Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 30. Jan. 2014 - 11 Ta 373/13

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2014:0130.11TA373.13.00
bei uns veröffentlicht am30.01.2014

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 23.10.2013 teilweise abgeändert.

Dem Kläger wird für seine Rechtsverfolgung erster Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt B , H strasse , D , mit Wirkung vom 18.07.2013 bewilligt, soweit er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 80,00 € beantragt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.


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Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 30. Jan. 2014 - 11 Ta 373/13 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 78 Beschwerdeverfahren


Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rech

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 614 Fälligkeit der Vergütung


Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 28. Jan. 2013 - 1 BvR 274/12

bei uns veröffentlicht am 28.01.2013

Tenor 1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Dezember 2011 - 26 W 21/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Apr. 2012 - 5 AZR 248/11

bei uns veröffentlicht am 18.04.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, a
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 30. Jan. 2014 - 11 Ta 373/13.

Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 08. Okt. 2015 - 11 Ta 202/15

bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

Tenor Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird unter Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 06.03.2015 teilweise abgeändert und der Klägerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Recht

Referenzen

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Dezember 2011 - 26 W 21/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

2. ...

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei der Entscheidung über die Aufnahme auf die Warteliste für eine Organvermittlung.

2

1. Der Beschwerdeführer und Antragsteller des Ausgangsverfahrens war in dem von der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens betriebenen Krankenhaus wegen eines Herzleidens in Behandlung. Dieses lehnte die Aufnahme auf die Warteliste für die Organvermittlung zur Herztransplantation ab, weil aufgrund gravierender Verständigungsprobleme und der fehlenden Sicherheit der Compliance - also der Mitwirkung des Patienten bei der Vor- und Nachbehandlung - keine Indikation zur Herztransplantation vorliege. Später wurde der Beschwerdeführer auf Veranlassung eines anderen Krankenhauses auf die Warteliste aufgenommen.

3

Der Beschwerdeführer begehrte Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage gegen die Antragsgegnerin. Durch die Nichtaufnahme auf die Warteliste allein wegen fehlender Sprachkenntnisse habe sie ihn diskriminiert und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Landgericht lehnte die begehrte Prozesskostenhilfe durch angegriffenen Beschluss ab. Ein Anspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (im Folgenden: AGG) scheide aus, weil hiervon eine Benachteiligung aufgrund der Sprache nicht geschützt sei. Ein vertraglicher oder deliktischer Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestehe ebenfalls nicht. Es lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen der Richtlinie der Bundesärztekammer für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Herztransplantation für eine Ablehnung auf die Warteliste nicht vorgelegen hätten. Die Antragsgegnerin habe die Ablehnung unter Zusammenschau der erhobenen Befunde mit der nicht sicheren Compliance aus Gründen der sprachlichen Verständigung und der dadurch fehlenden Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und der Nachbetreuung begründet. Der Beschwerdeführer habe keinen Beweis dafür angetreten, dass die nach der Richtlinie erforderliche psychologische Untersuchung nicht stattgefunden habe. Das Merkmal der fehlenden Compliance sei angemessen und verletze den Beschwerdeführer nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, weil hierdurch ein längerfristiger Erfolg der Transplantation und eine sachgerechte Verteilung der Spenderorgane gewährleistet würden. Die Hinzuziehung eines rund um die Uhr zur Verfügung stehenden Dolmetschers stehe in keinem Verhältnis zur Möglichkeit des Beschwerdeführers, sprachliche Grundkenntnisse zu erlernen. Für eine Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft lägen keine Anhaltspunkte vor.

4

Das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde durch angegriffenen Beschluss zurück. Es bestünden keine Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Das Verlangen hinreichender deutscher Sprachkenntnisse stelle keine unmittelbare Diskriminierung dar, weil es nicht an die entsprechenden gesetzlichen Merkmale anknüpfe. Eine mittelbare Benachteiligung liege ebenfalls nicht vor, weil die Anforderungen der Antragsgegnerin durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich seien. Angesichts des hochkomplizierten medizinischen Eingriffs sei es gerechtfertigt, ein hinreichendes sprachliches Verständnis zu fordern, um einen ausreichenden Kontakt zwischen Ärzten und Patienten, insbesondere auch in Notfällen, zu ermöglichen. Ansprüche aus Vertrag oder Delikt kämen mangels Verschuldens ebenfalls nicht in Betracht, weil sich die Antragsgegnerin entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Transplantationsgesetzes (im Folgenden: TPG) an die Richtlinien der Bundesärztekammer für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Herz- und Lungentransplantation gehalten und die Entscheidung danach nicht ermessensfehlerhaft begründet habe. Es sei eine Evaluation vorgenommen und im Rahmen der Untersuchungen und der Behandlung festgestellt worden, dass trotz des Einsatzes von Dolmetschern eine Verständigung mit dem Beschwerdeführer kaum möglich gewesen sei. Weil beim Beschwerdeführer trotz mehrjährigen Aufenthalts in Deutschland und entgegen der Empfehlung, die deutsche Sprache zu erlernen, kaum ein Sprachschatz vorhanden gewesen sei, habe die Antragsgegnerin zu Recht vom Fehlen einer Mitwirkungsbereitschaft oder -fähigkeit ausgehen können. Dass der erforderliche Rat einer weiteren, psychologisch erfahrenen Person eingeholt worden sei, habe die Antragsgegnerin dargelegt und die bei ihr angestellte Psychologin als Zeugin benannt. Angesichts der von der Antragsgegnerin ausführlich dargestellten Ermittlungen spreche einiger Beweis dafür, dass das psychologische Gespräch stattgefunden habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Gespräch gar nicht stattgefunden habe beziehungsweise aufgrund fehlerhafter Ermittlungen die Entscheidung ermessensfehlerhaft getroffen worden sei, weil die Darstellung der Antragsgegnerin nicht in den wesentlichen Punkten falsch sei.

5

2. Der Beschwerdeführer hat gegen die genannten Entscheidungen Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

6

Die Ausgangsgerichte hätten die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der Klage überspannt, indem sie die schwierige, in der Literatur kritisch beurteilte und höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage entschieden hätten, ob eine mangelnde Compliance den Zugang zu einem Teilhaberecht versperren könne. Die gegen den Anspruch auf eine gleichheitsgerechte Verteilung der Organe verstoßende und diskriminierende Differenzierung nach der Sprache sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Die Richtliniensetzung durch die Bundesärztekammer verstoße gegen das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt. Außerdem begegne das Merkmal der Compliance inhaltlichen Bedenken, weil es sich nicht um ein medizinisches Kriterium handele und eine fehlende Compliance allenfalls Grund zu Unterstützungs- und Kontrollmaßnahmen gebe, nicht aber zur Exklusion führen könne. Darüber hinaus hätten die Ausgangsgerichte nicht beachtet, dass auch nach der Richtlinie die mangelnde Compliance nicht allein auf Sprachschwierigkeiten zurückgeführt werden könne. Sie hätten außerdem die in der Richtlinie verankerte Voraussetzung, den Rat einer psychologisch erfahrenen Person einzuholen, nicht ernsthaft verfolgt. Obwohl es verschiedene Anhaltspunkte dafür gebe, dass das vom Beschwerdeführer bestrittene Gespräch mit einer solchen Person nicht stattgefunden habe, die Behandlungsunterlagen keine psychologische Evaluation enthielten und der von der Antragsgegnerin unter Zeugenbeweis gestellte Gesprächsinhalt nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimme, sei das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein solches Gespräch stattgefunden habe. Schließlich sei eine Aufnahme auf die Warteliste zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten gewesen, weil die Bereitstellung eines Dolmetschers möglich gewesen oder die Fortführung der konservativen Therapie unter Aufnahme auf die Warteliste bis zur Teilnahme an einem Sprachkurs in Betracht gekommen sei.

7

3. Zu der Verfassungsbeschwerde hatten das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Äußerung.

II.

8

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) und die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ebenfalls vorliegen.

9

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Inhalt und Reichweite des aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 <356 ff.>; BVerfGK 2, 279 <281>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2002 - 1 BvR 1450/00 -, NJW-RR 2002, S. 1069; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, S. 1060 <1061>).

10

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), wobei die geltend gemachte Grundrechtsverletzung besonderes Gewicht hat und den Beschwerdeführer schon wegen der sich aus der angegriffenen Entscheidung ergebenden Belastung in existentieller Weise betrifft (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

11

a) Dieses gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 10, 264 <270>; 22, 83 <86>; 51, 295 <302>; 63, 380 <394 f.>; 67, 245 <248>). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

12

Auslegung und Anwendung der §§ 114 f. ZPO obliegen dabei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Verfassungsrecht wird jedoch dann verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357 f.>; BVerfGK 2, 279 <281>). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt wird (vgl. BVerfGE 81, 347 <358>).

13

Hiernach dürfen schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 1993 - 1 BvR 1523/92 -, NJW 1994, 241 <242>). Zwar braucht Prozesskostenhilfe nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint. Liegt diese Voraussetzung dagegen vor, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfGE 81, 347 <359>; BVerfGK 2, 279 <281>).

14

Zudem läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2002 - 1 BvR 1450/00 -, NJW-RR 2002, S. 1069; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, S. 1060 <1061>). Eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Mai 1997 - 1 BvR 296/94 -, NJW 1997, 2745 <2746>, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, S. 1060 <1061>).

15

b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verfassungsbeschwerde als begründet. Die Ausgangsgerichte haben die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen.

16

(aa) Die Ausgangsgerichte haben schwierige und bislang ungeklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden, indem sie vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche durch die Anwendung des Merkmals der Compliance in der einschlägigen Richtlinie der Bundesärztekammer verneint haben.

17

In der Literatur wird bereits formal die Richtlinienermächtigung der Bundesärztekammer in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TPG (vgl. etwa Bader, Organmangel und Organverteilung, 2010, S. 187; Gutmann, in: Schroth/König/Gutmann/Oduncu, Transplantationsgesetz, 1. Aufl. 2005, § 16 Rn. 5 f.; Höfling, in: Höfling, Transplantationsgesetz, 2003, § 16 Rn. 17; Norba, Rechtsfragen der Transplantationsmedizin aus deutscher und europäischer Sicht, 2009, S. 176) in Frage gestellt. Insbesondere aber wird inhaltlich die in den Richtlinien vorgesehene Kontraindikation der Compliance (vgl. etwa Bader, Organmangel und Organverteilung, 2010, S. 209 ff.; Gutmann, in: Schroth/König/Gutmann/Oduncu, Transplantationsgesetz, 1. Aufl. 2005, § 16 Rn. 16; Lang, in: Höfling, Transplantationsgesetz, 2003, § 10 Rn. 43) und das Anknüpfen an sprachliche Verständigungsschwierigkeiten im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. Lang, in: Höfling, Transplantationsgesetz, 2003, § 10 Rn. 43) und eine fehlende Erforderlichkeit durch die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Dolmetschers (vgl. Bader, Organmangel und Organverteilung, 2010, S. 381 f. m.w.N.) kritisiert. Diese Fragen wurden in der Rechtsprechung bislang nicht geklärt und lassen sich auch nicht mit den von der Rechtsprechung bereitgestellten Auslegungshilfen ohne Schwierigkeiten beantworten.

18

Auf die Beantwortung dieser Fragen kam es für die Beurteilung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche an. Waren das Merkmal der Compliance und insbesondere das Abstellen auf fehlende Sprachkenntnisse rechtlich nicht haltbar, würde deren Anwendung trotz der Vermutungsregelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 TPG sowohl eine Verletzung der vertraglichen Pflicht, über die Aufnahme auf die Warteliste nach Regeln zu entscheiden, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TPG), als auch eine durch eine umfassende Güter- und Interessenabwägung festzustellende rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen. Das außerdem erforderliche Verschulden kann ebenfalls nicht verneint werden, ohne entweder die Frage der Anwendbarkeit des Merkmals der Compliance oder die ebenfalls schwierige und im Anwendungsbereich ärztlicher Richtlinien bisher ungeklärte Rechtsfrage beantworten zu müssen, ob sich die Antragsgegnerin hier ausnahmsweise auf eine Richtigkeitsgewähr der angewendeten Richtlinie (vgl. etwa für Tarifverträge OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Juni 2008 - 12 U 4/08 -, VersR 2009, S. 203 <204>) oder einen Beurteilungsspielraum aufgrund eines sonst nicht lösbaren Pflichtenwiderstreits hätte berufen können (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1995 - V ZB 4/94 -, NJW 1996, S. 1216 <1218>).

19

Ob das Merkmal der Compliance und insbesondere das Abstellen auf fehlende Sprachkenntnisse rechtlich haltbar ist, ist außerdem erheblich für die Beurteilung eines Schadensersatzanspruches aus § 21 Abs. 2 AGG. Für die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei einer mittelbaren Benachteiligung durch die Anknüpfung an Sprachkenntnisse (vgl. dazu BAG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 -, NJW 2012, S. 171 <174>) kommt es auf die schwierige, in der Literatur aufgeworfene (vgl. nur Bader, Organmangel und Organverteilung, 2010, S. 381 f. m.w.N.) und in der Rechtsprechung nicht geklärte Frage an, ob das Verlangen hinreichender Sprachkenntnisse für eine Erfolgsaussicht einer Organübertragung erforderlich ist. Diese Fragen sind nicht etwa durch das Verschuldenserfordernis in § 21 Abs. 2 AGG entbehrlich. Diesbezüglich stellt sich seinerseits die schwierige und ungeklärte Rechtsfrage, ob das Verschuldenserfordernis im Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Schadensersatz bei Diskriminierungen wegen des Geschlechts (vgl. EuGH, Urteil vom 8. November 1990 - C-177/88 Dekker -, EuGH Slg. 1990, I-3975, Rn. 22 ff.) europarechtskonform ist, ohne dass diese in der Literatur aufgeworfene Frage (vgl. dazu etwa Thüsing, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 21 AGG, Rn. 45 m.w.N.) in der Rechtsprechung geklärt wäre oder sich anhand der von der bisherigen Rechtsprechung zur Verfügung gestellten Auslegungshilfen beantworten ließe.

20

(bb) Eine Verletzung der Rechtsschutzgleichheit liegt außerdem darin, dass die Ausgangsgerichte dem Beschwerdeführer wegen Fehlens der Erfolgsaussichten seines Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert haben, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kam und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen könnte.

21

Für die im Ausgangsverfahren zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob ein Gespräch des Beschwerdeführers mit einer psychologisch erfahrenen Person stattgefunden hat, kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht. Diese Frage ist entscheidungserheblich, da nach den Richtlinien für die Wartelistenführung und die Organvermittlung zur Herz-, Herz-Lungen- und Lungentransplantation vor der endgültigen Ablehnung der Aufnahme in die Warteliste der Rat einer psychologisch erfahrenen Person einzuholen ist. Ob das hierfür von den Ausgangsgerichten für erforderlich gehaltene Gespräch des Beschwerdeführers mit einer solchen Person stattgefunden hat, wäre unabhängig von der Frage der Beweislast durch eine Beweisaufnahme und selbst ohne einen entsprechenden Beweisantritt des Beschwerdeführers zu klären gewesen. Denn zur Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit und des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie des Rechts auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes ist es erforderlich, einer Partei, die für ein Vieraugengespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit zu geben, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen und sie zu diesem Zweck entweder gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO anzuhören, es sei denn die Feststellungen über den Gesprächsverlauf werden nicht nur auf die Aussage des von der Gegenpartei benannten Zeugen, sondern zusätzlich auf sonstige Beweismittel oder Indizien gestützt (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 -, NJW-RR 2006, S. 61 <63> m.w.N.). Hiernach hätte im Hauptsacheverfahren neben der von der Antragsgegnerin benannten Zeugin auch der Beschwerdeführer vernommen beziehungsweise angehört werden müssen, da es um ein entscheidungserhebliches Gespräch unter vier Augen zwischen einer Zeugin und dem Beschwerdeführer als Partei des Ausgangsverfahrens ging und keine weiteren Beweismittel oder Indizien vorhanden waren.

22

Es liegen außerdem keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde. Das Oberlandesgericht hat allein aus der Schlüssigkeit des Vortrages der Antragsgegnerin darauf geschlossen, dass diese den angetretenen Zeugenbeweis eines psychologischen Gesprächs führen kann. Dass dieser Vortrag persönliche Informationen über den Beschwerdeführer enthielt, erlaubte keine derartige Prognose, da die Antragsgegnerin diese Informationen auch anderweit erhalten haben kann und sie nicht vollständig mit der vom Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren vorgetragenen tatsächlichen Situation übereinstimmten.

23

Die Entscheidungen beruhen auch auf diesem Verstoß, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Ausgangsgerichte zu einem abweichenden, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gekommen wären, wenn sie die sich aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Grenzen einer antizipierten Beweiswürdigung beachtet hätten. Denn das Oberlandesgericht hat hinsichtlich einer für seine Entscheidung erheblichen Tatsache gegen dieses Gebot verstoßen. Hält man mit dem Oberlandesgericht die Anwendung des Merkmals der Compliance als solche noch nicht für pflichtwidrig, kommt es für die Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten aus dem Behandlungsvertrag maßgeblich darauf an, ob die in der Richtlinie geregelten Voraussetzungen eingehalten wurden, wozu unter anderem die Einholung des Rats einer psychologisch erfahrenen Person gehört.

III.

24

Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

25

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, diejenige über die Festsetzung des Gegenstandwerts auf § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 449,50 Euro brutto (Vergütungsdifferenz für August und September 2009) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,25 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger war beim Beklagten, der ein Bauunternehmen betreibt, bis zum 11. September 2009 als Maurer beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag vom 16. März 2009 regelt ua.:

        

㤠3

Arbeitszeit

        
        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte beträgt 40 Stunden, sofern der BRTV BAU - WEST DEUTSCHLAND keine anderen Regelungen vorsieht.

        

…       

        
        

§ 6

Arbeitsentgelt

        

1.    

Für die bei Einstellung vorgesehene Tätigkeit erhält der AN einen Stundenlohn von 14,50 Euro, der jeweils am 15. des Folgemonats bargeldlos zahlbar ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über seine tägliche Arbeitszeit nachvollziehbare Aufzeichnungen zu führen und diese spätestens bis zum 3. Werktag des Folgemonats bei dem Arbeitgeber einzureichen. Eine Vergütung erfolgt nur für nachgewiesene Stunden. Erfolgt keine Meldung, ist der Arbeitgeber zur Schätzung berechtigt. Eine spätere Korrektur ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.“

4

In § 3 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe(BRTV-Bau) vom 4. Juli 2002 idF des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 ist bestimmt:

        

„1.     

Allgemeine Regelung

        

1.1     

Durchschnittliche Wochenarbeitszeit

                 

Die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr beträgt 40 Stunden.

        

1.2     

Tarifliche Arbeitszeit

                 

In den Monaten Januar bis März und Dezember beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden (Winterarbeitszeit). In den Monaten April bis November beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8,5 Stunden und freitags 7 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden (Sommerarbeitszeit).

        

1.3     

Arbeitszeitausgleich innerhalb von zwei Wochen

                 

Die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann durch Verlängerung der Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden (zweiwöchiger Arbeitszeitausgleich). Die Wochenarbeitszeit kann somit nach den betrieblichen Erfordernissen und den jahreszeitlichen Lichtverhältnissen im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer auf die Werktage verteilt werden.

        

1.4     

Betriebliche Arbeitszeitverteilung in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum

        

1.41   

Durchführung

                 

Durch Betriebsvereinbarung oder, wenn kein Betriebsrat besteht, durch einzelvertragliche Vereinbarung kann für einen Zeitraum von zwölf zusammenhängenden Lohnabrechnungszeiträumen (zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum) eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage ohne Mehrarbeitszuschlag vereinbart werden, wenn gleichzeitig ein Monatslohn nach Nr. 1.42 gezahlt wird. Aus dieser Betriebsvereinbarung bzw. der einzelvertraglichen Vereinbarung muss sich ergeben, in welcher Form und mit welcher Ankündigungsfrist die jeweilige werktägliche Arbeitszeit festgelegt wird.

                 

…       

        

1.42   

Monatslohn

                 

Bei betrieblicher Arbeitszeitverteilung wird während des gesamten Ausgleichszeitraumes unabhängig von der jeweiligen monatlichen Arbeitszeit in den Monaten April bis November ein Monatslohn in Höhe von 178 Gesamttarifstundenlöhnen und in den Monaten Dezember bis März ein Monatslohn in Höhe von 164 Gesamttarifstundenlöhnen gezahlt.

                 

…“    

5

Für August 2009 rechnete der Beklagte 153,5 Stunden und ein Guthaben aus einem Arbeitszeitkonto ab. Für September 2009 erteilte er keine Abrechnung.

6

Der Kläger hat für August und September 2009 von ihm auf Vordrucken des Beklagten erstellte Arbeitszeiterfassungen mit Angabe des täglichen Arbeitsbeginns, des Arbeitsendes, der Pausendauer, der täglich und monatlich geleisteten Arbeitsstunden sowie der jeweiligen Baustellen vorgelegt und behauptet, er habe in diesen beiden Monaten weitere 31 Stunden gearbeitet.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 449,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,50 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, im August habe sich der Kläger an einzelnen Tagen krankgemeldet. Am 1. September 2009 habe der Kläger eine halbe Stunde weniger als behauptet und am 2. und 7. September 2009 gar nicht gearbeitet.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der streitigen 31 Stunden noch nicht die notwendigen Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Der Kläger kann die Vergütung für die streitigen Stunden nicht gemäß § 3.1.42 BRTV-Bau beanspruchen. Hiernach hat der Arbeitnehmer in den Monaten April bis November Anspruch auf einen Monatslohn iHv. 178 Gesamttarifstundenlöhnen, wenn durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum für eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit unter gleichzeitiger Zahlung eines verstetigten Monatslohns vereinbart worden ist. Die Voraussetzungen dieser Tarifnorm liegen nicht vor, ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum galt im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Im Streitfall ist vielmehr davon auszugehen, dass für den Kläger auf der Grundlage des § 3.1.3 Satz 1 BRTV-Bau die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden konnte.

12

II. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Stundenlohns für die im Klagezeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Für welche Arbeitsstunden dem Kläger noch Vergütungsansprüche zustehen, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden.

13

1. Der Arbeitnehmer trägt für die Behauptung, er habe die geschuldete Arbeit verrichtet, die Darlegungs- und Beweislast.

14

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“( BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; vgl. auch BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 100, 256; 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 58, 332). Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden.

15

b) Gelingt dem Arbeitnehmer die Darlegung und im Fall substantiierten Bestreitens der Beweis nicht, muss er das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Denn die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 245/00 - zu I 1 der Gründe, AP EntgeltFG § 2 Nr. 8 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 3; BGH 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 61, 62; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 98). Ausgehend von den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Motive I, 383) wird im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG 28. Februar 1898 - VI 352/97 - RGZ 41, 220; 6. November 1898 - VI 241/99 - RGZ 45, 356; 20. September 1910 - II 592/09 - JW 1910, 937 Nr. 10; 20. November 1928 - III 51/28 - HRR 1929 Nr. 373) dem Schuldner die Beweislast für die Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung auch dann zugewiesen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet bzw. wenn sich an die Nichterfüllung einer positiven vertraglichen Vereinbarung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung ungünstige Rechtsfolgen knüpfen, die der Gläubiger geltend macht (BGH 29. Januar 1969 - IV ZR 545/68 - NJW 1969, 875; 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04 - MDR 2007, 703; vgl. auch BGH 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 87, 88; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 346).

16

2. Im Streitfall kommen vertragliche Besonderheiten hinzu.

17

a) Nach § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags hat der Kläger nachvollziehbare Tätigkeitsnachweise zu erstellen, die sich auch auf die Art der Tätigkeit erstrecken. Diese vertragliche Abrede ist wirksam. § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Verbrauchervertrags (§ 310 Abs. 3 BGB) verstößt weder gegen eines der in §§ 308, 309 BGB bestimmten Klauselverbote, noch benachteiligt die Vereinbarung den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB. Gerade weil der Kläger auf auswärtigen Baustellen in Abwesenheit von Vorgesetzten zu arbeiten hatte, konnte ihm vertraglich auferlegt werden, Tätigkeitsnachweise zu führen und dem Arbeitgeber vorzulegen.

18

b) Die vom Kläger für August und September 2009 vorgelegten Tätigkeitsnachweise sind zwar auf dem vom Beklagten hierfür vorgehaltenen Vordruck erstellt worden, enthalten aber nicht die in der rechten Spalte vorgesehenen Angaben zur „Art der Tätigkeit“ und „etwaigen Gründen von Arbeitsausfällen“. Ergänzenden Vortrag zu diesen Punkten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Vorinstanzen hätten der Klage deshalb nicht stattgeben dürfen. Da sie unzutreffend von der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten ausgegangen sind, konnten sie dem Kläger keine sachdienlichen Hinweise erteilen. Dies ist nachzuholen. Dem Kläger muss Gelegenheit gegeben werden, die in den Tätigkeitsnachweisen fehlenden Angaben schriftsätzlich vorzutragen. Sodann wird der Beklagte im Sinne der gestuften Darlegungslast im Einzelnen zu erwidern haben. Sollte substantiierter Vortrag streitig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht die angetretenen Beweise zu erheben haben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Rahmstorf    

                 

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.