Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Apr. 2015 - 5 Sa 229/14

bei uns veröffentlicht am09.04.2015

Tenor

I.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.08.2014, Aktenzeichen 6 Ca 2312/13, wird teilweise abgeändert und das Urteil zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.815,02 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 343,93 Euro seit dem 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011, 01.02.2011 sowie 01.03.2011 zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.485,48 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 421,96 Euro seit dem 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012 sowie 01.04.2012 zu zahlen.

3.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.608.38 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 289,82 Euro seit dem 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012 sowie 01.03.2013 zu zahlen.

4.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.077,84 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 89,82 Euro seit dem 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013 sowie 01.01.2014 zu zahlen.

5.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 563,26 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 31,85 Euro seit dem 01.12.2010, auf 224,98 Euro seit dem 01.12.2011 und auf 306,43 Euro seit dem 01.12.2012 zu zahlen.

6.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 26 Prozent, die Beklagte zu 74 Prozent.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten anhand von Zahlungsanträgen über die Höhe der generell zu zahlenden Vergütung und dabei insbesondere über die individual-rechtlichen Auswirkungen einer möglichen Verletzung des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

2

Der Beklagte übernimmt - neben anderen Tätigkeitsfeldern - aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrages den Rettungsdienst im Landkreis Nordwestmecklenburg. Dabei werden die eingestellten Rettungsassistenten und Rettungssanitäter auf Notarzteinsatzfahrzeugen, Rettungstransportfahrzeugen und Krankentransportfahrzeugen eingesetzt.

3

Der 1978 geborene Kläger ist seit dem 01.04.2008 beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängern aufgrund des Arbeitsvertrages vom 17.03.2008 als Rettungssanitäter beschäftigt. Die Parteien vereinbarten hier eine monatliche feste Bruttovergütung von 1.550,00 Euro, die auch zur Auszahlung kam. Der Arbeitsvertrag bestimmt in § 18, dass die beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Partei schriftlich erhoben werden. Für den Fall der Ablehnung oder Nichterklärung hierzu binnen zwei Wochen sieht § 18 eine weitere Frist von zwei Monaten zur gerichtlichen Geltendmachung vor. Wegen des genauen Wortlautes des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 12 ff der Akte verwiesen.

4

Der Kläger ist seit 2005 verheiratet und wurde im März 2011 Vater.

5

Am 01.04.2012 vereinbarten die Parteien eine Vertragsänderung. Danach wurde der Kläger ab dem 01.04.2012 als Rettungsassistent bei einer monatlichen Vergütung von 1.850,00 Euro beschäftigt. Durch weiteren Änderungsvertrag vom 17.01.2013 hoben die Parteien die Vergütung ab dem 01.01.2013 auf monatlich 2.050,00 Euro an. Auch diese Beträge kamen zur Auszahlung.

6

Vertraglich ist eine Arbeitszeit von 48 Stunden in der Woche vereinbart. Der Kläger wird entsprechend eingesetzt.

7

Der Kläger und seine Kollegen des Rettungsdienstes arbeiten in einem Schichtsystem.

8

Hinsichtlich der Notarzteinsatzfahrzeuge und Rettungstransportfahrzeuge liegt ein durchgehendes Schichtsystem vor. Die Arbeitnehmer werden hier typischerweise viermal in der Woche zu je 12 Stunden auf den Fahrzeugen eingesetzt. Es gibt eine Tagschicht und eine Nachtschicht. Die Arbeitnehmer werden aber auch auf dem Krankentransportwagen eingesetzt. Dieser fährt allerdings nur tagsüber. Hier dauert der Einsatz nur acht Stunden, was im Übrigen zu Verschiebungen beim Einsatz in den 12-Stunden-Schichten führt.

9

Ab Oktober 2012 erhielt der Kläger 1,13 € Nachtzuschlag pro Stunde. Davor waren es 1,11 €. Diese Zahlung erfolgte für die Arbeitsstunden von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr.

10

Die Einstellung des Klägers erfolgte noch beim DRK Kreisverband W. e.V. (DRK HWI). Dieser trat dem heutigen Beklagten zum 01.01.2012 durch Verschmelzung bei. Sowohl der alte DRK HWI wie auch der alte DRK Nordwest-Mecklenburg (DRK NWM) waren in ihren damaligen Kreisen mit dem Rettungsdienst betraut und verfügten über Betriebsräte.

11

Der DRK HWI war jedenfalls noch in den 1990’er Jahren Mitglied der Tarifgemeinschaft des DRK in M-V. Bereits hier gab es beim DRK HWI einen Betriebsrat. Die Tarifgemeinschaft des DRK in M-V war Mitglied in der Bundestarifgemeinschaft des DRK. Über diese Mitgliedschaften galt für den DRK HWI in den 1990’er Jahren zwingend der Tarifvertrag DRK-TV-O. Während der Tarifbindung vereinbarte der DRK HWI mit neu eingestellten Arbeitnehmern jeweils auch eine Verweisungsklausel auf den DRK-TV-O (Gleichstellungsabreden).

12

Dementsprechend kam der DRK-TV-O nebst Entgeltregelungen während der Tarifbindung des DRK HWI auf alle Arbeitsverhältnisse zur Anwendung. Der DKR-TV-O war sehr stark, teils wortgleich, an den BAT-O angelehnt. Wie beim BAT-O gab es Vergütungsgruppen mit jeweils Fallgruppen. Die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs war vorhanden. Das monatliche Entgelt setzte sich aus den Komponenten Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeine Zulage zusammen. Bei der eingruppierungsabhängigen Grundvergütung gab es ansteigende Lebensalterstufen. Die Höhe des Ortszuschlages war von den familiären Verhältnissen abhängig. Es gab die Regelung einer jährlichen Sonderzuwendung. Außerdem regelte der DRK-TV-O verschiedene Zuschläge bei Nachtschicht, Wechselschicht und anderen Umständen.

13

Zwischen den Parteien ist streitig, wann die Tarifbindung des DRK HWI endete. Jedenfalls kündigte die Bundestarifgemeinschaft des DRK den DRK-TV-O unstreitig zum 31.12.2001. Der Beklagte behauptet streitig, dass zuvor schon die Tarifgemeinschaft des DRK in M-V mit Schreiben vom 12.10.1998 zum 31.01.1999 die Mitgliedschaft in der Bundestarifgemeinschaft des DRK gekündigt habe. Entsprechend geht der Beklagte davon aus, dass bereits hier die Tarifbindung des DRK HWI beendet worden sei. Hingegen behauptet der Kläger, dass der DRK HWI bis 31.12.2002 Mitglied der „Tarifgemeinschaft des DRK“ gewesen sei und entsprechend bis hier Tarifbindung vorgelegen habe. Ausgehend von vorgenannten Umständen behauptet der Kläger, dass noch bis Ende 2002 bei Neueinstellungen die Gleichstellungsabrede (bezogen auf den DRK-TV-O) mit vereinbart worden sei, während die Beklagte behauptet, dass dies nur bis zum 31.01.1999 der Fall gewesen sei. Unstreitig wurde aber ab dem streitigen Zeitpunkt des Endes der Tarifbindung bei Neueinstellungen von der Gleichstellungsabrede nicht mehr Gebrauch gemacht. Ab hier wurden feste Vergütungen, wie später auch beim Kläger, vereinbart. Bei den Arbeitnehmern, mit denen noch die Geltung des DRK-TV-O vereinbart worden war oder bei denen Tarifbindung vorlag, kamen jedenfalls noch bei Entgeltfragen die Tarifstände vom 31.10.2002 zur Anwendung. Der DRK HWI wandte somit den DRK-TV-O dynamisch auch noch nach dem 31.01.1999 an, wobei – ausgehend von obigen Behauptungen – dies entweder freiwillig oder aber aufgrund weiter bestehender Verpflichtung geschah.

14

Der Hintergrund der Abkehr vom DRK-TV-O nebst dessen Kündigung war eine Forderung der Krankenkassen als Kostenträger des Rettungsdienstes nach niedrigeren Löhnen. Die Entlohnung der Rettungsdienstmitarbeiter wurde danach regelmäßig zwischen dem DRK HWI und der Stadt W. (Träger des Rettungsdienstes) sowie auch den Krankenkassen verhandelt. An diesen Verhandlungen nahmen in der Regel auch die Betriebsräte (informatorisch) teil. Sie waren somit über jede lohnverändernde Maßnahme informiert. Der Betriebsrat „widersetzte“ sich in keinem Fall der Lohnfestsetzung nach der Verhandlung mit der Stadt. Diese Verhandlungen führten zu festen monatlichen Löhnen für die Arbeitnehmer.

15

Formelle Beteiligungen des Betriebsrates nebst Antrages zu einer etwaigen Zustimmung oder Einigungen gab es im Zuge der Abkehr von der tariflichen Vergütungsstruktur unstreitig jedoch nicht.

16

Der Beklagte reichte einen Text einer Betriebsvereinbarung zur Akte, die am 03.05.2011 beim alten DRK NWM abgeschlossen worden sein soll (vgl. Blatt 49 ff d. A.). Diese regelt verschiedene Themenbereiche. Hier heißt es u.a.:

17

„6.Vergütung

Die Grundvergütung richtet sich für alle derzeit beschäftigten Mitarbeiter nach der individuell arbeitsvertraglich vereinbarten Höhe.

18

Hinsichtlich dieser Betriebsvereinbarung wies der Kläger darauf hin, dass nicht erkennbar ist, dass sie unterschrieben wurde. Die zur Akte gereichte Kopie enthält keine Unterschriften.

19

Mit seiner Klageschrift vom 16.12.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Schwerin am 19.12.2013, begehrte der Kläger die Nachzahlung von monatlicher Differenzvergütung für die Jahre 2010 bis 2013, die Zahlung eines weiteren Betrages für Nachtzuschläge für vorgenannten Zeitraum sowie die Zahlung weiterer Beträge als Jahressonderzahlung, wobei sich der Kläger im Wesentlichen zumeist an den Regelungen des DRK-TV-O orientierte.

20

Mit Urteil vom 28.08.2014, Az. 6 Ca 2312/13, wies das Arbeitsgericht Schwerin die Klage insgesamt ab. Tarifliche Ansprüche bestünden mangels entsprechender Bindung oder Vereinbarung nicht. Ein etwaiger Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG könne nicht zur Folge haben, das individual-rechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers auf eine bestimmte Vergütungshöhe entstehen. Insbesondere sei dem Kläger keine für ihn bereits bestehende Rechtsposition durch einen Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht genommen worden, da für den Kläger nie tarifliche Ansprüche bestanden. Weitergehende Nachtzuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen, da die hier bereits gezahlten Zuschläge von etwa 10 % bei Abwägung aller Umstände nicht zu beanstanden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf Blatt 68 ff der Akte verwiesen.

21

Das Urteil wurde dem Kläger am 08.09.2014 zugestellt. Er legte hiergegen am 01.10.2014 Berufung ein, welche er innerhalb gewährter Fristverlängerung begründete.

22

Auch in der Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

23

Der Kläger geht davon aus, dass ihm über die erhaltenen Zahlungen hinaus eine höhere Vergütung wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates bei Veränderung einer Entgeltordnung sowie höhere Zulagen für Nachtarbeit zustünden.

24

Zunächst meint der Kläger, dass ihm höhere Vergütungsansprüche zustünden, da der Beklagte gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstoßen habe. Die Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze sei mitbestimmungspflichtig. Dies gelte auch, wenn sich der Arbeitgeber nach Ende der Tarifbindung vom dortigen Entgeltschema lösen wolle. Der Arbeitgeber könne zwar linear das Entgelt senken; das Schema müsse aber bestehen bleiben. Nach früherer Anwendung des DRK-TV-O bis 2002 sei hier bei den Neueinstellungen danach das Vergütungsschema unzulässig verändert worden. Auch der Kläger trage Nachteile hierdurch. Der Umstand seiner Heirat und der Geburt seines Kindes könnten sich nun ohne Ortszuschlag nicht mehr auswirken. Nachteile habe der Kläger als neu Eingestellter auch, weil es nun keine Lebensaltersstufen mehr gibt. Aufgrund der Änderung des Entgeltschemas hätte der Betriebsrat nach Ende der Tarifbindung, also ab 2003, mitbestimmen müssen. Mangels Mitbestimmung sei das neue Entgeltschema hier unwirksam. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts entstünden aus einem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht auch individual-rechtliche Ansprüche. Es könnten auch individuelle Rechte entstehen, die vorher nicht bestanden. Daher habe der Kläger Anspruch auf Vergütung nach dem bisherigen Entgeltschema. Dies seien die nachwirkenden tariflichen Regelungen. Der Beklagte hätte mit dem Kläger eine Vergütung vereinbaren müssen, die der inneren Struktur nach mit der bisherigen Vergütung übereinstimme, wozu auch unterhaltsabhängige Ortszuschläge und Lebensaltersstufen zählten. Da die Lebensaltersstufen altersdiskriminierend sind, könne der Kläger jeweils die höchste Stufe verlangen. Bestandteil des Vergütungsschemas seien auch die Ausgleichszahlungen für Sonderformen der Arbeit. Auf eine eventuell vorhandene Betriebsvereinbarung vom 03.05.2011 als Ergebnis einer Mitbestimmung könne sich der Arbeitgeber nicht berufen. Sie lasse dem Arbeitgeber freie Hand und sei insoweit unwirksam, wobei es der Kläger auch als problematisch ansieht, dass der Übergang seines Arbeitsverhältnisses durch die Verschmelzung auf die jetzige Beklagte erst nach eventuellem Abschluss der Betriebsvereinbarung beim alten DRK NWM erfolgte, während der Kläger noch beim DRK HWI beschäftigt war.

25

Mit Blick auf die gegebenenfalls heranzuziehenden Regelungen des DRK-TV-O geht der Kläger unstreitig und unproblematisch davon aus, dass er als Rettungssanitäter in die Vergütungsgruppe VII und als Rettungsassistent in die Vergütungsgruppe VIb einzugruppieren wäre. Weiterhin zog der Kläger für seine Forderungsberechnung sodann die Vergütungstabellen mit Stand vom 31.10.2002 heran, die unstreitig noch bei dem Beklagten angewandt worden waren. Beim Grundgehalt wählte der Kläger im Rahmen seiner Berechnungen jeweils die letzte/höchste Altersstufe. (Nachfolgende Beträge entsprechen unstreitig den genannten Vergütungstabellen und Maßstäben.)

26

So ermittelte der Kläger ab Januar 2010 ein Grundgehalt (Rettungssanitäter = VG VII, letzte Stufe) von 1.308,07 Euro, einen Ortszuschlag (verheiratet, keine Kinder) von 407,71 Euro und eine allgemeine Zulage von 90,41 Euro, in der Summe somit 1.893,93 Euro. Abzüglich erhaltener 1.550,00 Euro ergab sich eine monatliche Differenz von 343,93 Euro. Der Kläger begehrt dies für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2011, in der Summe 4.815,02 Euro (Klageantrag zu 1).

27

Ab März 2011 (Geburt des Kindes) erhöhte sich der Ortszuschlag auf 573,48 Euro. Es ergab sich nun eine monatliche Differenz von 421,96 Euro. Der Kläger begehrt dies für den Zeitraum März 2011 bis März 2012, in der Summe 5.485,48 Euro (Klageantrag zu 2).

28

Ab dem April 2012 war der Kläger als Rettungsassistent tätig. Nun ermittelte der Kläger ab April 2012 ein Grundgehalt (Rettungsassistent = VG VIb, letzte Stufe) von 1.475,93 Euro, einen Ortszuschlag von 573,48 Euro und eine allgemeine Zulage von 90,41 Euro, in der Summe somit 2.139,82 Euro. Abzüglich erhaltener 1.850,00 Euro ergab sich eine monatliche Differenz von 289,82 Euro. Der Kläger begehrt dies für den Zeitraum April 2012 bis Dezember 2012, in der Summe 2.608,38 Euro (Klageantrag zu 3).

29

Ab dem 01.01.2013 erhielt der Kläger eine erhöhte Vergütung von 2.050,00 Euro, so dass sich die errechnete Vergütungsdifferenz auf monatlich 89,82 Euro verringerte. Dies verlangt der Kläger für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2013, in der Summe somit 1.077,84 Euro (Klageantrag zu 4).

30

Im Rahmen seines Antrages zu 6 behauptet der Kläger, dass in seinem Arbeitsvertrag eine jährliche Sonderzahlung vereinbart worden sei. Diese entspreche nicht den Regelungen des DRK-TV-O. Danach hätte die Sonderzahlung 75 Prozent der Urlaubsvergütung für den jeweiligen September des Jahres betragen müssen. Ausgehend von vorgenannter streitiger grundsätzlicher Anspruchshöhe (75 Prozent) ermittelte der Kläger mathematisch/betragsmäßig folgende insoweit unstreitige Beträge: Für 2010 begehrt der Kläger eine offene Differenz von 235,72 Euro (behaupteter Anspruch in Höhe von 1.435,72 Euro abzüglich gezahlter 1.200,00 Euro). Für 2011 begehrt der Kläger eine offene Differenz von 460,82 Euro (behaupteter Anspruch in Höhe von 1.660,82 Euro abzüglich gezahlter 1.200,00 Euro). Für 2012 begehrt der Kläger eine offene Differenz von 555,75 Euro (behaupteter Anspruch in Höhe von 1.755,75 Euro abzüglich gezahlter 1.200,00 Euro). Die Summe vorgenannter Beträge ergibt den Klageantrag zu 6.

31

In der Kammerverhandlung der Berufungsinstanz stellten die Parteien sodann unstreitig, dass die Anlage 9 zum DRK-TV-O, welche die jährliche Sonderzuwendung regelt, beim 2002 zuletzt angewandten Stand des DRK-TV-O eine Anmerkung zu § 3 enthielt, wonach der Bemessungssatz von eigentlich 75 Prozent auf 64,35 Prozent abgesenkt worden war. Obige klägerische Berechnungen und die Antragstellung beruhen jedoch noch auf dem Bemessungssatz von 75 Prozent.

32

Schließlich begehrt der Kläger im Zuge seines Antrages zu 5 eine weitergehende Zahlung als Ausgleich für Nachtarbeit. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG sei ein angemessener Ausgleich für Nachtarbeit zu leisten. Die bisherige Zahlung von 1,11 Euro bzw. 1,13 Euro sei nicht angemessen. Dies seien weniger als 10 Prozent Zuschlag. Nach der Rechtsprechung des BAG seien grundsätzlich 25 Prozent Zuschlag als angemessen anzusehen, soweit ein Tarifvertrag nichts anderes regele. Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes setze zwar auch weniger als 25 Prozent fest. Dort wäre dann aber auch noch eine Wechselschichtzulage von 105,00 Euro normiert. Auch der aktuelle DRK-Reform-TV (der aber beim Beklagten nicht anwendbar ist) sehe eine Schichtzulage von 92,03 Euro vor. Der Kläger begehre daher eine weitere Zulage von 92,03 Euro monatlich für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2013. Dies sei dann insgesamt mit den bisherigen Zahlungen ein angemessener Ausgleich. Die Angemessenheit dieses Betrages ergebe sich auch aus einer weiteren Überlegung. Wie dargestellt, seien eigentlich 25 Prozent vom Stundenlohn angemessen was 2,41 Euro je Stunde ergäbe (der Rechenweg wurde nicht näher erläutert). Da nur 1,13 Euro gezahlt wurden, seien noch 1,28 Euro offen je Stunde. Nehme man im Schnitt 64 Nachtstunden im Monat an, ergäbe dies einen Betrag von 81,92 Euro, der ähnlich zu obiger Forderung sei. Soweit das Arbeitsgericht in seinem Urteil darauf abstelle, dass auch Bereitschaftsdienst anfalle und deshalb die bisherigen Nachzuschläge angemessen seien, verweist der Kläger darauf, dass die Bereitschaftszeiten je nach Rettungswache unterschiedlich sind, wobei es zuletzt einen „drastischen“ Anstieg der Einsätze gab. In W. sei es unter 50 Prozent Bereitschaftszeit. Zudem sei Bereitschaftsdienst auch ausgleichspflichtige Nachtarbeit. Zudem meint der Kläger, dass selbst der DRK-TV-O keinen hinreichenden Ausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG enthalte. Der Kläger begehre auch die Zahlung von Zusatzurlaub, weil nach anderen Tarifverträgen, u.a. im TVöD, Zusatzurlaub für Nachtdienste gewährt wird. Diesen Zahlungsanspruch lasse er sich auf seine Forderung gemäß Klageantrag zu 5 anrechnen.

33

Unabhängig von vorgenannten Ausführungen könne der Kläger aber auch Vergütung nach dem öffentlichen Dienst verlangen, da der Rettungsdienst eine Aufgabe der Bundesländer ist, die auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen wurde. Nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes wäre der Kläger in die Entgeltgruppe 5 Stufe 3 einzugruppieren und hätte dort ab 01.01.2010 ohne Zulagen 12,29 Euro in der Stunde verdient. Da der Kläger nur 8,17 Euro erhalten habe, habe er nur 66 Prozent und damit weniger als 2/3 der ortsüblichen Vergütung für den Rettungsdienst in MV erhalten und sei somit unangemessen niedrig vergütet worden. Der Kläger verweist darauf, dass der Rettungsdienst in den Städten B-Stadt, R., S. und G. nach dem TVöD vergütet wird. Auch verweist der Kläger darauf, dass sich das Land M-V nach dem Vergabegesetz verpflichtet habe, Aufträge nur an Dritte zu vergeben, wenn diese mindestens 8,50 Euro je Stunde an ihre Arbeitnehmer zahlen. Schließlich sei entscheidend, dass der Kläger im Rahmen eines Personaldienstleistungsvertrages in den Eigenbetrieb Rettungsdienst des Landkreise Nordwest-Mecklenburg eingegliedert sei. Denn die Arbeitnehmer seien vertraglich der Einsatzleitstelle unterstellt und müssten ausschließlich deren Weisungen Folge leisten. Hingegen werden die Kosten für Fahrzeuge, Einrichtung, Ausstattung und Kleidung von der Stadt [gemeint wohl die frühere kreisfreie Stadt bzw. der heutige Landkreis] getragen. Der Kläger sei in den Betrieb des Landkreises eingegliedert. Er könne somit nach § 9 Abs. 2 AÜG Vergütung nach dem TV für den öffentlichen Dienst verlangen.

34

Der Kläger hatte seine Ansprüche zunächst mit Schreiben vom 03.12.2013 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.

35

Der Kläger beantragt:

1.

36

Die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.08.2014 – Aktenzeichen 6 Ca 2312/13 – zu verurteilen, an den Kläger 4.815,02 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 343,93 Euro seit dem 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011, 01.02.2011 sowie 01.03.2011 zu zahlen.

2.

37

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.485,48 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 421,96 Euro seit dem 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012 sowie 01.04.2012 zu zahlen.

3.

38

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.608.38 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 289,82 Euro seit dem 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012 sowie 01.03.2013 zu zahlen.

4.

39

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.077,84 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 89,82 Euro seit dem 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013 sowie 01.01.2014 zu zahlen.

5.

40

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.4.17,44 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 92,03 Euro seit dem 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012, 01.04.2012, 01.05.2012, 01.06.2012, 01.07.2012, 01.08.2012, 01.09.2012, 01.10.2012, 01.11.2012, 01.12.2012, 01.01.2013, 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, 01.12.2013 sowie 01.01.2014 zu zahlen.

6.

41

Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.252,29 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 235,72 Euro seit dem 01.12.2010, 460,82 Euro seit dem 01.12.2011 sowie 555,75 Euro seit dem 01.12.2012 zu zahlen.

42

Der Beklagte beantragt:

43

Die Berufung zurückzuweisen.

44

Der Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Weitere Zahlungsansprüche stünden dem Kläger nicht zu.

45

Der Beklagte verweist darauf, dass auf die Mehrheit der Arbeitnehmer das tarifliche Entgeltschema ohnehin nicht mehr angewendet wird. Dies ist nur noch bei 12 von 36 Arbeitnehmern im alten Bereich DRK HWI der Fall.

46

Der Beklagte geht davon aus, dass die Betriebsvereinbarung mit ihrer oben zitierten Ziffer 6 nun auch auf den Kläger anwendbar sei und der Betriebsrat nunmehr auf diese Weise ein Entgeltschema zusammen mit dem Arbeitgeber geregelt habe.

47

Ergänzend zu den unstreitigen Abläufen im Zuge der Abkehr vom DRK-TV-O verweist der Beklagte darauf, dass alle Festgehälter den Beträgen entsprechen, die von der Stadt W. vorgegeben wurden, wobei der Betriebsrat jeweils auch informiert war. Schriftsätzlich und auch noch einmal auf ausdrückliche Nachfrage im Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht erklärte der Beklagte, dass dies aber nicht als förmliche Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gesehen werden könne. Dem Kläger sei aber auch kein Schaden entstanden, da er erst Jahre nach dem Ende der Tarifbindung einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatte.

48

Sofern für den Kläger ein Anspruch aufgrund einer Änderung des Entgeltschemas bestehen sollte, könne jedoch nicht auf den vom Kläger herangezogenen Stand des DRK-TV-O abgestellt werden, da dieser erst nach (behaupteten) Austritt aus der Tarifgemeinschaft in Kraft trat. Daher könnten maximal die Tarifstände des Jahres 1999 (Fassung des 8. Änderungs-TV) zur Anwendung gelangen. Hinsichtlich des sich somit aus Sicht des Beklagten ergebenden Zahlenmaterials wird auf Blatt 46 d. A. (Schriftsatz vom 14.04.2014, Seite 2) verwiesen.

49

Soweit der Kläger auch eine erhöhte Jahressonderzahlung verlange, bestehe dieser Anspruch nicht. Eine solche Zahlung sei schon gar nicht im Arbeitsvertrag vereinbart. Der Arbeitsvertrag spreche vom freien Ermessen. Im Übrigen könne jedenfalls kein Bemessungssatz von 75 Prozent begehrt werden da schon 1999 und auch 2002 der DRK-TV-O nicht 75 Prozent festgesetzt hatte.

50

Der Kläger habe auch keinen weitergehenden Anspruch auf eine Nachtzulage. Der DRK-TV-O kenne eine Wechselschichtzulage für Nachtdienste, wenn nicht mehr als drei Stunden Arbeitsbereitschaft in der Nachtschicht anfallen, wobei im Falle des Klägers mindestens von fünf Stunden Arbeitsbereitschaft auszugehen ist. Für den ehemaligen Bereich W. behauptet der Beklagte allgemein einen Anteil von Arbeitsbereitschaft von mehr als 50 Prozent.

51

Der Beklagte geht auch davon aus, dass die möglichen Ansprüche des Klägers vor Oktober 2013 durch die Verfallsklausel in § 18 des Arbeitsvertrages verfallen seien. Zudem seien mögliche Ansprüche aufgrund der Verfallsklausel im DRK-TV-O vor dem 01.06.2013 verfallen.

52

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, alle Verhandlungsprotokolle sowie das arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

53

Die zulässige Berufung des Klägers ist hinsichtlich der Anträge zu 1 bis 4 vollständig begründet (I. – IV.), hinsichtlich des Antrages zu 6 teilweise begründet (V.) und hinsichtlich des Antrages zu 5 unbegründet (VI.).

54

Das arbeitsgerichtliche Urteil war daher insoweit überwiegend zugunsten des Klägers abzuändern.

I.

55

Der Zahlungsantrag zu 1 des Klägers ist vollständig begründet.

56

Das insoweit klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

57

Der Kläger hat für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2011 (14 Monate) einen weiteren Zahlungsanspruch von monatlich 343,93 Euro brutto, in der Summe somit 4.815,02 Euro brutto.

1.

58

Der Zahlungsanspruch des Klägers folgt nicht unmittelbar aus dem individual-rechtlich geschlossenen Arbeitsvertrag nebst Änderungsverträgen. Denn genau die dort vereinbarte monatliche Vergütung ist unstreitig ausgezahlt worden.

2.

59

Ein unmittelbar tariflicher Anspruch besteht ebenfalls nicht. Denn die Parteien waren bei Arbeitsvertragsschluss und auch später nicht tarifgebunden, insbesondere nicht hinsichtlich des DRK-TV-O.

60

Es kann dahinstehen, ob der Beklagte bzw. seine Rechtsvorgänger schon 1999 mittelbar aus der Bundestarifgemeinschaft ausgetreten waren. Jedenfalls war der DRK-TV-O zum 31.12.2001 und damit vor Eintritt des Klägers gekündigt. Mangels weiteren Vortrages ist von der Wirksamkeit der Kündigung auszugehen.

61

Die Regelungen des DRK-TV-O galten auch nicht mehr nach § 4 Abs. 5 TVG für das hiesige Arbeitsverhältnis. Zwar gelten Rechtsnormen eines Tarifvertrages nach seinem Ablauf weiter, bis sie durch andere ersetzt werden. Diese Nachwirkung erstreckt sich jedoch nicht auf Arbeitsverhältnisse, die erst während des Nachwirkungszeitraumes begründet werden (vgl. BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01, Rz. 19). Dies war hier der Fall. Mit dem Vertragsabschluss erst im Jahre 2008 wurde das Arbeitsverhältnis auf eine Grundlage unabhängig von einem Tarifvertrag gestellt.

3.

62

Der geltend gemachte Klageanspruch folgt aber aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger eine Vergütung nach den betriebsverfassungsrechtlich zuletzt rechtmäßig zustande gekommenen Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen.

63

Im hier zu entscheidenden Fall ergab sich der Zahlungsanspruch aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

64

Der Beklagte hat ohne Zustimmung des Betriebsrats neue Entlohnungsgrundsätze im Betrieb eingeführt. Dabei kann an dieser Stelle wiederum dahinstehen, ob dies schon 1999 oder erst 2002 geschehen ist, da es sich inhaltlich jedenfalls um denselben Vorgang handelt und sich dieser Vorgang in jedem Fall vor den streitgegenständlichen Zeiträumen und vor Einstellung des Klägers ereignet hat.

65

Diese Handlung des Beklagten ist dabei nach der Rechtsprechung des BAG nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr gilt die individuell im Arbeitsvertrag mit dem Kläger getroffene Vergütungsabrede auch im Verhältnis zum Kläger nicht, soweit sie zu seinem Nachteil auf der nicht mitbestimmten neuen Vergütungsordnung beruht.

a)

66

Nach der Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, kann auch der Kläger als Individualperson die Verletzung von Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geltend machen (vgl. BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01; BAG 22.06.2010, 1 AZR 853/08).

67

Der Kläger war in einem Betrieb beschäftigt, in dem 1999 bis 2002 sowie auch davor und danach – somit in jedem Fall zum möglichen Zeitpunkt der Änderung von Entlohnungsgrundsätzen - ein Betriebsrat bestand.

b)

68

Vorliegend nahm der DRK HWI als Rechtsvorgänger des Beklagten im Zeitraum 1999 bis 2002 eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen vor. Auch hier ist wiederum zunächst nicht von Bedeutung, wann genau die Umstellung erfolgte.

69

Das BAG führt allgemein wie folgt aus (BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01, Rz. 25): „Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie bei deren Änderung. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist, das betriebliche Lohngefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist dabei zwar nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Mitbestimmungspflichtig sind aber die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134; 18. Oktober 1994 - 1 ABR 17/94 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 70 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 47; 19. September 1995 - 1 ABR 20/95 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 53; 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72; Wiese GK-BetrVG 7. Aufl. § 87 Rn. 805 mwN). Mitbestimmungspflichtig ist auch die Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze durch den Arbeitgeber (BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52).“

70

Der Beklagte bzw. der DRK HWI wendete bis 1999 bzw. 2002 allgemein die tariflich (DRK-TV-O) vorgegebene Vergütungsordnung an. Diese war u.a. durch ein Grundentgelt, einen Ortszuschlag und eine allgemeine Zulage gekennzeichnet. Beim Grundgehalt waren je nach Tätigkeit verschiedene Vergütungsgruppen und innerhalb dieser ein Aufstieg nach Lebensaltersstufen zu berücksichtigen. Der Ortszuschlag bestimmte sich nach den familiären Verhältnissen. Eine jährliche Zuwendung war nach bestimmten Rechenmaßstäben vorgesehen. Auch sah der DRK-TV-O verschiedene Zuschläge und Zulagen, die von Sonderumständen abhängig waren, vor. Diese Vergütungsordnung wollte der Beklagte seit 1999 bzw. seit 2002 durch eine andere ablösen. Denn ab einem dieser streitigen Zeitpunkte vergütete der Beklagte jedenfalls seine sodann neu eingestellten Rettungssanitäter und -assistenten nur noch nach einer individuell vereinbarten monatlichen Festvergütung. Die Berücksichtigung von Vergütungsgruppen und Lebensalterstufen sowie familiären Verhältnissen erfolgte nicht mehr. Auch die jährliche Zuwendung wurde nicht mehr wie bisher ermittelt.

71

Dies stellt unproblematisch in tatsächlicher Hinsicht eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen dar. Das Vergütungssystem wurde vollständig vom vielgestaltigen tariflichen System auf ein einfaches Festlohnsystem umgestellt. Der Arbeitgeber hatte hier offensichtlich nicht nur die absolute Höhe der Vergütung bei im Übrigen weiterer Anwendung des alten tariflichen Vergütungssystems geändert.

c)

72

Die Einführung dieser neuen Vergütungsordnung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats, der im fraglichen Zeitraum (1999 bis 2002) immer vorhanden war.

73

Dabei ist es auch unerheblich, dass die ursprüngliche Einführung der tariflichen Vergütungsordnung des DRK-TV-O noch ohne rechtliche Beteiligungsmöglichkeit des Betriebsrates erfolgte. Das tarifliche Vergütungssystem musste in den 1990’er Jahren bereits aufgrund damaliger Tarifbindung des DRK HWI zwingend angewandt werden. Entsprechend bestimmt auch § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG, dass ein Mitbestimmungsrecht nur besteht, soweit keine tarifliche Regelung besteht.

74

Die Beteiligungspflicht des Betriebsrates bei späterer Änderung des Schemas bestand auch in dieser Konstellation. Denn nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08, Rz. 22) „kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).“ Im selbigen Urteil des BAG (22.06.2010, 1 AZR 853/08) wird unter Rz. 37 noch deutlicher und kürzer formuliert, dass „es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt“ (ebenso auch BAG, 11.01.2011, 1 AZR 310/09, R. 23; BAG, 17.05.2011, 1 AZR 797/09, Rz. 17).

75

Entscheidend ist somit allein, dass bisher ein Entgeltsystem bestand, welches nun nach dem Willen des Arbeitgebers geändert werden sollte. Das Mitbestimmungsrecht gilt somit auch im Falle des Wegfalles der Tarifbindung bezüglich eines Tarifvertrages, welcher eine bisher geltende Entgeltordnung vorsah (BAG, 04.05.2011, 7 ABR 10/10, Rz. 23; BAG, 02.03.2004, 1 AZR 271/03, Rz. 36; BAG, 15.04.2008, 1 AZR 65/07, Rz. 27). Denn die alte tarifliche Vergütungsordnung bleibt zunächst auch weiterhin das maßgebliche Vergütungsschema.

76

Mit dem Wegfall der Tarifbindung entweder durch streitigen Austritt des DRK HWI aus der Tarifgemeinschaft 1999 oder aber spätestens mit der Kündigung des DRK-TV-O zum Ende des Jahres 2001 war der Arbeitgeber seit 1999 bzw. 2002 nun aber (tariflich gesehen) frei, eine andere Entgeltordnung zu schaffen. Allerdings bestand nun auch nicht mehr (betriebsverfassungsrechtlich gesehen) eine das Mitbestimmungsrecht ausschließende zwingende tarifliche Regelung. Die Mitbestimmung war also erforderlich, obwohl das ursprüngliche Vergütungssystem aufgrund Tarifbindung noch ohne Beteiligung des Betriebsrates eingeführt worden war.

d)

77

An der Einführung des neuen Vergütungssystems 1999 bzw. 2002 ist der Betriebsrat nicht beteiligt worden. Darin liegt ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

78

Ausgehend von den Erörterungen in der Kammersitzung des Berufungsgerichts dürfte zuletzt unstreitig sein, dass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates nicht statt fand. Es gab keine mehr oder minder ausdrückliche Anhörung des Betriebsrates zu einer beabsichtigten Änderung des Vergütungssystems nebst Erläuterung der Änderung und Bitte um Zustimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Betriebsrat, egal ob 1999 oder 2002, in einer Betriebsratssitzung ordnungsgemäß einen Zustimmungsbeschluss gefasst und sodann eine Zustimmung dem Beklagten mitgeteilt hätte. Es liegt mithin keinerlei erforderliche Zustimmung vor.

79

Der Umstand, dass der Betriebsrat über die neuen Arbeitsvertragsabschlüsse nebst des jeweils geänderten Festgehaltes informiert war, teils auch bei den Verhandlungen mit der Stadt W. anwesend war und sich den neuen Gehaltsvereinbarungen „nicht widersetzt“ hatte, ändert nichts. Denn die Mitbestimmung des § 87 BetrVG erfordert, dass ein Zustimmungsverfahren eingeleitet wird und abschließend formell ordnungsgemäß eine Zustimmung vorliegt.

80

Es kommt noch nicht einmal darauf an, ob der Betriebsrat seine Beteiligung überhaupt eingefordert hat. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen (BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01, Rz. 26; BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08). Der Betriebsrat kann auch nicht durch stillschweigendes Geschehen-Lassen auf sein Mitbestimmungsrecht verzichten (Fitting, BetrVG, § 87 Rn. 578). Denn die Mitbestimmungsrechte des BetrVG sind dem Betriebsrat kollektivrechtlich zugunsten der Arbeitnehmer zur Wahrnehmung übertragen worden. Die Nichtwahrnehmung von Rechten könnte sogar einen Pflichtverstoß des Betriebsrates darstellen. Entsprechend ist auch eine materiell-rechtliche Verwirkung von Mitbestimmungsrechten nicht möglich (Fitting, BetrVG, § 87 Rn. 578).

e)

81

Auch nachträglich ist der unmittelbar bei Einführung des neuen Vergütungssystems aufgetretene Mangel der Nichtbeteiligung des Betriebsrates nicht beseitigt worden.

82

Insbesondere stellt die mögliche Betriebsvereinbarung, welche eventuell am 03.05.2011 bei alten DRK NWM geschlossen wurde, keine hinreichende Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dar. Dabei kann zugunsten des Beklagten darüber hinweggesehen werden, dass der Kläger eingewandt hatte, dass die Betriebsvereinbarung nicht unterschrieben wurde und der Beklagte hierauf nicht mehr reagiert hatte. Auch kann die Fragestellung dahinstehen, ob diese Betriebsvereinbarung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar ist, was der Kläger bezweifelt, da diese Betriebsvereinbarung in zeitlicher Hinsicht beim alten DRK NWM abgeschlossen wurde, bevor der Arbeitgeber des Klägers mit dem alten DRK NWM verschmolz.

83

Denn allein schon die inhaltliche Ausgestaltung dieser Betriebsvereinbarung stellt keine hinreichende Beteiligung des Betriebsrates für das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dar.

84

Der Beklagte berief sich darauf, dass der dortige § 6 regelt: „Die Grundvergütung richtet sich für alle derzeit beschäftigten Mitarbeiter nach der individuell arbeitsvertraglich vereinbarten Höhe.“ Zurecht wandte daraufhin der Kläger ein, dass diese Vereinbarung keine hinreichende Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG darstellt. Auf den ersten Blick ist zwar die Frage der Vergütung angesprochen. Letztlich beschränkt sich die Regelung aber nur darauf, dass sich die Vergütung nach der individuell vereinbarten Höhe richten soll. Dies ist relativ inhaltsleer und auch nicht eindeutig. Soll nach dem Wortlaut nur die „Höhe“ der Vergütung – also die absolute Höhe - geregelt werden, so ist der Betriebsrat hierfür nach § 77 Abs. 3 BetrVG zum einen nicht zuständig und zum weiteren läge dann noch nicht einmal eine Regelung zu einem Vergütungssystem nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Sollte hingegen ein Vergütungssystem vereinbart werden, so läge nur ein Versuch der Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Denn dann bestünde die Regelung allein darin, dass der Arbeitgeber individuell mit jedem Arbeitnehmer vereinbaren könne, was er wolle. Der Betriebsrat hätte nach dieser Lesart dem Arbeitgeber das alleinige Gestaltungsrecht für den mitbestimmungspflichtigen Tatbestand der Vergütungssystem-Änderung übertragen. Dies ist nicht zulässig (Fitting, BetrVG, § 87 Rz. 578 m. w. N.). Denn die Betriebsvereinbarung enthält keinerlei nähere Vorgaben, an welches Grundgerüst sich der Arbeitgeber bei Änderungen zu halten habe, so dass man gegebenenfalls zu dem Schluss kommen könnte, der Kernbereich des Mitbestimmungsrechtes sei inhaltlich vom Betriebsrat ausgeübt worden.

f)

85

Die Folge der Nichtbeachtung der notwendigen Mitbestimmung des Betriebsrates ist, dass die mitbestimmungspflichtige Maßnahme des Arbeitgebers rechtswidrig und damit auch unwirksam ist.

86

Dies gilt nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01, Rz. 28) sowohl für einseitige Maßnahmen, die in Ausübung des Direktionsrechts vorgenommen wurden, als auch für einzelvertragliche Vereinbarungen. Das BAG führt an vorgenannter Stelle aus: „Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers (BAG 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42; 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 50 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 50 m. w. N.; 13. April 1994 - 7 AZR 651/93 - BAGE 76, 234; Fitting BetrVG 21. Aufl. § 87 Rn. 492; Wiese GK-BetrVG a. a. O. Rn. 98 f., 119 m. w. N.). Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind allerdings nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (BAG 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 – a. a. O.; 28. September 1994 - 1 AZR 870/93 - BAGE 78, 74). Auch bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, die die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (Reichold Anm. zu BAG 28. September 1994 - 1 AZR 870/93 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 68).“

87

Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen ist die Einführung des neuen Vergütungssystems 1999 bzw. 2002 daher unwirksam. Aus der Unwirksamkeit folgt die Fortgeltung des alten Vergütungssystems des DRK-TV-O.

g)

88

Hieraus folgt wiederum, dass der Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach dem rechtmäßig anzuwendenden Vergütungssystem, also nach dem System des DRK-TV-O, hat.

89

Mangels zwischenzeitlicher Mitbestimmung des Betriebsrates zur Änderung der Vergütungsordnung ergab sich aus der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzungen des BAG, dass auch bei der Einstellung des Klägers im Jahr 2008 das zuletzt wirksam eingeführte Vergütungssystem, also das tarifliche, beachtet werden musste.

90

Zur Theorie der Wirksamkeitsvorsetzungen im Verhältnis zu einem Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG führt das BAG (22.06.2010, 1 AZR 853/08, Rz. 42) wie folgt zu Recht aus: „Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).“

91

Insbesondere formuliert das BAG an vorgenannter Stelle unter Rz. 43 folgende Rechtsfolge: „Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht (BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.“ Gleichartige Formulierungen finden sich z.B. auch in BAG, 11.01.2011, 1 AZR 310/09, Rz. 33, 34.

92

Diesen Ausführungen schließt sich das Berufungsgericht an.

93

Daher war der DRK HWI bei Einstellung des Klägers verpflichtet, mit diesem einen Arbeitsvertrag unter Berücksichtigung des tariflichen Vergütungssystems des DRK-TV-O abschließen. Denn dessen Vergütungssystem war mangels zwischenzeitlicher Mitbestimmung das weiterhin maßgebliche Vergütungssystem (so auch Fitting, BetrVG, 27. Aufl., § 87 Rn. 440, 442, 600).

94

Allerdings war der DRK HWI nicht verpflichtet, hinsichtlich der absoluten Höhe der einzelnen Bestandteile des Vergütungssystems eine tarifgerechte Vergütung zu vereinbaren. Allein das Vergütungssystem selbst nebst des relativen Verhältnisses der verschiedenen Vergütungsbestandteile zueinander musste weiter beachtet werden.

95

Der Beklagte bzw. der DRK HWI als sein Rechtsvorgänger war daher verpflichtet, im Arbeitsvertrag mit dem Kläger eine Vergütungsvereinbarung zu treffen, die von der inneren Struktur her so ausgestaltet war, wie es auch im DRK-TV-O geregelt war. Der Beklagte bzw. der DRK HWI hätte damit auch nach 1999 bzw. 2002 Arbeitsverträge schließen müssen, die Vergütungsgruppen, altersabhängige Grundvergütungen, unterhaltspflichtabhängige Ortszuschläge und eine allgemeine Zulage vorsahen. Auch das alte System der jährlichen Zuwendung sowie der weiteren Zulagen etc. hätte weiter angewendet werden müssen. Dem genügte die Vergütungsabrede im Arbeitsvertrag des Klägers nicht. Mit ihm war nur ein Festgehalt vereinbart worden.

96

Dabei ist es auch nicht von Bedeutung, dass der Kläger erst nach der unzulässigen Änderung des Vergütungssystems eingestellt wurde. Denn bei Einstellung des Klägers im Jahr 2008 war in der organisatorischen Einheit „Betrieb“ im Sinne des BetrVG das tarifliche Vergütungssystem das zwingend weiterhin anzuwendende Vergütungssystem. Die Verpflichtung nebst Folgen eines Verstoßes aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gilt also auch bei einem neu einzustellenden Arbeitnehmer und nicht nur bei Änderungen im laufenden Arbeitsverhältnis (z.B. BAG, 02.03.2004, 1 AZR 271/03, Rz. 43; BAG, 15.04.2008, 1 AZR 65/07, Rz. 20; auch weitere hier bereits zitierte Urteile des BAG betreffen Fälle von neu eingestellten Arbeitnehmern; Fitting, BetrVG, 27. Aufl., § 87 Rn. 440, 442). Das tarifliche Vergütungssystem war mangels wirksamer Änderung die weiterhin gegenwärtige Rechtslage im Betrieb. Will der Arbeitgeber bei Neueinstellungen bisherige Entgeltbestandteile in ihrer Zusammensetzung verändern, so ist die Beteiligung des Betriebsrates notwendig (BAG, 15.04.2008, 1 AZR 65/07, Rz. 32). Mit Eintritt des Klägers in den Betrieb galt daher das tarifliche System bzw. diese Rechtslage auch für ihn. Unterschiedliche Vergütungssysteme für Altarbeitnehmer und Neueinstellungen waren hier nicht wirksam vereinbart worden.

97

Der Kläger hat somit einen Anspruch auf Vergütung nach dem System des DRK-TV-O.

h)

98

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass auch die Verschmelzung der Kreisverbände im Jahr 2012 nicht zu einer anderen Sichtweise führt, weil ein im alten DRK NWM bisher angewandtes Schema etwaig nun auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden wäre.

99

Bis zur Verschmelzung bestand unproblematisch ein Betrieb beim DRK HWI und ein Betrieb beim alten DRK NWM. Allein eine gesellschaftsrechtliche Verschmelzung von Arbeitgebern besagt nichts über die betrieblichen Strukturen nach der Verschmelzung. Ohne eine entsprechende Behauptung und entsprechenden Tatsachenvortrag im Prozess musste unter Berücksichtigung des Beibringungsgrundsatzes davon ausgegangen werden, dass die betrieblichen Strukturen unverändert blieben, so dass sich gar nicht die Frage stellt, ob ein etwaiges Schema des Betriebes im alten DRK NWM nun auf die Arbeitnehmer des Betriebes des aufgelösten DRK HWI anzuwenden wäre. (Insbesondere ist dem Vorsitzenden aus der richterlichen Tätigkeit in einem vorgehenden Beschlussverfahren des Arbeitgebers noch erinnerlich, dass dort die Frage der möglichen Änderung der Betriebsstrukturen streitig war, aber letztlich nicht weiter vertieft werden musste.)

100

Auch konnte sich die Verschmelzung auch schon deshalb nicht auswirken, weil der Arbeitgeber aufgrund fehlender wirksamer Schemaänderung verpflichtet war, mit dem Kläger bei Einstellung einen Arbeitsvertrag unter Berücksichtigung des tariflichen Entgeltschemas zu schließen. Der Kläger ist somit für die hier anzustellenden rechtlichen Betrachtungen so zu stellen, als sei in 2008 ein Arbeitsvertrag unter Aufnahme des tariflichen Entgeltschemas geschlossen worden. Ausgehend hiervon ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass eine nachfolgende Verschmelzung in 2012 auf diese individuelle Vereinbarung einen Einfluss haben könnte.

i)

101

Der Verstoß des Arbeitgebers gegen das Mitbestimmungsrecht führt allerdings nicht zwingend dazu, dass der Kläger auch einen Anspruch auf betragsmäßige Vergütung nach dem Tarifvertrag und somit Anspruch auf eine höhere als die vereinbarte Vergütung hat. Denn das Mitbestimmungsrecht betrifft nur das System der Lohngestaltung. Der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger wäre daher frei darin gewesen, mit dem Kläger unter Beachtung des bisherigen Vergütungssystems untertarifliche Beträge zu vereinbaren, solange das innere System der Entgeltbestandteile zueinander nicht verschoben wird, was bei einer prozentual gleichmäßigen Kürzung sämtlicher Entgeltbestandteile der Fall gewesen wäre.

j)

102

Die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung des Klägers war aufgrund der Unwirksamkeit des in ihr enthaltenen neuen Vergütungssystems an das weiterhin anzuwendende tarifliche Vergütungssystem anzupassen.

103

Diese Anpassung kann im Einzelfall allerdings auch dazu führen, dass der neu eingestellte Arbeitnehmer in der Summe eine höhere Vergütung erhält, als individuell vereinbart war (BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01). Zwar ist die betragsmäßige Vergütungshöhe dem Mitbestimmungsrecht entzogen. Unter Umständen ist die nachträglich Herstellung der rechtmäßigen Vergütungsordnung aber nur auf eine solche Weise möglich, dass in der Summe eine höhere als die vereinbarte Gesamtvergütung für den Arbeitnehmer zu zahlen ist.

104

Dies ist auch hier der Fall.

(1)

105

Dabei ist der Fall des Klägers von einer rechtlich besonderen und insoweit schwierigen Konstellation gekennzeichnet. Der Arbeitgeber hatte das vielseitige und ausdifferenzierte tarifliche Vergütungssystem vollständig abgeschafft und im Kern durch ein einfaches monatliches Festgehalt ersetzt. Diese individuelle Vergütungsvereinbarung musste nun grundsätzlich eigentlich auch die Basis für die betragsmäßigen Höhen der einzelnen Entgeltbestandteile bei der gerichtlichen Nachbildung der alten – rechtmäßigen – Vergütungsordnung sein. Diese grundsätzliche Herangehensweise konnte vorliegend aufgrund der totalen Änderung des Vergütungssystems objektiv allerdings nicht verfolgt werden, weshalb der Kläger nach Ansicht der Kammer hier im Ergebnis auch einen Anspruch auf betragsmäßig tarifliche Vergütung nach noch darzustellenden näheren Maßstäben hat.

(2)

106

Die bisher in der Rechtsprechung des BAG zu findenden Fälle waren – soweit ersichtlich – diesbezüglich von einfacherer Fallgestaltung. In den dortigen Fällen hatte der Arbeitgeber das Vergütungssystem jeweils nur in einem oder einzelnen Punkten geändert. Er hatte nur einzelne Vergütungsbestandteile entfallen lassen oder diese der Höhe nach im Verhältnis zur sonstigen Vergütung verändert. Der Kern des alten Systems war jeweils im Wesentlichen unverändert geblieben. Hier konnte das BAG als Basis jeweils auf den unveränderten Teil des Vergütungssystems nebst den dortigen betragsmäßigen Höhen der Entgeltbestandteile zurückgreifen. Ausgehend hiervon war es jeweils unproblematisch möglich, den veränderten Vergütungsbestandteil wieder nachzubilden und der Höhe nach in Relation zu den unveränderten Vergütungsbestandteilen festzusetzen. Dies zeigen nachfolgende Beispiele.

107

Im Fall, der dem Urteil BAG, 11.06.2002, 1 AZR 390/01 zugrunde lag, war beim Arbeitgeber bisher ein Tarifvertrag anwendbar, der verschiedene Bestandteile der monatlichen Gehaltszahlung nebst Altersstufen vorsah. Von dieser tariflichen Vergütungsordnung wollte der Arbeitgeber ab einem bestimmten Zeitpunkt abweichen und vereinbarte mit neu eingestellten Arbeitnehmern, wie der Klägerin, feste Vergütungen ohne Lebensaltersstufen, die aber im Übrigen den bei Abschluss gültigen Tarifansprüchen entsprachen. Hier konnte das alte Vergütungssystem hergestellt werden, indem wieder Lebensaltersstufen eingeführt wurden, deren Relation den tariflichen Altersstufen entsprach.

108

Gleichartig war der Fall BAG, 02.03.2004, 1 AZR 271/03 gelagert.

109

Im Fall BAG, 15.04.2008, 1 AZR 65/07 hatte der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nach Wegfall seiner Tarifbindung mit anschließend neu eingestellten Arbeitnehmern Arbeitsverträge geschlossen, die eine Vergütung entsprechend dem Tarifsystem vorsahen, wobei aber die jährliche Zuwendung nicht mehr gezahlt werden sollte. Hier konnte einfach das 13. Monatsgehalt durch Blick auf die anderen Monate nachgebildet werden.

110

Im Fall des BAG, 11.01.2011, 1 AZR 310/09 hatte der Arbeitgeber alten und neu eingestellten Arbeitnehmern ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch die bisherige tarifliche Vergütung fortgezahlt, allerdings tariflich vorgesehene Zeitaufstiege in höhere Vergütungsgruppen nicht mehr beachtet. Die Auswirkungen dieser Zeitaufstiege konnten im Urteil unproblematisch ermittelt werden.

111

Im Fall des BAG, 22.06.2010, 1 AZR 853/08 hatte der Arbeitgeber die jährliche Zuwendung nicht mehr in Höhe des Septembergehalts sondern in abgesenkter Höhe gezahlt. Auch hier war es einfach, die Höhe der rechtmäßigen Zuwendung ausgehend vom sonst ungeänderten System zu ermitteln.

112

Vorgenannte Beispiele führten im Übrigen immer zu einer Nachzahlung für den Arbeitnehmer im Zuge der Wiederherstellung der alten Vergütungsstruktur.

(3)

113

Im hier zu entscheidenden Fall war es nicht einfach möglich, einen entfallenen Bestandteil des alten Vergütungssystems wieder herzustellen und sodann betragsmäßig an die sonstigen unveränderten Vergütungsbestandteile anzupassen. Insoweit weicht der hiesige Fall von den bisher entschiedenen Fällen des BAG ab.

114

Unproblematisch war zunächst natürlich der Ausgangspunkt, dass das alte Vergütungssystem als generelles Entgeltgerüst für den Kläger wieder hergestellt werden musste. Dieses Entgeltsystem kann einfach dem DRK-TV-O entnommen werden. Die Vergütung des Klägers muss sich aus den dort benannten Entgeltbestandteilen zusammensetzen.

(aa)

115

Problematisch ist jedoch die betragsmäßige Ausfüllung der einzelnen Bestandteile des tariflichen Systems - ausgehend von der Maßgabe, dass die Bestimmung der absoluten Höhe mitbestimmungsfrei ist. Grundsätzlich war daher hinsichtlich absoluter Beträge auf die individuelle Vereinbarung als Basis abzustellen. Das Berufungsgericht sieht aber keine nachvollziehbare Möglichkeit, die arbeitsvertraglich mit dem Kläger zunächst vereinbarte Festvergütung von 1.550,00 Euro monatlich dahingehend „umzurechnen“, dass auf dieser Basis ein Vergütungssystem, bestehend aus vergütungsgruppen- und altersstufenabhängiger Grundvergütung, unterhaltspflichtabhängiger Ortszulage, allgemeiner Zulage, Berechnung einer jährlichen Sonderzuwendung und Berechnung weiterer von Sonderumständen abhängiger Zulagen und Zuschläge geschaffen werden könnte. Es gibt keinen Anhaltspunkt dahingehend, dass 1.550,00 Euro zum Beispiel nur die Grundvergütung der niedrigsten oder einer sonstigen Vergütungsgruppe sein sollte. Sollen 1.550,00 Euro dann der niedrigsten oder der richtigen Vergütungsgruppe entsprechen? Ist hier schon ein Ortszuschlag mit enthalten? Wurden dazu bei der Verhandlung des Gehalts etwaige Unterhaltspflichten mit angesprochen? Sollen alle Zulagen durch eine irgendwie geartete Verhältnisrechnung von 1.550,00 Euro zusätzlich abgeleitet werden? Oder sollen die vereinbarten 1.550,00 Euro der monatlichen Gesamtvergütung, bestehend aus allen festen und variablen Entgeltbestandteilen des DRK-TV-O entsprechen? Wie soll die entsprechende Aufteilung erfolgen? Waren in den 1.550,00 Euro besonders viele oder besonders wenige monatlich variable Zuschläge mit einkalkuliert? All diese Fragen und unzählige weitere denkbare Fragen zeigen, dass eine irgendwie geartete Umrechnung eines bloßen Festgehaltes in ein System, welches von Tätigkeiten (Vergütungsgruppen), von einem sich jährlich automatisch ändernden Lebensalter, von sich theoretisch ständig änderungsfähigen Unterhaltspflichten, von sich täglich durch Direktionsrecht ändernden Sonderumständen (z.B. Nachtschichtzulage, Wechselschichtzulage) abhängig ist, als unmöglich erscheint. Dazu wäre u.U. auch von Interesse, ob und in welcher Weise gewisse obige Faktoren bei der Gehaltsverhandlung mit angesprochen wurden oder zumindest Teil der Überlegungen des Arbeitgebers waren.

(bb)

116

Da in diesem Sonderfall die individuell vereinbarte Vergütungshöhe keine irgendwie taugliche Basis zur Wiederherstellung der rechtmäßigen Vergütungsstruktur ist, musste die absolute Höhe der einzelnen Entgeltbestandteile der tariflichen Vergütungsstruktur auf andere Weise ermittelt werden. Hierfür kamen mangels sonstiger Anhaltspunkte nur die im Tarifvertrag selbst festgelegten Beträge in Frage.

117

Der Kläger hat sich zur Berechnung seiner Klageforderung auf den Tarifstand vom 31.10.2002 bezogen. Dem ist zu folgen. Denn unstreitig kam dieser Tarifstand beim Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger noch zur Anwendung. Das für den Kläger herzustellende tarifliche Vergütungssystem war also zuletzt vom Arbeitgeber selbst mit diesen Beträgen des Jahres 2002 ausgefüllt worden. Dabei ist auch hier wieder nicht von Bedeutung, ob der Tarifvertrag unstreitig zum Jahr 2002 gekündigt wurde oder aber die Tarifbindung zuvor bereits 1999 durch Verbandsaustritt endete. Denn in jedem Fall war der Tarifstand 2002 der zuletzt tatsächlich angewandte Tarifstand, sei es aufgrund Tarifbindung oder aber aufgrund freiwilliger Weitergabe von Tariferhöhungen.

118

Grundlage der Berechnungen des klägerischen Zahlungsanspruches war somit richtigerweise der Tarifstand des Jahres 2002.

(cc)

119

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger ausgehend hiervon die richtigen Beträge für die vergütungsgruppenabhängige Grundvergütung, für den familienverhältnisabhängigen Ortszuschlag und für die allgemeine Zulage herangezogen hat.

(dd)

120

Vom Beklagten wurde hierbei insbesondere auch nicht beanstandet, dass der Kläger bei der Ermittlung der Grundvergütung innerhalb der richtigen Vergütungsgruppe auch auf die höchste Lebensaltersstufe zurückgegriffen hatte, obwohl der Kläger diese in Anbetracht seines Alters unter Berücksichtigung der tariflichen Regelung hierzu (§ 26 DRK-TV-O) eigentlich noch nicht erreicht hatte. Dieses Heranziehen der jeweils höchsten Lebensaltersstufe war in rechtlicher Hinsicht zutreffend. Denn der Beklagte war verpflichtet, dem Kläger Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe innerhalb der unstreitigen Vergütungsgruppe zu zahlen.

121

Diese Verpflichtung folgt aus der altersdiskriminierenden Wirkung des § 26 DRK-TV-O verbunden mit dem Umstand, dass diese Diskriminierung durch eine Anpassung nach oben – also auf die höchste Lebensaltersstufe – zu beseitigen ist.

122

Zunächst folgte – wie oben dargestellt – aus dem Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die Rechtsfolge, dass das zuletzt geltende Entgeltschema wieder herzustellen war, der Kläger somit einen Vergütungsanspruch nach dem Vergütungssystem des DRK-TV-O hatte. Dieses sah in § 26 DRK-TV-O eine Grundvergütung vor, die innerhalb jeder Vergütungsgruppe ab dem 21. Lebensjahr alle zwei Jahre lebensaltersabhängig anstieg. Diese lebensaltersabhängige Vergütung verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (juris: EUGrdRCh) verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (juris: EGRL 78/2000) konkretisiert worden ist und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art 2 EGRL 78/2000 darstellt, die nicht nach Art 6 Abs 1 EGRL 78/2000 gerechtfertigt ist. Das Berufungsgericht verzichtet wegen der näheren Begründung hierzu auf eine detaillierte Darstellung, da die Unzulässigkeit der Altersdiskriminierung in § 26 DRK-TV-O zwischen den Parteien nicht streitig war. Zudem ist der relevante § 26 DRK-TV-O regelungsgleich, größtenteils sogar wortlautidentisch, mit dem § 27 Abschnitt A BAT, für welchen das BAG u.a. mit Urteil vom 10.11.2011, 6 AZR 481/09, die unzulässige Altersdiskriminierung festgestellt hat. Bezüglich der Gründe kann daher auf die Ausführungen des BAG im vorgenannten Urteil verwiesen werden.

123

Diese Diskriminierung musste auch im Fall des hiesigen Klägers durch eine Anpassung nach oben, also auf die höchste Altersstufe beseitigt werden. Dabei kann wiederum auf die Begründung des BAG im vorgenannten Urteil verwiesen werden. Nur durch die Anpassung nach oben war hier die die Herstellung einer diskriminierungsfreien Rechtslage möglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das altersdiskriminierende Vergütungssystem von den Vertragsparteien – wie im Fall des BAG – unmittelbar selbst angewandt wurde oder ob dieses System über den hiesigen Umweg und als Rechtsfolge des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in das Arbeitsvertragverhältnis einzuflechten war. Denn letztendlich hat auch der hiesige Kläger einen individualrechtlichen Anspruch auf Vergütung nach dem System DRK-TV-O. Es ist nicht von Bedeutung, welches die Rechtsgrundlage für die Anwendung des Vergütungssystems des DRK-TV-O ist. Entscheidend ist allein die letztlich individual-rechtliche Anwendung, bei der sich die Altersdiskriminierung in jedem Falle zeigt. Dabei war im hiesigen Fall auch zu berücksichtigen, dass andere Kollegen des Klägers, die vor 2002 bzw. 1999 eingestellt worden waren, im Rahmen einer Gleichstellungsabrede die Geltung des DRK-TV-O vereinbart hatten. Für weitere Kollegen galt dies aufgrund damaliger Tarifbindung. Für diese Kollegen, die dann auch älter als der Kläger waren, galt der DRK-TV-O nach Ende der Tarifbindung statisch fort. Es erhielten somit andere Kollegen, die vor der unzulässigen Entgeltschemaänderung eingestellt worden waren, noch Vergütung nach dem Schema des DRK-TV-O unter Beachtung einer höheren Altersstufe. Diesen konnte die altersstufenabhängige höhere Vergütung nicht mehr rückwirkend genommen werden. Auch war von Bedeutung, dass es neben dem Kläger noch eine Vielzahl weiterer Neueinstellungen zu dem unzulässig geänderten Vergütungsschema gab. Auch diese Arbeitnehmer haben voraussichtlich noch in gewissem Rahmen rückwirkende Zahlungsansprüche wegen der Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Dem Vorsitzenden ist bekannt geworden, dass hierzu beim Arbeitsgericht weitere Klagen anhängig sein sollen. Gerade solche Konstellationen noch möglicher weiterer Ansprüche anderer Kollegen zwingt in praktischer Hinsicht dazu, dass auch im Falle des Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG eine Altersdiskriminierung nur durch Anpassung nach oben zu beseitigen ist. Denn nur bei Anwendung dieses einheitlichen und vorhersehbaren Rechtsgrundsatzes kann für alle Arbeitnehmer, die noch Ansprüche haben sollten und diese geltend machen möchten, aber wahrscheinlich ein unterschiedliches Alter haben dürften, eine Gleichbehandlung erreicht werden.

124

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger ausgehend von der höchsten Altersstufe den richtigen Betrag aus den Vergütungstabellen des Jahres 2002 entnommen hat.

(4)

125

Im Ergebnis stand dem Kläger als Rettungssanitäter daher ab Januar 2010 ein Grundgehalt der Vergütungsgruppe VII, letzte Stufe von 1.308,07 Euro, ein Ortszuschlag (verheiratet, keine Kinder) von 407,71 Euro und eine allgemeine Zulage von 90,41 Euro, in der Summe somit 1.893,93 Euro zu. Abzüglich jeweils erhaltener 1.550,00 Euro ergab sich eine monatliche Differenz von 343,93 Euro. Dieser Differenzbetrag galt monatlich für den Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2011, da sich in dieser Zeit keine vergütungsrelevanten Änderung ergaben.

(5)

126

Die vorgenannten Zahlungsansprüche sind entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht verfallen.

(aa)

127

Ein Verfall der Ansprüche folgt zunächst nicht aus § 18 des Arbeitsvertrages.

128

Dieser enthält eine sogenannte zweistufige Verfallsklausel mit einer Frist von jeweils zwei Monaten für die außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung. Diese Klausel hält einer Inhaltskontrolle nach dem Recht allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht stand.

129

Schon nach dem äußerlichen Erscheinungsbild ist der Arbeitsvertrag arbeitgeberseitig vorformuliert gewesen. Dabei ist unerheblich, ob der Vertrag (was anzunehmen ist) für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert war (§ 305 Abs. 1 BGB) oder aber für den Einzelfall vom Arbeitgeber gestellt wurde (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

130

In jedem Fall ist § 307 BGB anwendbar. Hier ist die zweistufige Verfallsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 BGB in beiden Stufen unangemessen benachteiligend, da die vorgesehen Fristen weniger als drei Monate betragen. Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG, 12.03.2008,10 AZR 152/07), der sich die Kammer anschließt, führt die Unterschreitung von drei Monaten zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers.

131

Die Folge ist die ersatzlose Unwirksamkeit der Klausel.

(bb)

132

Die Ansprüche sind auch nicht nach § 65 Abs. 2 DRK-TV-O verfallen.

133

Denn vorgenannte Norm ist auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Weder liegt beidseitig eine Tarifbindung vor, noch ist die Geltung des Tarifvertrages zwischen den Parteien vereinbart. Aus diesen Gründen konnte der Kläger seine Zahlungsansprüche auch schon nicht unmittelbar auf den Tarifvertrag stützen.

134

Die Verfallsklausel ist aber auch nicht wegen des Verstoßes des Beklagten gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG anwendbar. Dieser Verstoßt führte, wie oben dargestellt, dazu, dass das alte Entgeltschema des DRK-TV-O auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden war. Denn das Entgeltschema war mitbestimmungspflichtig. Vorgenannte Norm des BetrVG betrifft die betriebliche Lohngestaltung. § 65 Abs. 2 DRK-TV-O ist nicht Teil des Entgeltschemas. Hier werden keinerlei Grundsätze aufgestellt, wie das Entgelt der Arbeitnehmer festgelegt werden soll. Ein Entgeltschema betrifft das Entstehen von Zahlungsansprüchen. Eine Verfallsklausel greift jedoch erst juristisch und zeitlich nachgehend, indem sie bestimmt, wann Ansprüche (bei denen der Betriebsrat mitbestimmen konnte) nicht mehr geltend gemacht werden können. Im Übrigen gilt § 65 Abs. 2 DRK-TV-O für nahezu alle Ansprüche zwischen den Arbeitsvertragsparteien und nicht nur für Entgeltansprüche.

(6)

135

Im Ergebnis waren dem Kläger somit 4.815,02 Euro brutto entsprechend des Antrages zu 1 im Urteilstenor zu 1 zuzusprechen.

136

Der Verzinsungsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

II.

137

Der Zahlungsantrag zu 2 des Klägers ist vollständig begründet.

138

Das insoweit klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

139

Der Kläger hat für den Zeitraum März 2011 bis März 2012 (13 Monate) einen weiteren Zahlungsanspruch von monatlich 421,96 Euro brutto, in der Summe somit 5.485,48 Euro brutto.

140

Die entsprechende Summe war mit dem Tenor zu 2 zuzusprechen.

141

Wegen der Begründung kann vollständig auf die Ausführungen oben unter I. verwiesen werden. Der Unterschied besteht allein in dem Umstand, dass sich aufgrund der Geburt eines Kindes der Ortszuschlag erhöhte und damit auch die monatlich nachzuzahlende Differenz. Mathematisch sind die Ausführungen des Klägers unstreitig.

III.

142

Der Zahlungsantrag zu 3 des Klägers ist vollständig begründet.

143

Das insoweit klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

144

Der Kläger hat für den Zeitraum April 2012 bis Dezember 2012 (neun Monate) einen weiteren Zahlungsanspruch von monatlich 289,82 Euro brutto, in der Summe somit 2.608,38 Euro brutto.

145

Die entsprechende Summe war mit dem Tenor zu 3 zuzusprechen.

146

Wegen der Begründung kann vollständig auf die Ausführungen oben unter I. verwiesen werden. Der Unterschied besteht allein in dem Umstand, dass der Kläger nunmehr als Rettungsassistent eingesetzt und sich hierdurch eine höhere Eingruppierung ergab und sich auch die bereits geleisteten Zahlungen erhöhten. Die Eingruppierung betreffend und mathematisch sind die Ausführungen des Klägers unstreitig und unproblematisch.

IV.

147

Der Zahlungsantrag zu 4 des Klägers ist vollständig begründet.

148

Das insoweit klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

149

Der Kläger hat für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2013 (12 Monate) einen weiteren Zahlungsanspruch von monatlich 89,82 Euro brutto, in der Summe somit 1.077,84 Euro brutto.

150

Die entsprechende Summe war mit dem Tenor zu 4 zuzusprechen.

151

Wegen der Begründung kann vollständig auf die Ausführungen oben unter III. nebst des Verweises auf I. verwiesen werden. Der Unterschied zum Sachverhalt unter III. besteht allein in dem Umstand, dass der Beklagte ein erhöhtes Entgelt gezahlt hatte und sich damit die monatlich nachzuzahlende Differenz verringerte. Mathematisch sind die Ausführungen des Klägers unstreitig.

V.

152

Der Zahlungsantrag zu 6 des Klägers ist nur teilweise begründet.

153

Das insoweit vollständig klagabweisende Urteil des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

154

Der Kläger hat für die Jahre 2010, 2011 und 2012 insgesamt einen weiteren Zahlungsanspruch 563,26 Euro brutto wegen bisher zu gering ausgezahlter jährlicher Sonderzahlungen.

155

Die entsprechende Summe war mit dem Tenor zu 5 zuzusprechen. Die darüber hinausgehende Forderung des Klägers unterfällt weiterhin der Klagabweisung.

156

Auch hinsichtlich der jährlichen Sonderzahlung folgt der Zahlungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger eine Vergütung nach den betriebsverfassungsrechtlich zuletzt rechtmäßig zustande gekommenen Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen.

157

Hinsichtlich der Begründung des Zahlungsanspruches dem Grunde nach kann wiederum vollständig auf obige Ausführungen unter I. verwiesen.

158

Ergänzend wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass die jährliche Sonderzahlung unproblematisch neben der regelmäßigen monatlichen Vergütung ebenfalls Teil des anzuwendenden Entgeltschemas ist. Denn zum Entgeltschema zählt auch die Frage der „Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge“ (BAG 22.06.2010, 1 AZR 853/08, Rz. 23).

159

Auch diesbezüglich hat der Beklagte mitbestimmungswidrig in die Vergütungsstruktur eingegriffen. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob die Parteien nun im Arbeitsvertrag ausdrücklich eine andere Höhe der Sonderzuwendung vereinbart haben (Vortrag des Klägers) oder die Sonderzahlung vertraglich in das freie Ermessen des Arbeitgebers gestellt wurde und er hiernach Zahlungen vornahm (Vortrag des Arbeitgebers). In jedem Fall ist keine Sonderzahlung vereinbart oder aber tatsächlich freiwillig durch den Arbeitgeber gezahlt worden, deren Höhe auf Basis der tariflichen Bestimmungen des DRK-TV-O nebst seiner Anlage 9 ermittelt wurde. § 3 der Anlage 9 enthält umfangreiche Bestimmungen zur Berechnung der Sonderzahlung. Zwar zahlte der Beklagte eine jährliche Sonderzahlung, aber unstreitig nicht unter Berücksichtigung der Berechnungsvorschriften des § 3 Anlage 9 zum DRK-TV-O, sondern nach freiem Ermessen. Auch dadurch wich der Beklagte vom rechtmäßigen Vergütungsschema, dem tariflichen Entgeltschema ab. Dieses Abweichen war mitbestimmungspflichtig.

160

Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war und die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. Der Beklagte hat hier die Berechnungsgrundlage verändert. Allerdings betrifft „die Veränderung der Berechnungsgrundlage … die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern“ BAG (22.06.2010, 1 AZR 853/08, Rz. 33). Damit ist der Mitbestimmungstatbestand ausgelöst.

161

Wie bereits unter I. 3. dargestellt, führt der Pflichtverstoß des Arbeitgebers dazu, dass der Kläger auch eine jährliche Sonderzuwendung nach dem bisherigen Entgeltsystem, also nach § 3 Anlage 9 zum DRK-TV-O verlangen kann. Damit ist die Berechnungsmethode als System vorgegeben.

162

Die absolute Höhe des Anspruches ergibt sich sodann aus der Anwendung dieser Norm. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Norm auf die Urlaubsvergütung für den Monat September des jeweiligen Jahres verweist und der Kläger entsprechend den obigen Darstellungen unter I. bis IV. einen monatlichen Entgeltanspruch unter Berücksichtigung des Tarifstandes 2002 hat [vgl. insbesondere oben I. 3. i. (3) (bb)]. Der zuletzt vom Arbeitgeber angewandte Tarifstand wirkt sich somit also auch auf die Sonderzahlung aus.

163

Der Kläger hatte ausgehend von dieser Maßgabe und der Standard-Regelung in § 3 Abs. 1 Anlage 9 zum DRK-TV-O, welche von„75 Prozent“ der Urlaubsvergütung des September spricht, mathematisch unstreitig Sonderzahlungs-Ansprüche wie folgt ermittelt:

164

„für 2010 - 1.435,72 Euro, für 2011 - 1.660,82 Euro und für 2012 - 1.755,75Euro.“

165

Dieses zunächst (mathematisch) unstreitige Rechenergebnis bedarf jedoch der Korrektur, da die „Anmerkung“ zu § 3 Abs. 1 Anlage 9 zum DRK-TV-O nicht beachtet wurde. Danach betrug der Bemessungssatz im maßgeblichen letzten Anwendungsjahr des DRK-TV-O 64,35 Prozent in Abweichung von den standardmäßig festgelegten 75 Prozent. Dieser Prozentsatz ist zwischen den Parteien unstreitig im Kammertermin vorgetragen worden.

166

Das Gericht hat sodann vorgenannte auf 75 Prozent fußende Beträge auf 64,35 Prozent umgerechnet. Es ergaben sich sodann für den Kläger Ansprüche wie folgt:

167

„2010 ein offener Anspruch von 31,85 Euro (1.231,85 Euro, abzüglich geleisteter 1.200,00 Euro).

168

2011 ein offener Anspruch von 224,98 Euro (1.424,98 Euro, abzüglich geleisteter 1.200,00 Euro).

169

2012 ein offener Anspruch von 306,43 Euro (1.506,43 Euro, abzüglich geleisteter 1.200,00 Euro).

170

Dies ergab die Summe von 563,26 Euro. Soweit der Kläger darüber hinaus mit seinem Antrag mehr forderte, war die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

VI.

171

Der Zahlungsantrag zu 5 des Klägers ist unbegründet.

172

Die Berufung war insoweit nicht erfolgreich, das Urteil des Arbeitsgerichts somit aufrecht zu erhalten.

173

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen weiteren Ausgleich für Nachteinsätze.

174

Der Kläger stützt seine Forderung auf § 6 Abs. 5 ArbZG. Danach hat der Arbeitgeber für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessen Zuschlag zu gewähren, soweit keine tarifvertragliche Ausgleichsregelung besteht.

175

Nach Maßgabe dieser Vorschriften kann dem Kläger kein weiter Zahlungsanspruch zugesprochen werden.

1.

176

Eine tarifvertragliche Regelung im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG, auf die der Kläger vorrangig und unmittelbar seine Ansprüche stützen könnte, besteht nicht. Denn wie bereits unter I. 2. dargestellt, galt kein Tarifvertrag unmittelbar als Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis

2.

177

Die verlangten 4.417,44 Euro konnten dem Kläger aber auch nicht als angemessener Ausgleich im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG zugesprochen werden.

178

Dies hat mehrere Gründe.

a)

179

Der Kläger hat keinen zulässigen Klageantrag gestellt. Er hätte eine Alternativklage erheben müssen. Denn § 6 Abs. 5 ArbZG enthält für den Arbeitgeber eine Wahlschuld. Er kann zwischen der Zahlung von Geld, der Gewährung freier Tage oder der Kombination von beidem entscheiden (BAG, 12.12.2012, 5 AZR 918/11, Rz. 31). Die gesetzlich begründete Schuld konkretisiert sich erst, wenn der Schuldner sein Wahlrecht ausgeübt hat. Eine solche Wahl ist aus dem Sachvortrag nicht ersichtlich.

180

Daran ändert auch nichts der Umstand, dass der Beklagte bisher schon Nachtzuschläge zahlte und der Kläger diese nur für nicht angemessen hält. Diese bisherige Zahlung eines gewissen Nachtzuschlages führt nicht dazu, dass der Beklagte sein Wahlrecht insgesamt zur Gewährung eines angemessenen Ausgleichs ausgeübt hätte. Denn der Beklagte hätte auch die Möglichkeit zur Kombination von Geldzahlung und Freizeitausgleich gehabt. Dies gilt im Übrigen selbst dann, wenn ein gewisser Nachtzuschlag bereits durch Tarifvertrag festgelegt ist (vgl. BAG, 12.12.2012, 5 AZR 918/11, Rz. 31 für einen Fall eines Rettungssanitäters, auf dessen Arbeitsverhältnis der DRK-TV-O mit seinen Nachzuschlägen anwendbar war). Aus vorgenannten Gründen ist es auch nicht von Bedeutung, dass das Entgeltschema des DRK-TV-O nebst der Zuschlagsregelung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden war. Wenn der Kläger meint, dass der DRK-TV-O keine angemessene Ausgleichsregelung enthält, so öffnete sich für darüber hinausgehende Ansprüche wieder das Wahlrecht des Arbeitgebers.

b)

181

Der Anspruch nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist auch inhaltlich nicht begründet.

(1)

182

Der Kläger verlangt einen monatlich gleichbleibenden pauschalen Geldbetrag neben der bisher schon geleisteten Zahlung je Stunde.

183

Diese Pauschalisierung ist nicht möglich.

184

§ 6 Abs. 5 ArbZG verlangt einen Ausgleich„für die während der Nachtarbeitszeit geleisteten Stunden. Der Ausgleich in Geld oder Freizeit muss hierzu in einem angemessenen Verhältnis stehen. Damit hängt der Ausgleich von den im Einzelfall konkret geleisteten Nachtarbeitsstunden ab. Einen pauschalen Ausgleich dafür, dass voraussichtlich immer wieder Nachtarbeitsstunden in unterschiedlicher Zahl anfallen, sieht das Gesetz nicht vor. So spricht auch das Gesetz von „die“ geleisteten Stunden und nicht allgemein von anfallenden Nachtstunden. In Urlaubs- oder Krankheitszeiten ist ein Ausgleich nicht notwendig. Würde der Kläger zum Beispiel weniger als ein anderer Kollege in der Nacht eingesetzt, so bedürfte es auch nur einen geringeren Ausgleichs. Der Gesetzgeber will eine konkrete und bestimmte Mehrbelastung durch Nachtarbeit ausgleichen lassen. Dazu hätte der Kläger jedoch konkret seine geleisteten Nachtarbeitsstunden vortragen müssen. Nur dann hätte das Gericht im Übrigen auch die Angemessenheit des bisherigen Ausgleichs prüfen und im Ergebnis einen konkreten einzelfallbezogenen Zuschlag errechnen können.

185

Der Antrag war auch aus diesem Grund abzuweisen.

(2)

186

Das Berufungsgericht hält im Übrigen auch den bisher gezahlten Nachtzuschlag von rund 10 Prozent für angemessen.

187

Diesbezüglich wird zunächst auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Urteil in den Entscheidungsgründen unter III. verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG), denen das Berufungsgericht insoweit folgt. Insbesondere hat das Arbeitsgericht zu Recht auf die geringere Belastung durch Bereitschaftszeiten hingewiesen, auch wenn diese nicht im einzelnen bekannt sind. Klar ist jedoch, dass diese Bereitschaftszeiten in der Nacht nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind, wenngleich berücksichtigt wird, dass es sich bei Bereitschaftszeit auch um Arbeitszeit handelt. Gleichwohl bleibt es bei einer geringeren Belastung als bei Arbeitnehmern, die in der Nacht durchgehend aktiv tätig sind. Auch der Zweck der Verteuerung der Arbeit in der Nacht kann beim Rettungsdienst nicht zum Tragen kommen. Schließlich ging auch das BAG in seinem Urteil vom 31.08.2005, 5 AZR 545/04, davon aus, dass ein Zuschlag von 10 Prozent im Rettungsdienst regelmäßig angemessen ist. Ein pauschales Abstellen auf anderweitig vom BAG benannte 25 Prozent als Zuschlag ist nicht möglich. Bereits das Arbeitsgericht hat hinreichende Gründe für eine abweichende Bewertung in diesem Fall dargelegt.

188

Ergänzend ist auch zu berücksichtigen, dass nach den umfangreichen Ausführungen unter I. das gesamte Entgeltschema des DRK-TV-O mit allen Bestandteilen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar ist. Dieser Tarifvertrag enthält ein umfangreiches System verschiedener Regelungen zum Ausgleich von Arbeit zu ungünstigen Zeiten. Es ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien ein insgesamt ausgewogenes System geschaffen haben, weshalb bei der Prüfung einer Norm diese nicht völlig isoliert betrachtet werden kann. Wenn der Kläger ggf. meint, dass das tarifliche System keinen angemessenen Ausgleich schafft, so hätte dies näher dargelegt werden müssen. Allein die mittlerweile wohl unzulässige Verlängerung der Arbeitszeit pro Tag führt nicht dazu, dass Ausgleichsregelungen pro Stunde nicht angemessen wären.

189

Der Kläger kann sich auch nicht vergleichend auf Regelungen in anderen, hier nicht einschlägigen Tarifverträgen berufen. Die benannten Tarifverträge sind hier nicht anwendbar. Selbst auf einschlägige Tarifverträge kann für die Frage der Angemessenheit nicht im Regelfall zurückgegriffen werden. Denn anderenfalls würde ein Arbeitgeber mittelbar an Tarifverträge gebunden, an deren Zustandekommen und Geltung er nicht beteiligt ist/war (BAG, 05.09.2002, 9 AZR 202/01, Rz. 47). Im Übrigen enthalten selbst Tarifverträge eine große Bandbreite an Regelungen. Schließlich gibt es keinen Grundsatz dahingehend, dass tarifliche Regelungen eines Nachtarbeitszuschlages stets angemessen sind. Auch kann nicht behauptet werden, dass Regelungen, die die Höhe tariflicher Regelungen nicht erreichen, unangemessen wären.

3.

190

Soweit der Kläger in der Berufung noch kurz die Zahlung von weiteren Urlaubs wegen Altersdiskriminierung und Mehrurlaub fordert, weil andere, vor 2003 eingestellte Arbeitnehmer dies aufgrund der statischen Fortgeltung ihrer Arbeitsverträge noch erhalten, und sich der Kläger die daraus folgenden Zahlungsansprüche auf seinen Klageantrag zu 5 anrechnen lassen möchte, ist auch dies unbegründet.

191

Denn selbst für den Fall, dass der Kläger tatsächlich höhere Urlaubsansprüche haben sollte, hätte er dementsprechend einen Anspruch weitere Tage der Freistellung von der Arbeitspflicht. Dies ist der Inhalt eines Urlaubsanspruches. Ein Zahlungsanspruch kann – jedenfalls im noch laufenden Arbeitsverhältnis – nicht entstehen. Der Vortrag ist somit nicht geeignet, zu einem Obsiegen beim Klageantrag zu 5 zu führen.

VII.

192

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

193

Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Apr. 2015 - 5 Sa 229/14

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Apr. 2015 - 5 Sa 229/14 zitiert 20 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 87 Mitbestimmungsrechte


(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 77 Durchführung gemeinsamer Beschlüsse, Betriebsvereinbarungen


(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseit

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG | § 9 Unwirksamkeit


(1) Unwirksam sind: 1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwi

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen. (2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 88 Freiwillige Betriebsvereinbarungen


Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden 1. zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;1a. Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;2. die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirk

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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 09. Apr. 2015 - 5 Sa 229/14 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29. September 2009 - 1 Sa 47 a/09 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 04. Mai 2011 - 7 ABR 10/10

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Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 - 11 TaBV 3/09 - insoweit aufgehoben, als auf di

Bundesarbeitsgericht Urteil, 11. Jan. 2011 - 1 AZR 310/09

bei uns veröffentlicht am 11.01.2011

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 2009 - 11 Sa 1262/08 E - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Unwirksam sind:

1.
Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksamkeit,
1a.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn entgegen § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht ausdrücklich als solche bezeichnet und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwischen Verleiher und Entleiher für den Beginn der Überlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
1b.
Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b, es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,
2.
Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere als die ihm nach § 8 zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen,
2a.
Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken,
3.
Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus,
4.
Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen,
5.
Vereinbarungen, nach denen der Leiharbeitnehmer eine Vermittlungsvergütung an den Verleiher zu zahlen hat.

(2) Die Erklärung nach Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 1b (Festhaltenserklärung) ist nur wirksam, wenn

1.
der Leiharbeitnehmer diese vor ihrer Abgabe persönlich in einer Agentur für Arbeit vorlegt,
2.
die Agentur für Arbeit die abzugebende Erklärung mit dem Datum des Tages der Vorlage und dem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat, und
3.
die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit dem Ver- oder Entleiher zugeht.

(3) Eine vor Beginn einer Frist nach Absatz 1 Nummer 1 bis 1b abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam. Wird die Überlassung nach der Festhaltenserklärung fortgeführt, gilt Absatz 1 Nummer 1 bis 1b. Eine erneute Festhaltenserklärung ist unwirksam. § 28e Absatz 2 Satz 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt unbeschadet der Festhaltenserklärung.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 2009 - 11 Sa 1262/08 E - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2004 bei der Beklagten als Pflegefachkraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt. Nach § IV des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004 bemisst sich das monatliche Entgelt nach der „tariflichen Eingruppierung gemäß BMT-AW II in Krankenpflegetarifvertrag: IV, Fallgruppe: 5“. Nach Teil II Abschnitt A (Pflegepersonal in Krankenanstalten) des kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbaren Tarifvertrags über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundes-Manteltarifvertrag (BMT-AW II) für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (TV-TM) findet aus der VergGr. IV Fallgr. 5 TV-TM nach dreijähriger Tätigkeit ein Aufstieg in die VergGr. V Fallgr. 21 TV-TM statt.

3

Am 11. September 2006 schloss ver.di mit fünf Unternehmen der AWO-Gruppe Weser-Ems, darunter auch der Beklagten, einen Manteltarifvertrag (MTV 2006). Dieser enthält in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) ua. unter den für die Eingruppierung vorgesehenen Vorschriften jeweils den Hinweis „(Derzeit nicht belegt)“. Nach § 15 MTV 2006(Tabellenentgelt) erfolgt die Entgeltberechnung gemäß den Vereinbarungen in § 34 MTV 2006. Dort heißt es:

        

„Vorrangig zu den Regelungen dieses Tarifvertrages gelten folgende Regelungen:

        

(1)     

Das vorliegende Tarifvertragswerk (…) stellt eine abschließende Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und der sonstigen Beschäftigten im Sinne von § 1 dar und ersetzt ab dem 01.07.2006 ausnahmslos und abschließend alle bis dahin in der AWO Gruppe geltenden oder angewandten tariflichen Regelungen, es sei denn, dieser Tarifvertrag verweist ausdrücklich auf dem BMT-AW II. Soweit Dienst- oder Betriebsvereinbarungen über in diesem Tarifvertrag geregelte Fragen abgeschlossen sind, werden diese durch diesen Tarifvertrag ersetzt. …

        

(2)     

Vergütungszahlungen:

                 

(a)     

Für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.12.2006 werden auf der Basis der Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II die Gehalts- und Lohnzahlungen ausgeführt. Im Rahmen dieser Regelung wird der Arbeitnehmer auf der Basis der für ihn am 01.07.2006 geltenden Tarifbestimmungen der jeweils einschlägigen Eingruppierungs- und Vergütungstarifverträge für Angestellte und Arbeiter des BMT-AW II vergütet.

                 

(b)     

Bis zum 31.12.2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II auf der Basis der für den Arbeitnehmer am 30.06.2006 geltenden Tarifbestimmungen unbeschadet der zum 01.07.2006 in Kraft tretenden Tarifverträge der Gesellschaften in analoger Weise angewendet.

                 

(c)     

Sofern zu einem früheren Zeitpunkt als der 31.12.2006 die Vereinbarung zur Regelung der Eingruppierungen verabschiedet wird, erfolgt zum nächsten 1. des Folgemonats die Anwendung der neuen Tariftabellen. Die Anwendung des BMT-AW II entfällt ab diesem Zeitpunkt.

        

…“    

                 
4

Nach einem auch an die Beklagte gerichteten Schreiben des AWO-Bezirksverbands vom 18. Juli 2007 teilte dieser mit, dass die angestrebte neue Eingruppierungs- und Vergütungstabelle bisher nicht habe vereinbart werden können und ordnete ua. an, ab sofort keine Höhergruppierungen aufgrund eines Bewährungsaufstiegs vorzunehmen. Die Beklagte, die ihre bisherigen und die neueingestellten Arbeitnehmer auch nach dem 31. Dezember 2006 nach den Eingruppierungsregelungen des BMT-AW II und des TV-TM vergütet hatte, zahlte ihren Mitarbeitern seit Juli 2007 mit Ausnahme der individuellen Zulagen nur noch die bisherigen Bruttobezüge weiter. Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht.

5

Mit Schreiben vom 4. September 2007 machte die Klägerin erfolglos ihre Höhergruppierung in die VergGr. V TV-TM zum 1. August 2007 geltend.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage zunächst die Vergütungsdifferenzen zur VergGr. V TV-TM für die Monate August 2007 bis März 2008 iHv. insgesamt 281,76 Euro verlangt. Sie hat gemeint, die Beklagte sei wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrats verpflichtet, die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Entlohnungsgrundsätze weiter anzuwenden.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 281,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag um die Differenzbeträge für die Monate April 2008 bis November 2008 iHv. 281,76 Euro brutto erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Klageanträgen zu Recht entsprochen. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30. November 2008 Anspruch auf die Zahlung der monatlichen Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. 35,22 Euro brutto.

11

I. Der Anspruch der Klägerin folgt allerdings nicht aus § IV Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004. Der dort enthaltene Hinweis auf die Eingruppierung nach dem BMT-AW II enthält keine konstitutive Vereinbarung des TV-TM. Es ist weder naheliegend noch von der Klägerin konkret dargetan, dass die Parteien unabhängig von den für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträgen die Vergütungsordnung des TV-TM vereinbaren wollten.

12

II. Der Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt auch nicht aus dem BMT-AW II sowie Teil II Abschnitt A TV-TM iVm. den jeweiligen Vergütungstabellen. Der BMT-AW II ist ebenso wie der TV-TM seit dem 1. Juli 2006 weder unmittelbar noch kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

13

1. Die bei der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisse werden seit dem 1. Juli 2006 nicht mehr vom BMT-AW II und dem TV-TM erfasst. Deren Geltung endete nach § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 am 30. Juni 2006. Nach diesem Zeitpunkt richten sich die Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter nach den Regelungen des MTV 2006, sofern dieser nicht ausdrücklich auf den BMT-AW II verweist. Nach der Bezugnahme in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II bis zum 31. Dezember 2006 nur entsprechend angewandt.

14

2. Die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Rechtsnormen gelten auch nicht über den 30. Juni 2006 kraft Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) weiter. Die Tarifvertragsparteien haben im MTV 2006 deren Weitergeltung ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten zwar nach dem Ablauf eines Tarifvertrags dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung eines Tarifvertrags kann jedoch auch durch eine Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ausgeschlossen werden (BAG 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - BAGE 86, 366). Dies ist vorliegend durch § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 erfolgt.

15

3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der nur bis zum 31. Dezember 2006 befristeten Weitergeltung der Vorschriften über die Eingruppierung und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II nicht um eine unbewusste Tariflücke handelt, die es den Gerichten erlauben könnte, sie aus einem eindeutig feststellbaren Sinn und Zweck des Tarifvertrags heraus zu schließen.

16

a) Eine bewusste Tariflücke ist anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage erkennbar gewollt ungeregelt lassen und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei die Unterlassung der Regelung ihren Grund auch darin haben kann, dass die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 19/08 - Rn. 24, AP BAT § 23b Nr. 6).

17

b) Hinsichtlich der Eingruppierungsvorschriften liegt für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 eine bewusste Tariflücke vor.

18

Bei Abschluss des MTV 2006 entsprach es dem Willen der Tarifvertragsparteien, die bisherigen Regelungen über die Eingruppierung ersatzlos zu beseitigen und durch eine Neuregelung zu ersetzen. Dies folgt aus den in Abschnitt III des MTV 2006 bereits mit Überschriften versehenen, aber vorläufig nicht ausgestalteten Regelungsbereichen. Die Tarifvertragsparteien sind ersichtlich davon ausgegangen, entweder bis zum 31. Dezember 2006 oder jedenfalls zeitnah zu diesem Termin tarifliche Regelungen über die Eingruppierung sowie über das Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) zu vereinbaren. Nur so ist der in § 34 (1) MTV 2006 bestimmte ersatzlose Wegfall des bisherigen Tarifwerks und die in § 34 (2) Buchst. (a), (b) MTV 2006 enthaltene bis zum 31. Dezember 2006 befristete Regelung über die Vergütungszahlungen und die entsprechende Anwendung der Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BMT-AW II zu erklären. Dies wird verdeutlicht durch § 34 (2) Buchst. (c) MTV 2006, der den Fall einer vor dem 31. Dezember 2006 getroffenen Vereinbarung über die Eingruppierungen betrifft. Einer solchen Absprache hätte es nicht bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien nicht mit einer Anschlussregelung bis voraussichtlich zum Jahresende 2006 gerechnet hätten.

19

c) Dem Senat ist es danach verwehrt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien bis zum Inkrafttreten der im MTV 2006 in Aussicht gestellten Tarifnormen die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM zur Schließung der Regelungslücke weiter anzuwenden. Vielmehr ist es unverändert Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine Regelung für die Ausgestaltung der Eingruppierung ab dem 1. Januar 2007 zu schaffen.

20

III. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 13. August 2004 iVm. den bei der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Zu diesen gehören die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und die Tätigkeitsmerkmale des TV-TM. Danach haben Altenpfleger/innen mit staatlicher Anerkennung nach dreijähriger Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit Anspruch auf eine Vergütung nach der VergGr. V TV-TM. Die Beklagte hat ua. die im TV-TM vorgesehenen Zeitaufstiege seit Juli 2007 nicht mehr vollzogen und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch die Klägerin auf die Fortgeltung der im TV-TM enthaltenen Eingruppierungsregelungen berufen.

21

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

22

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

23

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab(st. Rspr. zuletzt BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22).

24

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265).

25

d) Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber eine tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb anwendet und damit die in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze als betriebliche Vergütungsordnung praktiziert. Durch diese Maßnahme wird das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gleichermaßen betroffen. Die Entscheidung über die Übernahme der im Tarifvertrag enthaltenen Entlohnungsgrundsätze und deren Anwendung im Betrieb berührt die Verteilungsgerechtigkeit. Wird die im Tarifvertrag enthaltene Vergütungsstruktur geändert oder vollständig durch eine Neuregelung ersetzt und wendet der Arbeitgeber die geänderten Vorschriften im Betrieb an, ändern sich dadurch auch die betrieblichen Entlohnungsgrundsätze.

26

e) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung kann durch § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG beschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG) ist oder der Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 1, 4 TVG) gilt. Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben. Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17). Fehlt es an einer solchen tariflichen Regelung, unterliegt die Änderung der bisher im Betrieb angewandten Entlohnungsgrundsätze auch bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber der Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

27

2. Die Beklagte hat bei der Abkehr von den Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM ab Juli 2007 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

28

a) Die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM waren auch nach dem 31. Dezember 2006 ein Teil der mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, durch die das bei der Beklagten geltende Vergütungssystem näher ausgestaltet wurde. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die sich aus dem BMT-AW II sowie dem TV-TM ergebende Vergütungsstruktur nach Ablauf des in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 bestimmten Zeitraums von der Beklagten fortgeführt worden. Sie hat sich nicht auf die Auszahlung der am 31. Dezember 2006 maßgeblichen Bruttovergütung beschränkt, sondern neu eingestellte Mitarbeiter auf der Grundlage des BMT-AW II sowie des TV-TM eingruppiert und bei länger beschäftigten Mitarbeitern Bewährungsaufstiege vollzogen. Damit galt bei der Beklagten weiterhin ein Entlohnungssystem, bei dem sich die Eingruppierungen der Arbeitnehmer nach den Tätigkeitsmerkmalen des BMT-AW II sowie des TV-TM richteten. Diese waren ua. durch die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs aus bestimmten Vergütungsgruppen gekennzeichnet.

29

b) Diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte nach dem Schreiben des AWO-Bezirksverbands im Juli 2007 aufgegeben. Seit diesem Zeitpunkt hat sie weder Erhöhungen der Lebensalterstufe noch Erhöhungen des Ortszuschlags oder etwaige Höhergruppierungen aufgrund von Zeit- bzw. Bewährungsaufstiegen vorgenommen. Die damit verbundene Änderung der bei ihr geltenden Entlohnungsgrundsätze konnte sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle vornehmen, an der es vorliegend fehlt.

30

c) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen.

31

Eine abschließende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG liegt nicht vor. Der MTV 2006 enthält keine das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vollständig verdrängende Regelung über die Vergütungsstruktur. Die Regelung in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) des MTV 2006 betrifft lediglich Teile der für die Beklagte geltenden Vergütungsordnung. Die Tarifvertragsparteien haben sich auf die Ausgestaltung der Voraussetzungen für die vorübergehende Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit (§ 14 MTV 2006), die Erschwerniszuschläge (§ 18 MTV 2006), die Jahressonderzahlung (§ 19 MTV 2006), die Entgeltfortzahlung (§§ 20, 21 MTV 2006), besondere und anlassbezogene Zahlungen (§ 22 MTV 2006) sowie die Berechnung und Auszahlung des Entgelts (§ 23 MTV 2006) beschränkt. Nur bei diesen Teilbereichen liegt eine abschließende tarifliche Regelung vor, während es an einer die Regelungssperre in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG auslösenden Ausgestaltung bei der Eingruppierung (§§ 12, 13 MTV 2006) und dem Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) fehlt. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist auch nicht deswegen entfallen, weil die Tarifvertragsparteien durch die Normüberschriften in Abschnitt III des MTV 2006 eine tarifliche Regelung für die derzeit noch nicht geregelten Bereiche in Aussicht gestellt haben. Die Beteiligung des Betriebsrats im Bereich der sozialen Angelegenheiten wird - anders als im Bereich des § 77 Abs. 3 BetrVG - nur durch die tatsächlich ausgeübte tarifliche Normsetzung ausgeschlossen.

32

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit von August 2007 bis November 2008 die Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. insgesamt 563,52 Euro brutto zu zahlen.

33

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

34

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 43 mwN, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Münzer    

        

    Hayen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 29. September 2009 - 1 Sa 47 a/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29. Januar 2009 - 1 Ca 2379 b/08 - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Beklagte zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die Kosten der von der Klägerin eingelegten Berufung, die von ihr zu tragen sind.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung.

2

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. November 2004 als Gesundheits- und Krankenpflegerin beschäftigt. In dem zuletzt abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 31. Juli 2006 ist eine monatliche Bruttovergütung iHv. 1.945,50 Euro und die Zahlung von Zeitzuschlägen für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie für Nachtarbeit vereinbart.

3

Die von der Beklagten betriebene Fachklinik in N war ursprünglich eine Klinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation des tarifgebundenen Landes Schleswig-Holstein. Mit dem Fachklinikgesetz (FKlG) vom 8. Dezember 1995 (GVBl. S. 452) errichtete das Land ua. die Fachklinik N als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Nach § 11 Abs. 1 FKlG gingen die Arbeitsverhältnisse der in der Fachklinik beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung zum 1. Januar 1996 auf diese über. Weiterhin heißt es in § 11 Abs. 2 FKlG:

        

„(2) Für die von Absatz 1 erfaßten Beschäftigten gelten die bis zum Zeitpunkt der Errichtung der Fachklinik maßgeblichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter. Es gelten ferner die diese Tarifverträge künftig ändernden und ergänzenden Tarifverträge. Das Recht der Fachkliniken, für ihre Beschäftigten Tarifverträge abzuschließen, bleibt hiervon unberührt. ...“

4

Mit weiterem Landesgesetz zur Neuordnung der Fachkliniken (FKlNG) des Landes Schleswig-Holstein vom 25. November 2002 (GVBl. S. 237) wurde das Vermögen der Fachklinik N - AöR - einschließlich der dort bestehenden Arbeitsverhältnisse auf die Fachklinik H - AöR - übertragen, die nunmehr den Namen „p“ trug. § 10 FKlNG lautet:

        

„(1) Für die Beschäftigten der Fachklinik S und der p gelten die bisherigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung weiter. Sie sind gleichfalls bei der Einstellung Beschäftigter anzuwenden. ...“

5

Die p wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten(PsychE-UmwG) vom 24. September 2004 (GVBl. S. 350) und der hierzu erlassenen Landesverordnung über den Formwechsel und die Veräußerung der p vom 13. Oktober 2004 (GVBl. S. 401) in eine GmbH umgewandelt, die am 4. Januar 2005 in das Handelsregister eingetragen wurde. Das Land Schleswig-Holstein hielt zunächst alle Gesellschaftsanteile. Nach Art. 3 Abs. 3 PsychE-UmwG trat § 10 FKlNG am Tag nach der Verkündung des Gesetzes am 30. September 2004 außer Kraft. In einer zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Gesamtpersonalrat der p abgeschlossenen Sicherungsvereinbarung vom 1./21. Oktober 2004 ist in § 2 Abs. 1 Unterabs. 1 ua. bestimmt, „dass für die gem. § 1 gesicherten Mitarbeiterinnen die gegenwärtig für sie bei der AöR Anwendung findenden Tarifverträge bei den neuen Gesellschaften als dynamischer Besitzstand vereinbart werden“. Die Gesellschaftsanteile der GmbH wurden anschließend vom Land weiterveräußert und die GmbH in die jetzige Beklagte umfirmiert. Weder die Fachklinik N AöR noch die p und noch die beklagte GmbH waren und sind tarifgebunden.

6

Die Beklagte wandte auch nach dem Außerkrafttreten von § 10 FKlNG aufgrund der in den Arbeitsverträgen enthaltenen Bezugnahmeklauseln zunächst die jeweiligen Regelungen des BAT und der ihn ergänzenden Tarifverträge auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter an. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im Jahre 2006 entschied sie sich, neu eingestellte und - wie die Klägerin - in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommene Arbeitnehmer nach einer „Mindestentgelttabelle A P gGmbH“ (Mindestentgelttabelle) einzugruppieren. Diese enthält für 15 Entgeltstufen Festlegungen für das Grundentgelt und die Entwicklungsstufen. Ferner ist in der Mindestentgelttabelle festgelegt, dass das Mindestentgelt die Grundlage für die Berechnung des Leistungsentgelts und der Jahressonderzahlung bildet. Das in der Mindestentgelttabelle bestimmte Grundentgelt sowie die Entwicklungsstufen orientieren sich an den Entgeltgruppen des am 1. November 2006 in Kraft getretenen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L).

7

Mit Schreiben vom 18. August 2008 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Nachzahlung der Differenzvergütung iHv. 1.500,00 Euro zwischen dem Entgelt für die Entgeltgruppe 7a Stufe 3 TV-L iHv. 2.195,00 Euro und der arbeitsvertraglich vereinbarten Bruttovergütung für die Zeit vom Januar bis Juni 2008 auf. Daneben hat sie die Zahlung von Zulagen für Nachtarbeit sowie für Sonn- und Feiertagsarbeit in Höhe von 82,38 Euro verlangt.

8

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hat gemeint, die Beklagte sei aus der im Oktober 2004 abgeschlossenen Sicherungsvereinbarung verpflichtet, eine Vergütung nach TV-L zu bezahlen. Daneben sei der Betriebsrat bei der Einführung der Mindestentgelttabelle entgegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beteiligt worden.

9

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.582,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. September 2008 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, sie habe die Mindestentgelttabelle ohne Beteiligung des Betriebsrats einführen können. Diese enthalte die gleiche Vergütungsstruktur wie der TV-L, lediglich die Vergütungshöhe sei im Verhältnis zu den sich aus dem TV-L ergebenden Vergütungsbeträgen gleichmäßig prozentual abgesenkt worden.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage in Bezug auf die Zulagen abgewiesen und ihr hinsichtlich der Differenzvergütung lediglich iHv. 763,08 Euro entsprochen. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung ist von dieser zurückgenommen worden. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der diese die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in dem noch anhängigen Umfang zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin kann zumindest den vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Bruttobetrag von 763,08 Euro verlangen.

13

I. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 763,08 Euro als Differenzvergütung für die Zeit von Januar bis Juni 2008 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 31. Juli 2006 iVm. den bei der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Zu diesen gehören die Eingruppierungsvorschriften des TV-L und die dazu ergangenen Vergütungstabellen. Die Beklagte hat die dort enthaltenen Entlohnungsgrundsätze durch die Einführung der Mindestentgelttabelle mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme ist nicht nur im Verhältnis zu ihrem Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch die Klägerin auf die Anwendung der im TV-L enthaltenen Eingruppierungsregelungen berufen.

14

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

15

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25, BAGE 117, 337). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237).

16

b) Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, BAGE 131, 1). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265).

17

c) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab(st. Rspr. zuletzt BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22).

18

d) Die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts wird allerdings nicht vom Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfasst(BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 15 mwN, BAGE 117, 130). Auch kann der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats unter Beibehaltung des bisherigen Vergütungsschemas die absolute Höhe der Vergütung um einen bestimmten Prozentsatz verringern, wenn hierdurch der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander unverändert bleibt (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

19

2. Die bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern geltende Vergütungsordnung entsprach der jeweils für das Land Schleswig-Holstein maßgeblichen tariflichen Vergütungsstruktur. Dies war bis zum 31. Oktober 2006 die des BAT und anschließend die des TV-L und TVÜ-L.

20

a) Bis zur Errichtung der Fachklinik N AöR als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts galt für die tarifgebundenen und die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer in der Klinik für Psychiatrie, Neurologie und Rehabilitation N die im BAT in seiner jeweils geltenden Fassung enthaltende Vergütungsstruktur als einheitliche Vergütungsordnung für die dort beschäftigten Arbeitnehmer.

21

Das Land Schleswig-Holstein wandte auf alle Arbeitnehmer der Klinik unabhängig von ihrer Tarifgebundenheit die im BAT enthaltende Vergütungsstruktur in ihrer jeweils geltenden Fassung an. Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der für das Land geltenden Tarifverträge getroffen. Dies ist jedoch unschädlich, weil das Land Schleswig-Holstein die Übernahme der tariflichen Vergütungsordnung entweder aufgrund eines fehlenden Mitbestimmungstatbestands ohne Beteiligung des Personalrats vornehmen konnte oder dessen Mitbestimmungsrecht aufgrund eines im Personalvertretungsgesetz Schleswig-Holstein enthaltenen Tarifvorbehalts eingeschränkt war. Die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen unterlag erst seit der Änderung des Personalvertretungsgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Personalvertretungen in den öffentlichen Verwaltungen und Betrieben in Schleswig-Holstein vom 23. November 1957 (GVBl. S. 151, 154) dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats. Bis zur Ablösung des Personalvertretungsgesetzes durch das Gesetz über die Mitbestimmung der Personalräte vom 11. Dezember 1990 (GVBl. S. 577) stand das Beteiligungsrecht bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen unter dem Vorbehalt einer bestehenden gesetzlichen oder tariflichen Regelung. Das Land Schleswig-Holstein war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TdL) an die von dieser abgeschlossenen Tarifverträge gebunden, so dass das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Einführung der Vergütungsstruktur des BAT eingeschränkt war. Die Fachklinik N AöR und die durch das FKlNG errichtete p haben die Anwendung der jeweils für das Land Schleswig-Holstein geltenden Tarifverträge aufgrund der zuletzt in § 10 Abs. 1 FKlNG enthaltenen Verpflichtung beibehalten und fortgeführt.

22

b) Die für das Land Schleswig-Holstein maßgebliche tarifliche Vergütungsstruktur stellte auch nach dem Außerkrafttreten des FKlNG am 30. September 2004 die in der Dienststelle N geltende Vergütungsordnung dar. Die p sowie die am 4. Januar 2005 aus der formwechselnden Umwandlung entstandene Rechtsvorgängerin der Beklagten, die p gGmbH, wandten unverändert das Tarifwerk des BAT in der Fachklinik N an.

23

c) An die Stelle der Vergütungsordnung des BAT ist bei der Beklagten ab dem 1. November 2006 die des TV-L sowie des TVÜ-L getreten.

24

Dies folgt aus § 2 Abs. 1 TVÜ-L iVm. der Anlage 1 zum TVÜ-L. Danach werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Es handelt sich dabei nicht um einen Tarifwechsel, sondern um eine von denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Geltungsbereichs des bisherigen Tarifvertrags (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 28, BAGE 130, 286). An diesem Wechsel der Vergütungsordnung war der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen, weil die bisherige Vergütungsstruktur nicht von der Beklagten geändert worden ist, sondern in deren Betrieb nach wie vor das jeweils für das Land Schleswig-Holstein geltende Tarifwerk Anwendung fand. Dies waren ab dem 1. November 2006 der TV-L und die in ihm enthaltenen Vergütungsregelungen.

25

3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte bei der Einführung der Mindestentgelttabelle das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Dabei kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Beklagte die Mindestentgelttabelle für neu eingestellte oder - wie die Klägerin - in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommene Mitarbeiter ab dem 1. November 2006 angewandt hat. Die Klägerin hat in der Klageschrift als Zeitpunkt für die Einführung der Mindestentgelttabelle „Sommer 2006“ angegeben. Diesem Vorbringen ist die Beklagte in den Vorinstanzen nicht entgegengetreten. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO bedarf es indes nicht, da der Senat eine abschließende Entscheidung treffen kann(§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat keinen ausreichenden Vortrag gehalten, nach dem eine Beteiligung des Betriebsrats bei der Einführung der Mindestentgelttabelle zu einem beliebigen Zeitpunkt bis zum 30. Juni 2008 entbehrlich gewesen wäre.

26

a) Soweit unterstellt würde, dass die Mindestentgelttabelle von der Beklagten vor dem Inkrafttreten des TV-L erstmals angewandt worden ist, hätte ihre Einführung schon deshalb der Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterlegen, weil sie gegenüber dem BAT eine geänderte Vergütungsstruktur vorsieht. Die im BAT und den übrigen vergütungsrelevanten Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes enthaltenen Entlohnungsgrundsätze zeichneten sich neben der Zahlung einer Grundvergütung und eines Ortszuschlags durch die Gewährung von allgemeinen Zulagen, von Zulagen für bestimmte - erschwerte - Arbeiten, von Zuschlägen für die Arbeit zu bestimmten Tageszeiten oder in Wechselschicht, von Zuschlägen für Arbeiten über ein bestimmtes zeitliches Maß hinaus und von Einmalzahlungen zu bestimmten Terminen des Jahres aus (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 17, BAGE 117, 130). Diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte in der Mindestentgelttabelle nicht mehr beibehalten. Nach dieser sollte sich die Vergütung nicht mehr nach einer altersabhängigen Grundvergütung bemessen, die um einen Ortszuschlag ergänzt wird, sondern nach einem zweistufigen Grundentgelt mit sich daran anschließenden Entwicklungsstufen, deren Erfüllung von der Beschäftigungszeit abhängig ist. Die im BAT vorgesehenen Bewährungs-, Zeit- und Tätigkeitsaufstiege sind in der Mindestentgelttabelle ebenso unberücksichtigt geblieben wie die familienbezogenen Entgeltbestandteile. Eine solche Änderung der Entgeltstruktur hätte die Beklagte nur mit ihrem Betriebsrat vornehmen können.

27

b) Aber selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt würde, dass die Mindestentgelttabelle zeitgleich oder nach Inkrafttreten des TV-L eingeführt worden ist, hätte diese Maßnahme nur nach vorheriger Zustimmung des Betriebsrats erfolgen dürfen. Die Beklagte hat sich bei der Einführung der Mindestentgelttabelle nicht auf eine Änderung der Vergütungsstruktur beschränkt, die sie ohne Beteiligung ihres Betriebsrats vornehmen konnte.

28

Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war und die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Mindestentgelttabelle habe den Entlohnungsgrundsätzen des TV-L mit um 20 % abgesenkten Vergütungssätzen entsprochen, ist unzutreffend. Die in der Mindestentgelttabelle für die einzelnen Entgeltgruppen ausgewiesenen Grundentgelte und Entwicklungsstufen sind nicht linear, sondern prozentual zwischen 13,15 % und 40,55 % gegenüber dem ab dem 1. November 2006 geltenden tariflichen Tabellenentgelt ermäßigt. Daneben hätte die Beklagte ohne Beteiligung ihres Betriebsrats die Entgelte nur mitbestimmungsfrei absenken können, wenn auch die weiteren Vergütungsbestandteile wie etwa die nach dem TV-L zu zahlenden Zulagen und Zuschläge sowie die Jahressonderzahlung ohne Änderung des Verhältnisses der Gesamtvergütungen zueinander ermäßigt worden wären. Dies hat aber die Beklagte selbst nicht behauptet.

29

4. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum von Januar bis Juni 2008 den noch im Streit stehenden Bruttobetrag von 763,08 Euro zu zahlen.

30

a) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten (BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 43 mwN, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22).

31

b) Danach hat die Klägerin Anspruch auf die Differenz zwischen der Vergütung nach der Entgeltgruppe 7a Stufe 3 TV-L und ihrer vertraglich vereinbarten Vergütung. Denn die Beklagte hat die in ihrem Betrieb geltende Vergütungsstruktur, die ua. durch die Anwendung der für das Land Schleswig-Holstein geltenden Vergütungstarifverträge gekennzeichnet ist, nicht durch die Einführung der Mindestentgelttabelle wirksam geändert. Dass die von der Klägerin zu beanspruchende Differenzvergütung den noch streitgegenständlichen Betrag von 763,08 Euro erreicht, steht zwischen den Parteien außer Streit.

32

II. Auf die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge kommt es danach nicht an. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die Sicherungsvereinbarung vom 1./21. Oktober 2004 den erhobenen Vergütungsanspruch begründet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Federlin    

        

    Platow    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 - 11 TaBV 3/09 - insoweit aufgehoben, als auf die Beschwerde der Arbeitgeberin der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 7. April 2009 - 11 BV 19/08 - abgeändert und die Anträge des Betriebsrats hinsichtlich der Arbeitnehmer H und Dr. K abgewiesen wurden:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den genannten Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg wird insoweit zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die tarifgebundene Arbeitgeberin auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats eingruppieren muss, wenn sie mit diesen eine „außertarifliche“ Vergütung vereinbart.

2

Antragsteller ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gebildete 11-köpfige Betriebsrat. Bei dieser finden aufgrund eines Anerkennungstarifvertrags die Tarifverträge der Metallindustrie des Tarifgebiets Südbaden, darunter auch der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Südbaden vom 1. Dezember 1988 (LGRTV I) Anwendung. Der zwischen der Arbeitgeberin und der IG Metall am 8. Dezember 2008 geschlossene Tarifvertrag 1/2008 sieht für die oberste Gehaltsgruppe der kaufmännischen Angestellten (K 7) ab dem 1. Februar 2009 eine Vergütung von 4.465,57 Euro sowie ab dem 1. Juli 2009 eine solche von 4.572,74 Euro und für die der technischen Angestellten (T 7) ab dem 1. Februar 2009 eine Vergütung von 4.890,26 Euro sowie ab dem 1. Juli 2009 eine solche von 5.007,63 Euro vor.

3

Die Arbeitgeberin vereinbarte mit dem überwiegenden Teil der Arbeitnehmer in den Arbeitsverträgen die Geltung der einschlägigen Tarifverträge. Sie gruppierte diese Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats ein. Bei Angestellten, mit denen sie sich nicht auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern auf ein individuelles Gehalt verständigte, nahm sie dagegen auch dann keine Eingruppierung vor, wenn das vereinbarte Gehalt die höchste tarifliche Gehaltsgruppe nicht überstieg. Zuletzt hatten 194 der 739 Mitarbeiter einen derartigen „außertariflichen“ Vertrag.

4

Am 1. Dezember 2007 stellte die Arbeitgeberin den nicht tarifgebundenen Angestellten Dr. K als Entwicklungsingenieur ein. Mit Zustimmung des Betriebsrats gruppierte sie ihn in die Tarifgruppe T 6/1 ein. Am 20. Mai 2008 schloss die Arbeitgeberin mit Herrn Dr. K einen neuen Arbeitsvertrag. Danach sollte Herr Dr. K ab dem 1. Juli 2008 als Entwicklungsingenieur in ein außertarifliches Arbeitsverhältnis übernommen werden. Das Gehalt von 4.600,00 Euro zuzüglich Sondervergütungen unterliegt nach dem Arbeitsvertrag der für „AT-Angestellte übliche(n) Gehaltsüberprüfung“ jeweils zum 1. Oktober. Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat von dieser Vertragsänderung mit Schreiben vom 29. Mai 2008 und teilte ihm mit, es sei eine tarifnahe Vergütung vereinbart. Weitere vom Betriebsrat mit Schreiben vom 9. Juni 2008 verlangte Information lehnte die Arbeitgeberin ab.

5

Im März 2008 schrieb die Arbeitgeberin die Stelle einer Personalreferentin/eines Personalreferenten zum 1. Oktober 2008 aus, die mit der „Lohn-/Gehaltsgruppe“ „K 6/AT je nach Qualifikation“ bewertet wurde. Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 unterrichtete sie den Betriebsrat über ihre Absicht, die Stelle mit Frau H zu besetzen und bat um Zustimmung zur Einstellung. Dabei wies sie darauf hin, die Einstellung erfolge außertariflich. Der mit Frau H geschlossene Arbeitsvertrag vom 15. Juli 2008 sieht ein Gehalt von 3.500,00 Euro vor, das sich ab dem 1. April 2009 auf 3.750,00 Euro und ab dem 1. Oktober 2009 auf 4.000,00 Euro erhöht. Das vom Betriebsrat mit Schreiben vom 18. Juli 2008 geäußerte Verlangen nach näherer Information zur Eingruppierung der Frau H lehnte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 21. Juli 2008 mit dem Hinweis ab, dass die Vergütung von Frau H wegen des außertariflichen Vertrags „kein Thema für die Mitbestimmung“ sei, da es keine Zuordnung zu einem tariflichen oder betrieblichen Eingruppierungssystem gebe.

6

Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die Arbeitnehmer Dr. K und H in den LGRTV I einzugruppieren, hierzu seine Zustimmung einzuholen und im Falle der Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Die von der Arbeitgeberin vorzunehmende Beurteilung, ob ein Mitarbeiter der Vergütungsordnung des LGRTV I unterfalle und wie er einzugruppieren sei, unterliege seiner Mitbeurteilung.

7

Der Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - zuletzt beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, die Arbeitnehmer Dr. K und H in die Lohn- und Gehaltsordnung des Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags I (LGRTV I) der Metallindustrie Südbaden vom 1. Dezember 1988 einzugruppieren und seine Zustimmung zu dieser Eingruppierung zu beantragen und für den Fall seiner Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten und durchzuführen.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Nach ihrer Auffassung besteht keine Pflicht zur Eingruppierung der genannten Mitarbeiter. Für eine Verpflichtung zur Eingruppierung genüge es nicht, dass ein Vergütungssystem im Betrieb vorhanden sei. Voraussetzung sei vielmehr die Anwendbarkeit des Vergütungssystems auf das konkrete Arbeitsverhältnis. Hieran fehle es. Sie sei weder nach dem Tarifvertrag noch aufgrund einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Bezugnahme, betrieblicher Übung oder nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, den LGRTV I auf die Arbeitsverhältnisse der Frau H und des Herrn Dr. K anzuwenden. Da diese keine Gewerkschaftsmitglieder seien, stehe den mit ihnen geschlossenen außertariflichen Vereinbarungen nichts entgegen.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat ihn abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

10

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag des Betriebsrats ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts begründet. Die Arbeitgeberin ist nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG verpflichtet, die Angestellten Dr. K und H anhand des Entgeltschemas des LGRTV I einzugruppieren und den Betriebsrat daran zu beteiligen. Der Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Eingruppierung der beiden Arbeitnehmer steht nicht entgegen, dass diese nicht tarifgebunden sind. Für die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht zur Eingruppierung genügt es, dass der LGRTV I die kollektive, im Betrieb der Arbeitgeberin geltende Vergütungsordnung ist.

11

I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

12

1. Er ist dahin zu verstehen, dass der Betriebsrat bezogen auf die genannten Arbeitnehmer eine Eingruppierungsentscheidung „anhand“ oder „nach Maßgabe“ des LGRTV I - und nicht zwingend in eine der im LGRTV I enthaltenen Vergütungsgruppen - verlangt. Das Begehren umfasst eine von der Arbeitgeberin vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob die Angestellten Dr. K und H aufgrund ihrer Tätigkeiten einer bestimmten Gehaltsgruppe der Vergütungsordnung zuzuordnen sind. In diesem Sinn haben die Vorinstanzen die von der Arbeitgeberin vorzunehmende Beurteilung zu Recht als „ergebnisoffen“ angesehen. Jedenfalls betriebsverfassungsrechtlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Tätigkeit der beiden Arbeitnehmer innerhalb der tariflichen Vergütungsordnung abgebildet ist.

13

2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist hinreichend erkennbar, zu welchen Maßnahmen die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll.

14

3. Dem Leistungsantrag fehlt es nicht etwa ausnahmsweise am Rechtsschutzbedürfnis. Die Arbeitgeberin lehnt mit dem Hinweis, hierzu nicht verpflichtet zu sein, eine Eingruppierung der Arbeitnehmer H und Dr. K ab.

15

II. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat hat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin über die Ein- bzw. Umgruppierung der Angestellten H und Dr. K eine Entscheidung nach Maßgabe des LGRTV I trifft, dazu gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG seine Zustimmung beantragt und im Falle der frist- und ordnungsgemäßen Verweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einleitet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts entfällt die Pflicht zur Eingruppierung nicht deshalb, weil ein Anspruch der Arbeitnehmer H und Dr. K auf Anwendung des LGRTV I auf ihre Arbeitsverhältnisse nicht festgestellt und - wohl auch - nicht feststellbar ist. Für die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht der Arbeitgeberin zur Eingruppierung genügt es, dass der LGRTV I die im Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung ist.

16

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten(vgl. etwa BAG 14. April 2010 - 7 ABR 91/08 - Rn. 11 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 44 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 5). Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber, bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Verlangt das Gesetz die Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung, setzt dies voraus, dass der Arbeitgeber zuvor eine entsprechende Beurteilung vornimmt. An dieser hat er den Betriebsrat zu beteiligen.

17

a) Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien. Bei einer Eingruppierung handelt es sich um keinen konstitutiven Akt, sondern um Rechtsanwendung und die Kundgabe einer Rechtsansicht (vgl. etwa BAG 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 23, BAGE 128, 265; 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16).

18

b) Umgruppierung ist jede Änderung der Einreihung in eine Vergütungsordnung. Eine Umgruppierung liegt nicht nur vor, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, den eingruppierten Arbeitnehmer einer anderen Vergütungsgruppe der gleichen oder einer anderen Vergütungsordnung zuzuordnen. Eine mitbestimmungspflichtige Beurteilung in diesem Sinne nimmt der Arbeitgeber auch dann vor, wenn er aufgrund einer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, der Arbeitnehmer sei nicht mehr in eine der Gehaltsgruppen der maßgeblichen Vergütungsordnung einzugruppieren, weil die vorgesehene Tätigkeit höher wertige Qualifikationsmerkmale als die höchste Vergütungsgruppe aufweist, oder wenn sich die Tätigkeit eines Arbeitnehmers oder die maßgebliche betriebliche Vergütungsordnung ändert. Gibt es außerhalb der zuvor angewandten Vergütungsordnung nur einen nicht weiter gestuften Bereich, begrenzt sich die Mitbeurteilung des Betriebsrats auf die Richtigkeit der Feststellung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer unterfalle nicht mehr der bisherigen Vergütungsordnung. Gelangt der Arbeitgeber als Folge der - mitbestimmungsfreien - Änderung des Arbeitsvertrags zu der Auffassung, die bisherige Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe des maßgeblichen Vergütungssystems sei durch den Abschluss eines Änderungsvertrags insgesamt überholt, hat er den Betriebsrat an der „Ausgruppierung“ eines tariflich eingruppierten Arbeitnehmers im Rahmen der Mitbeurteilung an dieser Entscheidung zu beteiligen (vgl. BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 112, 238; 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 - Rn. 15, BAGE 120, 303).

19

c) Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus.

20

aa) Eine Vergütungsordnung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives - und jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16 mwN).

21

bb) Das Bundesarbeitsgericht hat bisher regelmäßig formuliert, die Verpflichtung zur Eingruppierung setze eine „im Betrieb und für den Arbeitnehmer geltende Vergütungsordnung“ voraus (vgl. etwa BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn 19, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13; 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 20, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20; 14. April 2010 - 7 ABR 91/08 - Rn. 12, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 44 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 5). Wiederholt hat es auch von einem „auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag“ gesprochen (vgl. etwa BAG 12. Dezember 2000 - 1 ABR 23/00 - zu B I der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20; 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16; 9. März 2011 - 7 ABR 118/09 - Rn. 17). Soweit dies dahingehend verstanden werden kann, eine betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung eines Arbeitnehmers bestehe nur, wenn dieser selbst aufgrund beiderseitiger Tarifbindung, einzelvertraglicher Bezugnahme oder aus anderen Gründen einen Anspruch auf Anwendung des Tarifvertrags habe, hält daran der - seit dem 1. Januar 2010 für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten über die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen ausschließlich zuständige - beschließende Senat nicht fest. Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Ist das der Fall, ist der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, eine Eingruppierung vorzunehmen und hieran den Betriebsrat zu beteiligen. Dabei verlangt der Streitfall keine Entscheidung über Folgen der betriebsverfassungsrechtlich gebotenen Eingruppierung auf die vergütungsrechtlichen Ansprüche nicht tarifgebundener Arbeitnehmer.

22

(1) Allerdings handelt es sich bei tariflichen Bestimmungen, die der zutreffenden Eingruppierung in eine tarifliche Vergütungsordnung und der tariflichen Vergütungsgerechtigkeit dienen, regelmäßig nicht etwa um Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG, die unabhängig von der Tarifbindung der Arbeitnehmer für alle Betriebe des tarifgebundenen Arbeitgebers gelten, sondern um Inhaltsnormen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG(vgl. BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29, BAGE 126, 176). Für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer gilt eine tarifliche Vergütungsordnung daher nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend. Das bedeutet aber nicht, dass deshalb die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung dieser Arbeitnehmer entfiele. Die in § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorausgesetzte Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung und die in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats dient der Transparenz und der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit. Der Arbeitgeber soll prüfen, welcher Stufe der in seinem Betrieb geltenden Vergütungsordnung ein Arbeitnehmer nach den Kriterien dieser Vergütungsordnung zuzuordnen ist, und bei dieser Beurteilung den Betriebsrat beteiligen. Es geht also nicht - jedenfalls nicht primär - um die Prüfung individueller Vergütungsansprüche, sondern um die Beachtung der kollektiv geltenden Vergütungsordnung.

23

(2) Dem entspricht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Änderung einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung. Auch insoweit kommt es nicht auf die individuellen Vergütungsansprüche der einzelnen Arbeitnehmer, sondern auf die kollektive betriebliche Geltung der Vergütungsordnung an. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber der Mitbestimmung, soweit nicht eine Regelung nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG besteht(vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats ist unerheblich, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze beruht. Nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab(vgl. BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22). Der Arbeitgeber kann die Entlohnungsgrundsätze einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung deshalb nach dem Wegfall des ursprünglichen Geltungsgrundes nicht einseitig verändern (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20). Auch wenn die normative Geltung eines Tarifvertrags mit dem Übergang des Betriebs auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber endet, ist dieser betriebsverfassungsrechtlich gehalten, das bei dem Veräußerer geltende tarifliche Entgeltschema mit dem im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Inhalt fortzuführen. Zwar entfällt mangels Tarifbindung des Erwerbers der bisherige Geltungsgrund der Vergütungsordnung. Gleichwohl bleibt die ursprünglich tarifliche Vergütungsordnung die für den Betrieb maßgebliche Entgeltstruktur (BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 23, aaO). Nur bei diesem Verständnis lässt sich der Zweck des Beteiligungsrechts erreichen, die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung zu schützen und durch Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beizutragen ( vgl. BAG 22 Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 21, aaO ).

24

(3) Ein Verständnis, wonach der Arbeitgeber nur bei Anwendbarkeit des Tarifvertrags zur Eingruppierung verpflichtet sei, geriete auch in ein kaum sachgerecht aufzulösendes Spannungsverhältnis zu der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer. Um seine Pflicht zur Eingruppierung anlässlich der Einstellung prüfen zu können, müsste der tarifgebundene Arbeitgeber Kenntnis von der Gewerkschaftszugehörigkeit des einzustellenden Arbeitnehmers haben. Hiervon könnte er regelmäßig nur durch eine entsprechende, vor der Einstellung gestellte Frage an den Arbeitnehmer Kenntnis erlangen. Um eine mögliche, gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG verstoßende Diskriminierung von Gewerkschaftsmitgliedern bei der Einstellung zu verhindern, geht aber das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass Bewerber grundsätzlich nicht gezwungen werden sollen, vor der Einstellung ihre Gewerkschaftszugehörigkeit zu offenbaren(BAG 28. März 2000 - 1 ABR 16/99 - zu II 2 d aa bis cc der Gründe, BAGE 94, 169, vgl. auch ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 2 GG Rn. 96; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 278). Auch dies spricht für eine von der Tarifbindung des einzustellenden Arbeitnehmers unabhängige Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung in die bei ihm geltende Vergütungsordnung.

25

(4) Schließlich eröffnet auch erst die vom Arbeitgeber vorgenommene und vom Betriebsrat mitbeurteilte Eingruppierung dem Arbeitnehmer, der insbesondere aufgrund seiner Gewerkschaftszugehörigkeit oder aber auch aus anderen Rechtsgründen Anspruch auf Anwendung des Tarifvertrags hat, die Prüfung, ob eine zwischen ihm und dem Arbeitgeber getroffene Vereinbarung dem tariflichen Anspruch entspricht oder diesen über- oder unterschreitet. Bei einer etwaigen Unterschreitung kann er nach Eingehung des Arbeitsverhältnisses - unter Offenlegung seiner Gewerkschaftszugehörigkeit - die sich aus § 4 Abs. 3 TVG ergebende Unzulässigkeit der einzelvertraglichen Vereinbarung geltend machen. Damit trägt die von der konkreten Tarifbindung des einzelnen Arbeitnehmers unabhängige Eingruppierung in die tarifliche Vergütungsordnung auch zur Einhaltung der Tarifverträge bei, ohne dass ein Arbeitnehmer zur Beurteilung etwaiger tariflicher Ansprüche - quasi auf Verdacht - seine Gewerkschaftszugehörigkeit offenbaren müsste.

26

(5) Der Streitfall verlangt keine abschließende Beurteilung der Frage, welche Wirkung auf die individuellen Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers die betriebsverfassungsrechtlich gebotene Eingruppierung hat, die der Arbeitgeber mit - unmittelbar erteilter oder vom Arbeitsgericht ersetzter - Zustimmung des Betriebsrats vornimmt (vgl. zur begrenzten individualrechtlichen Bindungswirkung einer in einem Zustimmungsersetzungsverfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidung BAG 3. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - zu B II 2 c bb der Gründe, BAGE 77, 1). Jedenfalls folgt aus der Pflicht des Arbeitgebers, auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in die in seinem Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung einzugruppieren, keineswegs ohne Weiteres ein mit der Eingruppierung korrespondierender Anspruch dieser Arbeitnehmer.

27

2. Hiernach ist die Arbeitgeberin verpflichtet, anlässlich der Einstellung der kaufmännischen Angestellten H eine Eingruppierungsentscheidung und infolge der Vertragsänderung mit dem technischen Angestellten Dr. K eine Umgruppierungsentscheidung nach Maßgabe des LGRTV I zu treffen, zu beiden personellen Maßnahmen die Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen und im Falle der frist- und ordnungsgemäßen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die fehlende Tarifbindung der Arbeitnehmer Dr. K und H sowie die mit diesen getroffenen „außertariflichen“ Vereinbarungen stehen der betriebsverfassungsrechtlichen Pflicht der Arbeitgeberin, auch diese beiden Arbeitnehmer nach Maßgabe der in ihrem Betrieb geltenden tariflichen Vergütungsordnung einzugruppieren, nicht entgegen. Die Arbeitgeberin hat die Eingruppierung nicht etwa schon vorgenommen. Sie hat nicht anhand der Kriterien des LGRTV I geprüft, welcher Vergütungsgruppe die beiden Arbeitnehmer zuzuordnen sind oder ob etwa ihre Tätigkeit in der tariflichen Vergütungsordnung nicht abgebildet ist. Sie hat sich vielmehr - aus ihrer Sicht konsequent - auf den Standpunkt gestellt, zu einer solchen Beurteilung nicht verpflichtet zu sein.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Kiel    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Donath    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden

1.
zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;
1a.
Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;
2.
die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
3.
Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung;
4.
Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb;
5.
Maßnahmen zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 2009 - 11 Sa 1262/08 E - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2004 bei der Beklagten als Pflegefachkraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt. Nach § IV des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004 bemisst sich das monatliche Entgelt nach der „tariflichen Eingruppierung gemäß BMT-AW II in Krankenpflegetarifvertrag: IV, Fallgruppe: 5“. Nach Teil II Abschnitt A (Pflegepersonal in Krankenanstalten) des kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbaren Tarifvertrags über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundes-Manteltarifvertrag (BMT-AW II) für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (TV-TM) findet aus der VergGr. IV Fallgr. 5 TV-TM nach dreijähriger Tätigkeit ein Aufstieg in die VergGr. V Fallgr. 21 TV-TM statt.

3

Am 11. September 2006 schloss ver.di mit fünf Unternehmen der AWO-Gruppe Weser-Ems, darunter auch der Beklagten, einen Manteltarifvertrag (MTV 2006). Dieser enthält in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) ua. unter den für die Eingruppierung vorgesehenen Vorschriften jeweils den Hinweis „(Derzeit nicht belegt)“. Nach § 15 MTV 2006(Tabellenentgelt) erfolgt die Entgeltberechnung gemäß den Vereinbarungen in § 34 MTV 2006. Dort heißt es:

        

„Vorrangig zu den Regelungen dieses Tarifvertrages gelten folgende Regelungen:

        

(1)     

Das vorliegende Tarifvertragswerk (…) stellt eine abschließende Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und der sonstigen Beschäftigten im Sinne von § 1 dar und ersetzt ab dem 01.07.2006 ausnahmslos und abschließend alle bis dahin in der AWO Gruppe geltenden oder angewandten tariflichen Regelungen, es sei denn, dieser Tarifvertrag verweist ausdrücklich auf dem BMT-AW II. Soweit Dienst- oder Betriebsvereinbarungen über in diesem Tarifvertrag geregelte Fragen abgeschlossen sind, werden diese durch diesen Tarifvertrag ersetzt. …

        

(2)     

Vergütungszahlungen:

                 

(a)     

Für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.12.2006 werden auf der Basis der Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II die Gehalts- und Lohnzahlungen ausgeführt. Im Rahmen dieser Regelung wird der Arbeitnehmer auf der Basis der für ihn am 01.07.2006 geltenden Tarifbestimmungen der jeweils einschlägigen Eingruppierungs- und Vergütungstarifverträge für Angestellte und Arbeiter des BMT-AW II vergütet.

                 

(b)     

Bis zum 31.12.2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II auf der Basis der für den Arbeitnehmer am 30.06.2006 geltenden Tarifbestimmungen unbeschadet der zum 01.07.2006 in Kraft tretenden Tarifverträge der Gesellschaften in analoger Weise angewendet.

                 

(c)     

Sofern zu einem früheren Zeitpunkt als der 31.12.2006 die Vereinbarung zur Regelung der Eingruppierungen verabschiedet wird, erfolgt zum nächsten 1. des Folgemonats die Anwendung der neuen Tariftabellen. Die Anwendung des BMT-AW II entfällt ab diesem Zeitpunkt.

        

…“    

                 
4

Nach einem auch an die Beklagte gerichteten Schreiben des AWO-Bezirksverbands vom 18. Juli 2007 teilte dieser mit, dass die angestrebte neue Eingruppierungs- und Vergütungstabelle bisher nicht habe vereinbart werden können und ordnete ua. an, ab sofort keine Höhergruppierungen aufgrund eines Bewährungsaufstiegs vorzunehmen. Die Beklagte, die ihre bisherigen und die neueingestellten Arbeitnehmer auch nach dem 31. Dezember 2006 nach den Eingruppierungsregelungen des BMT-AW II und des TV-TM vergütet hatte, zahlte ihren Mitarbeitern seit Juli 2007 mit Ausnahme der individuellen Zulagen nur noch die bisherigen Bruttobezüge weiter. Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht.

5

Mit Schreiben vom 4. September 2007 machte die Klägerin erfolglos ihre Höhergruppierung in die VergGr. V TV-TM zum 1. August 2007 geltend.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage zunächst die Vergütungsdifferenzen zur VergGr. V TV-TM für die Monate August 2007 bis März 2008 iHv. insgesamt 281,76 Euro verlangt. Sie hat gemeint, die Beklagte sei wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrats verpflichtet, die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Entlohnungsgrundsätze weiter anzuwenden.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 281,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag um die Differenzbeträge für die Monate April 2008 bis November 2008 iHv. 281,76 Euro brutto erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Klageanträgen zu Recht entsprochen. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30. November 2008 Anspruch auf die Zahlung der monatlichen Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. 35,22 Euro brutto.

11

I. Der Anspruch der Klägerin folgt allerdings nicht aus § IV Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004. Der dort enthaltene Hinweis auf die Eingruppierung nach dem BMT-AW II enthält keine konstitutive Vereinbarung des TV-TM. Es ist weder naheliegend noch von der Klägerin konkret dargetan, dass die Parteien unabhängig von den für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträgen die Vergütungsordnung des TV-TM vereinbaren wollten.

12

II. Der Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt auch nicht aus dem BMT-AW II sowie Teil II Abschnitt A TV-TM iVm. den jeweiligen Vergütungstabellen. Der BMT-AW II ist ebenso wie der TV-TM seit dem 1. Juli 2006 weder unmittelbar noch kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

13

1. Die bei der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisse werden seit dem 1. Juli 2006 nicht mehr vom BMT-AW II und dem TV-TM erfasst. Deren Geltung endete nach § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 am 30. Juni 2006. Nach diesem Zeitpunkt richten sich die Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter nach den Regelungen des MTV 2006, sofern dieser nicht ausdrücklich auf den BMT-AW II verweist. Nach der Bezugnahme in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II bis zum 31. Dezember 2006 nur entsprechend angewandt.

14

2. Die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Rechtsnormen gelten auch nicht über den 30. Juni 2006 kraft Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) weiter. Die Tarifvertragsparteien haben im MTV 2006 deren Weitergeltung ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten zwar nach dem Ablauf eines Tarifvertrags dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung eines Tarifvertrags kann jedoch auch durch eine Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ausgeschlossen werden (BAG 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - BAGE 86, 366). Dies ist vorliegend durch § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 erfolgt.

15

3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der nur bis zum 31. Dezember 2006 befristeten Weitergeltung der Vorschriften über die Eingruppierung und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II nicht um eine unbewusste Tariflücke handelt, die es den Gerichten erlauben könnte, sie aus einem eindeutig feststellbaren Sinn und Zweck des Tarifvertrags heraus zu schließen.

16

a) Eine bewusste Tariflücke ist anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage erkennbar gewollt ungeregelt lassen und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei die Unterlassung der Regelung ihren Grund auch darin haben kann, dass die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 19/08 - Rn. 24, AP BAT § 23b Nr. 6).

17

b) Hinsichtlich der Eingruppierungsvorschriften liegt für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 eine bewusste Tariflücke vor.

18

Bei Abschluss des MTV 2006 entsprach es dem Willen der Tarifvertragsparteien, die bisherigen Regelungen über die Eingruppierung ersatzlos zu beseitigen und durch eine Neuregelung zu ersetzen. Dies folgt aus den in Abschnitt III des MTV 2006 bereits mit Überschriften versehenen, aber vorläufig nicht ausgestalteten Regelungsbereichen. Die Tarifvertragsparteien sind ersichtlich davon ausgegangen, entweder bis zum 31. Dezember 2006 oder jedenfalls zeitnah zu diesem Termin tarifliche Regelungen über die Eingruppierung sowie über das Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) zu vereinbaren. Nur so ist der in § 34 (1) MTV 2006 bestimmte ersatzlose Wegfall des bisherigen Tarifwerks und die in § 34 (2) Buchst. (a), (b) MTV 2006 enthaltene bis zum 31. Dezember 2006 befristete Regelung über die Vergütungszahlungen und die entsprechende Anwendung der Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BMT-AW II zu erklären. Dies wird verdeutlicht durch § 34 (2) Buchst. (c) MTV 2006, der den Fall einer vor dem 31. Dezember 2006 getroffenen Vereinbarung über die Eingruppierungen betrifft. Einer solchen Absprache hätte es nicht bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien nicht mit einer Anschlussregelung bis voraussichtlich zum Jahresende 2006 gerechnet hätten.

19

c) Dem Senat ist es danach verwehrt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien bis zum Inkrafttreten der im MTV 2006 in Aussicht gestellten Tarifnormen die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM zur Schließung der Regelungslücke weiter anzuwenden. Vielmehr ist es unverändert Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine Regelung für die Ausgestaltung der Eingruppierung ab dem 1. Januar 2007 zu schaffen.

20

III. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 13. August 2004 iVm. den bei der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Zu diesen gehören die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und die Tätigkeitsmerkmale des TV-TM. Danach haben Altenpfleger/innen mit staatlicher Anerkennung nach dreijähriger Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit Anspruch auf eine Vergütung nach der VergGr. V TV-TM. Die Beklagte hat ua. die im TV-TM vorgesehenen Zeitaufstiege seit Juli 2007 nicht mehr vollzogen und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch die Klägerin auf die Fortgeltung der im TV-TM enthaltenen Eingruppierungsregelungen berufen.

21

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

22

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

23

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab(st. Rspr. zuletzt BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22).

24

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265).

25

d) Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber eine tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb anwendet und damit die in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze als betriebliche Vergütungsordnung praktiziert. Durch diese Maßnahme wird das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gleichermaßen betroffen. Die Entscheidung über die Übernahme der im Tarifvertrag enthaltenen Entlohnungsgrundsätze und deren Anwendung im Betrieb berührt die Verteilungsgerechtigkeit. Wird die im Tarifvertrag enthaltene Vergütungsstruktur geändert oder vollständig durch eine Neuregelung ersetzt und wendet der Arbeitgeber die geänderten Vorschriften im Betrieb an, ändern sich dadurch auch die betrieblichen Entlohnungsgrundsätze.

26

e) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung kann durch § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG beschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG) ist oder der Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 1, 4 TVG) gilt. Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben. Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17). Fehlt es an einer solchen tariflichen Regelung, unterliegt die Änderung der bisher im Betrieb angewandten Entlohnungsgrundsätze auch bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber der Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

27

2. Die Beklagte hat bei der Abkehr von den Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM ab Juli 2007 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

28

a) Die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM waren auch nach dem 31. Dezember 2006 ein Teil der mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, durch die das bei der Beklagten geltende Vergütungssystem näher ausgestaltet wurde. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die sich aus dem BMT-AW II sowie dem TV-TM ergebende Vergütungsstruktur nach Ablauf des in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 bestimmten Zeitraums von der Beklagten fortgeführt worden. Sie hat sich nicht auf die Auszahlung der am 31. Dezember 2006 maßgeblichen Bruttovergütung beschränkt, sondern neu eingestellte Mitarbeiter auf der Grundlage des BMT-AW II sowie des TV-TM eingruppiert und bei länger beschäftigten Mitarbeitern Bewährungsaufstiege vollzogen. Damit galt bei der Beklagten weiterhin ein Entlohnungssystem, bei dem sich die Eingruppierungen der Arbeitnehmer nach den Tätigkeitsmerkmalen des BMT-AW II sowie des TV-TM richteten. Diese waren ua. durch die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs aus bestimmten Vergütungsgruppen gekennzeichnet.

29

b) Diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte nach dem Schreiben des AWO-Bezirksverbands im Juli 2007 aufgegeben. Seit diesem Zeitpunkt hat sie weder Erhöhungen der Lebensalterstufe noch Erhöhungen des Ortszuschlags oder etwaige Höhergruppierungen aufgrund von Zeit- bzw. Bewährungsaufstiegen vorgenommen. Die damit verbundene Änderung der bei ihr geltenden Entlohnungsgrundsätze konnte sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle vornehmen, an der es vorliegend fehlt.

30

c) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen.

31

Eine abschließende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG liegt nicht vor. Der MTV 2006 enthält keine das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vollständig verdrängende Regelung über die Vergütungsstruktur. Die Regelung in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) des MTV 2006 betrifft lediglich Teile der für die Beklagte geltenden Vergütungsordnung. Die Tarifvertragsparteien haben sich auf die Ausgestaltung der Voraussetzungen für die vorübergehende Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit (§ 14 MTV 2006), die Erschwerniszuschläge (§ 18 MTV 2006), die Jahressonderzahlung (§ 19 MTV 2006), die Entgeltfortzahlung (§§ 20, 21 MTV 2006), besondere und anlassbezogene Zahlungen (§ 22 MTV 2006) sowie die Berechnung und Auszahlung des Entgelts (§ 23 MTV 2006) beschränkt. Nur bei diesen Teilbereichen liegt eine abschließende tarifliche Regelung vor, während es an einer die Regelungssperre in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG auslösenden Ausgestaltung bei der Eingruppierung (§§ 12, 13 MTV 2006) und dem Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) fehlt. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist auch nicht deswegen entfallen, weil die Tarifvertragsparteien durch die Normüberschriften in Abschnitt III des MTV 2006 eine tarifliche Regelung für die derzeit noch nicht geregelten Bereiche in Aussicht gestellt haben. Die Beteiligung des Betriebsrats im Bereich der sozialen Angelegenheiten wird - anders als im Bereich des § 77 Abs. 3 BetrVG - nur durch die tatsächlich ausgeübte tarifliche Normsetzung ausgeschlossen.

32

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit von August 2007 bis November 2008 die Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. insgesamt 563,52 Euro brutto zu zahlen.

33

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

34

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 43 mwN, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Münzer    

        

    Hayen    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. Februar 2009 - 11 Sa 1262/08 E - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2004 bei der Beklagten als Pflegefachkraft in einem Teilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt. Nach § IV des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004 bemisst sich das monatliche Entgelt nach der „tariflichen Eingruppierung gemäß BMT-AW II in Krankenpflegetarifvertrag: IV, Fallgruppe: 5“. Nach Teil II Abschnitt A (Pflegepersonal in Krankenanstalten) des kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbaren Tarifvertrags über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundes-Manteltarifvertrag (BMT-AW II) für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (TV-TM) findet aus der VergGr. IV Fallgr. 5 TV-TM nach dreijähriger Tätigkeit ein Aufstieg in die VergGr. V Fallgr. 21 TV-TM statt.

3

Am 11. September 2006 schloss ver.di mit fünf Unternehmen der AWO-Gruppe Weser-Ems, darunter auch der Beklagten, einen Manteltarifvertrag (MTV 2006). Dieser enthält in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) ua. unter den für die Eingruppierung vorgesehenen Vorschriften jeweils den Hinweis „(Derzeit nicht belegt)“. Nach § 15 MTV 2006(Tabellenentgelt) erfolgt die Entgeltberechnung gemäß den Vereinbarungen in § 34 MTV 2006. Dort heißt es:

        

„Vorrangig zu den Regelungen dieses Tarifvertrages gelten folgende Regelungen:

        

(1)     

Das vorliegende Tarifvertragswerk (…) stellt eine abschließende Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer und der sonstigen Beschäftigten im Sinne von § 1 dar und ersetzt ab dem 01.07.2006 ausnahmslos und abschließend alle bis dahin in der AWO Gruppe geltenden oder angewandten tariflichen Regelungen, es sei denn, dieser Tarifvertrag verweist ausdrücklich auf dem BMT-AW II. Soweit Dienst- oder Betriebsvereinbarungen über in diesem Tarifvertrag geregelte Fragen abgeschlossen sind, werden diese durch diesen Tarifvertrag ersetzt. …

        

(2)     

Vergütungszahlungen:

                 

(a)     

Für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.12.2006 werden auf der Basis der Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II die Gehalts- und Lohnzahlungen ausgeführt. Im Rahmen dieser Regelung wird der Arbeitnehmer auf der Basis der für ihn am 01.07.2006 geltenden Tarifbestimmungen der jeweils einschlägigen Eingruppierungs- und Vergütungstarifverträge für Angestellte und Arbeiter des BMT-AW II vergütet.

                 

(b)     

Bis zum 31.12.2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II auf der Basis der für den Arbeitnehmer am 30.06.2006 geltenden Tarifbestimmungen unbeschadet der zum 01.07.2006 in Kraft tretenden Tarifverträge der Gesellschaften in analoger Weise angewendet.

                 

(c)     

Sofern zu einem früheren Zeitpunkt als der 31.12.2006 die Vereinbarung zur Regelung der Eingruppierungen verabschiedet wird, erfolgt zum nächsten 1. des Folgemonats die Anwendung der neuen Tariftabellen. Die Anwendung des BMT-AW II entfällt ab diesem Zeitpunkt.

        

…“    

                 
4

Nach einem auch an die Beklagte gerichteten Schreiben des AWO-Bezirksverbands vom 18. Juli 2007 teilte dieser mit, dass die angestrebte neue Eingruppierungs- und Vergütungstabelle bisher nicht habe vereinbart werden können und ordnete ua. an, ab sofort keine Höhergruppierungen aufgrund eines Bewährungsaufstiegs vorzunehmen. Die Beklagte, die ihre bisherigen und die neueingestellten Arbeitnehmer auch nach dem 31. Dezember 2006 nach den Eingruppierungsregelungen des BMT-AW II und des TV-TM vergütet hatte, zahlte ihren Mitarbeitern seit Juli 2007 mit Ausnahme der individuellen Zulagen nur noch die bisherigen Bruttobezüge weiter. Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht.

5

Mit Schreiben vom 4. September 2007 machte die Klägerin erfolglos ihre Höhergruppierung in die VergGr. V TV-TM zum 1. August 2007 geltend.

6

Die Klägerin hat mit ihrer Klage zunächst die Vergütungsdifferenzen zur VergGr. V TV-TM für die Monate August 2007 bis März 2008 iHv. insgesamt 281,76 Euro verlangt. Sie hat gemeint, die Beklagte sei wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrats verpflichtet, die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Entlohnungsgrundsätze weiter anzuwenden.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 281,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2008 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag um die Differenzbeträge für die Monate April 2008 bis November 2008 iHv. 281,76 Euro brutto erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Klageanträgen zu Recht entsprochen. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30. November 2008 Anspruch auf die Zahlung der monatlichen Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. 35,22 Euro brutto.

11

I. Der Anspruch der Klägerin folgt allerdings nicht aus § IV Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 13. August 2004. Der dort enthaltene Hinweis auf die Eingruppierung nach dem BMT-AW II enthält keine konstitutive Vereinbarung des TV-TM. Es ist weder naheliegend noch von der Klägerin konkret dargetan, dass die Parteien unabhängig von den für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträgen die Vergütungsordnung des TV-TM vereinbaren wollten.

12

II. Der Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt auch nicht aus dem BMT-AW II sowie Teil II Abschnitt A TV-TM iVm. den jeweiligen Vergütungstabellen. Der BMT-AW II ist ebenso wie der TV-TM seit dem 1. Juli 2006 weder unmittelbar noch kraft Nachwirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

13

1. Die bei der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisse werden seit dem 1. Juli 2006 nicht mehr vom BMT-AW II und dem TV-TM erfasst. Deren Geltung endete nach § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 am 30. Juni 2006. Nach diesem Zeitpunkt richten sich die Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter nach den Regelungen des MTV 2006, sofern dieser nicht ausdrücklich auf den BMT-AW II verweist. Nach der Bezugnahme in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 werden die Regelungen der Eingruppierungen und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II bis zum 31. Dezember 2006 nur entsprechend angewandt.

14

2. Die im BMT-AW II und im TV-TM enthaltenen Rechtsnormen gelten auch nicht über den 30. Juni 2006 kraft Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) weiter. Die Tarifvertragsparteien haben im MTV 2006 deren Weitergeltung ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten zwar nach dem Ablauf eines Tarifvertrags dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung eines Tarifvertrags kann jedoch auch durch eine Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ausgeschlossen werden (BAG 8. Oktober 1997 - 4 AZR 87/96 - BAGE 86, 366). Dies ist vorliegend durch § 34 (1) Satz 1 MTV 2006 erfolgt.

15

3. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der nur bis zum 31. Dezember 2006 befristeten Weitergeltung der Vorschriften über die Eingruppierung und der Vergütungs- und Lohntabellen des BMT-AW II nicht um eine unbewusste Tariflücke handelt, die es den Gerichten erlauben könnte, sie aus einem eindeutig feststellbaren Sinn und Zweck des Tarifvertrags heraus zu schließen.

16

a) Eine bewusste Tariflücke ist anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage erkennbar gewollt ungeregelt lassen und dies in einer entsprechenden Auslassung seinen Ausdruck findet, wobei die Unterlassung der Regelung ihren Grund auch darin haben kann, dass die Tarifvertragsparteien sich über die betreffende Frage nicht haben einigen können (BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 19/08 - Rn. 24, AP BAT § 23b Nr. 6).

17

b) Hinsichtlich der Eingruppierungsvorschriften liegt für die Zeit ab dem 1. Januar 2007 eine bewusste Tariflücke vor.

18

Bei Abschluss des MTV 2006 entsprach es dem Willen der Tarifvertragsparteien, die bisherigen Regelungen über die Eingruppierung ersatzlos zu beseitigen und durch eine Neuregelung zu ersetzen. Dies folgt aus den in Abschnitt III des MTV 2006 bereits mit Überschriften versehenen, aber vorläufig nicht ausgestalteten Regelungsbereichen. Die Tarifvertragsparteien sind ersichtlich davon ausgegangen, entweder bis zum 31. Dezember 2006 oder jedenfalls zeitnah zu diesem Termin tarifliche Regelungen über die Eingruppierung sowie über das Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) zu vereinbaren. Nur so ist der in § 34 (1) MTV 2006 bestimmte ersatzlose Wegfall des bisherigen Tarifwerks und die in § 34 (2) Buchst. (a), (b) MTV 2006 enthaltene bis zum 31. Dezember 2006 befristete Regelung über die Vergütungszahlungen und die entsprechende Anwendung der Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BMT-AW II zu erklären. Dies wird verdeutlicht durch § 34 (2) Buchst. (c) MTV 2006, der den Fall einer vor dem 31. Dezember 2006 getroffenen Vereinbarung über die Eingruppierungen betrifft. Einer solchen Absprache hätte es nicht bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien nicht mit einer Anschlussregelung bis voraussichtlich zum Jahresende 2006 gerechnet hätten.

19

c) Dem Senat ist es danach verwehrt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien bis zum Inkrafttreten der im MTV 2006 in Aussicht gestellten Tarifnormen die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM zur Schließung der Regelungslücke weiter anzuwenden. Vielmehr ist es unverändert Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine Regelung für die Ausgestaltung der Eingruppierung ab dem 1. Januar 2007 zu schaffen.

20

III. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der geltend gemachten Differenzvergütung folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 13. August 2004 iVm. den bei der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Zu diesen gehören die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und die Tätigkeitsmerkmale des TV-TM. Danach haben Altenpfleger/innen mit staatlicher Anerkennung nach dreijähriger Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit Anspruch auf eine Vergütung nach der VergGr. V TV-TM. Die Beklagte hat ua. die im TV-TM vorgesehenen Zeitaufstiege seit Juli 2007 nicht mehr vollzogen und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch die Klägerin auf die Fortgeltung der im TV-TM enthaltenen Eingruppierungsregelungen berufen.

21

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

22

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 135 = EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 7). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

23

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab(st. Rspr. zuletzt BAG 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22).

24

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265).

25

d) Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitgeber eine tarifliche Vergütungsordnung im Betrieb anwendet und damit die in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze als betriebliche Vergütungsordnung praktiziert. Durch diese Maßnahme wird das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gleichermaßen betroffen. Die Entscheidung über die Übernahme der im Tarifvertrag enthaltenen Entlohnungsgrundsätze und deren Anwendung im Betrieb berührt die Verteilungsgerechtigkeit. Wird die im Tarifvertrag enthaltene Vergütungsstruktur geändert oder vollständig durch eine Neuregelung ersetzt und wendet der Arbeitgeber die geänderten Vorschriften im Betrieb an, ändern sich dadurch auch die betrieblichen Entlohnungsgrundsätze.

26

e) Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung kann durch § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG beschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden (§ 3 Abs. 1 TVG) ist oder der Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 1, 4 TVG) gilt. Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien selbst über die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit eine zwingende und abschließende inhaltliche Regelung getroffen und damit dem Schutzzweck des verdrängten Mitbestimmungsrechts Genüge getan haben. Die Tarifvertragsparteien dürfen das Mitbestimmungsrecht nicht ausschließen oder einschränken, ohne die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst zu regeln (BAG 9. November 2010 - 1 ABR 75/09 - Rn. 17). Fehlt es an einer solchen tariflichen Regelung, unterliegt die Änderung der bisher im Betrieb angewandten Entlohnungsgrundsätze auch bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber der Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

27

2. Die Beklagte hat bei der Abkehr von den Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM ab Juli 2007 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

28

a) Die Eingruppierungsvorschriften des BMT-AW II und des TV-TM waren auch nach dem 31. Dezember 2006 ein Teil der mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Entlohnungsgrundsätze iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, durch die das bei der Beklagten geltende Vergütungssystem näher ausgestaltet wurde. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die sich aus dem BMT-AW II sowie dem TV-TM ergebende Vergütungsstruktur nach Ablauf des in § 34 (2) Buchst. (b) MTV 2006 bestimmten Zeitraums von der Beklagten fortgeführt worden. Sie hat sich nicht auf die Auszahlung der am 31. Dezember 2006 maßgeblichen Bruttovergütung beschränkt, sondern neu eingestellte Mitarbeiter auf der Grundlage des BMT-AW II sowie des TV-TM eingruppiert und bei länger beschäftigten Mitarbeitern Bewährungsaufstiege vollzogen. Damit galt bei der Beklagten weiterhin ein Entlohnungssystem, bei dem sich die Eingruppierungen der Arbeitnehmer nach den Tätigkeitsmerkmalen des BMT-AW II sowie des TV-TM richteten. Diese waren ua. durch die Möglichkeit eines Zeitaufstiegs aus bestimmten Vergütungsgruppen gekennzeichnet.

29

b) Diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte nach dem Schreiben des AWO-Bezirksverbands im Juli 2007 aufgegeben. Seit diesem Zeitpunkt hat sie weder Erhöhungen der Lebensalterstufe noch Erhöhungen des Ortszuschlags oder etwaige Höhergruppierungen aufgrund von Zeit- bzw. Bewährungsaufstiegen vorgenommen. Die damit verbundene Änderung der bei ihr geltenden Entlohnungsgrundsätze konnte sie nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle vornehmen, an der es vorliegend fehlt.

30

c) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen.

31

Eine abschließende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG liegt nicht vor. Der MTV 2006 enthält keine das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vollständig verdrängende Regelung über die Vergütungsstruktur. Die Regelung in Abschnitt III (Eingruppierung und Entgelt) des MTV 2006 betrifft lediglich Teile der für die Beklagte geltenden Vergütungsordnung. Die Tarifvertragsparteien haben sich auf die Ausgestaltung der Voraussetzungen für die vorübergehende Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit (§ 14 MTV 2006), die Erschwerniszuschläge (§ 18 MTV 2006), die Jahressonderzahlung (§ 19 MTV 2006), die Entgeltfortzahlung (§§ 20, 21 MTV 2006), besondere und anlassbezogene Zahlungen (§ 22 MTV 2006) sowie die Berechnung und Auszahlung des Entgelts (§ 23 MTV 2006) beschränkt. Nur bei diesen Teilbereichen liegt eine abschließende tarifliche Regelung vor, während es an einer die Regelungssperre in § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG auslösenden Ausgestaltung bei der Eingruppierung (§§ 12, 13 MTV 2006) und dem Tabellenentgelt (§§ 15 bis 17 MTV 2006) fehlt. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist auch nicht deswegen entfallen, weil die Tarifvertragsparteien durch die Normüberschriften in Abschnitt III des MTV 2006 eine tarifliche Regelung für die derzeit noch nicht geregelten Bereiche in Aussicht gestellt haben. Die Beteiligung des Betriebsrats im Bereich der sozialen Angelegenheiten wird - anders als im Bereich des § 77 Abs. 3 BetrVG - nur durch die tatsächlich ausgeübte tarifliche Normsetzung ausgeschlossen.

32

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, der Klägerin für die Zeit von August 2007 bis November 2008 die Differenzvergütung zur VergGr. V TV-TM iHv. insgesamt 563,52 Euro brutto zu zahlen.

33

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

34

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08 - Rn. 43 mwN, EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 22). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Münzer    

        

    Hayen    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. April 2009 - 2 Sa 1689/08 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche Lebensaltersstufe bei der Berechnung der tariflichen Vergütung des Klägers zugrunde zu legen war.

2

Der 1976 geborene, nicht tarifgebundene Kläger war vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2008 beim beklagten Land an der Universität M als Angestellter tätig, zuletzt aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007. In diesem ist ua. vereinbart, dass der Kläger ab dem 1. August 2007 bis zum 31. Dezember 2008 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten weiterbeschäftigt wird, das Arbeitsverhältnis sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den sonstigen einschlägigen Tarifverträgen für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bestimmt, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind, und der Kläger in der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a/1 b zum BAT eingruppiert ist.

3

Das beklagte Land ist mit Ablauf des 31. März 2004 aus der TdL ausgetreten, die Tarifvertragspartei des BAT ist. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 sind für den Bereich des Bundes mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 und für den Bereich der TdL mit Wirkung vom 1. November 2006 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 hat das beklagte Land mit verschiedenen Gewerkschaften den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen (TV-H) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Hessen in den TV-H und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-H) abgeschlossen.

4

§ 3 TVÜ-H und die Protokollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H lauten:

        

„§ 3   

Überleitung in den TV-H.

        

(1) Die von § 1 Absatz 1 erfassten Beschäftigten werden am 1. Januar 2010 nach den folgenden Regelungen in den TV-H übergeleitet.

        

(2) Die Überleitung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT erfolgt entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems. Die Überleitungsregelungen regeln nicht die Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009.

                 
        

Protokollerklärung zu § 3 Absatz 2 Satz 1:

        

Durch Absatz 2 Satz 1 wird sichergestellt, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Der Schutz dieses bestehenden, auf den bisherigen individuellen Lebensaltersstufen basierenden Besitzstands wird durch die Anknüpfung der Überleitungsregelungen an das nach Maßgabe von § 5 festgelegte Vergleichsentgelt geregelt. Die Tarifvertragsparteien sind sich - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des LAG Köln, Urteil vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber einig, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben.“

5

Die Bezügestelle des beklagten Landes berechnete die Grundvergütung des Klägers für die Monate August 2007 bis Februar 2008 versehentlich statt nach der aufgrund seines Alters zutreffenden Lebensaltersstufe 31 nach der Lebensaltersstufe 45, der letzten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT. Der Kläger erhielt aufgrund dieses Versehens in dem genannten Zeitraum nicht wie im Juli 2007 monatlich 1.317,83 Euro brutto, sondern 1.709,96 Euro brutto. Das beklagte Land forderte den Kläger in einem Schreiben vom 25. Februar 2008 auf, 2.148,46 Euro netto zurückzuzahlen, und behielt den geltend gemachten Betrag im Wege der Verrechnung von der Vergütung des Klägers ein. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner dem beklagten Land am 19. Juni 2008 zugestellten Klage.

6

Der Kläger hat gemeint, die Bemessung der tariflichen Grundvergütung nach Lebensaltersstufen beinhalte eine nicht zulässige Altersdiskriminierung. Das beklagte Land habe deshalb bei der Berechnung der Grundvergütung die Lebensaltersstufe 45 zugrunde zu legen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT nach der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 zu zahlen,

        

hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.747,01 Euro brutto zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Lebensaltersstufenregelung des BAT benachteilige jüngere Angestellte nicht wegen ihres Alters gegenüber älteren Angestellten. Jedenfalls wäre eine Benachteiligung bei der gebotenen typisierenden Betrachtung durch legitime Ziele gemäß § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG gerechtfertigt. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, dürfe keine Anpassung „nach oben“ vorgenommen werden. § 7 Abs. 2 AGG ordne als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot die Unwirksamkeit entgegenstehender Vereinbarungen an. Der Gesetzgeber habe jedoch nicht geregelt, was an Stelle der unwirksamen Regelungen gelten solle. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie bilde die verfassungsrechtliche Grenze der Schließung einer entstandenen Regelungslücke durch die Gerichte für Arbeitssachen. Diese Grenze sei überschritten, wenn eine Norm, die bestimmten Arbeitnehmergruppen eine Leistung gewähren wolle, in eine Regelung umgewandelt werde, die allen Arbeitnehmern diese Leistung zuerkenne. Durch eine Anpassung „nach oben“ entstünde eine massive rückwirkende Belastung des Arbeitgebers, die in die Tarifautonomie eingreife, indem sie die Gesamtbelastung des Arbeitgebers verändere und nicht berücksichtige, dass die Tarifvertragsparteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit des Systems das Gesamtbelastungsvolumen anders verteilt hätten. Aus diesen Gründen sei es richtig, die vom Bundesverfassungsgericht zur Nichtigkeit von Gesetzen entwickelten Grundsätze auch auf Tarifverträge anzuwenden und diskriminierende Bestimmungen eines Tarifvertrags für die Zukunft für unwirksam zu erklären, ohne die Nichtigkeit ex tunc eintreten zu lassen. Damit werde eine nachhaltige Erweiterung des Dotierungsrahmens vermieden und der Bindung des öffentlichen Arbeitgebers an das Haushaltsrecht Rechnung getragen. Eine massive Verschiebung des Dotierungsrahmens widerspräche auch dem Willen der Tarifvertragsparteien. Dies belege der am 1. Januar 2010 in Kraft getretene TV-H. Es treffe nicht zu, dass nur eine Möglichkeit der Korrektur bestehe. So könnten die Tarifvertragsparteien zB für die Vergangenheit die Lebensaltersstufen durch eine Stufung nach Beschäftigungsjahren ersetzen und dabei eine Erhaltung des Besitzstands zugunsten der älteren Angestellten festlegen. Bei Annahme einer nicht gerechtfertigten Vergütung nach Lebensaltersstufen sei von der Gesamtnichtigkeit des Entgeltsystems auszugehen. Dies habe zur Folge, dass kein Angestellter Anspruch auf eine höhere Vergütung habe.

9

Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gebiete keine Anpassung „nach oben“. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union in Fällen der Geschlechterdiskriminierung eine Anpassung „nach oben“ vorgenommen habe, sei es anders als im Entscheidungsfall jeweils „nur“ um die Benachteiligung einer verhältnismäßig kleinen Gruppe gegangen. Seien Ausnahmebestimmungen aufgrund von Verstößen gegen Diskriminierungsverbote nichtig, liege es nahe, die Regel anzuwenden. Um einen Verstoß einer Ausnahmebestimmung gegen ein Diskriminierungsverbot gehe es bei der Vergütung nach Lebensaltersstufen aber nicht.

10

Unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens, wie er in § 15 Abs. 3 AGG zum Ausdruck komme, müsste allenfalls eine Anpassung „nach unten“ erfolgen. Das Haftungsprivileg dieser Vorschrift greife auch bei der Anwendung des § 27 Abschn. A BAT. Grobe Fahrlässigkeit liege erst dann vor, wenn der Arbeitgeber eine Tarifnorm anwende, die nach gefestigter Rechtsprechung „AGG-widrig“ sei. § 8 Abs. 2 AGG stehe einer Anpassung „nach unten“ nicht entgegen. Für eine Anpassung „nach unten“ spreche, dass die Anfangsgrundvergütung die Regel sei, von der Stufe für Stufe Ausnahmen vorgesehen seien. Seien sämtliche mit Erreichen eines höheren Lebensalters verbundene Steigerungen als gleichheitswidrige Ausnahmen gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, bleibe allein die Anfangsgrundvergütung wirksam.

11

Schließlich würde auch der Vertrauensschutz den Anspruch des Klägers hindern. Die Voraussetzungen einer zulässigen unechten Rückwirkung lägen nicht vor. Bei der letzten Änderung des BAT im Januar 2003 hätte den Tarifvertragsparteien des BAT nicht bewusst sein können, dass sie ein ungeschriebenes primärrechtliches Altersdiskriminierungsverbot beachten müssten. Eine durch das AGG rückwirkend herbeigeführte Unwirksamkeit des § 27 Abschn. A BAT wäre unverhältnismäßig. Die Mehrkosten bei einer Anpassung „nach oben“ beliefen sich ohne Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeitragsanteile auf jährlich ca. 100 Millionen Euro. Dem Vertrauensschutz stehe nicht entgegen, dass die Parteien den letzten befristeten Arbeitsvertrag am 27. Juni 2007 und damit nach Austritt des beklagten Landes aus der TdL abgeschlossen hätten. Eine Möglichkeit, von den Vergütungsregelungen im BAT abzuweichen, habe in der Praxis nicht bestanden. Hinzu komme, dass die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bildung des Vergleichsentgelts bisher nicht in Frage gestellt habe, dass bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts die Grundvergütung mit der altersmäßig zutreffenden Lebensaltersstufe zugrunde zu legen sei.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klageänderung, die sich auf den Feststellungsantrag des Klägers zur Bemessung der Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ bezog, für nicht zulässig gehalten und hat die Klage größtenteils abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage gemäß dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision des beklagten Landes zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 die beanspruchte Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ zu.

14

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Trotz des Vergangenheitsbezugs der Feststellungsklage liegt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Der verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das angestrebte Feststellungsurteil geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann vom beklagten Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass es einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird (vgl. BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 449/09 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 78 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 3).

15

II. Das beklagte Land ist aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 27. Juni 2007, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT bestimmt, verpflichtet, dem Kläger für die Monate August 2007 bis Dezember 2008 Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT unter Zugrundelegung der Lebensaltersstufe „nach vollendetem 45. Lebensjahr“ zu zahlen. Nur so kann die Diskriminierung des Klägers beseitigt werden.

16

1. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (GRC) verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist, verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist. Damit ist nur noch darüber zu entscheiden, auf welche Art und Weise der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot zu beseitigen ist.

17

2. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes steht dem Kläger aufgrund der Unwirksamkeit der in § 27 Abschn. A BAT angeordneten Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen nicht nur in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung zu(Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 193; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c). Bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007, in dem auf die Vergütungsregelungen des BAT Bezug genommen wurde, war weder der Kläger noch das beklagte Land tarifgebunden. Bei einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme nicht tarifgebundener Arbeitsvertragsparteien auf ein unwirksames tarifliches Vergütungssystem kommt zwar in Betracht, in entsprechender Anwendung von § 612 Abs. 2 BGB auf die übliche Vergütung abzustellen(Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 620 f.). Betrifft die Nichtigkeit allein die Vergütungsvereinbarung, fingiert § 612 Abs. 1 BGB die Vergütungsvereinbarung, während sich die Höhe der Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB bestimmt(MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 7). Jedoch würde dadurch, dass dem Kläger die übliche Vergütung gezahlt wird, entgegen der Auffassung des beklagten Landes die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters nicht beseitigt. Mangels einer Tarifbindung des beklagten Landes am 27. Juni 2007 liegt zwar keine Gleichstellungsabrede vor (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - BAGE 116, 326; 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Bezugnahmeklausel Nr. 7). Es macht für die Frage einer Diskriminierung wegen des Alters jedoch keinen entscheidenden Unterschied, ob die Arbeitsvertragsparteien beiderseits tarifgebunden sind und damit die tariflichen Vergütungsvorschriften unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder ob die Arbeitsvertragsparteien wie hier auf ein tarifliches Vergütungssystem Bezug genommen haben. Die Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen seines Alters wird noch nicht dadurch beseitigt, dass ihm die übliche Vergütung gezahlt wird. Diese könnte sogar niedriger sein als das Arbeitsentgelt, das der aufgrund seines Alters diskriminierte Arbeitnehmer bisher erhalten hat. Zur Beseitigung der Benachteiligung ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer die Vergütung erhält, die sein Arbeitgeber den nicht wegen ihres Alters diskriminierten Arbeitnehmern gezahlt hat.

18

3. Allerdings ist dem beklagten Land einzuräumen, dass mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) nur geklärt ist, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen unwirksam ist, jedoch noch nicht entschieden ist, ob der Verstoß gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters nur durch eine Anpassung „nach oben“ oder auch auf andere Art und Weise beseitigt werden kann.

19

a) Wenngleich überwiegend bei einem Verstoß eines tarifvertraglichen Vergütungssystems gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters eine Anpassung „nach oben“ befürwortet wird und diese Anpassung auch der allgemeinen Systematik entspricht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 187 ff.; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c; Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 52 mwN), besteht doch keine völlige Einigkeit, wie der Verstoß des Vergütungssystems des BAT gegen das Diskriminierungsverbot zu beheben ist. Dies ist der Besonderheit geschuldet, dass nicht einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer Leistung des Arbeitgebers ausgenommen und dadurch benachteiligt werden, sondern ein tarifliches Vergütungssystem insgesamt gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist und dies zu einem Regelungsvakuum führt(vgl. Lingemann/Gotham NZA 2007, 663, 667; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 333).

20

aa) So wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, das Dogma einer generellen Anpassung „nach oben“ hätte absurde praktische Konsequenzen (Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 7 Rn. 29). Auch soll das Anfangsgrundgehalt in den Vergütungsgruppen des BAT die Regelleistung sein, von der Stufe für Stufe gleichheitswidrige Ausnahmen vorgesehen werden (Krebber EuZA 2009, 200, 213). Dies soll zur Folge haben, dass sich der Anspruch aller Angestellten auf diese Regelleistung beschränkt, wenn die Tarifvertragsparteien nicht innerhalb einer ihnen einzuräumenden Übergangsfrist die diskriminierenden Regelungen ersetzen.

21

bb) Die Annahme, die Anfangsgrundvergütung sei die Regelleistung, überzeugt jedoch nicht. Die Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen ist nach § 27 Abschn. A Abs. 1 BAT die Regel. Die höheren Grundvergütungen werden nicht nur „ausnahmsweise“ gezahlt. Vielmehr ist dies bei der Anfangsgrundvergütung der Fall. Im Übrigen wird Angestellten nie die Anfangsgrundvergütung gezahlt, wenn sie bei ihrer Einstellung bereits das 23. bzw. 25. Lebensjahr vollendet haben. Hinzu kommt, dass nach Art. 16 Buchst. b RL 2000/78 die verbotswidrigen Regelungen entweder für nichtig erklärt werden müssen oder erklärt werden können oder sichergestellt werden muss, dass sie geändert werden. Hätten alle Angestellten nur Anspruch auf die Anfangsgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe, wenn die Tarifvertragsparteien keine diskriminierungsfreie Regelung treffen, fehlte es an einer Sanktion, die einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz gewährt und abschreckende Wirkung hat (vgl. Kamanabrou ZfA 2006, 327, 330; Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 191).

22

b) Die Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden.

23

aa) Stellt das Bundesverfassungsgericht einen Gleichheitsverstoß fest, hat der Gesetzgeber in der Regel mehrere Möglichkeiten, diesen zu beheben. Das Bundesverfassungsgericht überlässt ihm aus kompetenzrechtlichen Gründen deshalb grundsätzlich die Entscheidung, in welcher Weise er den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügen will, sieht regelmäßig vom Nichtigkeitsausspruch ab und beschränkt sich auf eine Unvereinbarkeitserklärung (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 52). Bei gleichheitswidrigen Tarifverträgen haben die Gerichte für Arbeitssachen zwar die Verwerfungskompetenz, auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Benachteiligung beseitigt wird, aufgrund der Gewährleistung der Tarifautonomie des Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien obliegt oder ob die Gerichte für Arbeitssachen eine Anpassung „nach oben“ vornehmen dürfen, indem sie die für die Bessergestellten geltenden Tarifbestimmungen auf die Benachteiligten erstrecken(Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107). Eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit ist bisher grundsätzlich nur bei Nichtigkeit einer Ausnahmeregelung erfolgt, wenn nach dem Regelungstatbestand unter Berücksichtigung der Zusatzbelastung des Arbeitgebers anzunehmen war, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung auch mit erweitertem Anwendungsbereich getroffen hätten (vgl. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - BAGE 79, 236), oder die Benachteiligung für die Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden konnte (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 43, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20; 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 54, BAGE 133, 354; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 37, BAGE 129, 93; 13. November 1985 - 4 AZR 234/84 - BAGE 50, 137). Im Urteil vom 28. Mai 1996 (- 3 AZR 752/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 143 = EzA GG Art. 3 Nr. 55) hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass die benachteiligten Arbeitnehmer für zurückliegende Zeiten einen Anspruch auf den ihnen vorenthaltenen Zuschuss haben, wenn der Arbeitgeber nicht sichergestellt hat, dass seine Rückforderungsansprüche gegen diejenigen Arbeitnehmer, denen er den Zuschuss gewährt hat, nicht verfallen und wenn ihm bewusst war, dass die Zuschussregelung möglicherweise insgesamt unwirksam ist.

24

bb) Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 ist eine Angleichung „nach oben“ schon deshalb gerechtfertigt, weil der Anspruch auf ein höheres Grundgehalt den älteren Angestellten nicht rückwirkend entzogen werden kann, so dass nur diese Möglichkeit besteht (vgl. Wank FS Wißmann S. 599, 617; Kittner/Däubler/Zwanziger/Zwanziger KSchR 8. Aufl. Art. 3 GG Rn. 35).

25

(1) Das beklagte Land wäre bereits aufgrund der tariflichen sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. des § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-H gehindert, bereits verfallene Gehaltsrückforderungsansprüche gegenüber älteren Angestellten mit Erfolg geltend zu machen.

26

(2) Auch soweit die tarifliche Ausschlussfrist nicht entgegensteht, muss die Beseitigung von in der Vergangenheit liegenden Folgen der Benachteiligung das Vertrauen der älteren Angestellten auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT schützen (Schlachter FS Schaub S. 651, 662). Die Normunterworfenen und damit auch die älteren Angestellten dürfen grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Nur so kann der Tarifvertrag seiner Aufgabe gerecht werden und den Individualparteien beiderseits Planungssicherheit gewähren (Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 35). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb anerkannt, dass die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt ist (BAG 23. November 1994 - 4 AZR 879/93 - BAGE 78, 309; 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 58, AP GG Art. 3 Nr. 321 = EzTöD 100 TVöD-AT § 2 Diskriminierung sexuelle Orientierung Nr. 1). Jedenfalls vor Bekanntwerden des Vorlagebeschlusses des Senats mussten ältere Angestellte nicht davon ausgehen, dass ihre Grundvergütung rückwirkend neu berechnet wird und sie eine niedrigere Vergütung erhalten. Deshalb hilft dem beklagten Land auch sein Hinweis nicht weiter, die nachträgliche Regelungslücke sei im Rahmen einer ergänzenden Auslegung in Anlehnung an die entsprechenden Regelungen im TV-L und TVöD durch eine pauschalierte Berücksichtigung der Berufserfahrung in Form von Dienstaltersstufen zu schließen.

27

cc) Entscheidend kommt hinzu, dass die Tarifvertragsparteien des TV-H und des TVÜ-H weder für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende, dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gerecht werdende Regelung rückwirkend getroffen haben noch bereit sind, eine solche rückwirkende Ersatzregelung zu vereinbaren.

28

(1) In § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass die Überleitung für Beschäftigte aus dem Geltungsbereich des BAT entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems erfolgt. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-H regeln die Überleitungsregelungen nicht die Rechtsfolgen für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009. Bereits dies zeigt, dass die Tarifvertragsparteien eine abschließende Regelung treffen wollten und nicht bereit sind, das vor dem 1. Januar 2010 bestehende Vergütungssystem rückwirkend zu ändern oder durch ein anderes Vergütungssystem zu ersetzen oder den in § 3 Abs. 1 TVÜ-H auf den 1. Januar 2010 festgelegten Zeitpunkt der Überleitung der Beschäftigten in den TV-H vorzuverlegen (aA Behrendt/Gaumann/Liebermann ZTR 2009, 614, 621). Dies hätte nämlich zur Folge, dass die Überleitung nicht mehr entsprechend den nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufen erfolgen könnte, sondern die Vergleichsentgelte neu ermittelt werden müssten. Bei einer Vorverlegung des Überleitungszeitpunkts könnten bei der Ermittlung des Vergleichsentgelts nicht mehr gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-H die den Beschäftigten im Dezember 2009 zustehenden Bezüge nebst ehegatten- und kinderbezogenen Entgeltbestandteilen zugrunde gelegt werden. Wenn die Tarifvertragsparteien des TV-H bzw. TVÜ-H im Falle einer Unwirksamkeit des auf Lebensaltersstufen abstellenden Vergütungssystems des BAT an den am 1. Januar 2010 von ihnen in Kraft gesetzten Entgeltregelungen nicht hätten festhalten wollen, hätten sie in § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H nicht formulieren dürfen, dass die Überleitung entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe unabhängig von der Wirksamkeit dieses Vergütungssystems erfolgt.

29

(2) Die Protokollerklärung zu § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien nicht zu einer auch den Klagezeitraum erfassenden rückwirkenden Entgeltregelung bereit sind. Aus Satz 1 der Protokollerklärung wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien durch § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-H sicherstellen wollten, dass die Überleitung wie beim TVÜ-L, TVÜ-VKA und TVÜ-Bund entsprechend der nach dem BAT maßgeblichen Lebensaltersstufe, die im Einzelfall erreicht war, erfolgt. Auch Satz 3 der Protokollerklärung, wonach sich die Tarifvertragsparteien - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - darüber einig sind, kollektiv eine verbindliche Regelung für das Überleitungs- und Übergangsrecht getroffen zu haben, hindert die Annahme, die Tarifvertragsparteien würden für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 ein neues Vergütungssystem vereinbaren, das nicht gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt, sondern eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 vermeidet.

30

(3) Den Tarifvertragsparteien des TVÜ-H bzw. des TV-H darf auch nicht unterstellt werden, dass sie nicht vor Augen hatten, dass sie durch eine rückwirkende tarifliche Regelung eine Beseitigung der Diskriminierung nur erreichen können, wenn sie entweder alle Beschäftigten der jeweils höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zuordnen oder die Grundvergütungen der den höchsten Lebensaltersstufen zugeordneten Beschäftigten vermindern. Letztere Möglichkeit schied aber aufgrund des auch von Tarifvertragsparteien zu achtenden Vertrauensschutzes aus.

31

(4) Aufgrund des übereinstimmenden, eindeutigen Willens der Tarifvertragsparteien, unabhängig von der Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT keine Ersatzregelung zu treffen, überzeugt das Argument des beklagten Landes, eine Ersatzregelung für die Zeit vor dem Inkrafttreten des TVÜ-H bzw. TV-H am 1. Januar 2010 sei den Tarifvertragsparteien vorbehalten, nicht.

32

(5) Korrekturen des Tarifrechts durch den Senat für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 bedeuten entgegen der Auffassung des beklagten Landes angesichts der Regelung in § 3 Abs. 2 TVÜ-H und aufgrund des auch in der Protokollerklärung zu dieser Bestimmung deutlich zum Ausdruck gekommenen Willens der Tarifvertragsparteien, keine tarifliche Ersatzregelung für die Vergangenheit mehr zu treffen, keinen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie. Ein solcher Eingriff setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bereit sind, eine unwirksame tarifliche Regelung durch eine wirksame zu ersetzen. Ein solcher Wille der Tarifvertragsparteien fehlt für die Zeit vor dem 1. Januar 2010 und damit auch für den Klagezeitraum. Der gegenteilige Wille der Tarifvertragsparteien ist zu achten. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie beinhaltet auch das Recht der Tarifvertragsparteien, von einer tariflichen Regelung abzusehen, wenn sie dies für angemessen halten. Könnten die Tarifvertragsparteien zum Abschluss von Tarifverträgen gezwungen werden, wäre dies mit der Tarifautonomie nicht zu vereinbaren. Erfolgt aber keine kollektivrechtliche Neuregelung, findet regelmäßig eine Angleichung „nach oben“ statt (Erman/Belling BGB 13. Aufl. § 7 AGG Rn. 7).

33

(6) Deshalb trägt auch das Argument des beklagten Landes nicht, der Gesetzgeber habe bewusst von der im Entwurf für die Regelung in § 7 Abs. 2 AGG vorgesehenen Bestimmung zur ergänzenden Auslegung unwirksamer kollektivrechtlicher Regelungen abgesehen und sich damit dafür entschieden, der besonderen Rechtsstellung der Tarifvertragsparteien im Rahmen von § 7 Abs. 2 AGG Rechnung zu tragen. Im Übrigen könnte Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich nur dann eine befristete Aussetzung gebieten, um den Tarifvertragsparteien den Vortritt zu lassen, damit diese regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung beseitigt werden soll, wenn es um die Beseitigung der Diskriminierung für die Zukunft geht(vgl. ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 f.; Kamanabrou ZfA 2006, 327, 332; Wank FS Wißmann S. 599, 617; Schlachter FS Schaub S. 651, 668 ff.; Wiedemann/Peters RdA 1997, 100, 107).

34

(7) Im Hinblick auf den aus § 3 Abs. 2 TVÜ-H und der dazugehörigen Protokollerklärung erkennbaren gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien kann der Senat ebenso wenig statt der Anpassung „nach oben“ als mildere Maßnahme die Überleitung der Beschäftigten „vorziehen“, indem er bis zum 31. Dezember 2009 das Vergütungssystem des TV-H unter Besitzstandswahrung anwendet. Es geht hier nicht um die Überleitung in ein diskriminierungsfreies System - diese haben die Tarifvertragsparteien mit dem TVÜ-H geregelt -, sondern um die Beseitigung der Diskriminierung innerhalb eines diskriminierenden Systems.

35

dd) Für eine Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit spricht auch, dass eine solche Anpassung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Benachteiligung beim Entgelt im Einklang steht.

36

(1) Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union kann man davon ausgehen, dass sich im Falle einer Diskriminierung die Unwirksamkeit nur auf die benachteiligenden Regelungen bezieht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Urteil vom 7. Februar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags das nationale Gericht verpflichtet ist, diese Bestimmung - ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder auf anderen Wegen beantragen oder abwarten müsste - außer Acht zu lassen und auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die übrigen Arbeitnehmer anzuwenden, wobei diese Regelung, „solange Art. 119 EWG-Vertrag im nationalen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt“(vgl. dazu Wiedemann NZA 2007, 950, 951). An diesem Grundsatz hat der Gerichtshof der Europäischen Union ua. im Urteil vom 26. Januar 1999 (- C-18/95 - [Terhoeve] Slg. 1999, I-345) ausdrücklich festgehalten und er hat jüngst im Urteil vom 22. Juni 2011 (- C-399/09 - [Landtová]) nochmals wiederholt, dass die Regelung für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer das einzige gültige Bezugssystem bleibt, solange das Gemeinschaftsrecht nicht richtig durchgeführt ist. Damit betrifft die Anforderung des Unionsrechts, die Diskriminierung durch eine Anpassung „nach oben“ zu beseitigen, nicht nur die Vergangenheit, sondern sogar die Zukunft, weil sie das höhere Entgelt auch zukunftsbezogen solange zugesteht, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung getroffen ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Krebber EuZA 2009, 200, 209, der die Auffassung vertritt, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Anti-Diskriminierungsrichtlinien lasse sich ein Gebot der Angleichung „nach oben“ nicht entnehmen).

37

(2) Die Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union einer Anpassung „nach oben“ ist allerdings anhand von Fällen entwickelt worden, in denen eine kleinere Beschäftigtengruppe von einer begünstigenden Norm ausgenommen worden ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Wie zu verfahren ist, wenn eine tarifliche Vergütungsregelung insgesamt wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters unwirksam ist und nur die höchste Grundvergütung in den Vergütungsgruppen als Bezugssystem in Betracht kommt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union zwar noch nicht entschieden. Jedoch wird eine Anpassung „nach oben“ auch in diesem Fall der Vorgabe des Gerichtshofs der Europäischen Union, die diskriminierende Regelung außer Acht zu lassen und auf die durch die Diskriminierung benachteiligten Arbeitnehmer die gleiche Regelung wie auf die nicht benachteiligten Arbeitnehmer anzuwenden, jedenfalls dann am ehesten gerecht, wenn die Tarifvertragsparteien von einer rückwirkenden Ersatzregelung absehen und von den nicht diskriminierten Arbeitnehmern deshalb und aufgrund tariflicher Ausschlussfristen sowie aus Gründen des Vertrauensschutzes Leistungen nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg zurückgefordert werden können.

38

ee) Finanzielle Belange des beklagten Landes hindern eine Anpassung „nach oben“ nicht.

39

(1) Eine uneingeschränkte Anwendung des Grundsatzes einer Anpassung „nach oben“ bei Verstößen gegen Benachteiligungsverbote kann allerdings zu erheblichen finanziellen Belastungen eines Arbeitgebers führen. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Ansprüche jüngerer Angestellter auf das Endgrundgehalt ihrer Vergütungsgruppe Verjährungs- und Ausschlussfristen unterliegen (Kamanabrou ZfA 2006, 327, 334). Eine Anpassung „nach oben“, die zu einer nachhaltigen Erweiterung des Dotierungs- oder Kostenrahmens führt, kann freilich auch dann vorliegen, wenn eine benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern groß und der Kreis der gleichheitswidrig Begünstigten klein ist. Auch in diesem Fall steht aber den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Arbeitnehmern für die Vergangenheit grundsätzlich die ihnen vorenthaltene Leistung zu, wenn nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung getragen werden kann (ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58).

40

(2) Die Frage, ob eine unangemessene Kostenbelastung des Arbeitgebers überhaupt geeignet sein kann, die gebotene Beseitigung der Diskriminierungsfolgen zu hindern, oder bewirken kann, dass dem Kosteninteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Vertrauen der Begünstigten auf die Wirksamkeit der Regelung Vorrang gebührt, bedarf hier keiner Entscheidung. Bezüglich der Mehrkosten hat das beklagte Land geltend gemacht, diese beliefen sich ohne Berücksichtigung der von ihm zu tragenden Sozialversicherungsbeitragsanteile bei einer Anpassung „nach oben“ auf jährlich ca. 100 Millionen Euro. Allerdings fehlen Angaben des beklagten Landes dazu, wie viele Angestellte für welche Zeiträume die Zahlung der Endgrundvergütung ihrer Vergütungsgruppe bereits verlangt haben. Da das beklagte Land mit seinen Angestellten grundsätzlich vereinbart hat, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT bestimmt, und somit die tarifliche Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit (§ 70 BAT) greift, fehlen ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das eklagte Land für die Zeit bis zum Inkrafttreten des TV-H und des TVÜ-H am 1. Januar 2010 bei einer Anpassung „nach oben“ mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten belastet wird. Die Zeit bis zum 1. Januar 2010 ist maßgebend. Mit dem Urteil der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in den verbundenen Rechtssachen - C-297/10 und C-298/10 - (NZA 2011, 1100) ist geklärt, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 sowie Art. 28 GRC nicht entgegenstehen, wenn ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten.

41

ff) Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land auf Vertrauensschutz. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 27. Juni 2007 galt schon das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG. Der BAT und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT waren bereits für den Bereich des Bundes mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 und für den Bereich der TdL mit Wirkung vom 1. November 2006 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Das beklagte Land war in seiner Entscheidung frei, mit dem Kläger eine vom Vergütungssystem des BAT abweichende Entgeltabrede zu treffen und zB die Vergütungsbestimmungen des TV-L bzw. des TVÜ-Länder in Bezug zu nehmen. Wenn es davon trotz der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung, die Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN), abgesehen hat, ist sein Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vergütungssystems des BAT nicht schützenswert.

42

gg) Der Umstand, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das primärrechtliche Verbot der Ungleichbehandlung wegen des Alters verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a RL 2000/78 darstellt, führt entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht dazu, dass es an einer Bezugsgröße für die Anpassung „nach oben“ fehlt. Dem beklagten Land ist zwar einzuräumen, dass die Tarifvertragsparteien des BAT angesichts der von ihnen vereinbarten Lebensalterstufen offensichtlich nicht wollten, dass alle Angestellten in derselben Vergütungsgruppe eine gleich hohe Grundvergütung erhalten. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, den wegen ihres Alters benachteiligten Angestellten die Vergütung vorzuenthalten, die den nicht benachteiligten Angestellten zustand. Insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zwischen einer gleichheitswidrigen Benachteiligung und einer unzulässigen Diskriminierung, wenn dem Gleichheitssatz bzw. dem Diskriminierungsverbot nur dadurch Rechnung getragen werden kann, dass den Benachteiligten derselbe Anspruch auf Vergütung eingeräumt wird wie den gleichheitswidrig begünstigten bzw. nicht diskriminierten Angestellten (vgl. zum Gleichheitssatz ErfK/Schmidt 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 58 mwN). Bei einer Entgeltstaffelung nach dem Alter in einem Tarifvertrag bedeutet dies, dass bis auf die höchste alle Entgeltstufen benachteiligend sind (Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 190; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 10 Rn. 45c).

43

c) Entgegen der Ansicht des beklagten Landes schützt es die Regelung in § 15 Abs. 3 AGG, wonach der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet ist, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, nicht vor einer Anpassung „nach oben“. Die Vorschrift bezieht sich auf Schadensersatzansprüche und begrenzt nur Ansprüche auf Entschädigungsleistung (Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6). Zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung verhält sie sich nicht.

44

III. Das beklagte Land hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lauth    

        

    M. Jostes    

                 

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. Mai 2008 - 14 Sa 104/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung.

2

Die Beklagte betreibt Fachkliniken für Anschlussheilbehandlung und Rehabilitation. Sie ist nicht tarifgebunden. Der Kläger ist bei ihr seit 1975 als Koch/Konditor beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 20. September 1974 erfolgt seine Vergütung nach dem „Bundes-Angestelltentarif (BAT). Vergütungsgruppe VIb“.

3

Bei der Beklagten galt seit dem 1. Januar 1989 für die Arbeitsbedingungen eine Betriebsvereinbarung (BV 1989), deren Abschluss nach einer vorangestellten Präambel in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag und den Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter erfolgt ist. §§ 2, 3 BV 1989 lauteten:

                   

§ 2
Eingruppierung und Vergütung         

        

1.    

Eingruppierung und Vergütung für Angestellte

                 

1.    

…       

                 

2.    

Die Vergütung erfolgt nach Grundvergütung (§ 27 BAT), Ortszuschlag (§ 29 BAT) und der tariflichen Stellenzulage. § 33 BAT ist ausgeschlossen.

                 

3.    

Für die Grundvergütungen gelten die Bemessungsgrundsätze im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für die unter die Anlage 1a fallenden Angestellten.

                 

4.    

Für Teilzeitbeschäftigte findet § 34 BAT Anwendung.

                 

5.    

Beim Ortszuschlag findet das Haushaltsstrukturgesetz von 1975/76 entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe finden keine Anwendung.

        

2.    

…       

        

§ 3
Zeitzuschläge und Überstundenvergütung           

        

1.    

Bei Zeitzuschlägen für Überstunden, Sonn- und Feiertags- und Nachtarbeit gelten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter die gleichen Zuschläge. Es gelten die in der Anlage 2 dieser Vereinbarung vereinbarten Zeitzuschläge.

        

2.    

Die Zeitzuschläge finden in der jeweils gültigen Fassung BAT/BMT-G/VkA Anwendung.“

4

In Anlage 2 BV 1989 waren als Zeitzuschläge für die Arbeit an Samstagen „0,75 DM“ und im Nachtdienst „1,50 DM“ vorgesehen. Anlage 6 BV 1989 lautet:

                   

Vereinbarung über die Gewährung einer Monatszuwendung         

        

1.    

Der Arbeitnehmer erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und seit dem 1. Oktober des Kalenderjahres beschäftigt ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer hat die Monatsvergütung zurückzuerstatten, wenn er bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

        

3.    

…       

        

4.    

Für die Berechnung der Zuwendung gilt die Monatsvergütung des Monats September des Kalenderjahres.

        

5.    

…       

        

7.    

Der Mitarbeiter erhält für jedes Kind lt. Lohnsteuerkarte eine erhöhte Zuwendung von DM 50,--, wenn am Stichtag 1. Oktober des Kalenderjahres das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

        

8.    

…       

        

9.    

Die Auszahlung erfolgt zum Ende des Monats November.“

5

Nach Anlage 7 BV 1989 erhalten die Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld iHv. 500,00 DM.

6

Die Beklagte kündigte die BV 1989 zunächst „vorsorglich … zum Zwecke der Aktualisierung“ zum 31. Dezember 1995 und erneut am 18. März 2003 zum 31. Dezember 2003. Ihren Arbeitnehmern zahlte sie bis zum Jahr 1993 als jährliche Monatszuwendung einen Betrag iHv. 100 % der für den Monat September des jeweiligen Jahres gewährten Grundvergütung nebst Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage. Ab 1994 verringerte sie die Höhe der Monatszuwendung entsprechend dem Bemessungssatz für die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (TV Zuwendung Ang). Den Betriebsrat beteiligte sie hierbei nicht. Seit Mai 2004 beträgt der Bemessungssatz im TV Zuwendung Ang 82,14 %.

7

Im Jahr 2005 zahlte die Beklagte ihren Beschäftigten eine Monatszuwendung, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob bei allen Arbeitnehmern ein einheitlicher Bemessungssatz von 41,7 % der jeweiligen Septembervergütung zugrunde gelegt worden ist. Den in Nr. 7 Anlage 6 BV 1989 vorgesehenen kinderbezogenen Teil der Monatszuwendung erbrachte die Beklagte im Jahr 2005 nicht mehr. Der Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Beklagte zur Zahlung der Monatszuwendung in voller Höhe anzuhalten. Mit seinen Hilfsanträgen hat der Betriebsrat ua. die Feststellung begehrt, dass die Anlage 6 BV 1989 Nachwirkung entfaltet. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch rechtskräftigen Beschluss vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) die Anträge abgewiesen.

8

Der Kläger, dessen Grundvergütung zuzüglich Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage im September 2005 2.518,04 Euro brutto betrug, erhielt für das Jahr 2005 eine Zuwendung iHv. 1.050,02 Euro. Mit Schreiben vom 5. April 2006 machte er die Zahlung der Monatszuwendung für 2005 „in voller Höhe“ erfolglos geltend.

9

Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2005 eine Monatszuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 seines Arbeitsvertrags und einer vor Abschluss der BV 1989 begründeten betrieblichen Übung. Die Beklagte habe seit dem Jahr 1982 ihren Arbeitnehmern eine Zuwendung in Höhe des Septembergehalts gewährt. Der Anspruch könne zudem auf die BV 1989 gestützt werden, deren Bestimmungen über den 31. Dezember 2003 weiter gölten. Daneben habe die Beklagte durch die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.443,09 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 997,82 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. November 2005 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die BV 1989 entfalte keine Nachwirkung. Durch die Kürzung der Monatszuwendung sei keine mitbestimmungspflichtige Änderung der Entlohnungsgrundsätze erfolgt, da diese für alle Arbeitnehmer einheitlich auf einen Bemessungssatz von 41,7 % des maßgeblichen Septembergehalts reduziert worden sei.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 997,82 Euro stattgegeben und für den Kläger die Berufung zugelassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger weitere 52,20 Euro zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger kann einen weiteren Betrag in Höhe von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005 beanspruchen.

14

A. Die Klage ist mit dem zulässigen Hauptantrag wirksam erhoben worden. Der auf Zahlung eines Betrags von 997,82 Euro gerichtete Hilfsantrag ist prozessual unbeachtlich.

15

I. Die gerichtliche Geltendmachung eines zahlenmäßig teilbaren Anspruchs enthält regelmäßig auch die Geltendmachung eines Anspruchs, der in seiner Höhe unterhalb des bezifferten (Haupt-)Anspruchs liegt. Aus § 308 Abs. 1 ZPO folgt, dass ein Gericht ein Weniger zuerkennen darf und muss, wenn dieses Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist. Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um „Weniger“, sondern um etwas Anderes handelt. Dies ist durch Auslegung des Klageantrags zu ermitteln (BAG 6.  Juni 2007 - 4 AZR 505/06  - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308).

16

II. Nach der Begründung seines Hauptantrags verlangt der Kläger über den bereits erhaltenen Betrag von 1.050,02 Euro die Zahlung weiterer 1.443,09 Euro als Monatszuwendung für das Jahr 2005. Der in der Berufungsinstanz erhobene Hilfsantrag ist von ihm lediglich für den Fall gestellt worden, dass das Gericht seinen mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch nur iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung für begründet erachtet. Danach handelt es sich bei dem Hilfsantrag um einen gegenüber dem Hauptantrag lediglich zahlenmäßig abgestuften und damit überflüssigen Leistungsantrag.

17

B. Die Klage ist in dem noch rechtshängigen Umfang begründet.

18

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.050,02 Euro als weitere Monatszuwendung für das Jahr 2005. Den darüber hinausgehenden Teil des Zahlungsantrags hat das Landesarbeitsgericht abgewiesen, dessen Entscheidung insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Allerdings wollte das Berufungsgericht dem Klageantrag ausweislich seiner Gründe lediglich iHv. 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung von 2.518,04 Euro abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 1.050,02 Euro entsprechen, was rechnerisch einen Betrag von 1.018,30 Euro ergibt. Da der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht iHv. 997,82 Euro obsiegt hatte, hätte seine Berufung nur iHv. 20,48 Euro Erfolg haben dürfen. Tatsächlich hat das Landesarbeitsgericht ihm aber weitere 52,20 Euro zugesprochen. Auf diesen Umstand hat der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Hierauf hat der Vertreter des Klägers zwar erklärt, er beanspruche lediglich 82,14 % des Septembergehalts, er hat jedoch seinen zu Beginn der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag nicht entsprechend ermäßigt. Damit hatte der Senat auch darüber zu befinden, ob der Kläger eine Sonderzuwendung beanspruchen kann, die 82,14 % der maßgeblichen Septembervergütung übersteigt.

19

II. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des noch im Streit stehenden Betrags von 1.050,02 Euro als jährliche Monatszuwendung für das Jahr 2005 folgt aus dem Arbeitsvertrag vom 20. September 1974 iVm. den im Betrieb der Beklagten geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Die Beklagte ist verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine Vergütung nach den zuletzt mit dem Betriebsrat vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen zu zahlen. Nach diesen Grundsätzen ist den Arbeitnehmern der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Von den in der BV 1989 vereinbarten Grundsätzen konnte die Beklagte nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG abweichen. Die Beklagte hat die in Anlage 6 BV 1989 geregelte jährliche Monatszuwendung beginnend mit dem Jahr 1994 abgesenkt und damit die geltenden Entlohnungsgrundsätze mitbestimmungswidrig abgeändert. Diese Maßnahme sowie die im Jahr 2005 vorgenommene Kürzung der Monatszuwendung ist nicht nur im Verhältnis zum Betriebsrat rechtswidrig. Vielmehr kann sich auch der Kläger auf die Fortgeltung der in der BV 1989 vereinbarten Vergütungsgrundsätze berufen.

20

1. Der Betriebsrat hat bei der Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

21

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers orientierten Lohngestaltung schützen. Zugleich soll die Einbeziehung des Betriebsrats zur Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie zur Sicherung der Angemessenheit und Durchsichtigkeit des Lohngefüges beitragen (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, DB 2010, 1765). Mitbestimmungspflichtig sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen (vgl. BAG 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 69, 134; 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 22, BAGE 126, 237). Die betriebliche Lohngestaltung betrifft die Festlegung abstrakter Kriterien zur Bemessung der Leistung des Arbeitgebers, die dieser zur Abgeltung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers oder sonst mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis insgesamt erbringt (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - Rn. 25 mwN, BAGE 117, 337). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Der Mitbestimmung steht allerdings nicht entgegen, wenn durch diese mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (BAG 13. März 2001 - 1 ABR 7/00 - zu B II 1 der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 72). Das Beteiligungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bezieht sich nur auf kollektive Regelungen(BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 30, BAGE 119, 356). Insoweit besteht auch ein Initiativrecht des Betriebsrats (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 13, aaO).

22

b) Der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegt die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber(BAG 3. Dezember 1991 - GS 1/90 - zu C III 3 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Dabei kommt es für das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht darauf an, auf welcher rechtlichen Grundlage die Anwendung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze erfolgt ist, ob etwa auf der Basis bindender Tarifverträge, einer Betriebsvereinbarung, einzelvertraglicher Absprachen oder einer vom Arbeitgeber einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Denn nach der Konzeption des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt das Mitbestimmungsrecht nicht vom Geltungsgrund der Entgeltleistung, sondern nur vom Vorliegen eines kollektiven Tatbestands ab. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann daher in Betrieben ohne Tarifbindung das gesamte Entgeltsystem erfassen, da bei diesen die Mitbestimmung durch eine bestehende tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG nicht beschränkt wird (st. Rspr. zuletzt BAG 8. Dezember 2009 - 1 ABR 66/08 - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 380 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 20).

23

c) Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Entlohnungsgrundsätze sind damit die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt (BAG 28. April 2009 - 1 ABR 97/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 4). Zu ihnen zählen neben der Grundentscheidung für eine Vergütung nach Zeit oder nach Leistung die daraus folgenden Entscheidungen über die Ausgestaltung des jeweiligen Systems (Kreft FS Kreutz S. 263, 265). Dazu gehört die Festlegung einer bestimmten Stückelung des jährlichen Gesamtentgelts in Gestalt mehrerer gleich hoher oder verschieden hoher Monatsbeträge (BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 133 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 15).

24

2. Die Beklagte hat mit der Absenkung der in Anlage 6 BV 1989 geregelten Monatszuwendung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.

25

a) Die Betriebsparteien haben die im Betrieb anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze in der BV 1989 ausgestaltet. Diese enthält nicht nur eine normative Anspruchsgrundlage für die in ihr enthaltenen Ansprüche der Arbeitnehmer. In ihrem Abschluss liegt zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in ihr zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze. Diese zeichneten sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus (§§ 2, 3 BV 1989), die durch eine nach Maßgabe der Anlage 6 BV 1989 zu zahlende Monatszuwendung und ein Ende Juli eines Jahres auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (Anlage 7 BV 1989) ergänzt wurde. Danach galt für den Betrieb der Beklagten eine Vergütungsstruktur, wonach zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen im November eine Zuwendung in Höhe der Septembervergütung und im Juli ein Urlaubsgeld zu zahlen war. Die Gesamtjahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 500,00 DM ausbezahlt werden.

26

b) In diese Vergütungsstruktur hat die Beklagte erstmals im Jahr 1994 mit der Absenkung der Ende November fälligen Monatszuwendung mitbestimmungswidrig eingegriffen. Seit November 1994 erbringt sie diese nicht mehr in Höhe eines vollen Septembergehalts, sondern nur noch auf der Grundlage einer im TV Zuwendung Ang festgelegten (niedrigeren) Bemessungsgrundlage. Diese Maßnahme unterlag der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Sie weicht von dem in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatz ab, wonach der Ende November gewährte Vergütungsbestandteil der im September gezahlten Vergütung entspricht. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Betriebsparteien in der BV 1989 nicht einen Entlohnungsgrundsatz vereinbart, wonach sich die Höhe der jährlichen Monatszuwendung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen richtet. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 vielmehr eine vom Tarifwerk des öffentlichen Dienstes unabhängige Regelung über die Ausgestaltung der jährlichen Monatszuwendung getroffen. Dies folgt aus der Auslegung der BV 1989 nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 28. April 2009 - 1 AZR 18/08 - Rn. 12 mwN).

28

(1) Der Wortlaut der Anlage 6 BV 1989 ist eindeutig. Schon die Überschrift spricht von einer Gewährung einer „Monatszuwendung“. Nach Nr. 4 Anlage 6 BV 1989 gilt für deren Berechnung die Vergütung des Monats September. Die Höhe der Monatszuwendung ist auch nicht an einen bestimmten Bemessungssatz des Septembergehalts gebunden. Daneben spricht auch Nr. 2 Anlage 6 BV 1989 von einer „Monatsvergütung“, die der Arbeitnehmer unter den dort bestimmten Voraussetzungen zurückzahlen muss. Anhaltspunkte, nach denen sich entweder die Höhe oder andere Anspruchsvoraussetzungen der Monatszuwendung nach den für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Regelungen richten, sind nicht ersichtlich. Die Betriebsparteien haben in der Anlage 6 BV 1989 weder ganz oder teilweise auf die Bestimmungen der für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge verwiesen noch werden diese im Text erwähnt.

29

(2) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Gesamtzusammenhang der BV 1989. Gegen eine Verknüpfung der Anspruchsvoraussetzungen der jährlichen Monatszuwendung mit denen des TV Zuwendung Ang spricht die Regelungstechnik der Betriebsparteien in anderen Teilen der BV 1989. Diese enthalten teilweise eine dynamische Bezugnahme auf bestimmte Teile des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifwerks. So wird für den Bereich des Arbeitsentgelts in § 2 Nr. 1.2, 1.4 BV 1989 ausdrücklich auf §§ 27, 29 sowie § 34 BAT Bezug genommen. In § 2 Nr. 1.3, 1.5 BV 1989 ist für die Grundvergütungen die Geltung der Bemessungsgrundsätze im Bereich der VkA vereinbart, während die Vorschriften über den Bewährungsaufstieg und die Beihilfe keine Anwendung finden sollen. Bei der Höhe der sonstigen Vergütungsbestandteile haben die Betriebsparteien deren Anwendung in der jeweils gültigen Fassung des BAT/BMT-G/VkA (§ 3 Nr. 2 BV 1989)bestimmt. Diese auch in anderen Bereichen der BV 1989 verwandte Regelungstechnik kann nur so verstanden werden, als wollten die Betriebsparteien in der BV 1989 einerseits Normen schaffen, deren Inhalt sich nach den in Bezug genommenen Tarifnormen richten soll und anderseits solche, die als eigenständige Regelungen von zukünftigen Veränderungen des Tarifwerks des öffentlichen Dienstes unberührt bleiben sollen. Zu dem Normkomplex, bei dem eine Verknüpfung zur zukünftigen Tarifentwicklung nicht zum Ausdruck kommt, gehört die in Anlage 6 BV 1989 festgelegte jährliche Monatszuwendung.

30

(3) Der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die BV 1989 sei nach ihrer Präambel „in Anlehnung“ an den BAT und den BMT-G geschlossen worden, vermag diese Sichtweise nicht in Frage zu stellen. Die Präambel hat nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung keinen normsetzenden Charakter, der die nachfolgend in der BV 1989 geregelten Leistungen der Höhe nach auf die in den genannten Tarifwerken enthaltene Leistungshöhe beschränkt. Selbst wenn beide Betriebsparteien bei Abschluss der BV 1989 übereinstimmend einen solchen Regelungswillen verfolgt hätten, ist dieser in der BV 1989 wegen der in ihr enthaltenen differenzierenden Bezugnahmeregelungen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen und daher bei ihrer Auslegung nicht zu berücksichtigen.

31

bb) Die Änderung des in der BV 1989 vereinbarten Entlohnungsgrundsatzes über die Höhe der Monatszuwendung unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats.

32

(1) Die Absenkung der jährlichen Monatszuwendung eröffnete der nicht tarifgebundenen Beklagten einen Gestaltungsspielraum bei der Verteilung der Gesamtvergütung, bei dessen Ausgestaltung der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen hat. Dessen Beteiligung bei der Einführung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen wird nur durch das Bestehen einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen, an der es vorliegend fehlt. Es ist daher für die Ausübung der Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohne Bedeutung, wenn die Betriebsparteien die Vergütungsstruktur nicht in einer Regelungsabrede, sondern ganz oder teilweise in einer betrieblichen Regelung normativ ausgestaltet haben. Die Arbeitgeberin war mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das von ihr zur Verfügung gestellte Vergütungsvolumen mit Zustimmung des Betriebsrats anders als bisher zu verteilen (BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 4/05 - Rn. 22, BAGE 117, 130).

33

(2) Die von der Beklagten durchgeführte Maßnahme war auch nicht deshalb mitbestimmungsfrei, weil von ihr nur die absolute Höhe der Vergütung betroffen war oder die bisherigen Verteilungsgrundsätze unverändert geblieben sind. Dies ist nicht der Fall. In der Anlage 6 BV 1989 war die absolute Höhe der Vergütung nicht festgelegt. Die Veränderung der Berechnungsgrundlage betrifft die Verteilungsgerechtigkeit gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern. In der durch die BV 1989 festgelegten Gesamtvergütung waren für alle Beschäftigten absolut gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten. Die Beklagte gewährte einheitliche Zuschläge für Nachtdienste und Samstagsarbeit (Nr. 4, 5 Anlage 2 BV 1989) und zusätzlich zu der jährlichen Monatszuwendung einen kinderbezogenen Betrag von 50,00 DM (Nr. 7 Anlage 6 BV 1989) sowie ein Urlaubsgeld von 500,00 DM (Nr. 2 Anlage 7 BV 1989). Die Zahlung dieser einheitlichen Bestandteile als Teil der Gesamtvergütung führte zwingend dazu, dass sich durch die Absenkung der individuell bemessenen Monatszuwendung zugleich der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander verändert (vgl. BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237).

34

cc) Für die gegenüber der Anlage 6 BV 1989 vorgesehene abweichende Berechnung der Monatszuwendung hätte die Beklagte danach der Zustimmung des Betriebsrats bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Beklagte hat den Betriebsrat im Jahr 1994 vor der Absenkung der jährlichen Monatszuwendung nicht beteiligt. Darauf, ob der Betriebsrat seine Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber muss in Angelegenheiten des § 87 Abs. 1 BetrVG von sich aus die Zustimmung des Betriebsrats einholen.

35

c) Auch die im Jahr 2005 erfolgte Kürzung der Monatszuwendung konnte die Beklagte nicht ohne die Zustimmung des Betriebsrats vornehmen.

36

aa) Die in der BV 1989 enthaltene Vergütungsstruktur bildete auch nach deren Kündigung zum 31. Dezember 2003 den betrieblichen Entlohnungsgrundsatz.

37

Die Beendigung der BV 1989 durch die Kündigung der Beklagten vom 18. März 2003 führte nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb der Beklagten geltenden Vergütungsstruktur, sondern hatte lediglich die Beendigung der zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) der BV 1989 und der in ihr zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze zur Folge. Die Beseitigung ihrer normativen Geltung ändert aber nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze darstellen (zu einer tariflichen Vergütungsordnung: BAG 15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 25, BAGE 126, 237). Deren Änderung bedurfte deshalb auch nach der Beendigung der BV 1989 der Zustimmung des Betriebsrats oder einer diese ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle. Daran fehlt es. Da es für das Mitbestimmungsrecht nicht auf den Geltungsgrund der Entlohnungsgrundsätze ankommt, ist es auch ohne Bedeutung, ob die BV 1989 über den Ablauf des 31. Dezember 2003 nach § 77 Abs. 6 BetrVG Nachwirkung entfaltet hat oder für die von den Entlohnungsgrundsätzen erfassten Vergütungsbestandteile überhaupt vertraglich vereinbarte Abreden bestehen.

38

bb) Die Absenkung der Monatszuwendung im Jahr 2005 auf 41,7 % der maßgeblichen Septembervergütung führte zu einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze, die der Beklagten einen Verteilungsspielraum eröffnet hat.

39

Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass diese tatsächlich die Monatszuwendung auf einen einheitlichen Bemessungssatz von 41,7 % ermäßigen wollte und die davon abweichenden Zahlbeträge lediglich auf solchen individuellen Abrechnungsfehlern beruhen, die nicht geeignet sind, die von ihr getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Mit der Absenkung der Monatszuwendung war eine Änderung des in Nr. 4, 7 Anlage 6 BV 1989 zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsatzes verbunden, wonach sich die Ende November gewährte Vergütung nach dem Arbeitsentgelt des Monats September richtet und unter bestimmten Voraussetzungen an Arbeitnehmer mit unterhaltspflichtigen Kindern eine erhöhte Zuwendung gezahlt wird. Damit hat die Beklagte erneut die Verteilungsgrundsätze ihres Entgeltsystems geändert. Wegen der Zahlung der einheitlichen Bestandteile verschiebt sich durch die prozentuale Reduzierung der individuellen Monatszuwendung der bisherige relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander.

40

cc) Der Entscheidung des Senats über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats an der Absenkung der Monatsvergütung im Jahr 2005 steht die Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss ausdrücklich offengelassen, ob der Betriebsrat bei der Kürzung der Monatszuwendung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beanspruchen kann.

41

3. Die Beklagte ist nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2005 noch einen weiteren Betrag von 1.050,02 Euro als Monatszuwendung zu zahlen.

42

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen. Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind dabei nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen der Arbeitnehmer schmälern. Nach der Senatsrechtsprechung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei diesen allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben (15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37, BAGE 126, 237).

43

b) Der Senat hat in Fortführung der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung angenommen, dass der Arbeitnehmer bei einer unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorgenommenen Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze fordern kann(15. April 2008 - 1 AZR 65/07 - Rn. 37 f., BAGE 126, 237; 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - zu IV 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 369; 11. Juni 2002 - 1 AZR 390/01 - zu III 4 der Gründe, BAGE 101, 288). Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird danach von Gesetzes wegen ergänzt durch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten. Das ist durch den Zweck des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geboten. Nur auf diese Weise kann verhindert werden, dass sich der Arbeitgeber seiner Bindung an die von ihm einseitig vorgegebene oder mitbestimmte Vergütungsstruktur unter Verstoß gegen das Beteiligungsrecht des Betriebsrats und den in § 87 Abs. 2 BetrVG bestimmten Einigungszwang entzieht(BAG 14. August 2001 - 1 AZR 744/00 - zu III 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 88 Nr. 1). Dies gilt unabhängig von den Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrats.

44

c) Danach ist die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein Septembergehalt als Monatszuwendung für das Jahr 2005 zu zahlen. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der weitergehenden Klage hat es jedoch bei dem im angefochtenen Urteil zuerkannten Betrag von 1.050,02 Euro zu verbleiben.

45

III. Auf die zwischen den Parteien streitigen und von den Vorinstanzen erörterten Fragen nach der Auslegung des Arbeitsvertrags und dem Bestehen einer betrieblichen Übung kam es nicht mehr an. Ebenso kann dahinstehen, ob und ggf. in welchem Umfang die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 28. Februar 2007 (- 12 TaBV 4/06 -) über die fehlende Nachwirkung der BV 1989 für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung entfaltet.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Hayen    

        

        

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. November 2011 - 6 Sa 854/11 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. November 2011 - 6 Sa 854/11 - in seiner Ziffer 1 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Februar 2011 - 33 Ca 10061/10 - insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob für den von der Beklagten angeordneten Bereitschaftsdienst Zeitzuschläge zu zahlen sind und der Bereitschaftsdienst in vollem zeitlichen Umfang auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen ist.

2

Der 1973 geborene Kläger ist seit Januar 1998 als Rettungssanitäter bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er leistet 24-Stunden-Dienste, während derer er sich auf der Rettungswache, in der Schlafgelegenheiten zur Verfügung stehen, aufhalten und bei Alarmierung innerhalb von 90 Sekunden ausrückbereit sein muss. Dabei fielen während eines 24-Stunden-Dienstes zuletzt durchschnittlich 2,06 Einsätze mit 4,12 Stunden Vollarbeit an.

3

Nach dem vom Kläger mit der DRK R gGmbH geschlossenen Arbeitsvertrag sollen für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsbedingungen des Deutschen Roten Kreuzes/Ost für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende in der jeweils gültigen Fassung sowie hierzu abgeschlossene Vereinbarungen gelten. Der DRK-Tarifvertrag Ost vom 1. Januar 1991 in der Fassung des 10. Änderungstarifvertrags vom 1. August 2000 (fortan: DRK-TV-O) enthält ua. folgende Regelungen:

4

        

„§ 14 Regelmäßige Arbeitszeit

        

(1)     

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 26 Wochen zugrunde zu legen.

                 

Bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, kann ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.

        

(2)     

Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden

                 

…       

        
                 

b)    

bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich 55 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt,

                 

c)    

bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.

        

…       

        
        

(5)     

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.

                 

Zum Zwecke der Vergütungsberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit entsprechend dem Anteil der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Zeit der Arbeitsleistung als Arbeitszeit gewertet und mit der Überstundenvergütung (§ 39 Abs. 3 Unterabs. 2) vergütet. Die Bewertung darf 15 v.H., vom achten Bereitschaftsdienst im Kalendermonat an 25 v.H. nicht unterschreiten.

                 

Die danach errechnete Arbeitszeit kann stattdessen bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich). …

        

§ 17 Begriffsbestimmung

        

…       

        
        

(3)     

Arbeit an Sonntagen ist die Arbeit am Sonntag zwischen 0.00 Uhr und 24.00 Uhr; Entsprechendes gilt für Arbeit an Feiertagen, Vorfesttagen (§ 16 Abs. 2) und Samstagen.

        

…       

        
        

(5)     

Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr.

        

…       

        
        

§ 39 Zeitzuschläge, Überstundenvergütung

        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält neben seiner Vergütung/seinem Lohn Zeitzuschläge. Sie betragen je Stunde:

                 

…       

        
                 

c)    

Für Arbeit an Sonntagen (Angestellte)

25 %, 

                          

für Arbeit an Sonntagen (Arbeiter)

30 %, 

                 

…       

        
                 

f)    

für Nachtarbeit

                          

…       

                          

vom 1. Januar 2002 an

1,15 Euro

                 

g)    

für die Arbeit an Samstagen in der Zeit von 13 Uhr bis 20 Uhr

                          

…       

                          

vom 1. Januar 2002 an

0,58 Euro.

                 

…       

        
        

(2)     

…       

                 

Für die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit und für die Zeit der Rufbereitschaft werden Zeitzuschläge nicht gezahlt.“

5

Für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport bestimmt eine Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV-O:

        

„Die Möglichkeit zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-TV-O wird ab 1. Juli 1992 für Mitarbeiter im Rettungsdienst wie folgt eingeschränkt:

        

§ 14 Abs. 2 a): Von 50 Stunden/Woche auf 49 Stunden/ Woche,

        

§ 14 Abs. 2 b): Von 55 Stunden/Woche auf 54 Stunden/ Woche.“

6

§ 2 der Sonderregelungen für das Personal im Rettungsdienst und Krankentransport(Anlage 2 zum DRK-TV-O) verweist auf § 3 der Sonderregelungen für das Personal in Krankenhäusern, Anstalten, Heimen und ähnlichen Einrichtungen des DRK(Anlage 1 zum DRK-TV-O), der auszugsweise lautet:

        

„A. (2) a)

Der Bereitschaftsdienst wird

                          

bei einer Arbeitsleistung von 0 - 10 % zu 15 % (Stufe A)

                          

bei einer Arbeitsleistung von mehr als 10 - 25 % zu 25 % (Stufe B)

                          

bei einer Arbeitsleistung von mehr als 25 - 40 % zu 40 % (Stufe C)

                          

bei einer Arbeitsleistung von mehr als 40 - 49 % zu 55 % (Stufe D)

                          

als Arbeitszeit gewertet.

                          

…       

                 

b)    

Entsprechend der Zahl der vom Mitarbeiter je Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste wird die Zeit eines jeden Bereitschaftsdienstes zusätzlich wie folgt als Arbeitszeit gewertet:

                          

Zahl der Bereitschaftsdienste im Kalendermonat

Bewertung als Arbeitszeit

                          

1. bis 8. Bereitschaftsdienst

25 %   

                          

9. bis 12. Bereitschaftsdienst

35 %   

                          

13. und folgende Bereitschaftsdienste

45 %“ 

7

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte mit dem damals im Betrieb bestehenden Betriebsrat am 3. März 2006 eine „Betriebsvereinbarung Arbeitszeitkonto“ (fortan: BV 2006) geschlossen, in der es auszugsweise heißt:

        

㤠2 Arbeitszeitkonto

        

Für jeden Mitarbeiter wird ein persönliches Arbeitszeitkonto eingerichtet.

        

§ 2.1 Verteilung der Arbeitszeit

        

Die Arbeitszeitverteilung im Rettungsdienst ergibt sich aus den Rahmendienstplänen und den daraus erstellten Monatsdienstplänen sowie der Urlaubsplanung.

        

Aufgrund betrieblicher Obliegenheiten ist eine ungleiche Verteilung der Arbeitszeit möglich, aus der sich sowohl Mehrstunden als auch Minderstunden ergeben können.

        

§ 2.2 Ausgleich

        

Innerhalb eines Zeitraumes von maximal 12 Monaten beträgt die höchstmögliche Zeitschuld 60 Stunden, das höchstmögliche Zeitguthaben 125 Stunden.

        

…       

        

§ 3.1 Rettungsdienst

        

Für Mitarbeiter im Rettungsdienst erfolgt die Ermittlung/ Berechnung der SOLL-Stunden wie folgt:

        

Beispiel:

        

Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit entspr. § 8 (4) I, DRK-TV

        

Arbeitstage/Monat x 9,6 Stdn (bei 20 AT = 192 Stunden)

        

Dem Arbeitszeitkonto werden alle tatsächlich geleisteten Dienststunden angerechnet.

        

Dienststunden, die einsatzbedingt über das planmäßige Dienstende hinaus geleistet wurden, werden entspr. § 10 (2) DRK-TV mit dem Faktor 1,25 dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gutgeschrieben. …

        

§ 4 Vergütung

        

Die Vergütung erfolgt unabhängig von der im Monat tatsächlich geleisteten Arbeit in monatlich gleichbleibenden Beträgen zuzüglich der zu zahlenden Zuschläge für tatsächlich geleistete Arbeit zu ungünstigen Zeiten.“

8

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bewertete die 24-Stunden-Dienste insgesamt als (Voll-)Arbeitszeit und zahlte dem Kläger Zuschläge - je Stunde - für Nachtarbeit (1,15 Euro), Samstagsarbeit (0,58 Euro) sowie Sonn- und Feiertagsarbeit (2,71 bzw. 3,79 Euro). Zum 1. Januar 2009 ging das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die bis zum 31. Dezember 2009 diese Praxis fortsetzte.

9

Am 10. November 2009 schloss die Beklagte mit der bei ihr gebildeten Mitarbeitervertretung eine „Dienstvereinbarung zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit und zur Dienstplangestaltung im Rettungsdienst“ (fortan: DV 2009), die ua. bestimmt:

        

„§ 2 Verlängerung der täglichen Arbeitszeit

        

Unter den Voraussetzungen der Prüfung alternativer Arbeitszeitmodelle, einer Belastungsanalyse gem. § 5 ArbSchG und den daraus ggf. resultierenden Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes kann durch Dienstvereinbarung die tägliche Arbeitszeit auf 24 h verlängert werden, wenn mind. die 8 Stunden überschreitende Zeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst geleistet wird.

        

…       

        

§ 4 Ruhezeiten

        

Im Anschluss an eine über 16 Stunden hinausgehende Inanspruchnahme der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters ist eine Ruhezeit von 24 Stunden zu gewähren. Nach einem 24-Stunden-Dienst ist eine Ruhezeit von 24 Stunden, nach drei aufeinanderfolgenden 24-Stunden-Diensten ist eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 48 Stunden zu gewähren.

        

…       

        

§ 6 Dienstplangestaltung und Beteiligung der Mitarbeitervertretung

        

Zur Absicherung einer flexiblen Dienstplangestaltung im Rettungsdienst vereinbaren die Parteien, dass Rahmendienstpläne erstellt werden können, die Bereitschaftsdienste vorsehen.

        

Durch diese Dienstvereinbarung ist ohne Beschränkung der Anzahl der Einsätze für den Bereich Rettungsdienst - bei erheblichen Bereitschaftsdienstanteil - eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu 24 Stunden möglich, wenn mindestens die 8 Stunden überschreitende Zeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst geleistet wird.

        

…       

        

§ 7 Arbeitszeitkonto

        

Die für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter im Rettungsdienst eingerichteten persönlichen Arbeitszeitkonten werden mit folgender Maßgabe weitergeführt:

        

Die Verteilung der Arbeitszeit ergibt sich weiterhin aus den Dienstplänen. Daraus können sich sowohl Mehr- als auch Minderstunden ergeben. Die Vergütung erfolgt stetig unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit in gleichbleibenden Beträgen zzgl. etwaiger Zulagen und Zuschläge.

        

Die geleistete Arbeitszeit wird auf einem Jahresarbeitszeitkonto erfasst. Abrechnungszeitraum ist das Kalenderjahr.

        

…       

        

Das fortlaufende Jahresarbeitszeitkonto darf 50 Minusstunden nicht überschreiten. Die auf den folgenden 12-Monats-Zeitraum zu übertragende Zeitschuld darf also höchstens 50 Minusstunden betragen. Darüber hinausgehende Zeitschulden entfallen ersatzlos. Sie dürfen nicht zu einer Kürzung der vereinbarten Vergütung führen.

        

…       

        

§ 8 Inkrafttreten, Kündigung

        

Diese Dienstvereinbarung ersetzt alle bestehenden Dienstvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen zur Verlängerung der täglichen Arbeitszeit und tritt mit Wirkung zum 01.01.2010 in Kraft.“

10

Mit einem Schreiben betreffend die Umsetzung der Dienstvereinbarung teilte die Beklagte den Beschäftigten mit, auf der Grundlage einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden (Vollzeitbeschäftigte) ändere sich durch die Einführung von Bereitschaftsdienst die Bewertung der 24-Stunden-Dienste ab dem 1. Januar 2010 dahin, dass die Zeit von 07:00 Uhr bis 15:00 Uhr Vollarbeit und die von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr Bereitschaftsdienst sei. Bei der Tätigkeitsanalyse für das Jahr 2009 sei festgestellt worden, dass die Bereitschaftsstufe B („Aktivzeit“ von mehr als 10 % bis 25 %) einschlägig sei.

11

Mit der am 30. Juni 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten am 3. Juli 2010 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, der von der Beklagten angeordnete Bereitschaftsdienst sei tatsächlich als Arbeitsbereitschaft und damit als Vollarbeit zu bewerten. Wegen der kurzen Ausrückzeit müsse der Kläger ständig aufmerksam sein und könne nachts keinen Schlaf finden. Auch die BV 2006 werte die 24-Stunden-Dienste insgesamt als (Voll-) Arbeitszeit und sehe zudem Zeitzuschläge für den Bereitschaftsdienst vor. Die DV 2009 habe nach dem Günstigkeitsprinzip die BV 2006 nicht ablösen können.

12

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 541,54 Euro brutto, hilfsweise 620,14 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sein Arbeitszeitkonto dahingehend zu berichtigen, dass diesem für Januar 2010 insgesamt 216 Dienststunden, für Februar 2010 insgesamt 188 Dienststunden, für März 2010 insgesamt 216 Dienststunden und für April 2010 insgesamt 192 Dienststunden angerechnet und gutgeschrieben werden;

                 

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von ihm im Ein-Schicht-System geleistete Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz auch in der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 1 DRK-TV-O als Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto anzurechnen und diesem gutzuschreiben;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von ihm im Ein-Schicht-System geleistete Anwesenheit an seinem Arbeitsplatz auch in der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr in voller Höhe als Arbeitszeit im Sinne von Arbeitsbereitschaft zu vergüten;

                 

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn für jede Arbeitsstunde im Rahmen der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden Samstagszuschläge für die Arbeit an Samstagen zwischen 00:00 Uhr und 24:00 Uhr iHv. 0,58 Euro brutto pro Stunde, Sonntagszuschläge für Arbeit an Sonntagen von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr iHv. 2,71 Euro brutto pro Stunde, Feiertagszuschläge für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen zwischen 00:00 Uhr und 24:00 Uhr iHv. 3,79 Euro brutto pro Stunde und Nachtarbeitszuschläge für zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr geleisteter Arbeit iHv. 1,15 Euro brutto pro Stunde in der Weise zu zahlen, dass gemessen an der Anzahl der Dienste des Klägers pro Kalenderwoche für die Arbeitszeit nach 15:00 Uhr bei zeitlicher Lage der angeordneten Dienstzeit an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen oder nachts bei Anordnung von zwei 24-Stunden-Diensten pro Woche Zuschläge für die Zeit von 15:00 Uhr bis 03:00 Uhr und bei Anordnung von drei 24-Stunden-Diensten pro Woche Zuschläge für die Zeit von 15:00 Uhr bis 20:00 Uhr bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug der Zuschläge nach den eben genannten Regelungen zu zahlen sind.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, bei der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr handele es sich um Bereitschaftsdienst, der nicht zuschlagpflichtig sei und nach dem DRK-TV-O durch Freizeitausgleich in zuschlagfreien Zeiten ausgeglichen werden könne. Die DV 2009 habe die BV 2006 abgelöst. Im Übrigen erhalte der Kläger eine verstetigte Vergütung für die vereinbarte Arbeitszeit. Ein Anspruch auf Zuweisung zuschlagpflichtiger Arbeitszeiten bestehe nicht.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf Zeitzuschläge in - geschätzter - Höhe von 150,73 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs teilweise stattgegeben und im Übrigen die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, während die Beklagte im Wege der Anschlussrevision die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist unbegründet, die Anschlussrevision der Beklagten begründet.

16

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zeitzuschläge für die im Rahmen der 24-Stunden-Dienste in der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr geleistete Arbeit. Daher ist die Klage im Hauptantrag zu 1. und dem in der gebotenen Auslegung als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässigen Haupt- und Hilfsantrag zu 3. unbegründet.

17

1. Die Parteien sind sich einig, dass auf ihr Arbeitsverhältnis kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der DRK-TV-O Anwendung findet. Das kann der Senat ohne nähere rechtliche Überprüfung zugunsten des Klägers unterstellen. Nach § 39 Abs. 2 DRK-TV-O werden für die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit Zeitzuschläge nicht gezahlt. Der Kläger leistet bei den 24-Stunden-Diensten zwischen 15:00 Uhr und 07:00 Uhr (nur) Bereitschaftsdienst und keine Vollarbeit in Form von Arbeitsbereitschaft.

18

a) Die Anordnung von Bereitschaftsdienst durch die Beklagte ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger im Bedarfsfall die Arbeit innerhalb von 90 Sekunden aufnehmen muss. Die Anordnung von Bereitschaftsdienst nach § 14 Abs. 5 DRK-TV-O ist auch für Mitarbeiter im Rettungsdienst, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ausrücken müssen, zulässig. Das folgt aus der Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV-O. Dort haben die Tarifvertragsparteien für Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport eine Sonderregelung getroffen, durch die die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 14 Abs. 2 DRK-TV-O für diesen Personenkreis eingeschränkt wird, während dies für die Vorschrift des § 14 Abs. 5 DRK-TV-O nicht erfolgt ist(vgl. BAG 22. November 2000 - 4 AZR 612/99 - zu I 1 c aa (2) der Gründe, BAGE 96, 284).

19

b) Arbeitsbereitschaft wird gemeinhin umschrieben als Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung. Entscheidend für die Abgrenzung von Arbeitsbereitschaft zum Bereitschaftsdienst ist jedoch allein, dass sich der Arbeitnehmer bei der Arbeitsbereitschaft zur Arbeit bereithalten muss, um erforderlichenfalls von sich aus tätig zu werden, während beim Bereitschaftsdienst der Arbeitnehmer „auf Anforderung“ den Dienst aufnehmen muss. Diese für das Arbeitszeitschutzrecht entwickelte Unterscheidung greifen § 14 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 5 DRK-TV-O auf, wenn danach differenziert wird, ob der Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, „um im Bedarfsfall vorkommende Arbeit zu verrichten“ - Arbeitsbereitschaft - oder ob sich der Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle, die auch die Arbeitsstelle sein kann, aufhalten muss, „um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen“ - Bereitschaftsdienst - (vgl. jeweils zum insoweit inhaltsgleichen DRK-TV West: BAG 22. November 2000 - 4 AZR 612/99 - zu I 1 c aa (1) der Gründe, BAGE 96, 284; 30. Januar 1996 - 3 AZR 1030/94 - zu I 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge DRK Nr. 5 = EzA TVG § 4 Rotes Kreuz Nr. 2).

20

c) Der Kläger muss bei seinen Diensten jedenfalls in der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr nicht von sich aus die Arbeit aufnehmen, sondern erst auf Anforderung (zB bei Alarmierung) tätig werden. Ob der Kläger sich - wie er vorbringt - durchgehend im Zustand „wacher Aufmerksamkeit“ befindet, um einen Alarm nicht zu überhören, und nachts keinen Schlaf finden kann, ist tarifrechtlich ohne Belang.

21

Bereitschaftsdienst setzt auch nicht voraus, dass nur unvorhergesehene Arbeiten anfallen und nur für solche die Arbeitsleistung abgerufen wird. Das Merkmal „im Bedarfsfall“ ist vielmehr auch dann erfüllt, wenn von vornherein feststeht, dass für bestimmte Arbeiten ein Bedarf bestehen wird (BAG 25. April 2007 - 6 AZR 799/06 - Rn. 21, BAGE 122, 225). Wenn also über den Ablauf der Regelarbeitszeit hinaus noch Arbeit anfällt, wie etwa Reinigung und Desinfektion nach einem Einsatz, die Entgegennahme von Lieferungen oder das Beantworten von Anfragen etc., darf der Arbeitgeber den bereits festgelegten Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen.

22

d) Dass § 39 Abs. 2 DRK-TV-O für den Bereitschaftsdienst einschließlich der während des Bereitschaftsdienstes geleisteten Arbeit keine Zeitzuschläge vorsieht, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

23

Der Kläger leistet zwar auch in der Zeit nach 15:00 Uhr Arbeit im vergütungsrechtlichen Sinne, weil er am Arbeitsplatz anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, vielmehr jederzeit mit einem Einsatz rechnen muss (zum Begriff der Arbeit siehe: BAG 20. April 2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 21 mwN, BAGE 137, 366). Durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag kann aber eine gesonderte Vergütungsregelung sowohl für verschiedene Tätigkeiten (vgl. BAG 12. Dezember 2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 18; 19. September 2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 23 mwN, NZA-RR 2013, 63) als auch für unterschiedliche Formen der Arbeit (wie Vollarbeit, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft) getroffen werden.

24

2. Auf die BV 2006 kann der Kläger seinen Anspruch auf Zeitzuschläge nicht stützen. Unbeschadet der Frage, ob die nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis transformierte BV 2006 von der DV 2009 abgelöst werden konnte(zur teleologischen Reduktion des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bei einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung: vgl. BAG 13. März 2012 - 1 AZR 659/10 - Rn. 17, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 33), begründet sie keinen Anspruch auf Zeitzuschläge. § 4 BV 2006 regelt lediglich eine verstetigte Vergütung, die auch „die zu zahlenden Zuschläge“ beinhaltet. Mit dieser Formulierung normiert die Betriebsvereinbarung keinen eigenen Anspruch auf Zeitzuschläge, sondern setzt einen solchen (etwa aus Arbeits- oder Tarifvertrag) voraus.

25

Ob § 3.1 BV 2006 mit der Formulierung, dem Arbeitszeitkonto würden „alle tatsächlich geleisteten Dienststunden angerechnet“, die gesamte Zeit eines 24-Stunden-Dienstes zur Vollarbeitszeit rechnet und einem Bereitschaftsdienst in der Zeit von 15:00 Uhr bis 07:00 Uhr entgegen stünde, kann dahingestellt bleiben. Mit einem solchen Inhalt wäre § 3.1 BV 2006 eine vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht umfasste Regelung zum Inhalt und zur Dauer der Arbeitszeit und - als freiwillige Betriebsvereinbarung - wegen Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam(vgl. zur Rechtsfolge: BAG 16. August 2011 - 1 AZR 314/10 - Rn. 18, EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 142).

26

3. Eine betriebliche Übung (zum Begriff: BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 133, 337) auf Zeitzuschläge auch für den streitgegenständlichen Bereitschaftsdienst scheidet aus. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts „auf der Grundlage“ der BV 2006 die Zeitzuschläge geleistet. Weder sie noch die Beklagte als Betriebsübernehmerin haben mit dem - vermeintlichen - Vollzug der BV 2006 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bzw. § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB) ein als Vertragsangebot an die Arbeitnehmer zu wertendes Verhalten gezeigt. Dementsprechend hat der Kläger die Gewährung von Zeitzuschlägen für die Gesamtdauer der 24-Stunden-Dienste nicht als Angebot zu einer vertraglichen Verpflichtung, sondern als Vollzug der BV 2006 verstanden und beruft sich weiterhin auf die BV 2006 als Anspruchsgrundlage (zur betrieblichen Übung bei vermeintlichem Normvollzug: BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 19 ff., NZA 2013, 40; 23. März 2011 - 4 AZR 268/09 - Rn. 65 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 101).

27

4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich ein Teilanspruch auf die geltend gemachten Zuschläge nicht aus § 615 Satz 1 BGB.

28

Sofern der Arbeitgeber in Annahmeverzug gerät, erhält § 615 Satz 1 BGB dem Arbeitnehmer den Vergütungsanspruch. Diesen hat die Beklagte erfüllt. Der Kläger hat unstreitig eine verstetigte Vergütung für 40 Wochenstunden erhalten, „Überstunden“ aus Bereitschaftsdiensten darf die Beklagte gemäß § 14 Abs. 5 DRK-TV-O durch Freizeit ausgleichen. Einen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten (zuschlagpflichtigen) Zeiten gewährt § 615 Satz 1 BGB nicht.

29

Zudem ist für die Berechnung der - durchschnittlichen - regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden nach § 14 Abs. 1 Satz 2 DRK-TV-O auf einen Zeitraum von 26 Wochen abzustellen, wobei in die Durchschnittsberechnung für jede Woche sowohl die vorangegangenen als auch die darauffolgenden 25 Wochen einzubeziehen sind(vgl. BAG 30. März 2000 - 6 AZR 680/98 - zu II 2 der Gründe, BAGE 94, 189). Der Kläger hat somit keinen Anspruch, in jeder Woche 40 Stunden beschäftigt zu werden. Seinem Vorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, er wäre - unter Berücksichtigung von Freizeitausgleich - im maßgeblichen Berechnungszeitraum „unter Soll“ herangezogen worden. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht unter 1.3 der Entscheidungsgründe festgestellt, der Kläger sei „im gesamten Jahr 2010 auf durchschnittlich 51 Wochenstunden gekommen“.

30

5. Ob § 6 Abs. 5 ArbZG im Streitfall einen Anspruch auf Zuschlag für Nachtarbeit begründen könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Der Kläger hat diesen Streitgegenstand nicht in den Rechtsstreit einbezogen. Er beruft sich nur auf den DRK-TV-O sowie die BV 2006 und verlangt den Zuschlag für Nachtarbeit iSd. Tarifvertrags in tariflich vorgesehener Höhe.

31

Zudem hätte der Kläger insoweit eine Alternativklage erheben müssen. Die Ausgleichsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 6 Abs. 5 ArbZG ist eine Wahlschuld iSd. § 262 BGB(BAG 1. Februar 2006 - 5 AZR 422/04 - Rn. 15, NZA 2006, 494; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - zu I 5 a der Gründe, BAGE 115, 372). Der Arbeitgeber kann wählen, ob er den Ausgleich durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder durch eine Kombination von beidem gewährt. Die gesetzlich begründete Wahlschuld konkretisiert sich auf eine der geschuldeten Leistungen erst dann, wenn der Schuldner das ihm zustehende Wahlrecht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ausübt (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 369/10 - Rn. 15 mwN, AP ArbZG § 6 Nr. 11 = EzA ArbZG § 6 Nr. 9). Eine solche Wahl hat die Beklagte bislang nicht getroffen.

32

II. Die Klage auf „Berichtigung“ des Arbeitszeitkontos in Form einer „Gutschrift“ (Hauptantrag zu 2.) und auf Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung (Hilfsantrag zu 2.) ist mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig.

33

1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch gutgeschrieben werden können, und das Leistungsbegehren konkretisiert, an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll(BAG 21. März 2012 - 5 AZR 676/11 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 611 Arbeitszeitkonto Nr. 7).

34

Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag zu 2. nicht. Der Kläger hat weder schriftsätzlich vorgetragen, noch auf Nachfrage des Senats konkretisieren können, in welcher Form die Beklagte überhaupt für ihn ein Arbeitszeitkonto führt, wie es gestaltet ist und an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos in dieses korrigierend eingegriffen werden soll.

35

2. Dasselbe gilt für den Feststellungsantrag, an den hinsichtlich der Bestimmtheit keine geringeren Anforderungen als an einen Leistungsantrag zu stellen sind (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10, EzA BGB 2002 § 611 Mehrarbeit Nr. 4; 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - Rn. 11 mwN, AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Zudem berücksichtigt die Antragsfassung nicht, dass die „regelmäßige Arbeitszeit nach § 14 Abs. 1 DRK-TV-O“, bis zu deren Höhe der Bereitschaftsdienst auf das Arbeitszeitkonto „angerechnet“ und „gutgeschrieben“ werden soll, ein auf der Grundlage von 26 Wochen zu berechnender Durchschnitt ist, § 14 Abs. 1 Satz 2 DRK-TV-O. Damit lässt sich nicht zuverlässig erkennen, wann die zur Feststellung gestellte Verpflichtung der Beklagten überhaupt greifen soll.

36

III. Der Kläger hat gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Hromadka    

        

    Zoller    

                 

(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.

(2) Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.

(3) Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.

(4) Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn

a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.

(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

(6) Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.