Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Dez. 2016 - 4 Sa 142/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1214.4SA142.16.0A
bei uns veröffentlicht am14.12.2016

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 16.02.2016, AZ: 6 Ca 128/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines tariflichen Urlaubsgeldes.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.10.1992, zuletzt als Veranstaltungsleiterin, beschäftigt. Ihre Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf 2.281,50 EUR brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis fanden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung u. a. die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz Anwendung.

3

Mit Schreiben vom 31.07.2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2014. Nachdem die Klägerin gegen diese Kündigung Klage erhoben hatte, erklärte die Beklagte, sie nehme die Kündigung zurück. Daraufhin stellte die Klägerin einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG.

4

Der Kündigungsschutzprozess (Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau -, AZ: 5 Ca 842/14) wurde am 29.09.2014 durch folgenden Vergleich beendet:

5

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Arbeitgeberkündigung aus dringenden betrieblichen Erwägungen vom 31.07.2014 mit Ablauf des 28.02.2015 sein Ende finden wird.

6

2. Die Klägerin bleibt ab Wiedererlangung ihrer Arbeitsfähigkeit unter Fortzahlung ihrer Vergütung, im Übrigen unwiderruflich und unter Anrechnung von noch möglichen Urlaubsansprüchen von der Arbeitsleistung freigestellt.

7

Die Beklagte rechnet deswegen die Vergütungsansprüche der Klägerin je nach Fälligkeit ordnungsgemäß ab und zahlt ein sich ergebendes Nettoentgelt an die Klägerin aus.

8

3. Der Klägerin ist dabei das Recht eingeräumt, bereits im Freistellungszeitraum ein anderweitiges Arbeitsverhältnis einzugehen. Eine dann erzielte Vergütung wird nicht in Anrechnung gebracht.

9

4. Weiter ist der Klägerin das Recht eingeräumt, das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch einseitige Erklärung gegenüber der Beklagten zu beenden.

10

Der Abfindungsanspruch der Klägerin erhöht sich dann um die durch die vorzeitige Beendigung frei gewordenen Vergütungsansprüche.

11

5. Für den Verlust des sozialen Besitzstandes der Klägerin zahlt die Beklagte an diese eine Abfindung in Höhe von 4.000,00 EUR brutto in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG.

12

Die Abfindung wird fällig mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

13

Die Abfindung gilt als entstanden und damit vererblich.

14

6. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis; nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein entsprechendes Schlusszeugnis.

15

7. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.

16

In der Folgezeit machte die Klägerin von dem ihr in Ziffer 4. des Vergleichs eingeräumten Recht Gebrauch und beendete das Arbeitsverhältnis durch einseitige Erklärung zum 31.12.2014.

17

Mit ihrer am 20.02.2015 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines tariflichen Weihnachtsgeldes für das Jahr 2014 in Höhe von 2.281,50 EUR brutto in Anspruch genommen. Die Beklagte hat hierauf unter Berufung auf § 8 Nr. 3. des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe lediglich 100,-- EUR brutto an die Klägerin ausgezahlt. Darüber hinaus begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines anteiligen tariflichen Urlaubsgeldes für die Monate Januar und Februar 2015 in Höhe von jeweils 25,-- EUR sowie die Erteilung einer korrigierten Lohnsteuerbescheinigung 2014 und Erteilung einer korrigierten Entgeltabrechnung für Dezember 2014.

18

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.02.2016 (Bl. 35 - 38 d. A.).

19

Die Klägerin hat beantragt:

20

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.281,50 EUR brutto zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.01.2015 zu zahlen.

21

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50,00 EUR brutto zzgl. 5 Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz aus 25,00 EUR seit 01.02.2015 und aus 25,00 EUR seit 01.03.2015 zu zahlen.

22

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine um die Bruttobeträge gemäß Klageantrag Ziffer 1 und Klageantrag Ziffer 3 korrigierte Lohnsteuerbescheinigung 2014 und Entgeltabrechnung Dezember 2014 zu erteilen.

23

Die Beklagte hat beantragt:

24

die Klage abzuweisen.

25

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.02.2016 dem Klageantrag zu 2. stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 - 7 dieses Urteils verwiesen.

26

Gegen das ihr am 23.03.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.04.2016 Berufung eingelegt und diese am 19.05.2016 begründet.

27

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe dem geltend gemachten Anspruch nicht die Bestimmung des § 8 Nr. 3. des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz entgegen. Sie - die Klägerin - sei nämlich nicht aus von ihr zu vertretenden Gründen im Sinne dieser Vorschrift aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Voraussetzung für die Anwendung dieser tariflichen Vorschrift sei die vorwerfbare, schuldhafte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer. Die Tatsache, dass sie von dem ihr im Vergleich eingeräumten Recht Gebrauch gemacht habe, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden, könne nicht gleichgesetzt werden mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus zu vertretenden Gründen. Mit dem Klageantrag zu 3. habe sich das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils überhaupt nicht auseinander gesetzt. Sie - die Klägerin - habe jedoch Anspruch auf eine korrekte Lohnabrechnung und eine korrekte Lohnsteuerbescheinigung.

28

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 19.05.2016 (Bl. 68 - 70 d. A.) Bezug genommen.

29

Die Klägerin beantragt:

30

1. Unter Abänderung des am 16.02.2016 verkündeten und am 23.03.2016 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau -, Aktenzeichen 6 Ca 128/15, soweit es die Klage abgewiesen hat, wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere € 2.181,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2016 zu zahlen.

31

2. Unter Abänderung des am 16.02.2016 verkündeten und am 23.03.2016 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau -, Aktenzeichen 6 Ca 128/15, wir die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine um die Bruttobeträge € 2.281,50 und € 50,00 korrigierte Lohnsteuerbescheinigung 2014 und Entgeltabrechnung Dezember 2014 zu erteilen.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung zurückzuweisen.

34

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 08.06.2016 (Bl. 77 ff. d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

35

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

36

1. Die Zahlungsklage (Berufungsantrag zu 1.) ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer den Betrag von 100,-- EUR brutto übersteigenden Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2014.

37

Nach § 8 Nr. 1. des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe Rheinland-Pfalz haben Beschäftigte ab dem 21. Jahr ihrer Betriebszugehörigkeit Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe von 100% ihres maßgeblichen Monatsentgeltes, wenn sie am 30. November des laufenden Jahres beim gleichen Arbeitgeber in ungekündigter Stellung länger als ein Jahr beschäftigt waren und während der zurückliegenden 12 Monate wenigstens 200 Tageseinsätze geleistet haben. Geht man - ungeachtet der Kündigung der Beklagten vom 31.7.2014 - zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass sie selbst das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. November 2014 gekündigt hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 8 Nr. 1. des Manteltarifvertrages vorliegen, so war der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vollen Weihnachtsgratifikation entstanden. Der Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs steht jedoch nunmehr die "dolo-petit-Einrede" entgegen, weil die Klägerin mit der Bezahlung der (vollen) Weihnachtsgratifikation eine Leistung fordert, die sie alsbald zurückgewähren müsste (vgl. zur "dolo-petit-Einrede": BAG vom 10.11.2011 - 6 AZR 357/10 - Randz. 25, m. w. N.). Dies ergibt sich aus § 8 Nr. 3. des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe. Die betreffende Vorschrift lautet wie folgt:

38

Scheiden begünstigte Beschäftigte und Auszubildende zum oder vor dem 31. März des folgenden Jahres aus von ihnen zu vertretenden Gründen aus dem Arbeitsverhältnis aus, muss der 100,00 Euro brutto übersteigende Teil der tatsächlich geleisteten Weihnachtsgratifikation zurückgezahlt werden.

39

Die Voraussetzungen dieser tariflichen Rückzahlungsklausel sind erfüllt. Die Klägerin ist aufgrund ihrer Eigenkündigung zum 31.12.2014 und damit zugleich vor dem 31.03. des folgenden Jahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch aus einem von ihr zu vertretenden Grund.

40

Der Begriff des Vertretenmüssens im Sinne des § 8 Nr. 3. MTV Hotel- und Gaststättengewerbe kann - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht mit einem Verschulden gleichgestellt werden. Auch im Bürgerlichen Gesetzbuch wird der Begriff des Vertretenmüssens nicht ausdrücklich gesetzlich definiert; er besagt lediglich, dass jemand für einen Zustand oder für ein Ereignis verantwortlich ist, dass er dafür einstehen muss. Nach § 276 BGB sind zwar Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn nichts anderes bestimmt ist; dies besagt jedoch keineswegs, dass Verschulden und Vertretenmüssen gleichgesetzt werden dürfen. Im geltenden Zivilrecht sind unverschuldete Ereignisse sehr oft zu vertreten. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien bei der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rückzahlungsklausel nur an Fälle des Vertragsbruchs gedacht hätten. Es ging ihnen vielmehr offensichtlich darum, nach dem Vorbild der in der Privatwirtschaft verbreiteten Rückzahlungsklauseln eine zusätzliche Betriebsbindung zu erreichen und den Arbeitnehmer von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzuhalten. Ein Arbeitnehmer hat daher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit die Folge evtl. Rückzahlungspflichten zu vertreten, wenn das Arbeitsverhältnis auf seine Veranlassung beendet worden ist (BAG vom 05.07.2000 - 5 AZR 883/98 -, AP Nr. 29 zu § 611 BGB - Ausbildungsbeihilfe). Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein arbeitgeberseitiges Verhalten vorliegt, das den Arbeitnehmer zum Ausspruch einer Eigenkündigung hätte berechtigen können (BAG vom 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 -, AP Nr. 16 zu § 307 BGB).

41

Demnach ist das Arbeitsverhältnis der Parteien aus einem von der Klägerin zu vertretenden Grund aufgelöst worden. Sie hat den Arbeitsvertrag durch Ausspruch einer Eigenkündigung zum 31.12.2014 beendet, um eine um zwei Monatsgehälter erhöhte sozialversicherungsbeitragsfreie Abfindung zu erhalten. Demgegenüber hatte die Beklagte - soweit ersichtlich - kein Interesse daran, das Arbeitsverhältnis mit der unter Fortzahlung ihrer Arbeitsvergütung freigestellten Klägerin vorzeitig aufzulösen, noch hat sie diesbezüglich die Initiative ergriffen.

42

2. Die Klage auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2014 ist unzulässig.

43

Diesbezüglich war bereits der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet, da es sich bei einer Klage auf Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung um eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur handelt (BAG vom 07.05.2013 - 10 AZB 8/13 -, AP Nr. 97 zu § 2 ArbGG 1979). Dies kann indessen nach §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a) Abs. 5 GVG im Berufungsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

44

Dem Klageantrag fehlt jedoch das Rechtschutzbedürfnis, da im Hinblick auf § 42 b) Abs. 3 EStG nach Ablauf des Monats Februar des Folgejahres etwaige Fehler beim Lohnsteuerabzug nur noch in der Einkommensteuerveranlagung berichtigt werden können (BFH vom 07.02.2008 - VI B 110/07 - juris). Überdies ist die Lohnsteuerbescheinigung nur ein Beweismittel für den Lohnsteuerabzug, wie er tatsächlich stattgefunden hat. Sie dient jedoch nicht dem Nachweis des Lohnsteuerabzugs, wie er hätte durchgeführt werden müssen (BAG vom 07.05.2013 - 10 AZB 8/13 -, AP Nr. 97 zu § 2 ArbGG 1979).

45

3. Der Klageantrag auf Erteilung einer um die geltend gemachte Weihnachtsgratifikation und um weitere 50,-- EUR (anteiliges Urlaubsgeld für die Monate Januar und Februar 2015) berichtigten Entgeltabrechnung ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

46

Hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation ergibt sich die Unbegründetheit der Klage bereits daraus, dass der Klägerin - wie bereits ausgeführt - ein entsprechender Zahlungsanspruch nicht zusteht. Soweit die Klägerin eine Berichtigung der Entgeltabrechnung für Dezember 2014 um die vom Arbeitsgericht trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2014 ausgeurteilten 50,-- EUR (anteiliges tarifliches Urlaubsgeld 2015 für die Monate Januar und Februar 2015 i. H. von jeweils 25,-- EUR) begehrt, steht der Begründetheit entgegen, dass die betreffenden Zahlungen keineswegs bereits im Dezember 2014 fällig waren und daher nicht in die Entgeltabrechnung dieses Monats gehören.

III.

47

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

48

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Dez. 2016 - 4 Sa 142/16 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 10 Höhe der Abfindung


(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsver

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren


(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für 1. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;2

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 48 Rechtsweg und Zuständigkeit


(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend: 1. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 07. Mai 2013 - 10 AZB 8/13

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Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2013 - 3 Ta 31/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Nov. 2011 - 6 AZR 357/10

bei uns veröffentlicht am 10.11.2011

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Januar 2010 - 12 Sa 962/09 - aufgehoben.

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(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Januar 2010 - 12 Sa 962/09 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 21. August 2009 - 4 Ca 911/09 lev - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der zwischen dem Kläger und der Schuldnerin am 1. Oktober 2007 zustande gekommene Aufhebungsvertrag trotz eines vom Kläger erklärten Rücktritts von diesem Vertrag das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2008 beendet hat.

2

Der Beklagte zu 1. ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Köln am 1. März 2009 (- 74 IN 338/08 -) über das Vermögen der während des Insolvenzverfahrens in S GmbH umbenannten T GmbH (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Dem Eröffnungsbeschluss liegt ein am 5. Dezember 2008 beim Amtsgericht Köln eingegangener Eigenantrag der Schuldnerin zugrunde. Das Amtsgericht Köln hatte den Beklagten zu 1. bereits mit Beschluss vom 8. Dezember 2008 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des Beklagten zu 1. wirksam sind.

3

Die Schuldnerin stellte Reibbeläge, Bremsbänder, Kupplungsscheiben und ähnliche Erzeugnisse her und vertrieb sie. Der 1950 geborene Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 5. Februar/18. Oktober 1973 seit dem 23. Oktober 1973 beschäftigt. Am 1. Oktober 2007 schlossen die Schuldnerin und der Kläger einen schriftlichen Aufhebungsvertrag. In diesem heißt es:

        

„§ 1   

        

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers und unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfristen mit Ablauf des 31. Dezember 2008 seine Beendigung findet.

        

…       

        

§ 5     

        

Abfindung

        

Wegen Verlustes des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer eine soziale Abfindung in Höhe von 110.500,00 (Einhundertzehntausendfünfhundert) Euro brutto. …

        

Der Abfindungsanspruch entsteht zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 1 und ist mit der letzten Gehaltszahlung zur Zahlung fällig.

        

...“   

4

Der Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 wurde im Rahmen eines Personalabbaus der Schuldnerin geschlossen. Ein am 31. August 2007 vereinbarter Sozialplan sah das freiwillige Ausscheiden von bis zu 50 Arbeitnehmern durch Abschluss von Aufhebungsverträgen zu den Bedingungen einer Betriebsvereinbarung vom 2. April 2002 vor. Außer dem Kläger schlossen noch neun andere Arbeitnehmer zu diesen Konditionen Aufhebungsverträge ab.

5

In seinem Schreiben vom 16. Dezember 2008 teilte der Kläger der Schuldnerin ua. mit, er müsse angesichts des kürzlich gestellten Insolvenzantrags davon ausgehen, dass die Schuldnerin die Abfindung nicht fristgerecht zahlen werde. Er wies die Schuldnerin auf erhebliche eigene Zahlungsverpflichtungen hin, forderte diese zur fristgerechten Zahlung des Abfindungsbetrags auf und kündigte für den Fall, dass die Abfindungssumme nicht fristgerecht abgerechnet und ausbezahlt werde, seinen Rücktritt vom Aufhebungsvertrag an. Eine Kopie dieses Schreibens an die Schuldnerin übersandte der Kläger am 16. Dezember 2008 dem Beklagten zu 1. Mit einem weiteren Schreiben vom 9. Januar 2009 verlangte der Kläger von der Schuldnerin nochmals ohne Erfolg die Zahlung der Abfindungssumme spätestens bis zum 16. Januar 2009 und wies erneut darauf hin, dass er ansonsten vom Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 zurücktreten werde. Nachdem der Beklagte zu 1. in einem Telefongespräch mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers seine Zustimmung zur Zahlung der Abfindung verweigert hatte, erklärte der Kläger in einem Schreiben an die Schuldnerin vom 19. Januar 2009 seinen Rücktritt von dem am 1. Oktober 2007 geschlossenen Aufhebungsvertrag, forderte die Schuldnerin auf, ihm zu bestätigen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 1. Oktober 2007 nicht beendet worden ist, und verlangte von der Schuldnerin, ihn sofort weiterzubeschäftigen. Dem kam die Schuldnerin nicht nach.

6

Mit seiner am 5. Februar 2009 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 1. Oktober 2007 nicht zum 31. Dezember 2008 beendet worden ist, sondern über diesen Tag hinaus ungekündigt fortbesteht. Mit einem Schreiben vom 18. März 2009 meldete der Kläger die im Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 vereinbarte Abfindung beim Beklagten zu 1. an. Der Abfindungsanspruch des Klägers wurde als Insolvenzforderung festgestellt. Am 22. April 2009 ging der Betrieb der Schuldnerin durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte zu 2. über.

7

Der Kläger hat gemeint, durch den von ihm im Schreiben an die Schuldnerin vom 19. Januar 2009 erklärten Rücktritt vom Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 seien die Wirkungen dieses gegenseitigen Vertrags beseitigt worden. Die in § 323 Abs. 1 BGB geregelten Rücktrittsvoraussetzungen seien erfüllt. Die Schuldnerin habe ihm den als Gegenleistung für seine Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugesagten Abfindungsbetrag weder fristgerecht mit der Gehaltszahlung für Dezember 2008 noch innerhalb der ihr im Schreiben vom 9. Januar 2009 bis zum 16. Januar 2009 gesetzten Frist gezahlt.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. bestehende Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 1. Oktober 2007 nicht zum 31. Dezember 2008 beendet worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 22. April 2009 auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist;

        

3.    

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des hiesigen Feststellungsverfahrens zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 5. Februar 1973 weiterzubeschäftigen.

9

Der Beklagte zu 1. hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das Rücktrittsrecht der §§ 323 ff. BGB sei auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht anwendbar. Das insolvenzrechtliche Leistungsstörungsrecht sei gegenüber dem Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs eigenständig. Bei dem Abfindungsanspruch des Klägers aus dem Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 handele es sich um eine Insolvenzforderung. Wäre der Anspruch des Klägers auf Abfindung erfüllt worden, hätte die Zahlung der Abfindungssumme eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO dargestellt, so dass der Kläger den Abfindungsbetrag gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Insolvenzmasse hätte zurückgewähren müssen. Ein Rücktrittsrecht des Klägers habe auch deshalb nicht bestanden, weil die Schuldnerin mit der Zahlung der Abfindung nicht in Verzug geraten sei. Aufgrund der Anordnung im Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 8. Dezember 2008, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien, sei die Schuldnerin rechtlich nicht in der Lage gewesen, die Abfindung zu zahlen. Hinzu komme, dass die vom Kläger der Schuldnerin zur Zahlung der Abfindung gesetzte Frist zu kurz gewesen sei. Im Übrigen hätten die Schuldnerin und der Kläger ein Rücktrittsrecht des Klägers konkludent abbedungen. Rechtsfolge eines Rücktritts sei auch nicht die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags vom 1. Oktober 2007. Bei einem wirksamen Rücktritt des Klägers vom Aufhebungsvertrag wäre die Beklagte zu 2. vielmehr verpflichtet, mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag abzuschließen, der den Kläger so stelle, wie er bei einem Fortbestand des ursprünglichen Arbeitsvertrags gestanden hätte.

10

Die Beklagte zu 2. hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Schuldnerin habe mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet, so dass sie am 22. April 2009 nicht in die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis eingetreten sei. Der Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 sei kein gegenseitiger Vertrag. Ein Rücktritt des Klägers von diesem Vertrag gemäß § 323 Abs. 1 Satz 1 BGB sei deshalb nicht möglich. Im Übrigen werde diese Vorschrift durch die gebotene entsprechende Anwendung der §§ 103 ff. InsO verdrängt. Die im Insolvenzeröffnungsverfahren angeordneten Maßnahmen hätten sich auf den umfassenden Schutz der Insolvenzmasse vor Manipulationen und Veränderungen bezogen.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. zurückgewiesen. Mit der vom Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. zugelassenen Revision verfolgen diese ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr deshalb zu Unrecht stattgegeben.

13

I. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag zu 1. bedarf allerdings der Auslegung. Dieser Feststellungsantrag ist dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG nachgebildet und hat einen punktuellen Streitgegenstand. Eine solche Antragstellung ist jedoch nur bei einer Kündigungsschutzklage im Anwendungsbereich des § 4 bzw. § 13 Abs. 1 KSchG zulässig. Der Antrag ist aber dahin auszulegen, dass nach § 256 ZPO die zulässige Feststellung begehrt wird, das Arbeitsverhältnis habe über den 31. Dezember 2008 hinaus fortbestanden (vgl. zu einer solchen Auslegung BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 15, BAGE 125, 70; 21. Juni 2000 - 4 AZR 379/99 - zu I der Gründe, BAGE 95, 124).

14

II. Die gegen den Beklagten zu 1. gerichtete Klage ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Schuldnerin und dem Kläger ist durch den schriftlichen Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 mit Ablauf des 31. Dezember 2008 beendet worden.

15

1. Der Kläger musste allerdings das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 2008 hinaus nicht gemäß § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem am 1. Oktober 2007 mit der Schuldnerin vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses geltend machen. Am 1. Oktober 2007 haben die Parteien trotz des späten Beendigungszeitpunktes keine nachträgliche Befristungsvereinbarung getroffen, sondern einen wirksamen Aufhebungsvertrag mit Auslauffrist geschlossen.

16

a) Die über einjährige Dauer der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist für die rechtliche Einordnung der Vereinbarung vom 1. Oktober 2007 nicht allein maßgebend. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung des Vereinbarten. Die ausdrücklich als Aufhebungsvertrag bezeichnete Vereinbarung enthält die für einen solchen Vertrag typischen Regelungen. Sie sieht nicht nur die Zahlung einer Abfindung iHv. 110.500,00 Euro für den Verlust des Arbeitsplatzes vor, sondern auch die Möglichkeit der Freistellung des Klägers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Darüber hinaus regelt sie Rückgabepflichten des Klägers sowie seinen Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis und enthält ferner eine Ausgleichsklausel. Aus diesen Umständen folgt, dass der Vertrag vom 1. Oktober 2007 nicht die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bezweckt hat, sondern auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet war (vgl. BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 34, BAGE 125, 70). Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass der Sozialplan vom 31. August 2007 das freiwillige Ausscheiden von bis zu 50 Arbeitnehmern durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen zu den Bedingungen der Betriebsvereinbarung vom 2. April 2002 vorsah.

17

b) Der Umstand, dass der Kläger bereits am 1. Oktober 2007 der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2008 zugestimmt hat und die Schuldnerin nach § 5 des Aufhebungsvertrags die Abfindung erst mit der Vergütung des Klägers für Dezember 2008 zu zahlen hatte, berührt die Rechtswirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung nicht. Die Regelung in § 5 des Aufhebungsvertrags, wonach der Abfindungsanspruch erst über ein Jahr nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 1. Oktober 2007 entsteht und mit der Vergütung des Klägers für Dezember 2008 fällig ist, führte zwar dazu, dass der Kläger die Annahme des Aufhebungsangebots der Schuldnerin als Vorleistung zu erbringen hatte. Dies verstieß jedoch weder gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB noch gegen die guten Sitten(§ 138 Abs. 1 BGB) noch benachteiligte die Vorleistungspflicht den Kläger unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Vereinbarung einer Vorleistung des Arbeitnehmers bei Abschluss eines außergerichtlichen Aufhebungsvertrags durch die Festlegung von Entstehen und Fälligkeit der Abfindung auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weicht nicht für den Arbeitnehmer nachteilig vom Leitbild eines Aufhebungsvertrags, durch den der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ab (vgl. Roth Anm. EWiR 2010, 449, 450). Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand der Kläger wirtschaftlich so, wie er ohne den Abschluss des Aufhebungsvertrags gestanden hätte. Dieser wirtschaftlichen Situation hätte es nicht entsprochen, wenn die Schuldnerin durch die Zahlung der Abfindung vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Vorleistung getreten wäre. Nach ganz überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung und im Schrifttum kann eine vertraglich vereinbarte Abfindung auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig gestellt werden (vgl. Bauer Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge 8. Aufl. IV Rn. 341 und für den Prozessvergleich BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 630/03 - zu B II 2 g der Gründe mwN, BAGE 111, 240). Hinzu kommt, dass nach der Regelung in § 5 des Aufhebungsvertrags kein Anspruch des Klägers auf die Abfindung entstanden wäre, wenn das Arbeitsverhältnis aus einem anderen als dem in § 1 des Aufhebungsvertrags genannten Grund vor dem oder am 31. Dezember 2008 geendet hätte. Ein Aufhebungsvertrag steht regelmäßig unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird (BAG 5. April 2001 - 2 AZR 217/00 - zu II 3 b der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 34 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10; 29. Januar 1997 - 2 AZR 292/96 - BAGE 85, 114). Löst später zB eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis vor dem im Aufhebungsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt auf, wird der Aufhebungsvertrag einschließlich einer darin vereinbarten Abfindungszahlung gegenstandslos (DFL/Fischermeier 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 32).

18

2. Dem Kläger ist einzuräumen, dass ein Arbeitnehmer entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. grundsätzlich von einer Aufhebungsvereinbarung gemäß § 323 Abs. 1 BGB wegen Nichtleistung zurücktreten kann, wenn sein Arbeitgeber die im Aufhebungsvertrag für den Verlust des Arbeitsplatzes zugesagte Abfindung nicht zahlt(ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 620 BGB Rn. 15; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 122 Rn. 37; HWK/Kliemt 4. Aufl. Anh. § 9 KSchG Rn. 30; MünchKommBGB/Hesse 5. Aufl. Vor § 620 BGB Rn. 33; Moll/Bengelsdorf MAH Arbeitsrecht § 46 Rn. 348; Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II A 100 Rn. 33; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562; Lingemann/Groneberg NJW 2010, 3496, 3497; Bauer NZA 2002, 169, 170 f.; vgl. zum Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers nach § 326 BGB aF auch LAG Köln 5. Januar 1996 - 4 Sa 909/94 - BB 1996, 907 und Bauer/Haußmann BB 1996, 901; aA v. Puttkamer Anm. BB 1996, 1440, der einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung als Vergleich im Sinne von § 779 BGB einordnet). Der außergerichtliche Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen die Zahlung einer Abfindung beendet wird, ist ein gegenseitiger Vertrag im Sinne von § 323 BGB. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht grundsätzlich im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der zugesagten Abfindung. Diese ist bei einem außergerichtlichen, auf Initiative des Arbeitgebers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (st. Rspr. seit BAG 25. Juni 1987 - 2 AZR 504/86 - zu II 4 der Gründe, EzA KSchG 1969 § 9 nF Nr. 23; vgl. auch 26. August 1997 - 9 AZR 227/96 - zu 3 der Gründe, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 8 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 29; 26. September 2001 - 4 AZR 497/00 - zu I 2 b der Gründe, EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 51; aA v. Puttkamer Anm. BB 1996, 1440). Die von der Beklagten zu 2. angeführte Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, wie sie im Urteil vom 16. Oktober 1969 (- 2 AZR 373/68 - AP ZPO § 794 Nr. 20 = EzA KSchG § 1 Nr. 15) Niederschlag gefunden hatte, wonach die Gegenseitigkeit zweifelhaft sei, ist mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Juni 1987 (- 2 AZR 504/86 - aaO) ausdrücklich aufgegeben worden.

19

3. Allerdings ist § 323 BGB dispositiv, so dass die Regelungen dieser Vorschrift grundsätzlich durch Individualvereinbarungen in jeder Hinsicht abgeändert oder abbedungen werden können(MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 323 Rn. 266; Bamberger/Roth/Grohe BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 3). Soweit der Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. der Ansicht sind, die Schuldnerin und der Kläger hätten beim Abschluss des Aufhebungsvertrags am 1. Oktober 2007 das Rücktrittsrecht des Klägers für den Fall der Nichtzahlung der von der Schuldnerin zugesagten Abfindung konkludent ausgeschlossen, ist ihnen zuzugeben, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass die Vertragsparteien bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einer Abfindungsvereinbarung das gesetzliche Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers in aller Regel konkludent abbedingen (Preis/Rolfs Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II A 100 Rn. 34; für den Fall einer Beendigungs- und Abfindungsvereinbarung in einem gerichtlichen Vergleich LAG Köln 5. Januar 1996 - 4 Sa 909/94 - BB 1996, 907; aA auch für den Fall eines Aufhebungsvertrags in der Form eines Prozessvergleichs Bauer/Haußmann BB 1996, 901 und Bauer NZA 2002, 169, 171). Ob dies ohne weiteres angenommen werden kann oder ob dafür besondere Anhaltspunkte im Aufhebungsvertrag vorliegen müssen (so Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 122 Rn. 37), bedarf hier keiner Entscheidung. Zugunsten des Klägers kann davon ausgegangen werden, dass sein gesetzliches Rücktrittsrecht beim Abschluss des Aufhebungsvertrags mit der Schuldnerin am 1. Oktober 2007 nicht konkludent abbedungen wurde.

20

4. Zugunsten des Klägers kann auch angenommen werden, dass seinem Rücktrittsrecht nicht entgegensteht, dass er mit einem Schreiben vom 18. März 2009 die im Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 vereinbarte Abfindung beim Beklagten zu 1. angemeldet hat und sein Abfindungsanspruch als Insolvenzforderung festgestellt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (20. Januar 2006 - V ZR 124/05 - zu II 2 b aa der Gründe, NJW 2006, 1198) kann die Vorschrift des § 281 Abs. 4 BGB nicht „reziprok“ angewendet werden, wenn der Gläubiger weiter Erfüllung begehrt. Vielmehr ist aus § 281 Abs. 4 BGB der Umkehrschluss zu ziehen, dass nur der Anspruch auf Erfüllung durch die Entscheidung des Gläubigers für einen der sekundären Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 Abs. 1 BGB oder auf Rückabwicklung des Vertrags ausgeschlossen wird. Die Frage, ob ein einmal begründetes Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB auch dann nicht untergeht, wenn der Gläubiger nicht nur weiterhin Erfüllung verlangt, sondern sein Anspruch nach der Rücktrittserklärung als Insolvenzforderung festgestellt wird, was jedenfalls den ersten Akt der insolvenzspezifischen Erfüllung von Forderungen darstellt, muss hier nicht beantwortet werden. Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass die Anmeldung und Anerkennung seiner Abfindungsforderung zur Insolvenztabelle einem Rücktritt gemäß § 323 Abs. 1 BGB nicht entgegenstehen.

21

5. Die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts aus § 323 Abs. 1 BGB lagen am 19. Januar 2009 nicht vor. Deshalb bedarf auch die Frage keiner Entscheidung, ob gemäß der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und eines Teils des Schrifttums (Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 122 Rn. 37; Moll/Bengelsdorf MAH Arbeitsrecht § 46 Rn. 348; Bauer NZA 2002, 169, 171; ders. Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge 8. Aufl. I Rn. 164; KR/Spilger 9. Aufl. AufhebungsV Rn. 26) bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB Rechtsfolge des Rücktritts von einem Aufhebungsvertrag der rückwirkende Wegfall dieses Vertrags ist oder ob ein bei Ausübung des Rücktrittsrechts bereits beendetes Arbeitsverhältnis im Wege der Rückabwicklung des Aufhebungsvertrags neu begründet werden muss(vgl. LAG Niedersachsen 15. Dezember 2010 - 2 Sa 742/10 - Rn. 60, LAGE BGB 2002 § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 9; ArbG Siegburg 9. Februar 2010 - 5 Ca 2017/09 - ZIP 2010, 1101, 1102; Besgen/Velten NZA-RR 2010, 561, 562 f.; Roth Anm. EWiR 2010, 449, 450). Auch wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen würde, dass der Rücktritt von einem Aufhebungsvertrag bewirkt, dass das Arbeitsverhältnis über den im Aufhebungsvertrag vorgesehenen Zeitpunkt hinaus ohne weiteres fortbesteht, würde dies dem Kläger nicht weiterhelfen.

22

a) § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB verlangt zwar anders als § 326 Abs. 1 BGB aF weder den Verzug des Schuldners mit der Leistung noch ein Vertretenmüssen. Nach dem Gesetzeswortlaut reicht es vielmehr aus, wenn eine fällige Leistung trotz Fristsetzung, soweit eine solche nach § 323 Abs. 2 BGB nicht entbehrlich ist, nicht erbracht worden ist. Jedoch ist nach allgemeiner Meinung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal (zu diesem Begriff: Herresthal JURA 2008, 561) die Durchsetzbarkeit der Forderung Voraussetzung für das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 323 BGB(Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. B 28; Soergel/Gsell 13. Aufl. § 323 Rn. 50; Bamberger/Roth/Grothe BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 323 Rn. 5; MünchKommBGB/Ernst 5. Aufl. § 323 Rn. 47). § 323 BGB ermöglicht dem Gläubiger die Wahl, von der Durchsetzung der Forderung durch Leistungsklage abzusehen und sich stattdessen für eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zu entscheiden. Das gesetzliche Rücktrittsrecht setzt damit voraus, dass der Schuldner die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbringen kann und muss, dies aber - warum auch immer - nicht tut (vgl. Staudinger/Otto/Schwarze [2009] § 323 Rn. A 8). Die von § 323 BGB nach wie vor vorausgesetzte Verletzung der Leistungspflicht ist begriffsnotwendig ausgeschlossen, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder unter Umständen auch gar nicht leisten darf, die Forderung also nicht durchsetzbar ist(vgl. Herresthal JURA 2008, 561). In der Literatur wird eine fehlende Durchsetzbarkeit bei Vorliegen von Einreden und Einwendungen, insbesondere der Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB), der Verjährung oder des Vorliegens eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) angenommen (ausführlich mwN: Herresthal JURA 2008, 561, 564 ff.).

23

b) Der Anspruch des Klägers auf die ihm von der Schuldnerin im Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 versprochene Abfindung war zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Klägers am 19. Januar 2009 nicht durchsetzbar.

24

aa) Die Schuldnerin war bereits aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Köln vom 8. Dezember 2008 gehindert, dem Kläger mit der Vergütung für Dezember 2008 die vereinbarte Abfindung zu zahlen. In diesem Beschluss hatte das Amtsgericht Köln ua. gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Ferner hat es gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin untersagt. Darüber, dass der Beklagte zu 1. als vorläufiger Insolvenzverwalter seine Zustimmung zur Zahlung der Abfindung verweigert hat, besteht kein Streit. Der Kläger hat dies in der Revisionsverhandlung selbst noch einmal behauptet. Mangels einer Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters durfte die Schuldnerin dem Kläger die Abfindung deshalb nicht gemäß § 5 des Aufhebungsvertrags vom 1. Oktober 2007 mit der Vergütung für Dezember 2008 zahlen.

25

bb) Darüber hinaus stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs des Klägers die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Die Rechtsausübung des Klägers verstieß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und war missbräuchlich, weil ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde lag. Ein solches schutzwürdiges Interesse fehlte, weil der Kläger mit der Zahlung der Abfindung eine Leistung forderte, die er alsbald hätte zurückgewähren müssen (vgl. zur „dolo-petit-Einrede“ BAG 3. Mai 2006 - 10 AZR 344/05 - Rn. 31, AP AEntG § 1 Nr. 25 = EzA AEntG § 1 Nr. 10). Ein Fall des „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est” lag vor. Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Letzteres war beim Kläger der Fall. Der Kläger hatte bereits in seinem an die Schuldnerin gerichteten Schreiben vom 16. Dezember 2008 die Auffassung vertreten, er müsse angesichts des kürzlich gestellten Insolvenzantrags davon ausgehen, dass die Schuldnerin die Abfindung nicht fristgerecht zahlen werde, und damit seine Kenntnis vom Eröffnungsantrag dargetan. Hätte die Schuldnerin dem Kläger unter Verstoß gegen die Anordnung des Amtsgerichts Köln im Beschluss vom 8. Dezember 2008 die im Aufhebungsvertrag vom 1. Oktober 2007 vereinbarte Abfindung gezahlt, wäre diese dem Kläger gewährte Befriedigung deshalb nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anfechtbar mit der Folge, dass der Kläger den Abfindungsbetrag nach § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse hätte zurückgewähren müssen. Allerdings trifft es zu, dass nicht jeder Eröffnungsantrag tatsächlich zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt. Hätte die Schuldnerin dem Kläger entgegen der Anordnung des Insolvenzgerichts und trotz der vom vorläufigen Insolvenzverwalter verweigerten Zustimmung die Abfindung gezahlt und wäre das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden, hätte der Kläger die Abfindung nicht gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 iVm. § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewähren müssen. Jedoch fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände ausnahmsweise trotz des ihm bekannten Eröffnungsantrags nicht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechnen musste. Der Kläger hat das Vorliegen solcher besonderer Umstände auch nicht behauptet.

26

III. Die Beklagte zu 2. ist aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2008 nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 22. April 2009 aufgrund Betriebsübergangs in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Schuldnerin eingetreten. Die Klage ist deshalb auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2. richtet.

27

IV. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2013 - 3 Ta 31/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 200,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren noch darüber, ob die Beklagte die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2011 richtig ausgefüllt hat und vorab über den Rechtsweg.

2

Der Kläger trat im September 2010 als Angestellter in die Dienste der Beklagten. Er kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2011. Die Beklagte sprach ihrerseits eine außerordentliche und fristlose Kündigung zum 30. November 2011 aus. Auf die vom Kläger erhobene Klage stellte das Arbeitsgericht Nürnberg mit Urteil vom 12. Juli 2012 (- 9 Ca 7364/11 -) die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2011 fest. Ferner verurteilte es die Beklagte zur Zahlung der Vergütung für Dezember 2011. Die Beklagte kam der Zahlungsverpflichtung nach. In der für das Jahr 2011 von der Beklagten erteilten Lohnsteuerbescheinigung ist die im Jahr 2012 gezahlte Vergütung für Dezember 2011 nicht enthalten. Stattdessen wies die Beklagte diesen Betrag unter Berufung auf das steuerrechtliche „Zuflussprinzip“ in einer von ihr für das Jahr 2012 erteilten Bescheinigung aus. Der Kläger hält die Auffassung der Beklagten für unzutreffend. Das „Zuflussprinzip“ gelte nicht im Streitfall.

3

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Kalenderjahr 2011 eine Jahreslohnsteuerbescheinigung zu erteilen, die auch die Bezüge für den Monat Dezember 2011 erfasst.

4

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht für gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Finanzgericht verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers, nachdem das Arbeitsgericht ihr nicht abgeholfen hatte, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Für den Rechtsstreit ist der Finanzrechtsweg gegeben (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 33 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen (hier: § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG) liegen nicht vor.

6

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere. Nach der Gesetzesbegründung soll sich eine Streitigkeit über Arbeitspapiere wegen des engen Sachzusammenhangs nicht nur auf die Herausgabe der Arbeitspapiere, sondern auch auf deren Berichtigung beziehen (BT-Drucks. 8/2535 S. 34). Damit hat der Gesetzgeber aber nicht bewirkt, dass ein Arbeitnehmer eine Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung stets vor den Gerichten für Arbeitssachen verfolgen kann. Denn nach den Eingangsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG werden nur „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern „über Arbeitspapiere“ erfasst. Wegen dieses eindeutigen, die Zuständigkeit auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten beschränkenden Wortlauts kann trotz der Entstehungsgeschichte nicht angenommen werden, es sei eine ausdrückliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen kraft Zuweisung ohne Rücksicht darauf begründet, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt (BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II 1 der Gründe; 13. Juli 1988 - 5 AZR 467/87 - zu II 1 der Gründe, BAGE 59, 169).

7

2. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II 2 der Gründe mwN).

8

3. Nach diesen Grundsätzen, denen sich auch der Bundesfinanzhof angeschlossen hat (BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 5), handelt es sich hier nicht um eine bürgerlich-rechtliche, sondern um eine öffentlich-rechtliche, nämlich abgabenrechtliche Streitigkeit iSd. § 33 FGO.

9

a) Der von den Parteien ursprünglich geführte arbeitsrechtliche Streit um den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ist durch Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12. Juli 2012 (- 9 Ca 7364/11 -) entschieden. Das Arbeitsverhältnis hat am 31. Dezember 2011 geendet. Die Parteien streiten nicht - auch nicht indirekt - um Zahlung von Arbeitsvergütung oder sonstige nach Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts zu beurteilende Fragen. Die einzige Meinungsverschiedenheit der Parteien betrifft das Steuerrecht. Der Kläger begehrt eine in bestimmter Weise ausgefüllte Lohnsteuerbescheinigung. Die Verpflichtung zur Erstellung dieser Bescheinigung folgt aus § 41b Abs. 1 EStG. Dort ist auch der gesetzlich vorgeschriebene Inhalt der Bescheinigung geregelt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie habe in Anwendung des „Zuflussprinzips“ die im Jahr 2012 erfolgte Zahlung der Vergütung für Dezember 2011 in der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2012 ausweisen müssen. Der Kläger meint, aus § 38a Abs. 1 EStG ergebe sich, dass die Bescheinigung über die Zahlung von Arbeitsvergütungen stets für das Jahr zu erfolgen habe, für das sie geschuldet werden. Die Parteien streiten damit im Kern um eine öffentlich-rechtliche, nämlich steuerrechtliche Frage. Ein Rechtssatz des bürgerlichen Rechts, der die Frage beantworten würde, besteht nicht. Außersteuerliche Rechtswirkungen sind mit der Lohnsteuerbescheinigung nicht verbunden (BFH 7. Februar 2008 - VI B 110/07 - Rn. 6).

10

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich bei Anwendung der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Frage des zutreffenden Rechtswegs bei Ansprüchen auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung im Streitfall kein anderes Ergebnis.

11

aa) In dem vom Kläger herangezogenen Beschluss (BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 8) hat der BFH ausgeführt, bei einem Streit um die Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten jedenfalls dann gegeben, wenn es bei dem Rechtsstreit im Kern um arbeitsrechtliche Fragen gehe, zu denen die vom Arbeitnehmer beanstandeten Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung oder das Begehren des Arbeitnehmers auf Ausstellung einer Lohnsteuerbescheinigung einen bloßen Reflex bildeten. Der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt werde für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge insbesondere dann von Rechtssätzen des Arbeitsrechts geprägt, wenn Streit bestehe, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, für welchen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis bestanden habe oder welche arbeitsrechtlichen Ansprüche - insbesondere Barlohnansprüche - bestünden oder bestanden hätten. Die letztgenannte Frage präge insbesondere dann den Kern des Rechtsstreits, wenn um Bestehen und Inhalt einer Nettolohnvereinbarung gestritten und damit nach dem sachlichen Gehalt des Klagebegehrens zusätzlicher Lohn gefordert werde. Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2007 (- VI R 57/04 - Rn. 12, BFHE 220, 124; ebenso 30. Juni 2005 - VI S 7/05 - Rn. 4) ausdrücklich festgehalten, dass dann, wenn die Entscheidung des Streits um die richtige Ausfüllung der Lohnsteuerbescheinigung die Anwendung steuerrechtlicher Normen erfordert, der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben ist. Der gegenteiligen Auffassung, nach der eine Zuständigkeit der Finanzgerichte für alle Klagen auf Berichtigung von Lohnsteuerbescheinigungen ausgeschlossen sein soll (FG Münster 14. Dezember 2011 - 10 K 811/11 L - Rn. 17 mwN; vgl. zum Streitstand auch: GK-ArbGG/Schütz Stand März 2013 § 2 ArbGG Rn. 145 ff.; Küttner/Poeche/Reinecke Personalbuch 2013 Lohnsteuerbescheinigung Rn. 1 ff.; ErfK/Koch 13. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 22; BeckOK ArbGG Stand 1. März 2013 § 2 Rn. 21; GMP/Matthes/Schlewing 7. Aufl. § 2 Rn. 79 ff.; Hohmann Arbeitsgerichtsgesetz § 2 Rn. 15 f.; Bartone jurisPR-SteuerR 6/2009 Anm. 6), hat sich der BFH nicht angeschlossen.

12

bb) Im hier gegebenen Fall stehen keine bürgerlich-rechtlichen Fragen zur Entscheidung. Es geht nicht darum, ob, für welchen Zeitraum oder in welcher Höhe dem Kläger arbeitsrechtliche Ansprüche zustehen. Es kann deshalb dahinstehen, ob Ansprüche auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung stets (so wohl BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II der Gründe) oder nur dann dem Rechtsweg zu den Finanzgerichten zuzuordnen sind, wenn es „im Kern“ um abgabenrechtliche Fragen geht (so BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 8 f.). Im Streitfall ist das steuerrechtliche Begehren des Klägers auch kein bloßer „Reflex“ eines arbeitsrechtlichen Anspruchs. Es liegt vielmehr gerade umgekehrt: Die vom Kläger geltend gemachte Nebenpflicht des Arbeitgebers auf richtige Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung erweist sich als bloßer Reflex des im Kern abgabenrechtlichen Streits der Parteien.

13

4. Im Übrigen dürfte die Klage unzulässig sein. Die Lohnsteuerbescheinigung ist nur ein Beweismittel für den Lohnsteuerabzug, wie er tatsächlich stattgefunden hat (BFH 30. Oktober 2008 - VI R 10/05 - Rn. 10, BFHE 223, 202). Sie dient aber nicht dem Nachweis des Lohnsteuerabzugs, wie er hätte durchgeführt werden müssen. Etwaige Fehler beim Lohnsteuerabzug können im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berichtigt werden (BFH 7. Februar 2008 - VI B 110/07 - Rn. 3). Eine abweichende Einkommensteuerveranlagung ist durch eine unrichtige Lohnsteuerbescheinigung nicht ausgeschlossen, da dieser lediglich eine widerlegbare Beweiswirkung bei der Veranlagung zukommt (BFH 18. August 2011 - VII B 9/11 - Rn. 8). Eine Bindungswirkung kommt ihr nicht zu (BFH 30. Dezember 2010 - III R 50/09 - Rn. 10, 11).

14

III. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2013 - 3 Ta 31/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 200,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren noch darüber, ob die Beklagte die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2011 richtig ausgefüllt hat und vorab über den Rechtsweg.

2

Der Kläger trat im September 2010 als Angestellter in die Dienste der Beklagten. Er kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2011. Die Beklagte sprach ihrerseits eine außerordentliche und fristlose Kündigung zum 30. November 2011 aus. Auf die vom Kläger erhobene Klage stellte das Arbeitsgericht Nürnberg mit Urteil vom 12. Juli 2012 (- 9 Ca 7364/11 -) die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2011 fest. Ferner verurteilte es die Beklagte zur Zahlung der Vergütung für Dezember 2011. Die Beklagte kam der Zahlungsverpflichtung nach. In der für das Jahr 2011 von der Beklagten erteilten Lohnsteuerbescheinigung ist die im Jahr 2012 gezahlte Vergütung für Dezember 2011 nicht enthalten. Stattdessen wies die Beklagte diesen Betrag unter Berufung auf das steuerrechtliche „Zuflussprinzip“ in einer von ihr für das Jahr 2012 erteilten Bescheinigung aus. Der Kläger hält die Auffassung der Beklagten für unzutreffend. Das „Zuflussprinzip“ gelte nicht im Streitfall.

3

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Kalenderjahr 2011 eine Jahreslohnsteuerbescheinigung zu erteilen, die auch die Bezüge für den Monat Dezember 2011 erfasst.

4

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht für gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Finanzgericht verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers, nachdem das Arbeitsgericht ihr nicht abgeholfen hatte, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Für den Rechtsstreit ist der Finanzrechtsweg gegeben (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 33 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen (hier: § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG) liegen nicht vor.

6

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Arbeitspapiere. Nach der Gesetzesbegründung soll sich eine Streitigkeit über Arbeitspapiere wegen des engen Sachzusammenhangs nicht nur auf die Herausgabe der Arbeitspapiere, sondern auch auf deren Berichtigung beziehen (BT-Drucks. 8/2535 S. 34). Damit hat der Gesetzgeber aber nicht bewirkt, dass ein Arbeitnehmer eine Klage auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung stets vor den Gerichten für Arbeitssachen verfolgen kann. Denn nach den Eingangsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e ArbGG werden nur „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern „über Arbeitspapiere“ erfasst. Wegen dieses eindeutigen, die Zuständigkeit auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten beschränkenden Wortlauts kann trotz der Entstehungsgeschichte nicht angenommen werden, es sei eine ausdrückliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen kraft Zuweisung ohne Rücksicht darauf begründet, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt (BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II 1 der Gründe; 13. Juli 1988 - 5 AZR 467/87 - zu II 1 der Gründe, BAGE 59, 169).

7

2. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II 2 der Gründe mwN).

8

3. Nach diesen Grundsätzen, denen sich auch der Bundesfinanzhof angeschlossen hat (BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 5), handelt es sich hier nicht um eine bürgerlich-rechtliche, sondern um eine öffentlich-rechtliche, nämlich abgabenrechtliche Streitigkeit iSd. § 33 FGO.

9

a) Der von den Parteien ursprünglich geführte arbeitsrechtliche Streit um den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ist durch Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 12. Juli 2012 (- 9 Ca 7364/11 -) entschieden. Das Arbeitsverhältnis hat am 31. Dezember 2011 geendet. Die Parteien streiten nicht - auch nicht indirekt - um Zahlung von Arbeitsvergütung oder sonstige nach Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts zu beurteilende Fragen. Die einzige Meinungsverschiedenheit der Parteien betrifft das Steuerrecht. Der Kläger begehrt eine in bestimmter Weise ausgefüllte Lohnsteuerbescheinigung. Die Verpflichtung zur Erstellung dieser Bescheinigung folgt aus § 41b Abs. 1 EStG. Dort ist auch der gesetzlich vorgeschriebene Inhalt der Bescheinigung geregelt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie habe in Anwendung des „Zuflussprinzips“ die im Jahr 2012 erfolgte Zahlung der Vergütung für Dezember 2011 in der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2012 ausweisen müssen. Der Kläger meint, aus § 38a Abs. 1 EStG ergebe sich, dass die Bescheinigung über die Zahlung von Arbeitsvergütungen stets für das Jahr zu erfolgen habe, für das sie geschuldet werden. Die Parteien streiten damit im Kern um eine öffentlich-rechtliche, nämlich steuerrechtliche Frage. Ein Rechtssatz des bürgerlichen Rechts, der die Frage beantworten würde, besteht nicht. Außersteuerliche Rechtswirkungen sind mit der Lohnsteuerbescheinigung nicht verbunden (BFH 7. Februar 2008 - VI B 110/07 - Rn. 6).

10

b) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich bei Anwendung der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Frage des zutreffenden Rechtswegs bei Ansprüchen auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung im Streitfall kein anderes Ergebnis.

11

aa) In dem vom Kläger herangezogenen Beschluss (BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 8) hat der BFH ausgeführt, bei einem Streit um die Berichtigung einer Lohnsteuerbescheinigung sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten jedenfalls dann gegeben, wenn es bei dem Rechtsstreit im Kern um arbeitsrechtliche Fragen gehe, zu denen die vom Arbeitnehmer beanstandeten Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung oder das Begehren des Arbeitnehmers auf Ausstellung einer Lohnsteuerbescheinigung einen bloßen Reflex bildeten. Der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt werde für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge insbesondere dann von Rechtssätzen des Arbeitsrechts geprägt, wenn Streit bestehe, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, für welchen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis bestanden habe oder welche arbeitsrechtlichen Ansprüche - insbesondere Barlohnansprüche - bestünden oder bestanden hätten. Die letztgenannte Frage präge insbesondere dann den Kern des Rechtsstreits, wenn um Bestehen und Inhalt einer Nettolohnvereinbarung gestritten und damit nach dem sachlichen Gehalt des Klagebegehrens zusätzlicher Lohn gefordert werde. Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 2007 (- VI R 57/04 - Rn. 12, BFHE 220, 124; ebenso 30. Juni 2005 - VI S 7/05 - Rn. 4) ausdrücklich festgehalten, dass dann, wenn die Entscheidung des Streits um die richtige Ausfüllung der Lohnsteuerbescheinigung die Anwendung steuerrechtlicher Normen erfordert, der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben ist. Der gegenteiligen Auffassung, nach der eine Zuständigkeit der Finanzgerichte für alle Klagen auf Berichtigung von Lohnsteuerbescheinigungen ausgeschlossen sein soll (FG Münster 14. Dezember 2011 - 10 K 811/11 L - Rn. 17 mwN; vgl. zum Streitstand auch: GK-ArbGG/Schütz Stand März 2013 § 2 ArbGG Rn. 145 ff.; Küttner/Poeche/Reinecke Personalbuch 2013 Lohnsteuerbescheinigung Rn. 1 ff.; ErfK/Koch 13. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 22; BeckOK ArbGG Stand 1. März 2013 § 2 Rn. 21; GMP/Matthes/Schlewing 7. Aufl. § 2 Rn. 79 ff.; Hohmann Arbeitsgerichtsgesetz § 2 Rn. 15 f.; Bartone jurisPR-SteuerR 6/2009 Anm. 6), hat sich der BFH nicht angeschlossen.

12

bb) Im hier gegebenen Fall stehen keine bürgerlich-rechtlichen Fragen zur Entscheidung. Es geht nicht darum, ob, für welchen Zeitraum oder in welcher Höhe dem Kläger arbeitsrechtliche Ansprüche zustehen. Es kann deshalb dahinstehen, ob Ansprüche auf Berichtigung der Lohnsteuerbescheinigung stets (so wohl BAG 11. Juni 2003 - 5 AZB 1/03 - zu II der Gründe) oder nur dann dem Rechtsweg zu den Finanzgerichten zuzuordnen sind, wenn es „im Kern“ um abgabenrechtliche Fragen geht (so BFH 4. September 2008 - VI B 108/07 - Rn. 8 f.). Im Streitfall ist das steuerrechtliche Begehren des Klägers auch kein bloßer „Reflex“ eines arbeitsrechtlichen Anspruchs. Es liegt vielmehr gerade umgekehrt: Die vom Kläger geltend gemachte Nebenpflicht des Arbeitgebers auf richtige Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung erweist sich als bloßer Reflex des im Kern abgabenrechtlichen Streits der Parteien.

13

4. Im Übrigen dürfte die Klage unzulässig sein. Die Lohnsteuerbescheinigung ist nur ein Beweismittel für den Lohnsteuerabzug, wie er tatsächlich stattgefunden hat (BFH 30. Oktober 2008 - VI R 10/05 - Rn. 10, BFHE 223, 202). Sie dient aber nicht dem Nachweis des Lohnsteuerabzugs, wie er hätte durchgeführt werden müssen. Etwaige Fehler beim Lohnsteuerabzug können im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berichtigt werden (BFH 7. Februar 2008 - VI B 110/07 - Rn. 3). Eine abweichende Einkommensteuerveranlagung ist durch eine unrichtige Lohnsteuerbescheinigung nicht ausgeschlossen, da dieser lediglich eine widerlegbare Beweiswirkung bei der Veranlagung zukommt (BFH 18. August 2011 - VII B 9/11 - Rn. 8). Eine Bindungswirkung kommt ihr nicht zu (BFH 30. Dezember 2010 - III R 50/09 - Rn. 10, 11).

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III. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)