Landesarbeitsgericht München Beschluss, 27. Sept. 2017 - 11 TaBV 36/17
vorgehend
nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes München – Az. 24 BV 138/16 – vom 08.03.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
„Sollten wir bis (2-Wochen-Frist) von Ihnen keine Rückmeldung erhalten, werden wir den Betriebsrat über Ihre Schwangerschaft und die damit verbundenen Mutterschutzfristen informieren.“
-
1.Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.03.2017, 24 BV 138/16, wird abgeändert.
-
2.Der Antrag wird abgewiesen.
Zurückweisung der Beschwerde.
II.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Beschluss, 27. Sept. 2017 - 11 TaBV 36/17
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht München Beschluss, 27. Sept. 2017 - 11 TaBV 36/17
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenLandesarbeitsgericht München Beschluss, 27. Sept. 2017 - 11 TaBV 36/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Er darf sie bis 22 Uhr beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des § 28 erfüllt sind.
(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr teilnehmen lassen, wenn
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Er darf sie bis 22 Uhr beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des § 28 erfüllt sind.
(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr teilnehmen lassen, wenn
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.
(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
(1) Eine Frau erhält während ihres bestehenden Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Als Zuschuss zum Mutterschaftsgeld wird der Unterschiedsbetrag zwischen 13 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung gezahlt. Einer Frau, deren Beschäftigungsverhältnis während der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung beginnt, wird der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an gezahlt.
(2) Ist eine Frau für mehrere Arbeitgeber tätig, sind für die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses nach Absatz 1 die durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelte aus diesen Beschäftigungsverhältnissen zusammenzurechnen. Den sich daraus ergebenden Betrag zahlen die Arbeitgeber anteilig im Verhältnis der von ihnen gezahlten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelte.
(3) Endet das Beschäftigungsverhältnis nach Maßgabe von § 17 Absatz 2 durch eine Kündigung, erhält die Frau für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach Absatz 1 von der für die Zahlung des Mutterschaftsgeldes zuständigen Stelle. Satz 1 gilt entsprechend, wenn der Arbeitgeber wegen eines Insolvenzereignisses im Sinne von § 165 Absatz 1 Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch den Zuschuss nach Absatz 1 nicht zahlen kann.
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.
(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)
- 1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,- 2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder - 5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.
(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.
(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.
Tenor
-
Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16. Juni 2010 - 5 BV 20/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche.
- 2
-
Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten am 10. Januar 2008 eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX“. Nach deren § 4 Abs. 1 erhält der Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement(bEM) erfüllen. In der Folgezeit verweigerte der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Verpflichtung und berief sich zur Begründung auf datenschutzrechtliche Belange.
-
Der Betriebsrat hat beantragt,
-
den Arbeitgeber zu verpflichten, dem Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement erfüllen, zu übergeben.
- 4
-
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Pflicht zur Übergabe des Mitarbeiterverzeichnisses an den Betriebsrat bestehe nur bei einem zuvor erklärten Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat könne über die Erfüllung der Pflichten aus § 84 Abs. 2 SGB IX auch dann wachen, wenn der Arbeitgeber ihm zunächst nur anonymisiert die Anzahl der Mitarbeiter mitteile, deren Arbeitsunfähigkeitszeiten länger als sechs Wochen betragen haben.
- 5
-
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der zugelassenen Sprungrechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter.
- 6
-
B. Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht entsprochen. Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX unabhängig von einer Zustimmung der Arbeitnehmer beanspruchen, dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise ein Verzeichnis mit Namen der Arbeitnehmer aushändigt, die im zurückliegenden Jahreszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Einem solchen Verlangen stehen datenschutzrechtliche Belange oder Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer nicht entgegen. Es kann daher dahinstehen, ob sich ein solcher Auskunftsanspruch auch aus der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ergibt.
- 7
-
I. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach Satz 2 Halbs. 1 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 112/09 - Rn. 23, EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 13). Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehört es auch, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu besorgenden Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim Normvollzug noch vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte abhängig (BAG 24. Januar 2006 - 1 ABR 60/04 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 5). Hieraus folgt eine zweistufige Prüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer Wahrnehmung erforderlich ist (BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 28, BAGE 128, 92).
- 8
-
II. Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderliche Aufgabenbezug liegt vor.
- 9
-
Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkranken, ein bEM durchzuführen. In diesem sollen unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen sowie mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers die Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die Pflicht zur Durchführung des bEM ist nicht auf Beschäftigte mit einer Behinderung beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahreszeitraums (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Sie besteht unabhängig von einem Antrag der betroffenen Arbeitnehmer oder einer der am Verfahren beteiligten Stellen. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein bEM einzuleiten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23, EzA SGB IX § 84 Nr. 8). Nach § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX hat ua. der Betriebsrat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Die Vorschrift wiederholt für den Bereich der Privatwirtschaft die sich bereits aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebende Überwachungsaufgabe des Betriebsrats.
- 10
-
III. Die Übergabe des begehrten Verzeichnisses ist zur Durchführung der sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ergebenden Überwachungsaufgabe erforderlich.
- 11
-
1. Der Anspruch auf Information und Überlassung der erforderlichen Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG richtet sich danach, in welchem Umfang der Betriebsrat bereits über Kenntnisse verfügt, deren er zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe bedarf (BAG 19. Oktober 1999 - 1 ABR 75/98 - zu B I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 45).
- 12
-
2. Der Betriebsrat verfügt über keine anderweitigen Kenntnisse über den Kreis der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers reicht die anonymisierte Unterrichtung für die Überwachung seiner sich aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflichten nicht aus. Ein anonymisiertes Mitarbeiterverzeichnis lässt nur die bloße Anzahl der Arbeitnehmer erkennen, welche die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen. Für die Überwachung, ob der Arbeitgeber das Verfahren entsprechend seiner gesetzlichen Initiativlast auch einleitet, ist die bloße Kenntnis der Anzahl der für ein bEM in Frage kommenden Arbeitnehmer unzureichend (vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 43, BVerwGE 137, 148). Auch die Übergabe einer Mitarbeiterliste, in der nur diejenigen Mitarbeiter aufgeführt sind, welche nicht nur die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen, sondern darüber hinaus der Weitergabe der Daten an den Betriebsrat zustimmen, wäre nicht in gleicher Weise geeignet, den Arbeitgeber bei der Einhaltung seiner Initiativlast zu überwachen. Mangels Kenntnis des konkreten Arbeitnehmers könnte der Betriebsrat nicht durch Nachfrage überprüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt die Durchführung eines bEM angeboten und den Arbeitnehmer ordnungsgemäß belehrt hat.
- 13
-
3. Auch die quartalsweise Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der betroffenen Arbeitnehmer ist erforderlich.
- 14
-
Zwar verhält sich § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht darüber, in welcher Form der Arbeitgeber die benötigte Auskunft zu erteilen hat. Darin ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Jedoch ist er bei umfangreichen und komplexen Angaben allerdings nach § 2 Abs. 1 BetrVG regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 29, BAGE 128, 92). Dass auch eine mündliche Information über den Kreis der betroffenen Arbeitnehmer ausreichend ist, wird von dem Arbeitgeber selbst nicht geltend gemacht. Die vom Betriebsrat geforderte quartalsweise Überlassung der Unterlagen hält sich daher im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG.
- 15
-
4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die für Bruttolohn- und Gehaltslisten geltenden Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG nicht auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten übertragbar. Nach der Senatsrechtsprechung unterscheiden sich der Auskunftsanspruch gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und das Einblicksrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihren Voraussetzungen und kommen nebeneinander in Betracht (30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 24, 30, BAGE 128, 92). Demzufolge gelten die einschränkenden Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber einem vom Betriebsrat gebildeten Ausschuss Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter gewähren muss, für die Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht.
- 16
-
IV. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen im Jahreszeitraum auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 17
-
1. Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der von der Vorschrift begünstigten Arbeitnehmer abhängig. Der Gesetzeswortlaut enthält eine entsprechende Einschränkung nicht. Das Beteiligungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Normvollzugs durch den Arbeitgeber. Seine Wahrnehmung steht nach der Konzeption des BetrVG nicht zur Disposition der Arbeitnehmer.
- 18
-
2. Eine solche Einschränkung der Überwachungsaufgabe folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 SGB IX.
- 19
-
a) Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern mit den erforderlichen Krankheitszeiten im Jahreszeitraum ein bEM anbieten. Vor dessen Durchführung ist er nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehalten, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Erst danach ist in einer zweiten Phase zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das Gesetz zwingt den betroffenen Arbeitnehmer nicht, ein bEM durchzuführen, sondern verpflichtet lediglich den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein bEM anzubieten. Die nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des bEM beim Arbeitnehmer endet(vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 38 f., BVerwGE 137, 148). Für diesen Teil des bEM hat der Gesetzgeber kein Zustimmungserfordernis normiert.
- 20
-
b) Weder Sinn und Zweck des bEM noch das Zustimmungserfordernis in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stehen der Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der für die Durchführung des bEM in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat entgegen.
- 21
-
aa) Mit der Durchführung eines bEM soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des bEM ist die Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter Menschen(vgl. BT-Drucks. 15/1783 S. 16; BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 40, BAGE 123, 234; BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 62, BVerwGE 137, 148). Daneben kann die Klärung von möglichen Maßnahmen nicht nur zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und den mit dem krankheitsbedingten Ausfall verbundenen betrieblichen und finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führen, sondern auch die Mehrbelastungen reduzieren, die der Belegschaft durch die vorübergehende Abwesenheit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers entstehen.
- 22
-
bb) Das in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestimmte Zustimmungserfordernis der von der Durchführung eines bEM betroffenen Arbeitnehmer soll gewährleisten, dass die Klärung ihres Gesundheitszustands nur freiwillig erfolgt. Ein bEM kann ohne Einwilligung des betroffenen Beschäftigten schon deshalb nicht sinnvoll durchgeführt werden, weil der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Mitteilung der Gründe für seine krankheitsbedingten Fehlzeiten verpflichtet ist und die vom Gesetzgeber angestrebte Klärung der möglichen Maßnahmen zu deren Reduzierung ohne die dafür erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Daneben ist auch ein bEM, an dem der betroffene Arbeitnehmer nicht aktiv mitwirkt, wenig erfolgversprechend.
- 23
-
cc) Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck des bEM wird durch die Mitteilung der Namen der für ein solches Verfahren in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht in Frage gestellt. Diesem wird nur der Personenkreis benannt, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines bEM erfüllt. Eine Information über die der Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegenden Krankheiten oder deren Ursachen ist damit nicht verbunden. Ebenso wird die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers über die Teilnahme an einem bEM nicht beeinträchtigt, da er sich über sein Einverständnis erst nach dem Angebot des Arbeitgebers und der damit verbundenen Belehrung über die Chancen und Risiken des bEM erklären muss.
- 24
-
V. Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss, nicht entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat ist auch bei fehlender Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 25
-
1. Die vom Antrag erfasste Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen fällt in den Geltungsbereich des BDSG. Es handelt sich nicht um automatisierte Dateien iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 iVm. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG.
- 26
-
2. Bei den vom Antrag umfassten Angaben handelt es sich um besondere Arten personenbezogener Daten über die Gesundheit iSd. § 3 Abs. 9 BDSG(sensitive Daten). Aufgrund der Angaben ist ersichtlich, dass der benannte Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit innerhalb eines Jahreszeitraums mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig abwesend war.
- 27
-
3. Die Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer an den Betriebsrat ist nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG auch dann zulässig, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 28
-
a) Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen besonderer Arten personenbezogener Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG für eigene Geschäftszwecke auch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn dies zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Nicht einschlägig ist hingegen § 32 BDSG, auch wenn diese Vorschrift eine Regelung über den Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis trifft. Ihr Regelungsgegenstand beschränkt sich auf personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG und erfasst nicht die Verarbeitung sensitiver Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG.
- 29
-
b) Die Ausübung rechtlicher Ansprüche iSv. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG umfasst auch eine Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber, die dieser zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten vornehmen muss. Ein solches Verständnis gibt das Unionsrecht vor.
- 30
-
aa) Die Erhebung und Nutzung sensitiver Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG fällt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31) gilt diese für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird (Art. 2 Buchst. c RL 95/46/EG). Nach Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG untersagen die Mitgliedstaaten ua. die Verarbeitung personenbezogener Daten über die Gesundheit. Von diesem Verbot besteht nach Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG eine Ausnahme, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, sofern dies aufgrund von einzelstaatlichem Recht, das angemessene Garantien vorsieht, zulässig ist. Daher wird die Erhebung und Nutzung von Angaben über krankheitsbedingte Fehlzeiten innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG erfasst.
- 31
-
bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG nicht davon abhängig, ob in dem zu entscheidenden Sachverhalt ein hinreichender Zusammenhang mit der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten oder tatsächlich ein Zusammenhang mit dem freien Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten besteht. Zur Begründung hat der Gerichtshof auf den Wortlaut von Art. 3 RL 95/46/EG verwiesen, der mit Ausnahme des in Abs. 2 bestimmten Bereichs die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterwirft(EuGH 20. Mai 2003 - C-465/00 - [Österreichischer Rundfunk ua.] Rn. 39 ff., 44, Slg. 2003, I-4989). Von einem solchen Verständnis ist auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen, der mit den Regelungen in § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG die Vorgaben aus Art. 8 RL 95/46/EG in nationales Recht umsetzen wollte (BT-Drucks. 14/4329 S. 43). Die Vorschrift ist danach unionsrechtskonform in einer Weise auszulegen, die den Vorgaben in Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 RL 95/46/EG Rechnung trägt.
- 32
-
cc) Bei einer solchen Auslegung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in der Richtlinie 95/46/EG nicht auf eine Mindestharmonisierung beschränkt ist, sondern zu einer grundsätzlich umfassenden Harmonisierung führt. Nach dem Verständnis des Gerichtshofs stellen die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle dar, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Nach dem Erwägungsgrund 22 zur RL 95/46/EG können die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften die allgemeinen Bedingungen präzisieren, unter denen die Verarbeitungen rechtmäßig sind. Sie dürfen aber weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten einführen noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite der in der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändern würden (vgl. zu Art. 7 RL 95/46/EG: EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 28 - 32, Eza EG-Vertrag 1999 Richtlinie 95/46 Nr. 1). Insoweit stellt die RL 95/46/EG zugleich eine Konkretisierung der in den Art. 7 und Art. 8 GRC verbürgten Rechte der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person dar(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 41 f., 44 f., aaO).
- 33
-
dd) Das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung erfordert daher eine Auslegung von § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG, die dem Arbeitgeber unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Erfüllung seiner ihm obliegenden gesetzlichen Pflichtenstellung ermöglicht.
- 34
-
(1) Eine Ausübung rechtlicher Ansprüche als Voraussetzung einer Datenerhebung und -nutzung nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig, wenn die Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht im Bereich des Arbeitsrechts erfolgt. Ein Wille des Gesetzgebers, durch die Formulierung der Voraussetzungen in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber im Bereich des Arbeitsrechts engere Grenzen als durch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG vorgesehen zu setzen, ist nicht ersichtlich (vgl. Gola RDV 2001, 125, 127).
- 35
-
(2) Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet. Diese erlauben die Verarbeitung von Daten über die Gesundheit iSv. Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG, wenn dies nach nationalem Recht zulässig ist und dieses insoweit angemessene Garantien vorsieht. Solche Garantien, die den Betroffenen vor einer unangemessenen Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und seiner Privatsphäre schützen, sieht das BDSG bei der Verarbeitung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber vor.
- 36
-
Die Verarbeitung von sensitiven Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG ist nur bei Bestehen einer besonderen Rechtsgrundlage zulässig. Diese unterliegt den Beschränkungen in § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur zulässig ist, soweit das BDSG selbst oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt(Gola RDV 2001, 125, 126). Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG darf grundsätzlich nur eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfolgen, wenn eine Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt. Ohne dessen Einverständnis ist dem Arbeitgeber deren Verarbeitung nur gestattet, wenn nach einer am Zweck der RL 95/46/EG orientierten Interessenabwägung ein entgegenstehendes Interesse des betroffenen Arbeitnehmers nicht überwiegt. Überdies wird die Verarbeitung von sensitiven Daten durch den Arbeitgeber von einem betrieblichen Datenschutzbeauftragten kontrolliert, der auf die Einhaltung des BDSG hinwirkt und dabei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht unterliegt (§ 4f Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 4 g Abs. 1 Satz 1 BDSG).
- 37
-
c) Die Erhebung und Nutzung der Angaben über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber ist auch bei fehlender Einwilligung der Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 38
-
aa) Die Durchführung eines bEM gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
- 39
-
bb) Die Erhebung dieser Daten ist erforderlich, damit der Arbeitgeber die ihm nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 SGB IX obliegenden Pflichten erfüllen kann. Ein bEM kann nur eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Bemessungszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war.
- 40
-
cc) Ein Grund zu der Annahme, dass das schutzwürdige Interesse des jeweils betroffenen Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung überwiegt, besteht nicht.
- 41
-
Die Erhebung der Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahreszeitraum ist Voraussetzung für die Entscheidung des Arbeitgebers, den betroffenen Beschäftigten die Durchführung eines bEM anzubieten. Dieses Verfahren dient der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und damit ihrer wirtschaftlichen Existenz (BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 42, BVerwGE 137, 148). Inhaltlich betrifft die Datenerhebung lediglich die Namen der Arbeitnehmer und die Feststellung, dass deren Fehlzeiten im maßgeblichen Jahreszeitraum sechs Wochen überschritten haben. Besondere Angaben über die Art und Dauer der Krankheit werden vom Arbeitgeber in der ersten Phase des bEM nicht erhoben. Überdies sind die Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohnehin vorhanden, weil sie die Grundlage für die Berechnung der in diesem Zeitraum zu zahlenden Vergütung bilden (§ 3 EFZG). Ein Interesse der jeweils betroffenen Arbeitnehmer an dem Unterbleiben der Datenerhebung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Auf das Recht des Arbeitnehmers, die Durchführung eines bEM abzulehnen, hat diese Datenerhebung keinen Einfluss.
- 42
-
d) Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der vom Arbeitgeber erhobenen Daten über die Fehlzeiten der arbeitsunfähigen Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht entgegen.
- 43
-
aa) Die Zusammenstellung der die einzelnen Arbeitnehmer betreffenden Arbeitsunfähigkeitszeiten zu einer schriftlichen Aufstellung und deren Weitergabe an den Betriebsrat ist keine Datenübermittlung an einen Dritten, die von dem Erlaubnistatbestand in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG nicht erfasst wird. Der Betriebsrat ist nicht als „Dritter“ iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG anzusehen, der außerhalb der verantwortlichen Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG, also des Unternehmens steht. Vielmehr ist er selbst Teil dieser Stelle (zu § 3 BDSG aF: BAG 3. Juni 2003 - 1 ABR 19/02 - zu B II 2 a bb [3] [a] der Gründe, BAGE 106, 188) und hat die betrieblichen und gesetzlichen Datenschutzbestimmungen einzuhalten (vgl. BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 27, BAGE 131, 316), zu denen insbesondere die Wahrung des Datengeheimnisses (§ 5 Satz 1 BDSG) gehört.
- 44
-
bb) Überwiegende schutzwürdige Interessen iSd. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der betroffenen Arbeitnehmer stehen der Bekanntgabe ihrer Namen gegenüber dem Betriebsrat nicht entgegen.
- 45
-
(1) Zwar handelt es nicht um betriebsöffentliche Daten, die allen Arbeitnehmern und damit auch dem Betriebsrat bekannt sind. Dennoch ist der auf Krankheit beruhende Arbeitsausfall wegen der dadurch ausgelösten Notwendigkeit einer Vertretung regelmäßig im Betrieb bekannt.
- 46
-
(2) Weiterhin verstärkt die Überwachung der dem Arbeitgeber durch § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auferlegten Verpflichtung die mit der Einführung des bEM verbundene Erwartung des Gesetzgebers, den betroffenen Arbeitnehmern durch das Angebot eines besonderen Präventionsverfahrens möglichst ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Der Gesetzgeber konnte auch davon ausgehen, dass der Betriebsrat als Vertreter der Belegschaft die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in geeigneter Weise wahrnimmt. Das durch Art. 8 Abs. 1 GRC gewährleistete Recht auf Schutz der eine Person betreffenden personenbezogenen Daten wird ausreichend dadurch gewahrt, dass der Betriebsrat in Bezug auf Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer nicht nur dem Datengeheimnis, sondern auch einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegt(§ 79 Abs. 1, § 120 Abs. 2 BetrVG) und die eigentliche Durchführung des bEM mit der damit verbundenen Erörterung der besonders sensiblen Krankheitsdaten von einer weiteren Belehrung des Arbeitgebers und der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig ist. Ebenso wie ein Arbeitnehmer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beanspruchen kann, dass bestimmte Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeitsaufgabe mit der Verarbeitung seiner persönlichen Daten nicht befasst werden, kann er auch nicht verlangen, dass eine ebensolche Übermittlung an den Betriebsrat unterbleibt.
- 47
-
e) Eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der RL 95/46/EG an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht (vgl. zur Vorlagepflicht der nationalen Gerichte BVerfG 2. Senat 2. Kammer 21. November 2011 - 2 BvR 516/09, 2 BvR 52 BvR 535/09 - Rn. 23 ff., NJW 2012, 598; 1. Senat 2. Kammer 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 11 f., NZA 2012, 202). Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Dies gilt für den Geltungsbereich der Richtlinie, ihren Normzweck und die für die nationalen Gerichte bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände.
- 48
-
aa) Die RL 95/46/EG eröffnet dem nationalen Gesetzgeber durch Art. 5 Handlungsspielräume, aufgrund derer er die in Art. 6 bis Art. 8 RL 95/46/EG festgelegten Grundsätze näher bestimmen kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mechanismen, die eine Abwägung der verschiedenen Rechte und Interessen ermöglichen, zum einen in der RL 95/46/EG selbst festgelegt, soweit diese Vorschriften enthält, die bestimmen, in welchen Situationen und in welchem Umfang die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist und welche Schutzvorkehrungen vorzusehen sind. Zum anderen eröffnen viele der in der RL 95/46/EG verhältnismäßig allgemein gehaltenen Bestimmungen den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum bei der Umsetzung in nationales Recht oder eine Auswahl zwischen den in der Richtlinie festgelegten Optionen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 82 f., Slg. 2003, I-12971). Dieses Zusammenspiel zwischen den zwingenden Richtlinienvorgaben und dem nationalen Recht überlässt den nationalen Gerichten den erforderlichen Spielraum, um bei der hier in Rede stehenden einzelfallbezogenen Anwendung der die RL 95/46/EG umsetzenden nationalen Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den mit der Richtlinie verfolgten Zwecken herzustellen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 85, aaO). Dem entsprechend hat der Senat bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG berücksichtigt, dass es nach den Erwägungsgründen Nr. 33, 34 der RL 95/46/EG deren Ziel ist, bei der Verarbeitung von besonders sensiblen Datenkategorien einen möglichst weitgehenden Schutz der Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und der Privatsphäre zu gewährleisten, andererseits es aber auch dem Arbeitgeber zu ermöglichen, eine gesetzliche Pflichtenstellung zu erfüllen, die ihm im Wesentlichen zugunsten des betroffenen Beschäftigten auferlegt worden ist.
- 49
-
bb) Ob der Arbeitgeber nach Unionsrecht überhaupt berechtigt ist, sich unter Berufung auf die Grundrechtspositionen der betroffenen Arbeitnehmer einer Weitergabe der für die Überwachungsaufgabe erforderlichen Daten an den Betriebsrat zu entziehen, bedarf angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keiner Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
-
VI. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Übermittlung der Namen von Arbeitnehmern mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im vorangegangenen Jahreszeitraum an den Betriebsrat entgegensteht. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 82, 36).
-
Schmidt
Linck
Koch
Hayen
Hann
(1) Öffentliche Stellen benennen eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten. Dies gilt auch für öffentliche Stellen nach § 2 Absatz 5, die am Wettbewerb teilnehmen.
(2) Für mehrere öffentliche Stellen kann unter Berücksichtigung ihrer Organisationsstruktur und ihrer Größe eine gemeinsame Datenschutzbeauftragte oder ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter benannt werden.
(3) Die oder der Datenschutzbeauftragte wird auf der Grundlage ihrer oder seiner beruflichen Qualifikation und insbesondere ihres oder seines Fachwissens benannt, das sie oder er auf dem Gebiet des Datenschutzrechts und der Datenschutzpraxis besitzt, sowie auf der Grundlage ihrer oder seiner Fähigkeit zur Erfüllung der in § 7 genannten Aufgaben.
(4) Die oder der Datenschutzbeauftragte kann Beschäftigte oder Beschäftigter der öffentlichen Stelle sein oder ihre oder seine Aufgaben auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags erfüllen.
(5) Die öffentliche Stelle veröffentlicht die Kontaktdaten der oder des Datenschutzbeauftragten und teilt diese Daten der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit.
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Er darf sie bis 22 Uhr beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des § 28 erfüllt sind.
(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr teilnehmen lassen, wenn
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.
(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)
- 1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,- 2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder - 5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.
(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.
(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.
(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
Tenor
-
Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16. Juni 2010 - 5 BV 20/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche.
- 2
-
Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten am 10. Januar 2008 eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX“. Nach deren § 4 Abs. 1 erhält der Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement(bEM) erfüllen. In der Folgezeit verweigerte der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Verpflichtung und berief sich zur Begründung auf datenschutzrechtliche Belange.
-
Der Betriebsrat hat beantragt,
-
den Arbeitgeber zu verpflichten, dem Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement erfüllen, zu übergeben.
- 4
-
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Pflicht zur Übergabe des Mitarbeiterverzeichnisses an den Betriebsrat bestehe nur bei einem zuvor erklärten Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat könne über die Erfüllung der Pflichten aus § 84 Abs. 2 SGB IX auch dann wachen, wenn der Arbeitgeber ihm zunächst nur anonymisiert die Anzahl der Mitarbeiter mitteile, deren Arbeitsunfähigkeitszeiten länger als sechs Wochen betragen haben.
- 5
-
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der zugelassenen Sprungrechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter.
- 6
-
B. Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht entsprochen. Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX unabhängig von einer Zustimmung der Arbeitnehmer beanspruchen, dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise ein Verzeichnis mit Namen der Arbeitnehmer aushändigt, die im zurückliegenden Jahreszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Einem solchen Verlangen stehen datenschutzrechtliche Belange oder Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer nicht entgegen. Es kann daher dahinstehen, ob sich ein solcher Auskunftsanspruch auch aus der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ergibt.
- 7
-
I. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach Satz 2 Halbs. 1 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 112/09 - Rn. 23, EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 13). Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehört es auch, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu besorgenden Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim Normvollzug noch vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte abhängig (BAG 24. Januar 2006 - 1 ABR 60/04 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 5). Hieraus folgt eine zweistufige Prüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer Wahrnehmung erforderlich ist (BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 28, BAGE 128, 92).
- 8
-
II. Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderliche Aufgabenbezug liegt vor.
- 9
-
Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkranken, ein bEM durchzuführen. In diesem sollen unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen sowie mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers die Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die Pflicht zur Durchführung des bEM ist nicht auf Beschäftigte mit einer Behinderung beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahreszeitraums (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Sie besteht unabhängig von einem Antrag der betroffenen Arbeitnehmer oder einer der am Verfahren beteiligten Stellen. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein bEM einzuleiten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23, EzA SGB IX § 84 Nr. 8). Nach § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX hat ua. der Betriebsrat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Die Vorschrift wiederholt für den Bereich der Privatwirtschaft die sich bereits aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebende Überwachungsaufgabe des Betriebsrats.
- 10
-
III. Die Übergabe des begehrten Verzeichnisses ist zur Durchführung der sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ergebenden Überwachungsaufgabe erforderlich.
- 11
-
1. Der Anspruch auf Information und Überlassung der erforderlichen Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG richtet sich danach, in welchem Umfang der Betriebsrat bereits über Kenntnisse verfügt, deren er zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe bedarf (BAG 19. Oktober 1999 - 1 ABR 75/98 - zu B I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 45).
- 12
-
2. Der Betriebsrat verfügt über keine anderweitigen Kenntnisse über den Kreis der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers reicht die anonymisierte Unterrichtung für die Überwachung seiner sich aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflichten nicht aus. Ein anonymisiertes Mitarbeiterverzeichnis lässt nur die bloße Anzahl der Arbeitnehmer erkennen, welche die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen. Für die Überwachung, ob der Arbeitgeber das Verfahren entsprechend seiner gesetzlichen Initiativlast auch einleitet, ist die bloße Kenntnis der Anzahl der für ein bEM in Frage kommenden Arbeitnehmer unzureichend (vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 43, BVerwGE 137, 148). Auch die Übergabe einer Mitarbeiterliste, in der nur diejenigen Mitarbeiter aufgeführt sind, welche nicht nur die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen, sondern darüber hinaus der Weitergabe der Daten an den Betriebsrat zustimmen, wäre nicht in gleicher Weise geeignet, den Arbeitgeber bei der Einhaltung seiner Initiativlast zu überwachen. Mangels Kenntnis des konkreten Arbeitnehmers könnte der Betriebsrat nicht durch Nachfrage überprüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt die Durchführung eines bEM angeboten und den Arbeitnehmer ordnungsgemäß belehrt hat.
- 13
-
3. Auch die quartalsweise Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der betroffenen Arbeitnehmer ist erforderlich.
- 14
-
Zwar verhält sich § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht darüber, in welcher Form der Arbeitgeber die benötigte Auskunft zu erteilen hat. Darin ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Jedoch ist er bei umfangreichen und komplexen Angaben allerdings nach § 2 Abs. 1 BetrVG regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 29, BAGE 128, 92). Dass auch eine mündliche Information über den Kreis der betroffenen Arbeitnehmer ausreichend ist, wird von dem Arbeitgeber selbst nicht geltend gemacht. Die vom Betriebsrat geforderte quartalsweise Überlassung der Unterlagen hält sich daher im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG.
- 15
-
4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die für Bruttolohn- und Gehaltslisten geltenden Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG nicht auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten übertragbar. Nach der Senatsrechtsprechung unterscheiden sich der Auskunftsanspruch gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und das Einblicksrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihren Voraussetzungen und kommen nebeneinander in Betracht (30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 24, 30, BAGE 128, 92). Demzufolge gelten die einschränkenden Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber einem vom Betriebsrat gebildeten Ausschuss Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter gewähren muss, für die Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht.
- 16
-
IV. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen im Jahreszeitraum auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 17
-
1. Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der von der Vorschrift begünstigten Arbeitnehmer abhängig. Der Gesetzeswortlaut enthält eine entsprechende Einschränkung nicht. Das Beteiligungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Normvollzugs durch den Arbeitgeber. Seine Wahrnehmung steht nach der Konzeption des BetrVG nicht zur Disposition der Arbeitnehmer.
- 18
-
2. Eine solche Einschränkung der Überwachungsaufgabe folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 SGB IX.
- 19
-
a) Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern mit den erforderlichen Krankheitszeiten im Jahreszeitraum ein bEM anbieten. Vor dessen Durchführung ist er nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehalten, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Erst danach ist in einer zweiten Phase zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das Gesetz zwingt den betroffenen Arbeitnehmer nicht, ein bEM durchzuführen, sondern verpflichtet lediglich den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein bEM anzubieten. Die nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des bEM beim Arbeitnehmer endet(vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 38 f., BVerwGE 137, 148). Für diesen Teil des bEM hat der Gesetzgeber kein Zustimmungserfordernis normiert.
- 20
-
b) Weder Sinn und Zweck des bEM noch das Zustimmungserfordernis in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stehen der Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der für die Durchführung des bEM in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat entgegen.
- 21
-
aa) Mit der Durchführung eines bEM soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des bEM ist die Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter Menschen(vgl. BT-Drucks. 15/1783 S. 16; BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 40, BAGE 123, 234; BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 62, BVerwGE 137, 148). Daneben kann die Klärung von möglichen Maßnahmen nicht nur zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und den mit dem krankheitsbedingten Ausfall verbundenen betrieblichen und finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führen, sondern auch die Mehrbelastungen reduzieren, die der Belegschaft durch die vorübergehende Abwesenheit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers entstehen.
- 22
-
bb) Das in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestimmte Zustimmungserfordernis der von der Durchführung eines bEM betroffenen Arbeitnehmer soll gewährleisten, dass die Klärung ihres Gesundheitszustands nur freiwillig erfolgt. Ein bEM kann ohne Einwilligung des betroffenen Beschäftigten schon deshalb nicht sinnvoll durchgeführt werden, weil der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Mitteilung der Gründe für seine krankheitsbedingten Fehlzeiten verpflichtet ist und die vom Gesetzgeber angestrebte Klärung der möglichen Maßnahmen zu deren Reduzierung ohne die dafür erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Daneben ist auch ein bEM, an dem der betroffene Arbeitnehmer nicht aktiv mitwirkt, wenig erfolgversprechend.
- 23
-
cc) Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck des bEM wird durch die Mitteilung der Namen der für ein solches Verfahren in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht in Frage gestellt. Diesem wird nur der Personenkreis benannt, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines bEM erfüllt. Eine Information über die der Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegenden Krankheiten oder deren Ursachen ist damit nicht verbunden. Ebenso wird die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers über die Teilnahme an einem bEM nicht beeinträchtigt, da er sich über sein Einverständnis erst nach dem Angebot des Arbeitgebers und der damit verbundenen Belehrung über die Chancen und Risiken des bEM erklären muss.
- 24
-
V. Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss, nicht entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat ist auch bei fehlender Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 25
-
1. Die vom Antrag erfasste Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen fällt in den Geltungsbereich des BDSG. Es handelt sich nicht um automatisierte Dateien iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 iVm. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG.
- 26
-
2. Bei den vom Antrag umfassten Angaben handelt es sich um besondere Arten personenbezogener Daten über die Gesundheit iSd. § 3 Abs. 9 BDSG(sensitive Daten). Aufgrund der Angaben ist ersichtlich, dass der benannte Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit innerhalb eines Jahreszeitraums mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig abwesend war.
- 27
-
3. Die Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer an den Betriebsrat ist nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG auch dann zulässig, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 28
-
a) Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen besonderer Arten personenbezogener Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG für eigene Geschäftszwecke auch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn dies zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Nicht einschlägig ist hingegen § 32 BDSG, auch wenn diese Vorschrift eine Regelung über den Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis trifft. Ihr Regelungsgegenstand beschränkt sich auf personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG und erfasst nicht die Verarbeitung sensitiver Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG.
- 29
-
b) Die Ausübung rechtlicher Ansprüche iSv. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG umfasst auch eine Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber, die dieser zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten vornehmen muss. Ein solches Verständnis gibt das Unionsrecht vor.
- 30
-
aa) Die Erhebung und Nutzung sensitiver Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG fällt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31) gilt diese für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird (Art. 2 Buchst. c RL 95/46/EG). Nach Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG untersagen die Mitgliedstaaten ua. die Verarbeitung personenbezogener Daten über die Gesundheit. Von diesem Verbot besteht nach Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG eine Ausnahme, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, sofern dies aufgrund von einzelstaatlichem Recht, das angemessene Garantien vorsieht, zulässig ist. Daher wird die Erhebung und Nutzung von Angaben über krankheitsbedingte Fehlzeiten innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG erfasst.
- 31
-
bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG nicht davon abhängig, ob in dem zu entscheidenden Sachverhalt ein hinreichender Zusammenhang mit der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten oder tatsächlich ein Zusammenhang mit dem freien Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten besteht. Zur Begründung hat der Gerichtshof auf den Wortlaut von Art. 3 RL 95/46/EG verwiesen, der mit Ausnahme des in Abs. 2 bestimmten Bereichs die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterwirft(EuGH 20. Mai 2003 - C-465/00 - [Österreichischer Rundfunk ua.] Rn. 39 ff., 44, Slg. 2003, I-4989). Von einem solchen Verständnis ist auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen, der mit den Regelungen in § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG die Vorgaben aus Art. 8 RL 95/46/EG in nationales Recht umsetzen wollte (BT-Drucks. 14/4329 S. 43). Die Vorschrift ist danach unionsrechtskonform in einer Weise auszulegen, die den Vorgaben in Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 RL 95/46/EG Rechnung trägt.
- 32
-
cc) Bei einer solchen Auslegung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in der Richtlinie 95/46/EG nicht auf eine Mindestharmonisierung beschränkt ist, sondern zu einer grundsätzlich umfassenden Harmonisierung führt. Nach dem Verständnis des Gerichtshofs stellen die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle dar, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Nach dem Erwägungsgrund 22 zur RL 95/46/EG können die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften die allgemeinen Bedingungen präzisieren, unter denen die Verarbeitungen rechtmäßig sind. Sie dürfen aber weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten einführen noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite der in der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändern würden (vgl. zu Art. 7 RL 95/46/EG: EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 28 - 32, Eza EG-Vertrag 1999 Richtlinie 95/46 Nr. 1). Insoweit stellt die RL 95/46/EG zugleich eine Konkretisierung der in den Art. 7 und Art. 8 GRC verbürgten Rechte der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person dar(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 41 f., 44 f., aaO).
- 33
-
dd) Das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung erfordert daher eine Auslegung von § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG, die dem Arbeitgeber unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Erfüllung seiner ihm obliegenden gesetzlichen Pflichtenstellung ermöglicht.
- 34
-
(1) Eine Ausübung rechtlicher Ansprüche als Voraussetzung einer Datenerhebung und -nutzung nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig, wenn die Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht im Bereich des Arbeitsrechts erfolgt. Ein Wille des Gesetzgebers, durch die Formulierung der Voraussetzungen in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber im Bereich des Arbeitsrechts engere Grenzen als durch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG vorgesehen zu setzen, ist nicht ersichtlich (vgl. Gola RDV 2001, 125, 127).
- 35
-
(2) Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet. Diese erlauben die Verarbeitung von Daten über die Gesundheit iSv. Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG, wenn dies nach nationalem Recht zulässig ist und dieses insoweit angemessene Garantien vorsieht. Solche Garantien, die den Betroffenen vor einer unangemessenen Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und seiner Privatsphäre schützen, sieht das BDSG bei der Verarbeitung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber vor.
- 36
-
Die Verarbeitung von sensitiven Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG ist nur bei Bestehen einer besonderen Rechtsgrundlage zulässig. Diese unterliegt den Beschränkungen in § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur zulässig ist, soweit das BDSG selbst oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt(Gola RDV 2001, 125, 126). Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG darf grundsätzlich nur eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfolgen, wenn eine Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt. Ohne dessen Einverständnis ist dem Arbeitgeber deren Verarbeitung nur gestattet, wenn nach einer am Zweck der RL 95/46/EG orientierten Interessenabwägung ein entgegenstehendes Interesse des betroffenen Arbeitnehmers nicht überwiegt. Überdies wird die Verarbeitung von sensitiven Daten durch den Arbeitgeber von einem betrieblichen Datenschutzbeauftragten kontrolliert, der auf die Einhaltung des BDSG hinwirkt und dabei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht unterliegt (§ 4f Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 4 g Abs. 1 Satz 1 BDSG).
- 37
-
c) Die Erhebung und Nutzung der Angaben über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber ist auch bei fehlender Einwilligung der Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 38
-
aa) Die Durchführung eines bEM gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
- 39
-
bb) Die Erhebung dieser Daten ist erforderlich, damit der Arbeitgeber die ihm nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 SGB IX obliegenden Pflichten erfüllen kann. Ein bEM kann nur eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Bemessungszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war.
- 40
-
cc) Ein Grund zu der Annahme, dass das schutzwürdige Interesse des jeweils betroffenen Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung überwiegt, besteht nicht.
- 41
-
Die Erhebung der Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahreszeitraum ist Voraussetzung für die Entscheidung des Arbeitgebers, den betroffenen Beschäftigten die Durchführung eines bEM anzubieten. Dieses Verfahren dient der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und damit ihrer wirtschaftlichen Existenz (BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 42, BVerwGE 137, 148). Inhaltlich betrifft die Datenerhebung lediglich die Namen der Arbeitnehmer und die Feststellung, dass deren Fehlzeiten im maßgeblichen Jahreszeitraum sechs Wochen überschritten haben. Besondere Angaben über die Art und Dauer der Krankheit werden vom Arbeitgeber in der ersten Phase des bEM nicht erhoben. Überdies sind die Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohnehin vorhanden, weil sie die Grundlage für die Berechnung der in diesem Zeitraum zu zahlenden Vergütung bilden (§ 3 EFZG). Ein Interesse der jeweils betroffenen Arbeitnehmer an dem Unterbleiben der Datenerhebung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Auf das Recht des Arbeitnehmers, die Durchführung eines bEM abzulehnen, hat diese Datenerhebung keinen Einfluss.
- 42
-
d) Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der vom Arbeitgeber erhobenen Daten über die Fehlzeiten der arbeitsunfähigen Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht entgegen.
- 43
-
aa) Die Zusammenstellung der die einzelnen Arbeitnehmer betreffenden Arbeitsunfähigkeitszeiten zu einer schriftlichen Aufstellung und deren Weitergabe an den Betriebsrat ist keine Datenübermittlung an einen Dritten, die von dem Erlaubnistatbestand in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG nicht erfasst wird. Der Betriebsrat ist nicht als „Dritter“ iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG anzusehen, der außerhalb der verantwortlichen Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG, also des Unternehmens steht. Vielmehr ist er selbst Teil dieser Stelle (zu § 3 BDSG aF: BAG 3. Juni 2003 - 1 ABR 19/02 - zu B II 2 a bb [3] [a] der Gründe, BAGE 106, 188) und hat die betrieblichen und gesetzlichen Datenschutzbestimmungen einzuhalten (vgl. BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 27, BAGE 131, 316), zu denen insbesondere die Wahrung des Datengeheimnisses (§ 5 Satz 1 BDSG) gehört.
- 44
-
bb) Überwiegende schutzwürdige Interessen iSd. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der betroffenen Arbeitnehmer stehen der Bekanntgabe ihrer Namen gegenüber dem Betriebsrat nicht entgegen.
- 45
-
(1) Zwar handelt es nicht um betriebsöffentliche Daten, die allen Arbeitnehmern und damit auch dem Betriebsrat bekannt sind. Dennoch ist der auf Krankheit beruhende Arbeitsausfall wegen der dadurch ausgelösten Notwendigkeit einer Vertretung regelmäßig im Betrieb bekannt.
- 46
-
(2) Weiterhin verstärkt die Überwachung der dem Arbeitgeber durch § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auferlegten Verpflichtung die mit der Einführung des bEM verbundene Erwartung des Gesetzgebers, den betroffenen Arbeitnehmern durch das Angebot eines besonderen Präventionsverfahrens möglichst ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Der Gesetzgeber konnte auch davon ausgehen, dass der Betriebsrat als Vertreter der Belegschaft die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in geeigneter Weise wahrnimmt. Das durch Art. 8 Abs. 1 GRC gewährleistete Recht auf Schutz der eine Person betreffenden personenbezogenen Daten wird ausreichend dadurch gewahrt, dass der Betriebsrat in Bezug auf Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer nicht nur dem Datengeheimnis, sondern auch einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegt(§ 79 Abs. 1, § 120 Abs. 2 BetrVG) und die eigentliche Durchführung des bEM mit der damit verbundenen Erörterung der besonders sensiblen Krankheitsdaten von einer weiteren Belehrung des Arbeitgebers und der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig ist. Ebenso wie ein Arbeitnehmer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beanspruchen kann, dass bestimmte Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeitsaufgabe mit der Verarbeitung seiner persönlichen Daten nicht befasst werden, kann er auch nicht verlangen, dass eine ebensolche Übermittlung an den Betriebsrat unterbleibt.
- 47
-
e) Eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der RL 95/46/EG an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht (vgl. zur Vorlagepflicht der nationalen Gerichte BVerfG 2. Senat 2. Kammer 21. November 2011 - 2 BvR 516/09, 2 BvR 52 BvR 535/09 - Rn. 23 ff., NJW 2012, 598; 1. Senat 2. Kammer 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 11 f., NZA 2012, 202). Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Dies gilt für den Geltungsbereich der Richtlinie, ihren Normzweck und die für die nationalen Gerichte bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände.
- 48
-
aa) Die RL 95/46/EG eröffnet dem nationalen Gesetzgeber durch Art. 5 Handlungsspielräume, aufgrund derer er die in Art. 6 bis Art. 8 RL 95/46/EG festgelegten Grundsätze näher bestimmen kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mechanismen, die eine Abwägung der verschiedenen Rechte und Interessen ermöglichen, zum einen in der RL 95/46/EG selbst festgelegt, soweit diese Vorschriften enthält, die bestimmen, in welchen Situationen und in welchem Umfang die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist und welche Schutzvorkehrungen vorzusehen sind. Zum anderen eröffnen viele der in der RL 95/46/EG verhältnismäßig allgemein gehaltenen Bestimmungen den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum bei der Umsetzung in nationales Recht oder eine Auswahl zwischen den in der Richtlinie festgelegten Optionen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 82 f., Slg. 2003, I-12971). Dieses Zusammenspiel zwischen den zwingenden Richtlinienvorgaben und dem nationalen Recht überlässt den nationalen Gerichten den erforderlichen Spielraum, um bei der hier in Rede stehenden einzelfallbezogenen Anwendung der die RL 95/46/EG umsetzenden nationalen Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den mit der Richtlinie verfolgten Zwecken herzustellen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 85, aaO). Dem entsprechend hat der Senat bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG berücksichtigt, dass es nach den Erwägungsgründen Nr. 33, 34 der RL 95/46/EG deren Ziel ist, bei der Verarbeitung von besonders sensiblen Datenkategorien einen möglichst weitgehenden Schutz der Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und der Privatsphäre zu gewährleisten, andererseits es aber auch dem Arbeitgeber zu ermöglichen, eine gesetzliche Pflichtenstellung zu erfüllen, die ihm im Wesentlichen zugunsten des betroffenen Beschäftigten auferlegt worden ist.
- 49
-
bb) Ob der Arbeitgeber nach Unionsrecht überhaupt berechtigt ist, sich unter Berufung auf die Grundrechtspositionen der betroffenen Arbeitnehmer einer Weitergabe der für die Überwachungsaufgabe erforderlichen Daten an den Betriebsrat zu entziehen, bedarf angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keiner Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
-
VI. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Übermittlung der Namen von Arbeitnehmern mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im vorangegangenen Jahreszeitraum an den Betriebsrat entgegensteht. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 82, 36).
-
Schmidt
Linck
Koch
Hayen
Hann
Tenor
-
Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. März 2009 - 20 TaBV 1022/08 - aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
-
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. April 2008 - 42 BV 19681/07 - wird unter Abweisung der in der Anhörung vom 19. März 2009 gestellten Hilfsanträge zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten über einen Online-Zugriff des Betriebsrats auf Leistungsdaten von Arbeitnehmern.
-
Arbeitgeberin ist die Deutsche Post AG; Antragsteller ist der in ihrem Geschäftsbereich Vertrieb BRIEF - Öffentlicher Sektor - in Berlin gebildete Betriebsrat. In dem bei der Arbeitgeberin geltenden Tarifvertrag Vertrieb Nr. 64 vom 11. Juni 1999 in der Fassung vom 1. Januar 2007 (TV 64) ist die Zahlung eines variablen, erfolgsabhängigen Entgelts auf der Grundlage von Zielvereinbarungen geregelt. Darin heißt es ua.:
-
„§ 7
Zielvereinbarung
(1) Die Ziele sind in einem Zielvereinbarungsgespräch zwischen direktem Vorgesetzten und Arbeitnehmer zu vereinbaren. Der Arbeitnehmer kann für das Zielvereinbarungsgespräch ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.
…
§ 11
Monitoringverfahren
(1) Während der Zielvereinbarungsperiode hat der Vorgesetzte mit dem Arbeitnehmer bis zum Ende des zweiten Quartals ein Gespräch über den Grad der Erfüllung der Ziele zu führen. Bei Bedarf (z.B. bei unzureichender Zielerreichung) ist ein weiteres Gespräch bis zum Ende des dritten Quartals zu führen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist danach ein weiteres Gespräch zu führen. Gesprächsinhalt sollen ggf. auch Maßnahmen sein, die zu einer Verbesserung der Zielerreichungsgrade führen können. ...
§ 15
Datenverarbeitung
(1) Die Verarbeitung von unmittelbaren Leistungsdaten des einzelnen Arbeitnehmers im IT-System ist ausschließlich für die Berechnung der Höhe des in diesem Tarifvertrag geregelten variablen Entgelts zulässig.
(2) Auf die Daten haben nur der für die Zielvereinbarung zuständige Vorgesetzte, der Leiter der regionalen Vertriebssteuerung oder ein von ihm Beauftragter der regionalen Vertriebssteuerung, der im Personalbereich für die Entgeltabrechnung Zuständige, der einzelne Arbeitnehmer und der Betriebsrat Zugang.“
- 3
-
Bei dem von der Arbeitgeberin verwandten Datenverarbeitungssystem handelt es sich um ein Vertriebs- und Marketing-System, in dem Leistungsdaten der Arbeitnehmer sowie Produkt- und Kundendaten verarbeitet und gespeichert werden. Die Arbeitgeberin teilt dem Betriebsrat jeweils am Ende der Zielvereinbarungsperiode die Leistungsdaten der Arbeitnehmer durch Übermittlung eines EDV-Ausdrucks mit.
- 4
-
Darüber hinaus verlangte der Betriebsrat ohne Erfolg, ihm während der jeweiligen Zielvereinbarungsperioden einen Online-Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten der einzelnen Arbeitnehmer zu eröffnen oder hilfsweise ihm diese Daten in Papierform zu überlassen.
- 5
-
Der Betriebsrat hat gemeint, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm einen lesenden Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten der Arbeitnehmer zu gewähren. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 15 Abs. 2 TV 64 sowie aus § 80 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 BetrVG.
-
Der Betriebsrat hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - beantragt,
-
1.
der Arbeitgeberin aufzugeben, dem Betriebsrat durch Einrichtung eines eigenen EDV-technischen Zugangs auf einem im Büro des Betriebsrats befindlichen und mit dem internen Computernetzwerk der Arbeitgeberin verbundenen PC lesenden Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten gem. TV Vertrieb 64 der im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer zu gewähren,
hilfsweise,
2.
die Arbeitgeberin zu verurteilen, dem Betriebsrat im Rahmen der Datenverarbeitung gem. § 15 TV Vertrieb 64 unmittelbaren EDV-technischen lesenden Zugang zu den mittels Datenverarbeitung verarbeiteten unmittelbaren Leistungsdaten iSd. des § 15 Abs. 1 TV Vertrieb 64, hinsichtlich der im Betrieb der Arbeitgeberin von der tarifvertraglichen Regelung betroffenen Arbeitnehmer zu gewähren,
hilfsweise,
3.
die Arbeitgeberin zu verurteilen, die unmittelbaren Leistungsdaten gem. TV Vertrieb 64 der im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer in Textform jeweils am Ende des 5. und 8. Kalendermonats der jeweils laufenden Zielvereinbarungsperiode sowie zum Ende der Zielvereinbarungsperiode zu übergeben. Fordert ein Arbeitnehmer ein weiteres Monitoringgespräch gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 TV Vertrieb 64, sind dem Betriebsrat vor diesem Gespräch die unmittelbaren Leistungsdaten dieses Beschäftigten ebenfalls zu übergeben.
- 7
-
Die Arbeitgeberin hat die Abweisung der Anträge beantragt.
- 8
-
Das Arbeitsgericht hat den dort allein erhobenen Hauptantrag abgewiesen. Dagegen hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt und in der Anhörung vom 19. März 2009 sein Begehren um die Hilfsanträge erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückgewiesen und dem ersten Hilfsantrag entsprochen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter.
- 9
-
B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet und führt unter Aufhebung der zweitinstanzlichen Entscheidung zur vollständigen Abweisung der Anträge.
- 10
-
I. Das Landesarbeitsgericht hat den zuletzt gestellten Hauptantrag des Betriebsrats rechtskräftig abgewiesen und seinem ersten Hilfsantrag entsprochen. Dieser Antrag bedarf allerdings der Auslegung. Der Betriebsrat begehrt einen lesenden Zugriff auf die Leistungsdaten derjenigen Arbeitnehmer, auf die der TV 64 Anwendung findet, um dessen Durchführung überwachen zu können. Der Zugriff soll ihm jederzeit möglich sein, denn weder der Antrag noch die Antragsbegründung enthalten eine zeitliche Begrenzung. Der vom Betriebsrat geforderte lesende Zugriff ist dabei auf alle IT-Systeme gerichtet, die Leistungsdaten der Arbeitnehmer enthalten. Der verlangte Zugriff bezieht sich nach seinem Vorbringen allerdings nicht auf die im IT-System neben den Leistungsdaten vorhandenen Kundendaten, die der Arbeitgeber nach Auffassung des Betriebsrats ohne Weiteres von den Leistungsdaten der Arbeitnehmer trennen kann.
- 11
-
II. Der so verstandene Antrag ist unzulässig. Er genügt nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO).
- 12
-
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Antrag auch im Beschlussverfahren so bestimmt sein, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Im Falle einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung muss für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen hat, darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG 27. Juli 2010 - 1 ABR 74/09 - Rn. 11).
- 13
-
2. Diesen Anforderungen wird der Antrag des Betriebsrats nicht gerecht.
- 14
-
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Antrag nicht schon deshalb hinreichend bestimmt, weil die dort enthaltenen Begriffe den Beteiligten geläufig sind und über die Reichweite des Antrags zwischen ihnen kein Streit besteht. Das Landesarbeitsgericht konnte den in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag der Arbeitgeberin nicht dahingehend würdigen, dass diese im Falle einer stattgebenden Entscheidung zweifelsfrei hätte erkennen können, welche Handlungen von ihr verlangt werden. Die Beteiligten haben sich in ihrem Vorbringen inhaltlich weder mit dem im Antrag enthaltenen Begriff der „unmittelbaren Leistungsdaten“ auseinandergesetzt noch ist dessen Inhalt eindeutig bestimmbar (vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 ABR 74/09 - Rn. 13). Das Beschwerdegericht wäre daher verpflichtet gewesen, das vom Betriebsrat verfolgte Antragsverständnis insoweit aufzuklären und in seinen Gründen so genau zu beschreiben, dass eine dem Antrag stattgebende Entscheidung eine ausreichende Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bilden kann.
- 15
-
III. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 ZPO) bedarf es indes nicht, da der Senat eine eigene Sachentscheidung treffen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Betriebsrat hat im Schriftsatz vom 7. März 2011 erstmals die Daten bezeichnet, die er von dem Begriff der unmittelbaren Leistungsdaten als erfasst ansieht. Dazu zählt der Betriebsrat etwa den Nettoumsatz des Vorjahres, die geplanten und erreichten Nettoumsätze des laufenden Jahres, die absoluten und prozentualen Planabweichungen im laufenden Jahr und die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Zwar hat dieses Vorbringen bei der Entscheidung unberücksichtigt zu bleiben, da es sich um neues Tatsachenvorbringen handelt, das in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich unzulässig ist. Doch kann zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden, dass dessen Antrag aufgrund seines nunmehr präzisierten Vortrags als hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist. Selbst in diesem Fall unterliegt der Antrag der Abweisung.
- 16
-
1. Nach § 15 Abs. 2 TV 64 kann der Betriebsrat nicht die Einrichtung eines Online-Zugriffs auf Leistungsdaten der Arbeitnehmer iSd. § 15 Abs. 1 TV 64 verlangen. Dies folgt aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck der Tarifnorm.
- 17
-
a) Der Wortlaut von § 15 Abs. 2 TV 64 spricht gegen das vom Betriebsrat vertretene Normverständnis. Die sprachliche Fassung der Vorschrift „Auf die Daten haben … Zugang“ ist grammatikalisch gesehen nicht regelgerecht. Vielmehr müsste es heißen „Auf die Daten haben … Zugriff“ oder „Zu den Daten haben … Zugang“. Unabhängig davon, ob dabei von einem Zugriff oder Zugang auf Daten ausgegangen wird, kann dies sowohl Daten in elektronischer als auch in nicht elektronischer Form betreffen. Darüber hinaus enthält der Wortlaut keine Aussage über den Zeitraum, der dem Betriebsrat für einen Zugriff auf die in den IT-Systemen der Arbeitgeberin gespeicherten Daten zur Verfügung steht.
- 18
-
b) Auch die Systematik der Tarifnorm führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.
- 19
-
§ 15 TV 64 befindet sich am Ende des Teils III, in dem die Voraussetzungen über die Zahlung eines variablen Entgelts bestimmt werden. § 15 Abs. 1 TV 64 beschränkt gegenständlich die Nutzung der für die Berechnung des variablen Entgelts erhobenen unmittelbaren Leistungsdaten der Arbeitnehmer. Abs. 2 bestimmt den Personenkreis, dem ein Zugangsrecht auf diese Daten eingeräumt wird. Dies sind auf Seiten des Unternehmens diejenigen Mitarbeiter, die entsprechend ihrer funktionalen Zuständigkeiten für die Vereinbarung und die Berechnung des variablen Entgelts zuständig sind. Die Zugangsmöglichkeit für den Arbeitnehmer soll es diesem ermöglichen, seinen Leistungsstand im Hinblick auf das zu zahlende variable Entgelt nachzuvollziehen, während der Betriebsrat wegen seiner gesetzlichen Überwachungsaufgabe in den Kreis der Zugangsberechtigten einbezogen worden ist. Die so gewählte Festlegung des Personenkreises, der zu den unmittelbaren Leistungsdaten Zugang hat, lässt aber weder Rückschlüsse auf die Art und Weise noch den zeitlichen Umfang der durch § 15 Abs. 2 TV 64 eröffneten Zugangsmöglichkeit zu.
- 20
-
c) Der Normzweck von § 15 TV 64 gebietet es nicht, dem Betriebsrat einen zeitlich unbeschränkten lesenden Zugriff auf die von ihm begehrten Daten einzuräumen.
- 21
-
Bei § 15 TV 64 handelt es sich um eine datenschutzrechtliche Bestimmung. Dies verdeutlicht bereits die Überschrift „Datenverarbeitung“. In § 15 Abs. 1 TV 64 ist der Zweck der Datenverarbeitung festgelegt. Die Verarbeitung der unmittelbaren Leistungsdaten dient ausschließlich der Berechnung der Höhe des variablen Entgelts. Diese Zweckbestimmung ist im Hinblick auf § 32 Abs. 1 BDSG ebenso erforderlich wie die in § 15 Abs. 2 TV 64 enthaltene Festlegung des zugangsberechtigten Personenkreises. Sie erfordert es aber nicht, dass der Betriebsrat jederzeit auf die von der Arbeitgeberin in elektronischer Form gespeicherten Daten zugreifen kann.
- 22
-
2. Der Anspruch auf einen in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkten lesenden Zugriff auf die in den IT-Systemen der Arbeitgeberin gespeicherten Daten zur Berechnung des variablen Entgelts iSv. § 13 TV 64 und zu dem dabei einzuhaltenden Verfahren folgt auch nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat die Erforderlichkeit der geforderten Unterrichtung nicht dargelegt.
- 23
-
a) Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 23. März 2010 - 1 ABR 81/08 - Rn. 16, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 72 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 12).
- 24
-
b) Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehören auch diejenigen aus dem Katalog des § 80 Abs. 1 BetrVG, die vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte unabhängig sind. Hierzu zählt die in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG normierte Pflicht darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge durchgeführt werden.
- 25
-
c) Der vom Betriebsrat beanspruchte Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten ist zur Sicherung seines gesetzlichen Überwachungsrechts aber nicht erforderlich.
- 26
-
Dies gilt zunächst für die Überwachungsaufgabe hinsichtlich der Höhe des von den Arbeitnehmern zu beanspruchenden variablen Entgelts. Diese beschränkt sich auf ein Nachrechnen bzw. Nachvollziehen der von der Arbeitgeberin berücksichtigten Einzelparameter. Diese Aufgabe fällt lediglich stichtagsbezogen zum Ende des Abrechnungszeitraums an und kann vom Betriebsrat auf der Grundlage des ihm von der Arbeitgeberin überlassenen schriftlichen Ausdrucks durchgeführt werden. Gegenteiliges hat der Betriebsrat auch nicht geltend gemacht. Die Notwendigkeit des beanspruchten Zugangs folgt auch nicht aus der in § 11 Abs. 1 TV 64 bestimmten Pflicht der Arbeitgeberin zur Durchführung von Monitoringgesprächen. Die Zielerreichung ist für das zwischen dem Arbeitnehmer und dem Vorgesetzten bis zum Ablauf des zweiten Quartals nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TV 64 zu führende Gespräch ohne Bedeutung. Ein weiteres Gespräch bis zum Ende des dritten Quartals sieht § 11 Abs. 1 Satz 2 TV 64 lediglich bei Bedarf vor, wobei die Tarifvertragsparteien hierfür exemplarisch eine unzureichende Zielerfüllung angeführt haben. Allerdings ist die Notwendigkeit eines solchen Gesprächs allein von der Einschätzung der Arbeitsvertragsparteien abhängig, die sich einer darauf gerichteten Überprüfung durch den Betriebsrat entzieht.
- 27
-
d) Auf die in den Vorinstanzen von den Beteiligten nicht weiter vertiefte Frage, ob der vom Betriebsrat beanspruchte Online-Zugriff überhaupt Gegenstand eines Auskunftsrechts aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sein kann, kommt es daher vorliegend nicht an.
- 28
-
IV. Danach fällt der vom Landesarbeitsgericht nicht beschiedene zweite Hilfsantrag des Betriebsrats dem Senat zur Entscheidung an. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist jedoch auch insoweit begründet. Der erst in der Anhörung vor dem Beschwerdegericht erhobene Antrag stellt eine unzulässige Antragsänderung dar.
- 29
-
1. Nach § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 ArbGG ist eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
- 30
-
2. Bei dem zweiten Hilfsantrag handelt es sich gegenüber den bisher erhobenen Anträgen um eine Antragsänderung (§ 81 Abs. 3 ArbGG) in Form der Antragserweiterung. Die auf Einrichtung eines lesenden Zugangs zu den unmittelbaren Leistungsdaten der Arbeitnehmer gerichteten Anträge haben einen anderen Gegenstand als derjenige, mit dem der Betriebsrat die Übergabe der unmittelbaren Leistungsdaten in Textform jeweils am Ende des 5. und 8. Kalendermonats der jeweils laufenden Zielvereinbarungsperiode sowie zum Ende der Zielvereinbarungsperiode fordert.
- 31
-
3. Die Arbeitgeberin hat der Antragsänderung widersprochen. Danach war die Zulässigkeit der Antragsänderung von der Sachdienlichkeit des mit ihr verfolgten Begehrens abhängig, an der es vorliegend fehlt.
-
Über die Sachdienlichkeit einer Antragsänderung kann das Rechtsbeschwerdegericht selbst befinden, wenn das Beschwerdegericht nach dem von ihm gewählten Lösungsweg über den geänderten Antrag nicht entscheiden musste, dieser aber in der Rechtsbeschwerde zur Entscheidung anfällt (vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 17, BAGE 119, 238). Die geänderte Antragstellung ist nicht mehr als sachdienlich anzusehen, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH 15. Juni 2005 - VIII ZR 74/04 - zu II 5 a der Gründe, WM 2005, 2057). Dies ist hier der Fall. Die Beteiligten haben in den Vorinstanzen ihr Vorbringen ausschließlich auf die Einrichtung eines in zeitlicher Hinsicht nicht beschränkten Online-Zugriffs auf die „unmittelbaren Leistungsdaten“ ausgerichtet, das für die Entscheidung über den zweiten Hilfsantrag ohne Bedeutung ist.
-
Schmidt
Linck
Koch
Wisskirchen
Olaf Kunz
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
Tenor
-
Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16. Juni 2010 - 5 BV 20/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche.
- 2
-
Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten am 10. Januar 2008 eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX“. Nach deren § 4 Abs. 1 erhält der Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement(bEM) erfüllen. In der Folgezeit verweigerte der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Verpflichtung und berief sich zur Begründung auf datenschutzrechtliche Belange.
-
Der Betriebsrat hat beantragt,
-
den Arbeitgeber zu verpflichten, dem Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement erfüllen, zu übergeben.
- 4
-
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Pflicht zur Übergabe des Mitarbeiterverzeichnisses an den Betriebsrat bestehe nur bei einem zuvor erklärten Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat könne über die Erfüllung der Pflichten aus § 84 Abs. 2 SGB IX auch dann wachen, wenn der Arbeitgeber ihm zunächst nur anonymisiert die Anzahl der Mitarbeiter mitteile, deren Arbeitsunfähigkeitszeiten länger als sechs Wochen betragen haben.
- 5
-
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der zugelassenen Sprungrechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter.
- 6
-
B. Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht entsprochen. Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX unabhängig von einer Zustimmung der Arbeitnehmer beanspruchen, dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise ein Verzeichnis mit Namen der Arbeitnehmer aushändigt, die im zurückliegenden Jahreszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Einem solchen Verlangen stehen datenschutzrechtliche Belange oder Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer nicht entgegen. Es kann daher dahinstehen, ob sich ein solcher Auskunftsanspruch auch aus der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ergibt.
- 7
-
I. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach Satz 2 Halbs. 1 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 112/09 - Rn. 23, EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 13). Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehört es auch, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu besorgenden Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim Normvollzug noch vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte abhängig (BAG 24. Januar 2006 - 1 ABR 60/04 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 5). Hieraus folgt eine zweistufige Prüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer Wahrnehmung erforderlich ist (BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 28, BAGE 128, 92).
- 8
-
II. Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderliche Aufgabenbezug liegt vor.
- 9
-
Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkranken, ein bEM durchzuführen. In diesem sollen unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen sowie mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers die Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die Pflicht zur Durchführung des bEM ist nicht auf Beschäftigte mit einer Behinderung beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahreszeitraums (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Sie besteht unabhängig von einem Antrag der betroffenen Arbeitnehmer oder einer der am Verfahren beteiligten Stellen. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein bEM einzuleiten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23, EzA SGB IX § 84 Nr. 8). Nach § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX hat ua. der Betriebsrat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Die Vorschrift wiederholt für den Bereich der Privatwirtschaft die sich bereits aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebende Überwachungsaufgabe des Betriebsrats.
- 10
-
III. Die Übergabe des begehrten Verzeichnisses ist zur Durchführung der sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ergebenden Überwachungsaufgabe erforderlich.
- 11
-
1. Der Anspruch auf Information und Überlassung der erforderlichen Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG richtet sich danach, in welchem Umfang der Betriebsrat bereits über Kenntnisse verfügt, deren er zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe bedarf (BAG 19. Oktober 1999 - 1 ABR 75/98 - zu B I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 45).
- 12
-
2. Der Betriebsrat verfügt über keine anderweitigen Kenntnisse über den Kreis der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers reicht die anonymisierte Unterrichtung für die Überwachung seiner sich aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflichten nicht aus. Ein anonymisiertes Mitarbeiterverzeichnis lässt nur die bloße Anzahl der Arbeitnehmer erkennen, welche die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen. Für die Überwachung, ob der Arbeitgeber das Verfahren entsprechend seiner gesetzlichen Initiativlast auch einleitet, ist die bloße Kenntnis der Anzahl der für ein bEM in Frage kommenden Arbeitnehmer unzureichend (vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 43, BVerwGE 137, 148). Auch die Übergabe einer Mitarbeiterliste, in der nur diejenigen Mitarbeiter aufgeführt sind, welche nicht nur die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen, sondern darüber hinaus der Weitergabe der Daten an den Betriebsrat zustimmen, wäre nicht in gleicher Weise geeignet, den Arbeitgeber bei der Einhaltung seiner Initiativlast zu überwachen. Mangels Kenntnis des konkreten Arbeitnehmers könnte der Betriebsrat nicht durch Nachfrage überprüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt die Durchführung eines bEM angeboten und den Arbeitnehmer ordnungsgemäß belehrt hat.
- 13
-
3. Auch die quartalsweise Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der betroffenen Arbeitnehmer ist erforderlich.
- 14
-
Zwar verhält sich § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht darüber, in welcher Form der Arbeitgeber die benötigte Auskunft zu erteilen hat. Darin ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Jedoch ist er bei umfangreichen und komplexen Angaben allerdings nach § 2 Abs. 1 BetrVG regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 29, BAGE 128, 92). Dass auch eine mündliche Information über den Kreis der betroffenen Arbeitnehmer ausreichend ist, wird von dem Arbeitgeber selbst nicht geltend gemacht. Die vom Betriebsrat geforderte quartalsweise Überlassung der Unterlagen hält sich daher im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG.
- 15
-
4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die für Bruttolohn- und Gehaltslisten geltenden Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG nicht auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten übertragbar. Nach der Senatsrechtsprechung unterscheiden sich der Auskunftsanspruch gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und das Einblicksrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihren Voraussetzungen und kommen nebeneinander in Betracht (30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 24, 30, BAGE 128, 92). Demzufolge gelten die einschränkenden Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber einem vom Betriebsrat gebildeten Ausschuss Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter gewähren muss, für die Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht.
- 16
-
IV. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen im Jahreszeitraum auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 17
-
1. Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der von der Vorschrift begünstigten Arbeitnehmer abhängig. Der Gesetzeswortlaut enthält eine entsprechende Einschränkung nicht. Das Beteiligungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Normvollzugs durch den Arbeitgeber. Seine Wahrnehmung steht nach der Konzeption des BetrVG nicht zur Disposition der Arbeitnehmer.
- 18
-
2. Eine solche Einschränkung der Überwachungsaufgabe folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 SGB IX.
- 19
-
a) Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern mit den erforderlichen Krankheitszeiten im Jahreszeitraum ein bEM anbieten. Vor dessen Durchführung ist er nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehalten, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Erst danach ist in einer zweiten Phase zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das Gesetz zwingt den betroffenen Arbeitnehmer nicht, ein bEM durchzuführen, sondern verpflichtet lediglich den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein bEM anzubieten. Die nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des bEM beim Arbeitnehmer endet(vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 38 f., BVerwGE 137, 148). Für diesen Teil des bEM hat der Gesetzgeber kein Zustimmungserfordernis normiert.
- 20
-
b) Weder Sinn und Zweck des bEM noch das Zustimmungserfordernis in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stehen der Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der für die Durchführung des bEM in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat entgegen.
- 21
-
aa) Mit der Durchführung eines bEM soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des bEM ist die Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter Menschen(vgl. BT-Drucks. 15/1783 S. 16; BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 40, BAGE 123, 234; BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 62, BVerwGE 137, 148). Daneben kann die Klärung von möglichen Maßnahmen nicht nur zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und den mit dem krankheitsbedingten Ausfall verbundenen betrieblichen und finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führen, sondern auch die Mehrbelastungen reduzieren, die der Belegschaft durch die vorübergehende Abwesenheit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers entstehen.
- 22
-
bb) Das in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestimmte Zustimmungserfordernis der von der Durchführung eines bEM betroffenen Arbeitnehmer soll gewährleisten, dass die Klärung ihres Gesundheitszustands nur freiwillig erfolgt. Ein bEM kann ohne Einwilligung des betroffenen Beschäftigten schon deshalb nicht sinnvoll durchgeführt werden, weil der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Mitteilung der Gründe für seine krankheitsbedingten Fehlzeiten verpflichtet ist und die vom Gesetzgeber angestrebte Klärung der möglichen Maßnahmen zu deren Reduzierung ohne die dafür erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Daneben ist auch ein bEM, an dem der betroffene Arbeitnehmer nicht aktiv mitwirkt, wenig erfolgversprechend.
- 23
-
cc) Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck des bEM wird durch die Mitteilung der Namen der für ein solches Verfahren in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht in Frage gestellt. Diesem wird nur der Personenkreis benannt, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines bEM erfüllt. Eine Information über die der Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegenden Krankheiten oder deren Ursachen ist damit nicht verbunden. Ebenso wird die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers über die Teilnahme an einem bEM nicht beeinträchtigt, da er sich über sein Einverständnis erst nach dem Angebot des Arbeitgebers und der damit verbundenen Belehrung über die Chancen und Risiken des bEM erklären muss.
- 24
-
V. Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss, nicht entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat ist auch bei fehlender Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 25
-
1. Die vom Antrag erfasste Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen fällt in den Geltungsbereich des BDSG. Es handelt sich nicht um automatisierte Dateien iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 iVm. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG.
- 26
-
2. Bei den vom Antrag umfassten Angaben handelt es sich um besondere Arten personenbezogener Daten über die Gesundheit iSd. § 3 Abs. 9 BDSG(sensitive Daten). Aufgrund der Angaben ist ersichtlich, dass der benannte Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit innerhalb eines Jahreszeitraums mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig abwesend war.
- 27
-
3. Die Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer an den Betriebsrat ist nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG auch dann zulässig, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 28
-
a) Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen besonderer Arten personenbezogener Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG für eigene Geschäftszwecke auch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn dies zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Nicht einschlägig ist hingegen § 32 BDSG, auch wenn diese Vorschrift eine Regelung über den Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis trifft. Ihr Regelungsgegenstand beschränkt sich auf personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG und erfasst nicht die Verarbeitung sensitiver Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG.
- 29
-
b) Die Ausübung rechtlicher Ansprüche iSv. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG umfasst auch eine Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber, die dieser zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten vornehmen muss. Ein solches Verständnis gibt das Unionsrecht vor.
- 30
-
aa) Die Erhebung und Nutzung sensitiver Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG fällt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31) gilt diese für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird (Art. 2 Buchst. c RL 95/46/EG). Nach Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG untersagen die Mitgliedstaaten ua. die Verarbeitung personenbezogener Daten über die Gesundheit. Von diesem Verbot besteht nach Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG eine Ausnahme, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, sofern dies aufgrund von einzelstaatlichem Recht, das angemessene Garantien vorsieht, zulässig ist. Daher wird die Erhebung und Nutzung von Angaben über krankheitsbedingte Fehlzeiten innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG erfasst.
- 31
-
bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG nicht davon abhängig, ob in dem zu entscheidenden Sachverhalt ein hinreichender Zusammenhang mit der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten oder tatsächlich ein Zusammenhang mit dem freien Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten besteht. Zur Begründung hat der Gerichtshof auf den Wortlaut von Art. 3 RL 95/46/EG verwiesen, der mit Ausnahme des in Abs. 2 bestimmten Bereichs die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterwirft(EuGH 20. Mai 2003 - C-465/00 - [Österreichischer Rundfunk ua.] Rn. 39 ff., 44, Slg. 2003, I-4989). Von einem solchen Verständnis ist auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen, der mit den Regelungen in § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG die Vorgaben aus Art. 8 RL 95/46/EG in nationales Recht umsetzen wollte (BT-Drucks. 14/4329 S. 43). Die Vorschrift ist danach unionsrechtskonform in einer Weise auszulegen, die den Vorgaben in Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 RL 95/46/EG Rechnung trägt.
- 32
-
cc) Bei einer solchen Auslegung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in der Richtlinie 95/46/EG nicht auf eine Mindestharmonisierung beschränkt ist, sondern zu einer grundsätzlich umfassenden Harmonisierung führt. Nach dem Verständnis des Gerichtshofs stellen die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle dar, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Nach dem Erwägungsgrund 22 zur RL 95/46/EG können die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften die allgemeinen Bedingungen präzisieren, unter denen die Verarbeitungen rechtmäßig sind. Sie dürfen aber weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten einführen noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite der in der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändern würden (vgl. zu Art. 7 RL 95/46/EG: EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 28 - 32, Eza EG-Vertrag 1999 Richtlinie 95/46 Nr. 1). Insoweit stellt die RL 95/46/EG zugleich eine Konkretisierung der in den Art. 7 und Art. 8 GRC verbürgten Rechte der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person dar(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 41 f., 44 f., aaO).
- 33
-
dd) Das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung erfordert daher eine Auslegung von § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG, die dem Arbeitgeber unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Erfüllung seiner ihm obliegenden gesetzlichen Pflichtenstellung ermöglicht.
- 34
-
(1) Eine Ausübung rechtlicher Ansprüche als Voraussetzung einer Datenerhebung und -nutzung nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig, wenn die Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht im Bereich des Arbeitsrechts erfolgt. Ein Wille des Gesetzgebers, durch die Formulierung der Voraussetzungen in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber im Bereich des Arbeitsrechts engere Grenzen als durch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG vorgesehen zu setzen, ist nicht ersichtlich (vgl. Gola RDV 2001, 125, 127).
- 35
-
(2) Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet. Diese erlauben die Verarbeitung von Daten über die Gesundheit iSv. Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG, wenn dies nach nationalem Recht zulässig ist und dieses insoweit angemessene Garantien vorsieht. Solche Garantien, die den Betroffenen vor einer unangemessenen Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und seiner Privatsphäre schützen, sieht das BDSG bei der Verarbeitung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber vor.
- 36
-
Die Verarbeitung von sensitiven Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG ist nur bei Bestehen einer besonderen Rechtsgrundlage zulässig. Diese unterliegt den Beschränkungen in § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur zulässig ist, soweit das BDSG selbst oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt(Gola RDV 2001, 125, 126). Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG darf grundsätzlich nur eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfolgen, wenn eine Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt. Ohne dessen Einverständnis ist dem Arbeitgeber deren Verarbeitung nur gestattet, wenn nach einer am Zweck der RL 95/46/EG orientierten Interessenabwägung ein entgegenstehendes Interesse des betroffenen Arbeitnehmers nicht überwiegt. Überdies wird die Verarbeitung von sensitiven Daten durch den Arbeitgeber von einem betrieblichen Datenschutzbeauftragten kontrolliert, der auf die Einhaltung des BDSG hinwirkt und dabei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht unterliegt (§ 4f Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 4 g Abs. 1 Satz 1 BDSG).
- 37
-
c) Die Erhebung und Nutzung der Angaben über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber ist auch bei fehlender Einwilligung der Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 38
-
aa) Die Durchführung eines bEM gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
- 39
-
bb) Die Erhebung dieser Daten ist erforderlich, damit der Arbeitgeber die ihm nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 SGB IX obliegenden Pflichten erfüllen kann. Ein bEM kann nur eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Bemessungszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war.
- 40
-
cc) Ein Grund zu der Annahme, dass das schutzwürdige Interesse des jeweils betroffenen Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung überwiegt, besteht nicht.
- 41
-
Die Erhebung der Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahreszeitraum ist Voraussetzung für die Entscheidung des Arbeitgebers, den betroffenen Beschäftigten die Durchführung eines bEM anzubieten. Dieses Verfahren dient der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und damit ihrer wirtschaftlichen Existenz (BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 42, BVerwGE 137, 148). Inhaltlich betrifft die Datenerhebung lediglich die Namen der Arbeitnehmer und die Feststellung, dass deren Fehlzeiten im maßgeblichen Jahreszeitraum sechs Wochen überschritten haben. Besondere Angaben über die Art und Dauer der Krankheit werden vom Arbeitgeber in der ersten Phase des bEM nicht erhoben. Überdies sind die Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohnehin vorhanden, weil sie die Grundlage für die Berechnung der in diesem Zeitraum zu zahlenden Vergütung bilden (§ 3 EFZG). Ein Interesse der jeweils betroffenen Arbeitnehmer an dem Unterbleiben der Datenerhebung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Auf das Recht des Arbeitnehmers, die Durchführung eines bEM abzulehnen, hat diese Datenerhebung keinen Einfluss.
- 42
-
d) Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der vom Arbeitgeber erhobenen Daten über die Fehlzeiten der arbeitsunfähigen Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht entgegen.
- 43
-
aa) Die Zusammenstellung der die einzelnen Arbeitnehmer betreffenden Arbeitsunfähigkeitszeiten zu einer schriftlichen Aufstellung und deren Weitergabe an den Betriebsrat ist keine Datenübermittlung an einen Dritten, die von dem Erlaubnistatbestand in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG nicht erfasst wird. Der Betriebsrat ist nicht als „Dritter“ iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG anzusehen, der außerhalb der verantwortlichen Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG, also des Unternehmens steht. Vielmehr ist er selbst Teil dieser Stelle (zu § 3 BDSG aF: BAG 3. Juni 2003 - 1 ABR 19/02 - zu B II 2 a bb [3] [a] der Gründe, BAGE 106, 188) und hat die betrieblichen und gesetzlichen Datenschutzbestimmungen einzuhalten (vgl. BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 27, BAGE 131, 316), zu denen insbesondere die Wahrung des Datengeheimnisses (§ 5 Satz 1 BDSG) gehört.
- 44
-
bb) Überwiegende schutzwürdige Interessen iSd. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der betroffenen Arbeitnehmer stehen der Bekanntgabe ihrer Namen gegenüber dem Betriebsrat nicht entgegen.
- 45
-
(1) Zwar handelt es nicht um betriebsöffentliche Daten, die allen Arbeitnehmern und damit auch dem Betriebsrat bekannt sind. Dennoch ist der auf Krankheit beruhende Arbeitsausfall wegen der dadurch ausgelösten Notwendigkeit einer Vertretung regelmäßig im Betrieb bekannt.
- 46
-
(2) Weiterhin verstärkt die Überwachung der dem Arbeitgeber durch § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auferlegten Verpflichtung die mit der Einführung des bEM verbundene Erwartung des Gesetzgebers, den betroffenen Arbeitnehmern durch das Angebot eines besonderen Präventionsverfahrens möglichst ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Der Gesetzgeber konnte auch davon ausgehen, dass der Betriebsrat als Vertreter der Belegschaft die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in geeigneter Weise wahrnimmt. Das durch Art. 8 Abs. 1 GRC gewährleistete Recht auf Schutz der eine Person betreffenden personenbezogenen Daten wird ausreichend dadurch gewahrt, dass der Betriebsrat in Bezug auf Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer nicht nur dem Datengeheimnis, sondern auch einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegt(§ 79 Abs. 1, § 120 Abs. 2 BetrVG) und die eigentliche Durchführung des bEM mit der damit verbundenen Erörterung der besonders sensiblen Krankheitsdaten von einer weiteren Belehrung des Arbeitgebers und der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig ist. Ebenso wie ein Arbeitnehmer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beanspruchen kann, dass bestimmte Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeitsaufgabe mit der Verarbeitung seiner persönlichen Daten nicht befasst werden, kann er auch nicht verlangen, dass eine ebensolche Übermittlung an den Betriebsrat unterbleibt.
- 47
-
e) Eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der RL 95/46/EG an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht (vgl. zur Vorlagepflicht der nationalen Gerichte BVerfG 2. Senat 2. Kammer 21. November 2011 - 2 BvR 516/09, 2 BvR 52 BvR 535/09 - Rn. 23 ff., NJW 2012, 598; 1. Senat 2. Kammer 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 11 f., NZA 2012, 202). Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Dies gilt für den Geltungsbereich der Richtlinie, ihren Normzweck und die für die nationalen Gerichte bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände.
- 48
-
aa) Die RL 95/46/EG eröffnet dem nationalen Gesetzgeber durch Art. 5 Handlungsspielräume, aufgrund derer er die in Art. 6 bis Art. 8 RL 95/46/EG festgelegten Grundsätze näher bestimmen kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mechanismen, die eine Abwägung der verschiedenen Rechte und Interessen ermöglichen, zum einen in der RL 95/46/EG selbst festgelegt, soweit diese Vorschriften enthält, die bestimmen, in welchen Situationen und in welchem Umfang die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist und welche Schutzvorkehrungen vorzusehen sind. Zum anderen eröffnen viele der in der RL 95/46/EG verhältnismäßig allgemein gehaltenen Bestimmungen den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum bei der Umsetzung in nationales Recht oder eine Auswahl zwischen den in der Richtlinie festgelegten Optionen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 82 f., Slg. 2003, I-12971). Dieses Zusammenspiel zwischen den zwingenden Richtlinienvorgaben und dem nationalen Recht überlässt den nationalen Gerichten den erforderlichen Spielraum, um bei der hier in Rede stehenden einzelfallbezogenen Anwendung der die RL 95/46/EG umsetzenden nationalen Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den mit der Richtlinie verfolgten Zwecken herzustellen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 85, aaO). Dem entsprechend hat der Senat bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG berücksichtigt, dass es nach den Erwägungsgründen Nr. 33, 34 der RL 95/46/EG deren Ziel ist, bei der Verarbeitung von besonders sensiblen Datenkategorien einen möglichst weitgehenden Schutz der Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und der Privatsphäre zu gewährleisten, andererseits es aber auch dem Arbeitgeber zu ermöglichen, eine gesetzliche Pflichtenstellung zu erfüllen, die ihm im Wesentlichen zugunsten des betroffenen Beschäftigten auferlegt worden ist.
- 49
-
bb) Ob der Arbeitgeber nach Unionsrecht überhaupt berechtigt ist, sich unter Berufung auf die Grundrechtspositionen der betroffenen Arbeitnehmer einer Weitergabe der für die Überwachungsaufgabe erforderlichen Daten an den Betriebsrat zu entziehen, bedarf angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keiner Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
-
VI. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Übermittlung der Namen von Arbeitnehmern mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im vorangegangenen Jahreszeitraum an den Betriebsrat entgegensteht. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 82, 36).
-
Schmidt
Linck
Koch
Hayen
Hann
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juni 2016 - 16 Sa 1711/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
- 2
-
Der Kläger war bei der Beklagten, die in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit Juli 2011 als Webentwickler tätig. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses verpflichtete er sich schriftlich, Hard- und Software aus Gründen der informationstechnischen Sicherheit ausschließlich zur Erfüllung der vereinbarten Aufgaben zu nutzen.
- 3
-
Im Zusammenhang mit der Anbindung eines neuen Netzwerks richtete die Beklagte am 19. April 2015 (Sonntag) eine E-Mail folgenden Inhalts an ihre Mitarbeiter:
-
„Hallo liebes (…) Team,
es ist soweit, die Telekom hat es endlich geschafft, uns einen schnellen Internet Anschluss bereitzustellen.
Dieses möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten, aus diesem Grund erhaltet Ihr freien Zugang zum WLAN.
Da bei Missbrauch, zum Beispiel Download von illegalen Filmen, etc. der Betreiber zur Verantwortung gezogen wird, muss der Traffic mitgelogged werden. Da ein rechtlicher Missbrauch natürlich dann auch auf denjenigen zurückfallen soll, der verantwortlich dafür war.
Somit:
Hiermit informiere ich Euch offiziell, dass sämtlicher Internet Traffic und die Benutzung der Systeme (der Beklagten) mitgelogged und dauerhaft gespeichert wird. Solltet Ihr damit nicht einverstanden sein, bitte ich Euch mir dieses innerhalb dieser Woche mitzuteilen.
…
Bitte benutzt dieses Netzwerk für alles wie Spotify, YouTube, etc. um unser Hauptnetzwerk zu entlasten.
…“
- 4
-
In einer Unterweisung am 20. April 2015 wandte sich kein Arbeitnehmer gegen die Absicht der Beklagten, den „Internettraffic“ und die Benutzung ihrer Systeme zur Verhinderung von Missbrauch des Internetzugangs „mitzuloggen“.
- 5
-
Die Beklagte installierte sodann auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die ab dem 21. April 2015 alle Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Screenshots fertigte (Keylogger). Nachdem die Beklagte die vom Keylogger erstellten Dateien ausgewertet hatte, fand am 4. Mai 2015 ein Gespräch mit dem Kläger statt, in dem dieser einräumte, seinen Dienst-Rechner während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Er gab an, ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für das Logistikunternehmen seines Vaters abgewickelt zu haben. Auf die Programmierung des Spiels habe er am Arbeitsplatz in der Zeit von Januar bis April 2015 ca. drei Stunden verwendet. Für die Firma seines Vaters sei er - vorwiegend in seiner Freizeit - höchstens etwa zehn Minuten täglich tätig gewesen.
- 6
-
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 19. Mai 2015 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstzulässigen Termin.
- 7
-
Hiergegen hat sich der Kläger fristgerecht mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat behauptet, die privaten Verrichtungen meist in den Pausen und in Zeiten erledigt zu haben, in denen er keines der ihm zugewiesenen Projekte habe bearbeiten können. Die Beklagte habe durch den Einsatz eines Keyloggers „hinterrücks“ und ohne jeden Anlass massiv in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. In der E-Mail vom 19. April 2015 habe sie den Eindruck vermittelt, es sollten nur die Internetaktivitäten über das neue Netzwerk kontrolliert werden.
- 8
-
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2015 aufgelöst worden ist;
2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19. Mai 2015 aufgelöst worden ist;
3.
hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Webentwickler weiterzubeschäftigen.
- 9
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Aus den vom Keylogger erstellten Dateien ergebe sich, dass der Kläger am 21. April 2015 weitaus länger mit der Entwicklung des Computerspiels beschäftigt gewesen sei, als er eingeräumt habe. Die Einträge in den Logdateien widerlegten zudem seine Behauptung, höchstens zehn Minuten täglich mit Aufgaben für die Firma seines Vaters befasst gewesen zu sein. Ausweislich von Screenshots der auf seinem Dienst-PC befindlichen Ordner habe der Kläger für dessen Unternehmen 5.221 E-Mails empfangen und 5.835 Nachrichten versandt. Der Einsatz eines Keyloggers sei ohne Weiteres rechtmäßig gewesen, weil dem Kläger jede außerdienstliche Nutzung der IT-Systeme untersagt und damit seine Privatsphäre nicht betroffen gewesen sei. Im Übrigen habe gegen ihn der Verdacht des Arbeitszeitbetrugs bestanden. Am 9. Februar 2015 habe eine Arbeitnehmerin im Vorbeigehen gesehen, dass der Kläger eine „stark bebilderte“ Webseite hastig „weggeklickt“ habe. Weitere Mitarbeiter hätten mitgeteilt, der Kläger gehe während seiner Arbeitszeit in erheblichem Umfang privaten Aktivitäten nach. Zudem habe er sich zu einem sehr unproduktiven Mitarbeiter entwickelt.
- 10
-
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die dem Senat allein zur Entscheidung anfallenden Feststellungsanträge sind begründet. Die Kündigungen der Beklagten vom 19. Mai 2015 sind unwirksam. Nach dem verfahrensrechtlich verwertbaren Sachvortrag der Beklagten fehlt es sowohl an einem wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB) als auch an einer sozialen Rechtfertigung für die unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) erklärte ordentliche Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG).
- 12
-
I. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die vom Kläger zugestandenen Sachverhalte rechtfertigten die beiden Kündigungen nicht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 13
-
1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger habe in der Zeit von Januar bis April 2015 an seinem Dienst-Rechner ca. drei Stunden auf die Programmierung des Computerspiels verwendet, dies aber überwiegend während der Pausen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten unterstellt, der Kläger habe während der Arbeitszeit täglich zehn Minuten mit Tätigkeiten für die Firma seines Vaters verbracht. Damit habe er seine vertraglichen Pflichten in erheblicher Weise verletzt. Allerdings rechtfertigten die Pflichtverletzungen mangels vorheriger Abmahnung keine - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung. Zwar habe der Kläger Hard- und Software der Beklagten entgegen der von ihm zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unterzeichneten Erklärung für außerdienstliche Zwecke eingesetzt. Die „minutenweise“ Privatnutzung über den Zeitraum eines Jahres habe sich zu einer Gesamtdauer von 36,66 Stunden summiert. Jedoch sei schon der E-Mail der Beklagten vom 19. April 2015 zu entnehmen, dass tatsächlich kein absolutes Verbot der privaten Nutzung betrieblicher IT-Einrichtungen gelebt worden sei. Die unzulässige Privatnutzung habe auch nur einen minimalen Bruchteil (2,08 vH) der täglichen Arbeitszeit des Klägers ausgemacht. Die Beklagte habe schließlich nicht substantiiert dargetan, dass seine Arbeitsleistung durch die außerdienstlichen Aktivitäten beeinträchtigt worden sei. Insgesamt liege keine derart schwere Pflichtverletzung vor, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen gewesen sei. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in Zukunft nach einer Abmahnung in gleicher oder ähnlicher Weise pflichtwidrig verhalten hätte.
- 14
-
2. Mit dieser Würdigung hat das Berufungsgericht, dem bei der Prüfung und Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 KSchG ein Beurteilungsspielraum zukommt, alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze berücksichtigt. Entgegen der Annahme der Revision hat das Landesarbeitsgericht den „auf lange Sicht“ - möglicherweise - verursachten Schaden in seine Überlegungen einbezogen, indem es die „vertane“ Arbeitszeit auf einen Zeitraum von einem Jahr hochgerechnet hat. Zu einem über die Vergütung der nicht bestimmungsgemäß verbrachten Arbeitszeit hinausgehenden Schaden hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der Kläger nicht um Erlaubnis gefragt habe, obgleich er nur ausnahmsweise am Arbeitsplatz für die Firma seines Vaters habe tätig werden wollen und man insoweit eine „adäquate Lösung“ hätte finden können, bestätigt die Beklagte letztlich nur die Einschätzung des Berufungsgerichts, es sei zumindest nicht ausgeschlossen gewesen, dass sie eine geringfügige Privatnutzung ihrer Betriebsmittel während der Arbeitszeit hinnehmen würde.
- 15
-
II. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, es müsse bei seiner Entscheidung den Sachvortrag der Beklagten unberücksichtigt lassen, den sie nur aufgrund des von ihr eingesetzten Keyloggers in das Verfahren einführen konnte. Die Verwertung dieses Vorbringens bei der Urteilsfindung wäre mit dem Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG)unvereinbar.
- 16
-
1. Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gemäß Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei(vgl. auch Art. 8 Abs. 1 EMRK) kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts - etwa von § 138 Abs. 3, § 286, § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO - ergeben. Wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG bestehenden Bindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 93 , BVerfGE 117, 202) hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 21; 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 18; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 2 3, BAGE 156, 370; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 21). Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen Bild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 ua. - Rn. 67, BVerfGE 120, 378; 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 37, BVerfGK 10, 330; 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 ua. - zu C II 1 a der Gründe, BVerfGE 65, 1).
- 17
-
2. Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild ( § 1 Abs. 1 BDSG ). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zulässig sind. Sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer Missachtung gewonnene Erkenntnisse oder Beweismittel bei der Feststellung des Tatbestands im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürften (BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 17; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 2 2, BAGE 156, 370). Ist allerdings die Datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften des BDSG zulässig, liegt insoweit keine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild vor (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 22).
- 18
-
3. In Anwendung dieser Grundsätze hat sich das Landesarbeitsgericht zu Recht gehindert gesehen, seiner Entscheidung den streitigen Sachvortrag der Beklagten über die Nutzung des Dienst-PC durch den Kläger am 21. und 23. April 2015 zugrunde zu legen. Hierdurch hätte das Landesarbeitsgericht eine durch die Beklagte begangene Grundrechtsverletzung perpetuiert und vertieft. Die Datenerhebung durch den Keylogger griff in das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der Kläger hat in die Maßnahme nicht eingewilligt. Der Eingriff war nicht aufgrund überwiegender Interessen der Beklagten nach § 32 Abs. 1 oder § 28 Abs. 1 BDSG gerechtfertigt. Ebenso lagen keine weiteren, über das schlichte Beweisinteresse der Beklagten hinausgehenden Aspekte vor, die gerade die in Frage stehende verdeckte Informationsbeschaffung durch einen Keylogger als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten.
- 19
-
a) Die Aufzeichnung und Speicherung der Tastatureingaben am Dienst-PC des Klägers sowie das Fertigen von Screenshots durch den Keylogger stellten Datenerhebungen iSv. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und Abs. 7 BDSG dar. Die Beklagte hat sich dadurch Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten natürlichen Person, nämlich des Klägers als dem Nutzer des ihm zugeordneten Rechners, verschafft.
- 20
-
b) Der Kläger hat in die Datenerhebungen nicht dadurch gemäß § 4a BDSG eingewilligt, dass er der Ankündigung der Beklagten nicht widersprochen hat. Allein in der Tatsache, dass ein Arbeitnehmer einer ihm mitgeteilten Maßnahme nicht entgegen tritt, liegt keine Einverständniserklärung in die Informationserhebung. Das Unterlassen eines Protests kann nicht mit einer Einwilligung gleichgesetzt werden (für die Videoüberwachung im öffentlichen Raum: vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 40, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 25, BVerwGE 141, 329). Das gilt insbesondere, wenn - wie vorliegend - eine vom Arbeitgeber gesetzte „Widerspruchsfrist“ noch nicht abgelaufen ist. Im Übrigen hatte die Beklagte dem Kläger nicht eröffnet, es sollten alle Tastatureingaben an seinem Dienst-PC „mitgeloggt“ und regelmäßig Screenshots gefertigt werden. Auch konnte der Kläger nicht erkennen, zu welchem Zweck er überwacht wurde. Die E-Mail der Beklagten vom 19. April 2015 legte den Schluss nahe, dass allein eine etwaige Internetaktivität über das neue Netzwerk und diese auch „nur“ hinsichtlich der abgerufenen Inhalte („Download von illegalen Filmen“, „Betreiber zur Verantwortung gezogen“, „rechtlicher Missbrauch“) kontrolliert werden sollte. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, in der mündlichen Unterweisung am 20. April 2015 seien anderslautende oder weiter gehende Aussagen getroffen worden. Dementsprechend ließ die Beklagte dem Kläger in ihrem Schreiben vom 5. Mai 2015 lediglich mitteilen, sie habe „im Zuge der Umstellung des Internetanschlusses zur Vermeidung eines etwaigen Missbrauchs die Onlineaktivitäten, die über diesen Anschluss laufen, kontrolliert und diese Kontrolle im Vorfeld sowohl per E-Mail als auch im Rahmen einer Ansprache an die gesamte Belegschaft angekündigt.“
- 21
-
c) Mit der ohne Einwilligung des Klägers erfolgten Datenerhebung durch den Keylogger hat die Beklagte in dessen durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.
- 22
-
aa) Für einen Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts ist es ohne Bedeutung, ob die Datenerhebung in verdeckter Form oder für den Arbeitnehmer erkennbar erfolgt.
- 23
-
(1) Bei dem verdeckten Einsatz eines Keyloggers wird der betroffene Arbeitnehmer in der Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden, beschränkt, indem er zum Ziel einer nicht erkennbaren - systematischen - Beobachtung durch den Arbeitgeber gemacht wird und dadurch auf sich beziehbare Daten über sein Verhalten preisgibt, ohne die Überwachung oder gar den mit ihr verfolgten Verwendungszweck zu kennen (für die automatisierte Erhebung öffentlich zugänglicher Informationen vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 ua. - Rn. 67, BVerfGE 120, 378 ; für die Observation durch einen Detektiv außerhalb des Betriebsgeländes vgl. BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 24).
- 24
-
(2) Wird der Keylogger offen eingesetzt, liegt ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor, weil die Aufzeichnung und Speicherung sämtlicher Tastatureingaben und bestimmter Bildschirminhalte der Vorbereitung möglicher belastender Maßnahmen (Ermahnung, Abmahnung, Kündigung) dienen und zugleich abschreckend wirken und insoweit das Verhalten des Betroffenen lenken soll (für die offene Videoüberwachung im öffentlichen Raum: vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 38, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 24, BVerwGE 141, 329).
- 25
-
bb) Der Eingriff in den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG entfällt nicht dadurch, dass lediglich Verhaltensweisen am Arbeitsplatz erfasst werden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen desjenigen Rechnung, der sich in die (Betriebs-)Öffentlichkeit begibt (für die Videoüberwachung vgl. BVerfG 23. Februar 2007 - 1 BvR 2368/06 - Rn. 39, BVerfGK 10, 330; BVerwG 25. Januar 2012 - 6 C 9/11 - Rn. 25, BVerwGE 141, 329; für die Observation durch einen Detektiv vgl. BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 24).
- 26
-
cc) Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung setzt nicht voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer das informationstechnische System, über das Daten erhoben werden, als eigenes nutzt und deshalb den Umständen nach davon ausgehen darf, dass er allein oder zusammen mit anderen zur Nutzung berechtigten Personen über das System selbstbestimmt verfüge. Diese Einschränkung betrifft allein das ebenfalls von Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, dem ggf. eine lückenfüllende Funktion zukommt (BVerfG 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07 ua. - Rn. 201 und Rn. 206, BVerfGE 120, 274).
- 27
-
d) Der Einsatz des Keyloggers war der Beklagten nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG erlaubt. Es fehlte bereits an dem insoweit erforderlichen, durch konkrete Tatsachen begründeten Anfangsverdacht einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung. Eine Maßnahme, die hinsichtlich der Intensität des durch sie bewirkten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers mit einer (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar ist, stellt sich als unverhältnismäßig dar, wenn sie aufgrund bloßer Mutmaßungen ergriffen wird.
- 28
-
aa) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ua. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Durchführung gehört die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt (Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 32 Rn. 16; Grimm JM 2016, 17, 19), zur Beendigung iSd. Kündigungsvorbereitung (dazu Grimm, aaO) die Aufdeckung einer Pflichtverletzung, die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 26). Sofern nach § 32 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 BDSG zulässig erhobene Daten den Verdacht einer solchen Pflichtverletzung begründen, dürfen sie für die Zwecke und unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG auch verarbeitet und genutzt werden(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 40; 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 37 f., BAGE 156, 370). Der Begriff der Beendigung umfasst dabei die Abwicklung eines Beschäftigungsverhältnisses (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Der Arbeitgeber darf deshalb alle Daten speichern und verwenden, die er benötigt, um die ihm obliegende Darlegungs- und Beweislast in einem potentiellen Kündigungsschutzprozess zu erfüllen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; Stamer/Kuhnke in Plath BDSG § 32 Rn. 149; HWK/Lembke 7. Aufl. § 32 BDSG Rn. 15).
- 29
-
bb) § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG erlaubt die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung in Fällen, in denen - unabhängig von den in § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG näher bestimmten Zwecken - Anhaltspunkte für den Verdacht einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat bestehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Maßnahmen, die vom Arbeitgeber ergriffen werden, um strafbares Verhalten eines Arbeitnehmers aufzudecken, in der Regel besonders intensiv in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Das ist insbesondere bei einer zu diesem Zweck erfolgenden (verdeckten) Überwachung von Beschäftigten der Fall, weshalb die - von der Gesetzesbegründung in Bezug genommenen - restriktiven Grundsätze der hierzu ergangenen Rechtsprechung in § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG gesondert kodifiziert wurden. Die Vorschrift soll hinsichtlich der Eingriffsintensität damit vergleichbare Maßnahmen erfassen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 27; 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 75, BAGE 151, 1). Diese sollen allenfalls dann zulässig sein, wenn der durch konkrete Tatsachen begründete „einfache“ Verdacht (Anfangsverdacht, BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 25) einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat besteht.
- 30
-
cc) § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG entfaltet keine „Sperrwirkung“ dergestalt, dass eine anlassbezogene Datenerhebung durch den Arbeitgeber ausschließlich zur Aufdeckung von Straftaten zulässig wäre und sie nicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig sein könnte(ausführlich BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 28 ff.). Allerdings muss der mit einer Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auch im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem - dort gleichfalls verankerten - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 32; 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - Rn. 30; 7. September 1995 - 8 AZR 828/93 - zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 81, 15; 22. Oktober 1986 - 5 AZR 660/85 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 53, 226 ). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 17. November 2016 - 2 AZR 730/15 - aaO; 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - Rn. 41 , BAGE 148, 26 ; 29. Juni 2004 - 1 ABR 21/03 - zu B I 2 d der Gründe, BAGE 111, 173 ). Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (BVerfG 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - zu B I 2 b dd der Gründe, BVerfGE 115, 320 ; BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO; 15. April 2014 - 1 ABR 2/13 (B) - aaO). Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen und muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Danach muss im Falle einer der (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar eingriffsintensiven Maßnahme, die auf § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG gestützt werden soll, der auf konkrete Tatsachen begründete Verdacht einer schwerwiegenden, jedoch nicht strafbaren Pflichtverletzung bestehen. Eine entsprechende verdeckte Ermittlung „ins Blaue hinein“, ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist auch nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG unzulässig(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - aaO). Sie ist, ohne dass es noch darauf ankäme, ob mildere, gleich effektive Mittel vorhanden waren, jedenfalls unangemessen (nicht verhältnismäßig im engeren Sinne).
- 31
-
dd) Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass weniger intensiv in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifende Datenerhebungen nach § 32 Abs. 1 BDSG ohne Vorliegen eines durch Tatsachen begründeten Anfangsverdachts - zumal einer Straftat oder anderen schweren Pflichtverletzung - zulässig sein können. Das gilt vor allem für nach abstrakten Kriterien durchgeführte, keinen Arbeitnehmer besonders unter Verdacht stellende offene Überwachungsmaßnahmen, die der Verhinderung von Pflichtverletzungen dienen sollen. Solche präventiven Maßnahmen können sich schon aufgrund des Vorliegens einer abstrakten Gefahr als verhältnismäßig erweisen, wenn sie keinen solchen psychischen Anpassungsdruck erzeugen, dass die Betroffenen bei objektiver Betrachtung in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt sind (dazu BAG 25. April 2017 - 1 ABR 46/15 - Rn. 20 und Rn. 28 ff.). Dementsprechend kann die vorübergehende Speicherung und stichprobenartige Kontrolle der Verlaufsdaten eines Internetbrowsers zulässig sein, um die Einhaltung eines vom Arbeitgeber aufgestellten kompletten Verbots oder doch einer Beschränkung der Privatnutzung von IT-Einrichtungen zu kontrollieren. Dabei werden lediglich die Adressen und Titel der aufgerufenen Seiten und der Zeitpunkt des Aufrufs protokolliert und damit nicht mehr Daten gespeichert, als benötigt werden, um einen möglichen inhaltlichen oder zeitlichen Missbrauch der Nutzungsrechte festzustellen (LAG Berlin-Brandenburg 14. Januar 2016 - 5 Sa 657/15 - zu B I 4 a aa (8) (d) der Gründe). Würden die gespeicherten Verlaufsdaten nicht zumindest stichprobenartig überprüft, könnten Zuwiderhandlungen gegen das Verbot oder die Beschränkung der Privatnutzung von IT-Einrichtungen des Arbeitgebers nicht geahndet werden und könnte die Datenerhebung ihre verhaltenslenkende Wirkung nicht entfalten.
- 32
-
ee) Mit diesem Inhalt steht § 32 Abs. 1 BDSG im Einklang mit den Vorgaben der eine umfassende Harmonisierung(zur Begrifflichkeit EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 96 f., Slg. 2003, I-12971) vorsehenden Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (RL 95/46/EG - ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31). Einerseits wird mit dem aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgeleiteten Erfordernis des auf konkrete Tatsachen gestützten Anfangsverdachts einer Straftat oder anderen schweren Pflichtverletzung für besonders eingriffsintensive Maßnahmen nicht entgegen Art. 5 der Richtlinie ein zusätzlicher, die Datenerhebung erschwerender Grundsatz eingeführt oder durch eine zusätzliche Bedingung die Tragweite eines der in Art. 7 der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändert(dazu EuGH 19. Oktober 2016 - C-582/14 - [Breyer] Rn. 57 ff.; 24. November 2011 - C-468/10 und C-469/10 - [ASNEF] Rn. 33, 34 und 36). Andererseits genügt der vom Senat herangezogene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem durch die Richtlinie sowie Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(dazu EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28) und Art. 8 EMRK(dazu EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063; BAG 19. Februar 2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 20 f.) garantierten Schutzniveau für die von einer Datenerhebung Betroffenen (BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 38; EGMR 5. Oktober 2010 - 420/07 - EuGRZ 2011, 471).
- 33
-
ff) Bei dem (zeitlich nicht begrenzten) verdeckten Einsatz eines Keyloggers an einem Dienst-PC handelt es sich um eine Datenerhebung, die hinsichtlich der Intensität des mit ihr verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit einer - verdeckten - Videoüberwachung am Arbeitsplatz vergleichbar ist. Zwar berührt der Einsatz eines Keyloggers grundsätzlich nicht das Recht am eigenen Bild, insbesondere ist er regelmäßig nicht geeignet, Verhaltensweisen optisch zu erfassen, die von dem Betroffenen als peinlich empfunden werden. Jedoch wird mit der Datenerhebung durch einen Keylogger massiv in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Es werden - für den Benutzer irreversibel - alle Eingaben über die Tastatur eines Computers einschließlich des Zeitpunkts der Eingabe sowie des zeitlichen Abstands zwischen zwei Eingaben erfasst und gespeichert. Die auf diese Weise gewonnenen Daten ermöglichen es, ein nahezu umfassendes und lückenloses Profil sowohl von der privaten als auch dienstlichen Nutzung durch den Betroffenen zu erstellen. Dabei werden nicht nur gespeicherte Endfassungen und ggf. Zwischenentwürfe bestimmter Dokumente sichtbar, sondern es lässt sich jeder Schritt der Arbeitsweise des Benutzers nachvollziehen. Darüber hinaus können besondere Arten personenbezogener Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG oder - so im Streitfall - andere hochsensible Daten wie zB Benutzernamen, Passwörter für geschützte Bereiche, Kreditkartendaten, PIN-Nummern etc. protokolliert werden, ohne dass dies für die verfolgten Kontroll- und Überwachungszwecke erforderlich wäre. Ebenso hat der betroffene Arbeitnehmer weder Veranlassung noch die Möglichkeit, bestimmte Inhalte als privat oder gar höchstpersönlich zu kennzeichnen und damit ggf. dem Zugriff des Arbeitgebers zu entziehen. Dieser ohnehin schon weit überschießende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen wird noch verstärkt, wenn - wie hier - regelmäßig Screenshots gefertigt werden.
- 34
-
gg) Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe keine Tatsachen dargelegt, die vor dem Einsatz des Keyloggers den Anfangsverdacht einer Straftat oder schweren Pflichtverletzung begründet hatten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 35
-
(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe lediglich einen Vorfall konkret beschrieben. Das von einer Arbeitnehmerin mitgeteilte einmalige hastige „Wegklicken“ einer „stark bebilderten“ Webseite sei aber nicht geeignet, den konkreten Verdacht einer exzessiven Privatnutzung des Dienst-PC zu begründen. Im Weiteren sei der Vortrag der Beklagten substanzlos geblieben. Das gelte zum einen für die einer Beweisaufnahme nicht zugängliche Behauptung, auch andere Mitarbeiter hätten angegeben, der Kläger gehe während seiner Arbeitszeit in erheblichem Umfang außerdienstlichen Aktivitäten nach. Zum anderen habe die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass die Leistungen des Klägers erheblich nachgelassen hätten.
- 36
-
(2) Diese Ausführungen lassen keinen materiellen Rechtsfehler erkennen. Die Revision zeigt auch keinen Fehler bei der Anwendung des Prozessrechts auf.
- 37
-
(a) Das Berufungsgericht hat es - stillschweigend - zu Recht als unmaßgeblich angesehen, dass die Beklagte die tatsächlichen Anhaltspunkte, die aus ihrer Sicht den Verdacht strafbaren Verhaltens des Klägers begründeten, nicht iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG dokumentiert hat. Ein solches Versäumnis führt weder zu einer Präklusion mit Vortrag zu den Verdachtsmomenten im Prozess noch begründet es für sich genommen die Unverwertbarkeit der aus der Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse. Die Vorgabe, die Tatsachen zu dokumentieren, auf die sich ein Anfangsverdacht gründet, verfolgt den Zweck, dem hiervon erfassten Personenkreis die nachträgliche Rechtmäßigkeitskontrolle zu erleichtern. Aus ihr kann ein prozessuales Verwertungsverbot jedenfalls dann nicht abgeleitet werden, wenn der Arbeitgeber den Verdacht von Straftaten spätestens im Rechtsstreit durch konkrete Tatsachen untermauert und dadurch eine Rechtmäßigkeitskontrolle gesichert ist (BAG 20. Oktober 2016 - 2 AZR 395/15 - Rn. 33).
- 38
-
(b) Das Landesarbeitsgericht hat die Darlegungslast der Beklagten nicht überspannt. Auch bei vermeintlich kreativ tätigen Arbeitnehmern lässt sich anhand objektiver Tatsachen feststellen, inwieweit sie die ihnen übertragenen Aufgaben fristgerecht und entsprechend den inhaltlichen Vorgaben erledigt haben. Keinesfalls reicht es aus, sich im Rechtsstreit auf einen nicht näher begründeten Eindruck eines Vorgesetzten oder des Geschäftsführers zurückzuziehen.
- 39
-
(c) Die von der Beklagten erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe sie gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, dass ihr Vortrag zum Vorliegen eines durch konkrete Tatsachen begründeten Anfangsverdachts unzureichend sei, ist unzulässig. Die Revision legt nicht dar, warum die Vorinstanz einem gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten in der konkreten Lage des Prozesses, insbesondere nach den Einlassungen des Klägers den von ihr vermissten Hinweis hätte erteilen müssen. Überdies fehlte es nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten an der Entscheidungserheblichkeit einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht. Sie räumt selbst ein, es sei ihr nicht möglich gewesen, ihr Vorbringen zu ergänzen.
- 40
-
e) § 28 Abs. 1 BDSG schied als Erlaubnisnorm aus. Die Vorschrift findet im Beschäftigungsverhältnis nur Anwendung, wenn nicht - wie hier - die Zwecke des § 32 Abs. 1 BDSG betroffen sind(BT-Drs. 16/13657 S. 20 f.). Demgegenüber kann eine Datenerhebung, die weder der Aufdeckung von Straftaten iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG noch sonstigen Zwecken des Beschäftigungsverhältnisses iSv. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dient, „zur Wahrung berechtigter Interessen“ iSv. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zulässig sein(BAG 29. Juni 2017 - 2 AZR 597/16 - Rn. 25; Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 32 Rn. 2, 45 f.).
- 41
-
f) Es kann dahinstehen, ob Erkenntnisse, die der Arbeitgeber im Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 BDSG unter Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gewonnen hat, ausnahmsweise im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Das könnte nur dann in Betracht kommen, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzutreten und diese besonderen Umstände gerade die in Frage stehende Informationsbeschaffung als gerechtfertigt ausweisen (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 848/15 - Rn. 24, BAGE 156, 370; 20. Juni 2013 - 2 AZR 546/12 - Rn. 29, BAGE 145, 278). Im Streitfall fehlt es schon an erstem. Ein Arbeitgeber, der - wie hier die Beklagte - eine Überwachungsmaßnahme „ins Blaue hinein“ veranlasst, befindet sich weder in einer Notwehr- oder notwehrähnlichen Situation gemäß § 227 BGB bzw. § 32 StGB noch in einer Notstandslage iSv. § 34 StGB(dazu BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 23 f.).
- 42
-
4. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Kündigungen seien auch als Verdachtskündigungen unwirksam. Es musste den Sachvortrag der Beklagten, mit dem sie die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse in den Rechtsstreit eingeführt hat, auch bei der Würdigung außer Acht lassen, ob gegen den Kläger der dringende Verdacht eines Verhaltens bestand, das, wäre es erwiesen, eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte (dazu, dass dies auch für eine ordentliche Verdachtskündigung erforderlich ist, BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 22).
- 43
-
III. Die Sache ist nicht deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil es Sachvortrag der Beklagten übergangen hätte, der möglicherweise keinem Verwertungsverbot unterläge. Die dahingehende Rüge der Beklagten greift nicht durch.
- 44
-
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die von der Beklagten in Bezug genommenen Screenshots der E-Mail-Ordner auf dem Dienst-Rechner des Klägers seien vom Keylogger gefertigt worden. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten (§ 320 ZPO), mit dem sie geltend gemacht hatte, ihr erstinstanzlicher, auf Seite 10 des amtlichen Umdrucks des Berufungsurteils wiedergegebener Vortrag sei dahin gegangen, dass diese Bildschirmfotos bei einer vom Keylogger unabhängigen Einsichtnahme in das E-Mail-Programm auf dem Dienst-PC des Klägers gemacht worden seien, hat es als unbegründet zurückgewiesen.
- 45
-
2. Die darauf bezogene Verfahrensrüge ist unzulässig.
- 46
-
a) Es kann dahinstehen, ob dies schon deshalb der Fall ist, weil die Beklagte sich mit dieser Rüge gegen die nicht mit einem Berichtigungsantrag angegriffene tatbestandliche Feststellung wendet, ihr zweitinstanzlicher - möglicherweise „überholender“ - Vortrag sei dahin gegangen, dass die Screenshots vom Inhalt der E-Mail-Ordner auf dem Rechner des Klägers vom Keylogger „geschossen“ wurden (Seite 12 und 22 des amtlichen Umdrucks). Auch bedarf keiner Entscheidung, ob die Beklagte nach abgelehnter Tatbestandsberichtigung mit einer Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erfolgreich allenfalls hätte geltend machen können, das Berufungsgericht habe ihr Vorbringen bewusst missverstanden und damit übergangen, oder es habe den Vortrag zumindest als missverständlich ansehen müssen und deshalb die angegriffene tatbestandliche Feststellung nicht ohne vorherigen Hinweis gemäß § 139 ZPO treffen dürfen.
- 47
-
b) Jedenfalls legt die Beklagte die Erheblichkeit ihres „richtig“ verstandenen Vorbringens nach der maßgeblichen Begründungslinie der angefochtenen Entscheidung nicht dar. Sie zeigt nicht auf, dass das Landesarbeitsgericht anhand der bloßen Anzahl der in den E-Mail-Ordnern befindlichen Nachrichten zu der Überzeugung gelangt wäre, der Kläger sei in einem exzessiven, eine vorherige Abmahnung entbehrlich machenden Umfang während seiner Arbeitszeit privaten Aktivitäten nachgegangen. Solchen Vortrags hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil unstreitig zumindest ein Teil der E-Mails betreffend die Firma seines Vaters automatisch und ohne aktives Zutun des Klägers generiert worden ist.
-
Koch
Berger
Niemann
Niebler
Löllgen
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:
- 1.
darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden; - 2.
Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen; - 2a.
die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere bei der Einstellung, Beschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruflichen Aufstieg, zu fördern; - 2b.
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern; - 3.
Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die betreffenden Arbeitnehmer über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten; - 4.
die Eingliederung schwerbehinderter Menschen einschließlich der Förderung des Abschlusses von Inklusionsvereinbarungen nach § 166 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen zu fördern; - 5.
die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmer eng zusammenzuarbeiten; er kann von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorschläge und Stellungnahmen anfordern; - 6.
die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern; - 7.
die Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern zu fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu beantragen; - 8.
die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern; - 9.
Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern.
(2) Zur Durchführung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten; die Unterrichtung erstreckt sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen; in diesem Rahmen ist der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 gebildeter Ausschuss berechtigt, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören auch die Verträge, die der Beschäftigung der in Satz 1 genannten Personen zugrunde liegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
(3) Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Muss der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Einführung oder Anwendung von Künstlicher Intelligenz beurteilen, gilt insoweit die Hinzuziehung eines Sachverständigen als erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen ständigen Sachverständigen in Angelegenheiten nach Satz 2 einigen.
(4) Für die Geheimhaltungspflicht der Auskunftspersonen und der Sachverständigen gilt § 79 entsprechend.
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle ist zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist.
Tenor
-
Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 16. Juni 2010 - 5 BV 20/10 - wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche.
- 2
-
Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbarten am 10. Januar 2008 eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX“. Nach deren § 4 Abs. 1 erhält der Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement(bEM) erfüllen. In der Folgezeit verweigerte der Arbeitgeber die Erfüllung dieser Verpflichtung und berief sich zur Begründung auf datenschutzrechtliche Belange.
-
Der Betriebsrat hat beantragt,
-
den Arbeitgeber zu verpflichten, dem Betriebsrat quartalsmäßig ein Verzeichnis der Mitarbeiter, die die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement erfüllen, zu übergeben.
- 4
-
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Pflicht zur Übergabe des Mitarbeiterverzeichnisses an den Betriebsrat bestehe nur bei einem zuvor erklärten Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat könne über die Erfüllung der Pflichten aus § 84 Abs. 2 SGB IX auch dann wachen, wenn der Arbeitgeber ihm zunächst nur anonymisiert die Anzahl der Mitarbeiter mitteile, deren Arbeitsunfähigkeitszeiten länger als sechs Wochen betragen haben.
- 5
-
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Mit der zugelassenen Sprungrechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter.
- 6
-
B. Die Sprungrechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht entsprochen. Der Betriebsrat kann nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG iVm. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX unabhängig von einer Zustimmung der Arbeitnehmer beanspruchen, dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise ein Verzeichnis mit Namen der Arbeitnehmer aushändigt, die im zurückliegenden Jahreszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Einem solchen Verlangen stehen datenschutzrechtliche Belange oder Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer nicht entgegen. Es kann daher dahinstehen, ob sich ein solcher Auskunftsanspruch auch aus der zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung ergibt.
- 7
-
I. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und nach Satz 2 Halbs. 1 auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Verpflichtung geht ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats einher, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 112/09 - Rn. 23, EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 13). Zu den Aufgaben des Betriebsrats iSv. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehört es auch, nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Diese Überwachungsaufgabe ist weder von einer zu besorgenden Rechtsverletzung des Arbeitgebers beim Normvollzug noch vom Vorliegen besonderer Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte abhängig (BAG 24. Januar 2006 - 1 ABR 60/04 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 80 Nr. 5). Hieraus folgt eine zweistufige Prüfung darauf hin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zu ihrer Wahrnehmung erforderlich ist (BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 28, BAGE 128, 92).
- 8
-
II. Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderliche Aufgabenbezug liegt vor.
- 9
-
Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber gegenüber Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkranken, ein bEM durchzuführen. In diesem sollen unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen sowie mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers die Möglichkeiten geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (§ 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die Pflicht zur Durchführung des bEM ist nicht auf Beschäftigte mit einer Behinderung beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahreszeitraums (BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 35, BAGE 123, 234). Sie besteht unabhängig von einem Antrag der betroffenen Arbeitnehmer oder einer der am Verfahren beteiligten Stellen. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Pflicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein bEM einzuleiten (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 23, EzA SGB IX § 84 Nr. 8). Nach § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX hat ua. der Betriebsrat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Die Vorschrift wiederholt für den Bereich der Privatwirtschaft die sich bereits aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebende Überwachungsaufgabe des Betriebsrats.
- 10
-
III. Die Übergabe des begehrten Verzeichnisses ist zur Durchführung der sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX ergebenden Überwachungsaufgabe erforderlich.
- 11
-
1. Der Anspruch auf Information und Überlassung der erforderlichen Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG richtet sich danach, in welchem Umfang der Betriebsrat bereits über Kenntnisse verfügt, deren er zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgabe bedarf (BAG 19. Oktober 1999 - 1 ABR 75/98 - zu B I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 58 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 45).
- 12
-
2. Der Betriebsrat verfügt über keine anderweitigen Kenntnisse über den Kreis der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers reicht die anonymisierte Unterrichtung für die Überwachung seiner sich aus § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ergebenden Pflichten nicht aus. Ein anonymisiertes Mitarbeiterverzeichnis lässt nur die bloße Anzahl der Arbeitnehmer erkennen, welche die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen. Für die Überwachung, ob der Arbeitgeber das Verfahren entsprechend seiner gesetzlichen Initiativlast auch einleitet, ist die bloße Kenntnis der Anzahl der für ein bEM in Frage kommenden Arbeitnehmer unzureichend (vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 43, BVerwGE 137, 148). Auch die Übergabe einer Mitarbeiterliste, in der nur diejenigen Mitarbeiter aufgeführt sind, welche nicht nur die Voraussetzungen für ein bEM erfüllen, sondern darüber hinaus der Weitergabe der Daten an den Betriebsrat zustimmen, wäre nicht in gleicher Weise geeignet, den Arbeitgeber bei der Einhaltung seiner Initiativlast zu überwachen. Mangels Kenntnis des konkreten Arbeitnehmers könnte der Betriebsrat nicht durch Nachfrage überprüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt die Durchführung eines bEM angeboten und den Arbeitnehmer ordnungsgemäß belehrt hat.
- 13
-
3. Auch die quartalsweise Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der betroffenen Arbeitnehmer ist erforderlich.
- 14
-
Zwar verhält sich § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht darüber, in welcher Form der Arbeitgeber die benötigte Auskunft zu erteilen hat. Darin ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Jedoch ist er bei umfangreichen und komplexen Angaben allerdings nach § 2 Abs. 1 BetrVG regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen(BAG 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 29, BAGE 128, 92). Dass auch eine mündliche Information über den Kreis der betroffenen Arbeitnehmer ausreichend ist, wird von dem Arbeitgeber selbst nicht geltend gemacht. Die vom Betriebsrat geforderte quartalsweise Überlassung der Unterlagen hält sich daher im Rahmen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG.
- 15
-
4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die für Bruttolohn- und Gehaltslisten geltenden Beschränkungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG nicht auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten übertragbar. Nach der Senatsrechtsprechung unterscheiden sich der Auskunftsanspruch gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und das Einblicksrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihren Voraussetzungen und kommen nebeneinander in Betracht (30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - Rn. 24, 30, BAGE 128, 92). Demzufolge gelten die einschränkenden Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber einem vom Betriebsrat gebildeten Ausschuss Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter gewähren muss, für die Vorlage von Unterlagen nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG nicht.
- 16
-
IV. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Namen der Arbeitnehmer mit Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen im Jahreszeitraum auch dann mitteilen, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 17
-
1. Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht von einer vorherigen Einwilligung der von der Vorschrift begünstigten Arbeitnehmer abhängig. Der Gesetzeswortlaut enthält eine entsprechende Einschränkung nicht. Das Beteiligungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Normvollzugs durch den Arbeitgeber. Seine Wahrnehmung steht nach der Konzeption des BetrVG nicht zur Disposition der Arbeitnehmer.
- 18
-
2. Eine solche Einschränkung der Überwachungsaufgabe folgt auch nicht aus § 84 Abs. 2 SGB IX.
- 19
-
a) Nach dieser Vorschrift muss der Arbeitgeber in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern mit den erforderlichen Krankheitszeiten im Jahreszeitraum ein bEM anbieten. Vor dessen Durchführung ist er nach § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB IX gehalten, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß auf die Ziele des bEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Erst danach ist in einer zweiten Phase zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das Gesetz zwingt den betroffenen Arbeitnehmer nicht, ein bEM durchzuführen, sondern verpflichtet lediglich den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unter den gesetzlich normierten Voraussetzungen ein bEM anzubieten. Die nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des bEM beim Arbeitnehmer endet(vgl. BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 38 f., BVerwGE 137, 148). Für diesen Teil des bEM hat der Gesetzgeber kein Zustimmungserfordernis normiert.
- 20
-
b) Weder Sinn und Zweck des bEM noch das Zustimmungserfordernis in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stehen der Überlassung einer Aufstellung mit den Namen der für die Durchführung des bEM in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat entgegen.
- 21
-
aa) Mit der Durchführung eines bEM soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des bEM ist die Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter Menschen(vgl. BT-Drucks. 15/1783 S. 16; BAG 12. Juli 2007 - 2 AZR 716/06 - Rn. 40, BAGE 123, 234; BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 62, BVerwGE 137, 148). Daneben kann die Klärung von möglichen Maßnahmen nicht nur zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und den mit dem krankheitsbedingten Ausfall verbundenen betrieblichen und finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führen, sondern auch die Mehrbelastungen reduzieren, die der Belegschaft durch die vorübergehende Abwesenheit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers entstehen.
- 22
-
bb) Das in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestimmte Zustimmungserfordernis der von der Durchführung eines bEM betroffenen Arbeitnehmer soll gewährleisten, dass die Klärung ihres Gesundheitszustands nur freiwillig erfolgt. Ein bEM kann ohne Einwilligung des betroffenen Beschäftigten schon deshalb nicht sinnvoll durchgeführt werden, weil der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Mitteilung der Gründe für seine krankheitsbedingten Fehlzeiten verpflichtet ist und die vom Gesetzgeber angestrebte Klärung der möglichen Maßnahmen zu deren Reduzierung ohne die dafür erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Daneben ist auch ein bEM, an dem der betroffene Arbeitnehmer nicht aktiv mitwirkt, wenig erfolgversprechend.
- 23
-
cc) Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck des bEM wird durch die Mitteilung der Namen der für ein solches Verfahren in Betracht kommenden Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht in Frage gestellt. Diesem wird nur der Personenkreis benannt, der die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines bEM erfüllt. Eine Information über die der Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegenden Krankheiten oder deren Ursachen ist damit nicht verbunden. Ebenso wird die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers über die Teilnahme an einem bEM nicht beeinträchtigt, da er sich über sein Einverständnis erst nach dem Angebot des Arbeitgebers und der damit verbundenen Belehrung über die Chancen und Risiken des bEM erklären muss.
- 24
-
V. Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM anbieten muss, nicht entgegen. Das Erheben von Daten über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber und ihre Übermittlung an den Betriebsrat ist auch bei fehlender Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 25
-
1. Die vom Antrag erfasste Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen fällt in den Geltungsbereich des BDSG. Es handelt sich nicht um automatisierte Dateien iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 iVm. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG.
- 26
-
2. Bei den vom Antrag umfassten Angaben handelt es sich um besondere Arten personenbezogener Daten über die Gesundheit iSd. § 3 Abs. 9 BDSG(sensitive Daten). Aufgrund der Angaben ist ersichtlich, dass der benannte Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit innerhalb eines Jahreszeitraums mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig abwesend war.
- 27
-
3. Die Übermittlung der Namen der Arbeitnehmer an den Betriebsrat ist nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG auch dann zulässig, wenn diese der Weitergabe nicht zugestimmt haben.
- 28
-
a) Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist das Erheben, Verarbeiten und Nutzen besonderer Arten personenbezogener Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG für eigene Geschäftszwecke auch ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn dies zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Nicht einschlägig ist hingegen § 32 BDSG, auch wenn diese Vorschrift eine Regelung über den Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis trifft. Ihr Regelungsgegenstand beschränkt sich auf personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG und erfasst nicht die Verarbeitung sensitiver Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG.
- 29
-
b) Die Ausübung rechtlicher Ansprüche iSv. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG umfasst auch eine Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber, die dieser zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten vornehmen muss. Ein solches Verständnis gibt das Unionsrecht vor.
- 30
-
aa) Die Erhebung und Nutzung sensitiver Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG fällt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23. November 1995 S. 31) gilt diese für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird (Art. 2 Buchst. c RL 95/46/EG). Nach Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG untersagen die Mitgliedstaaten ua. die Verarbeitung personenbezogener Daten über die Gesundheit. Von diesem Verbot besteht nach Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG eine Ausnahme, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, sofern dies aufgrund von einzelstaatlichem Recht, das angemessene Garantien vorsieht, zulässig ist. Daher wird die Erhebung und Nutzung von Angaben über krankheitsbedingte Fehlzeiten innerhalb eines bestimmten Zeitraums vom Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46/EG erfasst.
- 31
-
bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Anwendung der Richtlinie 95/46/EG nicht davon abhängig, ob in dem zu entscheidenden Sachverhalt ein hinreichender Zusammenhang mit der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten oder tatsächlich ein Zusammenhang mit dem freien Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten besteht. Zur Begründung hat der Gerichtshof auf den Wortlaut von Art. 3 RL 95/46/EG verwiesen, der mit Ausnahme des in Abs. 2 bestimmten Bereichs die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterwirft(EuGH 20. Mai 2003 - C-465/00 - [Österreichischer Rundfunk ua.] Rn. 39 ff., 44, Slg. 2003, I-4989). Von einem solchen Verständnis ist auch der deutsche Gesetzgeber ausgegangen, der mit den Regelungen in § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 BDSG die Vorgaben aus Art. 8 RL 95/46/EG in nationales Recht umsetzen wollte (BT-Drucks. 14/4329 S. 43). Die Vorschrift ist danach unionsrechtskonform in einer Weise auszulegen, die den Vorgaben in Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 RL 95/46/EG Rechnung trägt.
- 32
-
cc) Bei einer solchen Auslegung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen, dass die Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in der Richtlinie 95/46/EG nicht auf eine Mindestharmonisierung beschränkt ist, sondern zu einer grundsätzlich umfassenden Harmonisierung führt. Nach dem Verständnis des Gerichtshofs stellen die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle dar, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Nach dem Erwägungsgrund 22 zur RL 95/46/EG können die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften die allgemeinen Bedingungen präzisieren, unter denen die Verarbeitungen rechtmäßig sind. Sie dürfen aber weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten einführen noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite der in der Richtlinie vorgesehenen Grundsätze verändern würden (vgl. zu Art. 7 RL 95/46/EG: EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 28 - 32, Eza EG-Vertrag 1999 Richtlinie 95/46 Nr. 1). Insoweit stellt die RL 95/46/EG zugleich eine Konkretisierung der in den Art. 7 und Art. 8 GRC verbürgten Rechte der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person dar(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [Asociación Nacional de Establecimientos Financieros de Crédito] Rn. 41 f., 44 f., aaO).
- 33
-
dd) Das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung erfordert daher eine Auslegung von § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG, die dem Arbeitgeber unter den dort bestimmten Voraussetzungen die Erfüllung seiner ihm obliegenden gesetzlichen Pflichtenstellung ermöglicht.
- 34
-
(1) Eine Ausübung rechtlicher Ansprüche als Voraussetzung einer Datenerhebung und -nutzung nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG ist unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig, wenn die Datenverarbeitung durch den Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlich vorgesehenen Pflicht im Bereich des Arbeitsrechts erfolgt. Ein Wille des Gesetzgebers, durch die Formulierung der Voraussetzungen in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber im Bereich des Arbeitsrechts engere Grenzen als durch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG vorgesehen zu setzen, ist nicht ersichtlich (vgl. Gola RDV 2001, 125, 127).
- 35
-
(2) Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 Buchst. b RL 95/46/EG die unionsrechtlichen Vorgaben beachtet. Diese erlauben die Verarbeitung von Daten über die Gesundheit iSv. Art. 8 Abs. 1 RL 95/46/EG, wenn dies nach nationalem Recht zulässig ist und dieses insoweit angemessene Garantien vorsieht. Solche Garantien, die den Betroffenen vor einer unangemessenen Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und seiner Privatsphäre schützen, sieht das BDSG bei der Verarbeitung sensitiver Daten durch den Arbeitgeber vor.
- 36
-
Die Verarbeitung von sensitiven Daten iSd. § 3 Abs. 9 BDSG ist nur bei Bestehen einer besonderen Rechtsgrundlage zulässig. Diese unterliegt den Beschränkungen in § 4 Abs. 1 BDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur zulässig ist, soweit das BDSG selbst oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt(Gola RDV 2001, 125, 126). Nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG darf grundsätzlich nur eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfolgen, wenn eine Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers vorliegt. Ohne dessen Einverständnis ist dem Arbeitgeber deren Verarbeitung nur gestattet, wenn nach einer am Zweck der RL 95/46/EG orientierten Interessenabwägung ein entgegenstehendes Interesse des betroffenen Arbeitnehmers nicht überwiegt. Überdies wird die Verarbeitung von sensitiven Daten durch den Arbeitgeber von einem betrieblichen Datenschutzbeauftragten kontrolliert, der auf die Einhaltung des BDSG hinwirkt und dabei dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht unterliegt (§ 4f Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 4 g Abs. 1 Satz 1 BDSG).
- 37
-
c) Die Erhebung und Nutzung der Angaben über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber ist auch bei fehlender Einwilligung der Arbeitnehmer nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig.
- 38
-
aa) Die Durchführung eines bEM gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts.
- 39
-
bb) Die Erhebung dieser Daten ist erforderlich, damit der Arbeitgeber die ihm nach § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 SGB IX obliegenden Pflichten erfüllen kann. Ein bEM kann nur eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in dem maßgeblichen Bemessungszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war.
- 40
-
cc) Ein Grund zu der Annahme, dass das schutzwürdige Interesse des jeweils betroffenen Arbeitnehmers das Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung überwiegt, besteht nicht.
- 41
-
Die Erhebung der Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahreszeitraum ist Voraussetzung für die Entscheidung des Arbeitgebers, den betroffenen Beschäftigten die Durchführung eines bEM anzubieten. Dieses Verfahren dient der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes und damit ihrer wirtschaftlichen Existenz (BVerwG 23. Juni 2010 - 6 P 8/09 - Rn. 42, BVerwGE 137, 148). Inhaltlich betrifft die Datenerhebung lediglich die Namen der Arbeitnehmer und die Feststellung, dass deren Fehlzeiten im maßgeblichen Jahreszeitraum sechs Wochen überschritten haben. Besondere Angaben über die Art und Dauer der Krankheit werden vom Arbeitgeber in der ersten Phase des bEM nicht erhoben. Überdies sind die Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeitszeiten ohnehin vorhanden, weil sie die Grundlage für die Berechnung der in diesem Zeitraum zu zahlenden Vergütung bilden (§ 3 EFZG). Ein Interesse der jeweils betroffenen Arbeitnehmer an dem Unterbleiben der Datenerhebung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Auf das Recht des Arbeitnehmers, die Durchführung eines bEM abzulehnen, hat diese Datenerhebung keinen Einfluss.
- 42
-
d) Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Übermittlung der vom Arbeitgeber erhobenen Daten über die Fehlzeiten der arbeitsunfähigen Arbeitnehmer an den Betriebsrat nicht entgegen.
- 43
-
aa) Die Zusammenstellung der die einzelnen Arbeitnehmer betreffenden Arbeitsunfähigkeitszeiten zu einer schriftlichen Aufstellung und deren Weitergabe an den Betriebsrat ist keine Datenübermittlung an einen Dritten, die von dem Erlaubnistatbestand in § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG nicht erfasst wird. Der Betriebsrat ist nicht als „Dritter“ iSd. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG anzusehen, der außerhalb der verantwortlichen Stelle iSd. § 3 Abs. 7 BDSG, also des Unternehmens steht. Vielmehr ist er selbst Teil dieser Stelle (zu § 3 BDSG aF: BAG 3. Juni 2003 - 1 ABR 19/02 - zu B II 2 a bb [3] [a] der Gründe, BAGE 106, 188) und hat die betrieblichen und gesetzlichen Datenschutzbestimmungen einzuhalten (vgl. BAG 12. August 2009 - 7 ABR 15/08 - Rn. 27, BAGE 131, 316), zu denen insbesondere die Wahrung des Datengeheimnisses (§ 5 Satz 1 BDSG) gehört.
- 44
-
bb) Überwiegende schutzwürdige Interessen iSd. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG der betroffenen Arbeitnehmer stehen der Bekanntgabe ihrer Namen gegenüber dem Betriebsrat nicht entgegen.
- 45
-
(1) Zwar handelt es nicht um betriebsöffentliche Daten, die allen Arbeitnehmern und damit auch dem Betriebsrat bekannt sind. Dennoch ist der auf Krankheit beruhende Arbeitsausfall wegen der dadurch ausgelösten Notwendigkeit einer Vertretung regelmäßig im Betrieb bekannt.
- 46
-
(2) Weiterhin verstärkt die Überwachung der dem Arbeitgeber durch § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auferlegten Verpflichtung die mit der Einführung des bEM verbundene Erwartung des Gesetzgebers, den betroffenen Arbeitnehmern durch das Angebot eines besonderen Präventionsverfahrens möglichst ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Der Gesetzgeber konnte auch davon ausgehen, dass der Betriebsrat als Vertreter der Belegschaft die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in geeigneter Weise wahrnimmt. Das durch Art. 8 Abs. 1 GRC gewährleistete Recht auf Schutz der eine Person betreffenden personenbezogenen Daten wird ausreichend dadurch gewahrt, dass der Betriebsrat in Bezug auf Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer nicht nur dem Datengeheimnis, sondern auch einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht unterliegt(§ 79 Abs. 1, § 120 Abs. 2 BetrVG) und die eigentliche Durchführung des bEM mit der damit verbundenen Erörterung der besonders sensiblen Krankheitsdaten von einer weiteren Belehrung des Arbeitgebers und der Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer abhängig ist. Ebenso wie ein Arbeitnehmer aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht beanspruchen kann, dass bestimmte Mitarbeiter im Rahmen ihrer Arbeitsaufgabe mit der Verarbeitung seiner persönlichen Daten nicht befasst werden, kann er auch nicht verlangen, dass eine ebensolche Übermittlung an den Betriebsrat unterbleibt.
- 47
-
e) Eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der RL 95/46/EG an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nicht (vgl. zur Vorlagepflicht der nationalen Gerichte BVerfG 2. Senat 2. Kammer 21. November 2011 - 2 BvR 516/09, 2 BvR 52 BvR 535/09 - Rn. 23 ff., NJW 2012, 598; 1. Senat 2. Kammer 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 11 f., NZA 2012, 202). Die hier entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hinreichend geklärt. Dies gilt für den Geltungsbereich der Richtlinie, ihren Normzweck und die für die nationalen Gerichte bei der einzelfallbezogenen Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände.
- 48
-
aa) Die RL 95/46/EG eröffnet dem nationalen Gesetzgeber durch Art. 5 Handlungsspielräume, aufgrund derer er die in Art. 6 bis Art. 8 RL 95/46/EG festgelegten Grundsätze näher bestimmen kann. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Mechanismen, die eine Abwägung der verschiedenen Rechte und Interessen ermöglichen, zum einen in der RL 95/46/EG selbst festgelegt, soweit diese Vorschriften enthält, die bestimmen, in welchen Situationen und in welchem Umfang die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist und welche Schutzvorkehrungen vorzusehen sind. Zum anderen eröffnen viele der in der RL 95/46/EG verhältnismäßig allgemein gehaltenen Bestimmungen den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum bei der Umsetzung in nationales Recht oder eine Auswahl zwischen den in der Richtlinie festgelegten Optionen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 82 f., Slg. 2003, I-12971). Dieses Zusammenspiel zwischen den zwingenden Richtlinienvorgaben und dem nationalen Recht überlässt den nationalen Gerichten den erforderlichen Spielraum, um bei der hier in Rede stehenden einzelfallbezogenen Anwendung der die RL 95/46/EG umsetzenden nationalen Regelung einen angemessenen Ausgleich zwischen den mit der Richtlinie verfolgten Zwecken herzustellen (EuGH 6. November 2003 - C-101/01 - [Lindqvist] Rn. 85, aaO). Dem entsprechend hat der Senat bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG berücksichtigt, dass es nach den Erwägungsgründen Nr. 33, 34 der RL 95/46/EG deren Ziel ist, bei der Verarbeitung von besonders sensiblen Datenkategorien einen möglichst weitgehenden Schutz der Beeinträchtigung der Grundfreiheiten und der Privatsphäre zu gewährleisten, andererseits es aber auch dem Arbeitgeber zu ermöglichen, eine gesetzliche Pflichtenstellung zu erfüllen, die ihm im Wesentlichen zugunsten des betroffenen Beschäftigten auferlegt worden ist.
- 49
-
bb) Ob der Arbeitgeber nach Unionsrecht überhaupt berechtigt ist, sich unter Berufung auf die Grundrechtspositionen der betroffenen Arbeitnehmer einer Weitergabe der für die Überwachungsaufgabe erforderlichen Daten an den Betriebsrat zu entziehen, bedarf angesichts der fehlenden Entscheidungserheblichkeit dieser Frage keiner Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.
-
VI. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Übermittlung der Namen von Arbeitnehmern mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen im vorangegangenen Jahreszeitraum an den Betriebsrat entgegensteht. Der Arbeitgeber ist nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 8/95 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 82, 36).
-
Schmidt
Linck
Koch
Hayen
Hann
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)
- 1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,- 2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder - 5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.
(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.
(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.
(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 zulässig, wenn sie für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke erforderlich ist. Der Verantwortliche sieht angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person gemäß § 22 Absatz 2 Satz 2 vor.
(2) Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn das Archivgut nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.
(3) Das Recht auf Berichtigung der betroffenen Person gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU)
(4) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d, den Artikeln 20 und 21 der Verordnung (EU)
(1) Öffentliche Stellen benennen eine Datenschutzbeauftragte oder einen Datenschutzbeauftragten. Dies gilt auch für öffentliche Stellen nach § 2 Absatz 5, die am Wettbewerb teilnehmen.
(2) Für mehrere öffentliche Stellen kann unter Berücksichtigung ihrer Organisationsstruktur und ihrer Größe eine gemeinsame Datenschutzbeauftragte oder ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter benannt werden.
(3) Die oder der Datenschutzbeauftragte wird auf der Grundlage ihrer oder seiner beruflichen Qualifikation und insbesondere ihres oder seines Fachwissens benannt, das sie oder er auf dem Gebiet des Datenschutzrechts und der Datenschutzpraxis besitzt, sowie auf der Grundlage ihrer oder seiner Fähigkeit zur Erfüllung der in § 7 genannten Aufgaben.
(4) Die oder der Datenschutzbeauftragte kann Beschäftigte oder Beschäftigter der öffentlichen Stelle sein oder ihre oder seine Aufgaben auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags erfüllen.
(5) Die öffentliche Stelle veröffentlicht die Kontaktdaten der oder des Datenschutzbeauftragten und teilt diese Daten der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit mit.
(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.
(1) Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb sowie über den betrieblichen Umweltschutz durchgeführt werden. Er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die sonstigen in Betracht kommenden Stellen durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
(2) Der Arbeitgeber und die in Absatz 1 Satz 2 genannten Stellen sind verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen und ihm unverzüglich die den Arbeitsschutz, die Unfallverhütung und den betrieblichen Umweltschutz betreffenden Auflagen und Anordnungen der zuständigen Stellen mitzuteilen.
(3) Als betrieblicher Umweltschutz im Sinne dieses Gesetzes sind alle personellen und organisatorischen Maßnahmen sowie alle die betrieblichen Bauten, Räume, technische Anlagen, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze betreffenden Maßnahmen zu verstehen, die dem Umweltschutz dienen.
(4) An Besprechungen des Arbeitgebers mit den Sicherheitsbeauftragten im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch nehmen vom Betriebsrat beauftragte Betriebsratsmitglieder teil.
(5) Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber die Niederschriften über Untersuchungen, Besichtigungen und Besprechungen, zu denen er nach den Absätzen 2 und 4 hinzuzuziehen ist.
(6) Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Durchschrift der nach § 193 Abs. 5 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch vom Betriebsrat zu unterschreibenden Unfallanzeige auszuhändigen.
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr beschäftigen. Er darf sie bis 22 Uhr beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des § 28 erfüllt sind.
(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr teilnehmen lassen, wenn
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.