Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0629.5Sa508.16.00
bei uns veröffentlicht am29.06.2017

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.10.2016, Az. 3 Ca 855/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 04.06.2015, Vergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers sowie auf die Widerklage über Schadensersatzansprüche der Beklagten.

2

Der 1990 geborene Kläger war seit 15.10.2012 im Fachbetrieb der Beklagten für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik als Anlagenmechaniker/Monteur zu einem Stundenlohn von zuletzt € 16,00 brutto in Vollzeit beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. Kündigungsschutzgesetzes. Die Beklagte stellte dem Kläger zur Ausübung seiner Tätigkeit ein Firmenfahrzeug mit geschlossenem Kastenaufbau (Nissan NV 200 1,5 dCi) sowie eine Tankberechtigungskarte zur Verfügung. Mit dieser Karte konnte der Kläger das Fahrzeug auf Kosten der Beklagten deutschlandweit betanken. Der Kläger war vom 19.05.2015 bis 06.06.2015 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Mit Schreiben vom 30.05.2015, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2015. Diese Kündigung greift der Kläger zweitinstanzlich nicht mehr an.

3

Mit Schreiben vom 31.05.2015 (Bl. 452-454 d.) hörte die Beklagte den Kläger -auszugsweise - wie folgt an:

4

"… bekanntlich wurde Ihnen für ausschließlich dienstliche Zwecke ein Firmenfahrzeug … zur Verfügung gestellt.

5

Im Zuge einer routinemäßigen Überprüfung ist hier am 22.05.2015 der Verdacht aufgekommen, dass entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung das Firmenfahrzeug auch für außerdienstliche Zwecke Verwendung gefunden hat. … Bei einer 1. Prüfung und Sichtung der Tankbelege sind uns unerklärlich hohe Tankrechnungen aufgefallen, die auf keinen Fall mit ausschließlich dienstlich veranlassten Fahrten erklärt werden können.

6

Es besteht daher der dringende Verdacht, dass Sie entweder von uns zur Verfügung gestellten Kraftstoff für private Zwecke entwendet haben, oder aber dass unrechtmäßige Fahrzeugnutzungen in einem nicht unerheblichen Umfang vorgelegen haben. Aufgrund der Schwere der Verdachtsmomente erwägen wir, uns durch eine außerordentliche Verdachtskündigung von Ihnen zu trennen. … Wir geben Ihnen deshalb Gelegenheit, bis spätestens

7

Freitag, 05.06.2015, 12:00 Uhr,

8

schriftlich eine Stellungnahme hereinzureichen. Insbesondere erwarten wir bis zu diesem Zeitpunkt eine vollständige und wahrheitsgemäße Beantwortung der nachstehenden Fragen

9

1. Als Anlage haben wir Ihnen auszugsweise Ihre Tankbelege beigefügt vom 16.04.-29.04.2015. Gleichzeitig haben wir Ihnen als Anlage eine Zusammenstellung der in diesem Zeitraum für die Fa. M. gemäß Ihrer Arbeitsberichte gefahrenen Kilometer beigefügt. Wie Sie feststellen, hätte unter der Voraussetzung eines Durchschnittsverbrauchs von 9 ltr/100 km (wir lassen diesen Wert derzeit zur genaueren Definition durch eine Kfz-Werkstatt prüfen, das bauartgleiche sich bei uns im Einsatz befindliche Fahrzeug benötigt 7,5 ltr/100 km) eine Fahrstrecke unter Berücksichtigung der von Ihnen getankten Kraftstoffmenge von 261,63 ltr. ca. 2900 km zur Folge. Laut Ihrer Arbeitsberichte hätten jedoch nur 1174,10 km im Auftrag der Fa. M. zurückgelegt werden dürfen. Wir fordern Sie auf bis Frist

10

Freitag den 05.06.2015, 12:00 Uhr

11

uns plausibel nachvollziehbar zu erklären, wie dieser exorbitant hohe Unterschied zustande kam. …"

12

Der Kläger antwortete nicht. Mit Schreiben vom 04.06.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Schreiben ging dem Kläger nicht vor dem 05.06.2015, 12:00 Uhr, zu. Der Kläger machte erstinstanzlich die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 04.06.2015 als auch der ordentlichen Kündigung zum 30.06.2015 geltend. Er verlangte außerdem Vergütung für den Monat Juni 2015 (Entgeltfortzahlung und Annahmeverzugslohn) sowie Urlaubsabgeltung. Die Beklagte verlangte mit ihrer Widerklage Schadensersatz iHv. € 13.361,22.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

14

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungserklärungen der Beklagten vom 30.05.2015 und vom 04.06.2015 nicht aufgelöst wurde, sondern unverändert fortbesteht,

15

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juni 2015 € 2.900,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2015 zu zahlen,

16

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.713,64 brutto Urlaubsabgeltung nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2015 zu zahlen,

17

4. die Widerklage abzuweisen.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

1. die Klage abzuweisen,

20

2. den Kläger auf ihre Widerklage zu verurteilen, an sie € 13.361,22 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2016 zu zahlen.

21

Die Beklagte hat zur Widerklage - zusammengefasst - vorgetragen, der Kläger habe das Firmenfahrzeug von August 2014 bis Mai 2015 in erheblichem Umfang zu privaten Zwecken genutzt. Er habe in diesem Zeitraum insgesamt 2.722,41 Liter Kraftstoff getankt. Ausgehend von einem Verbrauch von 6,2 Litern Kraftstoff auf 100 Kilometer habe er mit dem Fahrzeug 43.914 Kilometer zurückgelegt. Unter Berücksichtigung einer Toleranz von 20% habe er nur 21.640 Kilometer dienstlich zurückgelegt. Somit sei er mindestens 22.274 Kilometer privat gefahren. Dadurch seien ihr Kosten (Abnutzung, Wertverlust, Wartung, Reparaturen, Kraftstoff usw.) iHv. mind. € 8.909,60 (22.274 km x mind. € 0,40) entstanden. Darüber hinaus habe sie für ein Gutachten zur Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs vom 11.09.2015 € 179,53 und für die Aufklärung des Sachverhalts € 1.530,00 aufgewendet. Außerdem stehe ihr Schadensersatz zu, weil der Kläger mit dem Firmenfahrzeug einen Unfall verursacht habe. Diesen Unfall habe er ihr nicht gemeldet, sondern den beschädigten vorderen linken Kotflügel mit zwei Holzschrauben unsachgemäß befestigt. Zudem habe er mit Sekundenkleber Steckdosen in das Firmenfahrzeug geklebt und es auch sonst in einem "saumäßigen" Zustand hinterlassen. Nach dem eingeholten Gutachten vom 07.09.2015 koste die Reparatur der vom Kläger verursachten Schäden € 2.192,84 (ohne MwSt.). Für das Gutachten selbst habe sie € 200,00 aufgewendet.

22

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 19.10.2016 Bezug genommen.

23

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.10.2016 der Klage gegen die fristlose Kündigung vom 04.06.2015 stattgegeben und die Klage gegen die ordentliche Kündigung zum 30.06.2015 - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Es hat die Beklagte unter - insoweit rechtskräftiger - Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger für den Monat Juni 2015 Vergütung iHv. € 2.640,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto sowie € 1.200,00 brutto Urlaubsabgeltung, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Die Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die fristlose Kündigung vom 04.06.2015 sei unwirksam, weil die Beklagte die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt habe. Der Kläger könne für den Monat Juni 2015 für die Zeit bis zum 06.06.2015 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, danach Annahmeverzugslohn beanspruchen. Die Beklagte habe dem Leistungswillen des Klägers entgegenstehende Tatsachen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Darüber hinaus stehe dem Kläger Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage zu. Die Widerklage iHv. € 13.361,22 sei unbegründet. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Privatnutzung des Firmenfahrzeugs. Sie habe den angeblich entstandenen Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 19.10.2016 (Bl. 388-402 d.) Bezug genommen.

24

Die Beklagte hat gegen das am 10.11.2016 zugestellte Urteil mit am Montag, dem 12.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.02.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 10.02.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

25

Die Beklagte macht nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 10.02.2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 441-451 d.), zusammengefasst geltend, ihre außerordentliche Kündigung vom 04.06.2015 sei rechtswirksam. Die Annahme des Arbeitsgericht, die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, beruhe auf unzutreffenden Erwägungen zum Fristbeginn. Sie habe nicht bereits "Anfang Mai 2015" ein entsprechendes Wissen über die Vertragsverletzungen des Klägers gehabt. "Anfang Mai 2015" habe sie vielmehr erste Auffälligkeiten und Ungereimtheiten bemerkt, weshalb sie weitergehende Nachforschungen und Überprüfungen angestellt habe. Im Zeitpunkt der Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 31.05.2015 seien ihr nur die dort aufgeführten Auffälligkeiten bekannt gewesen; sie habe mit ihren Ermittlungen erst am Anfang gestanden. Der Kläger habe den privaten Gebrauch des ihm zur Alleinnutzung zur Verfügung gestellten Fahrzeugs gegenüber der Mitarbeiterin Spieß ausdrücklich eingeräumt, jedoch wahrheitswidrig behauptet, dieser sei ihm vom Geschäftsführer selbst oder von dessen Bruder (F. M.) erlaubt worden. Das Arbeitsgericht habe verfahrensfehlerhaft keine Beweisaufnahme durchgeführt und es unterlassen, die von ihr benannten Zeugen S. und M. zu den Ausnahmen anzuhören, wann sie dem Kläger gestattet habe, das ausschließlich von ihm benutzte Fahrzeug abends mit nach Hause zu nehmen. Der von ihr vorgetragene Kündigungsgrund (Verdacht der verbotenen Privatnutzung des Firmenfahrzeugs in nicht unerheblichem Umfang) sei aufzuklären und die von ihr angebotenen Beweise zu erheben.

26

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung für den Monat Juni 2015, weil ihre fristlose Kündigung vom 04.06.2015 das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Der Kläger könne auch keine Urlaubsabgeltung beanspruchen. Hilfsweise rechne sie mit ihren Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung auf.

27

Ihre Widerklage sei begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie zu den Privatfahrten des Klägers substantiiert vorgetragen. Das Firmenfahrzeug sei ausschließlich vom Kläger genutzt worden. Sie habe vorgetragen, welche Fahrzeugnutzungen aufgrund der eigenen Angaben des Klägers auf dienstliche Verrichtungen entfallen seien. Wenn der Kläger weitere dienstliche Fahrten mit dem Fahrzeug unternommen haben sollte, hätte er diese in seinen Arbeitsberichten, die vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen waren, angeben müssen. Sie habe - zugunsten des Klägers - etwaige Umwege, Besuche von Bäckereien, Parkplatzsuche etc. berücksichtigt und nicht nur auf Basis der Verbrauchswerte vorgetragen. Vielmehr habe sie die konkreten Arbeitseinsätze des Klägers dargelegt. Sie habe die dafür erforderlich erscheinenden Wegstrecken konkret und für jeden einzelnen Fall unter Beweisantritt vorgetragen. Das Arbeitsgericht habe sämtliche Beweisantritte übergangen. Es wäre Sache des Klägers gewesen, eine ihm günstigere Sichtweise darzulegen. Sein pauschales Bestreiten genüge nicht.

28

Auch zum Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung des Firmenfahrzeugs habe das Arbeitsgericht ihr Vorbringen nicht berücksichtigt. So sei ihr kein Schadensersatz wegen des Schadens durch das Einkleben der Steckdosen zugesprochen worden, weil der Kläger dies bestritten habe. Sie habe dem Kläger das Fahrzeug zur Alleinnutzung zur Verfügung gestellt. Daher sei er auch für Beschädigungen, die auf eine grobe und unsachgemäße Behandlung zurückzuführen seien (wie den durchgetretenen Fußboden im Bereich des Führerhauses), verantwortlich. Der Kläger habe der Geschäftsleitung nicht gemeldet, dass jemand anderes für die groben Beschädigungen, die sie durch einen Sachverständigen habe dokumentieren lassen, verantwortlich sei. Bezüglich der grob fachwidrigen Reparatur des vom Kläger verursachten Unfallschadens seien die Bewertungen des Arbeitsgerichts auch in Ansehung des vorliegenden Privatgutachtens nicht nachvollziehbar. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um übliche Abnutzungen oder Gebrauchsbeschädigungen gehandelt habe. Das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger gegen seine im schriftlichen Arbeitsvertrag festgelegte Pflicht verstoßen habe, jeden Schadensfall am Firmenfahrzeug zu melden. Statt den Schaden zu melden, habe er Holzschrauben genommen und in das ohnehin schon beschädigte Fahrzeug hineingetrieben. Es wäre Sache des Klägers gewesen darzustellen, dass hierdurch kein weiterer als der bereits vorhandene Schaden entstanden sei. Dem Kläger dürfe prozessual kein Vorteil daraus entstehen, dass er ihr pflichtwidrig Informationen über einen selbstverschuldeten Unfall vorenthalten und diesen nicht der Polizei gemeldet habe. Sie habe durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu Art und Umfang sowie zur Höhe eines entsprechenden Sachschadens vorgetragen. Schließlich sei auch zu rügen, dass das Arbeitsgericht die Schätzung eines Mindestschadens unterlassen habe, zumal der Kläger keine substantiierten Einwendungen vorgebracht habe.

29

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

30

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.10.2016, Az. 3 Ca 855/15, teilweise abzuändern und

31

1. die Klage vollständig abzuweisen,

32

2. den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie € 13.361,22 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.01.2016 zu zahlen.

33

Der Kläger beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 31.03.2017, auf den Bezug genommen wird, als rechtlich zutreffend.

36

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

37

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

38

In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Bewertung.

39

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 04.06.2015 aufgelöst worden. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die außerordentliche Kündigung bereits wegen Versäumung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam ist.

40

a) Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt nach Satz 2 der Vorschrift mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Der Kündigungsberechtigte, der gewisse Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und dazu auch den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Dies gilt allerdings nur solange, wie er aus verständigen Gründen und mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen (BAG 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 54 mwN).

41

Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und ggf. qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll. Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren, und welche - sei es auch nur aus damaliger Sicht - weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (BAG 01.02.2007 - 2 AZR 333/06 - Rn. 21 mwN).

42

b) Das Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie hat in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, "bereits Anfang Mai 2015" seien im Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung "diverse Auffälligkeiten und Ungereimtheiten" aufgetreten, die "sodann" "weitergehende Nachforschungen und Überprüfungen" ausgelöst hätten. Schließlich hätten sich die Verdachtsmomente so weit verdichtet, dass sie sich entschlossen habe, den Kläger hierzu förmlich anzuhören. Diese Anhörung sei mit Schreiben vom 31.05.2015 erfolgt. Das genügt nicht. Der Vortrag enthält keine konkreten Tatsachen, worauf bereits das Arbeitsgericht hingewiesen hat. Die Beklagte, die für die Einhaltung der Zweiwochenfrist darlegungs- und beweispflichtig ist, hat auch in zweiter Instanz jeden Vortrag dazu vermissen lassen, welche Ermittlungen noch notwendig waren und welche Nachforschungen sie in der Zeit von "Anfang Mai 2015" bis zur Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 31.05.2015 noch angestellt hat. Die Ausführungen der Beklagten erschöpfen sich in schlichter Urteilskritik, ohne ihr Vorbringen zu den weiteren Ermittlungen zu vertiefen.

43

2. Soweit das Arbeitsgericht die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.05. zum 30.06.2015 für wirksam gehalten hat, weil der Kläger im Kleinbetrieb der Beklagten keinen Kündigungsschutz genoss, ist das Urteil rechtskräftig.

44

3. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger für den Monat Juni 2015 insgesamt € 2.640,00 brutto abzüglich gezahlter € 259,60 netto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

45

Bis zum 06.06.2015 hat der Kläger gem. § 3 Abs. 1 EntgFG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ab dem 07.06.2015 schuldet ihm die Beklagte Vergütung wegen Annahmeverzugs aus § 615 Satz 1 BGB. Die Beklagte ist nach Ausspruch ihrer unwirksamen fristlosen Kündigung in Annahmeverzug geraten, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Klägers bedurfte, §§ 295, 296 BGB (BAG 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 - Rn. 34 mwN).

46

Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im Monat Juni 2015 iSv. § 297 BGB nicht leistungswillig war. Die Beklagte hat in erster Instanz mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger "Zeit, Muße, Willen und Gelegenheit" gehabt habe, ihr die Arbeitsleistung anzubieten. Ein tatsächliches Angebot sei nie erfolgt, der Kläger habe nicht mehr bei ihr arbeiten wollen. Das Bestreiten mit Nichtwissen war unzulässig, weil der Arbeitgeber das Fehlen der subjektiven Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers darzulegen und zu beweisen hat (BAG 17.08.2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN). Die Beklagte hat außerdem verkannt, dass der Kläger nach Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung vom 04.06.2015 nicht verpflichtet war, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Da der Arbeitgeber mit der unwirksamen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht hat, kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 19.01.2016 - 2 AZR 449/15 - Rn. 34 mwN).

47

Die Ausführungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 22.03.2016, der Kläger habe gegenüber der Zeugin S. erklärt, er erwarte die Kündigung, er werde auch nicht mehr arbeiten kommen, er sei mit der Beklagten "fertig", reichen nicht aus, um einen fehlenden Leistungswillen zu indizieren. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen. Die Beklagte hat - auch zweitinstanzlich - weder dargelegt, in welchem Zusammenhang der Kläger diese Erklärung abgegeben haben soll noch hat sie vorgetragen, wann sie erfolgt sein soll. Aus dem Zusammenhang gerissen und ohne zeitliche Konkretisierung kann ein fehlender Leistungswille während des Zeitraums des Annahmeverzugs im Juni 2015 nicht festgestellt werden. Die Vernehmung der Zeugin S. zu diesem Punkt, wann und unter welchen Umständen die Äußerung des Klägers erfolgt sein soll, wäre auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausgelaufen. Außerdem verkennt die Beklagte, dass nicht jede spontane Unmutsäußerung gegenüber Arbeitskollegen, die dem Arbeitgeber hinterbracht wird, ihm schon das Recht gibt, nach Ausspruch einer unwirksamen fristlosen Kündigung die Zahlung von Verzugslohn zu verweigern.

48

Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit ihren vermeintlichen Schadensersatzansprüchen ist unzulässig. Gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber nicht mit Nettobeträgen wirksam aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt (BAG 22.03.2000 - 4 AZR 120/99; LAG Rheinland-Pfalz 15.03.2013 - 6 Sa 414/12). Das ist hier nicht der Fall.

49

4. Die Beklagte ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG verpflichtet, an den Kläger Urlaubsabgeltung für zehn Urlaubstage iHv. € 1.200,00 brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Dies hat das Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, zutreffend erkannt. Die (Hilfs)Aufrechnung der Beklagten mit vermeintlichen Schadensersatzansprüchen ist unzulässig. Wie bereits oben (unter Ziff. 3) ausgeführt, kann der Arbeitgeber gegen Bruttoforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Nettobeträgen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Das ist hier nicht der Fall.

50

5. Die Widerklage ist unbegründet. Die Beklagte hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger iHv. € 13.361,22 für Schäden im Zusammenhang mit der Nutzung des Firmenfahrzeugs. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt. Die Widerklage setzt sich aus folgenden Teilforderungen zusammen:

51
      

Betrag in EUR

 Schadensposten

1.    

8.909,60

 0,40 EUR x 22.274 km Kosten Privatfahrten

2.    

179,53

 Kosten eines Privatgutachtens

3.    

1.530,00

 Kosten Schadensermittlung

4.    

2.192,84

 voraussichtliche Reparaturkosten

5.    

200,00

 Kosten eines Privatgutachtens

      

13.011,97

 SUMME 

6.    

349,25

 ?       

52

a) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 8.909,60 (1. Schadensposten) zu zahlen.

53

aa) Die Beklagte behauptet, der Kläger habe mit dem Firmenfahrzeug, das er nur in Ausnahmefällen privat nutzen durfte, in der Zeit von August 2014 bis Mai 2015 eine Gesamtstrecke von mindestens 22.274 km für private Fahrten zurückgelegt. Den Rückschluss auf diese Streckenlänge zieht sie aus dem von ihr ermittelten Kraftstoffverbrauch. Dieser Ansatz ist nicht tragfähig.

54

Es erschließt sich nicht, wie die Beklagte zu der Behauptung kommt, das vom Kläger genutzte Firmenfahrzeug habe im Schnitt 6,2 Liter Treibstoff auf 100 km verbraucht, zumal sie in ihrem Anhörungsschreiben vom 31.05.2015 behauptet hat, ein bauartgleiches Fahrzeug, das sich ebenfalls in ihrem Betrieb im Einsatz befinde, benötige 7,5 Liter Treibstoff auf 100 km. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 16.10.2015 die von der Beklagten behauptete "Verbrauchsmessung" durch eine K. Automobil GmbH aus L. zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Er hat weiterhin bestritten, dass die Verbrauchsmessung nach den Regeln der Technik erfolgt sei und das behauptete Ergebnis (im Versuchsbetrieb im Stadtverkehr 6,2 l/100 km, auf Überlandfahrten 5,8 l/100km) erbracht habe. Die Beklagte hat dazu nichts vorgetragen. Sie hat noch nicht einmal das behauptete Gutachten der K. (wer auch immer das sein mag) vorgelegt, sondern sich - auch in der mündlichen Berufungsverhandlung - darauf beschränkt, bloße Urteilskritik zu üben.

55

Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs "für eine illegale Fahrzeugnutzung im Umfang von 22.224 km" genügt es nicht, dass die Beklagte als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 18.02.2016 insgesamt neun Aktenordner eingereicht hat, die Aufstellungen zu - aus ihrer Sicht - tatsächlich erforderlichen und betrieblich veranlassten Wegstrecken enthalten. Die von der Beklagten erstellten Ausdrucke aus dem Routenplaner Google Maps, die in der Zeit vom 20.01. bis 05.02.2016 erfolgt sind, sind nicht geeignet, Privatfahrten des Klägers im behaupteten Umfang von 22.224 km zu belegen. Es fehlen die Arbeitsberichte, die der Kläger in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 18.05.2015 erstellt hat, um die Streckenauswertung der Beklagten nachvollziehen zu können. Ohne Vorlage der Arbeitsberichte, die er bei der Beklagten abgeben musste, konnte auch der Kläger die Darstellung der Beklagten nicht überprüfen, so dass er sich mit pauschalem Bestreiten (mit Nicht-mehr-Wissen) begnügen durfte. Der Kläger musste sich keine Aufzeichnungen anfertigen oder Arbeitsberichte kopieren und aufbewahren, um nach Jahr und Tag die betrieblich veranlassten Fahrten, die die Beklagten mit 21.640 km angibt, rekonstruieren zu können.

56

Der Kläger macht zu Recht geltend, dass es nicht seine Aufgabe sei, eine Gegenaufstellung vorzulegen und die betrieblich absolvierten Fahrten im Einzelnen aufzulisten. Er war nicht verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen oder in sonstiger Weise die betrieblichen Fahrten zu notieren. Ausweislich der von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 28.09.2015 vorgelegten Listen über die Tankkartenabrechnungen musste der Kläger auch beim Tanken keinen aktuellen Kilometerstand eingeben.

57

Das Arbeitsgericht hat bereits darauf hingewiesen, dass die Beklagte bei der Ermittlung der betrieblichen gefahrenen Kilometer zahlreiche Fahrten nicht in ihre Aufstellung eingestellt habe. So sei der Kläger - auch nach ihrem Vortrag - berechtigterweise mit dem Firmenfahrzeug nach Hause gefahren, wenn er Notdienst gehabt oder am Folgetag einen Kunden unmittelbar von seiner Wohnung angefahren habe. Teilweise habe der Kläger Kunden nicht nur einmal, sondern mehrmals angefahren, weil er für die Reparatur benötigtes Material habe holen müssen. Die Beklagte habe auch nicht berücksichtigt, dass der Kläger teilweise nicht (die kürzere Strecke) von Kunde zu Kunde gefahren sei, weil er zunächst in den Betrieb zurückkehren musste, um ausgebaute Teile zu entsorgen oder um einen neuen Auftrag zu erhalten. Schließlich hat der Kläger eingewandt, dass das Firmenfahrzeug in Urlaubs- und Krankheitszeiten von anderen Mitarbeitern gefahren worden sei. Auch dies verfälsche das Rechenwerk der Beklagten. Die Beklagte hat hierauf - auch in zweiter Instanz - nichts entgegnet.

58

bb) Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte pro privat gefahrenem Kilometer eine pauschale Entschädigung von € 0,40 begehrt. Ihre schlagwortartige Angabe (Abnutzung, Wertverlust, Wartung, Reparaturen, Kraftstoff usw.) ersetzt keinen konkreten Sachvortrag zu den tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten. Die steuerliche Kilometerpauschale beträgt € 0,30. Der pauschale Satz, der als Orientierung der Schadensbemessung dient, gilt sowohl für Pkw als auch für Kleintransporter. Wenn die Beklagte einen höheren Schaden reklamiert, muss sie die tatsächlich entstandenen Kosten nachweisen. Daran fehlt es.

59

cc) Entgegen der Ansicht der Berufung kommt bei der gegebenen Sachlage keine Schadensschätzung durch das Gericht nach § 287 ZPO in Betracht, denn die Beklagte hat die tatsächlichen Grundlagen für eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Schätzung - auch in zweiter Instanz - nicht hinreichend dargelegt.

60

b) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 179,53 (2. Schadensposten) zu zahlen. Die Beklagte behauptet, eine K. Automobil GmbH aus L. habe ihr am 11.09.2015 einen Betrag in dieser Höhe in Rechnung gestellt.

61

Die Beklagte hat weder die Rechnung vom 11.09.2015 vorgelegt noch das Gutachten, das diese GmbH über den Kraftstoffverbrauch des Firmenfahrzeugs (im Versuchsbetrieb) verfasst haben soll, zur Gerichtsakte gereicht. Es ist deshalb nicht ansatzweise nachvollziehbar, weshalb der Kläger den behaupteten Rechnungsbetrag erstatten soll. Die Beklagte hat noch nicht einmal dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie diese Rechnung bezahlt hätte. Der Beklagten, die in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer keine Unterlagen mit sich führte, musste keine Gelegenheit gegeben werden, die fehlende Rechnung und das K.-Gutachten nachzureichen, denn die geltend gemachten Kosten sind ohnehin nicht erstattungsfähig. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. 5a) verwiesen werden.

62

c) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 1.530,00 (3. Schadensposten) zu zahlen. Die Beklagte hat zu dieser Forderung erstinstanzlich lediglich ausgeführt, ihre Kosten für die "weitergehende" Schadensermittlung seien mit mindestens € 1.530,00 zu beziffern, es handele sich hierbei um den "Arbeitsaufwand der mit den entsprechenden Ermittlungen beauftragten Mitarbeiter".

63

Obwohl das Arbeitsgericht ausdrücklich beanstandet hat, dass die Beklagte nicht dargelegt habe, wer wann welche Tätigkeiten zur Aufklärung welcher Umstände entfaltet haben soll, ist die Beklagte auch in zweiter Instanz jeden Vortrag schuldig geblieben, auf welchem Hintergrund die Forderung beruht und wie sich der Betrag von € 1.530,00 zusammensetzt. Die Beklagte hätte ebenso einen x-beliebig anderen Betrag angeben können. Das ist mit zivilprozessualen Grundsätzen nicht vereinbar.

64

Es kann dahinstehen, ob der Arbeits- und Zeitaufwand des Geschädigten für die Schadensermittlung nach § 249 BGB überhaupt erstattungsfähig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte den Zeitaufwand durch außergerichtliche Tätigkeit zur Wahrung seiner Entschädigungsansprüche regelmäßig nicht ersetzt verlangen, mag er die Bearbeitung des Schadensfalls persönlich vorgenommen, oder Angestellten übertragen haben (so schon BGH 26.02.1980 - VI ZR 53/79; 06.11.1979 - VI ZR 254/77).

65

d) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte € 2.192,84 (4. Schadensposten) zu zahlen.

66

Nach der Reparaturkostenkalkulation des Privatgutachters vom 07.09.2015 sollen sich die voraussichtlichen Reparaturkosten am Firmenfahrzeug auf € 2.192,84 (netto) belaufen. Die Beklagte hat den Privatgutachter erst am 31.08.2015 mit der Begutachtung des Fahrzeugs beauftragt, dass sie dem Kläger bis zu seiner Erkrankung (19.05.2015) zur Verfügung gestellt hat. Der Kfz-Sachverständige hat am 07.09.2015 unter dem Betreff "Haftpflichtschaden" "zum Zwecke der Beweissicherung" für die Beklagte ein Privatgutachten erstellt. Das Fahrzeug (Baujahr 2010) hatte nach seinen Ausführungen bei der Besichtigung eine Laufleistung von 125.675 km. Woher der Privatgutachter die Behauptung nimmt, dass sich das Fahrzeug "augenscheinlich" "in gleichem Zustand wie unmittelbar nach dem Schadenereignis befand", ist nicht nachvollziehbar und wird von der Beklagten auch nicht erläutert. Von welchem "Schadenereignis" der Sachverständige ausgegangen ist, bleibt unklar. In Anbetracht des Umstands, dass die Beklagte dem Kläger zur Last legt, dass er

67

-     

mit dem Firmenfahrzeug einen Unfall verursacht und den beschädigten vorderen linken Kotflügel mit zwei Holzschrauben unsachgemäß befestigt,

-     

mit Sekundenkleber Steckdosen in das Firmenfahrzeug geklebt,

-     

den Bodenbelag im Fahrerbereich ruiniert,

-     

das Fahrzeug in einem "saumäßigen" Zustand hinterlassen habe,

68

kann von einem Schadensereignis keine Rede sein. Dem Originalgutachten sollen ausweislich Seite 1 des Gutachtens zehn Farblichtbilder beigefügt worden sein. Diese Bilder hat die Beklagte nicht vorgelegt, so dass sich der Kläger nicht davon überzeugen konnte, ob sich das Fahrzeug am 31.08.2015 - zumindest optisch - in dem Zustand vom 19.05.2015 befunden hat. Auch der Berufungskammer war es nicht möglich, sich einen Eindruck darüber zu verschaffen, was die Beklagte bspw. unter einem "saumäßigen" Zustand versteht, in dem sich das Fahrzeug nach ihrem Vortrag am 19.05.2015 befunden haben soll. Laut Gutachten (dort Seite 3) soll sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Besichtigung - dreieinhalb Monate nach der letzten Nutzung durch den Kläger - abgesehen von "der Unfallbeschädigung", in einem dem Alter und der Laufleistung entsprechenden "normalen Zustand" mit vereinzelten Gebrauchsspuren befunden haben. Unter der Überschrift "Vorschäden-Altschäden" wurde auf Seite 3 des Gutachtens angegeben:

69

"vereinzelte dem Alter und Laufleistung entsprechende Gebrauchsspuren,
Stoßfänger vorne links beschädigt."

70

Unter der Überschrift "Feststellungen zum Schadensbild" finden sich auf Seite 4 des Gutachtens demgegenüber folgende Ausführungen:

71

"Auftragsgemäß sollen die durch Spax-Schrauben sowie durch unsachgemäße Befestigung mit Sekundenkleber verursachten Beschädigungen kalkuliert werden. Des Weiteren wurde der Bodenbelag vorne im Fahrerbereich überdurchschnittlich beschädigt. Dies geschieht nicht durch normale Nutzung.

72

Die Schäden am Stoßfänger vorne wurden aufgrund des Altschadens in der Kalkulation nicht berücksichtigt.

73

Der Kotflügel vorne links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.

74

Die Radhausschale vorne links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.

75

Die Scheinwerferblende links wurde durch Spax-Schrauben beschädigt.

76

Der Bodenbelag vorne wurde mit Gewalt durchgetreten.

77

Die Mittelkonsole wurde mit angeklebten Gegenständen verunreinigt und ist zu erneuern.

78

Zubehör und Anbauteile wurden beschädigt."

79

Unabhängig davon, dass das Privatgutachten zur Beweissicherung schon deshalb ungeeignet ist, weil die Besichtigung erst dreieinhalb Monate nach der letzten Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger erfolgt ist, leidet es auch an Widersprüchen. Einerseits soll sich das Fahrzeug in einem dem Alter und der Laufleistung entsprechenden "normalen Zustand" mit "entsprechenden Gebrauchsspuren" befunden haben, andererseits soll der Bodenbelag im Fahrerbereich überdurchschnittlich beschädigt und die Mittelkonsole mit angeklebten Gegenständen so verunreinigt gewesen sein, dass beide Teile bei einem Fahrzeug mit einer Laufleistung von mehr als 120.000 km erneuert werden mussten. Die Berufungskammer konnte die aufgezeigten Widersprüche nicht aufklären. Die Beklagte hat sich auch dazu in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert.

80

Soweit die Beklagte vom Kläger wegen einer Beschädigung des Kotflügels vorne links durch Spax-Schrauben Schadensersatz verlangt, muss bereits ein Altschaden vorgelegen haben, den der Privatgutachter in der Kalkulation nicht berücksichtigt hat. Der Kläger hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 16.10.2015 unwidersprochen vorgetragen, dass er im Jahr 2013 bei einer Kundenfahrt gegen einen Stein gefahren sei und dadurch einen Schaden an der Karosserie verursacht habe. Diesen Schadensfall habe er der Beklagten gemeldet, die ihn an ihre Versicherung weitergeleitet habe. Eine ordnungsgemäße Reparatur habe die Beklagte allerdings nicht veranlasst. Weshalb der Kläger für die unsachgemäße Reparatur eines bereits beschädigten Fahrzeugteils haften soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, weshalb sie den vom Privatgutachter unter dem Betreff "Haftpflichtschaden" begutachteten Schadensfall nicht ihrer Kfz-Versicherung gemeldet hat. So kann nicht geprüft werden, ob sich die Haftung des Klägers auf die Kosten beschränkt, die durch eine (Vollkasko)-Versicherung nicht abgedeckt werden, insbesondere die übliche Selbstbeteiligung.

81

e) Der Kläger ist nicht verpflichtet, an die Beklagte Ersatz von Sachverständigenkosten laut Rechnung vom 07.09.2015 iHv. € 200,00 (5. Schadensposten) zu zahlen, weil die Beklagte am 31.08.2015 einen Kfz-Sachverständigen mit einem Privatgutachten beauftragt hat.

82

Der Kläger ist der Beklagten nach den obigen Ausführungen (siehe Ziff. 5d) für die vom Privatgutachter festgestellten Schäden am Firmenfahrzeug nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Die durch die Beauftragung des Gutachters entstandenen Kosten, die schadensrechtlich zum Herstellungsaufwand gehören, sind daher nicht erstattungsfähig. Es kann deshalb dahinstehen, ob am 31.08.2015 die Einholung eines Privatgutachtens iSd. § 249 Abs. 1 BGB noch erforderlich und zweckmäßig war, denn der Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Besichtigung muss nicht mit dem Zustand am 19.05.2015 identisch gewesen sein.

83

f) Schließlich ist auch die Teilwiderklageforderung iHv. € 349,25 (6. Schadensposten) unbegründet. Hierzu fehlt jedweder Vortrag der Beklagten. Es dürfte schlicht ein Rechenfehler vorliegen.

III.

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16 zitiert 18 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bundesurlaubsgesetz - BUrlG | § 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs


(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 296 Entbehrlichkeit des Angebots


Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und ein

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 297 Unvermögen des Schuldners


Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Entgeltfortzahlungsgesetz - EntgFG | § 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall


(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeits

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 29. Juni 2017 - 5 Sa 508/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Jan. 2016 - 2 AZR 449/15

bei uns veröffentlicht am 19.01.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2015 - 1 Sa 35/12 - im Kostenausspruch, in Ziff. 2 und Ziff. 4 des Tenors jeweils insgesa

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

Tenor 1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2014 - 4 Sa 10/14 - aufgehoben.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 15. März 2013 - 6 Sa 414/12

bei uns veröffentlicht am 15.03.2013

weitere Fundstellen ... Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az: 7 Ca 637/12 - vom 31.07.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Aug. 2011 - 5 AZR 251/10

bei uns veröffentlicht am 17.08.2011

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Februar 2010 - 8 Sa 1395/09 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2014 - 4 Sa 10/14 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Der 1954 geborene Kläger war bei dem beklagten Land seit Februar 1992 als Justizangestellter beschäftigt. Zuletzt war er am Oberlandesgericht N als „IT-Verantwortlicher“ tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten die System- und Netzwerkbetreuung, die Verwaltung des sog. ADV-Depots, die Wartung, Pflege und Betreuung der Hard- und Software, die technische Unterstützung der Nutzer des Hauses, die Administration der elektronischen Berechtigungen und die Passwortvergabe. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

3

Am 6. und am 19. März 2013 führte der Geschäftsleiter des Oberlandesgerichts mit dem Leiter der Wachtmeisterei - im Beisein der Vorsitzenden des örtlichen Personalrats - ein Personalgespräch. Dem Beamten wurde vorgehalten, unbefugt dienstliche Farbdrucker für die Erstellung sog. CD-Cover genutzt zu haben. In dem ersten Gespräch soll er laut eines „Besprechungsvermerks“ den Kläger als diejenige Person benannt haben, die für die Bestellung des Zubehörs für den EDV-Raum - einschließlich DVDs und CDs - verantwortlich gewesen sei.

4

Am 14. März 2013 unterzog der Geschäftsleiter den Arbeitsbereich des Klägers und den eines Justizhauptsekretärs, der sich mit dem Kläger das Dienstzimmer teilte, einer Geschäftsprüfung. In einem Vermerk des Geschäftsleiters vom 11. April 2013 („Prüfungsbericht“) heißt es, in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2012 seien für das Oberlandesgericht 2.325 DVDs und 1.500 CDs bestellt worden. Nach den eigenen Angaben des Klägers - so der Vermerk - seien zu dienstlichen Zwecken nur 150 bis 200 DVDs und etwa 50 CDs jährlich benötigt worden. Der Verbleib des restlichen Materials sei nicht aufzuklären. Auf einem mit dem Netzwerk des Oberlandesgerichts nicht verbundenen Computer sei lediglich der Kläger als „lokaler Admin“ und Nutzer festzustellen. Auf einer der Festplatten des Rechners seien nach Wiederherstellung vom Nutzer gelöschter Dateien 2.466 elektronische Bücher, 2.378 Bilddateien, 834 Audiodateien und 230 Videodateien gefunden worden. Ferner seien auf dem Rechner vier Programme installiert gewesen, die zum Umwandeln und Kopieren von DVDs und CDs geeignet seien. In der Zeit vom 6. Oktober 2010 bis zum 14. März 2013 sei eines von ihnen 1.128 Mal zur Bearbeitung von DVDs genutzt worden. Auf zwei weiteren externen Festplatten seien zusätzlich 41.242 Audiodateien, 1.822 Cover und 41 DVD-Kopien gefunden worden. Eine dritte externe Festplatte habe einen Ordner „Private Rechner“ enthalten. In den Schränken des Dienstzimmers hätten sich verschiedene leere und gefüllte „CD-Spindeln“ unterschiedlicher Größe, gebrannte Musik-CDs und leere DVDs befunden.

5

Mit Schreiben vom 16. April 2013 hörte das beklagte Land den örtlichen Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien an.

6

Am 17. April 2013 fand zwischen dem Geschäftsleiter, einer Richterin am Oberlandesgericht und dem Kläger ein Personalgespräch statt. Dabei soll der Kläger - laut Vermerk - „sinngemäß“ erklärt haben, „alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs“ sei, habe er „gemacht“. Er habe den Rechner mit nach Hause nehmen dürfen. „Natürlich [hätten sie] auch kopiert“. „Was das für DVDs und CDs“ gewesen seien, wisse er nicht mehr. Er habe „den Leuten einen Gefallen getan“. Er habe „manchmal“ festgestellt, dass sein Rechner von anderen Personen benutzt worden sei. Dies habe er nicht mitgeteilt, da es sich „nur“ um den „Test-Rechner“ gehandelt habe. Seit etwa Dezember 2012 habe er ein Passwort vergeben. Dieses sei aber für jeden, der seine Familie kenne, zu „knacken“ gewesen. Er habe „hundertprozentig“ keine „privaten Sachen“ für sich selbst „im Dienst gemacht“, sondern nur „für andere Leute aus dem OLG“.

7

Mit Schreiben vom 18. April 2013 informierte das beklagte Land den örtlichen Personalrat über den Inhalt des Gesprächs vom Vortag und über die Verwendungsmöglichkeiten des zur Bearbeitung von DVDs benutzten Umwandlungs- und Kopierprogramms. Zugleich teilte es mit, der Kläger habe sich nicht weiter geäußert. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte der Personalrat, er habe die Angelegenheit „zur Kenntnis genommen“.

8

Mit Schreiben vom 18. April 2013, das dem Kläger am 22. April 2013 durch den Geschäftsleiter übergeben wurde, kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. In einem Vermerk heißt es, der Kläger habe bei Aushändigung der Kündigung erklärt, er nehme seine „zuvor getätigten Aussagen“ zurück. Er habe Kollegen und Vorgesetzte schützen wollen.

9

Am 22. April 2013 führte der Geschäftsleiter mit dem Bediensteten, auf dessen Arbeitsplatz sich die Geschäftsprüfung erstreckt hatte, im Beisein der Personalratsvorsitzenden ein Personalgespräch. Laut Vermerk soll der Mitarbeiter eingeräumt haben, CDs und DVDs für Musik und Filme jeweils „im mittleren dreistelligen Bereich … gebrannt“ zu haben. Die Vorlagen habe er in regelmäßigen Abständen vom Leiter der Wachtmeisterei und dem Kläger erhalten. Er habe das Kopierprogramm „für DVDs privat genutzt“. Die bei der zentralen Beschaffungsstelle des beklagten Landes bestellten DVDs und CDs seien in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt worden. Der Schlüssel sei vom Kläger verwahrt und „immer mitgenommen“ worden.

10

Nach erneuter Anhörung des örtlichen Personalrats und mit dessen Zustimmung kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 13. Mai 2013, das dem Kläger zwei Tage später zuging, ordentlich zum 31. Dezember 2013.

11

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen beide Kündigungen gewandt. Er hat geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei mangels wichtigen Grundes unwirksam, die ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Das Kopierprogramm und andere auf dem „Test-Rechner“ installierte Software habe er nicht in dem zutage getretenen Umfang genutzt. Zwar habe er sich ihrer gelegentlich bedient. Dies stelle aber keine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, zumal ihm die Nutzung dienstlicher Computer, auch von Zuhause aus, zu privaten Zwecken in geringem Umfang durchaus erlaubt gewesen sei. Im Dienst durchgeführte Kopiervorgänge hätten jeweils nur wenige Sekunden in Anspruch genommen. Sie hätten seine Arbeitszeit insgesamt nicht verkürzt. Jedenfalls habe er keine „illegalen Kopien“ gefertigt. Keiner der beanstandeten Brennvorgänge sei ihm persönlich zuzuordnen. Wer den „Test-Rechner“ wann genutzt habe, stehe nicht fest. Auch andere Bedienstete hätten sich Zugang zu ihm verschaffen können. Das Passwort sei allgemein bekannt gewesen. Eine erhebliche Zahl der beanstandeten Nutzungen falle in eine Zeit, in der er selbst krankheits- oder urlaubsbedingt abwesend gewesen sei. Das beklagte Land gehe selbst davon aus, dass ein Kollege Brennvorgänge in nicht geringem Umfang durchgeführt habe. Ohnehin befänden sich auf dem „Server“ des Gerichts tausende von privaten Dateien, ohne dass dies je zu Beanstandungen geführt habe. Den hohen Verbrauch von Büromaterialien habe er nicht zu vertreten. Im Übrigen sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Auch sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Jedenfalls zu einem gegen ihn gerichteten Verdacht als Kündigungsgrund sei dieser nicht angehört worden.

12

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 18. April 2013 noch durch dessen ordentliche Kündigung vom 13. Mai 2013 beendet worden ist;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Angestellten im Oberlandesgericht N im Rahmen der zuletzt ausgeübten - von ihm näher beschriebenen - Tätigkeit weiterzubeschäftigen.

13

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Kündigungen - auch wegen eines gegen den Kläger gerichteten Verdachts - als wirksam verteidigt. Der Kläger habe den ihm dienstlich anvertrauten Rechner während der Arbeitszeit umfangreich und unerlaubt zu privaten Zwecken - dem Kopieren und Brennen von DVDs und CDs mithilfe spezifischer, nicht zu dienstlichen Zwecken bestimmter Programme - genutzt. In 630 Fällen seien entsprechende Vorgänge zu Zeiten erfolgt, in denen er im Dienst gewesen sei. Die fraglichen Programme habe er zumindest während dieser Zeiten selbst genutzt. Dadurch habe er seine Vertragspflichten über einen langen Zeitraum in grober Weise verletzt. Durch das Herstellen illegaler Kopien habe er sich überdies strafbar gemacht. Zudem habe er „Arbeitszeitbetrug“ begangen. Auch habe er über 2.000 DVDs und über 1.000 CDs auf seine - des beklagten Landes - Kosten bestellt und privat verwendet. Mit seinem Verhalten habe er das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen unwiederbringlich zerstört. Die Frist zur Erklärung der Kündigung sei gewahrt. Der zur Kündigung berechtigte Präsident des Oberlandesgerichts habe vom Kündigungssachverhalt erst durch den Prüfbericht des Geschäftsleiters vom 11. April 2013 Kenntnis erlangt. Die Beteiligung des Personalrats sei in jeder Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage - hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags mit Einschränkungen - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land sein Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

16

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist ordnungsgemäß innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG begründet worden.

17

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11).

18

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Das beklagte Land setzt sich im Schriftsatz vom 7. April 2015 mit allen die angefochtene Entscheidung selbständig tragenden Begründungen des Landesarbeitsgerichts auseinander. Es zeigt auf, warum die Erwägungen sachlich unzutreffend sein sollen. Die Ausführungen zum wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB greift es mit der Begründung an, das Landesarbeitsgericht habe, soweit es die Kündigung unter dem Gesichtspunkt einer Tatkündigung für unwirksam erachtet habe, die den Kläger treffende, abgestufte Darlegungslast verkannt. Die Annahme des Gerichts, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, beruhe auf unzutreffenden Erwägungen zum Fristbeginn. Insbesondere habe das Landesarbeitsgericht nicht - wie geboten - auf die Person des Kündigungsberechtigten und dessen Kenntnis abgestellt. Soweit es auf die Möglichkeit verwiesen habe, strafrechtliche Ermittlungen zu veranlassen und deren Ergebnis abzuwarten, sei dies sachfremd. Soweit es gemeint habe, die Anhörung des Personalrats sei aufgrund von Äußerungen eines anderen Bediensteten vom 22. April 2013 nicht ordnungsgemäß, habe es den Grundsatz der subjektiven Determinierung verkannt. Diese Sachrügen wären im Falle ihrer Begründetheit geeignet, die angefochtene Entscheidung insgesamt, auch mit Blick auf die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung, zu Fall zubringen. Das reicht als Revisionsangriff aus, ohne dass es auf die Verfahrensrügen des beklagten Landes ankäme.

19

B. Die Revision ist begründet. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben. Der Senat kann mangels zureichender Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 18. April 2013 aufgelöst worden ist.

20

I. Die bisherigen Feststellungen tragen nicht das Ergebnis, ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liege nicht vor.

21

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 16; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19 mwN).

22

2. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 45, BAGE 146, 161; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349).

23

3. Dieser Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung nicht stand.

24

a) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die fristlose Kündigung sei nicht als sog. Verdachtskündigung gerechtfertigt (zu dieser und ihren Voraussetzungen vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 20; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 16 mwN). Dagegen wendet sich das beklagte Land nicht. Ein Rechtsfehler ist auch objektiv - im Ergebnis - nicht zu erkennen.

25

aa) Will der Arbeitgeber seine Kündigung auf den dringenden Verdacht einer erheblichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung stützen, muss er dies dem Betriebs- oder Personalrat mitteilen und die Umstände angeben, aus denen sich dieser Verdacht ergeben soll. Informiert er das Gremium lediglich über eine - aus seiner Sicht tatsächlich erfolgte - Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers, kann er sich im späteren Kündigungsschutzprozess zur Begründung der Kündigung nicht mehr auf den bloßen Verdacht einer entsprechenden Handlung stützen, wenn ihm die Verdachtsmomente bei Ausspruch der Kündigung bereits bekannt waren (für die Anhörung des Betriebsrats vgl. BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 47; 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - Rn. 24 mwN; für die Beteiligung des Personalrats nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BPersVG vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 21). Nur wenn dem Arbeitgeber nachträglich neue Verdachtstatsachen bekannt geworden sind, ist ein Nachschieben des Verdachts als Kündigungsgrund - zumindest dann, wenn die maßgebenden Verdachtsmomente objektiv schon vor Zugang der Kündigung vorlagen - möglich. Weitere Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber den Betriebs- bzw. Personalrat zuvor in analoger Anwendung der maßgebenden Bestimmungen zu seiner entsprechenden Absicht angehört hat (vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 32; 11. April 1985 - 2 AZR 239/84 - zu B I 2 b ee der Gründe, BAGE 49, 39).

26

bb) Das Vorbringen des beklagten Landes lässt nicht den Schluss zu, es habe den Personalrat vor Zugang der Kündigung über seine Absicht unterrichtet, das Arbeitsverhältnis (auch) wegen des Verdachts einer pflichtwidrigen Handlung zu kündigen. Die Anschreiben an den Personalrat vom 16. und 18. April 2013 enthalten keine entsprechende Mitteilung. Das beklagte Land hat nicht geltend gemacht, dass ihm einzelne der in den Rechtsstreit eingeführten Verdachtstatsachen erst nach Zugang der Kündigung bekannt geworden seien. Dafür spricht auch objektiv nichts.

27

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch unter dem Gesichtspunkt einer verwirklichten Pflichtverletzung - dh. einer „Tat“ - nicht berechtigt, ist rechtsfehlerhaft. Ihr ist schon nicht zu entnehmen, welchen tatsächlichen Sachverhalt das Landesarbeitsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat.

28

aa) Im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung hat sich das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen auf die Wiedergabe von Vermerken des beklagten Landes beschränkt. Ob es die darin festgehaltenen Umstände einschließlich der Äußerungen des Klägers für wahr erachtet hat, ist nicht zweifelsfrei erkennbar.

29

bb) In den Entscheidungsgründen hat das Landesarbeitsgericht unter Wiederholung der Erwägungen des Arbeitsgerichts ausgeführt, trotz Vorliegens „gewisser Verdachtsmomente“ sei es letztlich eine unbewiesene Behauptung des beklagten Landes, es seien (alle) vorgefundenen Privatdateien dem Kläger zuzurechnen, dieser (allein) habe die Privatnutzungen und damit auch mögliche (nach § 106 UrhG strafbare) Vervielfältigungen und Brennvorgänge vorgenommen bzw. durchgeführt. Keiner der dokumentierten Vorgänge lasse sich einzelnen Personen - etwa dem Kläger - zuordnen. Es sei auch „nicht bewiesen“, dass es gerade dieser gewesen sei, der die Kopierprogramme installiert habe. „Allein die Tatsache“, dass zahlreiche dokumentierte „Vorgänge“ Zeiten beträfen, während derer sich der Kläger nicht am Arbeitsplatz aufgehalten habe, beweise, dass andere Personen sowohl Zugriff auf den Rechner gehabt hätten als auch in der Lage gewesen seien, die Kopierprogramme zu nutzen. Auch diesen Ausführungen ist nicht zu entnehmen, von welchem konkreten, seiner Meinung nach feststehenden Sachverhalt das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, worin es die - für nicht ausreichend erachteten - „Verdachtsmomente“ erblickt hat.

30

c) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann selbst dann keinen Bestand haben, wenn unterstellt wird, es habe den Inhalt der Vermerke und das sonstige Vorbringen des beklagten Landes als wahr unterstellt. Unter dieser Prämisse verletzt seine Würdigung die Vorschrift des § 626 Abs. 1 BGB. Es fehlt an einer nachprüfbaren Unterordnung des behaupteten Kündigungssachverhalts unter die Norm.

31

aa) Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch als sog. Tatkündigung nicht berechtigt, ist schon im Ansatz nicht nachzuvollziehen. Sie lässt nicht erkennen, wie es den von der Beklagten unterbreiteten Kündigungssachverhalt materiell-rechtlich eingeordnet, dh. welche konkreten, möglicherweise als wichtiger Grund geeigneten Pflichtverletzungen es in Betracht gezogen hat. Zudem ist nicht erkennbar, dass es seine Würdigung in tatsächlicher Hinsicht auf alle in Frage kommenden Kündigungsgründe ausgerichtet hätte.

32

(1) Nach dem Vorbringen des beklagten Landes kommt eine Berechtigung der fristlosen Kündigung unter mehreren Gesichtspunkten in Betracht. Vorrangig erhebt das Land den Vorwurf, der Kläger habe - sei es als Allein-, sei es als Mittäter - wiederholt unter Nutzung dienstlicher Ressourcen urheberrechtswidrig Musik- und Audiodateien vervielfältigt. Ein solches Verhalten ist als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB „an sich“ geeignet. Ein Arbeitgeber hat, zumal wenn es sich bei ihm um eine Justizbehörde handelt, ein offenkundiges Interesse daran, dass nicht dienstliche Rechner dazu benutzt werden, unter Umgehung eines Kopierschutzes Vervielfältigungen privat beschaffter Musik- oder Film-CDs/DVDs herzustellen. Das gilt losgelöst von einer möglichen Strafbarkeit der Vorgänge (zur Problematik vgl. Treppehl/Schmidl NZA 2009, 985 ff.) und unabhängig davon, ob die Handlungen während der Arbeitszeit vorgenommen wurden. Eine Strafbarkeit der Kopier- und Brennvorgänge oder ein damit einhergehender „Arbeitszeitbetrug“ wäre allerdings geeignet, das Gewicht des Kündigungsgrundes noch zu verstärken. Dies wiederum kann für das Erfordernis einer Abmahnung und die weitere Interessenabwägung Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus kann die dem Kläger angelastete zweckwidrige Verwendung von CD- und/oder DVD-Rohlingen, die auf Kosten des beklagten Landes bestellt wurden, als eigenständiger Kündigungsgrund Bedeutung erlangen.

33

(2) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen nicht erkennen, dass es die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung unter jedem dieser Gesichtspunkte überprüft und seine Würdigung - soweit es „Verdachtsmomente“ gewichtet hat - hierauf ausgerichtet hätte.

34

bb) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land habe weder eine strafbare Urheberrechtsverletzung noch eine ähnlich schwerwiegende Vertragspflichtverletzung nachgewiesen, ist auch aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft.

35

(1) Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht. Die Beweiswürdigung muss vollständig, widerspruchsfrei und umfassend sein. Mögliche Zweifel müssen überwunden, brauchen aber nicht völlig ausgeschlossen zu werden (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 44; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 42, BAGE 123, 1). Soll ein Vortrag mittels Indizien bewiesen werden, hat das Gericht zu prüfen, ob es die vorgetragenen Hilfstatsachen - deren Richtigkeit unterstellt - von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen. Das Gericht hat die insoweit maßgebenden Umstände vollständig und verfahrensrechtlich einwandfrei zu ermitteln und alle Beweisanzeichen erschöpfend zu würdigen (BGH 16. Januar 1990 - VI ZR 109/89 - zu II 2 der Gründe; 4. Juli 1989 - VI ZR 309/88 - zu II 2 der Gründe). Dabei sind die Tatsacheninstanzen grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft sie den behaupteten Indiztatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau beimessen (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 35; allgemein zum Indizienbeweis BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 43). Revisionsrechtlich ist ihre Würdigung allein darauf hin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht Denk- und Erfahrungsgrundsätze verletzt wurden. Um diese Überprüfung zu ermöglichen, haben die Tatsachengerichte nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die wesentlichen Grundlagen ihrer Überzeugungsbildung nachvollziehbar darzulegen(BAG 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - zu II 3 der Gründe; BGH 31. Juli 2013 - VII ZR 11/12 - Rn. 10; 22. November 2006 - IV ZR 21/05 - Rn. 11; 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90 - zu II 1 der Gründe).

36

(2) Danach rügt das beklagte Land zu Recht eine Verletzung von § 286 ZPO. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist nicht zu entnehmen, welche möglichen Indiztatsachen („Verdachtsmomente“) es in seine Beurteilung einbezogen und welchen Beweiswert es ihnen beigemessen hat. Damit ist nicht erkennbar, ob es den Vortrag des beklagten Landes vollständig zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.

37

(3) Der Annahme eines wichtigen Grundes steht nicht entgegen, dass das beklagte Land den Sachverhalt - jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung - selbst ermittelt hat. Das mindert weder den Beweiswert der in Rede stehenden Indizien, noch ist die Kündigung deshalb unwirksam, weil polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen möglicherweise zu weitergehenden Ergebnissen geführt hätten. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, das beklagte Land habe zu bestimmten, potentiell entlastenden Umständen nicht ausreichend vorgetragen, wird seine Rechtsanwendung überdies der den Kläger insoweit treffenden abgestuften Darlegungslast (§ 138 Abs. 2 ZPO) nicht gerecht.

38

(a) Die Rechtfertigung einer „Tatkündigung“ hängt allein davon ab, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die zu der Annahme berechtigen, dem Kündigenden sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - im Fall der außerordentlichen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - unzumutbar gewesen. Vor diesem Hintergrund mag eine umfassende, der Kündigung vorausgehende Sachverhaltsaufklärung im eigenen Interesse des Arbeitgebers liegen. Unterlässt er sie, geht er aber „nur“ das Risiko ein, die behauptete Pflichtverletzung im Prozess nicht beweisen zu können. Anders als bei der Verdachtskündigung ist der Arbeitgeber vor Ausspruch einer „Tatkündigung“ nicht verpflichtet, alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts - auch mit Blick auf den Arbeitnehmer möglicherweise entlastende Umstände - zu unternehmen. Ob der behauptete Kündigungsgrund vorliegt, beurteilt sich allein danach, ob die ihn tragenden und im Prozess mitgeteilten Tatsachen bewiesen sind oder nicht (vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 57, BAGE 131, 155; 18. September 1997 - 2 AZR 36/97 - zu II 2 a der Gründe; zur Verdachtskündigung siehe demgegenüber BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 143, 244). Im Übrigen braucht der Arbeitgeber selbst bei der Verdachtskündigung nicht jeder noch so entfernten Möglichkeit einer Entlastung des Arbeitnehmers nachzugehen, insbesondere dann nicht, wenn sich der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Anhörung auf entsprechende Umstände nicht berufen hat.

39

(b) Auf der Grundlage des bisherigen Parteivorbringens durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, das beklagte Land sei seiner prozessualen Darlegungslast mit Blick auf mögliche Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe nicht hinreichend nachgekommen.

40

(aa) Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 75/13 - Rn. 30, BAGE 148, 129). Für Umstände, die das Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertigen oder entschuldigen könnten, ist seine Darlegungslast allerdings abgestuft. Der Arbeitgeber darf sich zunächst darauf beschränken, den objektiven Tatbestand einer Arbeitspflichtverletzung vorzutragen. Er muss nicht jeden erdenklichen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund vorbeugend ausschließen (BAG 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23; 21. Mai 1992 - 2 AZR 10/92 - zu II 2 b bb der Gründe, BAGE 70, 262). Es ist vielmehr Sache des Arbeitnehmers, für das Eingreifen solcher Gründe - soweit sie sich nicht unmittelbar aufdrängen - zumindest greifbare Anhaltspunkte zu benennen.

41

(bb) Schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes kann den Arbeitnehmer darüber hinaus eine sekundäre Darlegungslast treffen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber als primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des fraglichen Geschehensablaufs steht, während der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sachnähe die wesentlichen Tatsachen kennt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer gehalten sein, dem Arbeitgeber durch nähere Angaben weiteren Sachvortrag zu ermöglichen (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 52, BAGE 142, 188; 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 31). Kommt er in einer solchen Prozesslage seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt das tatsächliche Vorbringen des Arbeitgebers - soweit es nicht völlig „aus der Luft gegriffen“ ist - iSv. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden(vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - aaO). Dabei dürfen an die sekundäre Behauptungslast des Arbeitnehmers keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie dient lediglich dazu, es dem kündigenden Arbeitgeber als primär darlegungs- und beweispflichtiger Partei zu ermöglichen, weitere Nachforschungen anzustellen und sodann substantiiert zum Kündigungsgrund vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten (zu den Einzelheiten vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33).

42

(cc) Danach musste das beklagte Land nicht von sich aus denkbare Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe auf Seiten des Klägers ausschließen. Die gegenteilige Sichtweise des Landesarbeitsgerichts überspannt die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers und geht von einer Ermittlungspflicht aus, die zumindest bei einer „Tatkündigung“ nicht besteht.

43

(dd) Das Landesarbeitsgericht hat zwar einzelne Gesichtspunkte angesprochen, die einer weiteren Aufklärung zugänglich gewesen sein sollen. Es hat aber nicht aufgezeigt, warum sie einer möglichen Entlastung des Klägers hätten dienen können. Das ist auch nicht unmittelbar ersichtlich.

44

(aaa) Das Landesarbeitsgericht hat auf Äußerungen anderer Bediensteter verwiesen, die ausweislich vorliegender Besprechungsvermerke eingeräumt hätten, „an den hier streitgegenständlichen Geschehnissen im OLG“ beteiligt gewesen zu sein. Der im gleichen Dienstzimmer wie der Kläger tätige Justizhauptsekretär habe „sozusagen“ in Teilen ein „Geständnis“ abgelegt. Weshalb diese Erklärungen den Vorwurf sollten entkräften können, der Kläger habe während seiner Anwesenheitszeiten im Gericht in erheblichem Umfang Kopier- und Brennvorgänge eigenhändig vorgenommen, erschließt sich nicht. Das gilt erst recht unter Berücksichtigung des Vorhalts des beklagten Landes, der Kläger habe mit anderen Bediensteten arbeitsteilig zusammengewirkt oder sie bei ihrem pflichtwidrigen Verhalten maßgeblich unterstützt. Ebenso wenig erschließt sich die Relevanz der Äußerungen mit Blick auf den Vorwurf, der Kläger habe in erheblichem Umfang Verbrauchsmaterialien auf Kosten des beklagten Landes bestellt, ohne dass dafür ein dienstlicher Anlass bestanden hätte und ihr Verbleib geklärt wäre.

45

(bbb) Der Kläger hat - soweit ersichtlich - nicht behauptet, der Inhalt eines bei der Geschäftsprüfung im Schrank eines anderen Bediensteten vorgefundenen, verschlossenen Kartons habe zu seiner Entlastung beitragen können. Es ist deshalb nicht ersichtlich, inwieweit das Unterbleiben einer Aufklärung dem beklagten Land zum Nachteil gereichen könnte. Die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts bewegen sich im Bereich der Spekulation.

46

(ccc) Soweit das Landesarbeitsgericht „Erläuterungen“ zu den Aufgaben des Klägers, insbesondere hinsichtlich einer „technischen Unterstützung der Nutzer des Hauses“ und zur Verteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf insgesamt vier Administratoren vermisst hat, bleiben seine Ausführungen im Vagen haften. Es hat nicht festgestellt, dass beim Kläger aufgrund der ihm eingeräumten Befugnisse der Eindruck habe entstehen können, er dürfe im Dienst auf dienstlichen Rechnern unter Umgehung von Kopierschutz Vervielfältigungen privat beschaffter CDs und DVDs vornehmen und Verbrauchsmaterialien in erheblichem Umfang zu ausschließlich privaten Zwecken bestellen und verwenden oder sie Dritten zur privaten Nutzung überlassen. Eine solche Annahme liegt auch fern. Das Gleiche gilt für die Behauptung des Klägers, ein zwischenzeitlich außer Dienst getretener Referatsleiter habe ihm erlaubt, sich während der Arbeitszeit um die „Privatrechner“ der Bediensteten und ihrer Angehörigen „zu kümmern“. Daraus durfte der Kläger jedenfalls nicht schließen, er habe urheberrechtsverletzende Kopier- und Brennvorgänge auf dienstlichen Computern vornehmen und dienstliche Materialien privat verwenden dürfen. Auf die Verfahrensrüge, mit der sich das beklagte Land gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Inhalt der fraglichen Erlaubnis wendet, kommt es hierfür nicht an.

47

(ddd) Unklar bleibt, welche den Kläger entlastenden Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sein sollen, dass die in Rede stehende Nutzung des „Test-Rechners“ lange Zeit unbemerkt blieb. Die entsprechende Erwägung des Landesarbeitsgerichts berücksichtigt zudem nicht, dass das beanstandete Verhalten des Klägers auf Heimlichkeit angelegt und der fragliche Computer an das Netzwerk des Oberlandesgerichts nicht angeschlossen war.

48

(eee) Das beklagte Land hat unter Beweisantritt vorgebracht, der Kläger sei für die Verwaltung des „ADV-Depots“ zuständig und für die Bestellung der „EDV-Verbrauchsmittel“ verantwortlich gewesen. Es hat die Anzahl der von ihm ermittelten Bestellungen für die Zeit von Juli 2008 bis Dezember 2012 genannt und dem die Behauptung des Klägers gegenüber gestellt, bei ihm seien „seit Einführung von Juris“ - wohl im Jahr 2006 - „kaum“ DVDs und CDs „von Bediensteten“ abgefordert worden. Außerdem hat es auf den Geschäftsprüfungsbericht und dessen Anlage 3 verwiesen und behauptet, daraus gehe hervor, dass im fraglichen Zeitraum für das Oberlandesgericht mehr als die doppelte Zahl von CD- und DVD-Rohlingen bestellt worden sei als für die in M ansässige „ADV-Stelle Justiz“. Zudem hat es behauptet, der Kläger habe die Verbrauchsmaterialien unter Verschluss gehalten, soweit er sie nicht an Dritte herausgegeben habe, und habe erklärt, zum Verbleib der Materialien keine Angaben machen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Es hat sich darauf beschränkt, pauschal auf die Möglichkeit weiterer Ermittlungen zu „Bestellvorgänge[n], Zeichnung und Gegenzeichnung unter Beteiligung welcher Bediensteter des OLG, ggf. nebst Kostenvergleichen anderer vergleichbarer Behörden“ zu verweisen. Dem Hinweis ist nicht zu entnehmen, dass - und ggf. warum - es den Vortrag des beklagten Landes selbst unter der Prämisse für erläuterungsbedürftig erachtet hat, er sei wahr.

49

(fff) Es kommt hinzu, dass der Kläger laut Gesprächsvermerk vom 17. April 2013 eingeräumt haben soll, er habe - wie andere Bedienstete auch - „natürlich auch kopiert“. Im Prozess hat er vorgetragen, „die Programme … gelegentlich“ privat genutzt zu haben, nur nicht in dem vom beklagten Land behaupteten Umfang und nicht in „illegaler“ Weise. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts berücksichtigt nicht, dass der Kläger damit der ihn treffenden sekundären Behauptungslast nicht nachgekommen ist. Die Kopiervorgänge bewegten sich nach der Behauptung des beklagten Landes außerhalb des Wahrnehmungsbereichs seiner Repräsentanten. Das Gegenteil hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt; der Sachvortrag des Klägers gibt insoweit nichts her. Er hätte deshalb konkretisieren müssen, was er unter „gelegentlichen“ Kopiervorgängen versteht. Außerdem hätte er - unter Ausschöpfung seines Erinnerungsvermögens - beschreiben müssen, um Kopien welcher Musik-/Film-CDs/DVDs es sich gehandelt habe, welche Programme er dafür eingesetzt und welche „Rohlinge“ er genutzt habe. Ebenso wenig durfte das Landesarbeitsgericht annehmen, dem Kläger seien die auf dem „Test-Rechner“ erfolgten Brenn- und Kopiervorgänge nicht zweifelsfrei zuzurechnen, ohne sich mit der Frage befasst zu haben, welche Rückschlüsse aus der Erklärung des Klägers vom 17. April 2013, „alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs [sei], habe [er] gemacht“, und dem Umstand zu ziehen sind, dass er von dieser Äußerung später wieder Abstand genommen hat. Soweit das Landesarbeitsgericht gemeint hat, die behauptete Aussage eines anderen Bediensteten vom 22. April 2013, „CDs und DVDs im mittleren dreistelligen Bereich gebrannt [zu haben]“, sei „möglicherweise“ geeignet, den Kläger zu entlasten, fehlt es an einer eindeutigen richterlichen Würdigung. Auch dürfte eine wie auch immer geartete „Entlastung“ angesichts des in Rede stehenden Umfangs der Kopier- und Brennvorgänge und der behaupteten ausschließlichen Verwaltung der Rohlinge durch den Kläger schwerlich begründbar sein. Näher liegt es - wie das Landesarbeitsgericht an anderer Stelle selbst ausgeführt hat - in den fraglichen Umständen Anhaltspunkte für ein mittäterschaftliches Zusammenwirken zu erblicken. Dann wiederum könnte sich der Kläger nach dem Rechtsgedanken des § 830 BGB ohnehin nicht darauf beschränken vorzutragen, er wisse nicht mehr, welche Taten von wem begangen worden seien(ähnlich BAG 5. März 1981 - 3 AZR 559/78 - zu II 3 a der Gründe).

50

II. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Beidem unterliegt auch die Entscheidung über die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung und den (Hilfs-)Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung.

51

1. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Das Landesarbeitsgericht hat den Kündigungssachverhalt nicht festgestellt und an der Norm des § 626 Abs. 1 BGB gemessen. Die erforderliche Beurteilung kann der Senat nicht selbst vornehmen. Sie verlangt weitere Sachaufklärung. In Anbetracht der Vielzahl der gegen den Kläger sprechenden Indizien ist nicht auszuschließen, dass sich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als berechtigt erweisen.

52

2. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Seine Auffassung, das beklagte Land habe die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt und den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt, ist rechtsfehlerhaft.

53

a) Die außerordentliche Kündigung ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht außerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden.

54

aa) Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt nach Satz 2 der Vorschrift mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis setzt die Frist nicht in Gang (BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 94 mwN; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 30 mwN). Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der gewisse Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und dazu auch den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Dies gilt allerdings nur solange, wie er aus verständigen Gründen und mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen. Soll der Kündigungsgegner angehört werden, muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche betragen und nur bei Vorliegen besonderer Umstände überschritten werden (BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 407/13 - Rn. 40; 20. März 2014 - 2 AZR 1037/12 - Rn. 14). Für die übrigen Ermittlungen gilt keine Regelfrist. Bei ihnen ist fallbezogen zu beurteilen, ob sie hinreichend zügig betrieben wurden (BAG 31. März 1993 - 2 AZR 492/92 - zu II 1 der Gründe, BAGE 73, 42; 10. Juni 1988 - 2 AZR 25/88 - zu III 3 c der Gründe).

55

bb) Neben den Mitgliedern der Organe von juristischen Personen und Körperschaften gehören zu den Kündigungsberechtigten auch die Mitarbeiter, denen der Arbeitgeber das Recht zur außerordentlichen Kündigung übertragen hat. Dagegen ist die Kenntnis anderer Personen für den Lauf der Ausschlussfrist grundsätzlich unbeachtlich. Dies gilt auch dann, wenn ihnen Aufsichtsfunktionen übertragen worden sind. Nur ausnahmsweise muss sich der Arbeitgeber auch ihre Kenntnis nach Treu und Glauben zurechnen lassen. Dazu müssen diese Personen eine herausgehobene Position und Funktion im Betrieb oder in der Verwaltung innehaben sowie tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, den Sachverhalt so umfassend zu klären, dass mit ihrem Bericht an den Kündigungsberechtigten dieser ohne weitere Nachforschungen seine (Kündigungs-)Entscheidung abgewogen treffen kann. Voraussetzung dafür, dem Arbeitgeber solche Kenntnisse zuzurechnen, ist ferner, dass die Verspätung, mit der er in eigener Person Kenntnis erlangt hat, auf einer unsachgemäßen Organisation des Betriebs oder der Verwaltung beruht (BAG 21. Februar 2013 - 2 AZR 433/12 - Rn. 28; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 388/07 - Rn. 22).

56

cc) Diese Vorgaben hat das Landesarbeitsgericht nicht beachtet.

57

(1) Die Kündigungsbefugnis lag nach Teil 3 Ziff. 12.3 Satz 1 PersBef-AV iVm. Teil 1 Ziff. 2 Satz 1 Buchst. a PersBef-AV beim Präsidenten des Oberlandesgerichts. Gemäß dem - streitigen - Vorbringen des beklagten Landes ist dieser am 11. April 2013 über die Vorgänge und das Ergebnis der Ermittlungen in Kenntnis gesetzt worden. Dann wäre die Erklärungsfrist bei Zugang der Kündigung am 22. April 2013 allemal gewahrt gewesen. Den bisherigen Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass eine nicht kündigungsberechtigte Person schon vor dem 11. April 2013 von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt und eine Funktion innegehabt hätte, die es rechtlich erlaubte, ihre Kenntnisse dem Präsidenten des Oberlandesgerichts zuzurechnen.

58

(2) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land habe Ermittlungen nicht mit der gebotenen Eile durchgeführt, verletzt § 626 Abs. 2 BGB iVm. § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Die Würdigung verkennt die Voraussetzungen, unter denen Ermittlungen als „zügig“ anzusehen sind. Überdies hat es zu hohe Anforderungen an den betreffenden Sachvortrag des beklagten Landes gestellt.

59

(a) Soweit das Landesarbeitsgericht darauf abhebt, das beklagte Land habe umgehend die Strafverfolgungsbehörden einschalten und - ohne Nachteile mit Blick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB befürchten zu müssen - den Aus- und Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten können, ist dies zwar zutreffend(vgl. BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 31; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 16, BAGE 137, 54). Daraus folgt für das Land aber keine Beschränkung in der Wahl seiner Mittel zur Aufklärung. Dem Arbeitgeber steht es frei, eigene Ermittlungen anzustellen und die Strafverfolgungsbehörden nicht unmittelbar einzuschalten. Auch „private“ Ermittlungen hemmen - zügig vorangetrieben - den Lauf der Frist.

60

(b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das beklagte Land habe den Kläger nicht binnen Wochenfrist angehört, ist nicht nachvollziehbar. Es fehlt an Feststellungen, wann diese Frist zu laufen begonnen habe. Falls der Präsident des Oberlandesgerichts - wie vom beklagten Land behauptet - erst am 11. April 2013 Kenntnis erlangt hat, wäre die Wochenfrist mit der Anhörung vom 17. April 2013 eingehalten.

61

(c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das insoweit darlegungsbelastete Land (vgl. dazu BAG 1. Februar 2007 - 2 AZR 333/06 - Rn. 21) habe nicht aufgezeigt, dass es die Ermittlungen nach Durchführung der Geschäftsprüfung zügig vorangetrieben habe, ist nicht tragfähig. Das beklagte Land hat geltend gemacht, es sei erst aufgrund einer außerhalb des Oberlandesgerichts durchgeführten Überprüfung der vom Kläger genutzten Rechner und Festplatten in der Lage gewesen, das Ausmaß der Privatnutzung zu bestimmen. Dies habe bis zum 8. April 2013 Zeit beansprucht, weil Hardware nach M habe verbracht und umfangreiches Datenmaterial, teils unter Wiederherstellung gelöschter Dateien, habe gesichtet werden müssen. Außerdem seien die Osterfeiertage in die Zeit gefallen. Die Ausführungen sind geeignet, die Dauer der Untersuchung plausibel zu machen. Unter Berücksichtigung der wenigen zusätzlichen Tage, welche die Erstellung des Prüfberichts in Anspruch genommen hat, ergeben sich auf der Basis der bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte für ein nur zögerliches Vorantreiben der Ermittlungen.

62

b) Die außerordentliche Kündigung vom 18. April 2013 ist nicht mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Personalrats nach § 108 Abs. 2 BPersVG, § 67 Abs. 2 Satz 4 PersVG LSA unwirksam.

63

aa) Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 PersVG LSA ist der Personalrat vor der außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers anzuhören. Die Leitung der Dienststelle hat die beabsichtigte Maßnahme nach § 67 Abs. 2 Satz 2 PersVG LSA zu begründen. Insoweit gelten die gleichen Anforderungen wie an eine Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG(vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 57 mwN). Nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung muss der Arbeitgeber dem Personalrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt er dann nicht nach, wenn er ihm einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt darstellt. Zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Information gehört darüber hinaus die Unterrichtung über Tatsachen, die ihm - dem Arbeitgeber - bekannt und für eine Stellungnahme des Betriebsrats möglicherweise bedeutsam sind, weil sie den Arbeitnehmer entlasten und deshalb gegen eine Kündigung sprechen können (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 14; 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 142, 339).

64

bb) Nach diesen Grundsätzen war die Anhörung zur fristlosen Kündigung mit Schreiben vom 16. April 2013 ordnungsgemäß.

65

(1) Dem Personalrat war das Ergebnis der Geschäftsprüfung vom 14. März 2013 unter Vorlage des betreffenden Vermerks zur Kenntnis gebracht worden. Im Anhörungsschreiben selbst heißt es, hieraus ergebe sich eine „ausschweifende“ Privatnutzung des dienstlichen Rechners unter Verwendung eines den Kopierschutz umgehenden Programms während der Dienstzeit und ein nicht erklärlicher Umgang mit dienstlich bestelltem Material (DVDs und CDs). Ungeachtet der Frage, ob es einer solchen Information bedarf (vgl. KR-Etzel 10. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 64; APS-Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 129), konnte der Personalrat nach den ihm erteilten Informationen nachvollziehen, dass das beklagte Land der eigenen Ansicht zufolge den Kündigungssachverhalt jedenfalls nicht vor dem 8. April 2013 erfassen konnte. Der Personalrat vermochte sich anhand dessen ein eigenes Bild von der Einhaltung der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu verschaffen. Das reicht aus. Eine nähere Begründung der den Kündigungsentschluss tragenden Abwägung ist wegen des Grundsatzes der subjektiven Determinierung regelmäßig nicht erforderlich. Die Anhörung zu der Absicht, das Arbeitsverhältnis (fristlos) zu kündigen, impliziert eine Abwägung zu Lasten des Arbeitnehmers (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 15; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 27, BAGE 146, 303).

66

(2) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Anhörung nicht deshalb unvollständig, weil das beklagte Land es unterlassen hat, den Personalrat über den Inhalt eines am 22. April 2013 mit einem anderen Bediensteten geführten Personalgesprächs zu unterrichten. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass diese Unterredung vor Übergabe des Kündigungsschreibens stattfand und sich aus der Einlassung des Bediensteten Anhaltspunkte dafür ergaben, dass dieser Kopier- und Brennvorgänge im Zusammenwirken mit ihm - dem Kläger - durchgeführt hat. Das beklagte Land ging bei Einleitung des Anhörungsverfahrens - für den Personalrat erkennbar - davon aus, der Kläger selbst habe das fragliche Programm wiederholt zu privaten Zwecken während der Dienstzeit genutzt. Sowohl aus der subjektiven Sicht des beklagten Landes als auch aus objektiver Sicht handelt es sich bei der aus dem Personalgespräch deutlich gewordenen Möglichkeit, der Kläger und der andere Bedienstete hätten zusammengewirkt, keineswegs um einen entlastenden Umstand, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Allein- und Mittäterschaft sind in ihrem Unrechtsgehalt gleichwertig und im Rahmen einer kündigungsrechtlichen Beurteilung regelmäßig gleich zu gewichten.

67

(3) Die Äußerungsfrist von drei Arbeitstagen (§ 67 Abs. 2 Satz 3 PersVG LSA) hat das beklagte Land - auch unter Berücksichtigung der dem Personalrat am 18. April 2013 unterbreiteten ergänzenden Informationen - gewahrt.

68

(a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist dem Personalrat das Schreiben vom 16. April 2013 am selben Tag zugegangen. Gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1 BGB lief die Frist von drei Arbeitstagen am 19. April 2013 (einem Freitag), 24:00 Uhr ab. Zwar wurde das Kündigungsschreiben bereits am 18. April 2013 ausgefertigt und dem Geschäftsleiter des Oberlandesgerichts als Erklärungsboten des beklagten Landes zwecks persönlicher Übergabe an den Kläger ausgehändigt. Ein Treffen zwischen dem Geschäftsleiter und dem Kläger war aber - schon zuvor - erst für den 22. April 2013 vereinbart worden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Kündigungsschreiben den Machtbereich des Präsidenten des Oberlandesgerichts nicht verlassen und war es diesem möglich, die Kündigung anzuhalten, falls der Personalrat gewichtige und aus Sicht des beklagten Landes überzeugende Argumente gegen sie vorbrächte. Der Fall liegt insoweit nicht anders, als wenn der Präsident des Oberlandesgerichts das Kündigungsschreiben zwar am 18. April 2013 unterschrieben, jedoch bis zum 22. April 2013 weiter selbst verwahrt hätte.

69

(b) Das Anhörungsverfahren war bei Übergabe des Kündigungsschreibens an den Kläger - anders als dieser meint - nicht deshalb noch nicht abgeschlossen, weil das beklagte Land dem Personalrat mit Schreiben vom 18. April 2013 ergänzende Informationen hat zukommen lassen. Auf der Grundlage der Darlegungen des beklagten Landes ist davon auszugehen, dass das Anhörungsverfahren durch das vorbezeichnete Schreiben nicht neu in Gang gesetzt worden ist.

70

(aa) Vor Ausspruch der Kündigung kann der Arbeitgeber seine Informationen gegenüber dem Betriebs- oder Personalrat jederzeit ergänzen. Die Beurteilung, ob aufgrund der nachträglichen Unterrichtung die Äußerungsfrist neu anläuft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist auch auf den Gegenstand der nachgereichten Informationen Bedacht zu nehmen (vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 736/13 - Rn. 27).

71

(bb) Im Streitfall ist das Schreiben vom 18. April 2013 ausdrücklich als „Ergänzung“ und nicht, wie das Schreiben vom 16. April 2013, als „Anhörung“ bezeichnet worden. Bereits dies spricht gegen die Annahme, das beklagte Land habe das Verfahren neu in Gang setzen wollen. Eine andere Interpretation ist auch nicht wegen des Inhalts der zusätzlichen Informationen geboten. Mittels der Vorlage der protokollierten Kopiervorgänge und des Journals der Arbeitszeit wurden lediglich die im Schreiben vom 16. April 2013 bereits geschilderten Vorgänge vertiefend dargestellt und erläutert, nicht aber ein Sachverhalt unterbreitet, der den bisher bekannten Sachverhalt in einem gänzlich neuen Licht erscheinen ließe. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die Unterrichtung über den Inhalt des mit dem Kläger am 17. April 2013 geführten Gesprächs und die ihm bis zum 18. April 2013, 9:00 Uhr eingeräumte Möglichkeit zur weitergehenden Stellungnahme. Auch diese Mitteilung diente der Vervollständigung der Information des Personalrats, nicht aber der Einführung eines neuen Sachverhalts. Das gilt jedenfalls mit Blick auf die hier interessierende „Tatkündigung“, bei der die Anhörung des Arbeitnehmers nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist, und unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Gespräch vom 17. April 2013 keine Erkenntnisse zutage förderte, die den Kläger entscheidend hätten entlasten können.

72

III. Bei der neuen Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu prüfen und zu bewerten haben, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gegeben und ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist. Dazu wird es die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Sollte es zu dem Ergebnis gelangen, die Kündigung sei iSv. § 626 BGB wirksam, wird es auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen davon ausgehen können, dass der Personalrat zur außerordentlichen Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Die Klage dürfte in diesem Fall abzuweisen sein, ohne dass der auf die ordentliche Kündigung bezogene Feststellungsantrag und der Antrag auf Weiterbeschäftigung noch zur Entscheidung anfielen. Sollte das Landesarbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erachten, wird es über die ordentliche Kündigung zu befinden haben, je nach Ausgang dieses Streits auch über den (Hilfs-)Antrag des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

73

1. Bei der Prüfung von § 626 Abs. 1 BGB wird das Landesarbeitsgericht - unter Berücksichtigung der zu B. I. und II. dargestellten Rechtsauffassung des Senats - zu würdigen haben, ob die vorgetragenen Indizien ausreichen, ihm die erforderliche Überzeugung zu vermitteln, der Kläger habe seine vertraglichen Pflichten verletzt. Über streitige Tatsachen wird ggf. Beweis zu erheben sein. Dabei hat sich das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zu begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BAG 29. Januar 2015 - 2 AZR 280/14 - Rn. 30 mwN; BGH 11. November 2014 - VI ZR 76/13 - Rn. 23 mwN).

74

2. Im Hinblick auf eine ggf. vorzunehmende Würdigung der Umstände des Einzelfalls und Interessenabwägung wird zu berücksichtigen sein, dass die vom Landesarbeitsgericht bisher - im Rahmen der Überprüfung der ordentlichen Kündigung - zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angestellten Erwägungen nicht tragen.

75

a) Die Wertung, es habe deshalb einer Abmahnung bedurft, weil „fast alle Bediensteten einschließlich der Richterschaft […] offenbar von der Tätigkeit des Klägers profitiert und dieser auch nicht widersprochen [hätten]“ und daraus auf ein mangelndes Unrechtsbewusstsein - auch des Klägers - zu schließen sei, entbehrt der Tatsachenbasis. Es ist unklar, auf welche Handlungen des Klägers sich das Landesarbeitsgericht bezogen und welche Personen es vor Augen gehabt hat, die aus den nicht näher konkretisierten Aktivitäten des Klägers einen bisher nicht definierten Nutzen gezogen haben sollen.

76

b) Für die vom Landesarbeitsgericht mit Blick auf den Umgang mit beschäftigten Beamten ins Spiel gebrachte Heranziehung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Zwar mögen bei der Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ähnliche Erwägungen anzustellen sein wie im Rahmen einer disziplinarrechtlichen Würdigung. Daraus kann aber nicht - wie das Landesarbeitsgericht offenbar gemeint hat - abgeleitet werden, der Arbeitgeber dürfe gegenüber einem Arbeitnehmer, der seine Pflichten in gemeinschaftlichem Zusammenwirken mit Beamten verletzt hat, nicht zum Mittel der Kündigung greifen, solange er nicht auch die Entlassung der Beamten initiiere oder doch andere disziplinarische Maßnahmen ihnen gegenüber ergreife. Die Erwägung lässt außer Acht, dass sich Wertungen, wie sie aus dem in der Regel auf Lebenszeit angelegten, durch besondere Treue- und Fürsorgepflichten geprägten Dienstverhältnis der Beamten folgen, nicht auf eine privatrechtliche Leistungsbeziehung übertragen lassen (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 29, BAGE 134, 349; 17. Juni 1993 - 6 AZR 620/92 - zu B II 2 d bb der Gründe, BAGE 73, 262). Selbst im Verhältnis von Arbeitnehmern untereinander scheidet mit Blick auf verhaltensbedingte Kündigungen eine Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes weitgehend aus (BAG 8. Dezember 1994 - 2 AZR 470/93 - zu B II 5 g der Gründe; zu eng begrenzten Ausnahmekonstellationen vgl. BAG 22. Februar 1979 - 2 AZR 115/78 - zu 2 a der Gründe). Die fraglichen Erwägungen des Landesarbeitsgerichts lassen überdies die herausgehobene Position des Klägers als „IT-Verantwortlicher“ außer Acht. Unbeschadet der unterschiedlichen Rechtsstellung von Beamten und Angestellten widerspricht auch dies - neben weiteren in Betracht zu ziehenden Unterschieden - einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte.

77

c) Das Landesarbeitsgericht wird, sollte es auf die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung ankommen, weiterhin davon ausgehen können, dass deren soziale Rechtfertigung (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG) unter dem Gesichtspunkt des Verdachts nicht in Betracht kommt - auch deshalb, weil der Personalrat dazu laut Schreiben vom 23. April 2013 nicht beteiligt worden ist. Die Prüfung, ob die Kündigung als Tatkündigung durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, wird das Landesarbeitsgericht neu vorzunehmen und die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Was die Frage betrifft, ob die Beteiligung des Personalrats zu einer ordentlichen Kündigung nach § 67 Abs. 1 Nr. 8 PersVG LSA ordnungsgemäß erfolgt ist, wird zu beachten sein, dass die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auffassung, die Anhörung sei unwirksam, weil das beklagte Land dem Personalrat mögliche Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe nicht mitgeteilt habe, auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht haltbar ist. Um welche, nach dem Grundsatz der subjektiven Determiniertheit beachtlichen Tatsachen es sich insoweit handeln soll, ist nicht nachzuvollziehen.

78

IV. Der Senat hat bei der Zurückverweisung von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Perreng    

        

    Der ehrenamtliche Richter Dr. Bartz ist wegen des Endes seiner Amtszeit verhindert, seine Unterschrift beizufügen.
Kreft    

                 

(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2015 - 1 Sa 35/12 - im Kostenausspruch, in Ziff. 2 und Ziff. 4 des Tenors jeweils insgesamt und in Ziff. 1 des Tenors insoweit aufgehoben, wie es das Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 (- 1 Sa 35/12 -) teilweise aufgehoben, das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2012 (- 3 Ca 143/12 -) teilweise abgeändert und festgestellt hat, dass dem Kläger 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für den Urlaub aus dem Jahr 2008 zustehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung, über Ersatzurlaubsansprüche für verfallenen Urlaub bzw. Entschädigung in Geld und - im Wege der Widerklage - über einen Rückzahlungsanspruch wegen Gehaltsüberzahlung.

2

Der Kläger ist Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Seit dem 1. August 2000 war er bei der Beklagten, einer Ersatzkasse, in deren Hauptverwaltung als Sachgebietsleiter beschäftigt. Zuletzt wurde er im Bereich kaufmännisches Immobilienmanagement eingesetzt. In der Hauptverwaltung, für die ein Personalrat gewählt ist, beschäftigte die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die von der Beklagten abgeschlossenen Haustarifverträge, ua. der Manteltarifvertrag der Techniker Krankenkasse (TKT), in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Beklagte vergütete den Kläger zuletzt nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 11 TKT.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien vor den streitgegenständlichen Kündigungen - beginnend ab Juni 2006 - mehrere Male, zuletzt am 14. Juli 2010 fristlos. Infolge dieser Kündigungen, gegen die er jeweils Kündigungsschutzklage erhob, erbrachte der Kläger letztmalig am 19. November 2007 Arbeitsleistungen für die Beklagte. Diese stellte den Kläger durch mehrere Schreiben unter Anrechnung auf tariflichen Jahresurlaub - ua. der Jahre 2008, 2009 und 2010 - von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Im April 2013 entschied das Landesarbeitsgericht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 nicht aufgelöst worden ist. Das Urteil wurde am 15. Juli 2013 rechtskräftig.

5

In einem parallel geführten Rechtsstreit hat sich der Kläger gegen eine zum 26. April 2006 erfolgte Änderung seines Tätigkeitsbereichs gewandt. Am 31. Januar 2008 hat das Landesarbeitsgericht - unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils - die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sachgebietsleiter BW.3 (Kaufmännisches Immobilienmanagement) neben den Tätigkeiten der Dokumentation des Verwaltungshandelns und der Erstellung und Prüfung von Betriebskostenabrechnungen mit Tätigkeiten der Anmietung von Dienststellenflächen, der Vermietung von eigenen Immobilien der Beklagten, der Durchführung von Mietzahlungen, der Überwachung der zufließenden Mieteinnahmen sowie der Durchführung des in Bezug auf die Betriebskostenabrechnungen und Mietzahlungen aus den Mietverhältnissen der Beklagten des außergerichtlichen Mahnwesens zu beschäftigen. Der Rechtsstreit ist - nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten - in die Revision gelangt. Das Verfahren ist ausgesetzt.

6

Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, sich am 24. Juli 2013, 10:00 Uhr, in der Hauptverwaltung zum Arbeitsantritt einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden.

7

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 bat der Kläger, die Beklagte möge ausstehende Annahmeverzugsvergütung abrechnen und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge an ihn auszahlen. Er erklärte, er mache bis zur Erledigung von seinem Zurückbehaltungsrecht „an seiner Arbeitskraft“ Gebrauch. Außerdem verwies er auf einen früheren Antrag, ihm für die Zeit vom 18. Juli bis 4. September 2013 Urlaub zu gewähren.

8

Die Beklagte kündigte baldige Zahlung an. Hinsichtlich des Urlaubs teilte sie mit, der Anspruch für das laufende Jahr sei durch eine vorsorgliche Freistellung in der Zeit vom 21. Januar 2013 bis einschließlich 8. März 2013 erfüllt. Auf ihre Anweisung wurde dem Konto des Klägers am 26. Juli 2013 ein Betrag in Höhe von 95.029,80 Euro netto gutgeschrieben.

9

Unter dem 29. Juli 2013 beanstandete der Kläger die Zahlung als zu gering. Schon auf der Basis der bisherigen Eingruppierung habe eine Nachzahlung von rund 120.000,00 Euro netto erfolgen müssen und bestehe noch eine Differenz von „ca. EUR 25.000,00 netto“. Im Übrigen stünden Verzugszinsen offen, sei eine nachvollziehbare Abrechnung nicht erfolgt und habe er seit dem 1. Juli 2010 Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Stufe 11 TKT. Unabhängig davon sei er in der Vergangenheit erheblichen Anfeindungen und Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts ausgesetzt gewesen. Mit Blick hierauf erwarte er eine betriebsöffentliche, ihn rehabilitierende Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines bisherigen unmittelbaren Vorgesetzten. Außerdem sehe er einem Angebot zur Durchführung eines betriebsinternen Supervisions- oder Mediationsverfahrens unter Teilnahme mehrerer Personen, ua. eines Vertreters des Personalrats, entgegen. Dies sei erforderlich, um künftig eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit - auch mit ihm unterstellten Mitarbeitern - zu ermöglichen. Bis zur Bestätigung der Abgabe oder Durchführung der geforderten Erklärungen bzw. Maßnahmen mache er „zusätzlich zu dem Zurückbehaltungsrecht aufgrund der nicht erfüllten Gegenforderungen“ von einem Zurückbehaltungsrecht „an der Arbeitskraft“ Gebrauch.

10

Mit Schreiben vom 31. Juli 2013 erläuterte die Beklagte anhand beigefügter monatlicher Entgeltabrechnungen, sie habe für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis 31. Juli 2013 unter Berücksichtigung etwaiger Sonderzahlungen Bruttovergütung iHv. insgesamt 243.119,00 Euro berechnet. Bei der erfolgten Gutschrift handele es sich um den daraus ermittelten Nettobetrag. Außerdem gab sie Erklärungen zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und der Beträge zur Arbeitslosenversicherung ab. Weiter gehende Forderungen wies sie - bis auf Zinsforderungen - zurück. Am 1. August 2013 überwies sie dem Kläger zu deren Ausgleich einen Betrag von 18.623,33 Euro netto.

11

Der mit den vorgenannten Schreiben jeweils wiederholten Aufforderung der Beklagten, sich in der Hauptverwaltung einzufinden, leistete der Kläger keine Folge. Weitere Erklärungen gab er nicht ab. Mit Schreiben vom 7. und 27. August 2013 sowie vom 9. September 2013 mahnte die Beklagte ihn jeweils wegen „Nichterscheinens am Arbeitsplatz“ ab. Zugleich erneuerte sie jeweils - erfolglos - die Ladung zum Arbeitsantritt.

12

Mit Schreiben vom 27. September 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Personalrats - außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2014.

13

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Er sei zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet gewesen. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen. Im Übrigen habe er rechtmäßig von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Grundlage hierfür seien - neben offenen Gehaltsforderungen - erhebliche Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts gewesen, denen er seit dem Jahr 2006 ausgesetzt gewesen sei. So sei er einem regelrechten „Mobbing-Programm“ unterzogen worden, das im mittleren Management der Beklagten praktiziert worden sei. Zur Wiedergutmachung und zum Ausschluss künftiger Störungen habe er Anspruch auf die mit Schreiben vom 29. Juli 2013 verlangte betriebsöffentliche Stellungnahme gehabt. Um eine reibungslose und sachdienliche Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Beklagten zu ermöglichen, habe es zudem einer Supervision oder - nach Wahl der Beklagten - einer Mediation bedurft.

14

Daneben hat der Kläger - im Rahmen ursprünglich getrennt geführter Klagen und soweit noch von Interesse - Ansprüche wegen nicht erfüllter Urlaubsansprüche geltend gemacht. Mit Klage vom 29. Dezember 2011 hat er zunächst - im Hinblick auf die Kündigung vom 14. Juli 2010 - „Abgeltung“ für 34 Tage Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 verlangt. Im Berufungsrechtszug hat er sein Begehren um eine Feststellungsklage erweitert, mit der er „hilfsweise“ für den Fall des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses Ersatzurlaub im Umfang von zwei Tagen für das Jahr 2007 und von 32 Tagen für das Jahr 2008 geltend gemacht hat. Mit weiterer Klage vom 23. Dezember 2013 hat er die Feststellung von Ersatzurlaubsansprüchen für Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 im Umfang von je 32 Tagen begehrt; „hilfsweise“ für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 27. September 2013 hat er deren „Abgeltung“ verlangt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit den vorsorglichen Freistellungen im Rahmen der früheren Kündigungsschutzprozesse seine Urlaubsansprüche - mangels vorbehaltloser Zusage der Urlaubsvergütung - nicht erfüllt. Angesichts deren zwischenzeitlichen Verfalls sei sie verpflichtet, Schadensersatz zu leisten.

15

Der Kläger hat zuletzt, soweit von Interesse, beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.909,36 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2010 zu zahlen,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, festzustellen, dass ihm 34 Tage restlicher Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 zustehen;

        

3.    

festzustellen, dass ihm aus den Jahren 2009 und 2010 noch ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung iHv. 64 Arbeitstagen zusteht,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 endete, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2013 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, sowie widerklagend,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie 6.653,87 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat die Kündigungen als wirksam verteidigt. Der Kläger habe spätestens seit dem 1. August 2013 die Arbeitsleistung grundlos und beharrlich verweigert. Bei pflichtgemäßer Meldung in der Hauptverwaltung wäre ihm die Leitung des Sachgebiets BW.3 im Wesentlichen „in dem Bestand“ aus dem Jahr 2006 übertragen worden. Ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung habe er schon nicht wirksam ausgeübt. Den tariflichen Jahresurlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 habe sie bis zum Ablauf des jeweiligen Übertragungszeitraums vollständig erteilt. Im Übrigen habe der Kläger jeweils die Urlaubsgewährung verlangt. Es sei widersprüchlich, ihn nicht als erfüllt zu betrachten. Etwaige Ansprüche seien zudem verfallen, mindestens aber verjährt. Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch beruhe auf einer Überzahlung. Der Kläger habe die an ihn - unstreitig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Gehaltszahlungen für die Monate August und September 2013 ohne Rechtsgrund erlangt.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Das Arbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil, das es nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers aufrechterhalten hat, die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die weiter gehenden Klageanträge hat es - soweit noch von Bedeutung - ebenfalls abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 die Berufung des Klägers im Umfang der geltend gemachten „Urlaubsabgeltung“ für Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 und der für diese Jahre „hilfsweise“ beantragten Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf 34 Tage Ersatzurlaub zurückgewiesen. Nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers und Verbindung der Rechtsstreitigkeiten der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht, soweit noch von Interesse, (zu Nr. 4 des Tenors) der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Außerdem hat es (zu Nr. 1 und Nr. 2 des Tenors) - unter teilweiser Aufhebung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 und dessen Aufrechterhaltung im Übrigen - festgestellt, dass dem Kläger je 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für Urlaub aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 zustehen.

20

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte hinsichtlich des Ersatzurlaubs für das Jahr 2008 die Wiederherstellung des zweitinstanzlichen Versäumnisurteils, im Übrigen die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

22

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - neben dem Kündigungsschutzantrag, den Anträgen auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf je 32 Tage Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 und dem Widerklageantrag - der Antrag auf Entschädigung für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 (16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen). Über den zuletzt genannten Antrag hat das Landesarbeitsgericht, ausgehend von dem zutreffenden Verständnis, es handele sich um einen „echten“, vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Hilfsantrag, nicht entschieden (zur Entbehrlichkeit eines Anschlussrechtsmittels in einem solchen Fall vgl. BAG 16. März 2010 - 3 AZR 594/09 - Rn. 75, BAGE 133, 289). Anders verhält es sich mit dem Antrag auf „Abgeltung“ von Urlaubsansprüchen für die Jahre 2007 und 2008 und dem Feststellungsantrag, soweit er sich auf zwei Ersatzurlaubstage für Urlaub aus dem Jahr 2007 bezieht. In diesem Umfang hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers unter Aufrechterhaltung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 zurückgewiesen. Da der Kläger insoweit Anschlussrevision nicht eingelegt hat, fällt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über diese Streitgegenstände dem Senat nicht zur Überprüfung an. Ob ihr ein zutreffendes Antragsverständnis zugrunde liegt, kann dahinstehen.

23

B. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß begründet worden.

24

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Begründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11). Bei mehreren Streitgegenständen muss grundsätzlich für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Einer eigenständigen Begründung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. Mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand ist dann zugleich dargelegt, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 11; 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 146, 353).

25

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Zwar setzt sie sich nicht gesondert mit der Begründung der Entscheidung über die Widerklage auseinander, obwohl diese lediglich Zahlungen für die Zeit nach Zugang der Kündigung vom 27. September 2013 betrifft und damit unmittelbar vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängt. Das ist aber unschädlich. Das Landesarbeitsgericht hat die Widerklage mit der - knappen - Erwägung abgewiesen, im entscheidungserheblichen Zeitraum habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden, in dem die Beklagte zur Zahlung von Entgelt verpflichtet gewesen sei. Für den Rechtsgrund der Zahlung bezieht es sich erkennbar stillschweigend auf seine Entscheidung über die Kündigungsschutzklage. Dieser hat es mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den Kläger nicht in beachtlicher, ihren Annahmeverzug beendender Weise zur Arbeit aufgefordert mit der Folge, dass er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte legt im Einzelnen dar, warum diese Rechtsauffassung fehlerhaft sei. Die Sachrügen sind, ihre Berechtigung unterstellt, geeignet, außer der Entscheidung über die Kündigungsschutzklage auch die Entscheidung über die Widerklage zu Fall zu bringen. Entsprechendes gilt für die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub. Über sie ist - bei sachgerechtem Verständnis - nur im Fall des vollständigen Obsiegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu entscheiden.

26

C. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag nicht stattgeben (I.). Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 27. September 2013 aufgelöst worden ist, steht nicht fest und kann vom Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst entschieden werden (II.). Über die ordentliche Kündigung und über die Ersatzurlaubsansprüche bzw. Ansprüche auf Geldentschädigung ist in Abhängigkeit vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits zu entscheiden. Auch hinsichtlich der Widerklage ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif (III.).

27

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

28

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 20; 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 27, 28).

29

2. Die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist ein in diesem Sinne „an sich“ die außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigender Grund (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 22; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19 mwN). Als ein solcher kommt aber auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 517/14 - Rn. 23; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19). Das betrifft sowohl auf die Hauptleistungspflicht bezogene Nebenleistungspflichten, die der Vorbereitung, der ordnungsgemäßen Durchführung und der Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen (vgl. BGH 13. November 2012 - XI ZR 145/12 - Rn. 28), als auch sonstige, aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) erwachsende Nebenpflichten (zum Inhalt möglicher Nebenleistungspflichten vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 12). Ob eine Verletzung arbeitsvertraglicher (Neben-)Pflichten vorliegt, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Handelt der Arbeitnehmer in der Annahme, sein Verhalten sei rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - aaO; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 32).

30

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 22; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 45, BAGE 146, 161).

31

4. Dieser Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe den Arbeitsaufforderungen der Beklagten mangels genügender Spezifizierung der Art der künftig von ihm zu leistenden Tätigkeit keine Folge leisten müssen, ist nicht berechtigt. Hiervon ausgehend ist es zu dem rechtsfehlerhaften Ergebnis gelangt, eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liege nicht vor. Es hat übersehen, dass ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zumindest unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht kommt.

32

a) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, die Beklagte habe den Kläger nach ihrer früheren Kündigung vom 14. Juli 2010 zur Arbeit auffordern müssen, um dessen Arbeitspflicht zu begründen. Die Würdigung ist - auch soweit sie auf der nicht näher begründeten Annahme beruht, die Beklagte habe sich vor der Ladung vom 22. Juli 2013 mit der Annahme der Dienste des Klägers im Verzug befunden - nachvollziehbar.

33

aa) In den früheren Kündigungen - zuletzt der rechtskräftig für unwirksam erklärten fristlosen Kündigung vom 14. Juli 2010 - lag zugleich die Erklärung der Beklagten, sie werde die Arbeitsleistung des Klägers nicht mehr annehmen. Sie geriet damit grundsätzlich in Annahmeverzug, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Klägers bedurfte, §§ 295, 296 BGB(vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 12, BAGE 141, 340; 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 216; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe mwN, BAGE 108, 27). Davon geht die Beklagte, die für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis einschließlich Juli 2013 vorbehaltlos Annahmeverzugsvergütung an den Kläger ausgekehrt hat, erkennbar selbst aus. Sie meint lediglich, aufgrund der Nichtbefolgung ihrer Ladungen zum Arbeitsantritt habe ihr Gläubigerverzug spätestens Anfang August 2013 geendet.

34

bb) Die Beendigung des Annahmeverzugs ist gesetzlich nicht besonders geregelt. Er endet in dem Zeitpunkt, in dem seine Voraussetzungen entfallen (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 22; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 3 der Gründe, BAGE 90, 329). Ist der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigungserklärung in Annahmeverzug geraten, muss er, um den Annahmeverzug zu beenden, den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern. Die Erledigung des Kündigungsrechtsstreits ändert daran nichts. Auch in diesem Fall ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Da der Arbeitgeber mit der unwirksamen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht hat, kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - aaO; 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 14 mwN, BAGE 141, 340; grundlegend 9. August 1984 - 2 AZR 374/83 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 46, 234). Einer solchen Aufforderung bedarf es in jedem Fall, wenn für den Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres erkennbar ist, wann und wo er die Arbeit wieder aufnehmen soll (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - aaO; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - aaO). Nimmt der Arbeitnehmer die Arbeit trotz entsprechender Aufforderung nicht wieder auf, endet der Annahmeverzug des Arbeitgebers, weil dann regelmäßig vom Fehlen des Leistungswillens des Arbeitnehmers auszugehen ist. Der Anwendungsbereich des § 297 BGB ist nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Arbeitnehmer schon vor einer Kündigung nicht zu vertragsgemäßer Arbeitsleistung bereit war(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 16 mwN; APS/Biebl 4. Aufl. § 11 KSchG Rn. 13).

35

cc) Hinsichtlich der Aufforderung, die Arbeit aufzunehmen, braucht der Arbeitgeber keine „Ankündigungsfrist“ einzuhalten. Zwar ist der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung gehalten, seine Arbeitskraft anderweitig zu verwerten, § 615 Satz 2 BGB. Deshalb räumt ihm § 12 KSchG ein Wahlrecht ein: Besteht nach einer Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort und ist der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft die Fortsetzung des (früheren) Arbeitsverhältnisses verweigern. Mit der Erklärung endet das (frühere) Arbeitsverhältnis und es ist ihm nach § 12 Satz 4 KSchG entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. Lässt der Arbeitnehmer die Wochenfrist aber verstreichen, besteht das frühere Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten fort. Der Arbeitnehmer kann und muss deshalb jederzeit damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 18, BAGE 141, 340).

36

b) Diesen Vorgaben werden die Erklärungen der Beklagten grundsätzlich gerecht. Sie hat den Kläger nach Erledigung der vorausgegangenen Kündigungsschutzprozesse mehrmals schriftlich aufgefordert, sich in ihrer Hauptverwaltung „zum Arbeitsantritt“ einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden. Im Zeitpunkt ihres Schreibens vom 22. Juli 2013 war die Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG verstrichen, ohne dass der Kläger sich auf die Eingehung eines anderen Arbeitsverhältnisses berufen hätte. Die Ladungen enthielten eindeutige Vorgaben zu Ort und Zeitpunkt (24. Juli 2013, 10:00 Uhr bzw. nachfolgend: „unverzüglich“) des erwarteten Dienstantritts.

37

c) Es kann unterstellt werden, dass es zur Bewirkung der vom Kläger geschuldeten Hauptleistung einer Konkretisierung der Art der zu verrichtenden Tätigkeit bedurfte. Eine ggf. erforderliche Spezifizierung brauchte die Beklagte jedenfalls nicht schon bei der Arbeitsaufforderung vorzunehmen. Sie durfte vielmehr das Erscheinen des Klägers im Betrieb abwarten. Die bisherigen Feststellungen berechtigen nicht zu der Annahme, dem Kläger sei schon die bloße Meldung in der Hauptverwaltung unzumutbar gewesen.

38

aa) Die dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung obliegende Mitwirkungshandlung iSd. §§ 295, 296 BGB besteht darin, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen(BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 90, 329; 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Daraus folgt aber keine Obliegenheit des Arbeitgebers, neben der grundsätzlich gebotenen Festlegung von Zeit und Ort der Arbeitsaufnahme auch den Inhalt der vom Arbeitnehmer konkret zu leistenden Arbeit bereits bei der Arbeitsaufforderung festzulegen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer ohne eine solche Konkretisierung außerstande ist, seine Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

39

(1) Die Arbeitsaufforderung hat den Zweck, dem Arbeitnehmer Gewissheit darüber zu verschaffen, dass der Arbeitgeber ihm die Arbeitsaufnahme nicht länger verwehrt und den Arbeitsplatz - freilich im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen - überhaupt zur Verfügung stellt. Dafür kommt es regelmäßig nicht darauf an, ob und ggf. welcher konkreten Arbeitsanweisungen es zusätzlich bedarf, um den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seiner Hauptleistungspflicht nachzukommen (BAG 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Ausreichend ist vielmehr die Bereitschaft des Arbeitgebers, ggf. erforderliche Konkretisierungshandlungen nach Erscheinen des Arbeitnehmers im Betrieb vorzunehmen (Konzen Anm. AP BGB § 615 Nr. 35). Steht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses fest, genügt als Anzeige dieser Bereitschaft grundsätzlich auch eine nicht näher spezifizierte Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers.

40

(2) Für diese Sichtweise spricht auch die Obliegenheit, bei der laufenden Planung des Arbeitseinsatzes billiges Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO) walten zu lassen. Dies kann es erforderlich machen, auf einen vorab abzuklärenden Einarbeitungsbedarf des Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen, was umso mehr gilt, wenn die unwirksame Kündigung des Arbeitgebers zu einer längeren Arbeitsunterbrechung geführt hat. Im Übrigen bleibt es dem Arbeitgeber grundsätzlich unbenommen, von einer vor Arbeitsantritt vorgenommenen oder avisierten Leistungsbestimmung im Zeitpunkt des Erscheinens des Arbeitnehmers im Betrieb wieder Abstand zu nehmen und den Inhalt der Arbeitsleistung in den Grenzen des § 106 GewO neu festzulegen.

41

(3) Gegenstand des dem Arbeitgeber zukommenden Direktionsrechts ist im Übrigen nicht allein die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Ihm unterliegen gleichfalls solche Verhaltenspflichten, die darauf zielen, den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 23, BAGE 143, 62; 23. Juni 2009 - 2 AZR 606/08 - Rn. 17; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 45 Rn. 14). Auch dies spricht dafür, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer für unwirksam erklärten Kündigung - sofern er ihm nur einen Arbeitsplatz überhaupt zur Verfügung stellt - zur „Arbeit“ schlicht in der Weise auffordern kann, dass er ihn mit der Maßgabe in den Betrieb einbestellt, sich an einem vorgegebenen Ort zur Entgegennahme weiterer Weisungen bereit zu halten.

42

bb) Kommt der Arbeitnehmer einer ihm insoweit auferlegten Vorbereitungshandlung bewusst nicht nach, kann dies zum einen indizieren, dass ihm die Bereitschaft, Arbeit überhaupt zu leisten, fehlt (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 19, BAGE 141, 340). Zum anderen liegt in dem Verhalten eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten, die bei intensiver Weigerung „an sich“ auch eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen vermag.

43

cc) Der Streitfall weist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Besonderheiten auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Die Beklagte musste die Art der vom Kläger künftig zu leistenden Tätigkeit nicht deshalb vor dem erwarteten Dienstantritt konkretisieren, weil sie womöglich im Zusammenhang mit einer früheren Änderung des Arbeitsbereichs des Klägers in unwirksamer Weise von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hatte und infolgedessen über den Inhalt der Arbeitspflicht des Klägers Streit bestand.

44

(1) Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Begründung seines nicht rechtskräftigen Urteils vom 31. Januar 2008 gemeint, die Beklagte habe ihr Direktionsrecht bei der fraglichen Änderung des Sachgebiets BW.3 in maßregelnder Weise und damit unter Verstoß gegen § 612a BGB ausgeübt. Eine andere, vertragsgemäße Tätigkeit habe sie dem Kläger im Anschluss nicht mehr übertragen. Die Würdigung ist in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Ihr ist nicht zu entnehmen, ob sich das Landesarbeitsgericht, das sich hier auf ein Begründungselement aus der herangezogenen Entscheidung bezieht, die dortigen Feststellungen konkludent zu eigen gemacht und sie einer eigenen tatrichterlichen Würdigung unterzogen hat, oder ob es - was unzureichend wäre - die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung ungeprüft übernommen hat.

45

(2) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die mit der Änderung des Tätigkeitsbereichs zusammenhängende Leistungsbestimmung nicht lediglich unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB), sondern wegen Verstoßes gegen § 612a BGB aus anderen Gründen unwirksam war. Daraus folgte grundsätzlich aber nur, dass es bis zu einer rechtswirksamen Neuausübung des die Hauptleistungspflicht betreffenden Direktionsrechts durch die Beklagte bei der dem Kläger zuvor zugewiesenen Arbeitsaufgabe verblieb und er nicht verpflichtet war, die Leitung des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung, den dieses seit dem 26. April 2006 hatte, auch nur vorläufig zu übernehmen (vgl. dazu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 239). Auch ein dem Kläger ggf. im Hinblick auf die Änderung seines Tätigkeitsbereichs zukommendes Leistungsverweigerungsrecht (§ 275 Abs. 3 BGB) berechtigte ihn - jenseits der Frage, ob er von dem Recht bereits Gebrauch gemacht hatte - grundsätzlich nicht, Handlungen zu unterlassen, die lediglich der Vorbereitung einer späteren Arbeitsaufnahme dienten und die es der Beklagten ermöglicht hätten, von ihrem Direktionsrecht ggf. erneut und nunmehr rechtswirksam Gebrauch zu machen. Dementsprechend lassen sich aus der bloßen Unwirksamkeit einer vor der Kündigung in Bezug auf die Hauptleistung erteilten Weisung auch keine besonderen Anforderungen an den Inhalt einer dem Arbeitgeber obliegenden Arbeitsaufforderung ableiten. Nichts anderes gilt für die Verurteilung vom 31. Januar 2008. Auch mit ihr war keine Entscheidung darüber getroffen, ob und ggf. in welchem Umfang die Beklagte zukünftig von ihrem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen konnte (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - aaO; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 10).

46

dd) Zwar läge keine genügende Arbeitsaufforderung vor, wenn der Beklagten grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Auch käme ggf. ein Weigerungsrecht des Klägers unmittelbar aus oder analog § 275 Abs. 3 BGB in Betracht, wenn er aufgrund äußerer Umstände berechtigten Anlass gehabt hätte, eine generelle Annahmeunwilligkeit der Beklagten zu vermuten. Für beides fehlt es auf der Basis der bisherigen Feststellungen aber an Anhaltspunkten.

47

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in diese Richtung ausgeführt, dem Vorbringen der Beklagten „aus Gerichtsverfahren“ sei zu entnehmen, dass sie den Kläger nach Arbeitsantritt erneut nur als Leiter des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung habe beschäftigen wollen, den dieses nach der Änderung des Tätigkeitsbereichs seit dem 26. April 2006 gehabt habe. Die Würdigung verletzt, wie die Beklagte mit Recht rügt, § 286 ZPO. Sie lässt nicht erkennen, auf welchen tatsächlichen Grundlagen sie beruht. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, ob das Landesarbeitsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlungen gewürdigt hat, insbesondere ob es sich mit dem Vortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 28. April 2015 auseinandergesetzt hat, die Tätigkeit, die sie dem Kläger nach seinem Erscheinen in der Hauptverwaltung habe zuweisen wollen, habe der ihr durch das Urteil vom 31. Januar 2008 auferlegten Beschäftigungspflicht entsprochen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Beklagte habe dem Sachgebiet BW.3 das Vergaberecht entzogen bzw. es bei dem Entzug belassen wollen, widerspricht dies nicht deren Rechtsauffassung. Das Gebiet zählt nicht zu den im Tenor des Urteils vom 31. Januar 2008 einzeln aufgeführten Arbeitsaufgaben.

48

(2) Aber auch wenn die von der Beklagten in den Blick genommene Beschäftigung nicht den Vorgaben der Verurteilung vom 31. Januar 2008 entsprochen hätte, folgte daraus nicht, dass ihr grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, auf etwaige Einwände des Klägers einzugehen und ihm erforderlichenfalls andere Aufgaben zuzuweisen.

49

II. Der Kündigungsschutzantrag ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist. Die Entscheidung darüber stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO).

50

1. Die bisherigen Feststellungen bieten - wie gezeigt - keinen genügenden Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Das Vorbringen der Parteien aus den Vorinstanzen liefert dafür keine zusätzlichen Anhaltspunkte. Der Kläger hat lediglich gemeint, die Beklagte habe schon bei früherer Arbeitsaufforderung vom 26. Januar 2010 nicht klargestellt, auf welcher Grundlage sie ihn beschäftigen werde. Dies reicht ebenso wenig aus wie sein Hinweis, die Beklagte habe bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs für das Jahr 2013 seine Urlaubswünsche nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat dies mit dem „Verbrauch“ des Urlaubs durch eine im Lauf der Vorprozesse erfolgte vorsorgliche Urlaubsgewährung begründet. Damit hat sie lediglich in einer umstrittenen Rechtsfrage einen für sie günstigen Standpunkt eingenommen. Da der Kläger auf die mehrfachen Ladungen zum Arbeitsantritt trotz Abmahnung nicht reagiert hat, ist - vorbehaltlich eines ihm aus anderen Gründen zustehenden Rechts, seine Arbeitskraft zurückzuhalten - zumindest von einer beharrlichen, die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten auszugehen.

51

2. Nach dem bisher festgestellten Streitverhältnis spricht wenig dafür, die Weigerung des Klägers in Ausübung des von ihm ausgeübten Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) als gerechtfertigt anzusehen (zum Ausschluss einer Arbeitsverweigerung bei berechtigter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff. mwN).

52

a) Nach dieser Vorschrift darf der Schuldner, der aus dem gleichen Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat - sofern sich aus dem Schuldverhältnis nichts anderes ergibt -, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Dem Arbeitnehmer kann ein Recht zustehen, die Arbeitsleistung zurückzuhalten, wenn der Arbeitgeber seine aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt. So liegt es beispielsweise, wenn der Arbeitgeber oder einer seiner Repräsentanten (§ 278 BGB) die Gesundheit des Arbeitnehmers oder dessen Persönlichkeitsrecht in erheblicher Weise verletzt und mit weiteren Verletzungen zu rechnen ist. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer unter Angabe des Grundes dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, er werde dieses Recht mit Blick auf eine ganz bestimmte, konkrete Gegenforderung wahrnehmen. Nur so wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen und ggf. zu erfüllen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 3. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff.).

53

b) Danach ist, soweit der Kläger geltend gemacht hat, ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm wegen behaupteter Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts zu, schon fraglich, ob er die Beeinträchtigungen durch die pauschale Bezugnahme auf Ausführungen in einem früheren Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hinreichend spezifiziert hatte (zu diesem Erfordernis vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51). Im Ergebnis dürfte es hierauf nicht ankommen. Soweit der Kläger in Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts die Abgabe einer „betriebsöffentlichen“ Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines unmittelbaren Vorgesetzten verlangt hat, „… da[ss] [er] sich gegenüber der [Beklagten] auch sonst kein kündigungsrelevantes Verhalten ha[be] zu schulden kommen lassen“, ist nicht erkennbar, worauf sich das Verlangen stützt, insbesondere soweit es neben die Erklärung treten sollte, dass alle gegenüber dem Kläger erhobenen Kündigungsvorwürfe unbegründet gewesen seien. Im Übrigen liegt nicht in jeder unberechtigten Kritik, überzogenen Abmahnung und/oder unwirksamen Kündigung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - aaO). Es hätte deshalb einer näheren, auf die einzelnen Vorwürfe bezogenen Darstellung bedurft, warum die maßgebende Schwelle im Streitfall überschritten sein soll. Die Unterbreitung eines Angebots auf Durchführung eines innerbetrieblichen Mediations- oder Supervisionsverfahrens konnte der Kläger schon deshalb nicht in Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durchsetzen, weil die Beklagte Mitglieder des Personalrats in ihrer Funktion als Amtsträger grundsätzlich nicht zur Teilnahme an solchen Verfahren verpflichten kann. Dass die von ihm erbetenen Offerten auf Freiwilligkeit ausgelegt sein sollten, ist dem Schreiben vom 29. Juli 2013 nicht ohne Weiteres zu entnehmen.

54

c) Ein Arbeitnehmer kann das Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung zwar auch dann ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und der Arbeitgeber diesen nicht erfüllt (vgl. BAG 25. Oktober 1984 - 2 AZR 417/83 - zu II 3 der Gründe). Der Kläger hat aber nicht aufgezeigt, dass ihm nach der Anfang August 2013 bewirkten Zahlung von Verzugszinsen noch eine fällige Gehaltsforderung einschließlich etwaiger Nebenforderungen zugestanden habe. Soweit er sich im Schreiben vom 29. Juli 2013 darauf bezogen hat, ihm zugeflossene Nettobeträge seien zu gering, fehlt es an einer nachvollziehbaren Berechnung des Anspruchs. Ansprüche des Klägers auf Höhergruppierung haben die Vorinstanzen - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Damit steht - soweit ersichtlich - fest, dass dem Kläger auch aus einem solchen Grund keine weiter gehenden Zahlungsansprüche zugestanden haben.

55

3. Auch wenn es auf der Basis der bisherigen Feststellungen eher fernliegen dürfte anzunehmen, der Kläger habe wirksam von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht, muss die abschließende Beurteilung, die auch auf tatsächlichem Gebiet liegt, dem Landesarbeitsgericht vorbehalten bleiben.

56

4. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt ausgehend konsequent - keine umfassende Interessenabwägung vorgenommen und damit die Prüfung unterlassen, ob das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsschutzinteresse des Klägers überwiegt (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 35, BAGE 150, 109; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 28). Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Dabei wird insbesondere auf einen möglichen Rechtsirrtum des Klägers über ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht Bedacht zu nehmen sein. Ein solcher Irrtum wäre, auch wenn er für den Kläger auflösbar und vermeidbar gewesen sein mag, für die Interessenabwägung nicht von vornherein bedeutungslos (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 40; 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 44). Im Streitfall könnte er sich jedenfalls dann zugunsten des Klägers auswirken, wenn rechtswidrige Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht objektiv vorgelegen haben sollten, was nach seinem - bestrittenen - Vorbringen nicht ausgeschlossen erscheint. Auch dann bliebe es zwar bei der unwirksamen Ausübung des Rechts und hätte der Kläger aufgrund der nachdrücklichen Abmahnungen der Beklagten hinreichenden Anlass gehabt, seine Rechtsausübung auf Angemessenheit zu überprüfen. Gleichwohl erschiene die Pflichtverletzung in einem milderen Licht, was bei der Interessenabwägung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen wäre.

57

5. Die fristlose Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Erklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt wäre. Die Beklagte hat die Kündigung damit begründet, der Kläger sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, ihren Ladungen zu folgen und seine Arbeitsleistung zu erbringen. Damit hat sie einen Dauertatbestand geltend gemacht, der sich bis zum Kündigungszeitpunkt fortlaufend neu verwirklichte (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 45).

58

6. Auf andere Unwirksamkeitsgründe hat sich der Kläger nicht berufen.

59

III. Der Zurückverweisung unterliegen auch die weiteren, in die Revision gelangten Streitgegenstände.

60

1. Über die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung ist nur zu entscheiden, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Sollte der Antrag dem Landesarbeitsgericht erneut zur Entscheidung anfallen, wird es zunächst weiterhin davon ausgehen können, dass sich der Kündigungsschutzantrag trotz verkürzter Formulierung auf beide am 27. September 2013 erklärte Kündigungen bezieht. Darüber hinaus wird es zu berücksichtigen haben, dass seine Würdigung, die Kündigung sei mangels kündigungsrelevanter Pflichtverletzung sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KSchG, auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht tragfähig ist.

61

2. Die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub sind - jedenfalls seit ihrer Verbindung mit dem Kündigungsschutzantrag - als uneigentliche Hilfsanträge zu diesem zu verstehen. Die Entscheidung über sie hängt davon ab, dass sich keine der beiden Kündigungen als wirksam erweist. Im Alternativverhältnis dazu steht - was den Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 betrifft - der „echte“ Hilfsantrag auf Entschädigung in Geld, der erkennbar für den Fall gestellt ist, dass auch nur eine der beiden Kündigungen Bestand hat und damit die Gewährung des Ersatzurlaubs wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Betracht kommt.

62

3. Sollten ihm die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub erneut zur Entscheidung anfallen, wird das Landesarbeitsgericht - auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens - im Ergebnis weiter davon ausgehen können, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von je 32 Arbeitstagen Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 hat. Sollte es auf den Entschädigungsanspruch ankommen, wird es ergänzende Feststellungen insbesondere zur Anspruchshöhe zu treffen haben. Von dahin gehenden Hinweisen sieht der Senat ab.

63

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Feststellungsanträge mit Recht für zulässig erachtet. Ein Vorrang der Leistungsklage besteht nicht (BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 747/14 - Rn. 9).

64

b) Anspruchsgrundlage sind § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (BAG 19. Januar 2016 - 9 AZR 507/14 - Rn. 21; 3. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - Rn. 10 mwN).

65

c) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zunächst zutreffend angenommen, der Urlaubsanspruch des Klägers sei in den Jahren 2008 bis 2010 im Umfang von je 32 (Arbeits-)Tagen entstanden und nicht durch Erfüllung erloschen.

66

aa) Zwischen den Parteien bestand im fraglichen Zeitraum und darüber hinaus bis jedenfalls zum 27. September 2013 ein Arbeitsverhältnis. Gemäß § 21 TKT (idF des ÄnderungsTV vom 12. September 2006) hatte der Kläger Anspruch auf 32 Arbeitstage Urlaub jährlich. Der Anspruch wird durch eine mit Wirkung zum 1. Januar 2012 erfolgte Neufassung der Vorschrift nicht berührt. Der tarifliche Jahresurlaub schließt den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) ein.

67

bb) Nach den bisherigen Feststellungen stellte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. November 2008 unwiderruflich unter Anrechnung auf den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2008 von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 18. August 2009 gab sie für das Jahr 2009 und mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 sowie 23. Februar 2010 für das Jahr 2010 entsprechende Erklärungen ab. Mit diesen Freistellungen, die jeweils im Verlauf schwebender Kündigungsschutzverfahren erfolgten, hat sie die betreffenden Urlaubsansprüche des Klägers nicht erfüllt.

68

(1) Zwar kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14 f. mwN). Eine wirksame Urlaubsgewährung liegt darin nach jüngerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 18, BAGE 150, 355).

69

(2) Die Beklagte behauptet selbst nicht, sie habe entsprechende Zahlungen oder Zusagen vorgenommen. Sie meint nur, der Rechtssatz aus der Entscheidung vom 10. Februar 2015 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Das trifft nicht zu.

70

(a) Wie der Neunte Senat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat, ist der Urlaubsanspruch nicht allein auf die Freistellung von der Arbeitsleistung gerichtet. Nach § 1 BUrlG hat vielmehr jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Vorschrift entspricht der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genügt es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt wird. Der Arbeitnehmer ist in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht weiß, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird (im Einzelnen dazu BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 21 bis 23, BAGE 150, 355).

71

(b) Die Ausführungen beziehen sich nicht nur auf den der Entscheidung vom 10. Februar 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt einer nach fristloser Kündigung des Arbeitgebers erfolgten Freistellung des Arbeitnehmers für die Dauer der Kündigungsfrist einer zugleich erklärten ordentlichen Kündigung. Sie beanspruchen darüber hinaus Geltung.

72

(c) Soweit die Beklagte auf ihre objektive Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts verweist, übersieht sie, dass es hierauf nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Arbeitnehmer losgelöst vom Streit über die Wirksamkeit der Kündigung seiner Urlaubsvergütung sicher sein kann. Das Argument der Beklagten, die Höhe des Bruttomonatseinkommens des Klägers stehe den angestellten Zumutbarkeitserwägungen entgegen, verfängt ebenso wenig. Es versteht sich von selbst, dass sich ein Arbeitnehmer bei der Urlaubsgestaltung an der Höhe seiner Urlaubsvergütung orientiert und orientieren darf.

73

(3) Dem Kläger ist es nicht unter dem Gesichtspunkt missbräuchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Urlaubsgewährungen zu berufen (zu den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 53, BAGE 141, 1; BGH 15. November 2012 - IX ZR 103/11 - Rn. 12). Zwar kann bspw. der Arbeitnehmer, wenn er mit der zeitlichen Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber nicht einverstanden ist, gehalten sein, dem Arbeitgeber die Annahmeverweigerung unverzüglich mitzuteilen, und das Unterlassen einer solchen Mitteilung kann rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BAG 6. September 2006 - 5 AZR 703/05 - Rn. 19, BAGE 119, 232). Dies bedeutet aber nicht, dass Rechtsmissbrauch auch dann in Betracht käme, wenn die Freistellungserklärung - wie hier - von vornherein nicht geeignet war, den Anspruch zu erfüllen.

74

cc) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob der Kläger den Urlaub rechtzeitig verlangt hat. Es hat gemeint, eines solchen Verlangens habe es nicht bedurft, weil die Beklagte die Ansprüche als solche mit den Freistellungen bestätigt habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hatte Urlaub zum Zwecke der Erfüllung des Anspruchs vorsorglich erteilt. Daraus konnte der Kläger grundsätzlich nicht schließen, sie stelle die Ansprüche unabhängig von der Eignung ihrer Erklärung streitlos, der angestrebten Kumulation von Urlaubsansprüchen vorzubeugen, oder sie verzichte für den Fall, dass der Kläger die Ansprüche nicht als erfüllt ansehe, auf deren Geltendmachung. Im Ergebnis dürfte es hierauf aber nicht ankommen.

75

(1) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hatte der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 um Gewährung des ihm für das Jahr 2008 zustehenden Urlaubs gebeten. Betreffend den Urlaub für die beiden Folgejahre hat er - soweit ersichtlich unbestritten - vorgetragen, er habe die Beklagte mit Einschreiben vom 25. November 2009 und vom 22. November 2010 jeweils zur Urlaubsgewährung aufgefordert.

76

(2) Die Verlangen waren rechtzeitig. Die in den Jahren 2008, 2009 und 2010 entstandenen Urlaubsansprüche, die auch während der laufenden Kündigungsschutzprozesse grundsätzlich erfüllt werden konnten, waren nicht am 31. Dezember des jeweiligen Jahres untergegangen, sondern konnten gemäß § 23 Abs. 1 TKT ohne Bindung an weitere Voraussetzungen noch bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres gewährt und genommen werden. Nach dieser Bestimmung „verfällt“ Urlaub, „der nicht spätestens drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres genommen wird, ohne Anspruch auf Geldentschädigung; es sei denn, dass er erfolglos schriftlich geltend gemacht worden ist“. Die Regelung erweitert - unter Berücksichtigung der Festlegung in § 20 Abs. 1 Satz 2 TKT, nach der Urlaubsjahr das Kalenderjahr ist - gegenüber § 7 Abs. 3 BUrlG den Zeitraum, in dem der Urlaub aus einem bestimmten Kalenderjahr gewährt und genommen werden kann, auf das erste Quartal des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres. Sie bestimmt die Voraussetzungen des Verfalls des Urlaubs, auch soweit er den gesetzlichen Mindesturlaub einschließt, erkennbar abschließend.

77

dd) Einer Mahnung bedurfte es, ausgehend von den Behauptungen zur Geltendmachung der Urlaubsansprüche, nicht. Die Beklagte hatte dem Kläger lediglich „vorsorglich“ Urlaub erteilt, ohne vorab das Entgelt zu zahlen oder vorbehaltlos zuzusagen. Auf dessen - soweit ersichtlich - zeitlich nachfolgende Urlaubsverlangen hat sie nicht mehr reagiert. Unter diesen Umständen durfte der Kläger annehmen, die Beklagte gehe davon aus, alles zur Erfüllung der Ansprüche Erforderliche getan zu haben, und musste sich eine Mahnung als bloße Förmelei erweisen (BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11 - Rn. 14).

78

ee) Der daraus erwachsene Schadensersatzanspruch unterliegt keiner gesetzlichen Befristung. Der Ersatzurlaub brauchte deshalb nicht erneut geltend gemacht zu werden. Ob der Ersatzurlaub der einstufigen tariflichen Ausschlussfrist des § 40 Abs. 1 TKT unterliegt, bedarf keiner Entscheidung. Sie wäre jedenfalls durch die Aufforderungen des Klägers zur Urlaubsgewährung auch hinsichtlich des Ersatzurlaubs gewahrt (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12; 15. November 2005 - 9 AZR 633/04 - Rn. 41).

79

ff) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Der Ersatzurlaubsanspruch unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 37). Seinen frühestens am 31. März 2009 entstandenen Schadensersatzanspruch auf Ersatzurlaubsgewährung für Urlaub aus dem Jahr 2008 hat der Kläger durch Klageerweiterung im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 gerichtlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Schluss des Jahres 2009 begonnene Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 BGB)noch nicht abgelaufen. Der Eintritt der Verjährung der frühestens am 31. März 2010 bzw. 31. März 2011 entstandenen Schadensersatzansprüche auf Gewährung von Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2009 bzw. 2010 wurde durch Feststellungsklage vom 23. Dezember 2013, die der Beklagten am 8. Januar 2014 „demnächst“ (§ 167 ZPO) zugestellt worden ist, gehemmt.

80

4. Die Sache ist auch hinsichtlich der Widerklage nicht zur Endentscheidung reif.

81

a) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob der Kläger verpflichtet war, den Ladungen der Beklagten zum Arbeitsantritt zu folgen. Bejahendenfalls wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob und ggf. ab wann der Kläger leistungsunwillig war und sich selbst außerstande gesetzt hat, die Arbeitsleistung zu bewirken mit der Folge, dass ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für die Zukunft entfiel.

82

b) Für die Tage nach Zugang der fristlosen Kündigung beim Kläger hängt die Entscheidung über die Widerklage unmittelbar vom Ausgang des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung ab.

83

5. Soweit sich die Aufhebung und Zurückverweisung auf den Ausspruch in Ziff. 1 des Tenors des Urteils des Landesarbeitsgerichts bezieht, war zur Klarstellung das Datum des (teilweise) abgeänderten Urteils des Arbeitsgerichts (- 3 Ca 143/12 -) auf den 13. Juni 2012 zu berichtigen (vgl. dazu auch auf Seite 8, 3. Absatz des Berufungsurteils).

84

D. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    A. Claes    

                 

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Februar 2010 - 8 Sa 1395/09 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13. Mai 2009 - 6 Ca 2276/07 - stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsansprüche für die Zeit vom 11. August bis zum 31. Dezember 2007.

2

Der Kläger war seit 1996 als Verpackungsentwickler bei der Beklagten zu einer Monatsvergütung von zuletzt 5.200,00 Euro brutto beschäftigt. Dem Kläger war ein Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen.

3

Mit Schreiben vom 15. Mai 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2006 wegen der Alkoholerkrankung des Klägers. Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 5. Juni 2007 die Unwirksamkeit der Kündigung fest und verurteilte die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers als Verpackungsentwickler zu unveränderten Bedingungen.

4

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 die Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungstitel beantragt hatte, teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr H,

        

das Arbeitsgericht Bielefeld hat mit Urteil vom 5.6.2007 festgestellt, dass die von uns ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Gleichzeitig wurden wir verurteilt, Sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.

        

Sie haben inzwischen durch ihren Anwalt Vollstreckungsmaßnahmen angedroht.

        

Ausschließlich zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung sind wir bereit, Sie urteilsgemäß tatsächlich weiterzubeschäftigen. Die Weiterbeschäftigung erfolgt nur bis zum Tage der Entscheidung des LAG, da wir davon ausgehen, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld aufgehoben wird.

        

Die Vergütung erfolgt ausschließlich nach den arbeitsrechtlichen Regeln der erzwungenen Weiterbeschäftigung.

        

Wir fordern Sie hiermit auf, am 07.08.2007 um 10:00 Uhr bei Herrn Dr. S zu erscheinen. Er wird ihnen dann Ihren Arbeitsplatz zuweisen.“

5

Daraufhin erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 6. August 2007 den Zwangsgeldantrag für erledigt. Mit Faxschreiben vom 7. August 2007 teilte er der Beklagten mit, er werde an diesem Tag nicht um 10:00 Uhr erscheinen, um sich seinen Arbeitsplatz zuweisen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 20. August 2007 ließ er vortragen, er sei zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses arbeitswillig, aber - unstreitig - vom 2. bis zum 10. August 2007 arbeitsunfähig krank gewesen. Die Arbeit nahm er nicht auf.

6

Mit Schreiben vom 28. August 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich krankheitsbedingt zum 31. Dezember 2007. Hiergegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage.

7

Das Landesarbeitsgericht wies durch Urteil vom 29. Januar 2008 die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags betreffend die Kündigung vom 15. Mai 2006 zurück und gab ihr hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags statt.

8

Das Arbeitsgericht stellte mit Teilurteil vom 21. Mai 2008 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 28. August 2007 fest und verurteilte die Beklagte erneut zur vorläufigen Weiterbeschäftigung und zur Zahlung restlicher Vergütung. Am Ende des Kammertermins vor dem Arbeitsgericht am 21. Mai 2008 forderte die Beklagte den Kläger zur Weiterarbeit auf. Daraufhin berief sich der Kläger erstmals auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen rückständiger Vergütung. Die Beklagte legte nur hinsichtlich der Zahlungsansprüche Berufung ein. Der Kläger nahm die Arbeit wiederum nicht auf und kündigte selbst das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2010.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich im Annahmeverzug befunden. Die Wiederaufnahme der Arbeit sei nicht zumutbar gewesen.

10

Der Kläger hat - soweit in der Revision von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.327,22 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds iHv. 9.909,58 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und Leistungsunwilligkeit des Klägers eingewandt. Im Übrigen habe er durch die Nichtaufnahme der Arbeit böswillig seine Erwerbsobliegenheit verletzt.

12

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage für den noch streitigen Zeitraum abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung des Klägers.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger für die Zeit vom 11. August bis zum 31. Dezember 2007 keine Zahlungen beanspruchen kann.

14

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung gemäß § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich nicht im Annahmeverzug, denn der Kläger war in der streitbefangenen Zeit nicht leistungswillig, § 297 BGB.

15

1. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Der subjektive Leistungswille ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen muss (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 591/02 - zu B I der Gründe, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 5; 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6).

16

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 297 BGB nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Arbeitnehmer bereits vor einer Kündigung leistungsunwillig war. Die Nichtaufnahme einer vom Arbeitgeber angebotenen Beschäftigung kann nicht nur zur Anrechnung böswillig nicht erzielten Verdienstes gemäß § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 1 und Nr. 2 KSchG führen. Vielmehr kann sie den Annahmeverzug des Arbeitgebers gänzlich entfallen lassen (BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - BAGE 115, 216; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 42; ErfK/Preis 11. Aufl. § 615 BGB Rn. 47; aA Boemke JuS 2006, 287, 288; KR/Spilger 9. Aufl. § 11 KSchG Rn. 24). Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Eingrenzung lässt sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 297 BGB entnehmen. § 297 BGB bestimmt schlicht, dass der Gläubiger dann nicht in Verzug kommt, wenn der Schuldner außerstande ist (oder sich außerstande gesetzt hat), die Leistung zu bewirken. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Kündigung seitens des Gläubigers ausgesprochen worden ist oder nicht. § 297 BGB lässt den Annahmeverzug im Fall der Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers entfallen und ist auch in diesem Anwendungsbereich nicht auf die Leistungsunfähigkeit vor einer Kündigung beschränkt. Der Rückschluss auf einen fehlenden Leistungswillen anlässlich der Nichtaufnahme einer vom Arbeitgeber angebotenen Arbeit lässt den Anwendungsbereich der § 615 Satz 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG nicht entfallen. Er ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer ein Angebot des Arbeitgebers ablehnt, das trotz Aufrechterhaltung der Kündigung auf eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen gerichtet und dessen Annahme auch sonst zumutbar ist. Bei einer reinen Anrechnung bleibt es hingegen, wenn entweder das böswillige Unterlassen eines Zwischenerwerbs bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger in Rede steht oder die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet (BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 108, 27; 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 - BAGE 111, 123) und dieser eine zwar nicht vertragsgemäße, jedoch gleichwohl zumutbare Beschäftigung (vgl. BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 422/06 - Rn. 16, BAGE 121, 133) angeboten hat.

17

3. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außerstande oder subjektiv nicht zur Leistung bereit ist. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(zum fehlenden Leistungswillen, BAG 6. November 1986 - 2 AZR 744/85 - zu II 3 a der Gründe, RzK I 13b Nr. 4; zum Unvermögen, 23. Januar 2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 13, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 22; 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht zur Beweislastumkehr, sondern zur Modifizierung der Darlegungslast. Wendet der Arbeitgeber fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. In Betracht kommt insbesondere die Nichtaufnahme der Arbeit nach erfolgreichem Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen oder sind sie unstreitig, ist es Sache des Arbeitnehmers, diese Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er dazu nichts vor, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunwillig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden(vgl. BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - aaO).

18

4. Das Landesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob der Kläger im Klagezeitraum leistungswillig war. Doch belegen bereits die unstreitigen Tatsachen, dass der Leistungswille des Klägers fehlte.

19

a) Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 5. Juni 2007 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 15. Mai 2006 festgestellt und auf Antrag des Klägers die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers als Verpackungsentwickler zu unveränderten Bedingungen verurteilt. Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Juli 2007 die Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungstitel beantragt hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 2. August 2007 ihre Bereitschaft, den Kläger „urteilsgemäß“ zu beschäftigen, und forderte ihn zur Arbeitsaufnahme auf. Mit Faxschreiben vom 7. August 2007 teilte der Kläger der Beklagten jedoch ohne nähere Begründung mit, er werde an diesem Tag nicht erscheinen, um sich seinen Arbeitsplatz zuweisen zu lassen.

20

Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, beinhaltete das Angebot der Beklagten eine tatsächliche Weiterbeschäftigung als Verpackungsentwickler bei unveränderten Bedingungen. Dieses Angebot war dem Kläger schon deshalb zumutbar, weil er durch die Erwirkung des Titels sowie die eingeleitete Zwangsvollstreckung selbst die Zumutbarkeit einer „urteilsgemäßen“ Weiterbeschäftigung zu erkennen gegeben hatte. Angesichts der eingeleiteten Zwangsvollstreckung aus dem erstrittenen Weiterbeschäftigungstitel hätte der Kläger konkret begründen müssen, warum ihm die Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar war (vgl. BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu II 3 b cc der Gründe, BAGE 108, 27). An der Bereitschaft der Beklagten zur urteilsgemäßen Beschäftigung hatte - seinerzeit - offenbar auch der Kläger keine Zweifel. Ansonsten hätte er nicht erklärt, dass sich der Zwangsgeldantrag durch das Schreiben der Beklagten vom 2. August 2007 „erledigt“ habe und der zunächst zulässige und begründete Vollstreckungsantrag unbegründet geworden sei, weil die Beklagte begonnen habe, das Weiterbeschäftigungsurteil „zu achten“. Der Kläger ist dem Angebot nicht nachgekommen.

21

b) Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die die Indizwirkung der genannten Tatsachen erschüttern.

22

aa) Der Kläger war zwar am 7. August 2007 arbeitsunfähig. Jedoch hat er diesen vorübergehenden Hinderungsgrund zunächst gar nicht benannt und auch mit Schriftsatz vom 20. August 2007 nur erklären lassen, dass er zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses arbeitswillig, vom 2. bis zum 10. August 2007 arbeitsunfähig gewesen sei. Anstalten zu einer Arbeitsaufnahme hat er trotz zwischenzeitlicher Genesung weiterhin nicht gemacht, obwohl das Angebot der Beklagten zeitlich unbefristet war.

23

bb) Der Leistungswille ist nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingetreten. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, welche den Schluss zuließen, dass er nach Ablehnung des Weiterbeschäftigungsangebots seinen Leistungswillen zu einem späteren Zeitpunkt vor Ablauf des 31. Dezember 2007 wiederhergestellt habe (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - BAGE 115, 216). Es ist nicht erkennbar, dass die im Laufe des Rechtsstreits zur Unzumutbarkeit der Tätigkeit nachgeschobenen Gründe im Zusammenhang mit seinem Leistungswillen im Klagezeitraum standen.

24

(1) Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er die angebotene Beschäftigung wegen der Einstellung eines weiteren Verpackungsentwicklers nicht aufgenommen habe. Der Kläger hat weder dargelegt, wann er von der „Doppelbesetzung“ Kenntnis erlangte, noch dass er im Klagezeitraum überhaupt von seiner Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG ausgehen musste und die Weiterbeschäftigung ohne Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG für unzumutbar erachtet hatte. Zwar handelt der Arbeitnehmer nicht böswillig iSv. § 11 Nr. 2 KSchG, wenn er einer ohne Beteiligung des Betriebsrats ausgesprochenen Versetzung keine Folge leistet(vgl. BAG 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 2 c cc der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1). Jedoch hat der Kläger diesen angeblichen Unzumutbarkeitsgrund erst im Verlauf des Rechtsstreits über die Annahmeverzugsvergütung nachgeschoben. Von einer fehlenden Zustimmung des Betriebsrats zu einer geplanten Versetzung ist in keinem bis zum 31. Dezember 2007 eingereichten Schriftsatz des Klägers die Rede. Hätte der Kläger damals angenommen, dass seiner Weiterbeschäftigung irgendwelche Hinderungsgründe „aus der Sphäre der Beklagten“ entgegenstünden, wäre auch kein Raum für eine Erledigungserklärung gewesen. Zudem konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass er überhaupt versetzt oder vertragswidrig habe beschäftigt werden sollen.

25

(2) Der Ausspruch der Folgekündigung vom 28. August 2007 belegt keine Wiederherstellung des Leistungswillens des Klägers. Im Übrigen galt das Angebot der Beklagten trotz des Ausspruchs der Folgekündigung für den Streitzeitraum, dh. bis zum 31. Dezember 2007, fort. Der Leistungswille des Klägers wurde auch nicht durch die Kündigungsschutzklage ersetzt. Ohne den ernstlichen Willen des Arbeitnehmers, die angebotene Leistung zu erbringen, sind tatsächliche und wörtliche Angebote unbeachtlich (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6).

26

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung für die entgangene private Nutzung eines Dienstfahrzeugs. Ohne Vergütungsanspruch bestand auch kein Anspruch auf Überlassung des Dienstfahrzeugs zur privaten Nutzung (vgl. BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b der Gründe, BAGE 96, 34; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 631/09 - Rn. 14, NZA 2011, 569).

27

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2015 - 1 Sa 35/12 - im Kostenausspruch, in Ziff. 2 und Ziff. 4 des Tenors jeweils insgesamt und in Ziff. 1 des Tenors insoweit aufgehoben, wie es das Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 (- 1 Sa 35/12 -) teilweise aufgehoben, das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2012 (- 3 Ca 143/12 -) teilweise abgeändert und festgestellt hat, dass dem Kläger 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für den Urlaub aus dem Jahr 2008 zustehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer vorsorglichen ordentlichen Kündigung, über Ersatzurlaubsansprüche für verfallenen Urlaub bzw. Entschädigung in Geld und - im Wege der Widerklage - über einen Rückzahlungsanspruch wegen Gehaltsüberzahlung.

2

Der Kläger ist Fachwirt der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Seit dem 1. August 2000 war er bei der Beklagten, einer Ersatzkasse, in deren Hauptverwaltung als Sachgebietsleiter beschäftigt. Zuletzt wurde er im Bereich kaufmännisches Immobilienmanagement eingesetzt. In der Hauptverwaltung, für die ein Personalrat gewählt ist, beschäftigte die Beklagte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die von der Beklagten abgeschlossenen Haustarifverträge, ua. der Manteltarifvertrag der Techniker Krankenkasse (TKT), in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die Beklagte vergütete den Kläger zuletzt nach der Vergütungsgruppe 9 Stufe 11 TKT.

4

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien vor den streitgegenständlichen Kündigungen - beginnend ab Juni 2006 - mehrere Male, zuletzt am 14. Juli 2010 fristlos. Infolge dieser Kündigungen, gegen die er jeweils Kündigungsschutzklage erhob, erbrachte der Kläger letztmalig am 19. November 2007 Arbeitsleistungen für die Beklagte. Diese stellte den Kläger durch mehrere Schreiben unter Anrechnung auf tariflichen Jahresurlaub - ua. der Jahre 2008, 2009 und 2010 - von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Im April 2013 entschied das Landesarbeitsgericht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 14. Juli 2010 nicht aufgelöst worden ist. Das Urteil wurde am 15. Juli 2013 rechtskräftig.

5

In einem parallel geführten Rechtsstreit hat sich der Kläger gegen eine zum 26. April 2006 erfolgte Änderung seines Tätigkeitsbereichs gewandt. Am 31. Januar 2008 hat das Landesarbeitsgericht - unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils - die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sachgebietsleiter BW.3 (Kaufmännisches Immobilienmanagement) neben den Tätigkeiten der Dokumentation des Verwaltungshandelns und der Erstellung und Prüfung von Betriebskostenabrechnungen mit Tätigkeiten der Anmietung von Dienststellenflächen, der Vermietung von eigenen Immobilien der Beklagten, der Durchführung von Mietzahlungen, der Überwachung der zufließenden Mieteinnahmen sowie der Durchführung des in Bezug auf die Betriebskostenabrechnungen und Mietzahlungen aus den Mietverhältnissen der Beklagten des außergerichtlichen Mahnwesens zu beschäftigen. Der Rechtsstreit ist - nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten - in die Revision gelangt. Das Verfahren ist ausgesetzt.

6

Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 forderte die Beklagte den Kläger auf, sich am 24. Juli 2013, 10:00 Uhr, in der Hauptverwaltung zum Arbeitsantritt einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden.

7

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 bat der Kläger, die Beklagte möge ausstehende Annahmeverzugsvergütung abrechnen und die sich hieraus ergebenden Nettobeträge an ihn auszahlen. Er erklärte, er mache bis zur Erledigung von seinem Zurückbehaltungsrecht „an seiner Arbeitskraft“ Gebrauch. Außerdem verwies er auf einen früheren Antrag, ihm für die Zeit vom 18. Juli bis 4. September 2013 Urlaub zu gewähren.

8

Die Beklagte kündigte baldige Zahlung an. Hinsichtlich des Urlaubs teilte sie mit, der Anspruch für das laufende Jahr sei durch eine vorsorgliche Freistellung in der Zeit vom 21. Januar 2013 bis einschließlich 8. März 2013 erfüllt. Auf ihre Anweisung wurde dem Konto des Klägers am 26. Juli 2013 ein Betrag in Höhe von 95.029,80 Euro netto gutgeschrieben.

9

Unter dem 29. Juli 2013 beanstandete der Kläger die Zahlung als zu gering. Schon auf der Basis der bisherigen Eingruppierung habe eine Nachzahlung von rund 120.000,00 Euro netto erfolgen müssen und bestehe noch eine Differenz von „ca. EUR 25.000,00 netto“. Im Übrigen stünden Verzugszinsen offen, sei eine nachvollziehbare Abrechnung nicht erfolgt und habe er seit dem 1. Juli 2010 Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe 10 Stufe 11 TKT. Unabhängig davon sei er in der Vergangenheit erheblichen Anfeindungen und Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts ausgesetzt gewesen. Mit Blick hierauf erwarte er eine betriebsöffentliche, ihn rehabilitierende Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines bisherigen unmittelbaren Vorgesetzten. Außerdem sehe er einem Angebot zur Durchführung eines betriebsinternen Supervisions- oder Mediationsverfahrens unter Teilnahme mehrerer Personen, ua. eines Vertreters des Personalrats, entgegen. Dies sei erforderlich, um künftig eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit - auch mit ihm unterstellten Mitarbeitern - zu ermöglichen. Bis zur Bestätigung der Abgabe oder Durchführung der geforderten Erklärungen bzw. Maßnahmen mache er „zusätzlich zu dem Zurückbehaltungsrecht aufgrund der nicht erfüllten Gegenforderungen“ von einem Zurückbehaltungsrecht „an der Arbeitskraft“ Gebrauch.

10

Mit Schreiben vom 31. Juli 2013 erläuterte die Beklagte anhand beigefügter monatlicher Entgeltabrechnungen, sie habe für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis 31. Juli 2013 unter Berücksichtigung etwaiger Sonderzahlungen Bruttovergütung iHv. insgesamt 243.119,00 Euro berechnet. Bei der erfolgten Gutschrift handele es sich um den daraus ermittelten Nettobetrag. Außerdem gab sie Erklärungen zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und der Beträge zur Arbeitslosenversicherung ab. Weiter gehende Forderungen wies sie - bis auf Zinsforderungen - zurück. Am 1. August 2013 überwies sie dem Kläger zu deren Ausgleich einen Betrag von 18.623,33 Euro netto.

11

Der mit den vorgenannten Schreiben jeweils wiederholten Aufforderung der Beklagten, sich in der Hauptverwaltung einzufinden, leistete der Kläger keine Folge. Weitere Erklärungen gab er nicht ab. Mit Schreiben vom 7. und 27. August 2013 sowie vom 9. September 2013 mahnte die Beklagte ihn jeweils wegen „Nichterscheinens am Arbeitsplatz“ ab. Zugleich erneuerte sie jeweils - erfolglos - die Ladung zum Arbeitsantritt.

12

Mit Schreiben vom 27. September 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - mit Zustimmung des Personalrats - außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2014.

13

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, ein Kündigungsgrund liege nicht vor. Er sei zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet gewesen. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen. Im Übrigen habe er rechtmäßig von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht. Grundlage hierfür seien - neben offenen Gehaltsforderungen - erhebliche Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts gewesen, denen er seit dem Jahr 2006 ausgesetzt gewesen sei. So sei er einem regelrechten „Mobbing-Programm“ unterzogen worden, das im mittleren Management der Beklagten praktiziert worden sei. Zur Wiedergutmachung und zum Ausschluss künftiger Störungen habe er Anspruch auf die mit Schreiben vom 29. Juli 2013 verlangte betriebsöffentliche Stellungnahme gehabt. Um eine reibungslose und sachdienliche Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Beklagten zu ermöglichen, habe es zudem einer Supervision oder - nach Wahl der Beklagten - einer Mediation bedurft.

14

Daneben hat der Kläger - im Rahmen ursprünglich getrennt geführter Klagen und soweit noch von Interesse - Ansprüche wegen nicht erfüllter Urlaubsansprüche geltend gemacht. Mit Klage vom 29. Dezember 2011 hat er zunächst - im Hinblick auf die Kündigung vom 14. Juli 2010 - „Abgeltung“ für 34 Tage Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 verlangt. Im Berufungsrechtszug hat er sein Begehren um eine Feststellungsklage erweitert, mit der er „hilfsweise“ für den Fall des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses Ersatzurlaub im Umfang von zwei Tagen für das Jahr 2007 und von 32 Tagen für das Jahr 2008 geltend gemacht hat. Mit weiterer Klage vom 23. Dezember 2013 hat er die Feststellung von Ersatzurlaubsansprüchen für Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 im Umfang von je 32 Tagen begehrt; „hilfsweise“ für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 27. September 2013 hat er deren „Abgeltung“ verlangt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe mit den vorsorglichen Freistellungen im Rahmen der früheren Kündigungsschutzprozesse seine Urlaubsansprüche - mangels vorbehaltloser Zusage der Urlaubsvergütung - nicht erfüllt. Angesichts deren zwischenzeitlichen Verfalls sei sie verpflichtet, Schadensersatz zu leisten.

15

Der Kläger hat zuletzt, soweit von Interesse, beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.909,36 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2010 zu zahlen,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, festzustellen, dass ihm 34 Tage restlicher Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 zustehen;

        

3.    

festzustellen, dass ihm aus den Jahren 2009 und 2010 noch ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung iHv. 64 Arbeitstagen zusteht,

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 27. September 2013 endete, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. September 2013 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, sowie widerklagend,

        

den Kläger zu verurteilen, an sie 6.653,87 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen.

17

Die Beklagte hat die Kündigungen als wirksam verteidigt. Der Kläger habe spätestens seit dem 1. August 2013 die Arbeitsleistung grundlos und beharrlich verweigert. Bei pflichtgemäßer Meldung in der Hauptverwaltung wäre ihm die Leitung des Sachgebiets BW.3 im Wesentlichen „in dem Bestand“ aus dem Jahr 2006 übertragen worden. Ein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung habe er schon nicht wirksam ausgeübt. Den tariflichen Jahresurlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 habe sie bis zum Ablauf des jeweiligen Übertragungszeitraums vollständig erteilt. Im Übrigen habe der Kläger jeweils die Urlaubsgewährung verlangt. Es sei widersprüchlich, ihn nicht als erfüllt zu betrachten. Etwaige Ansprüche seien zudem verfallen, mindestens aber verjährt. Der mit der Widerklage verfolgte Anspruch beruhe auf einer Überzahlung. Der Kläger habe die an ihn - unstreitig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Gehaltszahlungen für die Monate August und September 2013 ohne Rechtsgrund erlangt.

18

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

19

Das Arbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil, das es nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers aufrechterhalten hat, die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die weiter gehenden Klageanträge hat es - soweit noch von Bedeutung - ebenfalls abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil vom 7. Februar 2013 die Berufung des Klägers im Umfang der geltend gemachten „Urlaubsabgeltung“ für Urlaub aus den Jahren 2007 und 2008 und der für diese Jahre „hilfsweise“ beantragten Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf 34 Tage Ersatzurlaub zurückgewiesen. Nach frist- und formgerecht eingelegtem Einspruch des Klägers und Verbindung der Rechtsstreitigkeiten der Parteien zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht, soweit noch von Interesse, (zu Nr. 4 des Tenors) der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Außerdem hat es (zu Nr. 1 und Nr. 2 des Tenors) - unter teilweiser Aufhebung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 und dessen Aufrechterhaltung im Übrigen - festgestellt, dass dem Kläger je 32 Tage bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung als Ersatz für Urlaub aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 zustehen.

20

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte hinsichtlich des Ersatzurlaubs für das Jahr 2008 die Wiederherstellung des zweitinstanzlichen Versäumnisurteils, im Übrigen die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidungen.

Entscheidungsgründe

21

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

22

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - neben dem Kündigungsschutzantrag, den Anträgen auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf je 32 Tage Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 und dem Widerklageantrag - der Antrag auf Entschädigung für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 (16.793,12 Euro brutto nebst Zinsen). Über den zuletzt genannten Antrag hat das Landesarbeitsgericht, ausgehend von dem zutreffenden Verständnis, es handele sich um einen „echten“, vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Hilfsantrag, nicht entschieden (zur Entbehrlichkeit eines Anschlussrechtsmittels in einem solchen Fall vgl. BAG 16. März 2010 - 3 AZR 594/09 - Rn. 75, BAGE 133, 289). Anders verhält es sich mit dem Antrag auf „Abgeltung“ von Urlaubsansprüchen für die Jahre 2007 und 2008 und dem Feststellungsantrag, soweit er sich auf zwei Ersatzurlaubstage für Urlaub aus dem Jahr 2007 bezieht. In diesem Umfang hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers unter Aufrechterhaltung seines Versäumnisurteils vom 7. Februar 2013 zurückgewiesen. Da der Kläger insoweit Anschlussrevision nicht eingelegt hat, fällt die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über diese Streitgegenstände dem Senat nicht zur Überprüfung an. Ob ihr ein zutreffendes Antragsverständnis zugrunde liegt, kann dahinstehen.

23

B. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Sie ist innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß begründet worden.

24

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Begründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die genaue Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG 2. Mai 2014 - 2 AZR 490/13 - Rn. 15; 13. November 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 11). Bei mehreren Streitgegenständen muss grundsätzlich für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Einer eigenständigen Begründung bedarf es allerdings dann nicht, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt. Mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand ist dann zugleich dargelegt, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 480/14 - Rn. 11; 21. November 2013 - 2 AZR 598/12 - Rn. 15 mwN, BAGE 146, 353).

25

II. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerecht. Zwar setzt sie sich nicht gesondert mit der Begründung der Entscheidung über die Widerklage auseinander, obwohl diese lediglich Zahlungen für die Zeit nach Zugang der Kündigung vom 27. September 2013 betrifft und damit unmittelbar vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängt. Das ist aber unschädlich. Das Landesarbeitsgericht hat die Widerklage mit der - knappen - Erwägung abgewiesen, im entscheidungserheblichen Zeitraum habe zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden, in dem die Beklagte zur Zahlung von Entgelt verpflichtet gewesen sei. Für den Rechtsgrund der Zahlung bezieht es sich erkennbar stillschweigend auf seine Entscheidung über die Kündigungsschutzklage. Dieser hat es mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den Kläger nicht in beachtlicher, ihren Annahmeverzug beendender Weise zur Arbeit aufgefordert mit der Folge, dass er nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Die Beklagte legt im Einzelnen dar, warum diese Rechtsauffassung fehlerhaft sei. Die Sachrügen sind, ihre Berechtigung unterstellt, geeignet, außer der Entscheidung über die Kündigungsschutzklage auch die Entscheidung über die Widerklage zu Fall zu bringen. Entsprechendes gilt für die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub. Über sie ist - bei sachgerechtem Verständnis - nur im Fall des vollständigen Obsiegens des Klägers mit dem Kündigungsschutzantrag zu entscheiden.

26

C. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag nicht stattgeben (I.). Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 27. September 2013 aufgelöst worden ist, steht nicht fest und kann vom Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst entschieden werden (II.). Über die ordentliche Kündigung und über die Ersatzurlaubsansprüche bzw. Ansprüche auf Geldentschädigung ist in Abhängigkeit vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits zu entscheiden. Auch hinsichtlich der Widerklage ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif (III.).

27

I. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, ein wichtiger Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben.

28

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 20; 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 27, 28).

29

2. Die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist ein in diesem Sinne „an sich“ die außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigender Grund (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 22; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 19 mwN). Als ein solcher kommt aber auch die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht (BAG 26. März 2015 - 2 AZR 517/14 - Rn. 23; 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19). Das betrifft sowohl auf die Hauptleistungspflicht bezogene Nebenleistungspflichten, die der Vorbereitung, der ordnungsgemäßen Durchführung und der Sicherung der Hauptleistung dienen und diese ergänzen (vgl. BGH 13. November 2012 - XI ZR 145/12 - Rn. 28), als auch sonstige, aus dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) erwachsende Nebenpflichten (zum Inhalt möglicher Nebenleistungspflichten vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 418/09 - Rn. 12). Ob eine Verletzung arbeitsvertraglicher (Neben-)Pflichten vorliegt, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Handelt der Arbeitnehmer in der Annahme, sein Verhalten sei rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - aaO; 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 32).

30

3. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um bloße Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz daraufhin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., BAG 16. Juli 2015 - 2 AZR 85/15 - Rn. 22; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 45, BAGE 146, 161).

31

4. Dieser Überprüfung hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe den Arbeitsaufforderungen der Beklagten mangels genügender Spezifizierung der Art der künftig von ihm zu leistenden Tätigkeit keine Folge leisten müssen, ist nicht berechtigt. Hiervon ausgehend ist es zu dem rechtsfehlerhaften Ergebnis gelangt, eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung liege nicht vor. Es hat übersehen, dass ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB zumindest unter dem Gesichtspunkt einer erheblichen Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten in Betracht kommt.

32

a) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, die Beklagte habe den Kläger nach ihrer früheren Kündigung vom 14. Juli 2010 zur Arbeit auffordern müssen, um dessen Arbeitspflicht zu begründen. Die Würdigung ist - auch soweit sie auf der nicht näher begründeten Annahme beruht, die Beklagte habe sich vor der Ladung vom 22. Juli 2013 mit der Annahme der Dienste des Klägers im Verzug befunden - nachvollziehbar.

33

aa) In den früheren Kündigungen - zuletzt der rechtskräftig für unwirksam erklärten fristlosen Kündigung vom 14. Juli 2010 - lag zugleich die Erklärung der Beklagten, sie werde die Arbeitsleistung des Klägers nicht mehr annehmen. Sie geriet damit grundsätzlich in Annahmeverzug, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Klägers bedurfte, §§ 295, 296 BGB(vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 12, BAGE 141, 340; 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 216; 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe mwN, BAGE 108, 27). Davon geht die Beklagte, die für die Zeit vom 29. Juni 2010 bis einschließlich Juli 2013 vorbehaltlos Annahmeverzugsvergütung an den Kläger ausgekehrt hat, erkennbar selbst aus. Sie meint lediglich, aufgrund der Nichtbefolgung ihrer Ladungen zum Arbeitsantritt habe ihr Gläubigerverzug spätestens Anfang August 2013 geendet.

34

bb) Die Beendigung des Annahmeverzugs ist gesetzlich nicht besonders geregelt. Er endet in dem Zeitpunkt, in dem seine Voraussetzungen entfallen (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - Rn. 22; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 3 der Gründe, BAGE 90, 329). Ist der Arbeitgeber nach einer unwirksamen Kündigungserklärung in Annahmeverzug geraten, muss er, um den Annahmeverzug zu beenden, den Arbeitnehmer zur Arbeit auffordern. Die Erledigung des Kündigungsrechtsstreits ändert daran nichts. Auch in diesem Fall ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, seine Arbeitskraft von sich aus anzubieten. Da der Arbeitgeber mit der unwirksamen Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer den entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht hat, kann der Arbeitnehmer regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten (BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 93/12 - aaO; 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 14 mwN, BAGE 141, 340; grundlegend 9. August 1984 - 2 AZR 374/83 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 46, 234). Einer solchen Aufforderung bedarf es in jedem Fall, wenn für den Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres erkennbar ist, wann und wo er die Arbeit wieder aufnehmen soll (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - aaO; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - aaO). Nimmt der Arbeitnehmer die Arbeit trotz entsprechender Aufforderung nicht wieder auf, endet der Annahmeverzug des Arbeitgebers, weil dann regelmäßig vom Fehlen des Leistungswillens des Arbeitnehmers auszugehen ist. Der Anwendungsbereich des § 297 BGB ist nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Arbeitnehmer schon vor einer Kündigung nicht zu vertragsgemäßer Arbeitsleistung bereit war(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 16 mwN; APS/Biebl 4. Aufl. § 11 KSchG Rn. 13).

35

cc) Hinsichtlich der Aufforderung, die Arbeit aufzunehmen, braucht der Arbeitgeber keine „Ankündigungsfrist“ einzuhalten. Zwar ist der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung gehalten, seine Arbeitskraft anderweitig zu verwerten, § 615 Satz 2 BGB. Deshalb räumt ihm § 12 KSchG ein Wahlrecht ein: Besteht nach einer Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort und ist der Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft die Fortsetzung des (früheren) Arbeitsverhältnisses verweigern. Mit der Erklärung endet das (frühere) Arbeitsverhältnis und es ist ihm nach § 12 Satz 4 KSchG entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. Lässt der Arbeitnehmer die Wochenfrist aber verstreichen, besteht das frühere Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten fort. Der Arbeitnehmer kann und muss deshalb jederzeit damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihn zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 18, BAGE 141, 340).

36

b) Diesen Vorgaben werden die Erklärungen der Beklagten grundsätzlich gerecht. Sie hat den Kläger nach Erledigung der vorausgegangenen Kündigungsschutzprozesse mehrmals schriftlich aufgefordert, sich in ihrer Hauptverwaltung „zum Arbeitsantritt“ einzufinden und sich zunächst am Empfang zu melden. Im Zeitpunkt ihres Schreibens vom 22. Juli 2013 war die Wochenfrist des § 12 Satz 1 KSchG verstrichen, ohne dass der Kläger sich auf die Eingehung eines anderen Arbeitsverhältnisses berufen hätte. Die Ladungen enthielten eindeutige Vorgaben zu Ort und Zeitpunkt (24. Juli 2013, 10:00 Uhr bzw. nachfolgend: „unverzüglich“) des erwarteten Dienstantritts.

37

c) Es kann unterstellt werden, dass es zur Bewirkung der vom Kläger geschuldeten Hauptleistung einer Konkretisierung der Art der zu verrichtenden Tätigkeit bedurfte. Eine ggf. erforderliche Spezifizierung brauchte die Beklagte jedenfalls nicht schon bei der Arbeitsaufforderung vorzunehmen. Sie durfte vielmehr das Erscheinen des Klägers im Betrieb abwarten. Die bisherigen Feststellungen berechtigen nicht zu der Annahme, dem Kläger sei schon die bloße Meldung in der Hauptverwaltung unzumutbar gewesen.

38

aa) Die dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung obliegende Mitwirkungshandlung iSd. §§ 295, 296 BGB besteht darin, dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung zu ermöglichen(BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 90, 329; 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Daraus folgt aber keine Obliegenheit des Arbeitgebers, neben der grundsätzlich gebotenen Festlegung von Zeit und Ort der Arbeitsaufnahme auch den Inhalt der vom Arbeitnehmer konkret zu leistenden Arbeit bereits bei der Arbeitsaufforderung festzulegen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer ohne eine solche Konkretisierung außerstande ist, seine Hauptleistungspflicht zu erfüllen.

39

(1) Die Arbeitsaufforderung hat den Zweck, dem Arbeitnehmer Gewissheit darüber zu verschaffen, dass der Arbeitgeber ihm die Arbeitsaufnahme nicht länger verwehrt und den Arbeitsplatz - freilich im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen - überhaupt zur Verfügung stellt. Dafür kommt es regelmäßig nicht darauf an, ob und ggf. welcher konkreten Arbeitsanweisungen es zusätzlich bedarf, um den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seiner Hauptleistungspflicht nachzukommen (BAG 21. Januar 1993 - 2 AZR 309/92 - zu II 2 d der Gründe). Ausreichend ist vielmehr die Bereitschaft des Arbeitgebers, ggf. erforderliche Konkretisierungshandlungen nach Erscheinen des Arbeitnehmers im Betrieb vorzunehmen (Konzen Anm. AP BGB § 615 Nr. 35). Steht der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses fest, genügt als Anzeige dieser Bereitschaft grundsätzlich auch eine nicht näher spezifizierte Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers.

40

(2) Für diese Sichtweise spricht auch die Obliegenheit, bei der laufenden Planung des Arbeitseinsatzes billiges Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO) walten zu lassen. Dies kann es erforderlich machen, auf einen vorab abzuklärenden Einarbeitungsbedarf des Arbeitnehmers Bedacht zu nehmen, was umso mehr gilt, wenn die unwirksame Kündigung des Arbeitgebers zu einer längeren Arbeitsunterbrechung geführt hat. Im Übrigen bleibt es dem Arbeitgeber grundsätzlich unbenommen, von einer vor Arbeitsantritt vorgenommenen oder avisierten Leistungsbestimmung im Zeitpunkt des Erscheinens des Arbeitnehmers im Betrieb wieder Abstand zu nehmen und den Inhalt der Arbeitsleistung in den Grenzen des § 106 GewO neu festzulegen.

41

(3) Gegenstand des dem Arbeitgeber zukommenden Direktionsrechts ist im Übrigen nicht allein die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers. Ihm unterliegen gleichfalls solche Verhaltenspflichten, die darauf zielen, den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 804/11 - Rn. 23, BAGE 143, 62; 23. Juni 2009 - 2 AZR 606/08 - Rn. 17; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 45 Rn. 14). Auch dies spricht dafür, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer für unwirksam erklärten Kündigung - sofern er ihm nur einen Arbeitsplatz überhaupt zur Verfügung stellt - zur „Arbeit“ schlicht in der Weise auffordern kann, dass er ihn mit der Maßgabe in den Betrieb einbestellt, sich an einem vorgegebenen Ort zur Entgegennahme weiterer Weisungen bereit zu halten.

42

bb) Kommt der Arbeitnehmer einer ihm insoweit auferlegten Vorbereitungshandlung bewusst nicht nach, kann dies zum einen indizieren, dass ihm die Bereitschaft, Arbeit überhaupt zu leisten, fehlt (BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 19, BAGE 141, 340). Zum anderen liegt in dem Verhalten eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten, die bei intensiver Weigerung „an sich“ auch eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen vermag.

43

cc) Der Streitfall weist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine Besonderheiten auf, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Die Beklagte musste die Art der vom Kläger künftig zu leistenden Tätigkeit nicht deshalb vor dem erwarteten Dienstantritt konkretisieren, weil sie womöglich im Zusammenhang mit einer früheren Änderung des Arbeitsbereichs des Klägers in unwirksamer Weise von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hatte und infolgedessen über den Inhalt der Arbeitspflicht des Klägers Streit bestand.

44

(1) Das Landesarbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die Begründung seines nicht rechtskräftigen Urteils vom 31. Januar 2008 gemeint, die Beklagte habe ihr Direktionsrecht bei der fraglichen Änderung des Sachgebiets BW.3 in maßregelnder Weise und damit unter Verstoß gegen § 612a BGB ausgeübt. Eine andere, vertragsgemäße Tätigkeit habe sie dem Kläger im Anschluss nicht mehr übertragen. Die Würdigung ist in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Ihr ist nicht zu entnehmen, ob sich das Landesarbeitsgericht, das sich hier auf ein Begründungselement aus der herangezogenen Entscheidung bezieht, die dortigen Feststellungen konkludent zu eigen gemacht und sie einer eigenen tatrichterlichen Würdigung unterzogen hat, oder ob es - was unzureichend wäre - die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung ungeprüft übernommen hat.

45

(2) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die mit der Änderung des Tätigkeitsbereichs zusammenhängende Leistungsbestimmung nicht lediglich unverbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB), sondern wegen Verstoßes gegen § 612a BGB aus anderen Gründen unwirksam war. Daraus folgte grundsätzlich aber nur, dass es bis zu einer rechtswirksamen Neuausübung des die Hauptleistungspflicht betreffenden Direktionsrechts durch die Beklagte bei der dem Kläger zuvor zugewiesenen Arbeitsaufgabe verblieb und er nicht verpflichtet war, die Leitung des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung, den dieses seit dem 26. April 2006 hatte, auch nur vorläufig zu übernehmen (vgl. dazu BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 239). Auch ein dem Kläger ggf. im Hinblick auf die Änderung seines Tätigkeitsbereichs zukommendes Leistungsverweigerungsrecht (§ 275 Abs. 3 BGB) berechtigte ihn - jenseits der Frage, ob er von dem Recht bereits Gebrauch gemacht hatte - grundsätzlich nicht, Handlungen zu unterlassen, die lediglich der Vorbereitung einer späteren Arbeitsaufnahme dienten und die es der Beklagten ermöglicht hätten, von ihrem Direktionsrecht ggf. erneut und nunmehr rechtswirksam Gebrauch zu machen. Dementsprechend lassen sich aus der bloßen Unwirksamkeit einer vor der Kündigung in Bezug auf die Hauptleistung erteilten Weisung auch keine besonderen Anforderungen an den Inhalt einer dem Arbeitgeber obliegenden Arbeitsaufforderung ableiten. Nichts anderes gilt für die Verurteilung vom 31. Januar 2008. Auch mit ihr war keine Entscheidung darüber getroffen, ob und ggf. in welchem Umfang die Beklagte zukünftig von ihrem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen konnte (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - aaO; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 10).

46

dd) Zwar läge keine genügende Arbeitsaufforderung vor, wenn der Beklagten grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Auch käme ggf. ein Weigerungsrecht des Klägers unmittelbar aus oder analog § 275 Abs. 3 BGB in Betracht, wenn er aufgrund äußerer Umstände berechtigten Anlass gehabt hätte, eine generelle Annahmeunwilligkeit der Beklagten zu vermuten. Für beides fehlt es auf der Basis der bisherigen Feststellungen aber an Anhaltspunkten.

47

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in diese Richtung ausgeführt, dem Vorbringen der Beklagten „aus Gerichtsverfahren“ sei zu entnehmen, dass sie den Kläger nach Arbeitsantritt erneut nur als Leiter des Sachgebiets BW.3 in der Ausgestaltung habe beschäftigen wollen, den dieses nach der Änderung des Tätigkeitsbereichs seit dem 26. April 2006 gehabt habe. Die Würdigung verletzt, wie die Beklagte mit Recht rügt, § 286 ZPO. Sie lässt nicht erkennen, auf welchen tatsächlichen Grundlagen sie beruht. Es kann deshalb nicht beurteilt werden, ob das Landesarbeitsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlungen gewürdigt hat, insbesondere ob es sich mit dem Vortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 28. April 2015 auseinandergesetzt hat, die Tätigkeit, die sie dem Kläger nach seinem Erscheinen in der Hauptverwaltung habe zuweisen wollen, habe der ihr durch das Urteil vom 31. Januar 2008 auferlegten Beschäftigungspflicht entsprochen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Beklagte habe dem Sachgebiet BW.3 das Vergaberecht entzogen bzw. es bei dem Entzug belassen wollen, widerspricht dies nicht deren Rechtsauffassung. Das Gebiet zählt nicht zu den im Tenor des Urteils vom 31. Januar 2008 einzeln aufgeführten Arbeitsaufgaben.

48

(2) Aber auch wenn die von der Beklagten in den Blick genommene Beschäftigung nicht den Vorgaben der Verurteilung vom 31. Januar 2008 entsprochen hätte, folgte daraus nicht, dass ihr grundsätzlich die Bereitschaft gefehlt hätte, auf etwaige Einwände des Klägers einzugehen und ihm erforderlichenfalls andere Aufgaben zuzuweisen.

49

II. Der Kündigungsschutzantrag ist nicht entscheidungsreif. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob die Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt ist. Die Entscheidung darüber stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO).

50

1. Die bisherigen Feststellungen bieten - wie gezeigt - keinen genügenden Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, den Kläger vertragsgemäß einzusetzen. Das Vorbringen der Parteien aus den Vorinstanzen liefert dafür keine zusätzlichen Anhaltspunkte. Der Kläger hat lediglich gemeint, die Beklagte habe schon bei früherer Arbeitsaufforderung vom 26. Januar 2010 nicht klargestellt, auf welcher Grundlage sie ihn beschäftigen werde. Dies reicht ebenso wenig aus wie sein Hinweis, die Beklagte habe bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs für das Jahr 2013 seine Urlaubswünsche nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat dies mit dem „Verbrauch“ des Urlaubs durch eine im Lauf der Vorprozesse erfolgte vorsorgliche Urlaubsgewährung begründet. Damit hat sie lediglich in einer umstrittenen Rechtsfrage einen für sie günstigen Standpunkt eingenommen. Da der Kläger auf die mehrfachen Ladungen zum Arbeitsantritt trotz Abmahnung nicht reagiert hat, ist - vorbehaltlich eines ihm aus anderen Gründen zustehenden Rechts, seine Arbeitskraft zurückzuhalten - zumindest von einer beharrlichen, die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigenden Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten auszugehen.

51

2. Nach dem bisher festgestellten Streitverhältnis spricht wenig dafür, die Weigerung des Klägers in Ausübung des von ihm ausgeübten Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) als gerechtfertigt anzusehen (zum Ausschluss einer Arbeitsverweigerung bei berechtigter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff. mwN).

52

a) Nach dieser Vorschrift darf der Schuldner, der aus dem gleichen Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat - sofern sich aus dem Schuldverhältnis nichts anderes ergibt -, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Dem Arbeitnehmer kann ein Recht zustehen, die Arbeitsleistung zurückzuhalten, wenn der Arbeitgeber seine aus dem Arbeitsverhältnis folgenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt. So liegt es beispielsweise, wenn der Arbeitgeber oder einer seiner Repräsentanten (§ 278 BGB) die Gesundheit des Arbeitnehmers oder dessen Persönlichkeitsrecht in erheblicher Weise verletzt und mit weiteren Verletzungen zu rechnen ist. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dementsprechend muss der Arbeitnehmer unter Angabe des Grundes dem Arbeitgeber klar und eindeutig mitteilen, er werde dieses Recht mit Blick auf eine ganz bestimmte, konkrete Gegenforderung wahrnehmen. Nur so wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, den möglichen Anspruch des Arbeitnehmers zu prüfen und ggf. zu erfüllen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 37; 3. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 39 ff.).

53

b) Danach ist, soweit der Kläger geltend gemacht hat, ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm wegen behaupteter Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts zu, schon fraglich, ob er die Beeinträchtigungen durch die pauschale Bezugnahme auf Ausführungen in einem früheren Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hinreichend spezifiziert hatte (zu diesem Erfordernis vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 51). Im Ergebnis dürfte es hierauf nicht ankommen. Soweit der Kläger in Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts die Abgabe einer „betriebsöffentlichen“ Stellungnahme des Vorstands der Beklagten und seines unmittelbaren Vorgesetzten verlangt hat, „… da[ss] [er] sich gegenüber der [Beklagten] auch sonst kein kündigungsrelevantes Verhalten ha[be] zu schulden kommen lassen“, ist nicht erkennbar, worauf sich das Verlangen stützt, insbesondere soweit es neben die Erklärung treten sollte, dass alle gegenüber dem Kläger erhobenen Kündigungsvorwürfe unbegründet gewesen seien. Im Übrigen liegt nicht in jeder unberechtigten Kritik, überzogenen Abmahnung und/oder unwirksamen Kündigung eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - aaO). Es hätte deshalb einer näheren, auf die einzelnen Vorwürfe bezogenen Darstellung bedurft, warum die maßgebende Schwelle im Streitfall überschritten sein soll. Die Unterbreitung eines Angebots auf Durchführung eines innerbetrieblichen Mediations- oder Supervisionsverfahrens konnte der Kläger schon deshalb nicht in Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durchsetzen, weil die Beklagte Mitglieder des Personalrats in ihrer Funktion als Amtsträger grundsätzlich nicht zur Teilnahme an solchen Verfahren verpflichten kann. Dass die von ihm erbetenen Offerten auf Freiwilligkeit ausgelegt sein sollten, ist dem Schreiben vom 29. Juli 2013 nicht ohne Weiteres zu entnehmen.

54

c) Ein Arbeitnehmer kann das Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung zwar auch dann ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und der Arbeitgeber diesen nicht erfüllt (vgl. BAG 25. Oktober 1984 - 2 AZR 417/83 - zu II 3 der Gründe). Der Kläger hat aber nicht aufgezeigt, dass ihm nach der Anfang August 2013 bewirkten Zahlung von Verzugszinsen noch eine fällige Gehaltsforderung einschließlich etwaiger Nebenforderungen zugestanden habe. Soweit er sich im Schreiben vom 29. Juli 2013 darauf bezogen hat, ihm zugeflossene Nettobeträge seien zu gering, fehlt es an einer nachvollziehbaren Berechnung des Anspruchs. Ansprüche des Klägers auf Höhergruppierung haben die Vorinstanzen - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Damit steht - soweit ersichtlich - fest, dass dem Kläger auch aus einem solchen Grund keine weiter gehenden Zahlungsansprüche zugestanden haben.

55

3. Auch wenn es auf der Basis der bisherigen Feststellungen eher fernliegen dürfte anzunehmen, der Kläger habe wirksam von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht, muss die abschließende Beurteilung, die auch auf tatsächlichem Gebiet liegt, dem Landesarbeitsgericht vorbehalten bleiben.

56

4. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt ausgehend konsequent - keine umfassende Interessenabwägung vorgenommen und damit die Prüfung unterlassen, ob das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsschutzinteresse des Klägers überwiegt (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 35, BAGE 150, 109; 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 28). Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Dabei wird insbesondere auf einen möglichen Rechtsirrtum des Klägers über ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht Bedacht zu nehmen sein. Ein solcher Irrtum wäre, auch wenn er für den Kläger auflösbar und vermeidbar gewesen sein mag, für die Interessenabwägung nicht von vornherein bedeutungslos (vgl. BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 40; 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 44). Im Streitfall könnte er sich jedenfalls dann zugunsten des Klägers auswirken, wenn rechtswidrige Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht objektiv vorgelegen haben sollten, was nach seinem - bestrittenen - Vorbringen nicht ausgeschlossen erscheint. Auch dann bliebe es zwar bei der unwirksamen Ausübung des Rechts und hätte der Kläger aufgrund der nachdrücklichen Abmahnungen der Beklagten hinreichenden Anlass gehabt, seine Rechtsausübung auf Angemessenheit zu überprüfen. Gleichwohl erschiene die Pflichtverletzung in einem milderen Licht, was bei der Interessenabwägung zugunsten des Klägers zu berücksichtigen wäre.

57

5. Die fristlose Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Erklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt wäre. Die Beklagte hat die Kündigung damit begründet, der Kläger sei grundsätzlich nicht bereit gewesen, ihren Ladungen zu folgen und seine Arbeitsleistung zu erbringen. Damit hat sie einen Dauertatbestand geltend gemacht, der sich bis zum Kündigungszeitpunkt fortlaufend neu verwirklichte (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 273/12 - Rn. 45).

58

6. Auf andere Unwirksamkeitsgründe hat sich der Kläger nicht berufen.

59

III. Der Zurückverweisung unterliegen auch die weiteren, in die Revision gelangten Streitgegenstände.

60

1. Über die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung ist nur zu entscheiden, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Sollte der Antrag dem Landesarbeitsgericht erneut zur Entscheidung anfallen, wird es zunächst weiterhin davon ausgehen können, dass sich der Kündigungsschutzantrag trotz verkürzter Formulierung auf beide am 27. September 2013 erklärte Kündigungen bezieht. Darüber hinaus wird es zu berücksichtigen haben, dass seine Würdigung, die Kündigung sei mangels kündigungsrelevanter Pflichtverletzung sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KSchG, auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht tragfähig ist.

61

2. Die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub sind - jedenfalls seit ihrer Verbindung mit dem Kündigungsschutzantrag - als uneigentliche Hilfsanträge zu diesem zu verstehen. Die Entscheidung über sie hängt davon ab, dass sich keine der beiden Kündigungen als wirksam erweist. Im Alternativverhältnis dazu steht - was den Urlaub aus den Jahren 2009 und 2010 betrifft - der „echte“ Hilfsantrag auf Entschädigung in Geld, der erkennbar für den Fall gestellt ist, dass auch nur eine der beiden Kündigungen Bestand hat und damit die Gewährung des Ersatzurlaubs wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Betracht kommt.

62

3. Sollten ihm die Feststellungsanträge auf Ersatzurlaub erneut zur Entscheidung anfallen, wird das Landesarbeitsgericht - auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens - im Ergebnis weiter davon ausgehen können, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von je 32 Arbeitstagen Ersatzurlaub für verfallenen Urlaub aus den Jahren 2008 bis 2010 hat. Sollte es auf den Entschädigungsanspruch ankommen, wird es ergänzende Feststellungen insbesondere zur Anspruchshöhe zu treffen haben. Von dahin gehenden Hinweisen sieht der Senat ab.

63

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Feststellungsanträge mit Recht für zulässig erachtet. Ein Vorrang der Leistungsklage besteht nicht (BAG 15. Dezember 2015 - 9 AZR 747/14 - Rn. 9).

64

b) Anspruchsgrundlage sind § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3, § 287 Satz 2, § 249 Abs. 1 BGB. Hat der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich der im Verzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch in einen auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch um (BAG 19. Januar 2016 - 9 AZR 507/14 - Rn. 21; 3. Juni 2014 - 9 AZR 944/12 - Rn. 10 mwN).

65

c) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zunächst zutreffend angenommen, der Urlaubsanspruch des Klägers sei in den Jahren 2008 bis 2010 im Umfang von je 32 (Arbeits-)Tagen entstanden und nicht durch Erfüllung erloschen.

66

aa) Zwischen den Parteien bestand im fraglichen Zeitraum und darüber hinaus bis jedenfalls zum 27. September 2013 ein Arbeitsverhältnis. Gemäß § 21 TKT (idF des ÄnderungsTV vom 12. September 2006) hatte der Kläger Anspruch auf 32 Arbeitstage Urlaub jährlich. Der Anspruch wird durch eine mit Wirkung zum 1. Januar 2012 erfolgte Neufassung der Vorschrift nicht berührt. Der tarifliche Jahresurlaub schließt den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) ein.

67

bb) Nach den bisherigen Feststellungen stellte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. November 2008 unwiderruflich unter Anrechnung auf den tariflichen Erholungsurlaub für das Jahr 2008 von der Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 18. August 2009 gab sie für das Jahr 2009 und mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 sowie 23. Februar 2010 für das Jahr 2010 entsprechende Erklärungen ab. Mit diesen Freistellungen, die jeweils im Verlauf schwebender Kündigungsschutzverfahren erfolgten, hat sie die betreffenden Urlaubsansprüche des Klägers nicht erfüllt.

68

(1) Zwar kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (BAG 14. August 2007 - 9 AZR 934/06 - Rn. 14 f. mwN). Eine wirksame Urlaubsgewährung liegt darin nach jüngerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 18, BAGE 150, 355).

69

(2) Die Beklagte behauptet selbst nicht, sie habe entsprechende Zahlungen oder Zusagen vorgenommen. Sie meint nur, der Rechtssatz aus der Entscheidung vom 10. Februar 2015 sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Das trifft nicht zu.

70

(a) Wie der Neunte Senat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt hat, ist der Urlaubsanspruch nicht allein auf die Freistellung von der Arbeitsleistung gerichtet. Nach § 1 BUrlG hat vielmehr jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Vorschrift entspricht der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genügt es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt wird. Der Arbeitnehmer ist in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht weiß, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird (im Einzelnen dazu BAG 10. Februar 2015 - 9 AZR 455/13 - Rn. 21 bis 23, BAGE 150, 355).

71

(b) Die Ausführungen beziehen sich nicht nur auf den der Entscheidung vom 10. Februar 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt einer nach fristloser Kündigung des Arbeitgebers erfolgten Freistellung des Arbeitnehmers für die Dauer der Kündigungsfrist einer zugleich erklärten ordentlichen Kündigung. Sie beanspruchen darüber hinaus Geltung.

72

(c) Soweit die Beklagte auf ihre objektive Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts verweist, übersieht sie, dass es hierauf nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Arbeitnehmer losgelöst vom Streit über die Wirksamkeit der Kündigung seiner Urlaubsvergütung sicher sein kann. Das Argument der Beklagten, die Höhe des Bruttomonatseinkommens des Klägers stehe den angestellten Zumutbarkeitserwägungen entgegen, verfängt ebenso wenig. Es versteht sich von selbst, dass sich ein Arbeitnehmer bei der Urlaubsgestaltung an der Höhe seiner Urlaubsvergütung orientiert und orientieren darf.

73

(3) Dem Kläger ist es nicht unter dem Gesichtspunkt missbräuchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Urlaubsgewährungen zu berufen (zu den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - Rn. 53, BAGE 141, 1; BGH 15. November 2012 - IX ZR 103/11 - Rn. 12). Zwar kann bspw. der Arbeitnehmer, wenn er mit der zeitlichen Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber nicht einverstanden ist, gehalten sein, dem Arbeitgeber die Annahmeverweigerung unverzüglich mitzuteilen, und das Unterlassen einer solchen Mitteilung kann rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BAG 6. September 2006 - 5 AZR 703/05 - Rn. 19, BAGE 119, 232). Dies bedeutet aber nicht, dass Rechtsmissbrauch auch dann in Betracht käme, wenn die Freistellungserklärung - wie hier - von vornherein nicht geeignet war, den Anspruch zu erfüllen.

74

cc) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob der Kläger den Urlaub rechtzeitig verlangt hat. Es hat gemeint, eines solchen Verlangens habe es nicht bedurft, weil die Beklagte die Ansprüche als solche mit den Freistellungen bestätigt habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hatte Urlaub zum Zwecke der Erfüllung des Anspruchs vorsorglich erteilt. Daraus konnte der Kläger grundsätzlich nicht schließen, sie stelle die Ansprüche unabhängig von der Eignung ihrer Erklärung streitlos, der angestrebten Kumulation von Urlaubsansprüchen vorzubeugen, oder sie verzichte für den Fall, dass der Kläger die Ansprüche nicht als erfüllt ansehe, auf deren Geltendmachung. Im Ergebnis dürfte es hierauf aber nicht ankommen.

75

(1) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hatte der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2008 um Gewährung des ihm für das Jahr 2008 zustehenden Urlaubs gebeten. Betreffend den Urlaub für die beiden Folgejahre hat er - soweit ersichtlich unbestritten - vorgetragen, er habe die Beklagte mit Einschreiben vom 25. November 2009 und vom 22. November 2010 jeweils zur Urlaubsgewährung aufgefordert.

76

(2) Die Verlangen waren rechtzeitig. Die in den Jahren 2008, 2009 und 2010 entstandenen Urlaubsansprüche, die auch während der laufenden Kündigungsschutzprozesse grundsätzlich erfüllt werden konnten, waren nicht am 31. Dezember des jeweiligen Jahres untergegangen, sondern konnten gemäß § 23 Abs. 1 TKT ohne Bindung an weitere Voraussetzungen noch bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres gewährt und genommen werden. Nach dieser Bestimmung „verfällt“ Urlaub, „der nicht spätestens drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres genommen wird, ohne Anspruch auf Geldentschädigung; es sei denn, dass er erfolglos schriftlich geltend gemacht worden ist“. Die Regelung erweitert - unter Berücksichtigung der Festlegung in § 20 Abs. 1 Satz 2 TKT, nach der Urlaubsjahr das Kalenderjahr ist - gegenüber § 7 Abs. 3 BUrlG den Zeitraum, in dem der Urlaub aus einem bestimmten Kalenderjahr gewährt und genommen werden kann, auf das erste Quartal des auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres. Sie bestimmt die Voraussetzungen des Verfalls des Urlaubs, auch soweit er den gesetzlichen Mindesturlaub einschließt, erkennbar abschließend.

77

dd) Einer Mahnung bedurfte es, ausgehend von den Behauptungen zur Geltendmachung der Urlaubsansprüche, nicht. Die Beklagte hatte dem Kläger lediglich „vorsorglich“ Urlaub erteilt, ohne vorab das Entgelt zu zahlen oder vorbehaltlos zuzusagen. Auf dessen - soweit ersichtlich - zeitlich nachfolgende Urlaubsverlangen hat sie nicht mehr reagiert. Unter diesen Umständen durfte der Kläger annehmen, die Beklagte gehe davon aus, alles zur Erfüllung der Ansprüche Erforderliche getan zu haben, und musste sich eine Mahnung als bloße Förmelei erweisen (BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 760/11 - Rn. 14).

78

ee) Der daraus erwachsene Schadensersatzanspruch unterliegt keiner gesetzlichen Befristung. Der Ersatzurlaub brauchte deshalb nicht erneut geltend gemacht zu werden. Ob der Ersatzurlaub der einstufigen tariflichen Ausschlussfrist des § 40 Abs. 1 TKT unterliegt, bedarf keiner Entscheidung. Sie wäre jedenfalls durch die Aufforderungen des Klägers zur Urlaubsgewährung auch hinsichtlich des Ersatzurlaubs gewahrt (vgl. BAG 20. April 2012 - 9 AZR 504/10 - Rn. 12; 15. November 2005 - 9 AZR 633/04 - Rn. 41).

79

ff) Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch. Der Ersatzurlaubsanspruch unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB(BAG 11. April 2006 - 9 AZR 523/05 - Rn. 37). Seinen frühestens am 31. März 2009 entstandenen Schadensersatzanspruch auf Ersatzurlaubsgewährung für Urlaub aus dem Jahr 2008 hat der Kläger durch Klageerweiterung im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2012 gerichtlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Schluss des Jahres 2009 begonnene Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 BGB)noch nicht abgelaufen. Der Eintritt der Verjährung der frühestens am 31. März 2010 bzw. 31. März 2011 entstandenen Schadensersatzansprüche auf Gewährung von Ersatzurlaub für Urlaub aus den Jahren 2009 bzw. 2010 wurde durch Feststellungsklage vom 23. Dezember 2013, die der Beklagten am 8. Januar 2014 „demnächst“ (§ 167 ZPO) zugestellt worden ist, gehemmt.

80

4. Die Sache ist auch hinsichtlich der Widerklage nicht zur Endentscheidung reif.

81

a) Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob der Kläger verpflichtet war, den Ladungen der Beklagten zum Arbeitsantritt zu folgen. Bejahendenfalls wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob und ggf. ab wann der Kläger leistungsunwillig war und sich selbst außerstande gesetzt hat, die Arbeitsleistung zu bewirken mit der Folge, dass ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für die Zukunft entfiel.

82

b) Für die Tage nach Zugang der fristlosen Kündigung beim Kläger hängt die Entscheidung über die Widerklage unmittelbar vom Ausgang des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung ab.

83

5. Soweit sich die Aufhebung und Zurückverweisung auf den Ausspruch in Ziff. 1 des Tenors des Urteils des Landesarbeitsgerichts bezieht, war zur Klarstellung das Datum des (teilweise) abgeänderten Urteils des Arbeitsgerichts (- 3 Ca 143/12 -) auf den 13. Juni 2012 zu berichtigen (vgl. dazu auch auf Seite 8, 3. Absatz des Berufungsurteils).

84

D. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Beckerle    

        

    A. Claes    

                 

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az: 7 Ca 637/12 - vom 31.07.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate Februar, März und April 2012.

2

Die Klägerin wurde mit Wirkung zum 01. Februar 2002 neben ihrem Ehemann zur Geschäftsführerin der G. N. GmbH bestellt. Nach § 1 des zu Grunde liegenden Geschäftsführervertrags (Bl. 306 bis 308 d. A.) bestand ihr Aufgabengebiet in der kaufmännischen Geschäftsführung des Unternehmens. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörte vereinbarungsgemäß die Allgemeine Verwaltung, die Überwachung Rechnungswesen, Materialwirtschaft und Vertrieb, Personalwesen, Controlling und die Unternehmensorganisation. Die Klägerin bezog für ihre Tätigkeit ein Jahresgehalt von 134.400,00 Euro brutto, zahlbar in zwölf gleichen Teilbeträgen à 11.200,00 Euro. Zudem beinhaltete der Geschäftsführervertrag eine Tantiemeregelung.

3

Zuletzt bestand das Geschäftsführerverhältnis der Klägerin mit der W. Z. GmbH als Rechtsnachfolgerin der G. N. GmbH. Alleinige Gesellschafterin der W. Z. GmbH ist die M. W. KG, deren Komplementärin die Klägerin und ihr Ehemann sind.

4

Mit Schreiben vom 25. April 2010 (Bl. 304 d. A.), zugegangen am 26. April 2010, kündigte die Klägerin den Geschäftsführervertrag gegenüber der W. Z. GmbH zum 31. Oktober 2010. Am 18. August 2010 schlossen die Klägerin und die W. Z. GmbH einen Anstellungsvertrag (Bl. 22 - 25 d. A., im Folgenden: AnstellungsV) über eine Tätigkeit der Klägerin als der Geschäftsführung direkt unterstellte Assistentin der Geschäftsleitung beginnend ab 01. November 2010. Die Aufgabenbeschreibung der Klägerin gemäß § 2 AnstellungsV umfasst die Gebiete Allgemeine Verwaltung, Überwachung Finanzbuchhaltung, Personalwesen und Organisation.Nach § 3 AnstellungsV erhielt die Klägerin ein Jahresbruttogehalt von 96.000,00 Euro, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen à 8.000,00 Euro. Hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthält § 8 AnstellungsV folgende Regelung:

5

㤠8 Urlaub und Krankheit

6

… Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wird das Festgehalt ab der 7. Woche weitergezahlt, jedoch unter Abzug des von der Krankenkasse oder eines anderen Sozialversicherungsträges gezahlten Betrages.

7

Die Fortzahlung der Bezüge erfolgt jedoch längstens bis zur Beendigung dieses Vertrages.“

8

Mit Schreiben vom 01. November 2010 (Bl. 305 d. A.) erklärte die Klägerin nochmals ausdrücklich, das Amt als Geschäftsführerin niederzulegen. Am 21. Juni 2011 wurde im Handelsregister eingetragen, dass die Klägerin nicht mehr Geschäftsführerin der W. Z. GmbH ist.

9

Am 01. Februar 2012 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Zweibrücken, Insolvenzgericht, Inso IN 00/00 über das Vermögen der W. Z. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzschuldnerin bestellt. Am 09. März 2012 hat das Amtsgericht Bingen mit Beschluss vom gleichen Tag (Az.: 4 IN 00/00) über das Vermögen der M. W. KG das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beklagten auch hier zum Insolvenzverwalter bestellt.

10

Der Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin mit Schreiben vom 21. März 2012 zum 30. Juni 2012. Er zahlte an die Klägerin, die in den Monaten Februar bis April 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, für die Monate Februar und März 2012 Vergütung in Höhe von jeweils 500,00 EUR brutto und für den Monat April 2012 400,00 EUR brutto. Eine außergerichtliche Geltendmachung weiterer Vergütung für die Monate Februar und März 2012 mit Schreiben vom 16. März 2012 (Bl. 26 d. A.) durch die Klägerin gegenüber dem Beklagten blieb erfolglos.

11

Mit ihrer am 27. April 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Zahlungsklage begehrte die Klägerin für die Monate Februar, März und April 2012 zunächst die Zahlung von 23.500,00 EUR brutto. Im Kammertermin vom 31. Juli 2012 vor dem Arbeitsgericht hat sie ihre Klage in Höhe von 900,00 EUR brutto zurückgenommen.

12

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 hilfsweise gegen die von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsansprüche die Aufrechnung erklärt mit einem Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG gegen die Klägerin, weil diese allein im April 2011 Zahlungen der Insolvenzschuldnerin in Gesamthöhe von über 180.000,00 Euro geleistet oder nicht verhindert habe, obgleich bereits Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe.

13

Die Klägerin hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, ihr stehe für die Monate Februar 2012 bis April 2012 ein Vergütungsanspruch von je 8.000,00 Euro brutto abzüglich des jeweils vom Beklagten geleisteten Teilbetrags von 500,00 Euro brutto (Februar und März 2012) bzw. 400,00 Euro brutto (April 2012), insgesamt demnach ein Betrag von 22.600,00 Euro brutto zu. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihr Vergütungsanspruch nicht aufgrund einer bestehenden Treuepflicht als Geschäftsführerin entfallen bzw. zu reduzieren. Sie sei zuletzt als Assistentin der Geschäftsführung und gerade nicht als Geschäftsführerin für die Insolvenzschuldnerin tätig gewesen. Eine Änderungskündigung habe der Beklagte nicht ausgesprochen. Sie habe mit der Beendigung des Geschäftsführervertrages auch nicht einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Vielmehr habe sie sich als Geschäftsführerin zurückgezogen, weil ihre damals seit fünf Jahren schwer erkrankte einzige Tochter von der Schulmedizin als unheilbar aufgegeben worden sei und sie sich außer Stande gesehen habe, gleichzeitig sowohl ein Unternehmen mit zu leiten als auch bestmögliche alternative Behandlungsmöglichkeiten für ihre Tochter zu finden und dieser beizustehen. Der hilfsweise vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Zahlungen nach § 64 S. 1 GmbHG stehe dem Beklagten nicht zu, da sie bereits seit 01. November 2010 nicht mehr Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Da dies der Insolvenzschuldnerin bekannt gewesen sei, könne weder sie, noch der Beklagte sich auf die verspätete Eintragung der Tatsache im Handelsregister erst am 21. Juni 2011 berufen. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen einer Haftung nach § 64 S. 1 GmbHG nicht vor. Da der Beklagte ausschließlich „Insolvenzreife“ in den ersten Quartalen 2011 behaupte, habe er bereits nicht schlüssig dargelegt, dass die Insolvenzschuldnerin vor dem 01. November 2010 zahlungsunfähig oder überschuldet gewesen sei; allein eventuelle Jahresfehlbeträge aus den Jahresabschlüssen zum Bilanzstichtag seien hierzu jedenfalls nicht geeignet.

14

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

15

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 22.600,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.500,00 EUR ab dem 01.03.2012, aus weiteren 7.500,00 EUR ab dem 01.04.2012 sowie aus weiteren 7.600,00 EUR ab dem 02.05.2012 zu zahlen.

16

Der Beklagte hat beantragt

17

die Klage abzuweisen.

18

Er hat erstinstanzlich - im Wesentlichen - vorgetragen, der Klägerin stünden für die Monate Februar bis April 2012 keine Vergütungsansprüche zu. Sie habe aufgrund ihrer Treuepflicht für die Monate Februar bis April 2012 keine Vergütungsansprüche aus dem Anstellungsvertrag vom 18. August 2010. Die Klägerin sei zwar zuletzt nur Assistentin der Geschäftsführung gewesen, habe aber in dieser Funktion nahezu die gleichen Tätigkeiten wie zuvor während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin verrichtet. Durch ihren Rückzug als Geschäftsführerin habe die Klägerin lediglich einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Schließlich sei die Insolvenzschuldnerin bereits in den ersten Quartalen des Jahres 2011 insolvenzreif und damit die Klägerin zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet gewesen. Zum Zeitpunkt des Austritts der Klägerin als Geschäftsführerin am 21. Juni 2011 hätten gegenüber der Insolvenzschuldnerin ausweislich eines Auszugs aus der Insolvenztabelle - ohne Zinsen, Vollstreckungskosten und bestrittene Forderungen - Forderungen in Höhe von 465.374,09 Euro bestanden; auch aus dem Jahresabschluss 2010 sei die marode finanzielle Situation ersichtlich, da sich zum Bilanzstichtag 2010 ein Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro ergeben habe. Dieser negative Trend habe sich zunehmend verschärft, so dass ausweislich des Zwischenberichts vom 31. Oktober 2011 habe ein Jahresfehlbetrag von 268.741,68 Euro verzeichnet werden müssen und ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 35.028,39 Euro bestanden. Somit sei die Insolvenzschuldnerin im letzten Quartal 2011 bilanziell überschuldet gewesen. Die Klägerin habe für die Monate Februar bis April 2012 höchstens einen verringerten Vergütungsanspruch in Höhe von 500,00 EUR brutto. Für den Fall, dass der Klägerin Vergütungsansprüche für die Monate Februar bis April 2012 zustünden, seien sie zudem jedenfalls infolge der erklärten Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die Klägerin auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten bzw. nicht von der Klägerin verhinderten Zahlungen in Höhe von 180.518,62 Euro nach § 64 S. 1 GmbHG untergegangen. Obwohl die Insolvenzschuldnerin jedenfalls im April 2011 bereits zahlungsunfähig gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt auch keine Sanierungschancen bestanden hätten, habe die Klägerin im April 2011 im einzelnen dargelegte Zahlungen in einer Gesamthöhe von 180.518,62 EUR geleistet bzw. Zahlungen in dieser Höhe nicht verhindert. Diese Zahlungen seien auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen.

19

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 31. Juli 2012 (Bl. 317 - 330 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, entsprochen und zur Begründung angeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Monate Februar, März und April 2012 in zuletzt geltend gemachter Höhe nach § 3 EntgeltfortzahlungsG iVm. §§ 3, 8 AnstellungsV zu, da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und sie Leistungen der Krankenkasse bzw. eines sonstigen Sozialversicherungsträgers nicht erhalten habe. Der Anspruch sei nicht nach § 313 Abs. 1 BGB wegen Störung oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage und auch nicht aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin entfallen bzw. anzupassen. Der Vergütungsanspruch sei auch nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Dem Beklagten stehe der - gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG der Entscheidung des Arbeitsgerichts unterliegende - Anspruch auf Ersatz der im Monat April 2011 von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Zahlungen nach § 64 Satz 1 GmbHG nicht zu, da die Klägerin im April 2011 weder bestellte, noch faktische Geschäftsführerin gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 324 ff. d. A. Bezug genommen.

20

Der Beklagte hat gegen das ihm am 17. August 2012 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11. September 2012 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung aufgrund Beschlusses vom 18. Oktober 2012 bis 24. Oktober 2012 mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2012, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

21

Der Insolvenzverwalter der M. W. KG hat an den Beklagten gemäß Abtretungserklärung vom 27. September 2012 (Anlage 6 zum Beklagtenschriftsatz vom 28. September 2012 (Bl. 356 ff. d. A.), Anlagen in Aktendeckel) Forderungen abgetreten aufgrund persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin bis zur Höhe des vom Arbeitsgericht tenorierten Anspruchs in Gemäßheit der der laufenden Nummernfolge festgestellter Forderungen der Gläubigerliste gemäß Anlage 5 zum Beklagtenschriftsatz vom 28. September 2012. Im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 28. September 2012 gegenüber den streitgegenständlichen Vergütungsansprüchen die Aufrechnung erklärt mit den der Abtretungserklärung vom 27. September 2012 zu Grunde liegenden Ansprüchen.

22

Im Rahmen der Berufungsbegründung vom 24. Oktober 2012 hat der Beklagte zudem hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche Aufrechnung erklärt mit einem weiteren Anspruch gegen die Klägerin aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG, weil von ihr im Zeitraum vom 21. bis 24. Oktober 2010 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin in Gesamthöhe von über 28.757,60 Euro trotz deren Zahlungsunfähigkeit respektive Überschuldung erfolgt seien.

23

Der Beklagte macht mit der Berufungsbegründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 406 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend, die nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen rechtfertigten eine andere Entscheidung. Die Klägerin hafte für die noch während ihrer Zeit als Geschäftsführerin im Oktober 2010 veranlassten Zahlungen, da die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens - wie der Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro für den Jahresabschluss 2010 zeige - bereits überschuldet gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 08. März 2013 (Bl. 473 ff. d. A.), auf den ergänzend verwiesen wird, trägt der Beklagte vor, im Zeitraum vom 10. Februar 2009 bis 03. Oktober 2010 seien bereits Forderungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin über 466.658,68 Euro fällig gestellt worden. Unter Berücksichtigung der Kontokorrentsalden aller Geschäftskonten habe zum 04. Oktober 2010 eine Unterdeckung von - 3.049.177,93 Euro vorgelegen, zum 20. Oktober 2010 eine Unterdeckung von - 2.935,143,01 Euro. Gleichwohl habe die Klägerin im Zeitraum vom 20. Oktober bis 24. Oktober 2010 bei unverändert offenen Verbindlichkeiten Zahlungen in Höhe von insgesamt 37.092,96 Euro aus einer Liquidität nach einer Gutschrift der S. GmbH ausgeführt. Die eingewendeten Forderungen seien im Berufungsverfahren zuzulassen, da das Arbeitsgericht erst im Kammertermin darauf hingewiesen habe, dass nicht auf den Zeitpunkt der Löschung der Klägerin im Handelsregister, sondern auf Ende Oktober 2010 abzustellen sei und einen erbetenen Schriftsatznachlass zur Bezifferung der Forderungen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden seien, nicht gewährt habe. Auch die Einführung der weiter erklärten Aufrechnung mit der am 27. September 2012 abgetretenen Forderung im Berufungsverfahren sei zulässig, da die Voraussetzungen erst nach Schluss der ersten Instanz geschaffen worden seien.

24

Der Beklagte beantragt:

25

Das am 31. Juli 2012 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Az.: 7 Ca 637/12 - wird aufgehoben.

26

Die Klage wird abgewiesen.

27

Die Klägerin beantragt,

28

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

29

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 29. November 2012, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 453 ff. d. A.) und trägt im Wesentlichen vor,
die Aufrechnungserklärung des Beklagten im Berufungsverfahren sei nicht zulässig, da sie - die Klägerin - ausdrücklich nicht einwillige und die Aufrechnungserklärung auch nicht sachdienlich sei, weil völlig neuer Prozessstoff in das Verfahren eingeführt und so der Rechtsstreit verzögert werde; zumindest handele es sich um neue Tatsachen, deren Berücksichtigung nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht zulässig sei. Im Übrigen bestehe auch keine Aufrechnungslage. Ein Anspruch aus Geschäftsführerhaftung sei auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren vom Beklagten angeführten Zahlungen nicht gegeben. Im Oktober 2010 habe weder Zahlungsunfähigkeit, noch Überschuldung vorgelegen. Ein Liquiditätsstatus sei vom Beklagten nicht vorgelegt worden und allein der behauptete Jahresfehlbetrag 2010 genüge - gerade angesichts der unstreitig im Jahr 2009 entstandenen Investitionskosten von rund 3,5 Millionen Euro - nicht, um die Zahlungsunfähigkeit zu belegen. Auch könne in Ermangelung einer Überschuldungsbilanz von Überschuldung Ende Oktober 2010 nicht ausgegangen werden, zumal der Beklagte sich schriftsätzlich auf eine bilanzielle Überschuldung im letzten Quartal 2011 berufen habe. Im Übrigen sei die Fortführungsprognose positiv gewesen, da der Betrieb immerhin noch weitere 1,5 Jahre fortgeführt worden sei. Auch aus abgetretenem Recht stehe dem Beklagten kein zur Aufrechnung geeigneter Anspruch zu. Unabhängig davon, dass § 93 InsO ein Abtretungsverbot gebiete, seien allein die Forderungsgläubiger der M. W. KG - und nicht der Beklagte - zur Geltendmachung und damit auch zur Abtretung der Ansprüche aus persönlicher Haftung berechtigt.

30

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 15. März 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

31

Die zulässige Berufung des Beklagten ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

32

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 17. August 2012 mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11. September 2012 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung aufgrund Beschlusses vom 18. Oktober 2012 bis 24. Oktober 2012 mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2012, eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Die Begründung setzt sich in hinreichender Weise mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinander (§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO).

II.

33

Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen entsprochen. Auch die vom Beklagten im Berufungsverfahren erklärte Aufrechnung führt zu keinem anderen Ergebnis.

34

1. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall der Klägerin für die Monate Februar bis April 2012 vorliegen, der Anspruch weder nach § 313 BGB, noch aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin anzupassen oder entfallen und auch nicht infolge der vom Beklagten erstinstanzlich erklärten Aufrechnung mit einem Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG für im April 2011 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin untergegangen ist.

35

1.1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten als W. Z. GmbH für die Monate Februar, März und April 2012 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 8, 3 AnstellungsV iVm mit § 3 EntgeltfortzahlungsG in Höhe von insgesamt 22.600,00 Euro brutto, sich zusammensetzend aus 8.000,00 Euro brutto monatlich abzüglich jeweils für die Monate Februar und März 2012 gezahlter 500,00 Euro brutto und für den Monat April 2012 gezahlter 400,00 Euro brutto. Da die Klägerin nach den im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts von Februar bis April 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, steht ihr die in § 3 AnstellungsV vereinbarte Vergütung von 8.000,00 Euro brutto pro Monat für den streitgegenständlichen Zeitraum als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Für die ersten sechs Wochen der Erkrankung ergibt sich der Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EntgeltfortzahlungsG, ab der 7. Woche besteht der Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 AnstellungsV. Dass vorübergehende Arbeitsunfähigkeit im Sinne der vertraglichen Vereinbarung bestand und Beträge seitens der Krankenkasse oder eines anderen Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wurden, hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt.

36

1.2. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist weder nach § 313 Abs. 1 BGB, noch aufgrund einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin anzupassen oder gar entfallen. Einwendungen gegen die Ausführungen des Arbeitsgerichts diesbezüglich macht der Beklagte mit seiner Berufung nicht geltend. Ungeachtet dessen erweist sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.

37

a) Eine Anpassung oder ein Entfallen des von den Parteien im AnstellungsV vereinbarten Vergütungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt nicht in Betracht. Die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist grundsätzlich kein selbständiger Grund für die Beendigung oder Änderung eines Arbeitsverhältnisses. Die Notwendigkeit, einen Arbeitsvertrag an veränderte Verhältnisse anzupassen, kann zwar ein Anlass für eine Änderungskündigung sein (soweit diese an sich zulässig ist), ersetzt diese aber nicht (BAG 29. August 1981 - 2 AZR 778/78 - Rn. 32, zitiert nach juris). Das Kündigungsrecht ist gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis(BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 126/05 - Rn. 29, zitiert nach juris). Der Arbeitgeber hat sich grundsätzlich der Möglichkeit der Änderungskündigung zu bedienen, in deren Rahmen die Tatbestände zu würdigen sind, welche für den Wegfall der Geschäftsgrundlage herangezogen werden können (KR- Rost/Kreft 10. Auflage § 2 KSchG Rn. 54k). Eine Änderungskündigung hat der Beklagte - unabhängig davon, ob eine solche wirksam gewesen wäre - vorliegend nicht ausgesprochen.

38

b) Der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung für die Monate Februar bis April 2012 unterliegt auch nicht wegen einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin der Anpassung oder dem Wegfall. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Organmitglied bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft in wesentlichem Maße aufgrund der von ihm als solchem geschuldeten Treuepflicht gehalten ist, einer Herabsetzung seiner Bezüge zuzustimmen und dies im Grundsatz auch für Geschäftsführer einer GmbH unabhängig davon gilt, ob und in welchem Umfang sie an der Gesellschaft beteiligt sind (vgl. BGH 15. Juni 1992 - II ZR 88/91 - Rn. 16 zitiert nach juris), bringt dies die Ansprüche der Klägerin nicht zu Fall. Die Klägerin beansprucht für die Monate Februar bis April 2012 keine Geschäftsführervergütung aus dem bereits zum 31. Oktober 2010 beendeten Geschäftsführervertrag, sondern verlangt Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus ihrem kraft AnstellungsV vom 18. August 2010 bestehenden Arbeitsverhältnis als Assistentin der Geschäftsführung. Die Klägerin ist an der Geltendmachung ihrer arbeitsvertraglichen Rechte auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) gehindert. Zwar ist die Ausübung eines Rechts regelmäßig rechtsmissbräuchlich, wenn der Berechtigte es durch gesetzes-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat (BGH 26. November 2004 - V ZR 90/04 - Rn. 25; MünchKomm-BGB - Roth/Schubert 6. Auflage 2012 - § 242 Rn. 241 ff.). Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten der Klägerin sind jedoch nicht ersichtlich. Der Beklagte hat den klägerischen Vortrag nicht in Abrede gestellt, dass die bereits im April 2010 gegenüber der Insolvenzschuldnerin erklärte Kündigung des Geschäftsführervertrages durch die Klägerin zum 31. Oktober 2010 vor dem Hintergrund der erforderlichen Betreuung der schwer erkrankten Tochter der Klägerin erfolgt ist. Dass der Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit der Klägerin als Assistentin der Geschäftsführung vom 18. August 2010 zum Zwecke der Umgehung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten geschlossen worden wäre, war daher nicht erkennbar.

39

1.3. Der streitgegenständliche Anspruch ist nicht gemäß §§ 389, 387 ff. BGB infolge der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 hilfsweise erklärte Aufrechnung untergegangen. Die Berufung verhält sich zur Frage der erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12. Juni 2012 erklärten Aufrechnung nicht, insbesondere tritt sie den insoweit zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht entgegen, die Klägerin hafte nicht gemäß § 64 Satz 1 GmbHG für die im April 2011 veranlassten bzw. nicht verhinderten Zahlungen der Insolvenzschuldnerin, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr Geschäftsführerin gewesen sei und der Beklagte sich - ebenso wie die Insolvenzschuldnerin - nach der der Insolvenzschuldnerin am 26. April 2010 zugegangenen Kündigung des Geschäftsführervertrags vom 25. April 2010 zum 31. Oktober 2010, nicht auf die Publizität des Handelsregisters (§ 15 Abs. 1 HGB) berufen könne.

40

2. Auch die vom Beklagten erst im Berufungsrechtszug erklärte Aufrechnung mit weiteren Gegenforderungen gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG und aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr im Oktober 2010 veranlasster oder nicht verhinderter Zahlungen der Insolvenzschuldnerin haben die Klageforderung nicht gemäß §§ 389, 387 ff. BGB zum Erlöschen gebracht. Die Aufrechnung konnte keine Berücksichtigung finden, da zwar die prozessualen Voraussetzungen dafür nach den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 533 ZPO vorlagen, die erklärte Aufrechnung jedoch unzulässig ist.

41

2.1. Wird erstmals in der Berufungsinstanz eine Aufrechnung erklärt, ist dies nach §§ 64 Abs. 4 ArbGG, 533 ZPO nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (Nr. 1) und die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

42

(a) Zwar hat die Klägerin ihre Einwilligung zu Berücksichtigung der vom Beklagten im Berufungsverfahren erklärten Aufrechnung mit einem weiteren Anspruch aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG und Ansprüchen aus persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin der M. W. KG aus abgetretenem Recht ausdrücklich verweigert. Die Aufrechnung war jedoch iSd § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich. Der Begriff der Sachdienlichkeit ist vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu betrachten (Germelmann-Germelmann, ArbGG, 7. Aufl., § 64 Rn 91, 91). Die Sachdienlichkeit ist dabei nur ausnahmsweise zu verneinen (Zöller-Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 533 Rn 6). Im Hinblick darauf, dass unter der Flagge der Klageänderung im zweiten Rechtszug ohnehin kein neuer Prozessstoff eingeführt werden kann, ist die Sachdienlichkeit nicht kleinlich zu beurteilen und im Sinne der doppelten Nutzung des Streitstoffs immer schon dann zu bejahen, wenn damit bei objektiver Betrachtung der Streit zwischen den Parteien endgültig erledigt und einem weiteren Prozess vorgebeugt wird (MünchKomm-ZPO - Rimmelspacher 4. Aufl. 2012 § 533 Rn. 13). Hiervon ist vorliegend auszugehen, da bei einer Entscheidung auch über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien insoweit nicht zu erwarten stünde.

43

b) Die Einführung der Aufrechnung mit den weiteren Gegenforderungen erstmals im laufenden Berufungsverfahren scheitert auch nicht an der Regelung des § 533 Nr. 2 ZPO, wonach eine Aufrechnungserklärung nur dann berücksichtigt werden kann, wenn diese auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht im Rahmen seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu berücksichtigen hat.

44

(1) Soweit der Beklagte die Aufrechnung erklärt hat mit abgetretenen Ansprüchen aus persönlicher Haftung der Klägerin als Komplementärin der M. W. KG, liegen der Beurteilung der behaupteten Forderung zwar neue Tatsachen zu Grunde, diese sind jedoch gemäß §§ 533 Nr. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähig, da der Beklagte die Geltendmachung der Forderung im ersten Rechtszug nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat. Sind Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Vorinstanz entstanden, so konnte keine Partei sie im ersten Rechtszug einführen und ihre unterlassene Geltendmachung im ersten Rechtszug beruht von Hause aus nicht auf einer Nachlässigkeit iSd. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO(vgl. MünchKomm-ZPO - Rimmelspacher 4. Aufl. 2012 § 531 Rn. 25). Stützt der Beklagte eine Einwendung gegen den Klageanspruch auf eine Rechtsposition, die er im Wege der Abtretung erworben hat, so ist das entsprechende Verteidigungsmittel erst mit dem Erwerb der Rechtsposition entstanden; hierbei ist unerheblich, ob das nachträglich entstandene Angriffs- oder Verteidigungsmittel schon vorher hätte geschaffen werden können (BGH 17. Mai 2011 - X ZR 77/10 - Rn. 13 f. zitiert nach juris). Da die Abtretungserklärung, auf die sich der Beklagte hinsichtlich der Ansprüche gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG beruft - unabhängig von ihrer von der Klägerin in Abrede gestellten Wirksamkeit - vom 27. September 2012 datiert, sind die Voraussetzungen des nunmehr geltend gemachten Rechts erst nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung vom 31. Juli 2012 entstanden. Die Einführung der Forderung im Wege der Aufrechung erst im Berufungsverfahren war daher zulässig.

45

(2) Auch der vom Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 24. Oktober 2012 erklärten Aufrechnung mit einem weiteren Anspruch gegen die Klägerin aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr im Zeitraum vom (zuletzt geltend gemachten) 20. bis 24. Oktober 2010 veranlasste Zahlungen der Insolvenzschuldnerin liegt Streitstoff zu Grunde, mit dem sich das Berufungsgericht auch ohne die Aufrechnungserklärung hätte beschäftigen müssen. Der Beklagte hat unter dem Gesichtspunkt einer fortwirkenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Klägerin als Geschäftsführerin bereits den Bestand der Klageforderung in Abrede gestellt und unter Berufung auf einen Jahresfehlbetrag von 605.119,13 Euro zum Bilanzstichtag 2010 geltend gemacht, diese habe durch ihren Rückzug als Geschäftsführerin lediglich einer Haftung als Geschäftsführerin entgehen wollen. Auch wenn dieser Vortrag für die Klageforderung als solche aus den dargestellten Gründen materiellrechtlich unbeachtlich war, stützt der Beklagte die nunmehr unter konkreter Darlegung einzelner - von der Klägerin nicht in Abrede gestellter Zahlungen - zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung daher im Wesentlichen auf dieselben Tatsachen, die der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zu Grunde zu legen waren.

46

2.2. Ungeachtet des Vorliegens der formalen Voraussetzungen des § 533 ZPO für die Berücksichtigung einer Aufrechnung im Rahmen des zweitinstanzlichen Verfahrens scheitert die Aufrechnung des Beklagten jedoch, weil sie unzulässig ist.

47

a) Der Beklagte stützt sich bei seiner im Berufungsverfahren erklärten Aufrechnung auf behauptete rechtswegfremde Gegenforderungen. Sowohl die behauptete Forderung gegen die Klägerin aus persönlicher Haftung als Komplementärin der M. W. KG, als auch die behauptete Forderung aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 Satz 1 GmbHG wegen von ihr als Geschäftsführerin im Oktober 2010 veranlasster oder nicht verhinderter Zahlungen der Insolvenzschuldnerin haben ihren Ursprung nicht im zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin bestandenen Arbeitsverhältnis kraft AnstellungsV vom 18. August 2010. Würde der Beklagte die Forderungen im Klagewege geltend machen, läge eine die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründende bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG daher nicht vor.

48

b) Die Berufungskammer war zur Entscheidung über die Zulässigkeit der vom Beklagten mit rechtswegfremden Forderungen erklärten Aufrechnung befugt.

49

(1) Gemäß § 17 Abs. 2 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Die Aufrechnung ist kein rechtlicher Gesichtspunkt iSv. § 17 Abs. 2 GVG, sondern ein selbstständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren selbstständigen Gegenstand hinzufügt. Die Gerichte für Arbeitssachen können deshalb über die Begründetheit der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung nicht selbst entscheiden (BAG 28. November 2007 - 5 AB 44/07 - Rn. 7; 23. August 2001 - 5 AZB 3/01 - Rn. 8, jeweils zitiert nach juris). Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Entscheidung über die Wirkung einer Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Gegenforderung ist ohne weiteres zu bejahen, wenn die Gegenforderung als Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte gebracht werden könnte, weil sie in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zur arbeitsrechtlichen Klageforderung steht(Germelmann - Matthes/Schlewing ArbGG 7. Aufl. § 2 Rn. 144). Die Gerichte für Arbeitssachen sind für den Rechtsstreit im Übrigen zuständig, soweit nicht mit Rechtskraftwirkung über die Gegenforderung zu entscheiden ist (§ 322 Abs. 2 ZPO). Das Arbeitsgericht hat auch die Zulässigkeit der Aufrechnung zu prüfen, weil es insoweit nicht auf das Bestehen der Gegenforderung ankommt (BAG 28. November 2007 - 5 AZB 44/07 - Rn. 12, zitiert nach juris; Germelmann - Matthes/Schlewing ArbGG aaO § 2 Rn. 146).

50

(2) Ausgehend hiervon war die Kammer zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Aufrechnung berufen. Ob die Voraussetzungen einer Zusammenhangsklage nach § 2 Abs. 3 ArbGG in Form eines engen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Klageforderung und den Gegenforderungen gegeben sind, die dem Gericht auch eine Entscheidung über das Bestehen der streitigen Forderungen in der Sache ermöglich hätte, kann dahinstehen.

51

c) Die vom Beklagten gegen den Bruttolohnanspruch der Klägerin erklärte Aufrechnung ist nicht zulässig.

52

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers nicht mit Gegenansprüchen aufrechnen, es sei denn, die Höhe der Abzüge ist bekannt. Aufgerechnet werden kann nur gegen Nettolohnforderungen des Arbeitnehmers. Anderenfalls wäre nicht klar, in welcher Höhe das Gericht über die Gegenforderung entschieden hat. Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist „die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig“. Der Umfang der Rechtskraft darf aber nicht unklar bleiben. Auch wenn die Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen werden soll, muss feststehen, in welcher Höhe die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist (BAG 16. März 1994 - 5 AZR 411/02 - Rn. 43; 22. März 2000 - 4 AZR 120/99 - Rn. 12; 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - Rn. 54, jeweils zitiert nach juris). Erklärt der Arbeitgeber die Aufrechnung gegen eine Bruttoforderung, fehlt es insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen (§ 387 ZPO), als der Arbeitnehmer zwar Gläubiger der Bruttolohnforderung ist, sie sich jedoch hinsichtlich der auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die Steuer entfallenden Teile auf Zahlung an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger richtet(BAG 19. Februar 2004 - 6 AZR /02 - Rn. 28 unter Verweis auf BAG 07. März 2001 - GS 1/00 -, jeweils zitiert nach juris).

53

(2) Ausgehend hiervon erweist sich die vom Beklagten gegen die Bruttolohnforderung der Klägerin erklärte Aufrechnung hinsichtlich beider im Berufungsrechtszug eingeführter Gegenforderungen als unzulässig. Zwar hätte der Beklagte mit den behaupteten Gegenforderungen gegen den Nettobetrag der Vergütungsdifferenzen an sich aufrechnen können. Er ist jedoch entsprechenden Vortrag, auf welche Vergütungsdifferenzen die Klägerin nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsabgaben Anspruch hat, auch nach gerichtlichem Hinweis vom 10. Januar 2013 auf die fehlende Gegenseitigkeit nach § 387 BGB bei der Aufrechnung des Arbeitgebers gegen Bruttolohnforderungen des Arbeitnehmers schuldig geblieben. Damit entzog sich der genaue Nettobetrag der Lohnforderung der Kenntnis der angesichts des Beibringungsgrundsatzes zur Ermittlung des betreffenden Sachverhaltes nicht von Amts wegen verpflichteten Berufungskammer.

54

(3) Angesichts der Unzulässigkeit der Aufrechnung des Beklagten gegen eine Bruttolohnforderung war der Klage ohne Rücksicht auf den möglichen Bestand der Gegenforderungen zu entsprechen. Dass der Beklagte trotz gerichtlichen Hinweises zudem nicht vorgetragen hat, inwieweit seine Aufrechnung gegen die Arbeitsentgeltforderung der Klägerin dem Aufrechnungsverbot des § 394 BGB iVm. §§ 850 ff. ZPO Rechnung trägt, obwohl ihm insoweit die Darlegungslast obliegt und das Gericht nicht zu Ermittlungen von Amts wegen verpflichtet ist (vgl. BAG 05. Dezember 2002 -6 AZR 569/01 - Rn. 16 -; LAG Düsseldorf 02. Juni 2004 - 12 Sa 361/04 - Rn. 9; jeweils zitiert nach juris) konnte dahinstehen.

55

3. Der Klägerin stehen die ihr auf den zuerkannten Betrag geltend gemachten Zinsen unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

B.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.