Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16
Gericht
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.10.2016, Az. 3 Ca 855/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 04.06.2015, Vergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers sowie auf die Widerklage über Schadensersatzansprüche der Beklagten.
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Der 1990 geborene Kläger war seit 15.10.2012 im Fachbetrieb der Beklagten für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik als Anlagenmechaniker/Monteur zu einem Stundenlohn von zuletzt € 16,00 brutto in Vollzeit beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. Kündigungsschutzgesetzes. Die Beklagte stellte dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit ein Firmenfahrzeug mit geschlossenem Kastenaufbau (Nissan NV 200 1,5 dCi) sowie eine Tankberechtigungskarte zur Verfügung. Mit dieser Karte konnte der Kläger das Fahrzeug auf Kosten der Beklagten deutschlandweit betanken. Der Kläger war vom 19.05.2015 bis 06.06.2015 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 30.05.2015, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2015. Diese Kündigung greift der Kläger zweitinstanzlich nicht mehr an.
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Mit Schreiben vom 31.05.2015 (Bl. 452-454 d.) hörte die Beklagte den Kläger -auszugsweise - wie folgt an:
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"… bekanntlich wurde Ihnen für ausschließlich dienstliche Zwecke ein Firmenfahrzeug … zur Verfügung gestellt.
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Im Zuge einer routinemäßigen Überprüfung ist hier am 22.05.2015 der Verdacht aufgekommen, dass entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung das Firmenfahrzeug auch für außerdienstliche Zwecke Verwendung gefunden hat. … Bei einer 1. Prüfung und Sichtung der Tankbelege sind uns unerklärlich hohe Tankrechnungen aufgefallen, die auf keinen Fall mit ausschließlich dienstlich veranlassten Fahrten erklärt werden können.
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Es besteht daher der dringende Verdacht, dass Sie entweder von uns zur Verfügung gestellten Kraftstoff für private Zwecke entwendet haben, oder aber dass unrechtmäßige Fahrzeugnutzungen in einem nicht unerheblichen Umfang vorgelegen haben. Aufgrund der Schwere der Verdachtsmomente erwägen wir, uns durch eine außerordentliche Verdachtskündigung von Ihnen zu trennen. … Wir geben Ihnen deshalb Gelegenheit, bis spätestens
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Freitag, 05.06.2015, 12:00 Uhr,
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schriftlich eine Stellungnahme hereinzureichen. Insbesondere erwarten wir bis zu diesem Zeitpunkt eine vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung der nachstehenden Fragen
…
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1. Als Anlage haben wir Ihnen auszugsweise Ihre Tankbelege beigefügt vom 16.04.-29.04.2015. Gleichzeitig haben wir Ihnen als Anlage eine Zusammenstellung der in diesem Zeitraum für die Fa. M. gemäß Ihrer Arbeitsberichte gefahrenen Kilometer beigefügt. Wie Sie feststellen, hätte unter der Voraussetzung eines Durchschnittsverbrauchs von 9 ltr/100 km (wir lassen diesen Wert derzeit zur genaueren Definition durch eine Kfz-Werkstatt prüfen, das bauartgleiche sich bei uns im Einsatz befindliche Fahrzeug benötigt 7,5 ltr/100 km) eine Fahrstrecke unter Berücksichtigung der von Ihnen getankten Kraftstoffmenge von 261,63 ltr. ca. 2900 km zur Folge. Laut Ihrer Arbeitsberichte hätten jedoch nur 1174,10 km im Auftrag der Fa. M. zurückgelegt werden dürfen. Wir fordern Sie auf bis Frist
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Freitag den 05.06.2015, 12:00 Uhr
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uns plausibel nachvollziehbar zu erklären, wie dieser exorbitant hohe Unterschied zustande kam. …"
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Der Kläger antwortete nicht. Mit Schreiben vom 04.06.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Schreiben ging dem Kläger nicht vor dem 05.06.2015, 12:00 Uhr, zu. Der Kläger machte erstinstanzlich die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 04.06.2015 als auch der ordentlichen Kündigung zum 30.06.2015 geltend. Er verlangte außerdem Vergütung für den Monat Juni 2015 (Entgeltfortzahlung und Annahmeverzugslohn) sowie Urlaubsabgeltung. Die Beklagte verlangte mit ihrer Widerklage Schadensersatz iHv. € 13.361,22.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungserklärungen der Beklagten vom 30.05.2015 und vom 04.06.2015 nicht aufgelöst wurde, sondern unverändert fortbesteht,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juni 2015 € 2.900,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2015 zu zahlen,
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3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.713,64 brutto Urlaubsabgeltung nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2015 zu zahlen,
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4. die Widerklage abzuweisen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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1. die Klage abzuweisen,
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2. den Kläger auf ihre Widerklage zu verurteilen, an sie € 13.361,22 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2016 zu zahlen.
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Die Beklagte hat zur Widerklage - zusammengefasst - vorgetragen, der Kläger habe das Firmenfahrzeug von August 2014 bis Mai 2015 in erheblichem Umfang zu privaten Zwecken genutzt. Er habe in diesem Zeitraum insgesamt 2.722,41 Liter Kraftstoff getankt. Ausgehend von einem Verbrauch von 6,2 Litern Kraftstoff auf 100 Kilometer habe er mit dem Fahrzeug 43.914 Kilometer zurückgelegt. Unter Berücksichtigung einer Toleranz von 20% habe er nur 21.640 Kilometer dienstlich zurückgelegt. Somit sei er mindestens 22.274 Kilometer privat gefahren. Dadurch seien ihr Kosten (Abnutzung, Wertverlust, Wartung, Reparaturen, Kraftstoff usw.) iHv. mind. € 8.909,60 (22.274 km x mind. € 0,40) entstanden. Darüber hinaus habe sie für ein Gutachten zur Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs vom 11.09.2015 € 179,53 und für die Aufklärung des Sachverhalts € 1.530,00 aufgewendet. Außerdem stehe ihr Schadensersatz zu, weil der Kläger mit dem Firmenfahrzeug einen Unfall verursacht habe. Diesen Unfall habe er ihr nicht gemeldet, sondern den beschädigten vorderen linken Kotflügel mit zwei Holzschrauben unsachgemäß befestigt. Zudem habe er mit Sekundenkleber Steckdosen in das Firmenfahrzeug geklebt und es auch sonst in einem "saumäßigen" Zustand hinterlassen. Nach dem eingeholten Gutachten vom 07.09.2015 koste die Reparatur der vom Kläger verursachten Schäden € 2.192,84 (ohne MwSt.). Für das Gutachten selbst habe sie € 200,00 aufgewendet.
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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 19.10.2016 Bezug genommen.
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.10.2016 der Klage gegen die fristlose Kündigung vom 04.06.2015 stattgegeben und die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 30.06.2015 - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Es hat die Beklagte unter - insoweit rechtskräftiger - Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2015 Vergütung iHv. € 2.640,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto sowie € 1.200,00 brutto Urlaubsabgeltung, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Die Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung vom 04.06.2015 sei unwirksam, weil die Beklagte die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt habe. Der Kläger könne für den Monat Juni 2015 für die Zeit bis zum 06.06.2015 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, danach Annahmeverzugslohn beanspruchen. Die Beklagte habe dem Leistungswillen des Klägers entgegenstehende Tatsachen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Darüber hinaus stehe dem Kläger Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage zu. Die Widerklage iHv. € 13.361,22 sei unbegründet. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Privatnutzung des Firmenfahrzeugs. Sie habe den angeblich entstandenen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 19.10.2016 (Bl. 388-402 d.) Bezug genommen.
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Die Beklagte hat gegen das am 10.11.2016 zugestellte Urteil mit am Montag, dem 12.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.02.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 10.02.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Die Beklagte macht nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 10.02.2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 441-451 d.), zusammengefasst geltend, ihre außerordentliche Kündigung vom 04.06.2015 sei rechtswirksam. Die Annahme des Arbeitsgericht, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, beruhe auf unzutreffenden Erwägungen zum Fristbeginn. Sie habe nicht bereits "Anfang Mai 2015" ein entsprechendes Wissen über die Vertragsverletzungen des Klägers gehabt. "Anfang Mai 2015" habe sie vielmehr erste Auffälligkeiten und Ungereimtheiten bemerkt, weshalb sie weitergehende Nachforschungen und Überprüfungen angestellt habe. Im Zeitpunkt der Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 31.05.2015 seien ihr nur die dort aufgeführten Auffälligkeiten bekannt gewesen; sie habe mit ihren Ermittlungen erst am Anfang gestanden. Der Kläger habe den privaten Gebrauch des ihm zur Alleinnutzung zur Verfügung gestellten Fahrzeugs gegenüber der Mitarbeiterin Spieß ausdrücklich eingeräumt, jedoch wahrheitswidrig behauptet, dieser sei ihm vom Geschäftsführer selbst oder von dessen Bruder (F. M.) erlaubt worden. Das Arbeitsgericht habe verfahrensfehlerhaft keine Beweisaufnahme durchgeführt und es unterlassen, die von ihr benannten Zeugen S. und M. zu den Ausnahmen anzuhören, wann sie dem Kläger gestattet habe, das ausschließlich von ihm benutzte Fahrzeug abends mit nach Hause zu nehmen. Der von ihr vorgetragene Kündigungsgrund (Verdacht der verbotenen Privatnutzung des Firmenfahrzeugs in nicht unerheblichem Umfang) sei aufzuklären und die von ihr angebotenen Beweise zu erheben.
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Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung für den Monat Juni 2015, weil ihre fristlose Kündigung vom 04.06.2015 das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Der Kläger könne auch keine Urlaubsabgeltung beanspruchen. Hilfsweise rechne sie mit ihren Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung auf.
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Ihre Widerklage sei begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie zu den Privatfahrten des Klägers substantiiert vorgetragen. Das Firmenfahrzeug sei ausschließlich vom Kläger genutzt worden. Sie habe vorgetragen, welche Fahrzeugnutzungen aufgrund der eigenen Angaben des Klägers auf dienstliche Verrichtungen entfallen seien. Wenn der Kläger weitere dienstliche Fahrten mit dem Fahrzeug unternommen haben sollte, hätte er diese in seinen Arbeitsberichten, die vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen waren, angeben müssen. Sie habe - zugunsten des Klägers - etwaige Umwege, Besuche von Bäckereien, Parkplatzsuche etc. berücksichtigt und nicht nur auf Basis der Verbrauchswerte vorgetragen. Vielmehr habe sie die konkreten Arbeitseinsätze des Klägers dargelegt. Sie habe die dafür erforderlich erscheinenden Wegstrecken konkret und für jeden einzelnen Fall unter Beweisantritt vorgetragen. Das Arbeitsgericht habe sämtliche Beweisantritte übergangen. Es wäre Sache des Klägers gewesen, eine ihm günstigere Sichtweise darzulegen. Sein pauschales Bestreiten genüge nicht.
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Auch zum Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung des Firmenfahrzeugs habe das Arbeitsgericht ihr Vorbringen nicht berücksichtigt. So sei ihr kein Schadensersatz wegen des Schadens durch das Einkleben der Steckdosen zugesprochen worden, weil der Kläger dies bestritten habe. Sie habe dem Kläger das Fahrzeug zur Alleinnutzung zur Verfügung gestellt. Daher sei er auch für Beschädigungen, die auf eine grobe und unsachgemäße Behandlung zurückzuführen seien (wie den durchgetretenen Fußboden im Bereich des Führerhauses), verantwortlich. Der Kläger habe der Geschäftsleitung nicht gemeldet, dass jemand anderes für die groben Beschädigungen, die sie durch einen Sachverständigen habe dokumentieren lassen, verantwortlich sei. Bezüglich der grob fachwidrigen Reparatur des vom Kläger verursachten Unfallschadens seien die Bewertungen des Arbeitsgerichts auch in Ansehung des vorliegenden Privatgutachtens nicht nachvollziehbar. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um übliche Abnutzungen oder Gebrauchsbeschädigungen gehandelt habe. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger gegen seine im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegte Pflicht verstoßen habe, jeden Schadensfall am Firmenfahrzeug zu melden. Statt den Schaden zu melden, habe er Holzschrauben genommen und in das ohnehin schon beschädigte Fahrzeug hineingetrieben. Es wäre Sache des Klägers gewesen darzustellen, dass hierdurch kein weiterer als der bereits vorhandene Schaden entstanden sei. Dem Kläger dürfe prozessual kein Vorteil daraus entstehen, dass er ihr pflichtwidrig Informationen über einen selbstverschuldeten Unfall vorenthalten und diesen nicht der Polizei gemeldet habe. Sie habe durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu Art und Umfang sowie zur Höhe eines entsprechenden Sachschadens vorgetragen. Schließlich sei auch zu rügen, dass das Arbeitsgericht die Schätzung eines Mindestschadens unterlassen habe, zumal der Kläger keine substantiierten Einwendungen vorgebracht habe.
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Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.10.2016, Az. 3 Ca 855/15, teilweise abzuändern und
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1. die Klage vollständig abzuweisen,
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2. den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie € 13.361,22 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2016 zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 31.03.2017, auf den Bezug genommen wird, als rechtlich zutreffend.
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Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.
II.
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In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Bewertung.
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1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 04.06.2015 aufgelöst worden. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die außerordentliche Kündigung bereits wegen Versäumung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam ist.
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a) Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt nach Satz 2 der Vorschrift mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Der Kündigungsberechtigte, der gewisse Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und dazu auch den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Dies gilt allerdings nur solange, wie er aus verständigen Gründen und mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen (BAG 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 54 mwN).
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Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und ggf. qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll. Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren, und welche - sei es auch nur aus damaliger Sicht - weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (BAG 01.02.2007 - 2 AZR 333/06 - Rn. 21 mwN).
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b) Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie hat in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, "bereits Anfang Mai 2015" seien im Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung "diverse Auffälligkeiten und Ungereimtheiten" aufgetreten, die "sodann" "weitergehende Nachforschungen und Überprüfungen" ausgelöst hätten. Schließlich hätten sich die Verdachtsmomente so weit verdichtet, dass sie sich entschlossen habe, den Kläger hierzu förmlich anzuhören. Diese Anhörung sei mit Schreiben vom 31.05.2015 erfolgt. Das genügt nicht. Der Vortrag enthält keine konkreten Tatsachen, worauf bereits das Arbeitsgericht hingewiesen hat. Die Beklagte, die für die Einhaltung der Zweiwochenfrist darlegungs- und beweispflichtig ist, hat auch in zweiter Instanz jeden Vortrag dazu vermissen lassen, welche Ermittlungen noch notwendig waren und welche Nachforschungen sie in der Zeit von "Anfang Mai 2015" bis zur Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 31.05.2015 noch angestellt hat. Die Ausführungen der Beklagten erschöpfen sich in schlichter Urteilskritik, ohne ihr Vorbringen zu den weiteren Ermittlungen zu vertiefen.
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2. Soweit das Arbeitsgericht die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.05. zum 30.06.2015 für wirksam gehalten hat, weil der Kläger im Kleinbetrieb der Beklagten keinen Kündigungsschutz genoss, ist das Urteil rechtskräftig.
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3. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger für den Monat Juni 2015 insgesamt € 2.640,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
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Bis zum 06.06.2015 hat der Kläger gem. § 3 Abs. 1 EntgFG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ab dem 07.06.2015 schuldet ihm die Beklagte Vergütung wegen Annahmeverzugs aus § 615 Satz 1 BGB. Die Beklagte ist nach Ausspruch ihrer unwirksamen fristlosen Kündigung in Annahmeverzug geraten, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Klägers bedurfte, §§ 295, 296 BGB (BAG 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 - Rn. 34 mwN).
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Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Monat Juni 2015 iSv. § 297 BGB nicht leistungswillig war. Die Beklagte hat in erster Instanz mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger "Zeit, Muße, Willen und Gelegenheit" gehabt habe, ihr die Arbeitsleistung anzubieten. Ein tatsächliches Angebot sei nie erfolgt, der Kläger habe nicht mehr bei ihr arbeiten wollen. Das Bestreiten mit Nichtwissen war unzulässig, weil der Arbeitgeber das Fehlen der subjektiven Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers darzulegen und zu beweisen hat (BAG 17.08.2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN). Die Beklagte hat außerdem verkannt, dass der Kläger nach Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung vom 04.06.2015 nicht verpflichtet war, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Da der Arbeitgeber mit der unwirksamen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht hat, kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 - Rn. 34 mwN).
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Die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 22.03.2016, der Kläger habe gegenüber der Zeugin S. erklärt, er erwarte die Kündigung, er werde auch nicht mehr arbeiten kommen, er sei mit der Beklagten "fertig", reichen nicht aus, um einen fehlenden Leistungswillen zu indizieren. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen. Die Beklagte hat - auch zweitinstanzlich - weder dargelegt, in welchem Zusammenhang der Kläger diese Erklärung abgegeben haben soll noch hat sie vorgetragen, wann sie erfolgt sein soll. Aus dem Zusammenhang gerissen und ohne zeitliche Konkretisierung kann ein fehlender Leistungswille während des Zeitraums des Annahmeverzugs im Juni 2015 nicht festgestellt werden. Die Vernehmung der Zeugin S. zu diesem Punkt, wann und unter welchen Umständen die Äußerung des Klägers erfolgt sein soll, wäre auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen. Außerdem verkennt die Beklagte, dass nicht jede spontane Unmutsäußerung gegenüber Arbeitskollegen, die dem Arbeitgeber hinterbracht wird, ihm schon das Recht gibt, nach Ausspruch einer unwirksamen fristlosen Kündigung die Zahlung von Verzugslohn zu verweigern.
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Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit ihren vermeintlichen Schadensersatzansprüchen ist unzulässig. Gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber nicht mit Nettobeträgen wirksam aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt (BAG 22.03.2000 - 4 AZR 120/99; LAG Rheinland-Pfalz 15.03.2013 - 6 Sa 414/12). Das ist hier nicht der Fall.
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4. Die Beklagte ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage iHv. € 1.200,00 brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Dies hat das Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, zutreffend erkannt. Die (Hilfs)Aufrechnung der Beklagten mit vermeintlichen Schadensersatzansprüchen ist unzulässig. Wie bereits oben (unter Ziff. 3) ausgeführt, kann der Arbeitgeber gegen Bruttoforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Nettobeträgen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Das ist hier nicht der Fall.
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5. Die Widerklage ist unbegründet. Die Beklagte hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger iHv. € 13.361,22 für Schäden im Zusammenhang mit der Nutzung des Firmenfahrzeugs. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt. Die Widerklage setzt sich aus folgenden Teilforderungen zusammen:
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Betrag in EUR
Schadensposten
1.
8.909,60
0,40 EUR x 22.274 km Kosten Privatfahrten
2.
179,53
Kosten eines Privatgutachtens
3.
1.530,00
Kosten Schadensermittlung
4.
2.192,84
voraussichtliche Reparaturkosten
5.
200,00
Kosten eines Privatgutachtens
13.011,97
SUMME
6.
349,25
?
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a) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 8.909,60 (1. Schadensposten) zu zahlen.
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aa) Die Beklagte behauptet, der Kläger habe mit dem Firmenfahrzeug, das er nur in Ausnahmefällen privat nutzen durfte, in der Zeit von August 2014 bis Mai 2015 eine Gesamtstrecke von mindestens 22.274 km für private Fahrten zurückgelegt. Den Rückschluss auf diese Streckenlänge zieht sie aus dem von ihr ermittelten Kraftstoffverbrauch. Dieser Ansatz ist nicht tragfähig.
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Es erschließt sich nicht, wie die Beklagte zu der Behauptung kommt, das vom Kläger genutzte Firmenfahrzeug habe im Schnitt 6,2 Liter Treibstoff auf 100 km verbraucht, zumal sie in ihrem Anhörungsschreiben vom 31.05.2015 behauptet hat, ein bauartgleiches Fahrzeug, das sich ebenfalls in ihrem Betrieb im Einsatz befinde, benötige 7,5 Liter Treibstoff auf 100 km. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 16.10.2015 die von der Beklagten behauptete "Verbrauchsmessung" durch eine K. Automobil GmbH aus L. zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Er hat weiterhin bestritten, dass die Verbrauchsmessung nach den Regeln der Technik erfolgt sei und das behauptete Ergebnis (im Versuchsbetrieb im Stadtverkehr 6,2 l/100 km, auf Überlandfahrten 5,8 l/100km) erbracht habe. Die Beklagte hat dazu nichts vorgetragen. Sie hat noch nicht einmal das behauptete Gutachten der K. (wer auch immer das sein mag) vorgelegt, sondern sich - auch in der mündlichen Berufungsverhandlung - darauf beschränkt, bloße Urteilskritik zu üben.
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Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs "für eine illegale Fahrzeugnutzung im Umfang von 22.224 km" genügt es nicht, dass die Beklagte als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 18.02.2016 insgesamt neun Aktenordner eingereicht hat, die Aufstellungen zu - aus ihrer Sicht - tatsächlich erforderlichen und betrieblich veranlassten Wegstrecken enthalten. Die von der Beklagten erstellten Ausdrucke aus dem Routenplaner Google Maps, die in der Zeit vom 20.01. bis 05.02.2016 erfolgt sind, sind nicht geeignet, Privatfahrten des Klägers im behaupteten Umfang von 22.224 km zu belegen. Es fehlen die Arbeitsberichte, die der Kläger in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 18.05.2015 erstellt hat, um die Streckenauswertung der Beklagten nachvollziehen zu können. Ohne Vorlage der Arbeitsberichte, die er bei der Beklagten abgeben musste, konnte auch der Kläger die Darstellung der Beklagten nicht überprüfen, so dass er sich mit pauschalem Bestreiten (mit Nicht-mehr-Wissen) begnügen durfte. Der Kläger musste sich keine Aufzeichnungen anfertigen oder Arbeitsberichte kopieren und aufbewahren, um nach Jahr und Tag die betrieblich veranlassten Fahrten, die die Beklagten mit 21.640 km angibt, rekonstruieren zu können.
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Der Kläger macht zu Recht geltend, dass es nicht seine Aufgabe sei, eine Gegenaufstellung vorzulegen und die betrieblich absolvierten Fahrten im Einzelnen aufzulisten. Er war nicht verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen oder in sonstiger Weise die betrieblichen Fahrten zu notieren. Ausweislich der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 28.09.2015 vorgelegten Listen über die Tankkartenabrechnungen musste der Kläger auch beim Tanken keinen aktuellen Kilometerstand eingeben.
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Das Arbeitsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass die Beklagte bei der Ermittlung der betrieblichen gefahrenen Kilometer zahlreiche Fahrten nicht in ihre Aufstellung eingestellt habe. So sei der Kläger - auch nach ihrem Vortrag - berechtigterweise mit dem Firmenfahrzeug nach Hause gefahren, wenn er Notdienst gehabt oder am Folgetag einen Kunden unmittelbar von seiner Wohnung angefahren habe. Teilweise habe der Kläger Kunden nicht nur einmal, sondern mehrmals angefahren, weil er für die Reparatur benötigtes Material habe holen müssen. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt, dass der Kläger teilweise nicht (die kürzere Strecke) von Kunde zu Kunde gefahren sei, weil er zunächst in den Betrieb zurückkehren musste, um ausgebaute Teile zu entsorgen oder um einen neuen Auftrag zu erhalten. Schließlich hat der Kläger eingewandt, dass das Firmenfahrzeug in Urlaubs- und Krankheitszeiten von anderen Mitarbeitern gefahren worden sei. Auch dies verfälsche das Rechenwerk der Beklagten. Die Beklagte hat hierauf - auch in zweiter Instanz - nichts entgegnet.
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bb) Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte pro privat gefahrenem Kilometer eine pauschale Entschädigung von € 0,40 begehrt. Ihre schlagwortartige Angabe (Abnutzung, Wertverlust, Wartung, Reparaturen, Kraftstoff usw.) ersetzt keinen konkreten Sachvortrag zu den tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten. Die steuerliche Kilometerpauschale beträgt € 0,30. Der pauschale Satz, der als Orientierung der Schadensbemessung dient, gilt sowohl für Pkw als auch für Kleintransporter. Wenn die Beklagte einen höheren Schaden reklamiert, muss sie die tatsächlich entstandenen Kosten nachweisen. Daran fehlt es.
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cc) Entgegen der Ansicht der Berufung kommt bei der gegebenen Sachlage keine Schadensschätzung durch das Gericht nach § 287 ZPO in Betracht, denn die Beklagte hat die tatsächlichen Grundlagen für eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Schätzung - auch in zweiter Instanz - nicht hinreichend dargelegt.
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b) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 179,53 (2. Schadensposten) zu zahlen. Die Beklagte behauptet, eine K. Automobil GmbH aus L. habe ihr am 11.09.2015 einen Betrag in dieser Höhe in Rechnung gestellt.
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Die Beklagte hat weder die Rechnung vom 11.09.2015 vorgelegt noch das Gutachten, das diese GmbH über den Kraftstoffverbrauch des Firmenfahrzeugs (im Versuchsbetrieb) verfasst haben soll, zur Gerichtsakte gereicht. Es ist deshalb nicht ansatzweise nachvollziehbar, weshalb der Kläger den behaupteten Rechnungsbetrag erstatten soll. Die Beklagte hat noch nicht einmal dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie diese Rechnung bezahlt hätte. Der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer keine Unterlagen mit sich führte, musste keine Gelegenheit gegeben werden, die fehlende Rechnung und das K.-Gutachten nachzureichen, denn die geltend gemachten Kosten sind ohnehin nicht erstattungsfähig. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. 5a) verwiesen werden.
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c) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 1.530,00 (3. Schadensposten) zu zahlen. Die Beklagte hat zu dieser Forderung erstinstanzlich lediglich ausgeführt, ihre Kosten für die "weitergehende" Schadensermittlung seien mit mindestens € 1.530,00 zu beziffern, es handele sich hierbei um den "Arbeitsaufwand der mit den entsprechenden Ermittlungen beauftragten Mitarbeiter".
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Obwohl das Arbeitsgericht ausdrücklich beanstandet hat, dass die Beklagte nicht dargelegt habe, wer wann welche Tätigkeiten zur Aufklärung welcher Umstände entfaltet haben soll, ist die Beklagte auch in zweiter Instanz jeden Vortrag schuldig geblieben, auf welchem Hintergrund die Forderung beruht und wie sich der Betrag von € 1.530,00 zusammensetzt. Die Beklagte hätte ebenso einen x-beliebig anderen Betrag angeben können. Das ist mit zivilprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar.
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Es kann dahinstehen, ob der Arbeits- und Zeitaufwand des Geschädigten für die Schadensermittlung nach § 249 BGB überhaupt erstattungsfähig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte den Zeitaufwand durch außergerichtliche Tätigkeit zur Wahrung seiner Entschädigungsansprüche regelmäßig nicht ersetzt verlangen, mag er die Bearbeitung des Schadensfalls persönlich vorgenommen, oder Angestellten übertragen haben (so schon BGH 26.02.1980 - VI ZR 53/79; 06.11.1979 - VI ZR 254/77).
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d) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 2.192,84 (4. Schadensposten) zu zahlen.
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Nach der Reparaturkostenkalkulation des Privatgutachters vom 07.09.2015 sollen sich die voraussichtlichen Reparaturkosten am Firmenfahrzeug auf € 2.192,84 (netto) belaufen. Die Beklagte hat den Privatgutachter erst am 31.08.2015 mit der Begutachtung des Fahrzeugs beauftragt, dass sie dem Kläger bis zu seiner Erkrankung (19.05.2015) zur Verfügung gestellt hat. Der Kfz-Sachverständige hat am 07.09.2015 unter dem Betreff "Haftpflichtschaden" "zum Zwecke der Beweissicherung" für die Beklagte ein Privatgutachten erstellt. Das Fahrzeug (Baujahr 2010) hatte nach seinen Ausführungen bei der Besichtigung eine Laufleistung von 125.675 km. Woher der Privatgutachter die Behauptung nimmt, dass sich das Fahrzeug "augenscheinlich" "in gleichem Zustand wie unmittelbar nach dem Schadenereignis befand", ist nicht nachvollziehbar und wird von der Beklagten auch nicht erläutert. Von welchem "Schadenereignis" der Sachverständige ausgegangen ist, bleibt unklar. In Anbetracht des Umstands, dass die Beklagte dem Kläger zur Last legt, dass er
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mit dem Firmenfahrzeug einen Unfall verursacht und den beschädigten vorderen linken Kotflügel mit zwei Holzschrauben unsachgemäß befestigt,
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mit Sekundenkleber Steckdosen in das Firmenfahrzeug geklebt,
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den Bodenbelag im Fahrerbereich ruiniert,
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das Fahrzeug in einem "saumäßigen" Zustand hinterlassen habe,
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kann von einem Schadensereignis keine Rede sein. Dem Originalgutachten sollen ausweislich Seite 1 des Gutachtens zehn Farblichtbilder beigefügt worden sein. Diese Bilder hat die Beklagte nicht vorgelegt, so dass sich der Kläger nicht davon überzeugen konnte, ob sich das Fahrzeug am 31.08.2015 - zumindest optisch - in dem Zustand vom 19.05.2015 befunden hat. Auch der Berufungskammer war es nicht möglich, sich einen Eindruck darüber zu verschaffen, was die Beklagte bspw. unter einem "saumäßigen" Zustand versteht, in dem sich das Fahrzeug nach ihrem Vortrag am 19.05.2015 befunden haben soll. Laut Gutachten (dort Seite 3) soll sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Besichtigung - dreieinhalb Monate nach der letzten Nutzung durch den Kläger - abgesehen von "der Unfallbeschädigung", in einem dem Alter und der Laufleistung entsprechenden "normalen Zustand" mit vereinzelten Gebrauchsspuren befunden haben. Unter der Überschrift "Vorschäden-Altschäden" wurde auf Seite 3 des Gutachtens angegeben:
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"vereinzelte dem Alter und Laufleistung entsprechende Gebrauchsspuren,
Stoßfänger vorne links beschädigt."
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Unter der Überschrift "Feststellungen zum Schadensbild" finden sich auf Seite 4 des Gutachtens demgegenüber folgende Ausführungen:
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"Auftragsgemäß sollen die durch Spax-Schrauben sowie durch unsachgemäße Befestigung mit Sekundenkleber verursachten Beschädigungen kalkuliert werden. Des Weiteren wurde der Bodenbelag vorne im Fahrerbereich überdurchschnittlich beschädigt. Dies geschieht nicht durch normale Nutzung.
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Die Schäden am Stoßfänger vorne wurden aufgrund des Altschadens in der Kalkulation nicht berücksichtigt.
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Der Kotflügel vorne links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.
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Die Radhausschale vorne links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.
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Die Scheinwerferblende links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.
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Der Bodenbelag vorne wurde mit Gewalt durchgetreten.
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Die Mittelkonsole wurde mit angeklebten Gegenständen verunreinigt und ist zu erneuern.
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Zubehör und Anbauteile wurden beschädigt."
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Unabhängig davon, dass das Privatgutachten zur Beweissicherung schon deshalb ungeeignet ist, weil die Besichtigung erst dreieinhalb Monate nach der letzten Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger erfolgt ist, leidet es auch an Widersprüchen. Einerseits soll sich das Fahrzeug in einem dem Alter und der Laufleistung entsprechenden "normalen Zustand" mit "entsprechenden Gebrauchsspuren" befunden haben, andererseits soll der Bodenbelag im Fahrerbereich überdurchschnittlich beschädigt und die Mittelkonsole mit angeklebten Gegenständen so verunreinigt gewesen sein, dass beide Teile bei einem Fahrzeug mit einer Laufleistung von mehr als 120.000 km erneuert werden mussten. Die Berufungskammer konnte die aufgezeigten Widersprüche nicht aufklären. Die Beklagte hat sich auch dazu in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert.
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Soweit die Beklagte vom Kläger wegen einer Beschädigung des Kotflügels vorne links durch Spax-Schrauben Schadensersatz verlangt, muss bereits ein Altschaden vorgelegen haben, den der Privatgutachter in der Kalkulation nicht berücksichtigt hat. Der Kläger hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 16.10.2015 unwidersprochen vorgetragen, dass er im Jahr 2013 bei einer Kundenfahrt gegen einen Stein gefahren sei und dadurch einen Schaden an der Karosserie verursacht habe. Diesen Schadensfall habe er der Beklagten gemeldet, die ihn an ihre Versicherung weitergeleitet habe. Eine ordnungsgemäße Reparatur habe die Beklagte allerdings nicht veranlasst. Weshalb der Kläger für die unsachgemäße Reparatur eines bereits beschädigten Fahrzeugteils haften soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, weshalb sie den vom Privatgutachter unter dem Betreff "Haftpflichtschaden" begutachteten Schadensfall nicht ihrer Kfz-Versicherung gemeldet hat. So kann nicht geprüft werden, ob sich die Haftung des Klägers auf die Kosten beschränkt, die durch eine (Vollkasko)-Versicherung nicht abgedeckt werden, insbesondere die übliche Selbstbeteiligung.
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e) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte Ersatz von Sachverständigenkosten laut Rechnung vom 07.09.2015 iHv. € 200,00 (5. Schadensposten) zu zahlen, weil die Beklagte am 31.08.2015 einen Kfz-Sachverständigen mit einem Privatgutachten beauftragt hat.
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Der Kläger ist der Beklagten nach den obigen Ausführungen (siehe Ziff. 5d) für die vom Privatgutachter festgestellten Schäden am Firmenfahrzeug nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Die durch die Beauftragung des Gutachters entstandenen Kosten, die schadensrechtlich zum Herstellungsaufwand gehören, sind daher nicht erstattungsfähig. Es kann deshalb dahinstehen, ob am 31.08.2015 die Einholung eines Privatgutachtens iSd. § 249 Abs. 1 BGB noch erforderlich und zweckmäßig war, denn der Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Besichtigung muss nicht mit dem Zustand am 19.05.2015 identisch gewesen sein.
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f) Schließlich ist auch die Teilwiderklageforderung iHv. € 349,25 (6. Schadensposten) unbegründet. Hierzu fehlt jedweder Vortrag der Beklagten. Es dürfte schlicht ein Rechenfehler vorliegen.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
- 1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder - 2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.