Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Aug. 2008 - 3 Sa 768/07

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2008:0826.3SA768.07.0A
bei uns veröffentlicht am26.08.2008

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.10.2007 - 1 Ca 1554/07 - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

3. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

für die 1. Instanz auf EUR 14.400,00 und

für das Berufungsverfahren auf EUR 13.200,00.

4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger sein Entgelt nach der Entgeltgruppe II oder nach der Entgeltgruppe III des § 16 TV-Ärzte/VKA zu beanspruchen hat. Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der (von der Beklagten betriebenen) Stadtklinik A. ist der Dr. F. St.. Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 02.04.2002 (Bl. 208 d.A.) arbeitet der Kläger dort seit dem 01.04.2002 als Arzt (Facharzt). Zur Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie gehört die psychiatrische Institutsambulanz (folgend: P.I.A.). Auf einem Briefbogen der Krankenhausverwaltung/Personalabteilung des Städtischen Krankenhauses teilte der (seinerzeitige) Verwaltungsdirektor M. dem Kläger mit dem Schreiben vom 30.04.2003 (Bl. 33 d.A.) u.a. mit:

2

"… Mit Wirkung vom 01.05.2003 wird ihnen die psychiatrische Institutsambulanz als Funktionsoberarzt unterstellt. Eine Änderung Ihrer Eingruppierung ergibt sich hierdurch nicht.

…".

3

Über die Stelle des Klägers verhält sich die aus Bl. 20 bis 23 d.A. ersichtliche Stellenbeschreibung vom 30.01.2007, die von dem Chefarzt Dr. St. unterzeichnet ist. Der Kläger hat sich unterschriftlich mit den Inhalten der Stellenbeschreibung einverstanden erklärt. In der Stellenbeschreibung, auf die verweisen wird, heißt es u.a.:

4

Bei      

"… 1. Stellenidentifikation

         

1.4 Nachgeordnete Stellen

disziplinarisch:   keine

organisatorisch:   alle Mitarbeiter der psychiatrischen Institutsambulanz

fachlich:   dto.

         

         

         

4. Aufgaben und Verantwortungsbereich

Das Aufgabengebiet … beinhaltet:

4.1 Auf den Patienten bezogen:

- Durchführung der medizinischen Versorgung (Diagnostik und Therapie) der P.I.A.-Patienten

         

- Verantwortlicher Ansprechpartner der Patienten und der Angehörigen in der P.I.A. in medizinischen und individuellen Belangen

         

        

4.3 Auf die Mitarbeiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie bezogen:

- Führung der fachlich-organisatorisch unterstellten Mitarbeiter in der P.I.A.

         

6. Befugnisse des Funktionsoberarztes der P.I.A. …

Keine  

         

…".      

5

Assistenzärzte, die in der P.I.A. zum Einsatz kommen, leitet der Kläger (auch) fachlich an. Als ihm (fachlich-organisatorisch) unterstellte Mitarbeiter der P.I.A. nennt der Kläger (weiter):

6

- die Arzthelferin M. A. sowie

die Suchtherapeuten

- G. M. und

- E. B.-W..

7

Gemäß Schreiben des Krankenhausdezernenten B. vom 28.02.2007 (Bl. 11 d.A.) leitete die Beklagte den Kläger "als Facharzt in die Entgeltgruppe II, Stufe 2 TV-Ärzte/VKA über".

8

Der Kläger behauptet, dass der Praxisalltag des Klägers in der P. der Aussage in Punkt 6. der Stellenbeschreibung (= "Befugnisse …: keine") diametral zuwider laufe. Der Kläger nimmt für sich in Anspruch die Voraussetzungen der Entgeltgruppe III in Verbindung mit der Protokollerklärung zu c) des § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, wonach Oberarzt derjenige Arzt ist,

9

dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

10

Die Beklagte sieht den Kläger nicht als Oberarzt in diesem tariflichen Sinne an. Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse beansprucht der Kläger von der Beklagten für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.07.2007 die Zahlung von 13.200,00 EUR brutto (nebst Zinsen) als Unterschiedsbetrag der Vergütungen (Entgelte) nach Entgeltgruppe III und Entgeltgruppe II des § 16 TV-Ärzte/VKA.

11

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.10.2007 - 1 Ca 1554/07 - (dort S. 2 bis 9 = Bl. 120 ff. d.A.) Bezug genommen. Gegen das der Klage im genannten Umfang (EUR 13.200,00 brutto nebst Zinsen) stattgebende Urteil vom 25.10.2007 - 1 Ca 1554/07 - zugestellt am 26.11.2007 - hat die Beklagte am 13.12.2007 Berufung eingelegt. Mit dem Schriftsatz vom 22.02.2008 hat die Beklagte am 22.02.2008 (- innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist; s. Beschluss vom 17.01.2008, Bl. 150 d.A. -) ihre Berufung begründet.

12

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 22.02.2008 (Bl. 151 ff. d.A.) verwiesen. Verwiesen wird auch auf die ergänzenden Ausführungen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 24.04.2008 (Bl. 194 f. d.A. nebst den beiden Auskunftsschreiben der VKA vom 13.02.2008, Bl. 196 ff. d.A., und vom 28.02.2008, Bl. 201 ff. d.A.) sowie vom 30.07.2008 (Bl. 219 ff. d.A.) und vom 15.08.2008 (Bl. 247 f. d.A.).

13

Die Beklagte macht insbesondere geltend, dass dem Kläger nicht die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- bzw. Funktionsbereich einer Klinik ausdrücklich übertragen worden sei. Die Beklagte trägt aus tarifrechtlicher Sicht zum Hintergrund der Eingruppierung von Oberärzten vor. Es bedürfe - so die Beklagte - keiner weiteren Erläuterung, dass der Unterschied beim jeweiligen monatlichen Tabellenentgelt (zwischen den Entgeltgruppen II und III in Höhe von monatlich 1200,00 EUR) nur dann gerechtfertigt sei, wenn sich eine deutliche Abgrenzung zu der Facharzttätigkeit feststellen lasse. Mit der Formulierung "Teil- oder Funktionsbereiche" habe - so argumentiert die Beklagte weiter - der Anwendungsbereich nicht erweitert werden sollen, - auch hätten die Anforderungen für die Eingruppierung in die entsprechend herausgehobene Entgeltgruppe III nicht verringert werden sollen. Sie, die Beklagte, habe (mit der P.) keinen selbständigen Teilbereich "geschaffen". Die Beklagte geht davon aus, dass in der Ambulanz letztlich Patienten mit ähnlichen oder gar identischen psychiatrischen Diagnosen behandelt würden wie auf den Stationen. Die Leitung der Ambulanz entspreche z.B. der Stationsleitung bzw. der Leitung einer bestimmten Organisationseinheit. Die Beklagte meint, dass, wer einen Bereich leite, denknotwendig auch die Verantwortung haben müsse. Das Kriterium der medizinischen Verantwortung sei daher im Sinne von "Leiten" zu verstehen. Alleine eine Aufsichtsfunktion über ärztliches oder nichtärztliches Personal - wie im vorliegenden Fall - genüge allerdings nicht. Soweit das Arbeitsgericht auf "fachliche Weisungsrechte" (des Klägers) gegenüber einer Arzthelferin bzw. Sekretärin sowie zugewiesenen Assistenzärzten abgestellt habe, entspricht dieses Weisungsrecht - nach Ansicht der Beklagten - erkennbar bei weitem nicht der tariflich geforderten "medizinischen Verantwortung".

14

Die Beklagte verweist auf das zeitliche Erfordernis des § 15 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte/VKA und die dem Kläger (auch) insoweit obliegende Darlegungs- und Beweislast. Im Zusammenhang mit dem Merkmal "ausdrücklich übertragen" verweist die Beklagte darauf, dass sie den Kläger mit dem Schreiben vom 30.04.2003 als "Funktionsoberarzt" eingesetzt hat. Bei dem Kläger handele es sich lediglich um einen "Oberarzt" im Sinne der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/VKA. Mit Rücksicht darauf, dass sie das Schreiben vom 30.04.2003 mehr als 3 Jahre vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA dem Kläger übersandt habe, sei erkennbar, dass sie den Kläger nicht als Oberarzt im Sinne des neuen Tarifrechts eingesetzt habe. Eine entsprechende Willenserklärung könne jedenfalls aus dem Schreiben aus dem Jahre 2003 nicht abgeleitet werden.

15

Die Beklagte beantragt,

16

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25.10.2007 - 1 Ca 1554/07 - die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt,

18

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

19

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 14.04.2008 (Bl. 178 ff. d.A.) sowie in den Schriftsätzen vom 30.07.2008 (Bl. 222 ff. d.A.) und vom 14.08.2008 (Bl. 243 ff. d.A.), worauf jeweils verwiesen wird.

20

Der Kläger bezieht sich insbesondere auch auf die Ausführungen von Bruns ArztR 2007, 60 ff.. Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Marburger Bundes vom 18.03.2008 (Bl. 190 d.A.) versteht der Kläger unter einem Teilbereich jede vorgenommene faktische Untergliederung einer Abteilung, - unabhängig davon, wieso und zu welchem Zweck sie vorgenommen worden sei. Durch die Aufnahme dieses Begriffs ("Teilbereich") sei eben doch - so der Kläger - eine Erweiterung des Anwendungsbereichs erfolgt. Der Kläger argumentiert weiter dahingehend, dass die Verwendung der Attribute medizinisch-wissenschaftlich ungerechtfertigt sei, weil sie gerade nicht tatbestandliche Voraussetzungen des Begriffes eines Teilbereichs sein sollten. Der Kläger verweist darauf, dass die P. als Ambulanz Aufgaben wahrnehme, die im stationären Bereich der psychiatrischen Abteilungen gerade nicht wahrgenommen würden. In der von ihm geleiteten P. würden Patienten betreut, die nicht "wartezimmerfähig" seien. Dazu und zur Abrechnung der Leistungen mit den jeweiligen Kostenträgern führt der Kläger auf Seite 4 der Berufungsbeantwortung weiter aus. Seine Behauptung, er trage Verantwortung für das gesamte Spektrum der Patienten im Bereich der P., stellt der Kläger durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis. Ob die Gesamtverantwortung des Chefarztes unberührt bleibe oder nicht, ist nach Ansicht des Klägers kein Kriterium. Der Kläger verweist darauf, dass er nicht nur ein fachliches Weisungsrecht gegenüber der Arzthelferin und einer Sekretärin habe, sondern auch gegenüber einem Assistenzarzt, der eine halbe Stelle einnehme. Weiter verweist der Kläger auf den von ihm erstellten Wochenplan (Anlage B 2 = Bl. 191 f. d.A.). Dieser Plan sei richtig und repräsentativ für seine gesamte Tätigkeit (Beweis: Einholung eines Sachverständigengutachtens). Der Kläger bringt weiter vor, dass die Beklagte mit der (im Schreiben vom 30.04.2003 enthaltenen) Wortwahl "unterstellt" unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass dem Kläger Leitungsfunktion im Sinne von Verantwortung habe übertragen werden sollen. Zum Zwecke der Verdeutlichung, dass die P. die tatbestandlichen Merkmale (eines "Teilbereichs") erfülle, legt der Kläger die (mit Wirkung zum 01.04.2001 in Kraft getretene) Vereinbarung gemäß § 118 Abs. 2 SGB V der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vor (Bl. 228 ff. d.A.). Weiter macht der Kläger darauf aufmerksam, dass zum 01.09.2008 eine weitere ärztliche Vollzeitkraft für die P. eingestellt werde.

21

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als begründet.

II.

23

Die Klage ist unbegründet.

24

1. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach den §§ 15 und 16 des TV-Ärzte/VKA. Dieser Tarifvertrag ist unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Der Kläger ist demgemäß als Arzt in die Entgeltgruppe des § 16 TV-Ärzte/VKA eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Nach dieser Entgeltgruppe hat der Kläger sein Arbeitsentgelt zu beanspruchen.

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Für die Eingruppierung des Klägers als Arzt kommt es weiter nach näherer Maßgabe des § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA auf die von ihm zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübende Tätigkeit an. Welche Tätigkeit auszuüben ist ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit der Direktionsrechtsausübung des Arbeitgebers. Die hiernach maßgebende Tätigkeit des Klägers ist die, die er aufgrund seines Einsatzes in der P. erbringt. Dieser Einsatz des Klägers ist unstreitig. Weiter ist unstreitig, dass der Kläger seine Tätigkeit für die P. auf Dauer (also nicht nur vorübergehend) auszuüben hat. Zwar sind die vom Kläger in seiner Tätigkeitsdarstellung vom 14.03.2008 ("Wochenplan"; Bl. 191 f. d.A.) angegebenen Einzeltätigkeiten nicht notwendigerweise tatsächlich untrennbar. Auch sind diese Tätigkeiten von unterschiedlicher Verantwortung, - sie beziehen sich (auch) nicht durchweg auf die Leitung der P..

26

Nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Tätigkeiten eines Arztes (jedoch) regelmäßig als ein Arbeitsvorgang anzusehen. Dies ergibt sich daraus, dass die Tarifvertragsparteien in aller Regel die Tätigkeit von Ärzten ohne Rücksicht auf die Einzelaufgaben rechtlich einheitlich betrachten. Nimmt man an, dass die Tarifvertragsparteien von diesem rechtlichen Prinzip auch im Rahmen der §§ 15 und 16 TV-Ärzte/VKA ausgegangen sind, stellt sich vorliegend die gesamte Tätigkeit des Klägers als ein (großer) Arbeitsvorgang dar.

27

Arbeitsvorgang i.S. der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA ist insoweit die Wahrnehmung all der Einzeltätigkeiten, die damit verbunden sind, dass dem Kläger seit dem 01.05.2003 die P. unterstellt ist. Dazu gehört die Leitung der P.. Jedenfalls handelt es sich bei den für und in der P. verrichteten Einzeltätigkeiten des Klägers um die von ihm mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte/VKA. Dies entnimmt die Berufungskammer dem vom Kläger unter dem 15.03.2008 erstellten "Wochenplan" (Bl. 191 f. d.A.), zu dem er unwidersprochen (i.S.d. § 138 Abs. 3 ZPO) dargelegt hat, dass dieser repräsentativ für seine gesamte Tätigkeit sei. Hat ein Arbeitnehmer - wie hier der Kläger, dem die P. unterstellt ist, - Leitungsaufgaben wahrzunehmen, dann soll er (- so die höchstrichterliche Rechtsprechung -) Leitungsaufgaben ununterbrochen selbst dann ausüben, wenn er gerade mit anderen Aufgaben als mit Leitungsaufgaben beschäftigt ist. Damit ist davon auszugehen, dass die einen (großen) Arbeitsvorgang bildende P.-Tätigkeit des Klägers zeitlich mindestens die Hälfte der vom Kläger insgesamt auszuübenden Tätigkeit ausmacht.

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Mit dieser hiernach für die Eingruppierung des Klägers maßgebenden (P.-) Tätigkeit erfüllt der Kläger die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III des § 16c TV-Ärzte/VKA nicht.

29

2. a) Die Merkmale und Eingruppierungsvoraussetzungen der Protokollerklärung zu Buchstabe c) des § 16 TV-Ärzte/VKA enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe wie z.B. die

30

- der "selbständigen Teil- oder Funktionsbereiche"

und

- der "medizinischen Verantwortung",

die jeweils nicht (ohne weiteres) aus sich heraus ausgelegt werden können.

31

Diese von den Tarifvertragsparteien verwendeten, eben genannten Begriffe werden im Tarifvertrag selbst nicht definiert. In einem derartigen Fall muss bei der Auslegung auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist weiter darauf Bedacht zu nehmen, dass die einzelnen Entgeltgruppen des § 16 TV-Ärzte/VKA wie folgt aufeinander aufbauen: Arzt - Facharzt - Oberarzt - Leitender Oberarzt. Für eingruppierungsrelevant erachten die Tarifvertragsparteien ersichtlich eine jeweils - im Vergleich zu der niedrigeren Entgeltgruppe - gesteigerte ärztliche bzw. medizinische Verantwortung. Die aus der Entgelt-Tabelle ersichtlichen Unterschiede beim jeweiligen Entgelt verdeutlichen, dass gerade im Verhältnis "Facharzt/Oberarzt" (= Entgeltgruppen II und III) beim Oberarzt das - im Vergleich zum (einfachen) Facharzt - höhere Maß der Verantwortung honoriert werden soll (vgl. Wahlers PersV 2008, 206). Der monatliche Entgeltunterschied (zwischen E II und E III) ist nicht unbeträchtlich. Dieser Gesichtspunkt spricht dafür, dass sich die höhere Verantwortung eines Oberarztes (der Entgeltgruppe III) in ähnlich gewichtiger Weise von der bereits einem Facharzt der Entgeltgruppe II obliegenden Verantwortung abheben muss. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt anerkanntermaßen den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Dabei sind - ohne am Buchstaben zu haften - der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist aber auch auf den oben erwähnten tariflichen Gesamtzusammenhang (- bisweilen auch Tarifzusammenhang genannt).

32

b) aa) Die Eingruppierung als Oberarzt der Entgeltgruppe III setzt die Übertragung der dort bezeichneten Verantwortung für "Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung" voraus. Freilich verwendet die Tarifnorm in Bezug auf das Merkmal "Bereiche" die Pluralform "Teil- oder Funktionsbereiche". Daraus folgert das Arbeitsgericht Heilbronn, Urt. v. 18.12.2007 - 5 Ca 290/07 -, dass die Tarifnorm verlange, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für mindestens zwei der dort bezeichneten Bereiche übertragen sein müsse. Die Auslegung der Tarifnorm ergibt jedoch, dass - bei Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen - die Übertragung der Verantwortung für einen Teilbereich oder für einen Funktionsbereich genügt (vgl. Bruns ArztR 2007, 66 bei 5.5; Link AuA 2008, 608). Davon ausgehend ist dem Arbeitsgericht Ludwigshafen darin zu folgen, dass die P. einen Teilbereich der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Stadtklinik A. darstellt. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der P. um einen Funktionsbereich handelt. Jedenfalls handelt es sich um einen Teilbereich. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. Dass sich vorliegend in Bezug auf den Begriff "Teilbereich" ein besonderer, fachspezifischer Begriff entwickelt hätte, ist nicht ersichtlich. (Gesamt-)Bereich ist die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie. Die P. stellt einen Teil dieser Abteilung dar. Demgemäß ist sie als Teilbereich anzusehen. Das in der Tarifnorm enthaltene Wort "oder" belegt, dass die Tarifvertragsparteien den Begriffen "Funktionsbereich" und "Teilbereich" unterschiedliche Bedeutung beigemessen haben. Daraus folgt, dass es sich bei einem "Teilbereich" gerade nicht gleichzeitig (auch) um einen "Funktionsbereich" handeln muss (vgl. LAG Sachsen v. 04.06.2008 - 9 Sa 658/07 -).

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bb) Die Tarifnorm verlangt freilich weiter, dass es sich um einen selbständigen Teilbereich handeln muss. Ein nur unselbständiger Teilbereich genügt nicht. Insoweit fehlt es an einer Legaldefinition des Begriffs "selbständig" durch die Tarifvertragsparteien. Werden - wie hier - von den Tarifvertragsparteien verwendete Begriffe nicht im Tarifvertrag selbst definiert, ist davon auszugehen, dass sie den Begriff in dem Sinne gebraucht haben, wie er dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Entgeltgruppen des § 16 TV-Ärzte/VKA dergestalt aufeinander aufbauen, dass die Ärzte der einzelnen Entgeltgruppen eine jeweils unterschiedliche ärztliche bzw. medizinische Verantwortung zu tragen haben. Bereits die Weiterbildung zum Facharzt ermöglicht es dem Arzt, besondere ärztliche Kompetenzen zu erlangen (vgl. dazu die Präambel sowie die §§ 1 f. der [Muster-] Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer, Stand 2007, - dort auch Abschnitt B. 26.). Dieser systematische Gesichtspunkt ist bei der Bestimmung der Anforderung der "Selbständigkeit" eines Teilbereichs ebenso zu beachten wie der allgemeine Sprachgebrauch. Die medizinische Verantwortung für den entsprechenden Teilbereich - soll dieser ein selbständiger Teilbereich sein - muss erkennbar über die ärztliche (bzw. medizinische) Verantwortung hinausgehen, die ein Facharzt ohnehin normalerweise zu tragen hat. Dies spricht dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit einem "selbständigen Teilbereich" einen medizinisch selbständigen Teilbereich meinen. Die medizinische Verantwortung für einen in diesem Sinne definierten Teilbereich geht über die Verantwortung hinaus, die ein Facharzt zu tragen hat, dem die medizinische Verantwortung nur für einen unselbständigen Teilbereich übertragen ist. Medizinisch selbständig ist ein Teilbereich dann, wenn im Teilbereich auftretende medizinisch strittige bzw. unklare Fragen dort gewissermaßen "in letzter Instanz" zu entscheiden sind (vgl. dazu - freilich im Zusammenhang mit dem Merkmal "Verantwortung" - Anton ZTR 2008, 188 bei Ziff. 4.3.2 unter Bezugnahme auf mehrere dort in der Fußnote 21 zitierte Urteile des Arbeitsgerichts München). Demgemäß genügt eine bloße organisatorische Abgrenzbarkeit nicht, um das Vorhandensein eines selbständigen Teilbereichs feststellen zu können. Organisatorisch abgrenzbare Teilbereiche müssen nicht notwendigerweise selbständig sein. Auch der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger die P. unterstellt hat, belegt die Selbständigkeit dieses Teilbereichs nicht, da es ohne weiteres möglich ist, auch unselbständige Teilbereiche einem Arzt, - jedenfalls einem Facharzt -, zu unterstellen. Auch die bloße Unterscheidbarkeit der P. von anderen Teilbereichen der Klinik bzw. der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie rechtfertigt es nicht, damit zugleich auch ihre Selbständigkeit zu begründen. Zur ausreichenden Begründung dieser Selbständigkeit bedarf es deswegen weiterer besonderer Umstände. Definiert man - wie hier - den "selbständigen Teilbereich" unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs, so führt dies zu einem Auslegungsergebnis, das auch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch in Einklang steht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet "selbständig" soviel wie etwa:

34

"unabhängig", "ohne Hilfe", "allein" (s. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S. 1170 bei "selbständig"; vgl. dort a.a.O. auch S. 1324 bei "unabhängig"; ähnlich: Mackensen Neues Wörterbuch der Deutschen Sprache S. 680 "ohne fremde Hilfe, unabhängig").

35

Das Arbeitsgericht hat die Selbständigkeit damit begründet, dass die Beklagte die Leitung der P. dem Kläger übertragen und ihm hierzu eine Arzthelferin bzw. Sekretärin fachlich-organisatorisch zugeordnet hat. Weiter hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass dem Kläger fachliche Weisungsrechte gegenüber den der P. zugewiesenen Assistenzärzten eingeräumt sind und dem Kläger bestimmte Räumlichkeiten zugewiesen sind. Auch trete der Kläger nach außen als Leiter der P. auf und sei der verantwortliche Ansprechpartner der Patienten und Angehörigen in medizinischen und individuellen Belangen. Erfordert allerdings die Selbständigkeit eines Teilbereichs nicht nur dessen organisatorisch abgrenzbare Eigenständigkeit und eine entsprechende räumliche und personelle Abgrenzbarkeit, sondern darüber hinausgehend auch die medizinische Selbständigkeit, dann erscheint es zweifelhaft, ob damit und mit dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers die notwendige Selbständigkeit der P. hinreichend dargetan worden ist. Die damit zusammenhängenden verbundenen Fragen können letztlich dahingestellt bleiben, weil die Tarifnorm weiter die (ausdrückliche) Übertragung der medizinischen Verantwortung verlangt, - und es sich jedenfalls nicht feststellen lässt, dass die Beklagte als Arbeitgeberin dem Kläger die medizinische Verantwortung für die P.I.A. ausdrücklich übertragen hat.

36

c) aa) Nach allgemeinem Sprachgebrauch hat Verantwortung etwas mit Haftung, Verantwortungsbewusstsein und Pflichtgefühl zu tun. Es geht darum, dass man für etwas einstehen muss und die Folgen für etwas tragen muss, das man nicht notwendigerweise selbst verschuldet hat (vgl. Mackensen, Neues Wörterbuch der deutschen Sprache, S. 773 bei "Verantworten" und "Verantwortung" sowie Bauer, Deutsches Wahlwörterbuch/Synonymen-Lexikon S. 164 bei den genannten Begriffen). Der Hinweis der Beklagten auf S. 4 der Berufungsbegründung ("wer einen Bereich leitet, hat denknotwendig auch die Verantwortung" = Bl. 154 d.A.) muss dagegen nicht in die richtige Richtung gehen, - jedenfalls dann nicht, wenn sich die Leitung auf die Wahrnehmung reiner Aufsichtsfunktionen beschränkt (vgl. Anton ZTR 2008, 188 bei Ziffer 4.3.2). (Auch) dürfte es nicht richtig sein, bei der Auslegung des Begriffs "die medizinische Verantwortung" die Auslegung zum Merkmal "besonders verantwortungsvoll" (- enthalten in Verg.Gr. IV b Fallgr. 1a BAT Anlage 1a Teil I -) heranzuziehen (a.A. Wahlers PersV 2008, 205 unter Bezugnahme auf BAG v. 15.02.2006 - 4 AZR 645/04 -).

37

Demgegenüber macht das Arbeitsgericht München, Urteile vom 19.12.2007 (zitiert nach Anton ZTR 2008, 188 Fußnote 21) zutreffend zur Voraussetzung, dass dem betreffenden Arzt die Befugnis übertragen worden ist, strittige bzw. unklare Fragen in letzter Instanz zu entscheiden; dies sei ausgeschlossen, wenn bereits dem Chefarzt - z.B. auf chefarztvertraglicher Basis - die medizinische Endverantwortung obliege (vgl. Anton a.a.O. unter Ziff. 4.3.2). Für diese Auslegung spricht, dass sich die Tarifnorm gerade auf "die" medizinische Verantwortung und nicht auf irgendeine Verantwortung (für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche) bezieht. Die Verwendung des bestimmten Artikels ("die") deutet darauf hin, dass der Arzt hier die letzte oder alleinige Verantwortung tragen muss. Er muss - allerdings nur beschränkt auf "seinen" Teil - oder Funktionsbereich - eine Selbständigkeit haben, die der Selbständigkeit angenähert ist, wie sie dem Leitenden Oberarzt der Entgeltgruppe IV zukommt, der freilich den Chefarzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Soll der Arzt "Oberarzt" i.S.d. § 16c - Entgeltgruppe III - TV-Ärzte/VKA sein, müssen in dem Teilbereich nachgeordnete andereFachärzte tätig sein, für deren Tätigkeit der Arbeitgeber dem Arzt die medizinische Verantwortung übertragen hat, - der Oberarzt muss also medizinische Verantwortung für fremdes fachärztliches Tun tragen (so LAG Düsseldorf v. 24.04.2008 - 13 Sa 1910/07 -; ArbG Lörrach v. 17.12.2007 - 5 Ca 410/07 -).

38

bb) Richtiger Ansicht nach muss der jeweilige Eingruppierungskläger in einem Fall der vorliegenden Art durch konkreten Sachvortrag deutlich machen, welche Tätigkeiten zu seinem Aufgabenbereich als Facharzt gehören und inwieweit dem entsprechend sein diesbezüglicher Verantwortungsbereich reicht. Darauf aufbauend ist darzustellen, welche über diesen normalen (Facharzt-)Verantwortungsbereich hinausgehende Tätigkeiten bzw. Aufgaben er wahrzunehmen hat bzw. inwiefern ihm sonst über seinen als bloßer Facharzt zu verantwortenden Bereich hinausgehend ein "Mehr" an Verantwortung obliegt, - wobei insoweit auch darzustellen ist, worin dieses "Mehr" an medizinischer Verantwortung besteht und wie sich deren Wahrnehmung in tatsächlicher Hinsicht darstellt (LAG Düsseldorf, Urt. vom 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 -). Diese Anforderungen an die zu erfüllende Darlegungslast ergeben sich daraus, dass bereits die Facharzttätigkeit mit einer gegenüber der Assistenzarzttätigkeit gesteigerten Verantwortung verbunden ist. Im Vergleich zum Facharzt muss dann die medizinische Verantwortung eines Oberarztes so ausgestaltet sein, dass er die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich zu tragen hat. Die Annahme, der Kläger habe hinreichend Tatsachen dargelegt, die den hiernach erforderlichen wertenden Vergleich mit der bereits in Entgeltgruppe II geforderten Verantwortung (Verantwortung eines Facharztes der Entgeltgruppe II zum einen und zum anderen [besondere] medizinische Verantwortung eines Oberarztes der Entgeltgruppe III) ermöglichen, begegnet durchgreifenden Bedenken, weil ihm unstreitig kein Facharzt nachgeordnet ist (vgl. insoweit auch ArbG Darmstadt v. 26.07.2007 - 12 Ca 122/07 -, wonach die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal noch keine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA rechtfertigt).

39

d) Jedenfalls ergibt sich die Unbegründetheit der Klage daraus, dass sich die Anspruchsvoraussetzung "vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen" nicht feststellen lässt.

40

aa) Als "Übertragungs"-Erklärung kommt nach der Klagebegründung nur das Schreiben vom 30.04.2003 in Frage. Damals galt der TV-Ärzte/VKA vom 17.08.2006, der am 01.08.2006 in Kraft getreten ist, noch nicht. Nicht feststellbar ist, dass unter der Geltung des TV-Ärzte/VKA, d.h. nach dem 31.07.2006, vertretungsberechtigte Personen der Beklagten gegenüber dem Kläger eine "Übertragungs"-Erklärung i.S.d. Protokollerklärung zu § 16c (Entgeltgruppe III) TV-Ärzte/VKA abgegeben haben. Der vorliegend vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt nicht die Feststellung, dass der Chefarzt Dr. St., der die Stellenbeschreibung vom 30.01.2007 unterschrieben hat, zum Kreis der vertretungsberechtigten Personen gehört (vgl. Wahlers PersV 2008, 207; Anton ZTR 2008, 188). In Betracht kommt allerdings eine anhaltende, sich auch auf den streitgegenständlichen Zeitraum erstreckende Fortwirkung des Schreibens vom 30.04.2003. Insoweit ist aber zu beachten, dass, wenn eine Tarifnorm expressis verbis eine ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers ("Übertragung", "Anordnung" o.ä.) verlangt, an die Erfüllung des Merkmals "ausdrücklich" keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. dazu BAG v. 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 -). Dies gilt jedenfalls in einem Fall der vorliegenden Art, in dem es um die Übertragung ärztlicher bzw. medizinischer Verantwortung geht. Erst recht muss dies für Fälle gelten, in denen Rechtsfolgen an eine Erklärung geknüpft werden sollen, die sich aus einem Tarifvertrag ergeben, der im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung des Arbeitgebers noch nicht in Kraft war. Unter Zugrundelegung der damaligen Rechtslage ist der Verwaltungsdirektor seinerzeit - lange vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA - davon ausgegangen, dass mit der "Unterstellungs"-Erklärung vom 30.04.2003 eine Änderung der Eingruppierung des Klägers nicht verbunden war. Hinzu kommt, dass die medizinische Verantwortung für die P. in der Erklärung vom 30.04.2003 nicht - jedenfalls nicht im Wortlaut und nicht ausdrücklich - erwähnt wird. Versteht man das Wort "unterstellen" im vorliegenden Zusammenhang dahingehend, dass dem Kläger damit die P. untergeordnet wurde, so wird durch die Verwendung dieses Wortes ("unterstellt") nicht genügend deutlich, dass dem Kläger damit gerade auch "die" medizinische Verantwortung für die P. übertragen werden sollte. Unter den gegebenen Umständen kam in Betracht, dass die Beklagte dem Kläger - ohne dessen ärztliche Verantwortung als Facharzt/Arzt zu verändern - die P. lediglich in organisatorischer Hinsicht unterstellen wollte und unterstellt hat, - ohne dass damit zugleich auch die Übertragung (weitergehender) medizinischer Verantwortung verbunden war.

41

bb) Die Tarifvertragsparteien des TV-Ärzte/VKA unterscheiden in ihrem Sprachgebrauch die (schlichte) Übertragung von der - im vorliegenden Zusammenhang geforderten - ausdrücklichen Übertragung (- vgl. insoweit die Protokollerklärung zu § 16c zum einen sowie § 17 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA und § 33 Abs. 3 S. 1 TV-Ärzte/VKA zum anderen). Dieser differenzierende Sprachgebrauch hinsichtlich des "Übertragungs"-Merkmals ist bei der Rechtsanwendung und Tarifauslegung zu beachten. Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch macht es einen Unterschied, ob etwas ausdrücklich übertragen sein muss oder ob eine einfache Übertragung genügt. Die hiernach zu fordernde "ausdrückliche" Übertragung kann auch dann noch gegeben sein, wenn sie zwar nicht wortwörtlich, - wohl aber noch genügend deutlich erfolgt. Gleichwohl dürfen wegen der weitreichenden eingruppierungsrechtlichen (- aber wohl auch haftungsrechtlichen -) Folgen der Übertragung medizinischer Verantwortung an die Erfüllung des Merkmals der ausdrücklichen Übertragung keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. An dem Erfordernis der "ausdrücklichen Übertragung" fehlt es vorliegend. Ob eine ausdrückliche Übertragung erfolgt ist oder nicht, ist entsprechend § 133 BGB bzw. unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze zu ermitteln, die zu dieser Vorschrift höchstrichterlich entwickelt worden sind. Demgemäß ist bei dem Wortsinn des Schreibens vom 30.04.2003 anzusetzen. Insoweit hat die Beklagte, - wenn sie sich denn (wofür einiges spricht) an der Erklärung des Verwaltungsdirektors vom 30.04.2003 festhalten lassen muss -, dem Kläger die P. (nur) "als Funktionsoberarzt unterstellt". Mit dieser Formulierung wurde die notwendige ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung für die P. gerade nicht erklärt. Unter Funktionsoberärzten werden Fachärzte verstanden, denen lediglich ein bestimmter fachlicher Schwerpunkt zugeordnet ist (vgl. TVÖD/TV-L Sponer u.a. 36. Aktualisierung 06/08 unter Ziff. 6.3 bei - EG III.). Nicht erkennbar ist, dass das Maß der Verantwortung eines "Funktionsoberarztes" immer höher und gewichtiger als die Verantwortung ist, die üblicherweise ein Facharzt für seine Tätigkeit ohnehin zu tragen hat. Mit der Verwendung dieses Begriffs ("Funktionsoberarzt") wird die Übertragung medizinischer Verantwortung deswegen nicht ausgedrückt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass "die" medizinische Verantwortung für die P. jedenfalls bis zum 01.05.2003 dem Chefarzt St. übertragen war. Dies ist mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine andere Verteilung der medizinischen Verantwortung festzustellen. Auch für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum ist vom Fortbestand dieser medizinischen Verantwortung des Chefarztes auszugehen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Verantwortung des Chefarztes für die P. beendet worden sein könnte. Mit Rücksicht auf den Fortbestand dieser medizinischen Verantwortung des Chefarztes für die P. wird durch die Formulierung "… wird Ihnen die psychiatrische Institutsambulanz als Funktionsoberarzt unterstellt …" gerade nicht genügend deutlich klar, dass mit dieser Unterstellung auch die Übertragung der medizinischen Verantwortung für die P. verbunden war. Ergibt sich hiernach aus dem Wortsinn des Schreibens vom 30.04.2003 die notwendige Übertragung der medizinischen Verantwortung für die P. nicht, so lassen auch die außerhalb dieses Schreibens liegenden Begleitumstände keinen eindeutigen Schluss dahingehend zu, dass die Beklagte dem Kläger die medizinische Verantwortung für die P. übertragen hat. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob angesichts des tariflichen Erfordernisses der "ausdrücklichen Übertragung" außerhalb des Erklärungsaktes liegende Begleitumstände überhaupt in die Auslegung einbezogen werden dürfen. Soweit es um Äußerungen der Parteien zur Frage der Reichweite der Unterstellungserklärung vom 30.04.2003 geht, hat die Beklagte bereits vorprozessual - und noch relativ zeitnah zum Tarifabschluss vom 17.08.2006 - deutlich gemacht, dass dem Kläger die medizinische Verantwortung (für die P.) nicht übertragen worden sei, - diese trage "nach wie vor der Chefarzt der Psychiatrie" (= letzter Satz im 2. Absatz des Schreibens der Beklagten vom 27.03.2007; Bl. 19 d.A.). Jedenfalls damit hat die Beklagte eine im Hinblick auf das Schreiben vom 30.04.2003 eventuell gebotene Klarstellung vorgenommen. (Auch) aus dem "Überleitungs"-Schreiben vom 28.02.2007 (Bl. 11 d.A.) war bereits ableitbar, dass die Beklagte (- nachdem die Stellenbeschreibung vom 30.01.2007 vorlag -) nicht davon ausging, als Arbeitgeberin dem Kläger die medizinische Verantwortung für die P. übertragen zu haben. In Übereinstimmung damit hat die Beklagte (auch) im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht, dass eine entsprechende weitgehende medizinische Verantwortung dem Aufgabengebiet des Klägers nicht immanent sei (= S. 3 der Klagerwiderung = Bl. 44 d.A.). Dem entspricht das tatsächliche Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung, in der es gleich zu Beginn (S. 1) und später (S. 5 - oben -) jeweils sinngemäß heißt, dass die Übertragung der medizinischen Verantwortung für den Bereich der P. mit dem Schreiben vom 30.04.2003 nicht verbunden war. Im Hinblick auf die substantiiert bestreitende Einlassung der Beklagten oblag es dem darlegungs- und beweispflichtigen Kläger Tatsachen darzulegen, aus denen sich ergibt, dass ihm die Beklagte die medizinische Verantwortung für die P. doch übertragen hat. Der Kläger ist (bereits) der ihm hiernach obliegenden Darlegungslast nicht genügend nachgekommen. Soweit sich der Kläger auf Begleitumstände bezieht, ergibt sich aus diesen bzw. auch in Verbindung mit diesen kein Sachverhalt, der dem in der Protokollerklärung zu § 16c TV-Ärzte/VKA geforderten Erklärungs-Tatbestand ("ausdrücklich übertragen") entspricht.

III.

42

Das Urteil des Arbeitsgerichts musste deswegen - wie geschehen - abgeändert werden.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

44

Der Streitwert des Berufungsverfahren wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

45

Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

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(1) Psychiatrische Krankenhäuser sind vom Zulassungsausschuss zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen. Die Behandlung ist auf diejenigen Versicherten auszurichten, die wegen Art, Schwere ode

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Dez. 2008 - 9 Sa 302/08

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Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 30.01.2008, Az.: 6 Ca 1152/07 teilweise abgeändert: 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet i

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(1) Psychiatrische Krankenhäuser sind vom Zulassungsausschuss zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen. Die Behandlung ist auf diejenigen Versicherten auszurichten, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten auf die Behandlung durch diese Krankenhäuser angewiesen sind. Der Krankenhausträger stellt sicher, dass die für die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte sowie die notwendigen Einrichtungen bei Bedarf zur Verfügung stehen. Ermächtigungen nach Satz 1 sind vom Zulassungsausschuss auf Antrag zeitnah, spätestens innerhalb von sechs Monaten, zu überprüfen und dahingehend anzupassen, dass den Einrichtungen nach Satz 1 auch eine Teilnahme an der Versorgung nach § 92 Absatz 6b ermöglicht wird. Satz 4 gilt auch für Ermächtigungen nach Absatz 4.

(2) Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung sind zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der im Vertrag nach Satz 2 vereinbarten Gruppe von Kranken ermächtigt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung legen in einem Vertrag die Gruppe psychisch Kranker fest, die wegen ihrer Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung der ambulanten Behandlung durch die Einrichtungen nach Satz 1 bedürfen. Wird der Vertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Vertrag zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Absatz 1 Satz 3 gilt. Für die Qualifikation der Krankenhausärzte gilt § 135 Abs. 2 entsprechend. Der Vertrag nach Satz 2 ist spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b zu überprüfen und an die Regelungen der Richtlinie dahingehend anzupassen, dass den Einrichtungen nach Satz 1 auch die Teilnahme an der Versorgung nach § 92 Absatz 6b ermöglicht wird.

(3) Absatz 2 gilt für psychosomatische Krankenhäuser sowie für psychiatrische Krankenhäuser und Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen, fachärztlich geleiteten psychosomatischen Abteilungen entsprechend. In dem Vertrag nach Absatz 2 Satz 2 regeln die Vertragsparteien auch,

1.
unter welchen Voraussetzungen eine ambulante psychosomatische Versorgung durch die Einrichtungen nach Satz 1 als bedarfsgerecht anzusehen ist, insbesondere weil sie eine zentrale Versorgungsfunktion wahrnehmen,
2.
besondere Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Leistungserbringung sowie
3.
das Verfahren, in dem nachzuweisen ist, ob diese vertraglichen Vorgaben erfüllt sind.
Die ambulante ärztliche Behandlung in einer Einrichtung nach Satz 1 kann nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden. Die Überweisung soll in der Regel durch einen Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder durch Ärzte mit äquivalenter Weiterbildung oder Zusatzweiterbildung erfolgen.

(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Krankenhäuser sind vom Zulassungsausschuss auch dann zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu ermächtigen, wenn die Versorgung durch räumlich und organisatorisch nicht angebundene Einrichtungen der Krankenhäuser erfolgt, soweit und solange die Ermächtigung notwendig ist, um eine Versorgung nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 sicherzustellen.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von EUR 2.750,00 brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

a) aus EUR 250,00 seit 31.01.2007,

b) aus EUR 250,00 seit 28.02.2007,

c) aus EUR 250,00 seit 31.03.2007,

d) aus EUR 250,00 seit 30.04.2007,

e) aus EUR 250,00 seit 31.05.2007,

f) aus EUR 250,00 seit 30.06.2007,

g) aus EUR 250,00 seit 31.07.2007,

h) aus EUR 250,00 seit 31.08.2007,

i) aus EUR 250,00 seit 30.09.2007,

j) aus EUR 250,00 seit 31.10.2007,

k) aus EUR 250,00 seit 30.11.2007.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger beginnend mit dem 01.01.2007 in die Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 05.02.2007 einzugruppieren.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Streitwert EUR 9.000,00.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers als Oberarzt.
Der am ... 1971 geborene Kläger ist Facharzt für Neurologie und seit 01.03.2006 beim beklagten Klinikum beschäftigt. Er ist Mitglied des Marburger Bundes, Gewerkschaft der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands, Landesverband Baden-Württemberg e.V. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg. Sowohl aufgrund der Tarifbindung als auch kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme nach § 5 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.01.2006 (Blatt 11 der Akte), waren auf das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2006 die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) anwendbar. Mit Wirkung ab 01.01.2007 wurde der BAT durch den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg (TV-Ärzte ZfP) vom 05.02.2007, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg und dem Marburger Bund Baden-Württemberg, ersetzt. Die Geltung dieses Tarifvertrags ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der TV-Ärzte ZfP vom 05.02.2007 enthält zur Eingruppierung der Ärzte folgende Regelung:
"§ 12
Eingruppierung
Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe
Bezeichnung
Ä 1      
Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä 2      
Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä 3      
Oberärztin/Oberarzt
Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.
Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.
Ä 4      
Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist.
(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt.
Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.)
"
Der Kläger begehrt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 ab 01.01.2007. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 23.04.2007 und 08.06.2007 abgelehnt und den Kläger in die Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 eingruppiert.
Das beklagte Klinikum W. ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und betreibt 7 eigenständige Kliniken mit insgesamt über 619 Planbetten. Betrieben werden eine Klinik für allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie, eine Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie, eine Klinik für Suchttherapie, eine Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie, eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, eine Klinik für Neurologie und eine Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Der Kläger ist in der Klinik für Neurologie beschäftigt. Diese Klinik wird von einem Chefarzt geleitet und besteht aus drei Stationen und weiteren Einrichtungen (Logopädie, Sozialdienst, Physiotherapie, Konsiliardienst, Elektrophysiologie, Röntgen, Sekretariat). In dieser Klinik sind 45 ständig belegte Betten vorgesehen. Der Kläger ist zu 70 % seiner Arbeitskraft in der Station N1 und zu 30 % seiner Arbeitszeit im elektrophysiologischen Labor eingesetzt. Bei der Station N1 handelt es sich um eine Kurzpflegestation mit 23 Betten, die am Wochenende geschlossen ist. Außer dem Kläger werden 2 feste Stationsärzte und eine Aushilfsärztin sowie 3,5 Pflegekräfte beschäftigt. Auf dieser Station werden monatlich circa 100 Patienten behandelt. Im elektrophysiologischen Labor sind 5 medizinisch-technische Angestellte tätig.
10 
Die Beklagte bezeichnet den Kläger gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber Patienten als Oberarzt (vergleiche etwa den Flyer zum Tag der offenen Tür am 08.07.2007, Blatt 20 der Akte). Im internen Verwaltungsablauf wird der Kläger ebenfalls als Oberarzt tituliert (vergleiche etwa Schichtplan, Blatt 18 der Akte, Organigramm, Blatt 183 der Akte). Gegenüber den Krankenkassen und Lieferanten tritt der Kläger als Oberarzt auf, was von der Beklagten nicht beanstandet wird (vergleiche Blatt 19, 168 der Akte). Der Chefarzt der Klinik für Neurologie erstellte dem Kläger am 02.04.2007 ein Zwischenzeugnis, nach welchem der Kläger die Aufgaben eines Oberarztes wahrnimmt (vergleiche im einzelnen Blatt 181 f. der Akte). Mit Schreiben vom 12.11.2007 wies die Beklagte den Kläger zur Durchführung von Mitarbeiterjahresgesprächen mit den 5 Angestellten in der Elektrophysiologie an (Blatt 179 f. der Akte).
11 
In der Station N1 obliegen dem Kläger folgende Aufgaben:
12 
- Durchführung einer eigenen Visite auf der Station
- Durchführung einer Teambesprechung jeden Morgen gegen 09:00 Uhr mit den Stationsärzten und dem Pflegepersonal
- Überprüfung und Unterzeichnung der von den Stationsärzten verfassten Arztbriefe und Entlassberichte für jeden Patienten auf der Station N1 mit Ausnahme der Privatpatienten;
- Vorbereitung der Abrechnung mit den Kassen durch das Verschlüsseln der Diagnosen (DRG)
- Korrespondenz mit dem medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK), Einlegen von Widersprüchen
- Festlegung der Diagnostik und der Einzelheiten der Therapie bei jedem Patienten. Die Stationsärzte führen die Aufnahmeuntersuchung von neuen Patienten durch und übermitteln die Anamnese und den Aufnahmebefund dem Kläger. Dieser sieht die Berichte durch, korrigiert und unterzeichnet sie. Bei fragwürdigen Befunden führt er die Nachexploration und gegebenenfalls eine Nachuntersuchung durch.
- Entscheidung am Freitag über das weitere Verbleiben der Patienten, da die Station N1 am Wochenende geschlossen ist
- Überprüfung und Besprechung der elektrophysiologischen Befunde des Assistenzarztes in Weiterbildung
- Die Diensteinteilung und die Urlaubsgewährung für alle Ärzte obliegen dem Chefarzt
13 
Im Labor für Elektrophysiologie hat der Kläger folgende Aufgaben:
14 
- Anschaffung der Geräte, Korrespondenz mit den Geräteherstellern, Testen, Vergleichen und Empfehlen von Geräten
- Bestimmung, Einführung und Veränderung von Untersuchungsmethoden
- Einarbeitung der Ärzte und Mitarbeiter in die Untersuchungsmethoden
- Ansprechpartner bei technischen Problemen und Befundfragen
- Durchführung eines Elektrophysiologiekurses für Assistenzärzte und Mitarbeiter des Labors am 24.02.2007, Beschaffung von Fremdmitteln hierfür (Blatt 167 f. der Akte)
- Eintragung als Verantwortlicher für die Geräte im Gerätebuch (Blatt 178 der Akte)
15 
Der Kläger trägt vor,
16 
er sei in die Entgeltgruppe Ä 3 (erste Alternative) des § 12 TV-Ärzte ZfP einzugruppieren. Ihm sei die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik übertragen worden. Dementsprechend werde der Kläger von der Beklagten intern und extern als Oberarzt bezeichnet. Bei der Station N1 handele es sich um einen Teilbereich und bei dem elektrophysiologischen Labor um einen Funktionsbereich der Klinik (unstreitig). Die Übertragung der medizinischen Verantwortung für diese Bereiche sei konkludent erfolgt, ein ausdrücklicher Übertragungsakt sei nicht erforderlich. Eine Mindestzahl an Funktions- oder Teilbereichen sei im Tarifvertrag nicht vorgesehen; die Formulierung sei auch nicht so zu verstehen, dass mindestens zwei Bereiche gemeint seien. Der Kläger habe die Verantwortung für die Handlungen der Assistenzärzte in der Station N1. Allein er sei für den reibungs- und haftungsfreien Ablauf dieser Station zuständig. Er würde überwiegend oberärztliche Aufgaben durchführen; so habe er im Oktober 2007 von 117 Patienten lediglich 2 selbst behandelt. Er habe in der Station N1 gegenüber den dortigen Assistenzärzten und der Fachärztin die fachliche Weisungsbefugnis. Nur der Kläger trage die medizinische Verantwortung für die Station N1. Das Gleiche gelte für das Labor für Elektrophysiologie. Die Verantwortung für die korrekte Durchführung der Untersuchungsabläufe obliege dem Kläger. Er allein bestimme, nach welchen Untersuchungsmethoden die Befunde erhoben würde. Er schule die Mitarbeiter und habe die Geräte im Labor nach und nach erneuert. Er habe begonnen, die Assistenzärzte in den elektrophysiologischen Untersuchungsmethoden systematisch zu schulen. Auch die Beklagte sehe den Kläger als Vorgesetzten in diesem Bereich, der die Mitarbeiterjahresgespräche zu führen habe. Zwar habe der Chefarzt die Gesamtverantwortung für die Neurologische Klinik. Da er aufgrund seiner zahlreichen Verpflichtungen nicht in der Lage sei, alle Stationen zu betreuen, sei die medizinische Verantwortung für Teil- und Funktionsbereiche auf den Oberarzt übertragen worden.
17 
Der Kläger beantragt
18 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von EUR 2.750,00 brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
19 
a) aus
EUR 250,00
seit 31.01.2007,
b) aus
EUR 250,00
seit 28.02.2007,
c) aus
EUR 250,00
seit 31.03.2007,
d) aus
EUR 250,00
seit 30.04.2007,
e) aus
EUR 250,00
seit 31.05.2007,
f) aus
EUR 250,00
seit 30.06.2007,
g) aus
EUR 250,00
seit 31.07.2007,
h) aus
EUR 250,00
seit 31.08.2007,
i) aus
EUR 250,00
seit 30.09.2007,
j) aus
EUR 250,00
seit 31.10.2007,
k) aus
EUR 250,00
seit 30.11.2007.
20 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger beginnend mit dem 01.01.2007 in die Entgeltgruppe Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 05.02.2007 einzugruppieren
21 
Die Beklagte beantragt
22 
Klageabweisung.
23 
Die Beklagte trägt vor,
24 
dem Kläger sei die Tätigkeit eines Facharztes, nicht aber eines Oberarztes im tariflichen Sinne übertragen. Die Bezeichnung des Klägers als Oberarzt sei irrelevant. Es handele sich um einen Titel, der bereits zur Zeit der Geltung des BAT verwendet worden sei und mit dem erfahrene Ärzte im Klinikbereich formelhaft bezeichnet würden. Zu keinem Zeitpunkt handele es sich bei der Gewährung dieses Titels um eine tarifrechtliche Übertragung von Tätigkeiten. Die Eingruppierungsklage des Klägers sei unschlüssig, da ihm Tätigkeiten der Entgeltgruppe Ä 3 nicht zu mindestens 50 % übertragen worden seien. Allenfalls die Hälfte seiner Tätigkeit auf der Station N1 entfalle auf oberärztliche Tätigkeiten. Da der Kläger zu circa 70 % seiner Arbeitszeit auf der Station N1 tätig sei, bedeute dies einen Zeitanteil von 35 % für "oberärztliche" Tätigkeiten.
25 
Im elektrophysiologischen Labor habe der Kläger nicht die alleinige medizinische Verantwortung, da sich seine neurologischen Untersuchungen und Befunde nur auf seine Patienten beschränkten. Seine leitende Tätigkeit in der Organisation betrage allenfalls 1/3 und damit 10 % seiner Gesamttätigkeit. Im Ergebnis könnten maximal 45 % der Gesamttätigkeit des Klägers der Entgeltgruppe Ä 3 zugerechnet werden, was für eine Eingruppierung in diese Entgeltgruppe nicht ausreiche. Generell sei die medizinische Verantwortung nicht den Fachärzten und den "Nominal-Oberärzten", sondern ausschließlich dem Chefarzt und dessen Vertreter übertragen. Diese hätten nicht das Recht, diese Verantwortung auf andere zu übertragen. Die Elektrophysiologie sei eine kleine Einheit, die nach ihrer Bedeutung und dem zeitlichen Anteil weit hinter die Station zurücktrete. Soweit der Kläger dort die Organisation und Abläufe strukturiere, liege hierin nicht die Übertragung der Verantwortung im medizinischen Bereich. Mehr als 50 % Oberarzttätigkeiten seien erfahrungsgemäß erst dann anzunehmen, wenn drei Teil- oder Funktionsbereiche geleitet würden. Der Kläger unterscheide nicht zwischen verantwortungsbewusstem Handeln, wie es von einem Arzt zu verlangen sei, und der Übertragung von Verantwortung im Tarifsinne. Die organisatorischen Leistungen des Klägers seien nicht originär oberärztliche Tätigkeiten, sondern könnten jedem qualifizierten Facharzt übertragen werden. Ohne konkreten Vortrag zu den Arbeitsvorgängen und deren zeitlichen Anteilen könne der Kläger nicht in Ä 3 eingruppiert werden.
26 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27 
Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.

Entscheidungsgründe

 
28 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
29 
Die Klageanträge sind zulässig.
30 
1. Hinsichtlich des bezifferten Leistungsantrags Ziffer 1 ist der Streitgegenstand hinreichend gemäß § 253 Absatz 2 Nummer 2 ZPO bestimmt. Der Kläger begehrt die Nachzahlung der Arbeitsvergütung für den Zeitraum Januar 2007 bis November 2007. Er macht die Differenz zwischen der Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 gemäß § 12 TV-Ärzte ZfP und der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung geltend.
31 
2. Der in Klageantrag Ziffer 2 enthaltene Eingruppierungs-Feststellungsantrag ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Das gemäß § 256 Absatz 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben. Die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie einem rechtskräftigen Feststellungsurteil nachkommen würde.
II.
32 
Die Klageanträge sind begründet.
33 
Der Kläger ist mit Wirkung ab 01.01.2007 nach § 12 TV-Ärzte ZfP als Oberarzt in die Entgeltgruppe Ä 3 einzugruppieren.
34 
1. Die Geltung des TV-Ärzte ZfP für das Arbeitsverhältnis ab 01.01.2007 ist zwischen den Parteien unstreitig. Beide Parteien sind Mitglieder der tarifvertragschließenden Verbände (Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg und Marburger Bund Baden-Württemberg). Gilt damit der TV-Ärzte ZfP bereits kraft Tarifbindung gemäß §§ 3 Absatz 1, 4 Absatz 1 TVG, so haben die Parteien zudem arbeitsvertraglich auf den Bundesangestelltentarifvertrag und die diesen ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Bezug genommen (§ 5 des Arbeitsvertrages vom 11.01.2006, Blatt 11 der Akten).
35 
2. Der Kläger erfüllt die Eingruppierungsmerkmale, die in § 12 TV-Ärzte ZfP unter der Entgeltgruppe Ä 3 für eine Oberärztin/einen Oberarzt vorgesehen sind. Maßgebend ist die erste Alternative. Danach ist Oberarzt derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.
36 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers versteht die Kammer das Tatbestandsmerkmal "Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung" dahin, dass die Verantwortung für mindestens zwei Bereiche gegeben sein muss. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Formulierung, die im Plural gefasst ist. Hätte es den Tarifvertragsparteien ausgereicht, wenn sich die medizinische Verantwortung auf einen Teil- oder Funktionsbereich bezieht, so hätte dies durch eine entsprechende Formulierung im Singular ("medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich") ausgedrückt werden können. Diese grammatikalische Auslegung wird durch die zweite Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 bestätigt. Nach dieser zweiten Alternative reicht es, wenn der Facharzt eine Spezialfunktion mit besonderen Anforderungen inne hat. Hier haben die Tarifvertragsparteien den Singular gewählt, so dass bereits eine Spezialfunktion zur Eingruppierung als Oberarzt ausreicht. Angesichts der übrigen präzisen Formulierungen in den §§ 12 ff. TV-Ärzte ZfP bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Plurals in der Entgeltgruppe Ä 3, erste Alternative, auf einem Redaktionsversehen beruht.
37 
Auch der Sinn und Zweck der Regelung stützt die Auslegung, dass es sich um mindestens zwei Bereiche handeln muss. Der Oberarzt nimmt eine herausgehobene Stellung innerhalb des Klinikbetriebs wahr. Er ist den Ärzten und Fachärzten übergeordnet und berichtet an den Chefarzt und dessen ständigen Vertreter. Seine Zuständigkeit und Verantwortung geht deutlich über die der Fachärzte hinaus. Mit dieser herausgehobenen Stellung korrespondiert es, wenn die Tarifvertragsparteien das Berufsbild mit einer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik/Abteilung definieren. Es handelt sich um eine Wertung, dass Oberarzt derjenige Arzt ist, der übergreifend mehrere Bereiche zu verantworten hat.
38 
Für die vorgerichtlich geäußerte Ansicht der Beklagten, es müssten mindestens 3 Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik betroffen sein, enthält der Tarifvertrag keine Anhaltspunkte. Es genügen mindestens zwei Bereiche. Hieran ändert der Eingangssatz des § 12 TV-Ärzte ZfP nichts. Die Prüfungsstufe, ob der Arzt mindestens zur Hälfte die angesprochene Tätigkeit ausübt, ist eine für alle Eingruppierungen erforderliche, zeitliche Analyse. Aus ihr kann jedoch nicht geschlossen werden, dass diese Voraussetzung stets und nur dann gegeben ist, wenn mindestens 3 Teil- oder Funktionsbereiche geleitet werden.
39 
Im Falle des Klägers sind die Voraussetzungen gegeben. Unstreitig handelt es sich bei der Station N1 um einen Teilbereich der Klinik und beim Elektrophysiologischen Labor um einen Funktionsbereich der Klinik. Damit ist der Kläger für mindestens zwei Bereiche der Klinik tätig.
40 
b) Die medizinische Verantwortung kann vom Arbeitgeber sowohl ausdrücklich als auch konkludent übertragen werden. Einen förmlichen Ernennungsakt verlangt der Tarifvertrag nicht. Es genügt die Zuweisung einer entsprechenden Tätigkeit.
41 
(1) Nach dem Tarifvertrag ist der Arbeitgeber für die Übertragung der Verantwortung zuständig. In einem Krankenhausbetrieb wie dem der Beklagten mit 7 Kliniken obliegt den Chefärzten als leitenden Ärzten die medizinische Organisation ihrer Klinik. Dazu gehört die Übertragung von Aufgaben und medizinischer Verantwortung.
42 
(2) Der Kläger nimmt seine Funktionen innerhalb der Station N1 und des elektrophysiologischen Labors aufgrund der entsprechenden Organisationsplanung der neurologischen Klinik wahr. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er die Aufgaben gegen den Willen der Beklagten oder des Chefarztes wahrnimmt. Vielmehr wurden ihm diese Aufgaben von der Beklagten übertragen.
43 
c) Der Kläger hat die medizinische Verantwortung für die Station N1 und das elektrophysiologische Labor.
44 
(1) Der Tarifvertrag geht von einer abgestuften medizinischen Verantwortung aus. Die Ärzte und Fachärzte sind jeweils medizinisch verantwortlich für die Patienten, die sie konkret behandeln. Übergeordnet ist die medizinische Verantwortung des Oberarztes. Dieser ist nicht nur für die Patienten, die er konkret behandelt, sondern auch für den reibungslosen medizinischen Ablauf der ihm übertragenen Bereiche zuständig. Der leitende Arzt (Chefarzt) hat die medizinische Gesamtverantwortung für die ihm unterstellte Klinik. Das aufeinander aufbauende, hierarchische Verantwortungssystem soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Chefarzt aufgrund seiner Verpflichtungen zeitlich nicht in der Lage ist, jeden einzelnen Patienten zu behandeln.
45 
Die Auffassung der Beklagten, die medizinische Verantwortung sei ausschließlich dem Chefarzt und dessen Vertreter übertragen, findet im Tarifvertrag keinen Niederschlag. Vielmehr sieht der Tarifvertrag ein abgestuftes Verantwortungssystem vor, das es erst ermöglicht, dass der Chefarzt die Gesamtverantwortung übernehmen kann. Nach der These der Beklagten gäbe es keinen Oberarzt im Tarifsinne (dementsprechend bezahlt die Beklagte in der Klinik für Neurologie an niemanden eine Oberarztvergütung). Dies entspricht aber nicht dem tarifvertraglichen System. Danach ist zwischen dem Arzt/Facharzt und dem Chefarzt/Stellvertreter die Ebene des Oberarztes vorgesehen. Diese stellt quasi das Bindeglied zwischen dem Chefarzt und den Stationsärzten dar. Dem entspricht es, dass er für die ihm übertragenen Teil- und Funktionsbereiche die medizinische Verantwortung trägt.
46 
Unter dem Ausdruck "medizinische Verantwortung" in der Entgeltgruppe Ä 3 ist nicht die Frage der Haftung bei Fehlern zu verstehen. Vielmehr bedeutet die medizinische Verantwortung die Verpflichtung, die Teil- und Funktionsbereiche medizinisch so zu organisieren, dass ein effektiver, reibungsloser und erfolgreicher Klinikbetrieb möglich ist.
47 
(2) Die Tätigkeitsbeschreibung im unstreitigen Tatbestand des Urteils beruht im Wesentlichen auf den Behauptungen des Klägers. Entgegen der Ansicht der Beklagten (Schriftsatz vom 14.12.2007, Blatt 194 ff.) war insoweit der Beklagten nicht noch einmal ein Schriftsatzrecht einzuräumen. Der Kläger hatte seine Tätigkeit im Wesentlichen schon in der Klageschrift charakterisiert. Insoweit hatte die Beklagte die Behauptungen des Klägers nicht bestritten. Soweit im Schriftsatz des Klägers vom 06.12.2007 weiterer Tatsachenvortrag gehalten wurde, wurde dieser im Tatbestand insoweit berücksichtigt, als der Kläger seine Behauptungen durch die beigelegten Anlagen unter Beweis gestellt hat.
48 
(3) Unter Berücksichtigung der oben genannten Definition der medizinischen Verantwortung steht diese dem Kläger für die Station N1 und das elektrophysiologische Labor zu.
49 
In der Station N1 obliegen dem Kläger sowohl die übergeordnete ärztliche Überwachung als auch ein Teil der Verwaltungsaufgaben. Der Kläger führt die Oberarztvisite durch, wird von den Stationsärzten über jeden Patienten durch Befundberichte unterrichtet und entscheidet letztendlich über die vorzunehmende ärztliche Therapie. Er unterzeichnet abschließend die Arztberichte und Entlassbriefe. Er entscheidet über den Verbleib der Patienten, wenn am Wochenende die Station geschlossen ist. Zu diesen, der Tätigkeit eines Stationsarztes übergeordneten medizinischen Aufgaben kommt die Vorbereitung der Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den Krankenkassen hinzu. Diese zahlreichen Verpflichtungen lassen sich als medizinische Verantwortung für die Station N1 im Tarifsinne ansehen.
50 
Gleiches gilt hinsichtlich des elektrophysiologischen Labors. Der Kläger ist hier im Wesentlichen für die medizinisch-technische Ausstattung zuständig. Er ist Vorgesetzter der medizinisch-technischen Angestellten (die Kammer schließt dies daraus, dass der Kläger mit diesen Angestellten die Mitarbeiterjahresgespräche zu führen hat). Zwar führen die einzelnen Ärzte die elektrophysiologischen Untersuchungen jeweils selbst mit ihren eigenen Patienten durch. Der Kläger ist jedoch dafür verantwortlich, dass die medizinische Ausstattung auf dem aktuellen medizinischen Stand und technisch einwandfrei ist und dass die Angestellten ordnungsgemäß eingewiesen sind; nach seinen Angaben hat er auch Ärzte in die Handhabung der Geräte einzuweisen. Er ist als Verantwortlicher im Gerätebuch vermerkt (Blatt 178 der Akte) und Ansprechpartner für dieses Labor. Im Ergebnis ist ihm damit die medizinische Verantwortung für einen Funktionsbereich übertragen worden.
51 
d) Die Voraussetzungen des § 12 Eingangssatz TV-Ärzte ZfP sind nach Ansicht der Kammer gegeben.
52 
(1) Nach dieser Regelung setzt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 voraus, dass der Arzt nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte die bezeichnete Tätigkeit ausübt. Mit dieser Regelung haben die Tarifvertragsparteien die von der Beklagten angesprochene Rechtsprechung im Eingruppierungsrecht übernommen.
53 
(2) Der Kläger nimmt die angeführten Tätigkeiten in der Station N1 und im elektrophysiologischen Labor nicht nur vorübergehend wahr. Soweit der Kläger ab 01.01.2008 eine Botulinum-Toxin-Ambulanz betreiben wird, tritt diese Tätigkeit zu seinen bisherigen Aufgaben hinzu.
54 
(3) Unklar blieb der zeitliche Umfang, in dem der Kläger die medizinische Verantwortung für die Station N1 und das Labor wahrnimmt. Insoweit hat sich der Kläger auf den Standpunkt gestellt, diese medizinische Verantwortung sei durchgehend vorhanden und könne nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt werden. Die Beklagte hat demgegenüber für die Schlüssigkeit der Eingruppierungsfeststellungsklage verlangt, dass der Kläger seine Zeitanteile an oberärztlicher Tätigkeit ganz konkret aufführt. Die Beklagte ist selber anhand einer Hochrechnung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger maximal 45 % seiner Arbeitszeit mit Oberarzttätigkeiten verbringe.
55 
Die Kammer schließt sich der Auffassung des Klägers an. Die medizinische Verantwortung für eine Station oder ein Labor ist zeitlich nicht in Stunden mit Verantwortung und Stunden ohne Verantwortung aufzuteilen. So ist es zutreffend, dass der Kläger auch eigene Patienten, wenn auch in geringem Umfang, behandelt. Aber auch während dieser Tätigkeit obliegt ihm die Verantwortung für die Station und das Labor. Die übertragene Verantwortung ist eine dauerhafte Verpflichtung des Klägers, die er während seiner gesamten Arbeitszeit wahrzunehmen hat.
56 
e) Der Kläger ist daher im Ergebnis in die Entgeltgruppe Ä 3 mit Wirkung ab 01.01.2007 einzugruppieren.
57 
3. Die Frage, ob die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) verpflichtet ist, den als Oberarzt titulierten Kläger auch als Oberarzt zu bezahlen, kann dahinstehen. Insoweit hat die Beklagte angeführt, dass die Bezeichnung "Oberarzt" zur Zeit der Geltung des BAT tariflich ohne Bedeutung war und daher lediglich als Titel fortgeführt werde (vergleiche näher Hillmann-Stadtfeld, Deutsches Ärzteblatt 2007, Seite 1625, Blatt 108 der Akte). Die Ärzte, die nach Inkrafttreten des TV-Ärzte ZfP als Oberarzt bezeichnet würden, seien lediglich Titular-Oberärzte, was für die Eingruppierung bedeutungslos sei.
58 
Die Kammer hält diese Ansicht der Beklagten für zweifelhaft. Es ist nicht lediglich so, dass der Kläger seinen früheren Titel als Oberarzt - von der Beklagten geduldet - weiter trägt. Vielmehr bezeichnet die Beklagte den Kläger auch nach Inkrafttreten des TV-Ärzte ZfP aktiv gegenüber der Öffentlichkeit, den Patienten und im internen Klinikbetrieb als Oberarzt (vergleiche Blatt 20 der Akte - Flyer für den Tag der offenen Tür, Blatt 17 der Akte, Schichtplan 2007). Es kann hier durchaus unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung die Meinung vertreten werden, dass die Beklagte den Kläger entsprechend des ihm zugewiesenen Titels zu bezahlen hat.
59 
Im Ergebnis kann die Frage der Selbstbindung der Beklagten jedoch offen bleiben, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte ZfP gegeben sind.
60 
4. Die mit Klageantrag Ziffer 1 geltend gemachten Beträge sind unstreitig. Die monatliche Vergütungsdifferenz zwischen den Entgeltgruppen Ä 2 und Ä 3 beträgt EUR 450,00 brutto. Anzurechnen ist eine von der Beklagten gezahlte Zulage in Höhe von EUR 200,00 brutto monatlich. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Absatz 1, 286 Absatz 2 Nummer 1 BGB. Sowohl der Zahlungsantrag als auch der Feststellungsantrag sind daher begründet.
61 
5. Als unterliegende Partei trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits (§§ 46 Absatz 2 ArbGG, 91 Absatz 1 ZPO).
62 
Als Streitwert wurde die dreijährige Vergütungsdifferenz zugrunde gelegt (§§ 61 Absatz 1 ArbGG, 42 Absatz 4 Satz 2 GKG).
63 
Die Berufung war gemäß § 64 Absatz 3 Nummer 2b ArbGG zuzulassen.

Gründe

 
28 
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
29 
Die Klageanträge sind zulässig.
30 
1. Hinsichtlich des bezifferten Leistungsantrags Ziffer 1 ist der Streitgegenstand hinreichend gemäß § 253 Absatz 2 Nummer 2 ZPO bestimmt. Der Kläger begehrt die Nachzahlung der Arbeitsvergütung für den Zeitraum Januar 2007 bis November 2007. Er macht die Differenz zwischen der Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 gemäß § 12 TV-Ärzte ZfP und der ihm tatsächlich gezahlten Vergütung geltend.
31 
2. Der in Klageantrag Ziffer 2 enthaltene Eingruppierungs-Feststellungsantrag ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Das gemäß § 256 Absatz 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben. Die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie einem rechtskräftigen Feststellungsurteil nachkommen würde.
II.
32 
Die Klageanträge sind begründet.
33 
Der Kläger ist mit Wirkung ab 01.01.2007 nach § 12 TV-Ärzte ZfP als Oberarzt in die Entgeltgruppe Ä 3 einzugruppieren.
34 
1. Die Geltung des TV-Ärzte ZfP für das Arbeitsverhältnis ab 01.01.2007 ist zwischen den Parteien unstreitig. Beide Parteien sind Mitglieder der tarifvertragschließenden Verbände (Arbeitgeberverband des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg und Marburger Bund Baden-Württemberg). Gilt damit der TV-Ärzte ZfP bereits kraft Tarifbindung gemäß §§ 3 Absatz 1, 4 Absatz 1 TVG, so haben die Parteien zudem arbeitsvertraglich auf den Bundesangestelltentarifvertrag und die diesen ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Bezug genommen (§ 5 des Arbeitsvertrages vom 11.01.2006, Blatt 11 der Akten).
35 
2. Der Kläger erfüllt die Eingruppierungsmerkmale, die in § 12 TV-Ärzte ZfP unter der Entgeltgruppe Ä 3 für eine Oberärztin/einen Oberarzt vorgesehen sind. Maßgebend ist die erste Alternative. Danach ist Oberarzt derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.
36 
a) Entgegen der Auffassung des Klägers versteht die Kammer das Tatbestandsmerkmal "Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung" dahin, dass die Verantwortung für mindestens zwei Bereiche gegeben sein muss. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Formulierung, die im Plural gefasst ist. Hätte es den Tarifvertragsparteien ausgereicht, wenn sich die medizinische Verantwortung auf einen Teil- oder Funktionsbereich bezieht, so hätte dies durch eine entsprechende Formulierung im Singular ("medizinische Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich") ausgedrückt werden können. Diese grammatikalische Auslegung wird durch die zweite Alternative der Entgeltgruppe Ä 3 bestätigt. Nach dieser zweiten Alternative reicht es, wenn der Facharzt eine Spezialfunktion mit besonderen Anforderungen inne hat. Hier haben die Tarifvertragsparteien den Singular gewählt, so dass bereits eine Spezialfunktion zur Eingruppierung als Oberarzt ausreicht. Angesichts der übrigen präzisen Formulierungen in den §§ 12 ff. TV-Ärzte ZfP bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verwendung des Plurals in der Entgeltgruppe Ä 3, erste Alternative, auf einem Redaktionsversehen beruht.
37 
Auch der Sinn und Zweck der Regelung stützt die Auslegung, dass es sich um mindestens zwei Bereiche handeln muss. Der Oberarzt nimmt eine herausgehobene Stellung innerhalb des Klinikbetriebs wahr. Er ist den Ärzten und Fachärzten übergeordnet und berichtet an den Chefarzt und dessen ständigen Vertreter. Seine Zuständigkeit und Verantwortung geht deutlich über die der Fachärzte hinaus. Mit dieser herausgehobenen Stellung korrespondiert es, wenn die Tarifvertragsparteien das Berufsbild mit einer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik/Abteilung definieren. Es handelt sich um eine Wertung, dass Oberarzt derjenige Arzt ist, der übergreifend mehrere Bereiche zu verantworten hat.
38 
Für die vorgerichtlich geäußerte Ansicht der Beklagten, es müssten mindestens 3 Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik betroffen sein, enthält der Tarifvertrag keine Anhaltspunkte. Es genügen mindestens zwei Bereiche. Hieran ändert der Eingangssatz des § 12 TV-Ärzte ZfP nichts. Die Prüfungsstufe, ob der Arzt mindestens zur Hälfte die angesprochene Tätigkeit ausübt, ist eine für alle Eingruppierungen erforderliche, zeitliche Analyse. Aus ihr kann jedoch nicht geschlossen werden, dass diese Voraussetzung stets und nur dann gegeben ist, wenn mindestens 3 Teil- oder Funktionsbereiche geleitet werden.
39 
Im Falle des Klägers sind die Voraussetzungen gegeben. Unstreitig handelt es sich bei der Station N1 um einen Teilbereich der Klinik und beim Elektrophysiologischen Labor um einen Funktionsbereich der Klinik. Damit ist der Kläger für mindestens zwei Bereiche der Klinik tätig.
40 
b) Die medizinische Verantwortung kann vom Arbeitgeber sowohl ausdrücklich als auch konkludent übertragen werden. Einen förmlichen Ernennungsakt verlangt der Tarifvertrag nicht. Es genügt die Zuweisung einer entsprechenden Tätigkeit.
41 
(1) Nach dem Tarifvertrag ist der Arbeitgeber für die Übertragung der Verantwortung zuständig. In einem Krankenhausbetrieb wie dem der Beklagten mit 7 Kliniken obliegt den Chefärzten als leitenden Ärzten die medizinische Organisation ihrer Klinik. Dazu gehört die Übertragung von Aufgaben und medizinischer Verantwortung.
42 
(2) Der Kläger nimmt seine Funktionen innerhalb der Station N1 und des elektrophysiologischen Labors aufgrund der entsprechenden Organisationsplanung der neurologischen Klinik wahr. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er die Aufgaben gegen den Willen der Beklagten oder des Chefarztes wahrnimmt. Vielmehr wurden ihm diese Aufgaben von der Beklagten übertragen.
43 
c) Der Kläger hat die medizinische Verantwortung für die Station N1 und das elektrophysiologische Labor.
44 
(1) Der Tarifvertrag geht von einer abgestuften medizinischen Verantwortung aus. Die Ärzte und Fachärzte sind jeweils medizinisch verantwortlich für die Patienten, die sie konkret behandeln. Übergeordnet ist die medizinische Verantwortung des Oberarztes. Dieser ist nicht nur für die Patienten, die er konkret behandelt, sondern auch für den reibungslosen medizinischen Ablauf der ihm übertragenen Bereiche zuständig. Der leitende Arzt (Chefarzt) hat die medizinische Gesamtverantwortung für die ihm unterstellte Klinik. Das aufeinander aufbauende, hierarchische Verantwortungssystem soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Chefarzt aufgrund seiner Verpflichtungen zeitlich nicht in der Lage ist, jeden einzelnen Patienten zu behandeln.
45 
Die Auffassung der Beklagten, die medizinische Verantwortung sei ausschließlich dem Chefarzt und dessen Vertreter übertragen, findet im Tarifvertrag keinen Niederschlag. Vielmehr sieht der Tarifvertrag ein abgestuftes Verantwortungssystem vor, das es erst ermöglicht, dass der Chefarzt die Gesamtverantwortung übernehmen kann. Nach der These der Beklagten gäbe es keinen Oberarzt im Tarifsinne (dementsprechend bezahlt die Beklagte in der Klinik für Neurologie an niemanden eine Oberarztvergütung). Dies entspricht aber nicht dem tarifvertraglichen System. Danach ist zwischen dem Arzt/Facharzt und dem Chefarzt/Stellvertreter die Ebene des Oberarztes vorgesehen. Diese stellt quasi das Bindeglied zwischen dem Chefarzt und den Stationsärzten dar. Dem entspricht es, dass er für die ihm übertragenen Teil- und Funktionsbereiche die medizinische Verantwortung trägt.
46 
Unter dem Ausdruck "medizinische Verantwortung" in der Entgeltgruppe Ä 3 ist nicht die Frage der Haftung bei Fehlern zu verstehen. Vielmehr bedeutet die medizinische Verantwortung die Verpflichtung, die Teil- und Funktionsbereiche medizinisch so zu organisieren, dass ein effektiver, reibungsloser und erfolgreicher Klinikbetrieb möglich ist.
47 
(2) Die Tätigkeitsbeschreibung im unstreitigen Tatbestand des Urteils beruht im Wesentlichen auf den Behauptungen des Klägers. Entgegen der Ansicht der Beklagten (Schriftsatz vom 14.12.2007, Blatt 194 ff.) war insoweit der Beklagten nicht noch einmal ein Schriftsatzrecht einzuräumen. Der Kläger hatte seine Tätigkeit im Wesentlichen schon in der Klageschrift charakterisiert. Insoweit hatte die Beklagte die Behauptungen des Klägers nicht bestritten. Soweit im Schriftsatz des Klägers vom 06.12.2007 weiterer Tatsachenvortrag gehalten wurde, wurde dieser im Tatbestand insoweit berücksichtigt, als der Kläger seine Behauptungen durch die beigelegten Anlagen unter Beweis gestellt hat.
48 
(3) Unter Berücksichtigung der oben genannten Definition der medizinischen Verantwortung steht diese dem Kläger für die Station N1 und das elektrophysiologische Labor zu.
49 
In der Station N1 obliegen dem Kläger sowohl die übergeordnete ärztliche Überwachung als auch ein Teil der Verwaltungsaufgaben. Der Kläger führt die Oberarztvisite durch, wird von den Stationsärzten über jeden Patienten durch Befundberichte unterrichtet und entscheidet letztendlich über die vorzunehmende ärztliche Therapie. Er unterzeichnet abschließend die Arztberichte und Entlassbriefe. Er entscheidet über den Verbleib der Patienten, wenn am Wochenende die Station geschlossen ist. Zu diesen, der Tätigkeit eines Stationsarztes übergeordneten medizinischen Aufgaben kommt die Vorbereitung der Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den Krankenkassen hinzu. Diese zahlreichen Verpflichtungen lassen sich als medizinische Verantwortung für die Station N1 im Tarifsinne ansehen.
50 
Gleiches gilt hinsichtlich des elektrophysiologischen Labors. Der Kläger ist hier im Wesentlichen für die medizinisch-technische Ausstattung zuständig. Er ist Vorgesetzter der medizinisch-technischen Angestellten (die Kammer schließt dies daraus, dass der Kläger mit diesen Angestellten die Mitarbeiterjahresgespräche zu führen hat). Zwar führen die einzelnen Ärzte die elektrophysiologischen Untersuchungen jeweils selbst mit ihren eigenen Patienten durch. Der Kläger ist jedoch dafür verantwortlich, dass die medizinische Ausstattung auf dem aktuellen medizinischen Stand und technisch einwandfrei ist und dass die Angestellten ordnungsgemäß eingewiesen sind; nach seinen Angaben hat er auch Ärzte in die Handhabung der Geräte einzuweisen. Er ist als Verantwortlicher im Gerätebuch vermerkt (Blatt 178 der Akte) und Ansprechpartner für dieses Labor. Im Ergebnis ist ihm damit die medizinische Verantwortung für einen Funktionsbereich übertragen worden.
51 
d) Die Voraussetzungen des § 12 Eingangssatz TV-Ärzte ZfP sind nach Ansicht der Kammer gegeben.
52 
(1) Nach dieser Regelung setzt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe Ä 3 voraus, dass der Arzt nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte die bezeichnete Tätigkeit ausübt. Mit dieser Regelung haben die Tarifvertragsparteien die von der Beklagten angesprochene Rechtsprechung im Eingruppierungsrecht übernommen.
53 
(2) Der Kläger nimmt die angeführten Tätigkeiten in der Station N1 und im elektrophysiologischen Labor nicht nur vorübergehend wahr. Soweit der Kläger ab 01.01.2008 eine Botulinum-Toxin-Ambulanz betreiben wird, tritt diese Tätigkeit zu seinen bisherigen Aufgaben hinzu.
54 
(3) Unklar blieb der zeitliche Umfang, in dem der Kläger die medizinische Verantwortung für die Station N1 und das Labor wahrnimmt. Insoweit hat sich der Kläger auf den Standpunkt gestellt, diese medizinische Verantwortung sei durchgehend vorhanden und könne nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt werden. Die Beklagte hat demgegenüber für die Schlüssigkeit der Eingruppierungsfeststellungsklage verlangt, dass der Kläger seine Zeitanteile an oberärztlicher Tätigkeit ganz konkret aufführt. Die Beklagte ist selber anhand einer Hochrechnung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger maximal 45 % seiner Arbeitszeit mit Oberarzttätigkeiten verbringe.
55 
Die Kammer schließt sich der Auffassung des Klägers an. Die medizinische Verantwortung für eine Station oder ein Labor ist zeitlich nicht in Stunden mit Verantwortung und Stunden ohne Verantwortung aufzuteilen. So ist es zutreffend, dass der Kläger auch eigene Patienten, wenn auch in geringem Umfang, behandelt. Aber auch während dieser Tätigkeit obliegt ihm die Verantwortung für die Station und das Labor. Die übertragene Verantwortung ist eine dauerhafte Verpflichtung des Klägers, die er während seiner gesamten Arbeitszeit wahrzunehmen hat.
56 
e) Der Kläger ist daher im Ergebnis in die Entgeltgruppe Ä 3 mit Wirkung ab 01.01.2007 einzugruppieren.
57 
3. Die Frage, ob die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) verpflichtet ist, den als Oberarzt titulierten Kläger auch als Oberarzt zu bezahlen, kann dahinstehen. Insoweit hat die Beklagte angeführt, dass die Bezeichnung "Oberarzt" zur Zeit der Geltung des BAT tariflich ohne Bedeutung war und daher lediglich als Titel fortgeführt werde (vergleiche näher Hillmann-Stadtfeld, Deutsches Ärzteblatt 2007, Seite 1625, Blatt 108 der Akte). Die Ärzte, die nach Inkrafttreten des TV-Ärzte ZfP als Oberarzt bezeichnet würden, seien lediglich Titular-Oberärzte, was für die Eingruppierung bedeutungslos sei.
58 
Die Kammer hält diese Ansicht der Beklagten für zweifelhaft. Es ist nicht lediglich so, dass der Kläger seinen früheren Titel als Oberarzt - von der Beklagten geduldet - weiter trägt. Vielmehr bezeichnet die Beklagte den Kläger auch nach Inkrafttreten des TV-Ärzte ZfP aktiv gegenüber der Öffentlichkeit, den Patienten und im internen Klinikbetrieb als Oberarzt (vergleiche Blatt 20 der Akte - Flyer für den Tag der offenen Tür, Blatt 17 der Akte, Schichtplan 2007). Es kann hier durchaus unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung die Meinung vertreten werden, dass die Beklagte den Kläger entsprechend des ihm zugewiesenen Titels zu bezahlen hat.
59 
Im Ergebnis kann die Frage der Selbstbindung der Beklagten jedoch offen bleiben, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte ZfP gegeben sind.
60 
4. Die mit Klageantrag Ziffer 1 geltend gemachten Beträge sind unstreitig. Die monatliche Vergütungsdifferenz zwischen den Entgeltgruppen Ä 2 und Ä 3 beträgt EUR 450,00 brutto. Anzurechnen ist eine von der Beklagten gezahlte Zulage in Höhe von EUR 200,00 brutto monatlich. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Absatz 1, 286 Absatz 2 Nummer 1 BGB. Sowohl der Zahlungsantrag als auch der Feststellungsantrag sind daher begründet.
61 
5. Als unterliegende Partei trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits (§§ 46 Absatz 2 ArbGG, 91 Absatz 1 ZPO).
62 
Als Streitwert wurde die dreijährige Vergütungsdifferenz zugrunde gelegt (§§ 61 Absatz 1 ArbGG, 42 Absatz 4 Satz 2 GKG).
63 
Die Berufung war gemäß § 64 Absatz 3 Nummer 2b ArbGG zuzulassen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung beträgt 46.800,00 EUR.

4. Die Berufung wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers in den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 5. Februar 2007 (im folgenden: TV-Ärzte ZfP).
Der Kläger ist seit dem 0.0.1999 als Facharzt für Innere Medizin bei dem beklagten Zentrum für Psychiatrie beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 0.0.1998 (ABl. 17 ff.) zugrunde. Der Kläger hatte sich auf eine Stellenausschreibung beworben, mit welcher das beklagte Zentrum für Psychiatrie "einen/eine Facharzt/-Ärztin für Innere Medizin als Fachbereichsleiter/-in Innere Medizin" gesucht hatte.
Der Kläger ist der einzige beim beklagten Zentrum für Psychiatrie beschäftigte Facharzt für Innere Medizin und alleine zuständig für sämtliche im Hause des Beklagten anfallenden und seiner Fachrichtung zuzuordnenden Tätigkeiten. Im Hause des Beklagten existiert keine bettenführende Abteilung "Innere Medizin". Der Kläger ist vielmehr zuständig für die Diagnostik und Behandlung von somatischen Fragestellungen sämtlicher Patienten des Beklagten, welche aufgrund des fachlichen Zuschnitts des Hauses aus psychiatrischen/psychologischen Gründen dort behandelt werden. Der Kläger ist in diesem Zusammenhang u.a. verantwortlich für ein Labor, das EKG, das Röntgen, die Durchführung von Ultraschall-Untersuchungen, die Physiotherapie und die Bade- und Massagetherapie von Patienten. In einem Zwischenzeugnis vom 0.0.2004 (ABl. 20) wird der zwischen den Parteien unstreitige Tätigkeitsbereich des Klägers beschrieben, worauf ergänzend Bezug genommen wird. Der Kläger ist zudem Strahlenschutz- und Hygienebeauftragter im Hause des Beklagten.
Die Parteien sind tarifgebunden an den TV-Ärzte ZfP. Der Kläger macht klageweise seine Eingruppierung und entsprechende Differenzvergütung seit 0.0.2007 geltend und hält eine Eingruppierung in die Stufe Ä3 des § 12 TV-Ärzte ZfP für zutreffend. Das beklagte Zentrum für Psychiatrie hat den Kläger in die Entgeltgruppe Ä2 des § 12 TV Ärzte ZfP eingruppiert und zahlt dem Kläger darüber hinaus derzeit auf freiwilliger Grundlage eine individuelle Zulage von 112,00 EUR monatlich.
§ 12 TV-Ärzte ZfP hat folgenden Wortlaut:
" § 12
Eingruppierung
        
Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte
auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe
Bezeichnung
Ä1        
Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä2        
Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit
Ä3        
Oberärztin/Oberarzt
Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische
Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik
beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen
worden ist.
Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeit-
geber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine
erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatz-
weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.
Ä4        
Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des
leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen
worden ist.
(Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt,
der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner
Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann
daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem
Arzt erfüllt werden.
Wegen der sonstigen Regelungen des TV Ärzte ZfP wird auf ABl. 27 ff. Bezug genommen.
Der TV-Ärzte ZfP ist zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten, das Arbeitsverhältnis unterfiel zuvor den Regelungen des BAT. Der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg (TVÜ-Ärzte ZfP) vom 5. Februar 2007 hat unter anderem folgenden Wortlaut:
10 
"§ 4 Eingruppierung
        
Für die Eingruppierung der Ärzte ab 1. Januar 2007 gilt die Entgeltordnung gemäß § 12
TV Ärzte ZfP."
11 
Die Tarifvertragsparteien haben hierzu folgende Niederschriftserklärung abgegeben:
12 
"Zu § 4:
Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Dezember 2006 die
Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine
Eingruppierung als Oberärztin beziehungsweise Oberarzt nach § 12 TV Ärzte ZfP zu
erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine
Eingruppierung nach Entgeltgruppe Ä3 ist hiermit nicht verbunden. Die
Tarifvertragsparteien werden im Sommer 2007 auf Verlangen des Marburger Bundes
Baden-Württemberg gemeinsam die ordnungsgemäße Überleitung in den TV Ärzte ZfP
prüfen.
        
Die missbräuchliche Entziehung der Tätigkeit mit dem ausschließlichen Ziel, eine höhere
Eingruppierung beziehungsweise eine Besitzstandszulage zu verhindern, ist nicht
zulässig."
13 
Wegen der sonstigen Regelungen des TVÜ Ärzte ZfP wird auf ABl. 45 ff. Bezug genommen.
14 
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm durch das beklagte Zentrum für Psychiatrie die medizinische Verantwortung für den Teil- oder Funktionsbereich der "Inneren Medizin" übertragen worden sei. Er habe eine herausragende, abteilungsübergreifende und weit über dem durchschnittlichen Verantwortungsbereich eines Facharztes für Innere Medizin liegende Stellung im beklagten Zentrum für Psychiatrie. Er betreue als Fachbereichsleiter für Innere Medizin alle Abteilungen des beklagten Zentrums in sämtlichen somatischen und notfallmedizinischen Bereichen und sei in diesem Zusammenhang 25 Assistenz- und Fachärzten des Hauses in somatischer Hinsicht weisungsbefugt. Im Zweifel entscheide er, wie ein Patient in somatischer Hinsicht behandelt werde. Er sei kein Konsilarzt sondern abteilungsübergreifender internistischer Fachbereichsleiter. In dieser Funktion führe er eigenständige Visiten durch. Seine besondere Stellung komme zudem dadurch zum Ausdruck, dass er vom Beklagten das Recht zur Privatliquidation eingeräumt bekommen habe. Dies sei ein typisches Merkmal von Chefärzten und gelegentlich Oberärzten, nicht jedoch von "einfachen" Fachärzten.
15 
Der Kläger beantragt:
16 
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 0.0 2007 Vergütung der Entgeltgruppe Ä3 Stufe 3 (Oberärztin/ Oberarzt ab dem 7. Jahr) des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an den Zentren für Psychiatrie des Landes Baden-Württemberg vom 05. Februar 2007 zu zahlen, sowie die unständigen Bezügebestandteile unter Zugrundelegung dieser Eingruppierung zu berechnen und auszuzahlen.
17 
2. Der nachzuzahlende Differenzbetrag ist - beginnend mit dem 0.0.2007 - zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten, bei vor Rechtshängigkeit liegenden Fälligkeitszeitpunkten, hilfsweise ab Rechtshängigkeit, mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
18 
Das beklagte Zentrum für Psychiatrie beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Das beklagte Zentrum vertritt die Auffassung, dass der Kläger nicht die medizinische Verantwortung im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP für einen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik übertragen bekommen hat. Zum einen handele es sich bei der "Inneren Medizin" im Hause der Beklagten nicht um einen Teil- oder Funktionsbereich im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP. Zum anderen und jedenfalls sei dem Kläger nicht die "medizinische Verantwortung" im Sinne des § 12 TV Ärzte ZfP, Entgeltgruppe Ä3, übertragen worden. Der Kläger habe kein Weisungsrecht gegenüber anderen Fachärzten oder Assistenzärzten. Jeder Facharzt sei gegenüber den ihm zugeordneten Assistenzärzten und dem Pflegepersonal weisungsbefugt. Die Eingruppierung als "Oberarzt" nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP rechtfertige dies alleine jedoch nicht. Der dort verwendete Begriff der "medizinischen Verantwortung" umfasse notwendigerweise, dass der Oberarzt gegenüber anderen Fachärzten vorgesetzt, das heißt, weisungsberechtigt sei. Dies ergebe sich bereits sprachlich aus dem Begriff des "Oberarztes" sowie aus der Systematik der Entgeltgruppen in § 12 TV Ärzte ZfP. "Medizinische Verantwortung" gegenüber den zu behandelnden Patienten nehme jeder Arzt wahr, dies sei dessen ureigenste Aufgabe. Die Auslegung des Begriffs "medizinische Verantwortung" im Zusammenhang mit der Eingruppierung zum Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ergebe daher, dass eine ärztliche Vorgesetztenfunktion wahrgenommen werden müsse.
21 
Im Übrigen wird auf den Parteivortrag in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen. Die Kammer hat den Rechtsstreit auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2007 hin ohne Durchführung einer Beweisaufnahme entschieden.

Entscheidungsgründe

 
I.
22 
Das Arbeitsgericht Lörrach, Kammern Radolfzell, war für die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 46 Abs. 2 ArbGG, 12 ff. ZPO örtlich und sachlich zuständig.
23 
Die Eingruppierungsfeststellungsklage war gemäß § 256 ZPO zulässig. Die aus der Eingruppierung des Klägers folgende Verpflichtung zur Vergütungszahlung berechnet aus der betreffenden Entgeltgruppe des TV Ärzte ZfP ist zwischen den Parteien streitig und stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
II.
24 
Die zulässige Klage war jedoch in der Sache ohne Erfolg. Nach dem Dafürhalten der Kammer ist der Kläger nicht in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP einzugruppieren. Zutreffend ist vielmehr die derzeit von dem beklagten Zentrum für Psychiatrie vorgenommene Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä2. Der Kläger erfüllt nicht die tatsächlichen Voraussetzungen des Tätigkeitsbereichs eines Oberarztes im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP, er trägt insbesondere nicht die "medizinische Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder Abteilung.
25 
Im Einzelnen:
26 
1. Zwischen den Parteien streitig und vom Kläger geltend gemacht war lediglich die erste Alternative der Eingruppierung als Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des TV Ärzte ZfP. Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen einer übertragenen Spezialfunktion mit erfolgreich abgeschlossener Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung und hat dies auch nicht geltend gemacht.
27 
Es war mithin entscheidend, ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist oder nicht.
28 
Aufgrund der erstmaligen Einführung einer Eingruppierungsstufe "Oberarzt" durch die verschiedenen TV Ärzte ab dem 1.1.2007 kann zur Auslegung der Tarifnorm nur in sehr geringem Umfang auf bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung und bereits gesicherte Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Lediglich das Merkmal des "Funktionsbereichs" war bereits im früher auch auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbaren Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) definiert als wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes. Sowohl der Begriff des "Teilbereichs" wie auch und insbesondere der Begriff der "medizinischen Verantwortung" sind jedoch - soweit ersichtlich - in den TV Ärzte erstmals als Eingruppierungsmerkmal verwendet worden. Durch die Anfügung einer Niederschriftserklärung (Protokollnotiz) zum Überleitungstarifvertrag TVÜ Ärzte ZfP haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass die reine Titulierung als Oberarzt nicht ausreichend ist, die Eingruppierung in Ä3 zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Einzelfall die dortigen Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllt sein.
29 
Die Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" ist umstritten. In der ersichtlichen Instanzrechtsprechung wird zum einen vertreten, dass das Erfordernis erfüllt sei, wenn dem Betroffenen Aufsichtfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen wurden (ArbG Düsseldorf, 12.7.2007, 14 Ca 669/07). Ebenso wird vertreten, dass die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal es noch nicht rechtfertige, von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" auszugehen, da bereits Fachärzte den Ärzten in der Weiterbildung und den Pflegekräften gegenüber weisungsbefugt seien (ArbG Darmstadt, 26.7.2007, 12 Ca 122/07). Schließlich wird in der Literatur sogar vertreten, dass überhaupt keine Aufsichts- oder Weisungsfunktion wahrgenommen werden müsse, um von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" ausgehen zu können. Ein Teil- oder Funktionsbereich im Sinne der TV Ärzte könne daher auch nur aus dem Oberarzt selbst bestehen (Bruns, ArztRecht 2007, Seite 60, 67).
30 
2. Die Kammer geht vorliegend davon aus, dass für die Annahme der Übertragung "medizinischer Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP erforderlich ist, dass der betroffene Arzt Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Fachärzten hat. Da dies beim Kläger nicht der Fall ist, ist dessen Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 nicht gerechtfertigt.
31 
Dies ergibt die nach Auffassung der Kammer sachgerechte Auslegung des § 12 TV Ärzte ZfP.
32 
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nach den für Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an den Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. BAG 23.5.2007, 10 AZR 323/06).
33 
b) § 12 TV Ärzte ZfP verwendet in den Entgeltgruppen eine sprachliche Stufenfolge, welche auf eine zugrundeliegende personelle Hierarchie in der betroffenen Klinik schließen lässt. Entgeltgruppe Ä1 bezeichnet den oder die Betroffene begrifflich als "Ärztin/Arzt", Entgeltgruppe Ä2 als "Fachärztin/Facharzt" und Entgeltgruppe Ä3 als "Oberärztin/Oberarzt". Entgeltgruppe Ä4 betrifft Fachärzte als ständige Vertretung des Chefarztes.
34 
Nach Ansicht der Kammer lässt sich aus der Verwendung der Begriffe schließen, dass jedenfalls in den Entgeltgruppen Ä1 bis Ä3 jeweils Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der jeweils niedrigeren Entgeltgruppe bestehen müssen. Fachärzte sind stets den Assistenzärzten (Entgeltgruppe Ä1) hierarchisch übergeordnet und nehmen Aufsichts- und Weisungsbefugnisse wahr. Der Definition des "Facharztes" ist damit die hierarichische Überordnung über die Gruppe der "Ärzte" immanent.
35 
Der Begriff des "Oberarztes" wurde dagegen in den Kliniken bislang unterschiedlich verwendet, was auch aus der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien zur Anwendung des § 4 TVÜ Ärzte ZfP zum Ausdruck kommt. Die Annahme eines "Oberarztes" im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 setzt aber nach Auffassung der Kammer ebenfalls voraus, dass Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten, jedenfalls aber Ärzten jedweder Art ausgeübt werden. Zwar ist im Wortlaut der Eingruppierungsvoraussetzungen hiervon nicht ausdrücklich die Rede. Der Begriff der "medizinischen Verantwortung" ist jedoch ausfüllungsbedürftig, da jeder Arzt und Facharzt medizinische Verantwortung trägt. Die Tarifvertragsparteien haben daher die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung gefordert. Dies macht deutlich, dass hier über die unmittelbare Patientenverantwortung hinausgehende Verantwortung gemeint ist. Zugleich impliziert die Stufenfolge der Entgeltgruppen wie auch die Begriffsverwendung "Ober"arzt, dass eine hierarchische Rangfolge der Ärzte im Klinikum als Grundlage für die Eingruppierung dienen soll. Die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche beinhaltet damit notwendigerweise, dass Aufsichts- oder Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten oder jedenfalls anderem ärztlichen Personal ausgeübt werden muss. Die gegenteilige Auffassung von Bruns (ArztRecht 2007, Seite 60, 67) hält die Kammer nicht für zutreffend. Sie wird vom Autor auch nur unter Bezugnahme auf eine "arztfeindlichere" Formulierung im TVöD vorgetragen, jedoch nicht weiter begründet. Entgegen dieser Rechtsauffassung ist nach Ansicht der Kammer ein Oberarzt im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 nicht ohne nachgeordnetes und weisungsgebundenes ärztliches Personal denkbar.
36 
Dies ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs des "Oberarztes", worauf die Beklagtenseite nach Ansicht der Kammer zutreffend hingewiesen hat. Der Begriff des "Oberarztes" ist - soweit ersichtlich - der entsprechenden Dienstgradbezeichnung des Sanitätsdienstes des Preußischen Heeres entsprungen. Dort wurde unterschieden unter "Unterarzt", "Assistenzarzt", "Oberarzt", "Stabsarzt", "Oberstabsarzt", "Generaloberarzt" und weiteren. Dem entsprachen die Offiziersdienstgrade des Unteroffiziers (Unterarzt), Leutnants (Assistenzarzt), Oberleutnants (Oberarzt), Hauptmanns (Stabsarzt), Majors (Oberstabsarzt), Oberstleutnant (Generaloberarzt).
37 
Aus dieser Wortherkunft heraus, aber auch nach heutigem Sprachverständnis ist es erforderlich, dass einem "Oberarzt" zumindest ein nachgeordneter "Unterarzt" zur Verfügung steht. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik zu berücksichtigen und vorliegend nicht gegeben.
38 
c) Der Kläger hat zwar behauptet, er sei sämtlichen Assistenz- und Fachärzten der Klinik in somatischer Hinsicht weisungsbefugt.
39 
Bereits im Kammertermin wurde jedoch auf die Ansicht des Gerichts hingewiesen, dass dies nicht im Sinne einer dienstlichen oder beruflichen Hierarchie gemeint sein kann, sondern nur im Sinne eines sachgerechten medizinischen Verständnisses der Einholung konsiliarischen ärztlichen Rats. Die Kammer geht ebenso wie der Kläger und auch das beklagte Zentrum davon aus, dass bei somatischen Fragestellungen die ärztlichen Ratschläge des Klägers von den insoweit nicht spezialisierten sonstigen Ärzten im Zentrum für Psychiatrie befolgt werden. Hieraus folgt jedoch nicht eine entsprechende hierarchische Überordnung des Klägers und eine entsprechende Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber anderen Assistenz- oder Fachärzten. Wie die Erörterungen im Kammertermin ebenfalls gezeigt haben, weist der Kläger auch keine ärztlichen Kollegen an, bestimmte internistische ärztliche Tätigkeiten zu verrichten sondern entscheidet vielmehr aufgrund seiner eigenen Fachkunde über die im Bereich der Inneren Medizin erforderlichen Handlungen oder Behandlungen, welche er, gegebenenfalls mit Unterstützung nichtärztlichen Personals, selbst in die Wege leitet und durchführt.
40 
d) Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Bereich der Inneren Medizin im Hause des beklagten Zentrums für Psychiatrie ein Teilbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ist, was nach Auffassung der Kammer durchaus nahe liegt, kann nach dem vorstehend Ausgeführten daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die "medizinische Verantwortung" im Sinne einer Einsetzung als "Oberarzt" übertragen worden ist. Die medizinische Verantwortung trägt insoweit vielmehr der dem Kläger unstreitig überstellte Chefarzt der Gerontopsychiatrie. Die vom Kläger geltend gemachte Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 ist daher nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt, weshalb die Klage abzuweisen war.
III.
41 
Die Kostenentscheidung ist nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangen. Hiernach hatte der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
42 
Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Die Höhe wurde nach § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG in Höhe des 3-jährigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen Ä3 und Ä2, welcher nach Mitteilung der Parteien 1.300,00 EUR brutto beträgt, festgesetzt.
43 
Die Entscheidung über die gesonderte Zulassung der Berufung ist nach § 64 Abs. 3 a ArbGG ergangen. Nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 b ArbGG war vorliegend die Berufung für den Kläger zuzulassen, da die Frage der Auslegung des TV Ärzte ZfP neue Rechtsfragen aufwirft, welche über den Bezirk des hiesigen Arbeitsgerichts hinausgehen. Unberührt hiervon bleibt § 64 Abs. 2 ArbGG, der die gesetzlich zugelassene Berufung betrifft.

Gründe

 
I.
22 
Das Arbeitsgericht Lörrach, Kammern Radolfzell, war für die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 46 Abs. 2 ArbGG, 12 ff. ZPO örtlich und sachlich zuständig.
23 
Die Eingruppierungsfeststellungsklage war gemäß § 256 ZPO zulässig. Die aus der Eingruppierung des Klägers folgende Verpflichtung zur Vergütungszahlung berechnet aus der betreffenden Entgeltgruppe des TV Ärzte ZfP ist zwischen den Parteien streitig und stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
II.
24 
Die zulässige Klage war jedoch in der Sache ohne Erfolg. Nach dem Dafürhalten der Kammer ist der Kläger nicht in Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP einzugruppieren. Zutreffend ist vielmehr die derzeit von dem beklagten Zentrum für Psychiatrie vorgenommene Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä2. Der Kläger erfüllt nicht die tatsächlichen Voraussetzungen des Tätigkeitsbereichs eines Oberarztes im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP, er trägt insbesondere nicht die "medizinische Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder Abteilung.
25 
Im Einzelnen:
26 
1. Zwischen den Parteien streitig und vom Kläger geltend gemacht war lediglich die erste Alternative der Eingruppierung als Oberarzt in Entgeltgruppe Ä3 des TV Ärzte ZfP. Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen einer übertragenen Spezialfunktion mit erfolgreich abgeschlossener Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung und hat dies auch nicht geltend gemacht.
27 
Es war mithin entscheidend, ob dem Kläger die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist oder nicht.
28 
Aufgrund der erstmaligen Einführung einer Eingruppierungsstufe "Oberarzt" durch die verschiedenen TV Ärzte ab dem 1.1.2007 kann zur Auslegung der Tarifnorm nur in sehr geringem Umfang auf bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung und bereits gesicherte Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Lediglich das Merkmal des "Funktionsbereichs" war bereits im früher auch auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbaren Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) definiert als wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes. Sowohl der Begriff des "Teilbereichs" wie auch und insbesondere der Begriff der "medizinischen Verantwortung" sind jedoch - soweit ersichtlich - in den TV Ärzte erstmals als Eingruppierungsmerkmal verwendet worden. Durch die Anfügung einer Niederschriftserklärung (Protokollnotiz) zum Überleitungstarifvertrag TVÜ Ärzte ZfP haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass die reine Titulierung als Oberarzt nicht ausreichend ist, die Eingruppierung in Ä3 zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Einzelfall die dortigen Eingruppierungsvoraussetzungen erfüllt sein.
29 
Die Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" ist umstritten. In der ersichtlichen Instanzrechtsprechung wird zum einen vertreten, dass das Erfordernis erfüllt sei, wenn dem Betroffenen Aufsichtfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen wurden (ArbG Düsseldorf, 12.7.2007, 14 Ca 669/07). Ebenso wird vertreten, dass die Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und medizinischem Pflegepersonal es noch nicht rechtfertige, von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" auszugehen, da bereits Fachärzte den Ärzten in der Weiterbildung und den Pflegekräften gegenüber weisungsbefugt seien (ArbG Darmstadt, 26.7.2007, 12 Ca 122/07). Schließlich wird in der Literatur sogar vertreten, dass überhaupt keine Aufsichts- oder Weisungsfunktion wahrgenommen werden müsse, um von der Übertragung "medizinischer Verantwortung" ausgehen zu können. Ein Teil- oder Funktionsbereich im Sinne der TV Ärzte könne daher auch nur aus dem Oberarzt selbst bestehen (Bruns, ArztRecht 2007, Seite 60, 67).
30 
2. Die Kammer geht vorliegend davon aus, dass für die Annahme der Übertragung "medizinischer Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche nach Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP erforderlich ist, dass der betroffene Arzt Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Fachärzten hat. Da dies beim Kläger nicht der Fall ist, ist dessen Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 nicht gerechtfertigt.
31 
Dies ergibt die nach Auffassung der Kammer sachgerechte Auslegung des § 12 TV Ärzte ZfP.
32 
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nach den für Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne an den Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. z.B. BAG 23.5.2007, 10 AZR 323/06).
33 
b) § 12 TV Ärzte ZfP verwendet in den Entgeltgruppen eine sprachliche Stufenfolge, welche auf eine zugrundeliegende personelle Hierarchie in der betroffenen Klinik schließen lässt. Entgeltgruppe Ä1 bezeichnet den oder die Betroffene begrifflich als "Ärztin/Arzt", Entgeltgruppe Ä2 als "Fachärztin/Facharzt" und Entgeltgruppe Ä3 als "Oberärztin/Oberarzt". Entgeltgruppe Ä4 betrifft Fachärzte als ständige Vertretung des Chefarztes.
34 
Nach Ansicht der Kammer lässt sich aus der Verwendung der Begriffe schließen, dass jedenfalls in den Entgeltgruppen Ä1 bis Ä3 jeweils Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber der jeweils niedrigeren Entgeltgruppe bestehen müssen. Fachärzte sind stets den Assistenzärzten (Entgeltgruppe Ä1) hierarchisch übergeordnet und nehmen Aufsichts- und Weisungsbefugnisse wahr. Der Definition des "Facharztes" ist damit die hierarichische Überordnung über die Gruppe der "Ärzte" immanent.
35 
Der Begriff des "Oberarztes" wurde dagegen in den Kliniken bislang unterschiedlich verwendet, was auch aus der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien zur Anwendung des § 4 TVÜ Ärzte ZfP zum Ausdruck kommt. Die Annahme eines "Oberarztes" im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 setzt aber nach Auffassung der Kammer ebenfalls voraus, dass Aufsichts- und Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten, jedenfalls aber Ärzten jedweder Art ausgeübt werden. Zwar ist im Wortlaut der Eingruppierungsvoraussetzungen hiervon nicht ausdrücklich die Rede. Der Begriff der "medizinischen Verantwortung" ist jedoch ausfüllungsbedürftig, da jeder Arzt und Facharzt medizinische Verantwortung trägt. Die Tarifvertragsparteien haben daher die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung gefordert. Dies macht deutlich, dass hier über die unmittelbare Patientenverantwortung hinausgehende Verantwortung gemeint ist. Zugleich impliziert die Stufenfolge der Entgeltgruppen wie auch die Begriffsverwendung "Ober"arzt, dass eine hierarchische Rangfolge der Ärzte im Klinikum als Grundlage für die Eingruppierung dienen soll. Die Übertragung medizinischer Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche beinhaltet damit notwendigerweise, dass Aufsichts- oder Weisungsbefugnisse gegenüber Fachärzten oder jedenfalls anderem ärztlichen Personal ausgeübt werden muss. Die gegenteilige Auffassung von Bruns (ArztRecht 2007, Seite 60, 67) hält die Kammer nicht für zutreffend. Sie wird vom Autor auch nur unter Bezugnahme auf eine "arztfeindlichere" Formulierung im TVöD vorgetragen, jedoch nicht weiter begründet. Entgegen dieser Rechtsauffassung ist nach Ansicht der Kammer ein Oberarzt im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 nicht ohne nachgeordnetes und weisungsgebundenes ärztliches Personal denkbar.
36 
Dies ergibt sich auch aus der Verwendung des Begriffs des "Oberarztes", worauf die Beklagtenseite nach Ansicht der Kammer zutreffend hingewiesen hat. Der Begriff des "Oberarztes" ist - soweit ersichtlich - der entsprechenden Dienstgradbezeichnung des Sanitätsdienstes des Preußischen Heeres entsprungen. Dort wurde unterschieden unter "Unterarzt", "Assistenzarzt", "Oberarzt", "Stabsarzt", "Oberstabsarzt", "Generaloberarzt" und weiteren. Dem entsprachen die Offiziersdienstgrade des Unteroffiziers (Unterarzt), Leutnants (Assistenzarzt), Oberleutnants (Oberarzt), Hauptmanns (Stabsarzt), Majors (Oberstabsarzt), Oberstleutnant (Generaloberarzt).
37 
Aus dieser Wortherkunft heraus, aber auch nach heutigem Sprachverständnis ist es erforderlich, dass einem "Oberarzt" zumindest ein nachgeordneter "Unterarzt" zur Verfügung steht. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der "medizinischen Verantwortung" für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik zu berücksichtigen und vorliegend nicht gegeben.
38 
c) Der Kläger hat zwar behauptet, er sei sämtlichen Assistenz- und Fachärzten der Klinik in somatischer Hinsicht weisungsbefugt.
39 
Bereits im Kammertermin wurde jedoch auf die Ansicht des Gerichts hingewiesen, dass dies nicht im Sinne einer dienstlichen oder beruflichen Hierarchie gemeint sein kann, sondern nur im Sinne eines sachgerechten medizinischen Verständnisses der Einholung konsiliarischen ärztlichen Rats. Die Kammer geht ebenso wie der Kläger und auch das beklagte Zentrum davon aus, dass bei somatischen Fragestellungen die ärztlichen Ratschläge des Klägers von den insoweit nicht spezialisierten sonstigen Ärzten im Zentrum für Psychiatrie befolgt werden. Hieraus folgt jedoch nicht eine entsprechende hierarchische Überordnung des Klägers und eine entsprechende Weisungsbefugnis des Klägers gegenüber anderen Assistenz- oder Fachärzten. Wie die Erörterungen im Kammertermin ebenfalls gezeigt haben, weist der Kläger auch keine ärztlichen Kollegen an, bestimmte internistische ärztliche Tätigkeiten zu verrichten sondern entscheidet vielmehr aufgrund seiner eigenen Fachkunde über die im Bereich der Inneren Medizin erforderlichen Handlungen oder Behandlungen, welche er, gegebenenfalls mit Unterstützung nichtärztlichen Personals, selbst in die Wege leitet und durchführt.
40 
d) Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Bereich der Inneren Medizin im Hause des beklagten Zentrums für Psychiatrie ein Teilbereich im Sinne der Entgeltgruppe Ä3 des § 12 TV Ärzte ZfP ist, was nach Auffassung der Kammer durchaus nahe liegt, kann nach dem vorstehend Ausgeführten daher nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die "medizinische Verantwortung" im Sinne einer Einsetzung als "Oberarzt" übertragen worden ist. Die medizinische Verantwortung trägt insoweit vielmehr der dem Kläger unstreitig überstellte Chefarzt der Gerontopsychiatrie. Die vom Kläger geltend gemachte Eingruppierung in Entgeltgruppe Ä3 ist daher nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt, weshalb die Klage abzuweisen war.
III.
41 
Die Kostenentscheidung ist nach §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangen. Hiernach hatte der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
42 
Der Wert des Streitgegenstandes der Entscheidung wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt. Die Höhe wurde nach § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG in Höhe des 3-jährigen Unterschiedsbetrages zwischen den Entgeltgruppen Ä3 und Ä2, welcher nach Mitteilung der Parteien 1.300,00 EUR brutto beträgt, festgesetzt.
43 
Die Entscheidung über die gesonderte Zulassung der Berufung ist nach § 64 Abs. 3 a ArbGG ergangen. Nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 b ArbGG war vorliegend die Berufung für den Kläger zuzulassen, da die Frage der Auslegung des TV Ärzte ZfP neue Rechtsfragen aufwirft, welche über den Bezirk des hiesigen Arbeitsgerichts hinausgehen. Unberührt hiervon bleibt § 64 Abs. 2 ArbGG, der die gesetzlich zugelassene Berufung betrifft.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.