Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 19. Mai 2016 - 8 Sa 20/15

bei uns veröffentlicht am19.05.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11.02.2015 (3 Ca 206/14) teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.06.2014 unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie um eine Änderungskündigung.

2

Die am …1979 geborene, ledige und in Hamburg wohnende Klägerin ist seit dem 22.02.2001 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit regelmäßig mehr als 10 Mitarbeitern i.S.v. § 23 I 4 KSchG beschäftigt. Im Jahr 2013 erzielte sie als in Vollzeit tätige Flugbegleiterin einen Bruttolohn von insgesamt € 40.798,03. Ziffer 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 24.01.2001 lautet auszugsweise:

3

„(1) Frau K. wird ab dem 22.02.2001 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt.

...

4

(2) L. kann Frau K. an einem andere Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.“

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Ziffer 2 des Arbeitsvertrags nimmt u.a. auf die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Bezug.

6

Im Herbst 2012 beschloss die Beklagte, mit Wirkung zum Flugplanwechsel 2014 in eigener Regie vorwiegend Mittel- und Langstreckenflüge von den Standorten F. und M. durchzuführen. Flüge von anderen Standorten – so auch Hamburg – sollten auf Tochtergesellschaften übertragen werden. Im Falle Hamburg ist das G. Ausgenommen von der Veränderung sind Flüge zwischen den Drehkreuzen F. und M. und den dezentralen Standorten, die auch künftig von der Beklagten direkt bedient werden. Entsprechend ihrem Konzept beschloss die Beklagte, an den dezentralen Standorten kein fliegendes Personal mehr zu stationieren.

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Tatsächlich wird der bisher vom Flughafen Hamburg aus betriebene Linienflugverkehr seit dem 01.06.2014 weitgehend durch die G. GmbH durchgeführt. Die Beklagte betreibt nur noch die Zubringerlinien zu den Flughäfen F. und M., an denen die internationalen Liniendienste der Beklagten beginnen und enden.

8

In diesem Zusammenhang wurden aufgrund der Schlichtungsschlussempfehlung (Anl. B 3, Anlagenband) für die Flugbegleiter an den dezentralen Standorten durch Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 (Anl. B 4, Anlagenband) sowie mit Interessenausgleich und Sozialplan vom 08.05.2013 (Anl. B 5, Anlagenband) folgende Wahlmöglichkeiten für die Flugbegleiter der dezentralen Stationierungsstandorte vereinbart:

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- Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung,

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- der direkte Einsatz aus F. oder M. – verbunden mit Auslagenpauschalen und befristeten Ersatzleistungen,

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- Arbeitnehmerüberlassung an G.

12

- der sofortige Arbeitgeberwechsel zur G. GmbH unter Wahrung des bei der Beklagten erworbenen Besitzstandes

13

- der mit einer Versetzung nach M. oder F. einhergehende, auf zwei Jahre befristete virtuelle Verbleib am bisherigen Stationierungsort, verbunden mit reduzierten Auslagenpauschalen.

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Wegen der Einzelheiten der Optionen wird auf § 8 des Sozialplans Bezug genommen.

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Mit Schreiben vom 15. und 21.05.2013 (Anl. K 4, Bl. 14 – 21 d. A.) informierte die Beklagte die Klägerin im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung über ihre Dezentralisierungsentscheidung und forderte sie auf, eine der angebotenen Optionen zu wählen. Mit Schreiben vom 27.06.2013 (Anl. B7, Anlagenband) entschied sich die Klägerin für den Wechsel nach F. mit 5jähriger Reisereglung S7. Mit Schreiben vom 08.08.2013 (Anl. B8, Anlagenband) bestätigte die Beklagte die gewählte Option und bat die Klägerin, ein von ihr unterschriebenes Exemplar des Schreibens an sie zurückzusenden. Dies erfolgte unter dem gleichen Datum.

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Mit Schreiben vom 12.12.2013, dem eine Liste der betroffenen Mitarbeiter/-innen beigefügt war, unterrichtete die Beklagte ihre Personalvertretung von der beabsichtigten Versetzung der Klägerin. Die Personalvertretung stimmte am 16.12.2013 zu (Anl. B 9a und b, Anlagenband).

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Mit Schreiben vom 17.12.2013 (Anl. 9a, Anlagenband) teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Einsatzort sei – entsprechend der von ihr gewählten Option gemäß § 8 b des Sozialplans – ab dem 01.05.2014 F. Sie erhalte die Auslagenpauschale; der geschlossene Arbeitsvertrag gelte im Übrigen unverändert weiter. Dieses Schreiben sandte die Klägerin mit ihrer Unterschrift und dem Zusatz „unter Vorbehalt“ an die Beklagte zurück. Mit ihrer am 05.05.2014 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Versetzung.

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Mit Schreiben vom 26.06.2014 (Anl. K5, Bl. 62f d.A. = Anl. B 10, Anlagenband) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin „vorsorglich“ ordentlich zum 31.12.2014, verbunden mit dem Angebot, ab dem 01.01.2015 mit dem Stationierungsort F. im Gemischtbetrieb (Kont/ Interkont), Global Competence Team weiterzuarbeiten. Im Kündigungsschreiben heißt es weiter:

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„Die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 24.01.2001 bleiben bestehen.

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Dieser neue Vertrag wird nur mit Ihrer Annahme wirksam. Bitte informieren Sie uns daher spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Zugang dieses Schreibens, ob Sie das Angebot zu veränderten Bedingungen bei uns weiterzuarbeiten, akzeptieren. Um diese Frist zu wahren, bitten wir Sie, uns das beigefügte Antwortschreiben unterschrieben an folgende Adresse zurückzusenden: ...

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In diesem Zusammenhang müssen wir noch darauf hinweisen, dass Nicht-Zurücksenden des Vertragsschreibens nicht als Annahme gilt“

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Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.07.2014 (Anl. K 6, Bl. 93f. d. A.) erklärte die Klägerin, sie nehme das Angebot der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit verändertem Arbeitsort jedoch zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortzusetzen, unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Mit dieser Maßgabe sandte er das von ihr unterzeichnete Antwortschreiben an die Beklagte zurück.

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Mit bei Gericht am 17.07.2014 eingegangener Klageerweiterung wendet sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung und verlangte Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen, insb. also vom Einsatzort Hamburg aus.

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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die ihr gegenüber angeordnete Versetzung sei rechtswidrig, weil die Interessenabwägung für die anstehende Vertragsänderung einseitig zu ihren Lasten vorgenommen worden sei. Die ihr entstehenden materiellen und immateriellen Nachteile würden durch die Kompensationsleistungen des Sozialplanes in keiner Weise ausgeglichen. Im Übrigen könne ein für alle Versetzungsfälle gleichermaßen geltender Kompensationskatalog nicht die gesetzlich geforderte Interessenabwägung im Einzelfall ersetzen. Ihr entstünden bei unveränderten Rahmenbedingungen nach Ablauf der Übergangszeit Reise- und Übernachtungskosten, die durch die pauschale Auslagenentschädigung nicht ausgeglichen würden.

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Die ihr gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung sei ebenfalls rechtsunwirksam. So entfalle mit der Schließung der am Hamburger Flughafen befindlichen Betriebseinrichtungen nicht die Möglichkeit, das fliegende Personal weiterhin von Hamburg aus einzusetzen und gegebenenfalls zu einem anderen Flughafen zu transportieren, wo der klägerische Einsatz beginne (so genanntes “dead head“). Dies sei bereits in der Vergangenheit so praktiziert worden. Das entsprechende Prozedere sei tarifvertraglich geregelt, mithin auch einzuhalten. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass mit den Zubringerdiensten nach F. und M. weiterhin in nicht unerheblichem Umfang Flüge von und nach Hamburg von der Beklagten durchgeführt würden. Zu rügen sei auch die unterbliebene Sozialauswahl. Wenn die Beklagte Versetzungen im Wege der Änderungskündigung vornehme, anderen Mitarbeitern aber die Möglichkeit des Verbleibs am „virtuellen“ Stationierungsort belasse, müsse sie eine nachvollziehbare Sozialauswahl treffen oder begründen, weshalb diese entbehrlich sein sollte. Außerdem verstoße die Änderungskündigung gegen das Maßregelungsverbot. Es sei unzulässig, die klägerische Klage gegen seine Versetzung zum Anlass für eine Kündigung zu nehmen.

26

Die Klägerin hat beantragt,

27

1. festzustellen, dass die den Erfüllungsort des Anstellungsvertrages der Parteien vom 24.01.2001 in der gültigen aktuellen Fassung von Hamburg nach F. ändernde Versetzungsanordnung der Beklagten vom 17.12.2013, der Klägerin zugegangen am 31.12.2013, rechtsunwirksam ist;

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2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 26.06.2014, der Klägerin zugegangen am 27.06.2014, sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam ist;

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3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Flugbegleiterin vom Einsatzort Flughafen Hamburg aus weiter zu beschäftigen.

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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

31

Sie hat die Ansicht vertreten, im Hinblick auf die dauerhaft geringe Anzahl von An- und Abflügen nur noch von bzw. zu den Drehkreuzen F. bzw. M. sei es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, Personal an den dezentralen Standorten einzusetzen. In Hamburg verringere sich das bisherige Flugvolumen um ca. 65,37 %, von 2509 auf 869 Flugverbindungen pro Monat. Durch die Schließung des Standortes Hamburg ergäben sich Einsparungen von ca. 1,17 Millionen Euro im Jahr. Ihr Interesse an der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zur Schließung der dezentralen Stationen überwiege insbesondere unter Berücksichtigung der umfangreichen Ausgleichsmaßnahmen das klägerische Interesse, das Arbeitsverhältnis am bisherigen Stationierungsort fortzuführen. Lediglich vorsorglich habe sie eine Änderungskündigung ausgesprochen. Dabei habe sie keine weitergehenden Vertragsänderungen als die Änderung des Stationierungsortes angeboten. Dies gehe eindeutig aus dem Kündigungsschreiben hervor. Soweit die Klägerin Anstoß an Ziffern 6 und 7 des Neuvertrages nehme, handele es sich um rein deklaratorische Feststellungen dessen, was tarifvertraglich gelte. Aufgrund der Entscheidung, die Station Hamburg zu schließen und künftig kein Personal mehr in Hamburg zu stationieren, sei das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der bislang in Hamburg stationierten Flugbegleiter zu den bisherigen Bedingungen, nämlich mit Stationierungsort Hamburg, entfallen. Sofern die Klägerin nicht bereits im Wege des Direktionsrechts nach F. versetzt worden sei, wäre jedenfalls die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung rechtlich nicht zu beanstanden.

32

Das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 324 – 335 d.A.) wird Bezug genommen.

33

Gegen das am 11.02.2015 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.03.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.04.2015 Berufung eingelegt und diese am Dienstag (nach Pfingsten), dem 26.05.2015 begründet.

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Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Versetzung der Beklagten entspreche nicht billigem Ermessen nach §§ 106 S. 1 GewO, 315 BGB. Das Arbeitsgericht bewerte die unternehmerische Entscheidung sehr hoch, ohne sich im Einzelnen mit den bestreitenden Behauptungen der Klägerin und der individuellen Beeinträchtigung auseinander zu setzen. Ein Abstellen auf die „durchschnittliche“ Interessenlage der betroffenen Arbeitnehmer sei nicht ausreichend. Gegen die Einhaltung billigen Ermessens spreche zunächst, dass weiterhin mehrere hundert Flüge pro Monat von und nach Hamburg stattfänden. Die Flughäfen F. und M. würden – unstreitig – weiter angeflogen. Vor diesem Hintergrund sei nicht nachvollziehbar, dass sämtliche Flugbegleiter ohne Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Interessenlagen versetzt worden seien. Außerdem habe sich die Beklagte selbst in der Lage gesehen, den betroffenen Mitarbeitern die Möglichkeit – befristet für zwei Jahre – anzubieten, „virtuell“ an ihrem bisherigen Stationierungsort Hamburg zu verbleiben. Es sei daher nicht ersichtlich, dass die Beklagte nicht auch von der Versetzungsentscheidung hätte absehen können. Außerdem sei von einer willkürlichen Entscheidung der Beklagten auszugehen, wenn die Versetzung dazu führe, dass die Vergütung des Arbeitnehmers nahezu vollständig aufgrund der mit der Versetzung verbundenen Kosten aufgezehrt werde. Erwägungen hierzu habe die Beklagte nicht angestellt. Schließlich sei die Versetzung unwirksam, weil die Personalvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Ihr seien die Sozialdaten der Klägerin und der übrigen betroffenen Mitarbeiter nicht mitgeteilt worden. Über das EDV-System habe die Mitarbeitervertretung keinen Zugriff auf die Sozialdaten gehabt. Zudem sei nicht hinreichend über die Maßnahmen und deren konkreten Auswirkungen informiert worden.

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Die Änderungskündigung sei unwirksam, weil sie unverhältnismäßig und sozialwidrig sei. Die soziale Interessenlage der Klägerin sei nicht einer Überprüfung und Abwägung unterzogen worden. Zudem habe die Beklagte mit dem Änderungsangebot weitergehende Vertragsänderungen durchzusetzen versucht, als nur die Änderung des Einsatzortes.

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Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts die Beklagte wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen, nämlich

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1. festzustellen, dass die den Erfüllungsort des Anstellungsvertrages der Parteien vom 24.01.2001 in der gültigen aktuellen Fassung von Hamburg nach F. ändernde Versetzungsanordnung der Beklagten vom 17.12.2013 rechtsunwirksam ist;

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2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 26.06.2014, der Klägerin zugegangen am 27.06.2014, sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam ist.

39

Den Beschäftigungsantrag hat die Klägerin in der zweiten Instanz nicht mehr gestellt.

40

Die Beklagte beantragt,

41

die Berufung zurückzuweisen.

42

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, die Versetzung entspreche billigem Ermessen im Sinne von § 106 GewO. Die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung von Flugbegleitern sei zu berücksichtigen. Sie sei weder rechtsmissbräuchlich noch willkürlich. Im Rahmen dieser Neuordnung sei beschlossen worden, die direkten Europaverkehre der Beklagten, die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze F. und M. umfassten, auf die G. GmbH zu übertragen. Seit dem 01.05.2014 würden fast alle Flüge von/nach Hamburg mit Ausnahme der HUB-Zubringerflüge von G. geflogen. Das bisherige Flugvolumen der Beklagten habe sich am Standort Hamburg um 53,09 % verringert (Vergleich Sept. 2012 – Sept. 2014; Anl. BB 1, Bl. 490 d.A.). Sämtliche Flugumläufe starteten und endeten in F. oder M. Schon in der Vergangenheit hätten Flugbegleiter von Hamburg nach F. – unstreitig – „dead head“ befördert werden müssen, um überhaupt wirtschaftlich eingesetzt werden zu können. Eine Zuführung mittels „dead head“ koste € 169,00 für den Hin- und Rückflug. Zudem reduziere sich die anschließend noch vorhandene Einsatzzeit. Hätte die Beklagte den Stationierungsort Hamburg nicht geschlossen und die Mitarbeiter nicht versetzt, hätte sich ein Kostenvolumen nur für die „dead head“ Flüge in Höhe von ca. 1,2 Mio Euro pro Jahr bei durchschnittlichen 4 An- und Abreisen pro Monat und Flugbegleiter ergeben. Es sei wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen, Personal vor Ort an den dezentralen Standorten einzusetzen. Zudem seien mit der Schließung des Standorts Hamburg erhebliche Einsparpotentiale verbunden gewesen. Rechne man die Kosten für die bislang schon angefallenen „dead head“ Flüge, für die gesonderte Umlaufplanung und Umlauferstellung, für Standby-Reserven, für Infrastruktur vor Ort und das Personal vor Ort (Teamleiter) zusammen, so ergäben sich Einsparungen in Höhe von ca. € 1,17 Mio. pro Jahr. Die Interessen des Klägers würden die der Beklagten nicht überwiegen. Dabei sei zum einen die dargestellte unternehmerische Entscheidung zu berücksichtigen und zum anderen der Umstand, dass der Sozialplan den Ausgleich bzw. die Abmilderung der Versetzungsfolgen durch umfangreiche Maßnahmen vorsehe. Die Interessen der Klägerin seien ausreichend gewahrt worden. Einzelne Arbeitnehmer habe man nicht bevorzugt behandeln können, da der Stationierungsstandort Hamburg insgesamt geschlossen worden sei. Die Entscheidung sei auch umgesetzt worden, wie den Flugplänen zu entnehmen sei.

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Die Klägerin erwidert, da weiterhin nahezu 50 % der Flüge von/nach Hamburg verblieben seien, sei eine vollständige Betriebsschließung nicht erfolgt. Es gebe weiter Einsatzmöglichkeiten für die bisher in Hamburg stationierten Flugbegleiter. Durch eine Optimierung der Einsatzplanung biete sich die Möglichkeit, in Hamburg stationierte Mitarbeiter bereits von Hamburg aus und zurück produktiv einzusetzen. Soweit – bei bestimmten Interkontinentalflügen – dabei die zulässige Dienstzeit überschritten werde, müssten entsprechende Ruhepausen zwischen den Flügen eingeplant werden. „Dead Head“ - Flüge seien dann nicht erforderlich. Ggf. zusätzlich notwendige Übernachtungen in F./ M. könnten durch beklagteneigene Übernachtungsmöglichkeiten kostengünstig organisiert werden. Zudem würden die meisten Kostenfaktoren auch dann entfallen, wenn die Mitarbeiter weiter von Hamburg aus eingesetzt würden, ohne dass zugleich eine Station vor Ort aufrecht erhalten werde. Die Mitarbeiter könnten auch von F. aus geführt und verplant werden.

44

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Die Versetzung der Klägerin ist wirksam (I). Die Änderungskündigung ist sozial ungerechtfertigt (II).

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I. Die Versetzungsanordnung der Beklagten vom 17.12.2013 ist wirksam.

47

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien steht der Versetzung nicht entgegen. Zwar ist gemäß § 1 (1) Satz 1 des Vertrags Hamburg als Beschäftigungsort vereinbart. § 1 (2) räumt der Beklagten jedoch die Befugnis ein, die Klägerin an einem anderen Ort einzusetzen. Die Klausel unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 19.01.2011 – 10 AZR 738/09 – Tz 15; Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 414/11) keiner AGB-Kontrolle, da sie der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht (§ 307 III 1 BGB).

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2. Ob die Versetzung der Klägerin von Hamburg nach F. bereits dadurch gerechtfertigt ist, dass ihr die Klägerin vorbehaltlos zugestimmt hat, kann dahinstehen, denn die Entscheidung der Beklagten hält sich jedenfalls im Rahmen billigen Ermessen i.S.v. § 106 I GewO.

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a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06 – Tz 41). In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG v. 20.06.2013 – 8 AZR 482/12). Eine Versetzung, die für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, ist nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahe legt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG v. 26.09.2012 – 10 AZR 414/11 – Tz 37). Im Urteil vom 21.07.2009 – 9 AZR 404/08 – Tz 23) hat das BAG ausgeführt, dass bei Flugunternehmen allein die Schließung einer Station nicht ausreicht, um eine Versetzung des fliegenden Personals i.S.v. § 106 GewO zu rechtfertigen. Für Flugbegleiter sei das Bestehen einer Station irrelevant, da ihr Arbeitsplatz das Flugzeug sei. Die dortige Beklagte hatte – außer der Schließung der Station – keine Gründe für die Rechtfertigung der Versetzung vorgetragen, insbesondere keine wirtschaftlichen Erwägungen.

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Allerdings sei in diesem Zusammenhang die grundsätzlich hinzunehmende und nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfende unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung von Flugbegleitern mit einem erheblichen Gewicht zu berücksichtigen (vgl. BAG v. 20.06.2013, a.a.O.), sofern diese unternehmerische Entscheidung die Versetzung des Arbeitnehmers trotz der für ihn entstehenden Nachteile nahe legt und sie nicht willkürlich bzw. rechtsmissbräuchlich erscheint. Im Urteil vom 26.09.2012 (10 AZR 414/11 – Tz 43) hat das BAG ausgeführt, dass der unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, einen Standort zu schließen, im Rahmen der Billigkeitserwägungen erhebliches Gewicht zukomme. Die den Arbeitnehmern durch die Versetzung entstehenden Nachteile wären nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber durch die von ihm getroffene Maßnahme keinerlei relevante finanzielle Vorteile erzielen würde. Im Urteil vom 12.11.2013 (10 AZR 569/12 – Tz 41) hat das BAG das besondere Gewicht der unternehmerischen Entscheidung erneut betont. Eine unternehmerische Entscheidung führe aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept sei zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte könnten vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber könne die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar gewesen sei.

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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze, die sich die Kammer zu eigen macht, auf den vorliegenden Fall erweist sich die Versetzung der Klägerin von Hamburg nach F. als billigem Ermessen entsprechend.

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aa) Die Kammer geht davon aus, dass die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen hatte, den Direktverkehr strukturell zu reformieren und die L.-Direktverkehre auf die G. GmbH zu verlagern. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass die direkten Europaverkehre der Beklagten, welche alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze F. und M. umfassen, seit dem 01.05.2014 durch die G. GmbH geflogen werden. Von und nach Hamburg wird von der Beklagten nur noch im Rahmen sog. Zubringerflüge ab F. oder M. geflogen, wobei sämtliche Umläufe auch dort – d.h. in F. oder M. – starten. Prognostiziert hatte die Beklagte einen Rückgang des Flugvolumens ab Hamburg um 65,37 %. Die Auswertung der Beklagten der Monate September 2012 bis September 2014 hat einen Rückgang um etwa 53 % ergeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Zahlen exakt stimmen. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass sich das Flugvolumen erheblich verringert, wenn nur noch Zubringerflüge ab/nach Hamburg geflogen werden und der übrige Direktverkehr auf die G. GmbH übertragen wird. Entgegenstehende Zahlen sind weder erkennbar noch von der Klägerin vorgetragen. Ebenso keine sonstigen Anhaltspunkte, die dem Sachvortrag der Beklagten entgegenstehen könnten. Zugunsten der Beklagten ist daher gemäß § 138 III ZPO als zugestanden zu bewerten, dass eine Verlagerung der Direktverkehre erfolgt ist, nur noch Zubringerflüge von/nach Hamburg über die Drehkreuze geflogen werden und sich das Flugvolumen erheblich reduziert hat. Dabei wird der Sachvortrag der Beklagten zum einen bestätigt durch den Inhalt der Schlichtungsschlussempfehlung zur Beilegung des Tarifkonflikts zum Vergütungstarifvertrag (VTV Nr. 37) sowie des Tarifvertrags Ergebnisbeteiligung vom 05.11.2012 (Anl. B 3) und die Regelungen des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 12.03.2013 zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung (Anl. B 4). Dort findet sich der beabsichtigte Wechsel von Flugzeugen auf die G. GmbH wieder. Ebenso enthält der Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 Regelungen, die diese Entscheidung der strukturellen Reform des Direktverkehrs beinhalten, u.a. § 3, wo es heißt:„Die direkten Europaverkehre der L., die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze F. und M. umfassen, wurden zum 01.01.2013 kommerziell und organisatorisch mit G. in einer Gesellschaft auf Basis der G. GmbH zusammengeführt. Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. notwendig … Durch die Verlagerung der dezentralen Verkehre zur neuen G. wird das Kontprogramm des Stationierungsortes D. eingeschränkt. …“

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bb) Entsprechendes gilt für die hiermit im Zusammenhang stehende unternehmerische Entscheidung der Beklagten, u.a. in Hamburg kein fliegendes Personal mehr zu stationieren. Diese unternehmerische Entscheidung ist hinreichend dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 zu entnehmen. Dort heißt es einführend: „…wird aus Anlass der Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. … für das Kabinenpersonal der L. AG dieser Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.“ In § 3 ist – wie bereits – dargelegt Folgendes enthalten:„... Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, B. und S. notwendig.“ Teil der unternehmerischen Entscheidung ist sodann auch, die Mitarbeiter der zu schließenden dezentralen Stationierungsorte nach F. oder M. zu versetzen. Ziffer 3.2 des Interessenausgleich / Sozialplan vom 08.05.2013 bestimmt hierzu: „Der Arbeitgeber wird die von der Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffenen Mitarbeiter zur Weiterbeschäftigung nach F. oder M. versetzen bzw. ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.“ Die Schließungs- (und Versetzungs-)Entscheidung in Bezug auf den Stationierungsort Hamburg ist insoweit ausreichend dokumentiert.

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Es ist auch von der Umsetzung der Entscheidungen auszugehen. Entgegenstehende Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht dargelegt. Ein Bestreiten mit Nichtwissen genügte insoweit nicht, da ihr insbesondere die Versetzungen auch der betroffenen KollegInnen bekannt sind sowie die Änderung der Flugpläne, die eine offenkundige Tatsache im Sinne von § 291 ZPO darstellt. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass noch andere als HUB-Zubringerflüge der Beklagten ab Hamburg starten. Wann genau die Entscheidung der Schließung der Station Hamburg getroffen worden ist, kann dahinstehen, denn sie wurde ausweislich der Regelungen in dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 jedenfalls vor dem Ausspruch der Versetzung getroffen.

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cc) Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten beschränkt sich nicht auf die Schließung der dezentralen Stationierungsstandorte, insbesondere Hamburgs. Die Beklagte strebt mit ihrer Umstrukturierung, deren Bestandteil die Schließung des Stationierungsstandorts Hamburg ist, Kosteneinsparungen an. Dass die Klägerin die von der Beklagten genannten Zahlen in Abrede gestellt hat, ist nicht streitentscheidend. Denn dem Arbeitgeber kommt bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme eine Einschätzungsprärogative zu. Es genügt, wenn die von ihm vorgetragenen Umstände die Erzielung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolgs – im vorliegenden Fall Einsparungen – zumindest im Ansatz plausibel erscheinen lassen. Wie hoch die erzielte Einsparung letztlich tatsächlich ist, ist ohne Bedeutung. Unternehmerische Entscheidungen unterliegen keiner gerichtlichen Wirtschaftlichkeitskontrolle. Von einer willkürlichen Unternehmerentscheidung wäre lediglich dann auszugehen, wenn Einspareffekte überhaupt nicht plausibel dargestellt werden oder so gering sind, dass die Inkaufnahme erheblicher Veränderungen durch die Arbeitnehmer nicht ernsthaft erwartet werden kann.

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Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab wird der Sachvortrag der Beklagten gerecht. Es liegt auf der Hand, dass ein Flugunternehmen, welches schwerpunktmäßig Fernflüge von zwei Großflughäfen aus anbietet, Kosten spart, wenn es sein Flugpersonal von diesen Standorten aus planen und einsetzen kann. Zwar wendet die Klägerin zutreffend ein, dass durch die Beibehaltung eines dezentralen Stationierungsstandorts im Einzelfall „dead-head“ Flüge erspart werden können. Die Anzahl der durch die Zentralisierung eingesparten „dead-head“ Flüge ist jedoch ungleich höher. Die Beklagte spart somit dauerhaft Personalkosten (Reisekosten und Arbeitszeit), indem sie ihr Personal an den Standorten bereithält, an dem die weitaus meisten ihrer Flüge starten und enden.

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dd) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr dauerhafter Verbleib in Hamburg mit dem unternehmerischen Konzept der Beklagten vereinbar ist. Die Klägerin würde der Beklagten vielmehr ein anderes, inhaltlich verändertes Gesamtkonzept aufzwingen, wenn sie eine dauerhafte Stationierung in Hamburg verlangen könnte. Dass die Beklagte allen in Hamburg stationierten Flugbegleitern eine zeitlich befristete „virtuelle“ Stationierung in Hamburg angeboten hat, ändert nichts daran, dass sie diese Variante nach Ablauf der eingeräumten Frist nicht mehr möchte. Daran hat die Beklagte ein billigenswertes Interesse. Die „virtuelle Stationierung“ ist auch nicht kostenneutral. Sie verkürzt die produktiv zur Verfügung stehenden Arbeitszeiten, selbst wenn Mitarbeiter in Einzelfällen ihren Dienst auf Zubringerflügen in Hamburg antreten könnten. Der Rechtsauffassung des LAG Hessen, welches u.a. im Urteil vom 07.09.2015 (17 Sa 1293/14) die Auffassung vertritt, das Angebot der Beklagten, einen Piloten zeitlich befristet an seinem bisherigen Stationierungsstandort weiter zu beschäftigen, insb. also Beginn und Ende der Arbeitszeit in Bezug auf diesen Ort abzurechnen, stelle die Erforderlichkeit der Versetzung insgesamt in Frage, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht befugt, aus einem unternehmerischen Gesamtkonzept einzelne Maßnahmen herauszulösen und diese einer isolierten Bewertung zu unterziehen.

58

ee) Die Versetzungsentscheidung der Beklagten ist auch nicht deshalb unbillig i.S.v. § 106 GewO, weil die Beklagte – soweit ersichtlich – keine auf die Klägerin bezogenen Einzelfallerwägungen angestellt hat. Die Beachtung billigen Ermessens ist eine objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber, keine methodische Kontrolle der Vorgehensweise des Arbeitgebers. Plant der Arbeitgeber die Versetzung mehrerer Hundert Arbeitnehmer, dann liegt es nahe, die Interessenkonflikte – wie vorliegend geschehen – in Form eines Interessenausgleichs und Sozialplans mit dem Betriebsrat zu regeln. Entsprechen die darin getroffenen Regelungen generell der Billigkeit, kann sich der einzelne Arbeitnehmer nur auf Umstände berufen, die seinen Fall aus der Gruppe der betroffenen Arbeitnehmer herausheben und von den Betriebsparteien nicht berücksichtigt worden sind. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die Interessen der Klägerin an der Beibehaltung ihres Wohnorts und ihres sozialen Umfeldes sowie an der Vermeidung von Reisezeiten und –kosten sind zwar sehr hoch zu gewichten. Es handelt sich aber um typische Belastungen, welche die Betriebsparteien bereits in ihre Erwägungen einbezogen haben. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte eine Veränderung des Einsatzorts im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorbehalten hat. Sie hat dadurch die Bedeutung des ihr nach § 106 GewO ohnehin zustehenden Rechts, den Arbeitsort zu bestimmen, auch für die Klägerin erkennbar betont. Relevant ist dabei auch, dass der Tätigkeit eines Flugbegleiters eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann (BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 1082/12). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Sozialplan den Interessen von Mitarbeitern, die auf keinen Fall ihren Wohnort verändern wollen, durch zwei von fünf angebotenen Optionen Rechnung trägt, nämlich entweder sofortiger Wechsel zu G. oder Arbeitnehmerüberlassung an G. Zumindest angesichts dieser Wahlmöglichkeiten überwiegt nach Auffassung der Kammer das Interesse der Beklagten, das Personal dort zu stationieren, von wo aus die Flugumläufe starten. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, durch die Versetzung in besonderem – über das bei allen Kollegen vorliegendem Maß hinaus – beschwert zu sein.

59

3. Die Versetzung der Klägerin nach F. ist auch nicht wegen mangelhafter Beteiligung der Personalvertretung unwirksam. Im Ansatz zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass eine ohne die nach § 99 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Versetzung auch individualrechtlich unwirksam ist (vgl. BAG v. 22.04.2010 – 2 AZR 491/09 – Tz 13). Unstreitig hat der Dringlichkeitsausschuss der Personalvertretung der Versetzung der Klägerin am 16.12.2013 zugestimmt (Anl. B9b, Bl. 197ff d.A.). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Personalvertretung ausreichend informiert war und deren Zustimmung daher ggf. nach Fristablauf fingiert worden wäre, kommt es deshalb nicht an. Unabhängig davon würde eine ausreichende Unterrichtung der Personalvertretung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht daran scheitern, dass der Personalvertretung die Sozialdaten der betroffenen Mitarbeiter nicht zugänglich waren. Angesichts des Umstands, dass der gesamte Standort Hamburg geschlossen werden sollte und sich die Betriebsparteien für die Übergangslösungen dahingehend verständigt hatten, allein auf die Wünsche der Mitarbeiter abzustellen, waren die Sozialdaten erkennbar ohne Belang. Eine ausreichende Unterrichtung bzgl. der Versetzung der Klägerin würde auch nicht daran scheitern, dass, wie die Klägerin behauptet hat, auf der Namensliste der betroffenen Mitarbeiter einzelne Namen fehlten. Der Name der Klägerin befindet sich jedenfalls auf der Liste.

60

II. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung der Beklagten ist unwirksam. Insoweit war das angefochtene Urteil abzuändern.

61

1. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 S. 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderungen der Arbeitsbedingungen“ im Sinne von § 2 S. 1, § 4 S. 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (vgl. BAG, 28.08.2013, a.a.O.).

62

2. Vorliegend ist es jedoch so, dass mit der Änderungskündigung nicht nur der Arbeitsort verändert werden sollte, was bereits aufgrund der Versetzung im Wege der Ausübung des Direktionsrechts erreicht wurde, sondern darüber hinaus auch das Einsatzgebiet der Klägerin. Während die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag vom 24.01.2001 im Bereich Kabinenbesetzungen Kontinent eingesetzt werden konnte, soll sie nach dem Änderungsangebot der Beklagten im Gemischtbetrieb (Kont/Interkont) dem Global Competence Team zugeordnet werden. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht.

63

3. Will der Arbeitgeber den bestehenden Arbeitsvertrag in mehreren Punkten ändern, bedarf jede Änderung der sozialen Rechtfertigung (BAG v. 03.04.2008 – 2 AZR 500/06 – Tz 26). Eine soziale Rechtfertigung der Zuweisung der Klägerin zum Global Competence Team im Gemischtbetrieb (Kont/Interkont) ergibt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht zwangsläufig aus der Umstrukturierung und der Konzentration auf zwei Standorte. Diese über das eigentliche Ziel hinausschießenden Regelungen führen dazu, dass die Klägerin das Vertragsangebot billigerweise nicht hinzunehmen hatte.

64

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 92 I ZPO.

65

IV. Die Zulassung der Revision beruht auf i. S. v. § 72 II Nr. 2 ArbGG.

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 291 Offenkundige Tatsachen


Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

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Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. April 2009 - 16 Sa 102/08 - aufgehoben, soweit es über die Versetzung der Klägerin und über die Kosten der Berufung entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Versetzung der Klägerin in einen anderen Außendienstbezirk.

2

Die Beklagte stellt Arzneimittel her und vertreibt diese. Die verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin ist seit dem 1. April 2000 für die Beklagte als Pharmaberaterin im Verordnungs-Außendienst - Ansprechpartner: Ärzte (VO-Außendienst) tätig. Ihr Bruttomonatseinkommen betrug zuletzt 3.059,45 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. März 2000 regelt ua. wie folgt:

        

        

§ 1 …

        

3.    

Das Arbeitsgebiet umfasst

                          

AB 926

        

4.    

Für das Arbeitsverhältnis gelten die jeweils gültige Fassung der Personalrichtlinien, Betriebsvereinbarungen, Arbeitsordnung, Organisations-, Verwaltungs- und Dienstanweisung sowie des Aktionsplans.

        

...     

        
        

6.    

Ein Wechsel des Domizils ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma möglich.

        

…       

        
                 

§ 16 Dienstversetzung

        

1.    

Die Firma behält sich Gebietsänderungen oder Zuweisung eines anderen Gebietes vor, wenn sich dies aus der weiteren Entwicklung des Außendienstes ergibt.

        

2.    

Die Firma ist berechtigt, bei Arbeitsunterbrechungen jeder Art (Urlaub/Krankheit) in dem vom Mitarbeiter besetzten Gebiet weitere Mitarbeiter einzusetzen.“

4

Das Arbeitsgebiet AB 926 liegt im Osten von Sachsen und wird nunmehr als Gebiet Nr. 423 bezeichnet. Die Klägerin wohnt dort. An die Geburt ihres ersten Kindes im April 2005 schloss sich eine einjährige Elternzeit an. Nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit und nach mehreren Abmahnungen im Februar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im April 2007 fristlos. Diese Kündigung ist rechtsunwirksam (ArbG Dresden 9. Oktober 2007 - 4 Ca 1714/07 -).

5

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 wies die Beklagte der Klägerin zum 1. Januar 2008 das zwischen Göttingen und Magdeburg gelegene Gebiet Nr. 314 zu und sprach vorsorglich eine entsprechende außerordentliche Änderungskündigung aus. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin erneut schwanger. Die Änderungskündigung ist nach der Entscheidung der Vorinstanz rechtsunwirksam; die Beklagte hat insoweit keine Revision eingelegt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei rechtsunwirksam. Der Versetzungsvorbehalt in § 16 des Arbeitsvertrags sei als überraschende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Versetzung widerspreche auch billigem Ermessen. Die Mitarbeiterin, der die Beklagte ihr bisheriges Gebiet zugewiesen habe, sei sozial weniger schutzwürdig.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Wirkung ab 1. Januar 2008 vorgenommene Versetzung der Klägerin als Pharmaberaterin VO-Außendienst vom Gebiet 423 in das Gebiet 314 unwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Versetzung sei auf Grund der Zusammenlegung der Außendienste für Apotheken und Ärzte erforderlich gewesen. Die Gebietsinhaber müssten nunmehr im Schwerpunkt Apotheken besuchen. Die im bisherigen Gebiet der Klägerin im Apothekenaußendienst tätige Mitarbeiterin verfüge über besondere Erfahrungen und sehr gute langjährige Kontakte, so dass sie dieser Mitarbeiterin das Gebiet Nr. 423 übertragen und die Klägerin in das nächste freie Gebiet versetzt habe.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung nicht insgesamt zurückgewiesen werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), soweit über die Versetzung entschieden worden ist.

11

I. Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien ist die Beklagte entgegen der Auffassung der Vorinstanzen berechtigt, der Klägerin nach Maßgabe von § 106 Satz 1 GewO ein anderes Gebiet zuzuweisen.

12

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, NZA 2010, 1355). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat.

13

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, NZA 2010, 877) . Ungewöhnliche, insbesondere überraschende Klauseln iSv. § 305c Abs. 1 BGB(zB „versteckte“ Versetzungsvorbehalte) werden nicht Vertragsbestandteil und bleiben deshalb im Rahmen der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen unberücksichtigt.

14

Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (zB Senat 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss bei Unklarheiten die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, NZA 2010, 1355; st. Rspr. BGH 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 41, BGHZ 186, 180).

15

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen kann in Betracht kommen, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel tatsächlich lediglich den Umfang der geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere wenn alternative Tätigkeitsinhalte oder Tätigkeitsorte konkret benannt sind (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, NZA 2010, 1355). Ferner ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

16

c) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung hinsichtlich Art und/oder Ort der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 21, NZA 2010, 1355; BAG 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98). Dabei ist es unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

17

Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste oder der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag festgelegt sind, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben oder einen anderen Ort im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen (vgl. zB BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Bei einer engen Bestimmung der Tätigkeit oder Festlegung des Orts der Leistungspflicht wird das Direktionsrecht hingegen eingeschränkt; der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nur die betreffenden Aufgaben zuweisen. Eine Veränderung des Tätigkeitsbereichs oder des Orts der Arbeitsleistung kann er nur einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung herbeiführen (Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 22, NZA 2010, 1355).

18

d) Fehlt es an einer Festlegung und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gem. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. Senat 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, NZA 2010, 1355; BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80).

19

2. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senat 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259). Das Landesarbeitsgericht hat ohne hinreichende Auslegung des Arbeitsvertrags angenommen, das Außendienstgebiet sei in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags vertraglich festgelegt. Dies hält einer Überprüfung nicht stand. Da insoweit alle wesentlichen Umstände festgestellt sind und weiterer Vortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat die Auslegung selbst vornehmen.

20

a) Der Wortlaut von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags, wonach das Arbeitsgebiet einen bestimmten Außendienstbezirk umfasst, kann für eine vertragliche Festlegung sprechen. Auch die Vereinbarung der Domizilklausel in § 1 Nr. 6 kann im Verständnis einer Branche, die ihren Vertrieb über einen Außendienst organisiert, ein Indiz für eine gewollte vertragliche Festlegung des Arbeitsorts sein. Die Parteien haben aber in § 16 Nr. 1 des Arbeitsvertrags vereinbart, dass die Firma sich die Zuweisung eines anderen Gebiets vorbehält. Damit haben die Parteien klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis in einen anderen Außendienstbezirk bestehen soll.

21

b) Die Klausel ist Vertragsbestandteil geworden. Sie ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

22

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser den Umständen nach mit ihr vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungs- und Übertölpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Die berechtigten Erwartungen des Vertragspartners bestimmen sich nach den konkreten Umständen bei Vertragsschluss ebenso wie nach der Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere dessen äußerem Erscheinungsbild. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - Rn. 16, BAGE 126, 295; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 24, BAGE 115, 372). Im Einzelfall kann der Verwender gehalten sein, auf die Klausel besonders hinzuweisen oder sie drucktechnisch hervorzuheben (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 132/07 - aaO).

23

bb) Der Arbeitsvertrag enthält in § 1 Regelungen zur Arbeitspflicht und regelt an seinem Ende in § 16 die Möglichkeit einer Versetzung. Da die Vereinbarung von Änderungsmodalitäten am Ende eines Vertrags nicht unüblich ist, kann ein gewissenhafter Arbeitnehmer durch einen Versetzungsvorbehalt an dieser Stelle nicht überrascht werden. Die Überschrift „Dienstversetzung“ entspricht insoweit zwar nicht gängiger Begrifflichkeit, lässt aber keinen Zweifel aufkommen, dass nachfolgend ein Versetzungsvorbehalt geregelt wird. Drucktechnisch ist der Arbeitsvertrag übersichtlich aufgebaut. Der Versetzungsvorbehalt in § 16 ist deshalb nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

24

c) Nach § 16 Nr. 1 des Arbeitsvertrags hat sich die Beklagte die Zuweisung eines anderen Gebiets vorbehalten; die Zuweisung einer inhaltlich anderen Tätigkeit ist ausgeschlossen. Nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn einer Klausel, welche die Zuweisung eines anderen Gebiets gestattet, ergibt sich, dass eine änderungsfeste Festlegung des Arbeitsorts im Arbeitsvertrag gerade nicht erfolgen soll; im Hinblick auf das vereinbarte Festgehalt ist darüber hinaus ausgeschlossen, dass die vereinbarte Vergütung durch die Zuweisung eines anderen Gebiets verändert werden kann. Im Lichte dieses Versetzungsvorbehalts ergibt die Auslegung der vertraglichen Regelungen deshalb, dass in § 1 Nr. 3 eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung tatsächlich nicht vereinbart ist. Der Versetzungsvorbehalt verhindert die Beschränkung auf einen bestimmten Ort (vgl. BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47).

25

II. Ob die Versetzung der Klägerin der gebotenen Ausübungskontrolle am Maßstab von § 106 GewO, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB standhält, kann der Senat nicht entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem Standpunkt aus konsequent - eine solche Kontrolle nicht vorgenommen. Es hat auch die wechselseitigen Interessen nicht gegeneinander abgewogen. Zur Vornahme der Ausübungskontrolle wird das Landesarbeitsgericht zunächst die erforderlichen Feststellungen treffen müssen. Es bedarf der Aufklärung, ob und ggf. welches konkrete unternehmerische Konzept die Versetzung der Klägerin bedingt haben soll. Ferner ist zu klären, ob das benachbarte Gebiet Nr. 422, wie von der Klägerin behauptet, mit einem Leiharbeitnehmer besetzt war und welche Gründe dagegen sprachen, ihr dieses Gebiet zu übertragen. Bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen wird das Landesarbeitsgericht schließlich zu erwägen haben, ob die Versetzung in ein weiter entferntes Gebiet dem besonderen Zustand der schwangeren Klägerin und ihren berechtigten persönlichen Belangen angemessen Rechnung getragen hat (vgl. BAG 21. April 1999 - 5 AZR 174/98 - zu A II 2 der Gründe, AP MuSchG 1968 § 4 Nr. 5 = EzA MuSchG nF § 11 Nr. 18) oder ob die Versetzung nicht tatsächlich unzumutbar war.

        

    Mikosch    

        

    Eylert    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1032/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1972 geborene, ledige und in La wohnende Kläger ist seit dem 2. Juli 2001 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Kapitän mit einer Bruttomonatsvergütung von ca. 10.940,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Juni 2001 lautet auszugsweise:

        

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

Herr T wird ab 02.07.2001 als First Officer zur Ausbildung auf das Flugzeugmuster B757 eingestellt.

        

…       

        

Beschäftigungsort ist Kelsterbach.

        

Die C behält sich ausdrücklich die jederzeitige Versetzung des Mitarbeiters an einen anderen Beschäftigungsort, sowie seinen jederzeitigen Einsatz bei D oder bei einer anderen Luftverkehrsgesellschaft des L Konzerns vor.

                 
        

2. Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den jeweils geltenden Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der C, sowie den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.“

4

Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag Ernennung zum Kapitän“ ua. mit:

        

„...   

        

zu Ihrem erfolgreichen Check-out am 12.11.2007 als Kapitän auf B757 gratulieren wir Ihnen ganz herzlich.

        

...     

        

Ihrem Wunsch entsprechend werden Sie, unter Vorbehalt der Zustimmung der Personalvertretung, in Hannover stationiert.

        

Die C kann Sie, im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit im Cockpit, vorübergehend anderweitig einsetzen.

        

...     

        

Im übrigen bleibt Ihr Arbeitsvertrag unverändert.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis spätestens 26.11.2007 unterschrieben zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Flugkapitän von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

12

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als verantwortlichen Flugzeugführer (Kapitän) mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2007 erfolgte Zuordnung des Klägers zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, „Beschäftigungsort ist Kelsterbach“, der Arbeitgeber behalte sich „die jederzeitige Versetzung … an einen anderen Beschäftigungsort … vor“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. November 2007 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Kläger seinem Wunsch entsprechend „in Hannover stationiert“. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Arbeitgeberin darüber hinaus „im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit …vorübergehend“ einen „anderweitigen Einsatz“ vorbehalten hat. Nach dem Wortlaut der Klausel und dem gemeinsamen Verständnis der Parteien über ihren Inhalt, welches diese in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, bezieht sich diese Klausel auf die Art der Beschäftigung, nicht auf den Beschäftigungs- oder Stationierungsort. Im Übrigen sollten die Vertragsbedingungen - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 2007 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass die Beklagte den Kläger ab dem Jahr 2007 in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag unverändert weiter galt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der klägerische Vortrag, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Februar 2012 - 2 Sa 768/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche der Klägerin, die sich aufgrund ihrer Weltanschauung, ihres Alters sowie ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert sieht.

2

Die 1961 geborene Klägerin ist Han-Chinesin. Sie hat an der P Fremdsprachenuniversität studiert. Ihr Vater ist an dieser Professor und Präsident des Chinesischen Germanistenverbandes. Die Klägerin ist nicht Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas.

3

Für die Beklagte ist die Klägerin seit 1987 als freie Mitarbeiterin und arbeitnehmerähnliche Person als Radio- und Onlineredakteurin in der Chinaredaktion beschäftigt. Die Beschäftigung wurde zwischen den Parteien seit Ende 2003 durch Honorarrahmenverträge geregelt.

4

Im Sommer 2008 geriet die Chinaredaktion - zumindest teilweise - in die öffentliche Kritik. Es wurde der Vorwurf erhoben, die Redaktion wahre zu wenig politische Distanz gegenüber der offiziellen chinesischen Regierungsmeinung. Schließlich wurden der Redaktionsleiter und seine Stellvertreterin versetzt. Die Leitung der Chinaredaktion übernahm Ende 2008 die Hauptabteilungsleiterin der Asienprogramme. Diese, des Chinesischen nicht mächtig, zog den Sinologen Prof. Dr. R zur Beratung hinzu, der die Online-Website täglich las und für die Beklagte wichtige Passagen übersetzte. Ende Februar 2009 wurde Y Chef vom Dienst, ohne dass eine Ausschreibung stattgefunden hätte. Y ist mongolischer Herkunft.

5

Zu den Aufgaben der Klägerin gehörten Interviews mit VIPs. Ein am 7. März 2009 mit dem Sinologen S durchgeführtes Interview zum Thema „Tibet“ wurde nicht veröffentlicht. Zur Frankfurter Buchmesse 2009 mit dem Gastland China entsandte die Beklagte andere Redaktionsmitglieder, nicht die Klägerin. Ein Workshop der Redaktion zu dem Thema „Strukturelle Veränderungen und Zusammenarbeit“, der am 2. Juli 2009 durchgeführt wurde, mündete in einem Papier mit Verhaltensleitlinien. Dieses unterschrieb die Klägerin nicht.

6

Unter dem 2. Juli 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ab 1. August 2010 der Umfang der Beschäftigung eingeschränkt werde und die Klägerin mit einer um mehr als 20 % geminderten Vergütung rechnen müsse. Tatsächlich verdiente die Klägerin 2008 56.307,97 Euro brutto, 2009 noch 51.124,39 Euro brutto und 2010 schließlich 50.676,60 Euro brutto. Die Parteien einigten sich sodann am 20. Juli 2009 auf einen neuen, bis zum 31. Dezember 2010 befristeten Honorarrahmenvertrag.

7

Die Mittel für die Chinaredaktion wurden für 2010 um 60.000,00 Euro reduziert. Ohne Erfolg bewarb sich die Klägerin unter dem 10. April 2010 bei der Beklagten um eine Festanstellung. Die Stelle wurde an die etwa 34 Jahre alte Mitarbeiterin Ya vergeben.

8

Unter dem 28. Juni 2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Honorarrahmenvertrag über das vereinbarte Befristungsende am 31. Dezember 2010 hinaus nicht mehr verlängern werde. Das nach dem Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen vorgeschriebene Personalgespräch wurde durchgeführt. Die Klägerin erhielt die tarifliche Leistung, die im Falle der Nichtfortsetzung der freien Mitarbeit vorgesehen ist.

9

Mit Schreiben vom 27. August 2010 verlangte die Klägerin, ihre Beschäftigung zu verlängern und ließ mögliche Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche dem Grunde nach geltend machen. Die Beklagte lehnte unter dem 10. Oktober 2010 eine weitere Beschäftigung ab und verwies darauf, dass wegen der stark geänderten Programminhalte und der medialen Arbeitsweise der Chinaredaktion die journalistischen Defizite der Klägerin eine weitere Zusammenarbeit nicht zuließen. Mit Eingang beim Arbeitsgericht am 2. Dezember 2010 hat die Klägerin die vorliegende Klage erheben lassen.

10

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe ihr „Sympathie für die Volksrepublik China und damit Unterstützung für die KP China“ und mithin eine Weltanschauung unterstellt. Ihre Entlassung beruhe auf der Unterstellung, sie sei gegenüber der Volksrepublik China zu regierungsfreundlich. Dieser tatsächlich unzutreffende Vorwurf sei anlässlich der Auseinandersetzung um das Interview mit S zum Tibet-Konflikt deutlich geworden. Zahlreiche ihrer Kommilitonen an der P Fremdsprachenuniversität seien mittlerweile Diplomaten in wichtigen Positionen oder in sonstigen Führungspositionen.

11

Wegen der ihr unterstellten, in der Sache nicht zutreffenden Weltanschauung habe die Beklagte sie seit 2008 benachteiligt. Der hinzugezogene externe Monitor sei von der Chinaredaktion als Zensor empfunden worden. Trotz besserer Eignung sei nicht die Klägerin, sondern Y zum Chef vom Dienst befördert worden. Ihr Interview mit S sei aufgrund der politischen Wertung durch die Redaktionsleitung nicht publiziert worden. Am 23. April 2009 sei sie wegen frühzeitigen Verlassens des Nachtdienstes abgestraft worden, obwohl ein solches Verhalten bis dahin üblich gewesen sei. Die Teilnahme an der Buchmesse sei ihr im Sommer 2009 verweigert worden, obschon auch sie politische Beiträge verfasst habe und dafür geeignet gewesen sei. Die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiter, die die Verhaltensgrundsätze für die Chinaredaktion nicht unterschrieben hatten, seien entweder beendet oder stark eingeschränkt worden. Andererseits seien sogar neue freie Mitarbeiter beschäftigt worden. Die Beklagte könne somit nicht den Zwang zu Einsparungen als Begründung für ihre Entlassung anführen. Der nicht näher begründete Vorwurf journalistischer Defizite im Schreiben vom 10. Oktober 2010 sei verletzend als Maßregelung nach § 16 AGG anzusehen. Sie habe 23 Jahre gearbeitet und an jeder Schulung teilgenommen.

12

Die Klägerin sieht sich darüber hinaus wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert. Ausdrücklich habe der als Kontrolleur tätige Prof. Dr. R geäußert, über bestimmte Themen sollten Redakteure chinesischer Sozialisierung nicht berichten.

13

Schließlich hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass sie auch wegen ihres Alters benachteiligt worden sei. Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2011 habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Fluktuation bei den freien Mitarbeitern der Chinaredaktion ua. damit begründet, dass Mitarbeiter, die sich noch bis vor Kurzem in dem entsprechenden Sendegebiet aufgehalten hätten, über „frischere“ Sprachkenntnisse verfügten. Dies sei eine unmittelbare wie mittelbare Benachteiligung wegen ihres Alters. Diese werde auch daran deutlich, dass die erfolgreiche Bewerberin um eine Festanstellung deutlich jünger gewesen sei.

14

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen Schäden bis zu einer Obergrenze von 10.000,00 Euro zu ersetzen, die der Klägerin aus der nicht erfolgenden Beschäftigung als redaktionell tätige Programmmitarbeiterin iSd. § 16 Satz 1 TVaP Deutsche Welle ab dem 1. Januar 2011 entstehen werden,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung, mindestens aber 30.000,00 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.903,70 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2011 aus 951,85 Euro sowie seit dem 1. März 2011 aus weiteren 951,85 Euro zu zahlen.

15

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat in Abrede gestellt, die Klägerin wegen einer Weltanschauung benachteiligt oder ihr überhaupt eine solche unterstellt zu haben. Die politische Diskussion um die Chinaredaktion habe seinerzeit die Onlineredaktion und nicht die Hörfunkredaktion betroffen, bei welcher die Klägerin überwiegend tätig gewesen sei. Soweit sie in geringem Umfang auch für den Onlinebereich gearbeitet habe, habe sich dies so gut wie überhaupt nicht auf politische Themen bezogen. Die Klägerin sei extrem unpolitisch und habe Beiträge zum „Lifestyle“ verfasst, also zB über Möbelmessen, Weinmessen usw. Das durchgeführte Interview mit Herrn S habe den Qualitätsanforderungen der Beklagten nicht entsprochen, zudem habe die Klägerin den ursprünglich vorgesehenen Interviewpartner Roland Koch als ehemaligen Hessischen Ministerpräsidenten eigenmächtig gegen den Sinologen S ausgetauscht, der schon nicht als VIP gelten könne. Prof. Dr. R sei auch kein „geheimer Zensor“ gewesen, sondern habe offen an den allgemeinen Diskussionsrunden der Redaktion teilgenommen. Mit Y habe die Beklagte den aus ihrer Sicht erfahrensten Journalisten zum Chef vom Dienst ernannt, was im Übrigen nicht die Besetzung einer Planstelle darstelle. Wegen unstreitig zu frühen Verlassens des Arbeitsplatzes sei die Klägerin lediglich ermahnt worden, ihre vertraglichen Pflichten einzuhalten.

16

Der Honorarrahmenvertrag sei aus Gründen des Haushalts, aber auch aus Gründen, die der Rundfunkfreiheit der Beklagten unterlägen, nicht verlängert worden. Die bislang getrennten Radio- und Onlineredaktionen seien zu einer einheitlichen Redaktion zusammengefasst worden, bei der zunehmend politische Inhalte in den Vordergrund gestellt werden sollten. Der Klägerin fehle Onlineerfahrung. Die von ihr überwiegend bearbeiteten Themenbereiche hätten mit politischem Journalismus nichts zu tun. Dem Ziel, einen Mitarbeiterstamm mit frischen Sprachkenntnissen zu pflegen, dienten nicht zuletzt die befristeten Beschäftigungsverhältnisse. Die Auffrischung von Sprachkenntnissen erfolge altersunabhängig durch Aufenthalte im Berichtsland. Im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit könne die Beklagte gerade im Bereich der freien Mitarbeiter Längerbeschäftigte gegen neue Kräfte austauschen.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin ist weder wegen ihrer Weltanschauung, noch wegen ihres Alters oder wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt worden; auch eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung hat sie nicht dargetan. Daher bestehen weder materielle Schadensersatzansprüche noch ein Entschädigungsanspruch.

19

A. Die Revision ist zulässig; die Klägerin hat zumindest eine zulässige Sachrüge erhoben.

20

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört die Angabe der Revisionsgründe zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss die angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind (st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 72; 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 14; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 16, BAGE 130, 119). Die Revisionsbegründung hat sich daher mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Das erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Der Revisionsführer darf sich nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass er das angefochtene Urteil für das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem Berufungsurteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung des Revisionsgerichts beitragen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die bloße Darstellung anderer Rechtsmeinungen ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Hat das Berufungsgericht über mehrere Streitgegenstände entschieden, muss die Revision für jeden Teil des Klagebegehrens begründet werden. Ein einheitlicher Revisionsangriff genügt nur dann, wenn die Entscheidung über den nicht eigens behandelten Anspruch denknotwendig von der ordnungsgemäß angegriffenen Entscheidung über den anderen Anspruch abhängt (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 25).

21

II. Nach diesen Grundsätzen ist die Revision der Klägerin zulässig. Sie hat nämlich gerügt, das Landesarbeitsgericht habe den Begriff des in § 1 AGG aufgeführten Merkmals der Weltanschauung verkannt. Damit wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Da sich die Klägerin zur Begründung ihrer Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche immer auch auf eine Benachteiligung wegen der Weltanschauung beruft, ist die Revision insgesamt zulässig.

22

B. Die Klage auf Feststellung, mit der die Klägerin die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle Schäden, die aus ihrer nicht erfolgten Weiterbeschäftigung entstehen, festgestellt wissen will, ist zulässig.

23

I. Das besondere Feststellungsinteresse ist nach § 256 Abs. 1 ZPO bei Klagen auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden grundsätzlich dann gegeben, wenn Schadensfolgen in der Zukunft möglich sind, auch wenn ihre Art, ihr Umfang und sogar ihr Eintritt noch ungewiss sind. Es muss allerdings eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Schadenseintritt bestehen (vgl. BAG 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 - Rn. 26, AP SGB VII § 104 Nr. 6 = EzA RVO § 636 Nr. 14; 19. August 2010 - 8 AZR 315/09 - Rn. 29, AP SGB IX § 81 Nr. 18 = EzA ZPO 2002 § 318 Nr. 1).

24

II. Vorliegend ist das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO zu bejahen.

25

1. Der Klägerin geht es um den Ersatz ihres materiellen Schadens, der darin besteht, dass sie nach dem 31. Dezember 2010 nicht mehr als freie Mitarbeiterin bei der Beklagten arbeitet. Der Feststellungsantrag zielt damit darauf ab, die Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich des der Klägerin ab dem 1. Januar 2011 entgangenen laufenden monatlichen Entgelts festzustellen. Anspruchsgrundlage hierfür wäre § 15 Abs. 1 AGG. Eine Benachteiligung kann auch darin bestehen, dass es der Arbeitgeber unterlässt, dem Arbeitnehmer einen weiteren - befristeten oder unbefristeten Vertrag - anzubieten (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 25). Es ist möglich, dass zukünftig Folgeschäden dadurch entstehen, dass der Klägerin Entgelt entgeht (vgl. auch § 252 BGB). Ob dieser Schaden gerade auf die angeblichen benachteiligenden Handlungen der Beklagten wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale zurückzuführen ist, ist eine Frage des Kausalzusammenhangs und damit der Begründetheit des Feststellungsantrags(vgl. auch BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 105, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2 bzgl. zukünftiger Schäden infolge einer unterbliebenen Beförderung).

26

2. Die Klägerin muss sich nicht darauf verweisen lassen, vorrangig eine Leistungsklage zu erheben. Es kann von der Beklagten als einer Bundesrundfunkanstalt des öffentlichen Rechts erwartet werden, dass sie einem stattgebenden Feststellungsurteil nachkommen wird. Mit dem Feststellungsantrag wird demnach eine umfassende Rechtsstreitbeilegung angestrebt (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 14, AP BAT § 27 Nr. 13).

27

3. Es bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einer Feststellungsklage gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrags wie bei einer Leistungsklage. Einer Zwangsvollstreckung ist ein Feststellungsurteil nicht zugänglich. Wenn der sich noch in der Entwicklung befindende Schaden bei einer Feststellungsklage nicht beziffert werden muss, so kann es auch nicht schaden, wenn der Anspruchssteller freiwillig den festzustellenden Schaden in einer bestimmten Höhe begrenzt.

28

Die Unbestimmtheit des Antrags folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin erst in der Berufungsinstanz ihre geltend gemachte Ersatzpflicht für ihre zukünftigen materiellen Schäden auf 10.000,00 Euro begrenzt hat. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage vollständig abgewiesen hatte, stand fest, dass die Beklagte keine Ersatzpflicht hinsichtlich etwaiger materieller Schäden trifft, welche über 10.000,00 Euro hinausgeht. Worauf sich die Begrenzung bezog, ist jedenfalls aufgrund einer Auslegung hinreichend genau zu ermitteln. Die Klägerin macht mit dem Klageantrag zu 1. ihr zukünftig entgehendes monatliches Entgelt als materiellen Schaden in Form des entgangenen Gewinns geltend. Wird der monatlich als Schadensersatz eingeforderte Betrag später beziffert, kann durch Aufaddierung der monatlichen Beträge bis zu der Grenze von 10.000,00 Euro problemlos ermittelt werden, wie weit der Feststellungsantrag reicht.

29

C. Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin ist weder wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals benachteiligt noch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt oder gar schwer verletzt worden.

30

I. Als arbeitnehmerähnliche Person fällt die Klägerin unter den Schutz des AGG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG.

31

II. Der Anspruch ist nicht verfallen, da die zweimonatige Frist des § 15 Abs. 4 AGG von der Klägerin gewahrt wurde. Die Ausschlussfrist verstößt entgegen der Rechtsansicht der Revision nicht gegen das Unionsrecht (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 23 f.; 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - Rn. 40, AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1). Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Betroffene Kenntnis von der Benachteiligung erlangt, § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG. Bei Dauertatbeständen beginnt die Frist erst mit Beseitigung des Zustands. Vorliegend sollte der Honorarrahmenvertrag seitens der Beklagten am 31. Dezember 2010 beendet werden, die Klägerin hatte jedoch schon mit anwaltlichem Schreiben vom 27. August 2010 Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche dem Grunde nach angemeldet.

32

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, ob mit der Feststellungsklage die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten worden ist. Denn auf den materiellen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG findet § 61b ArbGG keine Anwendung(hM, vgl. GK-ArbGG/Schütz Stand März 2013 § 61b Rn. 8; ErfK/Koch 13. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 2; Schwab/Weth/Walker ArbGG 3. Aufl. § 61b Rn. 7; Dü-well/Lipke/Kloppenburg 3. Aufl. § 61b Rn. 3; BCF/Creutzfeldt ArbGG 5. Aufl. § 61b Rn. 1; HWK/Ziemann 5. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 1; aA Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 57; Jacobs RdA 2009, 193, 202). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, die nur von Entschädigung, nicht von Schadensersatz spricht (noch offen gelassen in BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 46, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2).

33

III. Die Klägerin ist nicht „wegen“ ihrer Weltanschauung oder einer ihr unterstellten Weltanschauung benachteiligt worden.

34

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 50, AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Eine Benachteiligung durch Unterlassen kommt in Betracht, wenn ein Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht verlängert(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 25; vgl. auch EuGH 4. Oktober 2001 - C-438/99 - [Jiménez Melgar] Rn. 47, Slg. 2001, I-6915 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 3 = EzA BGB § 611a Nr. 17, zur Nichterneuerung eines befristeten Vertrags bei einer schwangeren Arbeitnehmerin). Dabei reicht es nach § 3 Abs. 1 Satz 1 letzte Alternative AGG aus, dass der Benachteiligte eine schlechtere Behandlung erfährt, als sie eine andere Person in einer vergleichbaren Lage erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung kann also auch in Betracht kommen, wenn es an konkreten Personen in einer vergleichbaren Lage mangelt.

35

2. Die Klägerin hat aber keine Indizien für die Vermutung vorgetragen, sie sei wegen einer ihr unterstellten Weltanschauung von der Beklagten benachteiligt worden.

36

a) Rechtlich zutreffend geht die Klage zunächst davon aus, dass ein Arbeitgeber einen Betroffenen auch dann benachteiligt, wenn er das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung irrig nur annimmt(§ 7 Abs. 1 Halbs. 2 AGG). Die Klägerin macht nicht geltend, von der Beklagten wegen einer bei ihr tatsächlich vorliegenden Weltanschauung benachteiligt worden zu sein. Sie sieht sich vielmehr benachteiligt, weil die Beklagte bei ihr - irrigerweise - eine Weltanschauung vermutet habe und sie aufgrund dieser unzutreffenden Vermutung ungünstiger behandelt habe, als es eine andere Person ohne eine solche vermutete Weltanschauung erfahren würde.

37

b) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Klägerin keine Indizien dafür vorgetragen hat, dass die Beklagte ihr überhaupt eine „Weltanschauung“ unterstellt hat.

38

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe ihr unterstellt „Sympathie für die Volksrepublik China“ zu haben und „gegenüber der Volksrepublik China zu regierungsfreundlich“ zu sein. Wenn man zugunsten der Klägerin annimmt, die Beklagte habe bei ihr tatsächlich diese Einstellungen angenommen (Sympathie für die Volksrepublik China, zu freundliche Einstellung gegenüber der Regierung dieses Landes), stellt dies ersichtlich nicht die Annahme einer „Weltanschauung“ der Klägerin dar. Abgesehen davon, dass man Sympathie „für ein Land“ streng genommen gar nicht empfinden kann und der Vorwurf, „zu freundlich“ über das Handeln einer Regierung zu berichten, die sachliche Rüge mangelnder journalistischer Objektivität enthält, weist eine solche Kritik schon für sich genommen keinerlei Bezug zu einer Weltanschauung auf. Insbesondere indizierte eine solche Sichtweise der Klägerin entgegen der mit der Revision weiter vertretenen Auffassung keine „Unterstützung für die KP China“, wie dies die Klägerin ihrerseits schlussfolgern will. Aber selbst wenn die Beklagte solches unterstellt haben sollte, ergäbe sich daraus wiederum nicht, die Beklagte habe der Klägerin eine „Weltanschauung“ unterstellt. Abgesehen davon fehlt es an jeder Darlegung, inwieweit die Politik der KP China, das Handeln der Regierung der Volksrepublik China oder die in der Volksrepublik China stattfindenden gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Prozesse überhaupt noch „weltanschaulich“ fundiert sind. Entsprechendes gilt für den Hinweis der Klägerin, sie habe an der Fremdsprachenuniversität in P studiert und ihre Kommilitonen oder Studenten ihres Vaters seien heute Diplomaten oder bekleideten inzwischen hohe Funktionen. Insoweit legt die Klägerin schon nicht dar, welche Bedeutung solche Tatsachen in der Vorstellungswelt der Beklagten für die Behandlung der Klägerin gespielt haben sollen.

39

Es kann dabei dahinstehen, ob heute überhaupt noch von einer „kommunistischen Weltanschauung“ gesprochen werden kann, die im Allgemeinen eingenommen werden könnte oder die speziell im Falle der Volksrepublik China handlungsleitend ist. Unstrittig weist die Klägerin für ihre Person solches von sich, sie ist auch nicht Mitglied der KP China. Wenn sich andererseits die Beklagte einer in die Diskussion geratenen „Regierungsfreundlichkeit“ der Chinaredaktion näher angenommen hat und eine unter Umständen nicht gewahrte journalistische Distanz zum Handeln der Regierung in P abzubauen versuchte, so wandte sie sich weder gegen „Sympathie für die Volksrepublik China“ noch hatte dies mit „Unterstützung der KP China“ zu tun. Die Klägerin hat keine Tatsachen dargelegt, die den Schluss zulassen, sie sei wegen einer Weltanschauung oder auch nur wegen einer unterstellten Weltanschauung benachteiligt worden.

40

3. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht weiter entschieden, dass jedenfalls ein Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und einer „Weltanschauung“ vorliegend nicht zu bejahen ist.

41

a) Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Weltanschauung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Weltanschauung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42).

42

b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht selbst unter der Annahme, die Beklagte habe der Klägerin zu Unrecht eine Weltanschauung unterstellt, zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine Kausalität zwischen der Weltanschauung und dem Nachteil unwahrscheinlich ist.

43

aa) Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung oder Nichtüberzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem nach dem AGG verbotenen Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36). Solche Fehler hat die Revisionsbegründung nicht aufgezeigt.

44

bb) Revisionsrechtlich ist es insbesondere nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht darauf abgestellt hat, dass die behaupteten Benachteiligungen zeitlich lange vor der Entscheidung lagen, die Zusammenarbeit mit der Klägerin zu beenden. Die Beklagte erneuerte den Honorarrahmenvertrag mit der Klägerin noch am 20. Juli 2009. Die Komplexe „Austausch der gesamten Redaktionsleitung“, „Ablehnung des VIP-Beitrags der Klägerin“ vom 7. März 2009, „Abstrafen wegen des frühzeitigen Verlassens des Nachtdienstes“ am 23. April 2009, „Einschränkung der Tätigkeit der Klägerin“ (April 2009) sowie „Nichtteilnahme an der Buchmesse“ am 4. Juni 2009 liegen sämtlich vor diesem Datum. Wenn die Beklagte sich im Juli 2009 entschied, die Zusammenarbeit mit der Klägerin fortzusetzen, erschließt sich nicht, weshalb sie sich wegen der gleichen Umstände ca. ein Jahr später entschließen sollte, die Zusammenarbeit mit ihr zu beenden. Im Übrigen handelt es sich hier um eine Würdigung vor allem auf tatsächlichem Gebiet, welche dem Berufungsgericht zukommt und einen Rechtsfehler jedenfalls nicht erkennen lässt.

45

cc) Schließlich hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler entschieden, dass sich die Beklagte im Rahmen der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) darauf berufen kann, gerade im Bereich der redaktionell tätigen freien Mitarbeiter für eine gewisse Fluktuation sorgen zu wollen.

46

Es ist anerkannt, dass den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf (vgl. BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 21, BAGE 119, 138; grundlegend BVerfG 13. Januar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - BVerfGE 59, 231). Die Klägerin war als Radio-/Onlineredakteurin beschäftigt und zählte damit auch zu den programmgestaltenden Redakteuren (BAG 26. Juli 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 18, aaO). Das Landesarbeitsgericht hat auch eine Zusammenschau aller Indizien  und damit eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorgenommen.

47

4. Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Benachteiligung der Klägerin wegen des Alters begründet.

48

Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe das rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass es nicht gewürdigt habe, die erfolgreiche Bewerberin auf die Stelle im Jahre 2010, Frau Ya, sei 34 Jahre alt, und damit jünger als die Klägerin gewesen. Ausschlaggebend für die Stellenvergabe war aus Sicht des Berufungsgerichts jedoch die fehlende fachliche Qualifikation der Klägerin. Die allgemein gehaltenen Ausführungen zu ihren Vorzügen wie lange Berufserfahrung, gute Onlinekenntnisse, Teilnahme an Fortbildungen etc. ersetzen keinen substanziierten Vortrag zu den Vorgaben, die von der Beklagten für die Stelle gemacht wurden.

49

Auch die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den angeblich fehlenden „frischen Sprachkenntnissen“ der Klägerin sind nicht zu beanstanden. In Betracht kommt hier lediglich eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters, § 3 Abs. 2 AGG. Soweit die Revision (Seite 87 ff. der Revisionsbegründung) offenbar meint, das Berufungsgericht habe sich nicht mit einer möglichen mittelbaren Benachteiligung auseinander gesetzt, ist dies unzutreffend, weil offensichtlich keine unmittelbare Benachteiligung im Raum stand. Das Landesarbeitsgericht hat in dem Ausspruch des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gar keinen Altersbezug erkennen können, weil sich die Aktualität von Sprachkenntnissen nach der Anbindung an das jeweilige Ausland richte und diese unabhängig von dem Alter sei. Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

50

5. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer ethnischen Herkunft sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zudem wiederholt die Klägerin hier lediglich ihren Sachvortrag aus der Berufungsinstanz, ohne einen Rechtsfehler in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuzeigen.

51

6. Die Schadensersatzklage ist überdies unbegründet, weil der haftungsausfüllende Zusammenhang zwischen angeblicher verbotener Diskriminierung und Schaden nicht dargelegt wird.

52

a) Für einen materiellen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 1 AGG wäre nämlich Voraussetzung, dass ihre Schlechterstellung - ihre Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals einmal unterstellt - auch tatsächlich zu einem Schaden geführt hat bzw. führen wird. Der materielle Schaden, den die Klägerin geltend macht, besteht nach ihren eigenen Aussagen in dem ausgebliebenen monatlichen Entgelt als entgangenen Gewinn. Dieser Schaden wäre aber nur dann kausal auf ihre Benachteiligung wegen ihrer (angenommenen) Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer ethnischen Herkunft zurückzuführen, wenn ansonsten alle Voraussetzungen für ein neues Vertragsangebot vorgelegen hätten, wenn also die unterbliebene Verlängerung oder Entfristung des Honorarrahmenvertrags lediglich deshalb unterblieben wäre, weil die Beklagte nach einem gemäß § 1 AGG verpönten Merkmal differenziert hat.

53

Ähnliche Überlegungen werden für die Situation eines abgelehnten Bewerbers angestellt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 78, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10). Auch hier reicht es nicht aus, dass ein Bewerber im Laufe des Bewerbungsverfahrens diskriminiert worden ist, um einen materiell-rechtlichen Schaden gemäß § 15 Abs. 1 AGG wegen entgangenen Entgelts geltend machen zu können. Vielmehr kann diesen Schaden nur derjenige geltend machen, der ohne die benachteiligende Handlung auch tatsächlich genommen worden wäre, idR also der am besten geeignete Bewerber. Mit anderen Worten müssen auch hier alle Voraussetzungen für eine Übernahme des Betroffenen in ein Arbeitsverhältnis vorgelegen haben und der Vertragsschluss darf einzig nur an der Differenzierung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals gescheitert sein. Ähnlich wie bei einer erstmaligen Bewerbersituation ist für die Verlängerung eines befristeten Vertrags aus Arbeitgebersicht entscheidend, dass es sich um die oder den bestmöglichen Kandidaten(in) für eine weitere Vertragsverlängerung handelt. Die Beweiserleichterung gemäß § 22 AGG findet hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität keine Anwendung(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 79, aaO; ErfK/Schlachter 13. Aufl. § 15 AGG Rn. 3; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 21; Windel RdA 2011, 193, 195).

54

b) Nach dem Vortrag der Klägerin und dem gesamten Akteninhalt kann nicht festgestellt werden, dass die unterbliebene Entfristung oder Verlängerung des Honorarrahmenvertrags an einer nach §§ 1, 7 AGG verbotenen Differenzierung auf Seiten der Beklagten scheiterte. Die Klägerin trägt nicht vor, die Beklagte habe ansonsten kundgetan, den Vertrag mit ihr eigentlich verlängern zu wollen. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass bei der Beklagten grundsätzlich die Bereitschaft bestand, befristete Honorarrahmenverträge nochmals zu verlängern. Unstreitig musste die Beklagte vorgegebene Budgeteinsparungen bei der Chinaredaktion umsetzen.

55

7. Die Revision ist ebenfalls unbegründet, soweit sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Berufungsgericht rügt (Art. 103 Abs. 1 GG).

56

a) Wird eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, muss nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Revisionsbegründung die Darlegung der Verletzung dieses Anspruchs und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Will der Revisionsführer geltend machen, das Landesarbeitsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seine Ausführungen nicht berücksichtigt habe, muss er konkret dartun, welches wesentliche Vorbringen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung übergangen haben soll. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Die Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu behandeln (vgl. etwa BVerfG 8. Oktober 2003 - 2 BvR 949/02 - zu II 1 a der Gründe; BGH 27. März 2003 - V ZR 291/02 - zu II 3 b bb (3) beta der Gründe, BGHZ 154, 288). Nach § 313 Abs. 3 ZPO sollen die Entscheidungsgründe eine „kurze Zusammenfassung” der Erwägungen enthalten, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Allein der Umstand, dass sich die Gründe einer Entscheidung mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt daher nicht die Annahme, das Gericht habe diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung nicht erwogen (BAG 22. März 2005 - 1 ABN 1/05 - Rn. 13, BAGE 114, 157). Vielmehr bedarf es hierzu besonderer Umstände (vgl. BVerfG 8. Oktober 2003 - 2 BvR 949/02 - zu II 1 a der Gründe). Darüber hinaus hat der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung darzutun (vgl. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10). Hierzu muss nachvollziehbar dargelegt werden, dass das Landesarbeitsgericht nach seiner Argumentationslinie unter Berücksichtigung des entsprechenden Gesichtspunkts möglicherweise anders entschieden hätte (BAG 22. März 2005 - 1 ABN 1/05 - aaO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt aber nicht davor, dass das Gericht dem Vortrag einer Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst (BAG 17. März 2010 - 5 AZN 1042/09 - Rn. 11, BAGE 133, 330; 31. Mai 2006 - 5 AZR 342/06 (F) - Rn. 6, BAGE 118, 229).

57

b) Danach kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör der Klägerin durch das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt werden. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Klägerin entweder im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen behandelt und lediglich rechtlich anders als die Klägerin bewertet. Auch wenn nicht jede Einzelheit des klägerischen Vortrags in den Entscheidungsgründen noch einmal gesondert gewürdigt wird, kann die Klägerin nicht davon ausgehen, das Gericht habe diesen Vortrag nicht mit in seine rechtlichen Überlegungen einbezogen. Ein Gericht muss, wenn es im Gegensatz zu der Rechtsansicht einer Partei einem bestimmten Umstand nicht die gewünschte Bedeutung beimisst, dies nicht in jedem Einzelfall erläutern. Dies ergibt sich schon aus § 313 Abs. 3 ZPO, wonach die Erwägungen kurz zusammengefasst werden sollen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Dagegen bedeutet der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, dass ein Gericht zu jedem von einer Partei vertretenen Argument erläutern müsste, warum es seine Entscheidung gerade auf diese Überlegung nicht gestützt hat.

58

c) Die Revision legt im Übrigen nicht dar, dass das Berufungsurteil auf dem Rechtsfehler eines übergangenen Sachvortrags beruhte. Für das Landesarbeitsgericht war entscheidend, dass die Zusammenarbeit mit der Klägerin beendet wurde, weil sie nicht mehr in das geänderte redaktionelle Konzept passte, eine Personalreduzierung aus Kostengründen notwendig war und die Beklagte im Rahmen des ihr zukommenden Schutzes der Rundfunkfreiheit Wert legte auf eine Fluktuation bei den freien Mitarbeitern. Damit hat sich die Revision substanziell nicht weiter auseinandergesetzt.

59

Dass die Berufungsrichter den Schadensersatzansprüchen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) oder einer Maßregelung (§ 612a BGB, § 16 AGG) der Klägerin nicht näher getreten sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann und darf die für sie maßgeblichen Qualifikationsaspekte in Relation zu ihrem jeweiligen redaktionellen Konzept definieren und handhaben; wenn im Rahmen solcher Entwicklungen die Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht fortgesetzt wird, stellt dies weder ein persönliches Werturteil noch eine Maßregelung dar.

60

IV. Da die Beklagte weder im Umgang mit der Klägerin an ein durch § 1 AGG verbotenes Merkmal angeknüpft hat, noch ein Kausalzusammenhang zwischen einer Benachteiligung der Klägerin und einer unterstellten, nach § 7 AGG verbotenen Motivlage erkennbar wäre, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht eine Indizwirkung der von der Klägerin angeführten Diskriminierungen oder Diskriminierungskomplexe abgelehnt. Schließlich ist sowohl nach dem Sachvortrag der Klägerin als auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht zu erkennen. Einen solchen stellt es auch nicht dar, wenn der Honorarrahmenvertrag der Klägerin aufgrund der mit ihr vereinbarten Befristung ausläuft und nicht verlängert wird.

61

D. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Umfug    

        

    Andreas Henniger    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1032/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1972 geborene, ledige und in La wohnende Kläger ist seit dem 2. Juli 2001 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Kapitän mit einer Bruttomonatsvergütung von ca. 10.940,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Juni 2001 lautet auszugsweise:

        

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

Herr T wird ab 02.07.2001 als First Officer zur Ausbildung auf das Flugzeugmuster B757 eingestellt.

        

…       

        

Beschäftigungsort ist Kelsterbach.

        

Die C behält sich ausdrücklich die jederzeitige Versetzung des Mitarbeiters an einen anderen Beschäftigungsort, sowie seinen jederzeitigen Einsatz bei D oder bei einer anderen Luftverkehrsgesellschaft des L Konzerns vor.

                 
        

2. Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den jeweils geltenden Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der C, sowie den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.“

4

Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag Ernennung zum Kapitän“ ua. mit:

        

„...   

        

zu Ihrem erfolgreichen Check-out am 12.11.2007 als Kapitän auf B757 gratulieren wir Ihnen ganz herzlich.

        

...     

        

Ihrem Wunsch entsprechend werden Sie, unter Vorbehalt der Zustimmung der Personalvertretung, in Hannover stationiert.

        

Die C kann Sie, im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit im Cockpit, vorübergehend anderweitig einsetzen.

        

...     

        

Im übrigen bleibt Ihr Arbeitsvertrag unverändert.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis spätestens 26.11.2007 unterschrieben zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Flugkapitän von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

12

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als verantwortlichen Flugzeugführer (Kapitän) mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2007 erfolgte Zuordnung des Klägers zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, „Beschäftigungsort ist Kelsterbach“, der Arbeitgeber behalte sich „die jederzeitige Versetzung … an einen anderen Beschäftigungsort … vor“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. November 2007 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Kläger seinem Wunsch entsprechend „in Hannover stationiert“. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Arbeitgeberin darüber hinaus „im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit …vorübergehend“ einen „anderweitigen Einsatz“ vorbehalten hat. Nach dem Wortlaut der Klausel und dem gemeinsamen Verständnis der Parteien über ihren Inhalt, welches diese in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, bezieht sich diese Klausel auf die Art der Beschäftigung, nicht auf den Beschäftigungs- oder Stationierungsort. Im Übrigen sollten die Vertragsbedingungen - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 2007 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass die Beklagte den Kläger ab dem Jahr 2007 in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag unverändert weiter galt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der klägerische Vortrag, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. März 2011 - 17 Sa 1032/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Der 1972 geborene, ledige und in La wohnende Kläger ist seit dem 2. Juli 2001 bei der Beklagten als Flugzeugführer beschäftigt, zuletzt als Kapitän mit einer Bruttomonatsvergütung von ca. 10.940,00 Euro.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. Juni 2001 lautet auszugsweise:

        

„1. Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

        

Herr T wird ab 02.07.2001 als First Officer zur Ausbildung auf das Flugzeugmuster B757 eingestellt.

        

…       

        

Beschäftigungsort ist Kelsterbach.

        

Die C behält sich ausdrücklich die jederzeitige Versetzung des Mitarbeiters an einen anderen Beschäftigungsort, sowie seinen jederzeitigen Einsatz bei D oder bei einer anderen Luftverkehrsgesellschaft des L Konzerns vor.

                 
        

2. Rechte und Pflichten

        

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den jeweils geltenden Tarifverträgen für das Cockpitpersonal der C, sowie den Betriebsvereinbarungen und Dienstvorschriften.“

4

Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag Ernennung zum Kapitän“ ua. mit:

        

„...   

        

zu Ihrem erfolgreichen Check-out am 12.11.2007 als Kapitän auf B757 gratulieren wir Ihnen ganz herzlich.

        

...     

        

Ihrem Wunsch entsprechend werden Sie, unter Vorbehalt der Zustimmung der Personalvertretung, in Hannover stationiert.

        

Die C kann Sie, im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit im Cockpit, vorübergehend anderweitig einsetzen.

        

...     

        

Im übrigen bleibt Ihr Arbeitsvertrag unverändert.

        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis spätestens 26.11.2007 unterschrieben zurück.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Für eine Geschäftsführersitzung der Beklagten vom 26. September 2008 existiert eine Vorlage „Schließung Station HAJ“, wonach die Geschäftsführung gebeten wird, einer dauerhaften Stationsschließung HAJ für B753/763-Crews aufgrund nicht vorhandenen Flugprogramms zuzustimmen. Nach dem Protokoll dieser Sitzung vom 26. September 2008 gehört diese Vorlage zu den Vorlagen und Informationen, die „von der GF freigegeben/zur Kenntnis genommen“ wurden.

7

Am 13. März 2009 schloss die Beklagte mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung zunächst einen „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“, der den Einsatz von Kabinenmitarbeitern der Beklagten bei der C B(CiB) unter Beibehaltung des Stationierungsorts Hannover im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beinhaltete. Dieser war verbunden mit verschlechterten tariflichen Bedingungen.

8

Am 7. Juli 2009 erfolgte eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

9

Des Weiteren ist im Abschnitt II folgende Regelung enthalten:

        

„§ 6   

Erneute Stationierung HAJ/Neubewerbung

        

Soweit C eine erneute Stationierung für die Flugzeugmuster B757/B767 in Hannover schafft und hierzu neue Bordarbeitsplätze zu besetzen sind, werden interne Bewerbungen der von dieser Schließung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt. Bei Mitarbeitern, die im Zusammenhang mit der Schließung ausgeschieden sind, gilt bei Neubewerbungen die übliche Altersgrenze für Neueinstellungen nicht.“

10

24 in Hannover stationierte Mitarbeiter/innen bewarben sich auf Aufforderung der Beklagten erfolgreich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg.

11

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung seiner bisherigen Funktion als Flugkapitän von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm der Kläger unter Vorbehalt an.

12

Der Kläger hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern; jedenfalls habe sich der Arbeitsort auf Hannover konkretisiert. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, verstoße gegen § 307 BGB und sei unwirksam. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe schon ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht hinreichend dargelegt; ihre gesamte Darstellung der Kosten sei fehlerhaft. Die Beklagte führe weiter An- und Abflüge in Hannover mit in Hannover stationiertem Personal durch. Eine nachhaltige, dauerhafte Umsetzung ihrer behaupteten Entscheidung habe sie nicht dargelegt. Insbesondere habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass sich der behauptete Einbruch in der Nachfrage nicht mehr erhole und sich an der Anzahl der Flüge von und nach Hannover in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Auch sei nicht erkennbar, dass durch die Umstationierung Flugstunden eingespart würden oder der Einsatz der Mitarbeiter effektiver geplant werden könne. Proceedingkosten habe es vorher und nachher in gleicher Höhe gegeben.

13

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 1. Januar 2010 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als verantwortlichen Flugzeugführer (Kapitän) mit Stationierungsort Hannover zu beschäftigen,

        

2.    

festzustellen, dass die mit Schreiben vom 17. September 2009 ausgesprochene Versetzung unwirksam ist,

        

3.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 17. September 2009, dem Kläger am 22. September 2009 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für den Kläger vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2007 erfolgte Zuordnung des Klägers zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht nicht eingeschränkt. Die Beklagte hat behauptet, sie habe die Flüge von und nach Hannover seit Mitte 2008 aufgrund erheblicher Buchungsrückgänge nahezu vollständig gestrichen. Ab Mai 2008 habe es durchschnittlich nur noch zwei Legs (Flüge) von bzw. nach Hannover gegeben. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt worden seien, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden. Die Ende des Jahres 2008 getroffene unternehmerische Entscheidung, die Station Hannover zu schließen, werde seit Januar 2010 auch umgesetzt. Flugzeuge seien dort nicht mehr stationiert und es begännen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew.

15

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen zu 2. und 3. stattgegeben und die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1. abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage keinen Erfolg haben. Ob die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung wirksam ist, steht noch nicht fest. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, dem Kläger einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen. Ob die Beklagte von ihrem Weisungsrecht einen dem Gesetz entsprechenden, billiges Ermessen wahrenden Gebrauch gemacht hat, konnte der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

17

A. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht die Unwirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Versetzung annehmen. Ob die Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main wirksam ist, steht noch nicht fest.

18

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst - wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeht - die Befugnis, dem Kläger nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

19

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

20

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

21

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

22

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

23

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags des Klägers ergibt, dass sein Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

24

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

25

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, „Beschäftigungsort ist Kelsterbach“, der Arbeitgeber behalte sich „die jederzeitige Versetzung … an einen anderen Beschäftigungsort … vor“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen.

26

Auch durch die Mitteilung der Beklagten vom 13. November 2007 ist keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts erfolgt. Nach dem Schreiben wurde der Kläger seinem Wunsch entsprechend „in Hannover stationiert“. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass sich die Arbeitgeberin darüber hinaus „im Rahmen einer zumutbaren fliegerischen Tätigkeit …vorübergehend“ einen „anderweitigen Einsatz“ vorbehalten hat. Nach dem Wortlaut der Klausel und dem gemeinsamen Verständnis der Parteien über ihren Inhalt, welches diese in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt haben, bezieht sich diese Klausel auf die Art der Beschäftigung, nicht auf den Beschäftigungs- oder Stationierungsort. Im Übrigen sollten die Vertragsbedingungen - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Es bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

27

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

28

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass der Kläger seit November 2007 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

29

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

30

bb) Derartige besondere Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Dass die Beklagte den Kläger ab dem Jahr 2007 in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken, da der Arbeitsvertrag unverändert weiter galt.

31

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte es nicht davon ausgehen, dass die Beklagte bei Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 GewO, § 315 BGB) überschritten hat. Ob die Beklagte diese Grenzen eingehalten hat, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer solchen eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht stand.

33

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

35

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

36

Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der getroffenen Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90, BAGE 135, 128).

37

b) Das Landesarbeitsgericht hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu betriebsbedingten Kündigungen in den Fällen, in denen die unternehmerische Entscheidung und die Kündigung praktisch deckungsgleich sind (vgl. grundlegend BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71), angenommen, auch bei Versetzungen müsse der Arbeitgeber zur Nachhaltigkeit der ihnen zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidung eingehend vortragen. Es hat weiter angenommen, die Beklagte habe diese Anforderungen nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend die Unterschiede zwischen dem Ausspruch einer (Änderungs-)Kündigung einerseits und einer auf Ausübung des Direktionsrechts beruhenden Versetzung andererseits. Während der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung eine Vertragsänderung anstrebt und dabei eine Beendigung des Vertragsverhältnisses in Kauf nimmt, bewegt er sich bei der Ausübung des Direktionsrechts innerhalb der ihm vertraglich zustehenden Befugnisse. Die Kontrolle von Maßnahmen des Direktionsrechts bezieht sich deshalb lediglich darauf, ob der Arbeitgeber den ihm vertraglich zustehenden Spielraum nach den Grundsätzen der Billigkeit genutzt hat, nicht aber darauf, ob die vertraglichen Befugnisse zum Vorteil des Arbeitgebers gegen den Willen des Arbeitnehmers dauerhaft geändert werden dürfen. Allerdings ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der Maßnahme für den Arbeitnehmer sind. Deshalb ist eine Versetzung, die, wie im Streitfall, für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt. Eine unternehmerische Entscheidung, die erkennbar nur für unerhebliche, leicht überbrückbare Zeiträume gelten soll oder deren Rücknahme erkennbar ist, kann ein Anhaltspunkt für eine willkürliche Ausübung des Direktionsrechts sein.

38

c) Anhaltspunkte für eine willkürliche oder missbräuchliche Ausübung des Direktionsrechts sind nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

39

Die Beklagte hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass aufgrund einer im September 2008 getroffenen Geschäftsführungsentscheidung zum 31. Dezember 2009 die Station in Hannover geschlossen werden sollte. Unstreitig kam es in der Folgezeit zu entsprechenden Regelungen mit der Personalvertretung. Darüber hinaus hat die Beklagte zur Umsetzung der Entscheidung vorgetragen. Insbesondere hat sie behauptet, dass keine Flugzeuge mehr in Hannover stationiert sein werden und keine Flüge der Beklagten mit in Hannover stationierten Crews mehr stattfinden werden. Die Anzahl der im Jahr 2009 überhaupt noch ab Hannover stattfindenden Flüge hat die Beklagte konkret benannt („2 Legs“) und geschildert, was dies im Einzelnen bedeutet, sodass zB in der Nebensaison keine Flüge mehr von Hannover stattfanden. Ebenso hat sie im Einzelnen benannt, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der geringen Anzahl von Flügen ab Hannover für sie ergeben haben. Auf die Auflage des Landesarbeitsgerichts vom 6. Dezember 2010 hat die Beklagte außerdem detailliert dargelegt, an welchen anderen Stationen welche Flugzeuge stationiert sind und hat die Veränderungen in der Stationierung dargestellt.

40

Bei diesem Sachvortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten sei nicht auf Dauer angelegt gewesen. Vielmehr hätte es - soweit der Sachvortrag der Beklagten substanziiert bestritten war - Beweis über diesen Vortrag erheben müssen.

41

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die dem Kläger mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und auch unter Berücksichtigung des bisherigen Sachvortrags des Klägers in den Tatsacheninstanzen für diesen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte, die dafür sprachen, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach ihrem Vortrag zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen dargelegt. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Sie enthält auch in § 6 eine Regelung über die bevorzugte Wiedereinstellung für den Fall einer erneuten Stationierung von Flugzeugen in Hannover; dies impliziert die vorhergehende Schließung. Auch der Kläger hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann. Vielmehr spricht der klägerische Vortrag, „von den 36 in Hannover stationierten Mitarbeitern haben sich 24 Mitarbeiter auf freie Plätze in Frankfurt am Main und Hamburg beworben“, deutlich für die Dauerhaftigkeit der Maßnahme. Dass die Beklagte nach klägerischer Auffassung „überhaupt nicht ausschließen“ könne, dass von Hannover aus keine Umläufe mehr stattfinden würden, genügt ebenso wenig für die Annahme der fehlenden Dauerhaftigkeit der unternehmerischen Entscheidung, wie der Hinweis des Klägers auf die „Unwägbarkeiten“ des Flugbetriebs.

42

d) Das Landesarbeitsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Entscheidung der Beklagten nicht weitergehend auf die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens überprüft. Das wird es nachzuholen haben und dabei die nachfolgenden Maßgaben beachten müssen.

43

Zugunsten der Beklagten wird die behauptete unternehmerische Entscheidung - so sie unstreitig oder nachgewiesen ist - zur Schließung des Standorts Hannover mit einem erheblichen Gewicht in die Abwägung einzubeziehen sein. Die Beklagte hat hierfür wirtschaftliche Erwägungen von beträchtlicher Tragweite, so zB andernfalls eintretende finanzielle Mehrbelastungen in Höhe von nahezu 100.000,00 Euro monatlich geltend gemacht, die ihrer Maßnahme auch angesichts der für den Kläger damit verbundenen Nachteile ein ausreichendes Maß an Plausibilität verleihen und sie deshalb nicht als missbräuchlich oder willkürlich erscheinen lassen. Dass auch an anderen Stationen Dead-Head-Kosten entstehen, stünde einer solchen Plausibilität nur dann entgegen, wenn die getroffene unternehmerische Entscheidung keinerlei relevante finanzielle Vorteile für die Beklagte hätte und deshalb als willkürlich gegenüber den Arbeitnehmern erschiene. Eine solche Annahme ist nach dem Sachvortrag der Parteien eher fernliegend.

44

Das Landesarbeitsgericht wird sein Augenmerk ferner darauf richten müssen, dass die Beklagte mit der Personalvertretung maßgebliche Abmilderungen der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten vereinbart hat. Andererseits ist festzustellen, welche konkreten Auswirkungen die Versetzung für den Kläger hat, insbesondere in welchem Umfang Fahrten nach und von Frankfurt am Main anfallen. Dabei wird es zu beachten haben, dass die tariflich vorgesehene Übernahme der Dead-Head-Kosten durch die Beklagte vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Besatzungen im Regelfall die Arbeit am jeweils festgelegten Dienstort aufnehmen und die Bezahlung der Dead-Head-Kosten die Ausnahme bildet. Ob der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers an einem anderen, für den Kläger günstigeren Einsatzort möglich war und ob persönliche Verhältnisse auf Seiten des Klägers von Gewicht vorhanden sind, die die Entscheidung der Beklagten als unbillig erscheinen lassen, ist bisher nicht ersichtlich.

45

B. Da noch nicht feststeht, ob die Versetzung des Klägers nach Frankfurt am Main wirksam erfolgt ist, war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung ebenfalls aufzuheben. Auch über den Erfolg der Änderungsschutzklage wird das Landesarbeitsgericht neu zu entscheiden haben (vgl. dazu BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -; 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84).

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 13. November 2012 - 16 Sa 1329/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Beschäftigung an ihrem bisherigen Einsatzort in München verlangt und die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1978 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von München aus tätig.

4

In Ziff. 1 des Arbeitsvertrags der Klägerin vom 13. Oktober 1999 heißt es ua.:

        

„Es besteht Einvernehmen darüber, dass eine Mindestverweildauer an dem o. a. dienstlichen Wohnsitz [Nürnberg] von mindestens einem Jahr vereinbart wird.

        

Die Regularien des MTV § 4 Ziffer 6 bleiben jedoch unberührt, das heißt konkret, dass bei betrieblichen Erfordernissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Wohnsitz erfolgen kann.“

5

In Ziff. 2 des Arbeitsvertrags ist ua. Folgendes geregelt:

        

„Die Rechte und Pflichten eines Mitarbeiters ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, dem MTV Nr. 1 für das Bordpersonal und der Vergütungsvereinbarung, die in der sogenannten Betriebsvereinbarung Nr. 1 enthalten sind, sowie den Dienstvorschriften der Eurowings Luftverkehrs AG.“

6

In Ziff. 6 („Sonstiges“) ist ua. Folgendes geregelt:

        

„Mündliche Nebenabreden sind nicht getroffen worden. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform.“

7

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

8

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.“

9

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

10

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin in einem Telefonat am 12. September 2011 einer Versetzung nach Düsseldorf zugestimmt hat. Mit Schreiben vom 20. September 2011 bat die Beklagte die Klägerin, hinsichtlich ihrer Versetzung schriftlich ihre Stationswahl mitzuteilen. Die Klägerin bewarb sich zwar entsprechend der auch in diesem Schreiben enthaltenen Aufforderung auf eine Vollzeitstelle, teilte jedoch keine Wunschstation mit.

11

Mit Schreiben vom 4. November 2011 teilte die Beklagte den Termin einer Schulung mit. Weiterhin teilte sie mit, dass gemäß der Aussage in einem Telefonat der dienstliche Einsatzort ab dem 11. November 2011 Düsseldorf sei. Mit Schreiben vom 9. November 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass gemäß einem mit der Mitarbeiterin S geführten Telefonat der dienstliche Einsatzort ab dem 11. November 2011 Düsseldorf sei. Weiterhin kündigte die Beklagte die Auszahlung einer Versetzungsprämie an. Die Klägerin bat mit Schreiben vom 21. November 2011, diese nicht im November auszuzahlen.

12

Die Klägerin hat bestritten, sich am 12. September 2011 mit der Beklagten über eine Versetzung geeinigt zu haben. Die arbeitgeberseitige Maßnahme sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden.

13

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, sie über den 11. November 2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort München zu beschäftigen,

        

hilfsweise für den Fall des Unterliegens

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin mit Stationierungsort München zu beschäftigen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, über die streitbefangene Versetzung sei bereits Einvernehmen erzielt worden. Die Klägerin selbst habe der Mitarbeiterin S in einem Telefonat am 12. September 2011 erklärt, sie wolle nach Düsseldorf. Als die Klägerin dann von bisher 90 % Teilzeit auf Vollzeit aufstocken wollte, habe man beides mit Schreiben vom 9. November 2011 zusammengefasst. Man habe zwar diese Einigung entgegen dem Arbeitsvertrag nicht schriftlich niedergelegt, das Schriftformerfordernis sei jedoch konkludent abbedungen worden. Die Klägerin habe auch in einem Telefonat in der Woche vom 22. - 28. November 2011 gegenüber der Leiterin Kabine K erklärt, mit dem Einsatzort Düsseldorf sei alles in Ordnung, sie könne nahe Köln bei ihren Schwiegereltern unterkommen. Zudem habe ihr Mann zur Zeit Elternzeit. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die Personalvertretung Kabine sei mit Schreiben vom 4. November 2011 zur Versetzung angehört worden. Diese habe ihre Zustimmung am 8. November 2011 erteilt.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

17

A. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beschäftigung in München (zu I). Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam (zu II). Die Versetzung bedurfte nicht der Schriftform (zu II 1). Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu II 2). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu II 3). Die Personalvertretung ist ordnungsgemäß unterrichtet worden und hat der Versetzung zugestimmt (zu II 4).

18

I. Der auf Beschäftigung in München gerichtete Antrag ist unbegründet, weil sich die Klägerin, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, bis Sommer 2014 in Elternzeit befindet. Sie kann schon deswegen nicht arbeiten. Bei dieser Lage hat sie gegenwärtig keinen Anspruch auf Beschäftigung.

19

II. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam.

20

1. Die Versetzung bedurfte nicht der Schriftform.

21

a) Die Parteien haben entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung keine wirksame Vereinbarung dahingehend getroffen, der neue Arbeitsort der Klägerin sei nunmehr Düsseldorf. Ob die Parteien, wie von der Beklagten behauptet, insoweit eine mündliche Einigung erzielt haben, kann dahinstehen. Die Wirksamkeit der Abrede würde, da sie nicht schriftlich getroffen wurde, jedenfalls an dem in Ziff. 6 des Arbeitsvertrags vereinbarten Schriftformerfordernis iVm. § 125 BGB scheitern.

22

b) Die mit Schreiben vom 9. November 2011 von der Beklagten erklärte Versetzung von München nach Düsseldorf ist dagegen nicht mangels schriftlichen Vertragsschlusses unwirksam. Nach Ziff. 6 des Arbeitsvertrags gilt das Schriftformerfordernis nur für vereinbarte Änderungen und Ergänzungen des Vertrags. Die Versetzung war jedoch keine solche Vereinbarung, sondern eine einseitige Erklärung.

23

2. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen.

24

a) Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

25

aa) Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

26

bb) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

27

cc) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

28

b) Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

29

aa) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen, auf die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen.

30

bb) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

31

(1) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Nürnberg „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Nürnberg als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn ... der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

32

(2) Außerdem ist in Ziff. 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags festgehalten, „dass bei betrieblichen Erfordernissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Wohnsitz erfolgen kann“. Diese Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

33

cc) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, auf den der Arbeitsvertrag Bezug nimmt und der ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben.

34

dd) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

35

ee) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den letzten Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2003 im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

36

(1) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

37

(2) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am letzten Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

38

ff) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

39

(1) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

40

(2) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

41

3. Die Versetzung hält auch der umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB stand. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

42

a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

43

aa) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

44

bb) Die gegenteilige Auffassung, nach der bei Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung eine Interessenabwägung weitestgehend entbehrlich sein soll, findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

45

cc) Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

46

b) Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

47

aa) Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

48

bb) Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht dargetan. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Landesarbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Dass sich die Organisation der Kinderbetreuung für Arbeitnehmer im Falle von Maßnahmen wie im vorliegenden Fall schwieriger gestaltet, weil die Klägerin längere Abwesenheiten von zu Hause in Kauf nehmen muss und diese nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher von ihrem Mann abgefedert werden können, ist ohne Zweifel eine Beeinträchtigung. Indes musste die Klägerin auch bisher längere Abwesenheiten von zu Hause hinnehmen. Sie sind in dem von ihr ausgeübten Beruf nicht vermeidbar. Dass die nun eintretende zusätzliche Erschwernis derart einschneidend wäre, dass sie vom Landesarbeitsgericht hätte entscheidend zugunsten der Klägerin in die Waagschale geworfen werden müssen, ist nicht ersichtlich.

49

4. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die PV Kabine hat die Zustimmung zur Versetzung am 8. November 2011 erteilt. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Inwiefern es sich um eine „Vorratsanhörung“ oder „Vorratszustimmung“ gehandelt haben soll, ist nicht nachvollziehbar.

50

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch     

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    R. Baschnagel     

        

    Petri    

                 

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Januar 2009 - 12 Sa 1590/08 - wird zurückgewiesen, soweit dieses die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 24. Juli 2008 - 1 Ca 671/08 - zu Ziff. 2 zurückgewiesen hat.

2. Im Übrigen wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung und einer Versetzung geltend.

2

Die Klägerin trat im Jahre 1995 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Als Dienstorte wurden Duisburg und ggf. Köln vereinbart. Seit dem 1. Januar 2002 arbeitete die Klägerin in häuslicher Telearbeit an ihrem Wohnort (zuletzt in L) und fuhr hin und wieder zum Büro der Beklagten nach Duisburg, manchmal auch nach Frankfurt am Main. Die Fahrzeiten nach Frankfurt wurden vergütet.

3

Am 12. Februar 2008 hörte die Beklagte im Rahmen einer Neuordnung ihres Geschäftsbetriebs den für die Betriebe Köln und Duisburg gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten Änderungskündigung an und beantragte zugleich, der Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main zuzustimmen. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Änderungskündigung.

4

Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. September 2008 und bot der Klägerin gleichzeitig an, es ab dem 1. Oktober 2008 zu ansonsten gleichen Arbeitsbedingungen mit dem Arbeitsort Frankfurt am Main fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Angebot unter Vorbehalt an.

5

Am 30. Mai 2008 sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Versetzung nach Frankfurt am Main mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 aus.

6

Da der Betriebsrat auch die Zustimmung zur Versetzung der Klägerin verweigert hatte, beantragte die Beklagte beim Arbeitsgericht Duisburg festzustellen, dass die Zustimmung als erteilt gelte, hilfsweise, die Zustimmung zu ersetzen. Durch Beschluss vom 11. September 2009 wurden die Anträge vom Arbeitsgericht Duisburg zurückgewiesen (- 1 BV 56/08 -). Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landesarbeitsgericht Düsseldorf durch mittlerweile rechtskräftigen Beschluss vom 14. Januar 2009 zurück.

7

Mit der Klage macht die Klägerin die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung geltend. Außerdem stehe der Wirksamkeit der Änderungskündigung entgegen, dass sie auf eine Maßnahme (Versetzung) gerichtet sei, von der rechtskräftig feststehe, dass sie nicht mehr umgesetzt werden könne.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß Änderungskündigung vom 29. Februar 2008 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht,

        

2.    

festzustellen, dass die Versetzung vom 30. Mai 2008 unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Versetzung sei durch ihr Direktionsrecht gedeckt, jedenfalls aber sei die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt. Dass die Zustimmung zur Versetzung vom Betriebsrat verweigert und die Ersetzung der Zustimmung rechtskräftig abgelehnt worden sei, stehe der Wirksamkeit der Änderungskündigung ebenso wenig im Wege wie der individualrechtlichen Wirksamkeit der Versetzung.

10

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

11

Nach Zurückweisung der Berufung hat die Beklagte erneut die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Klägerin nach Frankfurt am Main beantragt. Der Betriebsrat hat die Zustimmung verweigert. Daraufhin hat die Beklagte die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht beantragt. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Über die dagegen von der Beklagten eingelegte Beschwerde ist noch nicht entschieden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet, soweit es die Entscheidung über die Versetzung betrifft (I.). Im Übrigen ist sie begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (II.).

13

I. Die gegen die Versetzung gerichtete Klage ist begründet. Das haben die Vorinstanzen zu Recht erkannt. Die von der Beklagten ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochene Versetzung ist auch individualrechtlich unwirksam (vgl. Senat 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - zu II 2 c cc (2) der Gründe mwN, BAGE 97, 276). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung dient neben dem Schutz der Belegschaft dem Schutz des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers (Senat 5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - aaO). Der Arbeitnehmer hat beim Fehlen der Zustimmung des Betriebsrats das Recht, die Arbeit zu den geänderten Bedingungen zu verweigern (BAG 29. September 2004 - 1 AZR 473/03 - zu II 4 b der Gründe mwN).

14

II. Ob die Änderungskündigung unwirksam ist, steht dagegen noch nicht fest. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Änderungskündigung nicht schon deshalb unwirksam, weil die Versetzung nicht die Zustimmung des Betriebsrats fand und diese auch nicht ersetzt wurde.

15

1. Für eine Änderungskündigung zum Zwecke der Versetzung ist die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung oder ihre gerichtliche Ersetzung als solche keine Wirksamkeitsvoraussetzung (Senat 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - BAGE 74, 291; zur Umgruppierung: Senat 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - BAGE 127, 342; zur Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: Senat 17. Juni 1998 - 2 AZR 336/97 - BAGE 89, 149). Die §§ 99 ff. BetrVG enthalten im Unterschied zu § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG keine ausdrückliche Regelung des Inhalts, dass eine mitbestimmungswidrig durchgeführte Versetzung mit der Unwirksamkeit der zu ihrer Durchsetzung ausgesprochenen Änderungskündigung einherginge. Würde man dies anders beurteilen, so würden außerdem Änderungskündigungen in einem vom Gesetz nicht angeordneten Ausmaß erschwert und wären schon wegen der möglichen Dauer eines Zustimmungsersetzungsverfahrens keine angemessene Gestaltungsmöglichkeit zur Anpassung von Arbeitsverhältnissen an geänderte betriebliche Gegebenheiten. Die Regelung des § 2 KSchG zeigt jedoch, dass dem Arbeitgeber vom Gesetz eine realisierbare Möglichkeit der Änderungskündigung gegeben werden sollte. Schließlich kann die Änderungskündigung auch nicht als schwebend unwirksam angesehen werden. Die Kündigung als einseitige Gestaltungserklärung verträgt einen solchen Zustand der rechtlichen Ungewissheit nicht (Senat 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - aaO; Preis Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen S. 344 f.).

16

2. Entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum mit unterschiedlichen Ansätzen vertretenen Auffassung (vgl. Hessisches LAG 1. Juni 2006 - 9 Sa 1743/05 -; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 141; ähnlich KDZ/Zwanziger 7. Aufl. Rn. 188 zu § 2 KSchG; DKK/Bachner BetrVG 12. Aufl. § 99 Rn. 219; APS/Künzl 3. Aufl. § 2 KSchG Rn. 158f.; Löwisch-Spinner 9. Aufl. Rn. 112 zu § 2 KSchG; HaKo-Pfeiffer 3. Aufl. § 2 Rn. 70; v. Hoyningen-Huene/Linck 14. Aufl. § 2 Rn203; Berkowsky NZA 2010, 250) ist an der Trennung zwischen dem betriebsverfassungsrechtlichen Schicksal der Versetzung und den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung auch für den hier gegebenen Fall festzuhalten, dass die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung, deren Ermöglichung Gegenstand der Änderungskündigung ist, gerichtlich nicht ersetzt worden und die entsprechende Entscheidung rechtskräftig ist. Durch die rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung wird die Ausführung der mit der Änderungskündigung beabsichtigten Vertragsänderung nicht dauernd unmöglich iSv. § 275 Abs. 1 BGB(dies noch in Betracht ziehend Senat 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e ff der Gründe, BAGE 74, 291; offen gelassen von Senat 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 - BAGE 127, 342).

17

a) Gegenstand eines Verfahrens auf Ersetzung der Zustimmung zu einer Einstellung oder Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist die Frage, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme aufgrund eines konkreten, an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens des Arbeitgebers angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Verweigerungsgründe gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Arbeitgeber zulässig war (28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 23, BAGE 117, 123; 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 113, 218; 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 113, 109). Diese gegenwarts- und zukunftsbezogene Frage ist nach Maßgabe der Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beantworten (25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - aaO; 12. November 2002 - 1 ABR 1/02 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 103, 304). Auch Veränderungen tatsächlicher Art sind dementsprechend jedenfalls bis zum Schluss der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen (BAG 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06 - Rn. 18, 19, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3).

18

Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zur Versetzung desselben Arbeitnehmers auf denselben (neuen) Arbeitsplatz ersuchen. Er kann dementsprechend mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren - nacheinander oder auch zeitlich parallel, also schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des zunächst eingeleiteten - bei Gericht anhängig machen. Diese haben trotz des gleichen Rechtsschutzziels prozessual unterschiedliche Gegenstände. Durch die rechtskräftige Ablehnung der Zustimmungsersetzung in einem vorangegangenen Verfahren ist der Ausgang eines weiteren Ersetzungsverfahrens nicht präjudiziert (BAG 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 99 Versetzung Nr. 3).

19

b) Gegenstand des Verfahrens über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung ist im Falle der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt - wie sie hier vorliegt - der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Arbeitsbedingungen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Gegenstand der Klage gegen eine Änderungskündigung mit dem Ziel der Versetzung - hier an einen anderen Arbeitsort - ist deshalb nicht die Wirksamkeit der beabsichtigten Versetzung als solcher. Verfahrensgegenstand ist vielmehr die soziale Rechtfertigung des dem Arbeitnehmer unterbreiteten Angebots, den bestehenden Arbeitsvertrag dahin zu ändern, dass er - regelmäßig an Stelle der bisherigen und nicht zusätzlich - die mit der Versetzung erstrebten Arbeitsbedingungen enthält. Ob die dem Arbeitnehmer angesonnene Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist, ist grundsätzlich unabhängig davon zu beurteilen, ob und wann der Arbeitgeber von der gewünschten Änderung der Vertragsbedingungen tatsächlich - durch eine dann von diesen gedeckte Ausübung seines Weisungsrechts - Gebrauch machen kann (Senat 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 e cc, III der Gründe, BAGE 74, 291).

20

Demnach unterscheiden sich die Streitgegenstände und gerichtlichen „Prüfprogramme“ von Zustimmungsersetzungs- und Änderungsschutzverfahren maßgeblich. Hinzukommt, dass die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach der Lage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, die Berechtigung der Zustimmungsverweigerung dagegen nach der Rechts- und Tatsachenlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu beurteilen ist. Dies zeigt, dass unterschiedliche Entscheidungen über die Versetzung auf der einen und die Änderungskündigung auf der anderen Seite ohne weiteres möglich sind.

21

c) Die rechtskräftige Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrags des Arbeitgebers führt nicht dazu, dass die Leistungserbringung durch den Arbeitnehmer nach Maßgabe der geänderten Arbeitsbedingungen iSv. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich würde - unbeschadet der Frage, ob dies die Wirksamkeit der Änderungskündigung als solche in Frage stellen oder allenfalls einen Anspruch des Arbeitnehmers darauf begründen könnte, die Änderung der Vertragsbedingungen wegen der Unmöglichkeit ihrer Realisierung rückgängig zu machen. § 275 Abs. 1 BGB verlangt nicht nur eine vorübergehende, sondern setzt die dauernde Unmöglichkeit zur Leistung voraus(BGH 19. Oktober 2007 - V ZR 211/06 - Rn. 15, 24, BGHZ 174, 61; Palandt/Grüneberg BGB 69. Aufl. § 275 Rn. 10 mwN). Demgegenüber hat die rechtskräftige Abweisung eines Antrags des Arbeitgebers, die vom Betriebsrat auf ein bestimmtes Ersuchen hin verweigerte Zustimmung zur Versetzung zu ersetzen, gerade nicht zur Folge, dass der Arbeitgeber rechtlich dauerhaft gehindert, der Arbeitnehmer dauerhaft außer Stande wäre, eine Versetzung wirksam anzuordnen bzw. einer entsprechenden Anordnung betriebsverfassungsrechtlich zulässigerweise nachzukommen. Es ist dem Arbeitgeber unbenommen, nach erfolglosem Zustimmungsersuchen und erfolglosem Antrag auf Zustimmungsersetzung ein neues Ersuchen um Zustimmung an den Betriebsrat zu richten und bei dessen abermaliger Ablehnung erneut deren gerichtliche Ersetzung zu beantragen. Der Arbeitgeber ist damit für die Zukunft durchaus in der Lage, die kollektivrechtliche Sperre zu beseitigen, die ihn zunächst daran hindert, die Erfüllung einer durch die Änderungskündigung herbeigeführten neuen individualrechtlichen Leistungspflicht des Arbeitnehmers von diesem tatsächlich verlangen zu können; von dieser Möglichkeit hat die Beklagte im Übrigen auch Gebrauch gemacht. Eine dauernde Unmöglichkeit wäre angesichts dessen allenfalls dann anzunehmen, wenn ein weiteres Zustimmungsersetzungsbegehren - etwa wegen Rechtsmissbrauchs - schlechterdings keinen Erfolg haben könnte.

22

d) Der Arbeitnehmer ist ausreichend geschützt. Wie ausgeführt, bleibt die Versetzung auch individualrechtlich unwirksam, solange die Zustimmung des Betriebsrats nicht erteilt oder ersetzt ist. Der Arbeitnehmer muss trotz deren Wirksamkeit nicht zu den geänderten Bedingungen arbeiten.

23

III. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen der Änderungskündigung getroffen. Um dies nachzuholen, war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Söller    

        

    A. Claes    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.