Macht der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 geltend, die Arbeitslosigkeit sei die Folge eines Arbeitskampfes, so hat er dies darzulegen, glaubhaft zu machen und eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beizufügen. Der Bescheinigungspflichtige nach Absatz 1 hat der Betriebsvertretung die für die Stellungnahme erforderlichen Angaben zu machen.
(3) Sozialversicherungsträger haben auf Verlangen der Bundesagentur, die übrigen Leistungsträger, Unternehmen und sonstige Stellen auf Verlangen der betroffenen Person oder der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 26 erheblich sein können; es gilt das Bescheinigungsverfahren nach § 313a Absatz 2.
(4) (weggefallen)
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.
Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.