Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1117.5SA217.16.0A
17.11.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 7. April 2016, Az. 10 Ca 3001/15, teilweise abgeändert und der Klageantrag zu 4) auf Zahlung von € 133,71 brutto insgesamt abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil als unzulässig verworfen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Die Entscheidung über die Kosten erster Instanz bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers und verschiedene Zahlungsansprüche.

2

Der 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 01.10.2014 als Montageteam-koordinator und seit 01.01.2015 als operativer Bereichsleiter zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von € 5.549,00 angestellt. Die Beklagte plant und baut maßgefertigte Glassysteme für Kühlmöbel im Lebensmittelhandel und in Tankstellen, sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war vor seiner Anstellung über zehn Jahre bei der D. Kunststoff- und Metallwaren GmbH beschäftigt, die denselben Geschäftsführer wie die Beklagte hat. Über das Vermögen dieser Gesellschaft wurde am 13.05.2015 die vorläufige Verwaltung und am 01.08.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Neuwied 21 IN 66/15).

3

Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende vereinbart. Dem Kläger wurde ein Firmenwagen auch zur Privatnutzung überlassen, der geldwerte Vorteil wurde mit monatlich € 392,00 versteuert. In § 11 Ziff. 1 des Kfz-Überlassungsvertrages heißt es ua:

4

"Die Gebrauchsüberlassung ist an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endet mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Auf Verlangen der Firma ist der Mitarbeiter zur Herausgabe des Fahrzeugs verpflichtet,

5

- für die Dauer einer angeordneten Freistellung, insbesondere nach Kündigung,
- für die Dauer eines krankheitsbedingten Ausfalls nach dem sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum."

6

Des Weiteren trafen die Parteien am 13.10.2014 eine dem Arbeitsvertrag als Anlage beigefügte Vereinbarung, nach der der Kläger zusätzlich zu seinem Gehalt ab 01.01.2015 eine variable Vergütung erhält, die sich wie folgt bemisst:

7

"Die variable Vergütung beträgt für den In- und Auslandsumsatz pro Jahr 0,1 % des Nettojahresumsatzes (ohne Muster und Montagen)."

8

Der in einer Fünf-Tage-Woche bei der Beklagten beschäftigte Kläger war vom 22.06. bis (Freitag) 21.08.2015 arbeitsunfähig erkrankt; er bezog vom 03.08. bis 21.08.2015 Krankengeld. Am 03.08.2015 gab er der Beklagten - auf deren Aufforderung - den ihm überlassenen Firmenwagen heraus, den er in der Folgezeit nicht mehr zurückerhielt. Für den 22. und 23.08.2015 (Samstag, Sonntag) zahlte ihm die Beklagte zunächst keine Vergütung, im Verlauf des Rechtsstreits nachträglich € 346,67 brutto. Vom (Montag) 24.08. bis 04.09.2015 hatte der Kläger Erholungsurlaub.

9

Mit Schreiben vom 31.08.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen ordentlich zum 29.02.2016. Als sich der Kläger nach seinem Urlaub wieder im Betrieb einfand, stellte ihn die Beklagte gegen seinen Willen von seiner Arbeitsverpflichtung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei.

10

Gegen die Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 03.09.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er verlangt außerdem seine vorläufige Weiterbeschäftigung. Zudem begehrt er restliche Vergütung für den 22. und 23.08.2015 iHv. € 133,71 brutto. Außerdem macht er für die Zeit von September 2015 bis Januar 2016 Nutzungsentschädigung iHv. € 1.960,00 brutto (5 x € 392,00) wegen der Nichtrückgabe des Firmenwagens nach seiner Genesung geltend. Schließlich begehrt er mit der Stufenklage Auskunft über den Nettojahresumsatz der Beklagten, um seinen Anspruch auf die variable Vergütung für das Jahr 2015 beziffern zu können. Seinen erstinstanzlichen Antrag auf Zahlung von € 28,42 netto hat das Arbeitsgericht - insoweit rechtskräftig - abgewiesen.

11

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Teilurteils vom 07.04.2016 Bezug genommen.

12

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

13

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 31.08.2015 nicht aufgelöst wurde,

14

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 29.02.2016 hinaus fortbesteht,

15

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziff. 1) zu den im Arbeitsvertrag vom 13.10.2014 geregelten Arbeitsbedingungen als operativer Bereichsleiter und Montageteamkoordinator bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen,

16

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 133,71 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.09.2016 zu zahlen,

17

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.960,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 392,00 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2015, 01.01. und 01.02.2016 zu zahlen,

18

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 28,42 netto zu zahlen,

19

7. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über ihren Nettojahresumsatz (ohne Muster und Montagen) für den In- und Auslandsumsatz des Jahres 2015.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Das Arbeitsgericht hat der Klage weit überwiegend stattgegeben und ausgeführt, die Kündigungsschutzklage (Antrag Ziff. 1) sei begründet, weil die Kündigung vom 31.08.2015 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt sei. Auch der sog. Schleppnetzantrag (Antrag Ziff. 2) sei begründet, weil sich der Beklagtenvertreter auf Nachfrage im Kammertermin nicht dazu geäußert habe, ob weitere Beendigungstatbestände im Raum stünden. Der Antrag zu Ziff. 4) sei überwiegend begründet, weil der Kläger für den 22. und 23.08.2015 restliche Vergütung iHv. € 133,33 (nicht € 133,71) brutto beanspruchen könne. Der Antrag zu Ziff. 5) sei begründet, weil der Kläger Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Vorenthaltung des Firmenwagens in der Zeit von September 2015 bis Januar 2016 habe. Schließlich stehe dem Kläger auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch (Antrag Ziff. 7) zu. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Teilurteils vom 07.04.2016 Bezug genommen.

23

Gegen das am 04.05.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 23.05.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.08.2016 verlängerten Frist am 03.08.2016 begründet.

24

Sie macht geltend, die Kündigungsschutzklage (Antrag Ziff. 1) sei unbegründet, denn ihre Kündigung vom 31.08.2015 sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe sie substantiiert genug dargelegt, auf welcher unternehmerischen Entscheidung ihre Kündigung fuße. Im August 2015 habe ihr Führungskreis eine Vielzahl von Unternehmerentscheidungen getroffen, die zwischenzeitlich längst umgesetzt worden seien. Insofern sei auch das Organigramm geändert worden. Unter den Abteilungen "Vertrieb" und "kaufmännische Leitung" habe sich der "Vertriebsinnendienst", der "Einkauf" sowie die "Montagekoordination und Subunternehmerbereichsleitung" befunden. Letztgenannte Abteilung, in der sie den Kläger beschäftigt habe, sei aufgelöst worden. Sie habe die Prozessabläufe optimiert und die Restabteilung der Montagekoordination in andere Arbeitsbereiche verlagert. Das Buchen von Rechnungen habe sie ebenso wie die Prüfung der Bestände, das Buchen von Tankvorgängen und Mautzahlungen komplett eingestellt. Vor der Unternehmerentscheidung habe sie Speditionen im Werkvertragsverhältnis beauftragt. Der Kläger sei dafür zuständig gewesen, Speditionen zu kontaktieren, Angebote einzuholen, Verhandlungen zu führen und letztlich Aufträge zu vergeben. Diese Arbeit sei vollumfänglich weggefallen, weil sie zwei eigene Kraftfahrer beschäftige, denen sie die Speditionsplanung übertragen habe. Die Abteilung "Vertriebsinnendienst" erledige die Montagebestätigung mit Kunden (Termin, Inhalt, Meteranzahl für Palettenplanung) auf einem Formular. Dieses Formular werde den Fahrern ausgehändigt, so dass sie erkennen könnten, welche Produkte sie zu laden und welche Kunden sie anzufahren haben. Die Fahrer müssten den Plan lesen, ihre Route selbst optimal zusammenstellen und das Vorhandensein der benötigten Produkte prüfen. Die zwei Fahrer arbeiteten 45 Stunden pro Woche und leisteten seit vielen Monaten keine Überstunden. Der Kläger habe vor ihrer Unternehmerentscheidung alle Subunternehmer (mit einer Ausnahme) betreut und deren Rechnungen geprüft. Zur Betreuung habe bspw. auch das Buchen von Hotels für die Monteure gehört. Diese Aufgabe werde nunmehr von den eigenen Monteuren erledigt. Der Kläger habe vor der Unternehmerentscheidung außerdem Bestände für den Einkauf geprüft, also den Bedarf ermittelt, den Lagerbestand festgestellt und somit die sich ergebenden Differenzen von Gütern bestellt. Durch die Einführung eines Warenwirtschaftssystems sei diese Tätigkeit vollumfänglich weggefallen. Der Bestand des Lagers werde nunmehr vollautomatisch erfasst. Sie habe früher auf das bei der D. Kunststoff- und Metallwaren GmbH implementierte SAP-System zurückgegriffen, mit Insolvenzeröffnung sei diese Möglichkeit weggefallen. Die Bestandsprüfung sei deshalb durch den Kläger für jeden Auftrag händisch durchgeführt worden. Diese Tätigkeit falle nicht mehr an. Auch das Buchen von Rechnungen sei weggefallen. Früher habe der Kläger im Warenwirtschaftssystem (SAP) eingebucht, nunmehr erfolge eine digitale Zuleitung der eingescannten Rechnungen an DATEV. Was die Bargeldverwaltung und die Tankvorgänge angehe, habe sie früher DKV-Tankkarten (über die D. Kunststoff- und Metallwaren GmbH) eingesetzt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe der Kläger den Monteuren Bargeld gegeben und nach Vorlage der Tankquittungen entsprechend nachgebucht. Sie habe nunmehr UTA-Tankkarten eingeführt, die Bargeldverwaltung für die Tankvorgänge sei vollumfänglich weggefallen. Zu den Aufgaben des Klägers habe es außerdem gehört, ihre Glaslieferanten zu betreuen. Nachdem ein Lieferant die Isolierglasfertigung eingestellt habe, habe sie einen Lieferanten aus Polen beauftragt. Dieser erhalte ohne manuelle Bestätigung die Aufträge durch das bereits mehrfach angeführte System. Hinzu komme, dass sie auch selbst Isolierglas produziere. Bestellungen an andere Lieferanten würden durch das Warenwirtschaftssystem über den Einkauf automatisch konfiguriert, es erfolge keine zusätzliche manuelle Bearbeitung noch eine Rücksprache mit den Lieferanten. Diverse organisatorische Aufgaben, die den Kläger ca. eine Stunde täglich gebunden hätten, erledige in Zukunft ihr Geschäftsführer persönlich. Dies sei unproblematisch möglich, weil seine Tätigkeit für die D. Kunststoff- und Metallwaren GmbH aufgrund der Insolvenz wegfallen sei. Außerdem werde ihr Geschäftsführer von seinen Töchtern und seinem Schwiegersohn unterstützt. Aufgrund ihrer Unternehmerentscheidung sei auch die Aufgabe des Klägers weggefallen, Messen zu planen. Sie führe keine Messen mehr durch. Sollte dies ausnahmsweise noch der Fall sein, werde die Tätigkeit von den Töchtern des Geschäftsführers erledigt, die eine Werbeagentur betrieben. Wenn das Arbeitsgericht in seinem Urteil ausführe, der Arbeitsaufwand für die Messen habe sich überwiegend auf die Messezeiten selbst beschränkt, sei dies nicht nachvollziehbar. Die eigentliche Messeplanung starte immer sieben Monate vor Durchführung der Messe, dies fange bereits damit an, einen Messeplatz zu organisieren. Der Kläger sei diesbezüglich ganzjährig involviert gewesen, und zwar mit einer durchschnittlichen Arbeitsbelastung von zwei Stunden am Tag. Er habe nicht nur den Messeplatz organisieren, sondern auch Messebauer beauftragen, den Stand einschließlich seiner Optik, der Möbel und der Stromleitungen planen, die Werbematerialien sowie die Verpflegung, den Sicherheitsdienst und die Hotelunterkünfte etc. beschaffen müssen. Schließlich verweise das Arbeitsgericht auf weitere angeblich grundsätzlich geschuldete Tätigkeiten im Rahmen der Stellenbeschreibung. Sie habe bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass diese Aufgaben vom Kläger nicht ausgeführt worden seien. Der Arbeitsplatz des Klägers sei vollumfänglich in Wegfall geraten.

25

Der Kläger könne für den 22. und 23.08.2015 keine Vergütung beanspruchen (Antrag Ziff. 4). Das Arbeitsgericht habe einerseits den Lohnanspruch bejaht, andererseits ausgeführt, bei dem 22. und 23.08.2015 handele es sich um einen Samstag und Sonntag. Da der Kläger regulär von montags bis freitags gearbeitet habe, entfalle denklogisch ein Vergütungsanspruch für Samstag und Sonntag. Auf die Frage, ob der Kläger arbeitsfähig gewesen sei, komme es nicht an. Ein Anspruch auf weiteren geldwerten Vorteil für den Firmenwagen (Antrag Ziff. 5) stehe dem Kläger nicht zu. Nach eigenem Bekunden habe er bis 21.08.2015 Krankengeld bezogen, so dass ein Anspruch auf Gestellung eines Firmenwagens zu Privatzwecken nach der sechswöchigen Lohnfortzahlung ausscheide. Ziff. 4 des erstinstanzlichen Tenors hätte so nicht tenoriert werden dürfen, der entsprechende Antrag des Klägers (Antrag Ziff. 7) sei im Hinblick auf die Unbestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, zu unbestimmt.

26

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

27

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.04.2016, Az. 10 Ca 3001/15, teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig; im Übrigen ist sie begründet.

A.

32

Die Berufung ist nur hinsichtlich des Klageantrags zu Ziff. 4) zulässig. Bezüglich der anderen Anträge (zu Ziff. 1, 2, 3, 5, 7) ist sie mangels ausreichender Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts unzulässig.

I.

33

Eine Berufungsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Eine Berufungsbegründung muss gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (st. Rspr., sh. nur BAG 19.07.2016 - 2 AZR 637/15 - Rn. 17-19 mwN; BAG 17.02.2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 13 mwN).

II.

34

Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Beklagten nur teilweise gerecht.

35

1. Die Beklagte setzt sich nur bezüglich des Antrags zu Ziff. 4) mit der Begründung des Arbeitsgerichts auseinander und legt dar, warum das Arbeitsgericht nach ihrer Auffassung für den 22. und 23.08.2015 rechtsfehlerhaft einen Anspruch auf Zahlung von € 133,33 brutto bejaht hat.

36

2. Soweit sich die Berufung der Beklagten dagegen wendet, dass das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage (Antrag Ziff. 1) gegen die betriebsbedingte Kündigung vom 31.08.2015 zum 29.02.2016 stattgegeben hat, genügt ihre Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

37

a) Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe keine Gründe dargetan, die geeignet wären, eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial zu rechtfertigen.

38

Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, auf welcher unternehmerischen Entscheidung ihre Kündigung fußen soll. Insoweit behaupte sie lediglich, ihr Führungskreis habe Mitte August 2015 "eine Vielzahl von Unternehmerentscheidungen beschlossen, die spätestens Ende Februar 2016 vollumfänglich umgesetzt" würden. Damit sei noch nicht einmal die Anzahl der Unternehmerentscheidungen klar, die die betrieblichen Gründe für die Kündigung beinhalten sollen. Jedenfalls fehle die Darlegung des Wegfalls der vom Kläger geschuldeten Arbeitstätigkeit. Insoweit komme es nicht auf den Wegfall eines "Arbeitsplatzes" an, sondern auf den Wegfall der auf diesem Arbeitsplatz vom gekündigten Arbeitnehmer erbrachten Tätigkeiten. Zwar berufe sich die Beklagte im Ansatz zu Recht darauf, dass eine unternehmerische Entscheidung vom Gericht nur auf offenbare Unsachlichkeit oder Willkür überprüft werden könne. Je näher die unternehmerische Entscheidung an den eigentlichen Kündigungsentschluss heranrücke, desto höher seien allerdings die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers in Bezug auf den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den gekündigten Arbeitnehmer.

39

Diesen Anforderungen sei die Beklagte nicht gerecht geworden. In Bezug auf die Speditionsplanung habe sie schlicht behauptet, die Lkw-Fahrer führten diese künftig selbst durch, ohne dafür Überstunden leisten zu müssen. Dieser Vortrag sei ungenügend. Die Beklagte habe sich insbesondere nicht mit dem Einwand des Klägers auseinandergesetzt, es gehe bei der Speditionsplanung nicht nur um die Planung der jeweiligen Tour, sondern auch um die Verteilung der anfallenden Touren auf die einzelnen Fahrer, um deren Koordination sowie um die Rücksprache mit dem jeweiligen Kunden. Diese Aufgaben könnten nicht ohne weiteres von den einzelnen Lkw-Fahrern ausgeübt werden, weil sie sich auch untereinander bei der Verteilung der Touren koordinieren müssten. Gleiches gelte für die Behauptung der Beklagten, zukünftig kontrollierten die Monteure die Rechnungen der Subunternehmer eigenständig selbst. Zu den Einwänden des Klägers, eine Arbeitsersparnis entstehe durch das ERP-PPS- und das DATEV-System nicht, weil die vom DATEV-System übernommenen Aufgaben bei ihm nicht angefallen, und die jetzt vom ERP-PPS-System durchgeführten Aufgaben schon vorher vom SAP-System übernommen worden seien, habe sich die Beklagte nicht substantiiert geäußert. Gleiches gelte hinsichtlich des Einwands des Klägers, Tankkarten und Mautbox habe es schon vorher gegeben, so dass bei ihm keine Arbeitszeit entfalle. Hinsichtlich der Lieferantenbetreuung habe die Beklagte nur unsubstantiiert behauptet, dass eine Stunde Arbeitszeit pro Tag wegfalle. Weshalb dem so sein soll, habe sie nicht vorgetragen. Ihr Vortrag, die Verträge der Lieferanten seien "gestrafft" worden, sei inhaltsleer. Der Vortrag werde auch durch die Erläuterung, dadurch sei das "Verhalten der Lieferanten klar und eindeutig geregelt", nicht verständlicher. Es sei auch unklar, weshalb es in Zukunft nicht mehr erforderlich sein soll, mit den Lieferanten Rücksprache zu halten. Hinsichtlich der Planung von Messen falle zunächst auf, dass die Beklagte in ihrer Klageerwiderung behauptet habe, sie nehme künftig nicht mehr an Messen teil, dann aber, nachdem der Kläger darauf aufmerksam gemacht habe, dass sie auf ihrer Homepage für Herbst 2016 und Frühjahr 2017 bereits auf zwei Messen hinweise, ihren Vortrag geändert habe. Sofern sie vereinzelt doch noch Messen durchführe, werde sie diese Aufgabe an die Töchter des Geschäftsführers vergeben. Selbst wenn man die darin liegende Widersprüchlichkeit außer Acht lasse, sei die Beklagte dem weiteren Vortrag des Klägers, der Arbeitsaufwand für die Messen habe sich ganz überwiegend auf die Messezeiten selbst beschränkt, nicht entgegen getreten. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, weshalb der Kläger arbeitstäglich zwei Stunden für die Messeplanung benötigt habe. Im Übrigen hätte die Beklagte darlegen müssen, dass auch die Arbeitstätigkeiten des Klägers entfallen seien, die in der ausführlichen Stellenbeschreibung für dessen Aufgaben als "Montageteamkoordinator" aufgeführt seien (ua. die Verzahnung zur Produktion, zum Vertriebsinnendienst, zur Vertriebsleitung und zum Kunden, die Absprache, Disposition und Abstimmung mit der Produktion, die Kontrolle der Waren auf Vollständigkeit einschließlich Dokumentation, die Anmeldung der Waren beim Kunden, die Abstimmung und Überwachung mit dem Fachbereich Logistik, die Koordination und Überwachung der Verladung sowie die Transportlogistik, die Umsetzung der internen Abnahmeprotokolle und die Schnittstelle zum Vertriebsinnendienst, die Kapazitätsplanung der Montageteams einschließlich der Planung von Übernachtungen, die Überprüfung der Spesenabrechnungen, die Nachkalkulation zwecks schlüssigem Auftragscontrolling, das Controlling und die Dokumentation der Montageperformance, bereichsübergreifende Ablaufbesprechungen und Optimierungen, die Schulung aller Monteure sowie die Verantwortlichkeit für die Inhouse-Ausstellung). Selbst wenn der Kläger diese Tätigkeiten bei der Beklagten zuletzt nicht alle ausgeübt haben sollte, seien sie gleichwohl von ihm vertraglich geschuldet und damit von der Beklagten zu berücksichtigen, ehe sie sich auf einen Wegfall des Arbeitsbedarfs berufe. Im Übrigen habe der Kläger ausdrücklich geltend gemacht, seine Tätigkeit als "operativer Bereichsleiter" habe seine vormalige Tätigkeit als "Montageteamkoordinator" nicht abgelöst, sondern sei kumulativ hinzugekommen. Auch dem sei die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.

40

b) Die Berufungsbegründungsschrift enthält keine argumentative Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen des Arbeitsgerichts. Die Beklagte wiederholt weitgehend ihren erstinstanzlichen Vortrag aus der Klageerwiderungsschrift vom 04.12.2015. Der schlichten Wiederholung des Tatsachenvortrags lässt sich auch nicht ansatzweise entnehmen, was nach Auffassung der Beklagten am Urteil des Arbeitsgerichts falsch sein soll. Weil das Arbeitsgericht den Vortrag der Beklagten für unsubstantiiert erachtet hat, hätte sie umso eindeutiger angeben müssen, gegen welche der umfangreichen Ausführungen des Urteils ihr Angriff sich richten und wie er begründet werden soll.

41

Mit den konkreten Erwägungen des Arbeitsgerichts, weshalb der Sachvortrag mangels hinreichender Substantiierung nicht ausreiche, um die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zu rechtfertigen, befasst sich die Berufungsbegründung nicht. Die Beklagte hat nicht herausgearbeitet, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Gründe sie den Ausführungen des Arbeitsgerichts entgegensetzen will. Wenn das Arbeitsgericht ausführt, die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, auf welcher unternehmerischen Entscheidung ihre Kündigung fußen soll; die bloße Behauptung, ihr Führungskreis habe Mitte August 2015 "eine Vielzahl von Unternehmerentscheidungen beschlossen, die spätestens Ende Februar 2016 vollumfänglich umgesetzt" seien, genüge nicht, kann die Beklagte sich nicht auf die formelhafte Wendung beschränken, sie habe "entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts" substantiiert genug dargelegt, auf welcher unternehmerischen Entscheidung ihre Kündigung fuße. Im August 2015 habe ihr Führungskreis eine Vielzahl von Unternehmerentscheidungen getroffen, die zwischenzeitlich längst umgesetzt worden seien. Mit den im erstinstanzlichen Urteil ausgeführten inhaltlichen Gesichtspunkten, weshalb das Vorbringen unsubstantiiert geblieben ist, hat sich die Beklagte nicht auseinandergesetzt.

42

3. Soweit das Arbeitsgericht dem Klageantrag zu Ziff. 2) auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien "auch nicht durch andere Beendigungstatbestände beendet" worden ist, stattgegeben hat, ist die Berufung ebenfalls unzulässig.

43

a) Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass der Vertreter der Beklagten auf Nachfrage im Kammertermin, ob weitere Beendigungstatbestände im Raum stünden, erklärt habe, dass er sich dazu nicht äußere bzw. nichts sagen können. Erkundigungen bei seiner Partei habe er offenbar nicht eingeholt. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Kläger sei daher zu bejahen. Zudem sei der Antrag begründet, weil die Beklagte zwar Antragsabweisung beantragt, aber keinen weiteren Beendigungstatbestand vorgebracht habe, auf den sie sich berufen wolle.

44

b) Auf diese Ausführungen des Arbeitsgerichts geht die Berufungsbegründung mit keinem Wort ein.

45

4. Soweit sich die Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung wegen der vorenthaltenen privaten Nutzung eines Firmenwagens richtet, genügt auch die diesbezügliche Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

46

a) Das Arbeitsgericht hat angenommen, der Kläger könne auf den Klageantrag zu Ziff. 5) für die Monate von September 2015 bis Januar 2016 eine Entschädigung iHv. € 1.960,00 brutto beanspruchen, weil ihm die Beklagte den Firmenwagen im Anschluss an seine Arbeitsunfähigkeit ab 22.08.2015 nicht mehr zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt habe.

47

Zwar sei in § 11 Ziff. 1 des Kfz-Überlassungsvertrags geregelt worden, dass der Kläger verpflichtet sei, den Firmenwagen für die Dauer eines krankheitsbedingten Ausfalls nach dem sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum auf Verlangen herauszugeben. Diese Herausgabepflicht - der er nachgekommen sei - habe mit dem Krankengeldbezug ab 03.08.2015 begonnen und mit Ablauf des 21.08.2015 geendet. Weshalb der Kläger ab 22.08.2015 noch arbeitsunfähig gewesen sein sollte, habe die Beklagte nicht vorgetragen.

48

Auf die weitere in § 11 Ziff. 1 des Kfz-Überlassungsvertrags geregelte Möglichkeit, den Firmenwagen für die Dauer einer angeordneten Freistellung, insb. nach Kündigung, herauszuverlangen, habe sich die Beklagte nicht berufen. Aus dieser Klausel könnte sie jedoch auch keinen Herausgabeanspruch herleiten. Zwar begegne eine solche Klausel keinen grundsätzlichen Bedenken in Bezug auf eine Inhaltskontrolle (vgl. BAG 21.03.2012 - 5 AZR 651/10). Allerdings müsse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wirksam von seiner Arbeitsverpflichtung freistellen. Daran fehle es im Streitfall. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den Kläger für die Dauer der sechsmonatigen Kündigungsfrist einseitig freizustellen. Sie sei deshalb verpflichtet, ihm für die Monate September 2015 bis Januar 2016 eine Nutzungsausfallentschädigung iHv. monatlich € 392,00 zu zahlen.

49

b) Mit dieser Begründung setzt sich die Berufung in keiner Weise auseinander. Die Beklagte macht insoweit lediglich geltend, ein Anspruch auf weiteren geldwerten Vorteil für den Firmenwagen stehe dem Kläger nicht zu. Nach eigenem Bekunden habe er bis zum 21.08.2015 Krankengeld bezogen, so dass ein Anspruch auf Gestellung eines Dienstfahrzeugs zu Privatzwecken nach der sechswöchigen Lohnfortzahlungsfrist ausscheide. Dieses Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Beklagte die Begründung des Arbeitsgerichts überhaupt zur Kenntnis genommen hat.

50

5. Hinsichtlich des Klageantrags zu Ziff. 7) auf Auskunft fehlt es ebenfalls an einer Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts.

51

a) Das Arbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu. Die diesbezügliche Einwendung der Beklagten beschränke sich auf den Satz, der Klageantrag sei im Hinblick auf seine Unbestimmtheit unzulässig. Dies sei nicht nachvollziehbar, weil der Kläger Auskunft darüber verlange, was in der Anlage zum Arbeitsvertrag vom 13.10.2014 - in von der Beklagten vorformulierten Worten - vereinbart worden sei, nämlich über den Nettojahresumsatz (ohne Muster und Montagen) für den In- und Auslandsumsatz, nach dem sich seine 0,1%-ige variable Vergütung bemesse. Der Kläger habe genau diese Wendungen und Vokabeln für seinen Antrag verwendet, so dass der Beklagten klar sein müsste, was er mit seinem Antrag begehre.

52

b) Die Berufung macht lediglich geltend, Ziff. 4 des Tenors hätte so nicht tenoriert werden dürfen, der entsprechende Antrag des Klägers sei im Hinblick auf die Unbestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, zu unbestimmt. Das reicht nicht ansatzweise aus.

B.

53

Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Berufung der Beklagten begründet. Der Kläger hat für den 22. und 23.08.2015 keinen Anspruch auf Zahlung von € 133,33 brutto. Insoweit ist das angefochtene Teilurteil abzuändern und der Klageantrag zu Ziff. 4) voll abzuweisen.

54

Der Kläger hat am Samstag und Sonntag (22. und 23.08.2015) unstreitig nicht gearbeitet und auch nicht arbeiten müssen. Bis zum 21.08.2015, einem Freitag, bezog er Krankengeld; ab Montag, dem 24.08.2015 war er bis zum 04.09.2015 in Erholungsurlaub.

55

Da vorliegend keine tarifliche Vorschrift, keine Betriebsvereinbarung und keine besondere einzelvertragliche Regelung zur Umrechnung auf Teillohnperioden besteht, ist es zulässig, die tatsächlich geleisteten Arbeitstage in Relation zu den im Monat möglichen Arbeitstagen zu setzen. Endet - wie hier - der Krankengeldanspruch des Arbeitnehmers an einem Freitag während des laufenden Monats (21.08.2015), so ist in der Fünf-Tage-Woche der anteilige Gehaltsanspruch in der Weise zu berechnen, dass das monatliche Bruttogehalt durch die in dem betreffenden Monat tatsächlich anfallenden Arbeitstage geteilt und der sich danach ergebende Betrag mit der Anzahl der Arbeitstage - hier Urlaubstage - multipliziert wird (vgl. BAG 14.08.1985 - 5 AZR 384/84).

56

Der Monat August 2015 hatte in der Fünf-Tage-Woche (montags bis freitags) insgesamt 21 Arbeitstage. Der Kläger bezog vom 3. bis zum 21. (19 Kalendertage, 15 Arbeitstage) Krankengeld; die Beklagte zahlte ihm für die Zeit vom 24. bis 31. (6 Arbeitstage) Urlaubsentgelt. Weitere Zahlungsansprüche für den Monat August 2015 bestehen folglich nicht.

C.

57

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, denn die Zuvielforderung des Klägers war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht, § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.

58

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Nov. 2016 - 5 Sa 217/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Juli 2016 - 2 AZR 637/15

bei uns veröffentlicht am 19.07.2016

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Oktober 2015 - 17 Sa 696/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. Feb. 2016 - 2 AZR 613/14

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. März 2012 - 5 AZR 651/10

bei uns veröffentlicht am 21.03.2012

Tenor I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. September 2010 - 13 Sa 462/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen t

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Oktober 2015 - 17 Sa 696/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen.

2

Die Beklagte ist Trägerin eines Berufskollegs für Sozialpädagogik. Bei diesem beschäftigt sie regelmäßig zwölf bis dreizehn Lehrkräfte. Die Klägerin ist seit dem 1. August 2012 bei ihr als Lehrkraft für die Fächer Deutsch, Geschichte und Pädagogik angestellt. Ihr war zudem kommissarisch die Leitung der Schule übertragen. Die Beklagte konnte nach Nr. 7 des Dienstvertrags das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich (nur) bei Vorliegen von Entlassungsgründen gemäß § 34 Abs. 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LBG NRW) beenden.

3

Die Beklagte kündigte im Juni 2013 das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Nachdem das Arbeitsgericht in einem Vorprozess auf die Unwirksamkeit der Kündigung erkannt hatte, wandten sich die Geschäftsführerin und zehn Mitarbeiter der Beklagten - darunter mehrere Lehrkräfte - mit Schreiben vom 18. November 2013 an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Darin heißt es, die Klägerin sei „aus Gründen des Betriebsfriedens untragbar“ und ihre Wiedereingliederung in das Schulsystem könnten die Unterzeichner „nicht akzeptieren“. Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde im Januar 2014 rechtskräftig.

4

Die Klägerin war seit dem 1. Februar 2014 wieder am Berufskolleg beschäftigt. Seither erhielt sie von der Beklagten elf Abmahnungen. Zuletzt war sie als Lehrkraft ohne Leitungsfunktion tätig.

5

Im September 2014 riefen Schüler des Berufskollegs zu einem „Streik“ auf und verweigerten für mehrere Tage die Teilnahme am Unterricht. Mit Schreiben vom 12. September 2014 lastete der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat der Klägerin an, sie habe ehrenrührigen Aussagen „gegen die Schule und das Kollegium“ nicht widersprochen. Sie habe es zudem versäumt, im Rahmen des Streiks mäßigend auf die Schüler einzuwirken.

6

Mit Schreiben vom 14. September 2014 erklärten sieben Lehrkräfte, die Sekretärin und der Hausmeister des Berufskollegs gegenüber der Beklagten, sie lehnten eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin ab. Deren Verhalten gefährde die Schule in ihrer Existenz. Zugleich teilten sie mit, sie würden ihre Arbeitsverhältnisse durch Eigenkündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ beenden, falls die Beklagte nicht spätestens am 30. September 2014 gegenüber der Klägerin eine - „längst überfällige“ - außerordentliche Kündigung erklären werde.

7

Die Beklagte übermittelte das Schreiben der Klägerin zur Stellungnahme. Diese äußerte sich binnen der ihr gesetzten Frist nicht. Gleichzeitig kündigte die Beklagte gegenüber den Unterzeichnern des Schreibens Vermittlungsbemühungen an und erbat sich hierfür Zeit bis zum 30. Oktober 2014.

8

Auf Einladung der Beklagten fand am 22. Oktober 2014 ein Gespräch zwischen ihrer Geschäftsführerin, der Klägerin und mehreren Lehrkräften statt. In einer weiteren - in Abwesenheit der Klägerin geführten - Unterredung vom 7. November 2014 erklärten diejenigen Lehrkräfte, die bereits das Schreiben vom 14. September 2014 unterzeichnet hatten, sie blieben bei ihrer Kündigungsabsicht, wenn nicht gegenüber der Klägerin eine „fristlose Kündigung unter Einhaltung der ansonsten geltenden ordentlichen Kündigungsfrist“ erklärt werde.

9

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 10. November 2014 außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit „sozialer“ Auslauffrist zum 31. Dezember 2014 und „äußerst vorsorglich“ ordentlich zum 31. Dezember 2014.

10

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Voraussetzungen einer Druckkündigung lägen nicht vor. Die Beklagte habe die Konfliktsituation selbst herbeigeführt, zumindest forciert. Diese habe nicht alles Zumutbare getan, um dem von Seiten der Belegschaft ausgeübten Druck entgegenzuwirken. Andere Kündigungsgründe seien nicht gegeben.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10. November 2014 nicht aufgelöst worden ist.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Verhalten der Klägerin habe zu erheblichen Spannungen innerhalb des Kollegiums geführt, die letztlich in dem Kündigungsverlangen gipfelten. Sämtliche Vermittlungsbemühungen ihrer Geschäftsführerin seien gescheitert. Die Drohungen ihrer Mitarbeiter mit Eigenkündigungen habe sie ernst nehmen müssen. Im Falle ihrer Verwirklichung hätte sie den Schulbetrieb nicht aufrechterhalten können und erhebliche wirtschaftliche Schäden erlitten.

13

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet.

15

I. Die Revision ist schon deshalb unbegründet, weil die Berufung der Beklagten nicht ausreichend begründet und damit unzulässig war.

16

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. Das gilt auch dann, wenn das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat (BAG 19. November 2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 20).

17

2. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben.

18

a) Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden (BAG 15. August 2002 - 2 AZR 473/01 - zu 2 der Gründe). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es aber nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 13).

19

b) Hat das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung hinsichtlich eines Streitgegenstands auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig, da der Angriff gegen eine der Begründungen nicht ausreicht, um die Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen (BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 8).

20

3. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Beklagten nicht. Sie greift zwar die erstinstanzliche Entscheidung hinsichtlich der Würdigung an, die Voraussetzungen einer echten Druckkündigung lägen nicht vor. Dabei setzt sie sich aber nicht mit sämtlichen tragenden Erwägungen des Gerichts auseinander.

21

a) Das Arbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich nicht ausreichend schützend vor die Klägerin gestellt und nicht alles Zumutbare unternommen, um ihre Mitarbeiter von dem Kündigungsverlangen abzubringen. Dafür hat es zwei Begründungen gegeben. Es hat gemeint, das Vorbringen der Beklagten lasse nicht erkennen, dass sie überhaupt zumutbare Maßnahmen zur Abwendung des Drucks ergriffen habe. Sie habe sich auf das Vermitteln von Gesprächen beschränkt, was unzureichend sei. Ihre Aufgabe sei vielmehr gewesen, den Druck ausübenden Arbeitnehmern die sozialen Konsequenzen einer Kündigung für die Klägerin aufzeigen und ihre Absicht zu verdeutlichen, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis bei Wiederholung abgemahnter Pflichtverletzungen und einem sich daraus ergebenden - objektiv geeigneten - Kündigungsgrund unmittelbar zu beenden. Solche Initiativen seien nicht erkennbar (Erstbegründung). „Im Übrigen“ seien angesichts früherer negativer Aussagen der Geschäftsführerin über die Klägerin an die Bemühungen der Beklagten zur Abwendung der Drucksituation gesteigerte Anforderungen zu stellen. Sie habe sich von „Solidaritätsbekundungen“ gegenüber Teilen der Lehrerschaft distanzieren und gleichzeitig ihre Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin in den Vordergrund stellen müssen. Das sei nicht geschehen (Zweitbegründung). Beide Erwägungen stehen kumulativ nebeneinander und tragen das arbeitsgerichtliche Urteil jeweils selbständig.

22

b) Soweit sich die Berufungsbegründung (ab Seite 15) inhaltlich mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandersetzt, geht sie zunächst auf Bedenken ein, die das Arbeitsgericht gegenüber der Ernsthaftigkeit der Ankündigungen der Druck ausübenden Mitarbeiter geäußert hat, ihre Arbeitsverhältnisse durch Eigenkündigung zu beenden. Diesen Zweifeln ist das Arbeitsgericht aber nicht weiter nachgegangen. Es hat sie ausdrücklich für nicht entscheidungserheblich erachtet. Im Folgenden beanstandet die Berufungsbegründung das Übergehen von Sachvortrag und eine Falschbewertung der initiierten Gespräche. Sie führt aus, die Beklagte habe „in Person der Geschäftsführerin“ mehrfach verdeutlicht, eine Kündigung sei gegenüber der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt aufgrund fehlender sozialer Rechtfertigung nicht möglich gewesen. Im Übrigen seien den Druck ausübenden Mitarbeitern die der Klägerin erteilten Abmahnungen, wie aus dem Schreiben vom 14. September 2014 ersichtlich, durchaus bekannt gewesen. Gleichwohl hätten diese an ihrem Verlangen festgehalten. Dieses Vorbringen bezieht sich nur auf die vom Arbeitsgericht gegebene Erstbegründung. Es lässt nicht erkennen, dass die Beklagte die Zweitbegründung des Arbeitsgerichts, auf die mit keinem Wort eingegangen wird, überhaupt zur Kenntnis genommen hat, geschweige denn, mit welchen Argumenten sie die Erwägung, sie habe sich von früheren „Solidaritätsbekundungen“ distanzieren müssen, hat bekämpfen wollen. Ihr lediglich in pauschaler Form gehaltener Hinweis, sie habe mehr unternommen als die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur echten Druckkündigung verlange, reicht für sich genommen nicht aus.

23

II. Die Revision ist auch bei materiell-rechtlicher Prüfung des Berufungsurteils unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 10. November 2014 nicht aufgelöst worden ist. An einer darauf gestützten Sachentscheidung war der Senat nicht gehindert. Aus ihr ergeben sich für die Parteien gegenüber einer ausschließlich auf die Unzulässigkeit der Berufung gestützten Revisionszurückweisung keine nachteiligen Folgen (BAG 4. Juni 2003 - 10 AZR 586/02 - zu I 3 der Gründe).

24

1. Die Kündigungen gelten nicht gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13. November 2014 fristwahrend Klage erhoben (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG iVm. § 4 Satz 1 KSchG). In der Klageschrift hat sie deutlich gemacht, dass sie sich mit dem verkürzt formulierten Antrag, der sich auf „die Kündigung vom 10. November 2014“ bezieht, gegen sämtliche unter diesem Datum erklärten schriftlichen Kündigungen wenden will.

25

2. Die Beklagte hat keine Gründe dargetan, die geeignet wären, auch nur eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial zu rechtfertigen. Danach fehlt es erst recht an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, der eine außerordentliche Kündigung - sei es als fristlose, sei es als solche mit (notwendiger) Auslauffrist - begründen könnte. Da die „äußerst hilfsweise“ erklärte ordentliche Kündigung in den Anwendungsbereich des allgemeinen Kündigungsschutzes (§ 1 Abs. 1, § 23 KSchG) fällt, ist sie jedenfalls gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG unwirksam. Auf die Regelung in Nr. 7 des Dienstvertrags und die vom Landesarbeitsgericht behandelte Frage, ob ein Entlassungsgrund im Sinne der dort in Bezug genommenen Bestimmungen vorliegt, der es der Beklagten ermöglicht hätte, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, kommt es nicht an.

26

a) Das Landesarbeitsgericht hat - der Begründung des Arbeitsgerichts folgend - angenommen, die Beklagte habe keine Gründe im Verhalten oder in der Person der Klägerin schlüssig dargetan, die objektiv - dh. losgelöst von dem Verlangen ihrer Mitarbeiter - geeignet seien, eine Kündigung auch nur als ordentliche zu rechtfertigen. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen. Ein Rechtsfehler ist nicht zu erkennen. Die Ausführungen der Beklagten sind, soweit sie sich auf Pflichtverletzungen der Klägerin und deren mangelnde Eignung berufen hat, insgesamt substanzlos. Damit steht zugleich fest, dass die angegriffenen Kündigungen nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. unechten Druckkündigung wirksam sind, bei der es sich um eine Kündigung handelt, die nicht primär wegen des von einem Dritten erzeugten Drucks, sondern wegen eines - behaupteten - objektiven Kündigungsgrundes erklärt wird und bei der das Kündigungsverlangen allenfalls im Rahmen der Interessenabwägung Berücksichtigung finden kann (BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - Rn. 38). Ob sich die Beklagte auf einen entsprechenden Kündigungssachverhalt berufen könnte, obwohl sie den Betriebsrat - soweit ersichtlich - nicht zu einer Absicht angehört hat, das Arbeitsverhältnis aufgrund von objektiven Gründen im Verhalten und/oder der Person der Klägerin zu kündigen, bedarf keiner Erörterung.

27

b) Die Voraussetzungen einer echten Druckkündigung liegen nicht vor.

28

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann das ernstliche Verlangen eines Dritten, der unter Androhung von Nachteilen vom Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers fordert, auch dann einen Grund zur Kündigung bilden, wenn es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung fehlt (BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - Rn. 38). Allerdings unterliegt eine solche „echte“ Druckkündigung - unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung als betriebsbedingte (so zuletzt BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - Rn. 44; Bergwitz/Vollstädt DB 2015, 2635) oder personenbedingte Kündigung (zB Kerwer in Boecken/Düwell/Diller/Hanau Gesamtes Arbeitsrecht § 1 KSchG Rn. 589; APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 521; Krause in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 346; ErfK/Oetker 16. Aufl. § 1 KSchG Rn. 184) - strengen Anforderungen. Insbesondere darf der Arbeitgeber einem Kündigungsverlangen seitens der Belegschaft oder eines Teils der Mitarbeiter nicht ohne Weiteres nachgeben. Er hat sich vielmehr schützend vor den Betroffenen zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn trotz solcher Bemühungen die Verwirklichung der Drohung in Aussicht gestellt wird und dem Arbeitgeber dadurch schwere wirtschaftliche Nachteile drohen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden. Zu berücksichtigen ist auch das eigene Verhalten des Arbeitgebers. Insbesondere kann er sich nicht auf eine Drucksituation berufen, die er selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat - etwa wenn er für die ablehnende Haltung der Belegschaft gegenüber dem Arbeitnehmer selbst den Anlass gegeben hat (BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - Rn. 39). Umgekehrt kann auch das Verhalten des Arbeitnehmers von Bedeutung sein. Auch er muss aufgrund der ihn treffenden Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) nach Möglichkeit Nachteile für den Arbeitgeber vermeiden und vermeiden helfen (BAG 26. Januar 1962 - 2 AZR 244/61 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 12, 220). Die gegenüber der Druckkündigung vorgebrachten, grundsätzlichen Bedenken (zuletzt SPV/Preis 11. Aufl. Rn. 970; Hamacher NZA 2014, 134; Mareck AA 2014, 85) überzeugen nicht. Auch außerhalb eines unberechtigten Kündigungsverlangens kann ein von dritter Seite ausgeübter unberechtigter Druck den Arbeitgeber zu wirtschaftlichem Handeln zwingen, um den Fortbestand des Betriebs zu sichern (BAG 18. Juli 2013 - 6 AZR 420/12 - Rn. 45 f.).

29

bb) Einer weitergehenden Auseinandersetzung mit der gegenüber der Druckkündigung vorgebrachten Kritik bedarf es nicht. Die streitgegenständlichen Kündigungen werden den besonderen Anforderungen an eine echte Druckkündigung nicht gerecht. Die Beklagte hat bereits nach ihrem eigenen Vorbringen nicht alles Zumutbare unternommen, um ihre Mitarbeiter von dem Kündigungsverlangen abzubringen. Das hat das Landesarbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt.

30

(1) Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte sei dem auf sie ausgeübten Druck nicht ausreichend entgegengetreten. Die Unterzeichner des Schreibens vom 14. September 2014 hätten gegenüber der Klägerin massive Vorwürfe erhoben. Nach dem ergebnislosen Verlauf der anschließend geführten Gespräche habe die Beklagte den Konfliktparteien die Durchführung einer Mediation zumindest anbieten müssen. Darin liegende Vermittlungsbemühungen seien nicht von vornherein aussichtslos gewesen. Bei der Geschäftsführerin der Beklagten habe es sich - anders als bei einem Mediator - nicht um eine „neutrale Person“ gehandelt. Diese habe ein erhebliches Eigeninteresse gehabt, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin endgültig zu beenden. Es sei nicht auszuschließen, dass das Gespräch vom 22. Oktober 2014 nur deshalb keine Annäherung gebracht habe, weil sich die Klägerin dort einer Übermacht von Kritikern ausgesetzt gefühlt habe und in dieser Lage die Vorhaltungen nur habe zurückweisen können.

31

(2) Der Streitfall verlangt keine umfassende Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen vor Ausspruch einer Druckkündigung ein Angebot des Arbeitgebers zur Mediation ausnahmsweise geboten sein kann. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts verletzt § 626 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Sie lässt außer Acht, dass sich der Arbeitgeber mit einem Angebot zur Mediation nicht ausnahmslos schützend vor den von einem unberechtigten Kündigungsverlangen betroffenen Arbeitnehmer stellt. Das Angebot kann - wenn überhaupt - erst in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Abwendung des Drucks ausgeschöpft hat, woran es vorliegend fehlt. Unabhängig davon durfte das Landesarbeitsgericht das Angebot nicht für zumutbar erachten ohne zugleich die Frage zu beantworten, ob sich die Klägerin und die Druck ausübenden Arbeitnehmer auf das Angebot mutmaßlich eingelassen hätten. Einer Auseinandersetzung mit den weiteren vom Landesarbeitsgericht angesprochenen Fragen zur Zumutbarkeit einer Kostenübernahme durch den Arbeitgeber und zur Verteilung der prozessualen Darlegungslast bei einem unterbliebenen Mediationsangebot bedarf es nicht.

32

(a) Ob und unter welchen Voraussetzungen die Möglichkeiten einer Mediation für die materielle Rechtfertigung einer Druckkündigung Bedeutung gewinnen können, hat das Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden.

33

(b) Im Schrifttum (KDZ/Däubler 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 171; Henkel AuA 2016, 274; Husemann jM 2016, 240; Settekorn ArbRAktuell 2015, 66, 67) und vereinzelt von Instanzgerichten (LAG Schleswig-Holstein 20. März 2012 - 2 Sa 331/11 - Rn. 30) wird - teils ohne nähere Begründung - die Auffassung vertreten, jedenfalls das Angebot zur Durchführung einer Mediation sei zu den Bemühungen zu rechnen, die der Arbeitgeber im Einzelfall ergreifen müsse, um einem unberechtigten Kündigungsverlangen Dritter entgegenzutreten.

34

(c) Dafür spricht im Ausgangspunkt der Ausnahmecharakter der echten Druckkündigung. Gerechtfertigt ist diese nur, wenn sie sich als „letzter Ausweg“ zur Abwendung eines dem Arbeitgeber andernfalls drohenden massiven Schadens darstellt. Dies folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der das gesamte Kündigungsrecht beherrscht (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 664/13 - Rn. 15). Die Anforderung an den Arbeitgeber, sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen, beruht auf dessen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen der jeweils anderen Vertragspartei (§ 241 Abs. 2 BGB). Die auf dieser Grundlage gebotenen Maßnahmen lassen sich - schon wegen der Vielzahl denkbarer Ursachen, auf denen das Kündigungsverlangen eines Dritten beruhen kann - nicht für alle Sachverhalte abschließend beschreiben. Es ist jedenfalls nicht generell auszuschließen, dass zu diesen Initiativen im Einzelfall auch das Angebot einer Mediation rechnen kann.

35

(aa) Nach § 1 MediationsG ist die Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. Nach § 1 Abs. 2 MediationsG ist der Mediator eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. Insbesondere bei Streitigkeiten von Arbeitnehmern untereinander, die der Arbeitgeber allein durch Ausübung seines Weisungsrechts (§ 106 Satz 1 GewO)nicht zu lösen vermag, kann anerkanntermaßen in der Mediation eine Möglichkeit liegen, selbstbestimmt zufriedenstellende, bisher nicht erkannte Lösungen zur Beilegung des Konflikts zu entwickeln (Henkel/Göhler AuA 2014, 703, 704; Hunold AuA 2015, 216, 217; Ponschab/Dendorfer BB Beilage 2001 Nr. 2, S. 1, 4; Nink Mediation im Arbeitsrecht S. 143; beispielhaft für eine Mediation im Fall einer innerbetrieblichen Drucksituation: Pilartz Mediation im Arbeitsrecht Rn. 395 ff.).

36

(bb) Allerdings ist ein an die Konfliktparteien gerichtetes Angebot auf Durchführung einer Mediation, das jedenfalls nicht ohne Weiteres den Grundsatz der Freiwilligkeit verletzt (bspw. Husemann jM 2016, 240), dem Arbeitgeber vor einer Druckkündigung nur dann zumutbar, wenn keine objektiven, im Konflikt selbst begründeten Hindernisse vorliegen, die einem solchen Verfahren entgegenstehen. So wird eine Durchführung regelmäßig ausscheiden, wenn die Ursachen für das Kündigungsverlangen in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften der Konfliktparteien und damit in Umständen liegen, die diese nicht steuern können. Entsprechendes gilt, wenn ihnen die für das Verfahren unverzichtbare Offenheit fehlt, bisher nicht erkannte Lösungen zu finden (dazu Nink Mediation im Arbeitsrecht S. 75). Im Hinblick hierauf kann das Unterlassen des Angebots zur Mediation jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit einer Druckkündigung führen, wenn der Arbeitgeber aufgrund der ihm im Kündigungszeitpunkt bekannten Umstände annehmen durfte, eine der Konfliktparteien würde sich der freiwilligen Teilnahme an einem Mediationsverfahren ohnehin verschließen. Eine darauf bezogene Würdigung lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen.

37

(3) Der Senat kann über die Wirksamkeit der Kündigungen vom 10. November 2014 aufgrund des im Berufungsurteil festgestellten Streitverhältnisses in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vorbringen und außerhalb des in Rede stehenden Angebots nicht alles Zumutbare versucht, um die Druck ausübenden Arbeitnehmer von ihrem Kündigungsverlangen abzubringen. Darauf ist sie bereits durch die erstinstanzliche Entscheidung hingewiesen worden. Ihre ergänzenden Ausführungen in der Berufungsinstanz lassen keine abweichende Bewertung zu. Weitergehender Sachvortrag steht ersichtlich nicht zu erwarten.

38

(a) Die Pflicht, sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen, verlangt vom Arbeitgeber ein aktives Handeln, das darauf gerichtet ist, den Druck abzuwehren. Dafür reicht es nicht aus, dass er überhaupt Gespräche mit den die Drohung aussprechenden Arbeitnehmern führt und gegebenenfalls gemeinsame Beratungen zwischen diesen und dem betroffenen Arbeitnehmer moderiert. Er muss vielmehr argumentativ deutlich machen, dass aus seiner Sicht ein objektiver Anlass für eine Kündigung nicht besteht. Ob er mit diesem Standpunkt letztlich durchdringen kann, ist unbeachtlich (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 b bb der Gründe). Liegen die Ursachen für das Kündigungsverlangen in Konflikten, die sich auf die Zusammenarbeit im Betrieb beziehen, kann der Arbeitgeber überdies gehalten sein, durch Ausübung seines Weisungsrechts auf die involvierten Arbeitnehmer einzuwirken. Das widerspricht, anders als die Beklagte im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat, nicht seiner Schutzpflicht gegenüber dem von dem Kündigungsverlangen betroffenen Arbeitnehmer, sondern kann durch diese - je nach den Umständen - sogar geboten sein. Eine mögliche Ausübung des Direktionsrechts zur Auflösung von Streitigkeiten der Arbeitnehmer untereinander liegt im Übrigen typischerweise im originären wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers und kann grundsätzlich nicht als Parteinahme für die eine oder andere Konfliktpartei verstanden werden.

39

(b) Das eigene Vorbringen der Beklagten wird diesen Anforderungen nicht gerecht. In ihrer E-Mail vom 26. September 2014 hat sie zwar erklärt, sie wolle versuchen, „eine Verständigung herbeizuführen“. Im Hinblick auf die anschließenden Gespräche vom 22. Oktober 2014 und 7. November 2014 hat sie vorgetragen, sie habe versucht, „vermittelnd“ auf die Unterzeichner einzuwirken und diesen gegenüber erklärt, sie wolle nichts unversucht lassen, eine konsensuale Lösung zu finden. Tatsächlich erschöpften sich ihre Bemühungen aber darin, der Klägerin Gelegenheit zu geben, zu den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen Stellung zu beziehen. Das reicht nicht aus.

40

(aa) Den tatsächlichen Ausführungen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass ihre Geschäftsführerin in den Beratungen konkrete Wege zur Verständigung aufgezeigt hätte. Soweit darauf abgestellt wird, die Klägerin habe nichts zur „Deeskalation“ beigetragen, verkennt die Beklagte, dass es nicht Aufgabe des betroffenen Arbeitnehmers ist, dem auf den Arbeitgeber ausgeübten Druck entgegenzutreten. Im Übrigen fehlt es an der Darlegung, worin konkret der vermisste Beitrag der Klägerin hätte liegen sollen. Soweit die Beklagte die Beanstandungen hinsichtlich des Verhaltens der Klägerin, beispielsweise im Rahmen des „Schülerstreiks“ oder der Kommunikation der Arbeitnehmer untereinander, als berechtigt ansah, hätte sie dies gegenüber den Druck ausübenden Mitarbeitern verdeutlichen müssen. Zugleich hätte sie in Aussicht stellen müssen, in den Grenzen ihres Weisungsrechts das Verhalten der Klägerin zu steuern und bei Verstößen gegen entsprechende Vorgaben die rechtlich zulässigen Konsequenzen zu ziehen.

41

(bb) Unabhängig davon lassen die Darlegungen der Beklagten nicht erkennen, auf welche Weise sie dem Kündigungsverlangen als solchem entgegengetreten wäre. Dafür hätte sie konkret ausführen müssen, dass sie für eine Entlassung der Klägerin vorläufig keinen Grund sehe und dass eine Kündigung ohne das Vorliegen objektiv geeigneter Kündigungsgründe auch nicht von ihr gewünscht sei. Eine solche Klarstellung oblag ihr unabhängig davon, ob den Druck ausübenden Arbeitnehmern im Zeitpunkt ihres Kündigungsverlangens dessen fehlende objektive Rechtfertigung bewusst war. Diese konnten aufgrund der Äußerungen ihrer Geschäftsführerin im Schreiben vom 18. November 2013 und den zwischenzeitlich erfolgten Abmahnungen den Eindruck gewinnen, das Verlangen komme ihrem Arbeitgeber „gerade recht“. Dem musste die Beklagte argumentativ entgegentreten und ihre Absicht verdeutlichen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin einstweilen fortzuführen. Soweit die Beklagte behauptet hat, ihre Geschäftsführerin habe sich nach dem Gespräch vom 7. November 2014 „tief betroffen gezeigt“, vermag dies den insoweit gebotenen konkreten Tatsachenvortrag nicht zu ersetzen. Im Übrigen ist schon nicht klar, ob sich das behauptete Empfinden auf das Kündigungsverlangen als solches, auf ein vermeintliches Fehlverhalten der Klägerin oder die konfrontative Auseinandersetzung dazu im Rahmen des Gesprächs vom 22. Oktober 2014 bezog.

42

cc) Auf das weitergehende Vorbringen der Beklagten zu den Voraussetzungen einer Druckkündigung kommt es danach nicht an.

43

III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Söller    

        

    A. Claes    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. Juli 2014 - 7 Sa 662/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14. Januar 2014 - 3 Ca 1440/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 unwirksam ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit August 1987 zuletzt im Betrieb „T“ (nachfolgend DTDB) beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die für den Betrieb oder Betriebsteil betrieblich bzw. fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Unter dem 21. Juni 2011 vereinbarte die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Tarifvertrag Bereichsausnahme DTDB“. Er sah für Beschäftigte im Betrieb DTDB vor, dass auf diese - mit Ausnahme von drei hier nicht interessierenden Regelwerken - nicht die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung fänden, sondern diejenigen der T D GmbH (TDG) in der jeweils aktuellen Fassung. Die Regelungen des TV Ratio sollten dabei mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit (BQE) im Sinne des TV Ratio diejenige im Sinne des TV Ratio der Beklagten (V) sei.

4

Ein TV Ratio der TDG war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags Bereichsausnahme DTDB noch nicht geschlossen. Die Unterzeichnung des „Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ zwischen der TDG und der Gewerkschaft ver.di erfolgte erst im Juli 2013. Die Unterschriftszeile trägt das Datum „01.04.2010“. Nach den Regelungen des TV Ratio TDG sind alle Arbeitnehmer, die vom Wegfall gleicher Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit betroffen werden, in die BQE der TDG zu versetzen. Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Änderungsvertrags. Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags können sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. Lehne ein Arbeitnehmer diese Angebote ab, erfolge eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen in der BQE. Abweichend von den Bestimmungen des Manteltarifvertrags gelte dafür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Es werde auf die am 1. April 2010 geltenden gesetzlichen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen abgestellt. Sollten sich diese ändern, so seien die Tarifvertragsparteien verpflichtet, Verhandlungen über eine entsprechende Anpassung des Tarifvertrags zu führen. In § 17 des Tarifvertrags heißt es, er trete am 1. April 2010 in Kraft.

5

Die Beklagte legte den Betrieb DTDB zum 31. Juli 2013 still. Zuvor hatte sie am 2. Mai 2013 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Sie bot der Klägerin sowohl einen Änderungsvertrag als auch einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Klägerin nahm keines der Angebote an.

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Juli 2013 „unter Beachtung der Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2013, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin“. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V … zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“ an. Die Kündigung ging der Klägerin am 10. Juli 2013 zu. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 11. Juli 2013 unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.

7

Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Änderungskündigung sei mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, aus dem sich die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen hätten ergeben können. Rückwirkung komme dem TV Ratio TDG trotz der Bestimmung zu seinem Inkrafttreten am 1. April 2010 nicht zu. Dementsprechend sei die Kündigung überdies mit einer zu kurzen Kündigungsfrist erklärt worden und daher unverhältnismäßig. Eine Auslegung bzw. Umdeutung dahingehend, dass die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt wirken solle, komme nicht in Betracht. Im Übrigen kürze der TV Ratio TDG die gesetzlichen Kündigungsfristen in unzulässiger Weise ab. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam, insbesondere für hinreichend bestimmt gehalten. Der TV Ratio TDG habe rückwirkend seit dem 1. April 2010 Wirkung entfaltet. Die Beklagte hat behauptet, eine „finalisierte Fassung“ des Tarifvertrags sei für die Beschäftigten seit dem 19. Juni 2013 in ihrem Intranet abrufbar gewesen. Der TV Ratio TDG sei zunächst von der Gewerkschaft und sodann am 4. Juli 2013 von der TDG unterzeichnet worden. In der von beiden Parteien unterschriebenen Fassung sei er an die Gewerkschaft zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von ver.di am 10. Juli 2013, nach Auskunft des Kurierunternehmens am 11. Juli 2013 zugegangen.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hätte der Änderungsschutzklage auf die Berufung der Klägerin hin stattgeben müssen.

12

I. Die Revision ist entgegen der von der Beklagten geäußerten Zweifel nicht deshalb unbegründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre.

13

1. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 531/14 - Rn. 18; 11. November 2014 - 3 AZR 404/13 - Rn. 18).

14

2. Die Berufungsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten die Klägerin das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.

15

a) Die Klägerin hat gerügt, der TV Ratio TDG sei erst nach Zugang der Kündigung wirksam geworden und entfalte keine Rückwirkung. Vor Eintritt der Wirksamkeit des TV Ratio TDG sei es rechtlich nicht möglich gewesen, ihr ein Angebot gemäß dessen § 5 Abs. 1 zu unterbreiten. Ohne ein solches Angebot wiederum sei die Kündigung unwirksam. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. Die Kündigung verstoße daher gegen § 102 BetrVG. Mangels eines wirksamen Tarifvertrags sei auch das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen.

16

b) Damit hat sich die Klägerin in ausreichendem Maße gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gewandt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigung ihrer Ansicht nach unwirksam sei. Zwar beruhten ihre Ausführungen ausschließlich auf der erst mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Tatsache, dass der TV Ratio TDG zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht wirksam zustande gekommen sei. Ob dieser Vortrag nach § 67 ArbGG vom Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen war, ist aber keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit(vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 76). Es kann offenbleiben, ob es für die Zulässigkeit der Berufung zumindest der Darlegung bedurfte, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung der Klägerin gemäß § 67 ArbGG zuzulassen sei. Die Klägerin hat sich für die fragliche Tatsache auf Ausführungen in dem Urteil eines Arbeitsgerichts berufen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Rechtsstreit verkündet worden war.

17

II. Die Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) ist begründet. Das mit der Kündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 verbundene Änderungsangebot war nicht hinreichend bestimmt. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist damit unwirksam. Ob sie dies auch aus anderen Gründen ist, bedarf keiner Entscheidung.

18

1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen(BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 38, BAGE 147, 237; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 576/09 - Rn. 21). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29).

19

2. Diesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht.

20

a) Das Änderungsangebot lautete auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der D AG zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio TDG (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“. Es nahm damit Bezug auf die sich aus dem näher bezeichneten Tarifvertrag ergebenden Bedingungen.

21

b) Diese Bedingungen waren zu dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Ein „TV Ratio TDG“ existierte noch nicht. Da er bei Kündigungszugang nicht unter Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 TVG zustande gekommen war, lag allenfalls ein abgestimmter Entwurf vor, aber kein Tarifvertrag.

22

aa) Das Zustandekommen eines Tarifvertrags als eines privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - Rn. 14). Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - Antrag und Annahme -, gerichtet auf Abschluss eines Tarifvertrags. Darüber hinaus stellt § 1 Abs. 2 TVG für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Die nötige Schriftform dient der Klarstellung des Vertragsinhalts und damit dem Gebot der Normenklarheit (BAG 10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42).Wird der Antrag auf Abschluss eines Tarifvertrags gegenüber einem Abwesenden erklärt, ist dessen Annahmeerklärung erforderlich. Diese ist wie der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag gesetzlich die Schriftform vorgesehen, wird die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der vorgeschriebenen Form zugeht (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO). Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des Antrags die Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in einer Form, die die Voraussetzungen des § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO; BGH 30. Mai 1962 - VIII ZR 173/61 - zu II 2 der Gründe; 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96 - zu II 2 b bb der Gründe mwN; vgl. auch BAG 16. Oktober 1991 - 2 AZR 156/91 - zu II 4 d der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist(BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 1023/08 - aaO).

23

bb) Solange der „TV Ratio TDG“ nicht formwirksam zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde. Solange wiederum war das auf ihn verweisende Änderungsangebot zu unbestimmt.

24

(1) Gegen die Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Klägerin am 10. Juli 2013 lässt sich nicht mit Erfolg anführen, in einem Arbeitsvertrag könne ggf. auch auf nichtige oder nicht mehr wirksame Tarifverträge Bezug genommen werden, soweit nicht deren inhaltliche Festlegungen auch als arbeitsvertragliche Regelungen nichtig seien (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Dies besagt nicht, dass die in Bezug genommenen Regelungen nicht jedenfalls hinreichend bestimmt sein müssten. Das wiederum sind sie nicht, solange ihr Inhalt mangels wirksamen Abschlusses noch geändert werden kann.

25

(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob das Änderungsangebot hinreichend bestimmt gewesen wäre, wenn darin auf eine genau bezeichnete Entwurfsfassung eines noch nicht formwirksam zustande gekommenen Tarifvertrags verwiesen worden wäre. Ein solches Änderungsangebot hat die Beklagte nicht unterbreitet. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine von der Beklagten so bezeichnete „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrags in ihrem Intranet einsehbar war.

26

(3) Es wäre auch nicht ausreichend, wenn der Tarifvertrag zwar nach Zugang der Änderungskündigung, aber noch innerhalb der Frist zur Annahme des Änderungsangebots durch die Klägerin zustande gekommen wäre. Das Änderungsangebot muss bereits im Kündigungszeitpunkt hinreichend bestimmt sein. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird (allgM, vgl. nur APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 10). Nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Gestaltungsrechts im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Erklärungsgegner vorliegen, kann die - dann wirksame - Kündigung ihr Gestaltungsziel erreichen (APS/Preis aaO Rn. 11). Der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist daher der ihres Zugangs, ihre Wirksamkeit bestimmt sich nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen objektiven Verhältnissen (BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 644/13 - Rn. 21, BAGE 149, 367; 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194; APS/Preis aaO Rn. 11; für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 KSchG KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 235 mwN).

27

cc) Der TV Ratio TDG war in dem Zeitpunkt, als die Änderungskündigung der Klägerin zuging, noch nicht formwirksam zustande gekommen.

28

(1) Unstreitig ist, dass die Originalurkunde des TV Ratio TDG „im Juli 2013“ von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde.

29

(2) Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Vertragsurkunde schon am 4. Juli 2013 von beiden Seiten unterschrieben. Die schriftliche Annahme durch die TDG war aber nicht in Anwesenheit des anderen Teils erfolgt und musste daher, um formwahrend zu sein, der Gewerkschaft noch zugehen. Die Beklagte hat vorgetragen, laut Auskunft von ver.di sei dies am 10. Juli 2013 der Fall gewesen, nach Auskunft des beauftragten Kurierunternehmens am 11. Juli 2013. Damit hat die Beklagte als sicher feststehend nur behauptet, die von beiden Seiten unterschriebene Urkunde sei jedenfalls nicht nach dem 11. Juli 2013 bei ver.di eingegangen. Das schließt einen Eingang bei ver.di erst nach Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin nicht aus. Diese hat die Änderungskündigung bereits am 10. Juli 2013 erhalten.

30

(3) Einer Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, ggf. zu einem früheren Zugang vorzutragen, bedurfte es nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagtenvertreter auf Nachfrage erklärt, der Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsurkunde bei ver.di sei nicht weiter aufklärbar.

31

c) Der Umstand, dass der TV Ratio TDG nach seinem § 17 bereits zum 1. April 2010 in Kraft treten sollte, ändert nichts an der Unbestimmtheit des Änderungsangebots im Zeitpunkt der Kündigung. Es liegt zwar grundsätzlich - soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen - in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, eine rückwirkende Begründung oder Einschränkung tariflicher Ansprüche vorzusehen (vgl. BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 878/06 - Rn. 18; 17. Juli 2007 - 9 AZR 1089/06 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 108, 176). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung als Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist aber nicht tarifdispositiv.

32

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. September 2010 - 13 Sa 462/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 16. Februar 2010 - 1 Ca 474/09 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 203,13 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.

2. Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Entschädigung für die entgangene Privatnutzung eines Dienstwagens.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Personal- und Vertriebsdisponentin auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 19. Dezember 2007 zu einem Bruttomonatsentgelt von 2.300,00 Euro beschäftigt.

3

In § 2 Nr. 3 des Arbeitsvertrags hieß es:

        

„Im Falle einer Kündigung ist R berechtigt, den Mitarbeiter von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Weiterzahlung der Bezüge freizustellen. …“

4

Gemäß Dienstwagenvertrag vom 1. Februar 2008 stellte die Beklagte der Klägerin einen Pkw der Marke V als Dienstwagen zur Verfügung. Die Klägerin war berechtigt, das Fahrzeug auch für private Zwecke zu nutzen. Diese private Nutzung berücksichtigte die Beklagte in den Entgeltabrechnungen mit 277,00 Euro monatlich. Dieser Betrag entsprach einem Prozent des Listenpreises.

5

Im Dienstwagenvertrag war ua. geregelt:

        

„§ 6 Haftung, Schadensersatz und Nutzungsentschädigung

        

...     

        

        

4.    

Macht der Arbeitnehmer Nutzungsentschädigungsansprüche wegen rechtswidrigen Entzugs des Dienstwagens geltend, erfolgt vorrangig eine konkrete Schadensberechnung, wenn der Mitarbeiter über ein eigenes Fahrzeug verfügt. Er muss in diesem Fall die Schadensposten belegen. Im Falle einer abstrakten Schadensberechnung wird eine Nutzungsentschädigung in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzung geleistet.

        

§ 7 Widerrufsvorbehalte

        

Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.“

6

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Klägerin zum 30. Juni 2009. Nach Ausspruch der Kündigung stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeit frei und forderte die Rückgabe des Dienstwagens. Diese erfolgte am 9. Juni 2009.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Widerrufsvorbehalt benachteilige sie unangemessen. Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens als ihrem einzigen Fahrzeug begründe einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.

8

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 206,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Widerrufsklausel sei wirksam und sie habe bei der Ausübung des Widerrufs die Interessen der Parteien zutreffend abgewogen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die entgangene private Nutzung des Dienstwagens für die Zeit vom 9. Juni bis zum 30. Juni 2009 zuerkannt. Der Anspruch besteht jedoch nur iHv. 203,13 Euro brutto nebst Prozesszinsen. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags ist die Klage unbegründet.

12

I. Die Klägerin hat gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 283 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom 9. Juni bis zum 30. Juni 2009. Die Beklagte war nicht berechtigt, der Klägerin während der Dauer ihrer Freistellung die Möglichkeit zu entziehen, das ihr zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug für Privatfahrten zu nutzen. Die Widerrufsklausel hält zwar einer Inhaltskontrolle stand. Der Widerruf entsprach im Streitfall jedoch nicht billigem Ermessen.

13

1. § 7 des Dienstwagenvertrags, wonach sich die Beklagte vorbehalten hatte, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt werde, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt werde, ist wirksam.

14

a) Der Dienstwagenvertrag enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn die Beklagte hat diese vorformulierten Bedingungen mehreren Arbeitnehmern bei Überlassung eines Dienstwagens gestellt.

15

b) Die Vereinbarung des Widerrufsvorbehalts weicht von Rechtsvorschriften ab, § 307 Abs. 3 BGB. Die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil und Sachbezug dar. Sie ist steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Die Gebrauchsüberlassung ist regelmäßig zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung (BAG 21. August 2001 - 3 AZR 746/00 - zu II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 24. März 2009 -  9 AZR 733/07  - Rn. 15, BAGE 130, 101 ; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 631/09 - Rn. 14, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 23 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 17 ). Sie ist so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt leisten muss (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b der Gründe, BAGE 96, 34 ). Diese Rechtslage wird durch das vertraglich vereinbarte Widerrufsrecht geändert, denn ohne den Widerrufsvorbehalt ist der Arbeitgeber nach § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses die vereinbarte Privatnutzung eines Dienstwagens zu ermöglichen. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen einer Inhaltskontrolle (BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - zu I 1 d der Gründe, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 20. April 2010 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12).

16

c) Der Widerrufsvorbehalt ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Ein Widerrufsvorbehalt muss den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zB wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers ( BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 28, 33 f., AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 20. April 2010 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; enger BAG 13. April 2010 -  9 AZR 113/09  - AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11). Dabei ist zu beachten, dass der Verwender vorgibt, was ihn zum Widerruf berechtigen soll. Diesem Transparenzgebot wird die Widerrufsklausel gerecht; denn hiernach ist ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Freistellung mit dem Entzug der Privatnutzung rechnen muss.

17

d) Die Widerrufsklausel ist materiell wirksam. Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer (wirksamen) Freistellung des Arbeitnehmers ist zumutbar. Der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen, insbesondere entfallen Dienstfahrten mit dem Pkw. Die Widerrufsklausel verknüpft, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, die dienstliche und private Nutzung sachgerecht ( BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 23, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; vgl. auch BAG 17. September 1998 - 8 AZR 791/96 -).

18

e) Die Widerrufsklausel ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht unwirksam, weil sie keine Ankündigungs- bzw. Auslauffrist enthält. Für eine solche Frist gibt es keinen Ansatz im Gesetz. Vielmehr ist die Einräumung einer Auslauffrist bei der Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen (BAG 12. Januar 2005 -  5 AZR 364/04  - zu B I 4 c cc der Gründe, BAGE 113, 140 ; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 24, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; ebenso Bayreuther ZIP 2007, 2009 , 2011; Bauer/Chwalisz ZfA 2007, 339 , 345; Lembke BB 2007, 1627, 1628; aA Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 308 BGB Rn. 46).

19

f) Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens bedarf keiner Änderungskündigung, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend berührt ist. Das ist der Fall, wenn - wie hier - weniger als 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 23 , AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; vgl. Hessisches LAG 20. Juli 2004 - 13 Sa 1992/03 - MDR 2005, 459).

20

g) Ist das Herausgabeverlangen des Arbeitgebers zulässig, ist keine Entschädigung für den Entzug der privaten Nutzung zu zahlen. Die Rechtslage des Widerrufs einer Naturalvergütung entspricht der Rechtslage des Widerrufs anderer Entgeltbestandteile ( BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; ebenso AnwK-ArbR/Brors 2. Aufl. § 611 BGB Rn. 658; Pauly AuA 1995, 381, 384; Fröhlich ArbRB 2011, 253, 255; aA ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 522, 524; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 89; Küttner/Griese Personalbuch 18. Aufl. „Dienstwagen“ Rn. 10 unter unzutreffender Berufung auf BGH 9. April 1990 II ZR 1/89 - DB 1990, 1126 ).

21

2. Die Beklagte hat das Widerrufsrecht im Streitfall nicht wirksam ausgeübt und damit eine gegenüber der Klägerin bestehende Vertragspflicht verletzt.

22

a) Neben der Inhaltskontrolle der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Widerrufsklausel steht die Ausübungskontrolle im Einzelfall gemäß § 315 BGB, denn die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach § 315 Abs. 1 BGB dar. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 20, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12).

23

b) Ausgehend von den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen hat die Beklagte ihr Widerrufsrecht im Streitfall unbillig ausgeübt. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Gesamtbewertung der beiderseitigen Interessen ein überwiegendes Interesse der Klägerin, das Fahrzeug bis zum Ende des Monats Juni 2009 nutzen zu dürfen, bejaht. Über den Umstand hinaus, dass die Beklagte einen Dienstwagen generell nur ihren Außendienstmitarbeitern vorrangig zum Besuch bei Kundenunternehmen zur Verfügung stellt, hat diese keine Gründe vorgetragen, warum sie unmittelbar nach der Eigenkündigung der Klägerin das Fahrzeug zurückgefordert hat. Dieses war jedoch deren einziger Pkw. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die steuerrechtliche Lage berücksichtigt. Hiernach war die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG verpflichtet, die private, mit 277,00 Euro bewertete Nutzung für den gesamten Monat Juni 2009 zu versteuern, obwohl sie über diese Nutzung für 22 Tage nicht mehr verfügen konnte. Damit führte der Entzug des Pkw nicht nur zum Nutzungsausfall, sondern darüber hinaus zu einer spürbaren Minderung ihres Nettoeinkommens. Im Ergebnis hatte ihre Eigenkündigung die Kürzung der laufenden Bezüge zur Folge. Das Interesse der Klägerin, den von ihr versteuerten Vorteil auch real nutzen zu können, überwiegt das abstrakte Interesse der Beklagten am sofortigen Entzug des Dienstwagens.

24

3. Kommt der Arbeitgeber seiner Vertragspflicht, dem Arbeitnehmer die Nutzung des Dienstwagens zu Privatzwecken weiter zu ermöglichen, nicht nach, wird die Leistung wegen Zeitablaufs unmöglich, sodass der Arbeitgeber nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit wird. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall nach § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 283 Satz 1 BGB Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens(BAG 17. September 1998 - 8 AZR 791/96 -; 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu I der Gründe, BAGE 91, 379; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 -; 25. Januar 2001 - 8 AZR 412/00 -; 23. Juni 2004 - 7 AZR 514/03 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 139 = EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 2; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 40, 41 mwN, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 13. April 2010 -  9 AZR 113/09  - Rn. 53 ff., AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11 ).

25

II. Die Klägerin hat Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung iHv. 203,13 Euro brutto.

26

1. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. Der Schadensersatz wegen Nichterfüllung richtet sich auf das positive Interesse. Demgemäß ist die Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung ist eine Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung anerkannt (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - BAGE 91, 379; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 43 mwN, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17). Die Klägerin hat damit Anspruch auf eine kalendertägliche Nutzungsausfallentschädigung iHv. 9,23 Euro für 22 Tage, also 203,13 Euro. Die darüber hinausgehende Forderung ist unbegründet.

27

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Klägerin der Schadensersatzanspruch nicht als Nettovergütung zusteht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die private Nutzung des Dienstwagens zu versteuern. Der Schadensersatzanspruch wegen der von der Beklagten zu vertretenden Unmöglichkeit dieses Naturallohnanspruchs tritt an dessen Stelle und ist steuerlich in gleicher Weise zu behandeln (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - BAGE 91, 379).

28

III. Für ihre Forderung kann die Klägerin nach § 291 BGB Prozesszinsen ab dem 22. August 2009 beanspruchen. Frühere Verzugszinsen stehen ihr nicht zu, weil sie die Beklagte nicht in Verzug gesetzt hat, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Mahnung war nicht entbehrlich iSv. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

29

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, denn die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht, § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der ersten und der zweiten Instanz folgt der Vereinbarung der Parteien im Teil-Vergleich vom 14. September 2010.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    Pollert    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.