Landesarbeitsgericht Hamburg Beschluss, 18. Jan. 2016 - 4 Ta 12/15

bei uns veröffentlicht am18.01.2016

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 02. Juni 2015 und die sofortige Beschwerde des Klägers vom 08. Juni 2015 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015 – 25 Ca 80/15 – werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger und die Beklagten wenden sich mit ihren sofortigen Beschwerden gegen eine Rechtswegentscheidung des Arbeitsgerichts, das den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg verwiesen hat.

2

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Pensionsbeiträgen. Der Kläger war bei der dem Rechtsstreit beigetretenen T. KG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Abwicklungsvereinbarung vom 29. November 2004 (Anlage K1) mit Ablauf des 31. Januar 2008. Gemäß Ziffer 5. der vorgenannten Abwicklungsvereinbarung verpflichtete sich der ehemalige Arbeitgeber des Klägers an diesen eine Abfindung für den Verlust seines Arbeitsplatzes in Höhe von € 65.750,00 brutto zu zahlen. Entsprechend einer Empfehlung des Arbeitgebers zahlte der Kläger von seiner Abfindung einen Betrag in Höhe von € 28.098,64 bei der Beklagten zu 1) ein, welche eine Pensionskasse ist, und zahlte ferner einen Betrag in Höhe von € 26.651,36 an die Beklagte zu 2), welche ebenfalls eine Pensionskasse ist, um Rentenleistungen zu erhalten, wobei er davon ausging, dass er nach Erreichen des Rentenalters eine Wahl hat, ob er die Auszahlung eines Einmalbetrages oder die monatliche Rentenzahlung von den Beklagten fordert. Am 06. Januar 2014 erhielt der Kläger von den Beklagten ein Schreiben, wonach der gewählte Versicherungstarif eine einmalige Auszahlung nicht vorsieht. Der Kläger ist der Auffassung, dass ein wirksames Versicherungsvertragsverhältnis zu den Beklagten nicht entstanden sei und hat deshalb mit seiner Klage vom 10. Februar 2015, die den Beklagten am 20. Februar 2015 zugestellt worden ist, die Rückzahlung der geleisteten Versicherungsbeiträge gefordert.

3

In der Güteverhandlung vom 12. März 2015 hat das Arbeitsgericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es Bedenken an der Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen hat und insoweit auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 05. Dezember 2013 (- 10 AZB 25/13 -) hingewiesen und den Parteien Gelegenheit gegeben, bis zum 26. März 2015 zur Frage der Rechtswegzuständigkeit Stellung zu nehmen.

4

Das Arbeitsgericht hat sich durch Beschluss vom 19. Mai 2015 – 25 Ca 80/15 – für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Hamburg verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, im vorliegenden Fall komme eine Zuständigkeit allein nach § 2 Abs. 1 Nummer 4 b ArbGG in Betracht. Die Beklagten seien unstreitig keine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien aber auch keine Sozialeinrichtung des privaten Rechts im Sinne dieser Vorschrift. Die Beklagte zu 1) erbringt als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die Beklagte zu 2) erbringt als eingetragener Verein Pensionszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung. Die Leistungen der Beklagten bezweckten zwar die Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen von Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen, allerdings dienten sie diesem Anliegen nicht allein gegenüber den Arbeitnehmern des früheren Arbeitgebers des Klägers und der mit diesem Arbeitgeber im Konzernverbund stehenden Unternehmen zum Zwecke der Altersversorgung abgesonderter Vermögensmassen. Es handele sich bei den Beklagten nicht um ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Sondervermögen. Durch die Einzahlung von Teilen der Abfindung habe der Kläger Altersversorgungsansprüche gegen die Beklagten aufgebaut, die auch für andere Arbeitgeber und Arbeitnehmer offen stünden. Die Leistungsfähigkeit der Beklagten speise sich nicht nur aus Beiträgen des früheren Arbeitgebers des Klägers, sondern auch aus den Zahlungen vieler weiterer Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, die in keiner Nähe zum ehemaligen Arbeitgeber des Klägers stehen. Die Beklagten stehen damit, anders als eine Sozialeinrichtung, außerhalb der besonderen greifbaren Beziehung zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen, wenn auch die Versicherungsvertragsverhältnisse ihr Entstehen - rein tatsächlich - einem Arbeitsverhältnis verdanken. Die Funktion der Beklagten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung sei mit einer Direktversicherung vergleichbar, die ebenfalls keine Sozialeinrichtung sei. Danach sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig, sodass der Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg zu verweisen sei.

5

Gegen diesen den Beklagten am 22. Mai 2015 zugestellten Beschluss haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 02. Juni 2015, der am 04. Juni 2015 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Der Kläger hat gegen den ihm am 26. Mai 2015 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz vom 08. Juni 2015, der am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt.

6

Die Beklagten haben vorgetragen, das Arbeitsgericht sei zuständig. Der Kläger verfolge einen vermeintlichen Anspruch, der mit seinem Arbeitsverhältnis im rechtlichen oder zumindest unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang stehe. Er verfolge ihn gegenüber den Beklagten, die Sozialeinrichtungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nummer 4 b ArbGG seien. Das Arbeitsgericht setze den Begriff der Sozialeinrichtung im Sinne der vorgenannten Vorschrift mit dem der Sozialeinrichtung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG gleich. Es wiederhole damit unreflektiert eine entsprechende irrige Annahme des BAG.

7

Der Kläger hat vorgetragen, es handele sich vorliegend um einen Rechtsstreit zwischen einem Arbeitnehmer und einer Sozialeinrichtung des privaten Rechts über Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis bzw. aus Ansprüchen, die mit einem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Bei den Beklagten handele es sich um Sozialeinrichtungen im Sinne des § 2 ArbGG.

8

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 25. Juni 2015 ohne Hinzuziehung von ehrenamtlichen Richtern der sofortigen Beschwerde des Klägers und der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Begriff der Sozialeinrichtungen in § 2 Abs. 1 Nummer 4 b ArbGG und in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG gleichlautend sei oder im Rahmen des § 2 Abs. 1 Nummer 4 b ArbGG zumindest eine ähnlich greifbare Nähe der Einrichtung zum Arbeitsverhältnis gefordert werden müsse. Für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei nach dem Beschluss des BAG vom 05. Dezember 2013 notwendig, dass die konkrete Pensionskasse eine vom früheren Arbeitgeber oder von mit diesem in einem Konzernverbund stehenden Unternehmen zum Zweck der Altersversorgung abgesonderte Vermögensmasse darstelle. Speise sich die Leistungsfähigkeit nicht nur aus Beiträgen des früheren Arbeitgebers, sondern auch aus Zahlungen Dritter, die in keinem besonderen Verhältnis zum Arbeitgeber stünden, so fehle es an einer greifbaren Beziehung zu den Arbeitsverhältnissen. Die Beklagten stellten nicht zum Zwecke der Altersversorgung vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers abgegrenzte Vermögensmassen dar, denn sie stünden einer Vielzahl von Arbeitgebern und Arbeitnehmern offen. Abweichendes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach § 17 der Satzung der Beklagten zu 2) getrennt für jeden Leistungsanwärter/Leistungsempfänger getrennte Konten geführt werden.

9

Die Beschwerdekammer hat den Parteien durch Verfügung vom 01. Juli 2015 Gelegenheit gegeben, zum Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg und zum Beschwerdeverfahren insgesamt binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015 haben die Beklagten und mit Schriftsatz vom 14. Juli 2015 hat der Kläger den Sachvortrag vertieft.

10

Durch weitere Verfügung der Beschwerdekammer vom 12. August 2015 ist dem Arbeitsgericht unter Hinweis auf den Beschluss des BAG vom 17. September 2014 (– 10 AZB 43/14 – Rn 13, Juris) anheimgegeben worden zu erwägen, ob eine erneute Nichtabhilfeentscheidung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter getroffen werden soll.

11

Durch Beschluss vom 22. September 2015 hat das Arbeitsgericht nunmehr unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter der sofortigen Beschwerde der Beklagten zu 1) und zu 2) und der Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen. Die Begründung der erneuten Nichtabhilfeentscheidung ist inhaltlich identisch mit der Nichtabhilfeentscheidung vom 25. Juni 2015.

12

Durch Verfügung vom 07. Oktober 2015 hat die Beschwerdekammer den Parteien Gelegenheit gegeben, zum Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. September 2015 Stellung zu nehmen.

13

Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht seinen in nicht vorschriftsmäßiger Besetzung erlassenen Beschluss vom 25. Juni 2015 am 22. September 2015 in der Besetzung mit Herrn Dr. R. und den ehrenamtlichen Richtern Frau S. und Herr K. wortgleich neu erlassen habe. Es bestünden deshalb Zweifel, ob der Beschluss vom 22. September 2015 ordnungsgemäß ergangen sei, denn der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Mai 2015, gegen den die sofortige Beschwerde eingelegt worden sei, sei durch die 25. Kammer des Arbeitsgerichts in der Besetzung mit dem Vorsitzenden Dr. R. und den ehrenamtlichen Richterinnen Frau B. und Frau H. ergangen. Es sei nicht ersichtlich, welche Gründe es gerechtfertigt hätten, die Kammerbesetzung und damit den gesetzlichen Richter für die neue erneute Beschlussfassung vom 22. September 2015 abzuändern.

14

Durch Verfügung vom 23. November 2015 hat die Beschwerdekammer dem Arbeitsgericht anheimgegeben zu erwägen, ob eine erneute Nichtabhilfeentscheidung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter, die am Beschluss vom 19. Mai 2015 mitgewirkt haben, getroffen werden soll; wegen der weiteren Einzelheiten der Verfügung wird auf Bl. 99 f d.A. Bezug genommen.

15

Durch Verfügung vom 01. Dezember 2015 hat das Arbeitsgericht mitgeteilt, dass aus seiner Sicht über die Abhilfe der sofortigen Beschwerde zwar durch die Kammer, allerdings nicht notwendig in derselben personellen Besetzung zu erfolgen habe, denn die Abhilfeentscheidung sei im Grunde eine erneute Entscheidung in der Sache, weshalb es auf die Zusammensetzung der Kammer zum Zeitpunkt der Fassung der Ausgangsentscheidung nicht ankommen könne.

16

Mit Schriftsatz vom 04. Dezember 2015 haben die Beklagten mitgeteilt, dass die Auffassung des Arbeitsgerichts zur Frage der Kammerbesetzung bei einem Abhilfebeschluss nicht geteilt werde. Den Mitgliedern einer Kammer komme gleiches Stimmrecht zu. Gehe man zutreffend davon aus, dass ein von der Kammer gefasster Beschluss auch von der Kammer überprüft werden müsse und nicht durch den Einzelrichter abgeändert werden dürfe, müsse zunächst einmal die Kammer in der ursprünglichen Besetzung zur Prüfung berufen sein. Mit dem Prinzip des gesetzlichen Richters sei es kaum vereinbar, dass der/die Vorsitzende durch freie Wahl des Entscheidungstermins nach eigenem Gutdünken eine andere Kammerbesetzung bestimmen könne. Dass die Kammer nicht zwangsläufig in der gleichen Besetzung entscheiden müsse (z.B. bei Verhinderung einzelner Mitglieder) steht im Prinzip nicht entgegen. Letztlich könne der Streit aber auch dahinstehen, denn, insoweit werde dem Arbeitsgericht zugestimmt, könne das Beschwerdegericht unabhängig davon entscheiden, ob die Durchführung des Abhilfeverfahrens als ordnungsgemäß oder fehlerhaft eingestuft werde.

17

Die Beschwerdekammer hat durch Verfügung vom 09. Dezember 2015 dem Kläger und der Streitverkündeten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben. Eine weitere Stellungnahme erfolgte nicht.

18

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

19

1. Über eine sofortige Beschwerde, die sich gegen einen die Nichteröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten betreffenden Beschluss wendet, kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch das Landesarbeitsgericht entschieden werden (vgl. BAG Beschluss vom 10. Dezember 1992 – 8 AZB 6/92 – AP Nr. 4 zu § 17a GVG).

20

2. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 02. Juni 2015 und die sofortige Beschwerde des Klägers vom 08. Juni 2015 sind gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. §§ 48 Abs. 1, 78 ArbGG statthaft und, da sie form- und fristgerecht gemäß § 571, 569 ZPO eingelegt worden ist, auch im Übrigen zulässig.

21

a) Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 25. Juni 2015 ist zwar nicht in einer vorschriftsmäßigen Besetzung des Arbeitsgerichts ergangen, denn er ist durch den Kammervorsitzenden allein getroffen worden. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da es sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen (vgl. BAG Beschluss vom 17. September 2014 - 10 AZB 43/14 – Rn. 14 m.w.N., Juris). Nachdem die Beschwerdekammer durch Verfügung vom 12. August 2015 das Arbeitsgericht auf die nicht vorschriftsmäßige Besetzung bei dem Beschluss vom 25. Juni 2015 hingewiesen hat, hat das Arbeitsgericht einen erneuten Nichtabhilfebeschluss am 22. September 2015 unter Hinzuziehung von ehrenamtlichen Richtern erlassen. Allerdings haben beim erneuten Nichtabhilfebeschluss vom 22. September 2015 andere ehrenamtliche Richter mitgewirkt, als beim mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 19. Mai 2015. Soweit das Arbeitsgericht in der Verfügung vom 01. Dezember 2015 unter Bezugnahme auf die Kommentarliteratur (vgl. Germelmann in Germelmann/Matthes/ Prütting, ArbGG, 8. Aufl., § 48 Rz. 118; Walker in Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl., § 48 Rz. 68a; Oesterle in Düwell/Lipke, ArbGG, 3. Aufl., § 78 Rz. 40) und auf eine Entscheidung des LArbG Schleswig- Holstein (Beschluss vom 08. August 2005 – 2 Ta 166/05 – Rn. 4; vgl. dazu auch LArbG Köln Beschluss vom 10. März 2006 – 3 Ta 47/06 – Rn. 13, Juris, zur Besetzung des Spruchkörpers bei einer Abhilfeentscheidung wegen der sofortigen Beschwerde gegen die nachträgliche Zulassung einer KSch-Klage) darauf hinweist, dass die Nichtabhilfeentscheidung zwar durch die vollständige Kammer, nicht aber notwendig in derselben Besetzung, zu treffen sei, hat die Beschwerdekammer erhebliche Bedenken, ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist. Mit Recht weisen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten insoweit darauf hin, dass es mit dem Prinzip des gesetzlichen Richters kaum vereinbar sein dürfte, dass der/die Vorsitzende durch freie Wahl des Entscheidungstermins eine andere Kammerbesetzung hinsichtlich der zutreffenden Abhilfe bzw. Nichtabhilfeentscheidung bestimmen kann. Hintergrund der Abhilfe bzw. Nichtabhilfeentscheidung ist, dass dem Spruchkörper in derselben Besetzung Gelegenheit gegeben werden soll, seine Entscheidung zu überprüfen (vgl. dazu auch Zöller- Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 572 Rz. 9a; OLG Stuttgart Beschluss vom 27. August 2002 - 14 W 3/02 – Rn. 4, Juris; LArbG Bremen Beschluss vom 05. Januar 2006 – 3 Ta 69/05 – Rn. 6, Juris; LArbG Baden-Württemberg Beschluss vom 07. August 2002 – 15 Ta12/02 – Rn. 15). Die Beschwerdekammer hält es wegen des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (vgl. dazu auch BAG Beschluss vom Beschluss vom 17. September 2014 – 10 AZB 43/14 – Rn. 15 m.w.N., Juris) für erforderlich, dass der jeweils im Voraus bestimmte zuständige Spruchkörper entscheidet und der Spruchkörper der angefochtenen Entscheidung, d.h. grundsätzlich derselbe/dieselbe Berufsrichter/in und dieselben ehrenamtlichen Richter/innen, Gelegenheit erhält, seine Entscheidung inhaltlich zu überprüfen und damit eine Selbstkontrolle vorzunehmen (vgl. LArbG Bremen Beschluss vom 05. Januar 2006 – 3 Ta 69/05 – Rn. 6, Juris). Von diesem Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn ein Fall der Verhinderung eines/r Richter/in vorliegt.

22

Einer erneuten Entscheidung durch das Arbeitsgericht über die Abhilfe-/Nichtabhilfe bedarf es hingegen nicht, denn die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe der sofortigen Beschwerde wirkt sich nicht auf den Beschluss der Beschwerdekammer aus. Die Beschwerdekammer kann nach § 78 Satz 3 ArbGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden, so dass der Besetzungsfehler des Arbeitsgerichts dadurch seine Bedeutung verloren hat (vgl. BAG Beschluss vom Beschluss vom 17. September 2014 – 10 AZB 43/14 – Rn. 16 m.w.N., Juris). Darauf haben sowohl das Arbeitsgericht in der Verfügung vom 01. Dezember 2015 und auch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Schriftsatz vom 04. Dezember 2015 mit Recht hingewiesen.

23

b) In der Sache selbst haben die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) und zu 2) und die sofortige Beschwerde des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG nicht gegeben ist.

24

aa) Es handelt sich nicht um eine Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG, denn die Beklagten waren und sind nicht Arbeitgeber des Klägers.

25

bb) Die Beklagten sind auch nicht Rechtsnachfolger des Arbeitgebers im Sinne des § 3 ArbGG, denn der Kläger macht gegenüber den Beklagten allein Ansprüche aus dem zwischen ihm und den Beklagten begründeten Versicherungsverhältnis geltend.

26

cc) Ohne Rechtsfehler hat das Arbeitsgericht unter Zugrundelegung der Rechtssätze der Entscheidung des BAG vom 05. Dezember 2013 (- 10 AZB 25/13 – Rn. 18, Juris) angenommen, dass die Beklagten keine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG sind. Nach der vorgenannten Rechtsprechung des BAG (aaO.) liegt eine Sozialeinrichtung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG vor, wenn eine soziale Leistung des Arbeitgebers nach allgemeinen Richtlinien aus einer abgesonderten, besonders zu verwaltenden Vermögensmasse erfolgt. Der Terminus Sozialeinrichtung ist eine bedeutungsgleiche zeitgemäßere Bezeichnung für die in § 56 BetrVG 1952 bzw. § 2 Abs. 4 ArbGG 1953 genannte „Wohlfahrtseinrichtung“. Ebenso wie eine solche Einrichtung dient sie der Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen der Arbeitnehmer und/oder ihrer Hinterbliebenen. Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu Arbeitsverhältnissen stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen. Der Begriff der „Sozialeinrichtung“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG entspricht im Wesentlichen dem in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG verwendeten Begriff. Allerdings ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG der Wirkungsbereich einer Sozialeinrichtung ausdrücklich auf „den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt“ (vgl. BAG Beschluss vom 05. Dezember 2013 - 10 AZB 25/13 – Rn. 18, Juris).

27

dd) Die Beschwerdekammer folgt dieser vorgenannten Rechtsprechung des BAG nach eigener Überprüfung. Das Arbeitsgericht hat die vorgenannte Rechtsprechung seiner Entscheidung zugrunde gelegt und rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte zu 1) als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und die Beklagte zu 2) als eingetragener Verein Pensionszahlungen im Rahmen einer zwischen den Beklagten und dem Kläger vereinbarten betrieblichen Altersversorgung erbringen. Mit Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die Beklagten keine vom früheren Arbeitgeber des Klägers oder von mit dem Arbeitgeber im Konzernverbund stehenden Unternehmen zum Zwecke der Altersversorgung abgesonderte Vermögensmassen darstellen und es sich bei den Beklagten nicht um ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Sondervermögen handelt. Entscheidend ist, dass sich die Leistungsfähigkeit der Beklagten nicht nur aus Beiträgen des früheren Arbeitgebers, sondern auch aus den Zahlungen weiterer Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, die in keiner Nähe zum Arbeitgeber des Klägers stehen, speist. Zutreffend hat das Arbeitsgericht deshalb angenommen, dass die Beklagten damit - anders als eine Sozialeinrichtung - außerhalb der besonderen „greifbaren“ Beziehung zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen stehen, wenn auch das Versicherungsvertragsverhältnis sein Entstehen - rein tatsächlich - einem Arbeitsverhältnis verdankt, denn es sind Beitragszahlungen an die Beklagten geleistet worden, die aus der zwischen dem Kläger und seinem ehemaligen Arbeitgeber in der Abwicklungsvereinbarung vom 29. November 2004 vereinbarten Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes geleistet wurden. Mithin liegt dem Streitverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten allein das Versicherungsvertragsverhältnis zugrunde, so dass die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht gegeben ist.

III.

28

Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 78 ArbGG in Verbindung mit § 574 Abs. 1 ZPO kein Rechtsmittel statt. Es bestand kein Anlass, die Rechtsbeschwerde gemäß § 78 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

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13.
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b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 7. April 2014 - 1 Ta 31/14 - aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Suhl vom 23. Januar 2014 - 5 Ca 1723/13 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

3. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 3.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers.

2

Der Kläger hat die beklagte GmbH mit einem weiteren Gesellschafter, Herrn R, im Jahr 1992 gegründet. Beide Gesellschafter besitzen jeweils 50 % der Gesellschaftsanteile und waren bis zum Jahr 2008 Geschäftsführer der Beklagten. Der Gesellschaftsvertrag vom 5. Juni 1992 bestimmt in § 13 Abs. 6:

        

„Die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer kann nur mit 75 v. H. aller Gesellschafter beschlossen werden.“

3

§ 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags enthält eine Liste von „besonderen“ Geschäften, für die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluss einzuholen ist, darunter „die Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer“ und „die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter sowie die Vertretung in Prozessen, welche sie gegen die vorgenannten zu führen hat“. § 15 Abs. 3 bestimmt abschließend:

        

„Die Liste der zustimmungsbedürftigen Geschäfte kann mit einem Mehrheitsbeschluss erweitert oder geändert werden.“

4

Am 15. Juli 2008 beschlossen die Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung, die Organstellung von Herrn R zum 30. September 2009 und die des Klägers zum 31. Januar 2011 zu beenden. Beide sollten im Anschluss daran in einem „normalen Angestelltenverhältnis“ weiter im Unternehmen tätig sein.

5

Über das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer kam es im Jahr 2011 zu einem Rechtsstreit mit der Beklagten vor dem Landgericht Meiningen, der durch gerichtlichen Vergleich vom 16. August 2012 endete. Nach dessen Ziffer 1 endete das Geschäftsführerdienstverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2011. In Ziffer 2 heißt es:

        

„Zwischen [den Parteien] ist ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter für Aufbaufertigung und Vertrieb des dezentralen innovativen Lüftungssystems ... abgeschlossen.

        

…       

        

Ab 01.09.2012 gilt hinsichtlich dieses Angestelltenvertrages als vereinbart, dass eine Arbeitszeit von wöchentlich 37 Stunden zu leisten ist. Für diese Tätigkeit vereinbaren die Parteien eine Vergütung in Höhe eines monatlichen Gehalts von 3.500,00 Euro.

        

…“    

6

Es folgen sodann Einzelheiten über die Bezahlung und den Urlaub. Über die Durchführung dieses Angestelltenverhältnisses kam es erneut zu Auseinandersetzungen, die im Oktober 2013 zum Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung durch die Beklagte führten. Hiergegen richtet sich die vom Kläger beim Arbeitsgericht erhobene Kündigungsschutzklage.

7

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss der Kammer den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Der sofortigen Beschwerde des Klägers hat das Arbeitsgericht durch einen im Wege der Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangenen Beschluss nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die „weitere Beschwerde“ zugelassen. Nach der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung kann gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt werden. Diese müsse innerhalb eines Monats eingelegt und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung begründet werden. Der Kläger hat binnen Monatsfrist Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt und diese sieben Tage vor Ablauf der Zweimonatsfrist begründet. Nach Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014 auf die sich aus § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO ergebende Monatsfrist zur Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Kläger am 11. Juni 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

8

II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Klägers ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

9

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen Versäumung der nach § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO maßgeblichen Begründungsfrist von einem Monat unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsbeschwerdebegründung am 2. Juni 2014 war die einmonatige Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den am 9. April 2014 dem Kläger zugestellten Beschluss des Landesarbeitsgerichts zwar verstrichen. Dem Kläger ist jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Nachdem der Kläger mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014, zugestellt am 6. Juni 2014, auf die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist hingewiesen wurde, hat er am 11. Juni 2014 und damit innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und den Antrag ordnungsgemäß begründet(§ 236 ZPO).

11

b) Der Antrag ist begründet, denn der Kläger war ohne sein Verschulden verhindert, die Rechtsbeschwerde fristgerecht zu begründen. Er durfte auf die in der Sache unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts vertrauen. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung rechtfertigt in der Regel die Annahme eines fehlenden Verschuldens des Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung. Nur wenn die Rechtsmittelbelehrung offensichtlich nicht geeignet ist, den Anschein der Richtigkeit zu erwecken, ist die Fristversäumnis als schuldhaft anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 5 AZB 3/10 - Rn. 10, BAGE 134, 367; BGH 12. Januar 2012 - V ZB 198/11, V ZB 1V ZB 199/11 - Rn. 10 f. mwN). Die Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts ist bezüglich der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde falsch. Das Beschwerdegericht hat hier offenbar die für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren maßgebliche Rechtsmittelbelehrung verwendet. Dieser Fehler ist indes nicht so offenkundig, dass für den Kläger nicht der Anschein einer richtigen Belehrung entstehen konnte.

12

2. Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterliegt nicht bereits nach § 577 Abs. 2 ZPO der Aufhebung von Amts wegen, weil es nicht erkannt hat, dass der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts verfahrensfehlerhaft nicht durch die Kammer, sondern im Wege einer Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangen ist.

13

a) Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da es sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen(ErfK/Koch 14. Aufl. § 48 ArbGG Rn. 8; GMP/Germelmann 8. Aufl. § 48 Rn. 118; GK-ArbGG/Bader Stand Juni 2014 § 48 Rn. 60).

14

b) Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist schon deshalb nicht wegen dieses Verfahrensfehlers des Arbeitsgerichts aufzuheben, weil die Rechtsbeschwerde die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe nicht gerügt hat. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) ist ein grundsätzlich nicht von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel, der gemäß § 576 Abs. 3, § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rüge hin beachtet werden darf(vgl. GMP/Müller-Glöge § 78 Rn. 56; zum Revisionsverfahren: BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 13; ebenso bereits zu § 551 Nr. 1 ZPO aF: BGH 9. Juni 1993 - BLw 61/92 -).

15

Ob davon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters verstößt (vgl. BGH 22. November 2011 - VIII ZB 81/11 - Rn. 9), kann offenbleiben. Denn einen solchen Fehler stellt die vorschriftswidrige Besetzung des Vordergerichts grundsätzlich nicht dar (BGH 29. April 2004 - V ZB 46/03 - zu II 1 der Gründe mwN). Das Arbeitsgericht hat das Gebot des gesetzlichen Richters weder grundlegend verkannt noch hat es unter willkürlicher Missachtung der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG entschieden. Insbesondere hat der Vorsitzende die Nichtabhilfeentscheidung nicht trotz der Erkenntnis allein getroffen, dass nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG die Zuständigkeit der Kammer gegeben war, und damit eine nicht mehr verständliche oder offensichtlich unhaltbare Missachtung der Zuständigkeitsnormen zum Ausdruck gebracht, die gegen das Willkürverbot verstoßen würde und einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen könnte(vgl. BGH 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11 - Rn. 15). Vielmehr ist er offensichtlich davon ausgegangen, er könne über die Nichtabhilfe ebenso wie im Beschwerdeverfahren nach § 78 Satz 1 ArbGG, § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein entscheiden. Darin liegt kein objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters.

16

c) Hinzu kommt, dass die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts erster Instanz in der Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann erfolgreich ist, wenn auch der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts mit diesem Verfahrensmangel behaftet ist (vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZN 427/08 - Rn. 11, BAGE 128, 130; BGH 30. Mai 1958 - V ZR 232/56 - NJW 1958, 1398). Die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe der sofortigen Beschwerde wirkt sich indes nicht auf den angefochtenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts aus. Denn dieses hat nach § 78 Satz 3 ArbGG ordnungsgemäß ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entschieden und den Sachverhalt selbständig und umfassend gewürdigt. Der Besetzungsfehler hat dadurch seine Bedeutung verloren (ebenso zu § 138 Nr. 1 VwGO: BVerwG 19. Juli 2010 - 2 B 127.09 - Rn. 5).

17

3. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG zulässig ist. Nach dieser Bestimmung sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt vor. Die Parteien streiten in dem Kündigungsschutzprozess über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten iSv. § 5 Abs. 1 ArbGG.

18

a) Nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellten Grundsätzen unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 - Rn. 15, BAGE 145, 26).

19

b) Nach diesen Grundsätzen war der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten.

20

aa) Der Kläger war gegenüber der Beklagten zur Verrichtung weisungsgebundener und fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Grundlage dafür ist der vor dem Landgericht Meiningen am 16. August 2012 geschlossene Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sich die Parteien auf „ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter“ geeinigt und detaillierte Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers, das Entgelt, die wöchentliche Arbeitszeit und den Urlaub getroffen haben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Umsetzung des Vergleichs eingeleitet, indem ihre Geschäftsführerin dem Kläger Arbeitsaufgaben gestellt und Anweisungen erteilt hat. Ausweislich des Kündigungsschreibens wurden dem Kläger auch Gegenstände zur Ausführung seiner Arbeitsaufgaben überlassen. Der Umstand, dass sich die Beklagte „nicht mehr gebunden fühlt“, stellt die Existenz eines Arbeitsverhältnisses ebenso wenig infrage wie der Streit der Parteien um Zahlungspflichten aus dem Vergleich. Selbst wenn die Beklagte ihr Weisungsrecht gegenüber dem Kläger nicht ausgeübt haben sollte, stünde dies der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Denn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ist nur maßgebend, wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern zB als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet (BAG 25. Januar 2007 - 5 AZB 49/06 - Rn. 12).

21

bb) Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Kläger einer von zwei Mitgesellschaftern der beklagten GmbH ist.

22

(1) Auch Gesellschafter können in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind (BAG 9. Januar 1990 - 3 AZR 617/88 -; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 140). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hat. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/97 - zu I 2 a der Gründe).

23

(2) Hiernach steht der rechtlichen Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nicht entgegen, dass der Kläger über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Er ist damit nicht Mehrheitsgesellschafter der Beklagten. Aufgrund dieses Gesellschaftsanteils besitzt er keine Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführerin. Hierfür bedarf es nach § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags mindestens 75 % der Anteile. Der Kläger kann damit als Gesellschafter die Geschäftsführerin nicht anweisen, ihm bestimmte Weisungen zu erteilen oder solche zu unterlassen.

24

(3) Der Kläger kann auch nicht über eine Sperrminorität einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausüben, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hätte. Zwar könnte er aufgrund seiner hälftigen Kapitalbeteiligung die in § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten „besonderen“ Geschäfte blockieren und auf diese Weise zB Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer und die Geltendmachung von gegen ihn als Gesellschafter gerichteten Ersatzansprüchen durch die Geschäftsführer verhindern. Er kann die Geschäftsführung bezüglich des Tagesgeschäfts jedoch nicht behindern. Eine Erweiterung der Liste der „besonderen“ Geschäfte etwa um Angelegenheiten des Tagesgeschäfts kann der Kläger mit seinem Anteil von 50 % nicht allein durchsetzen, weil sie nur durch Mehrheitsbeschluss möglich ist. Der Kläger kann daher mit seinem Anteil von 50 % nicht die Leitungsmacht über die Beklagte ausüben.

25

cc) Diesem Verständnis entspricht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung mitarbeitender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Diese sind hiernach nur dann Selbständige, wenn mit der Kapitalbeteiligung zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa durch ein dem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und wenn der Gesellschafter damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl. nur BSG 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - Rn. 16 mwN). In derartigen Fällen fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 3. April 2014 - B 2 U 26/12 R - Rn. 16). Der Kläger konnte indes aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung nicht jede ihm nicht genehme Weisung der Geschäftsführerin der Beklagten verhindern. Vielmehr war er an ihre Weisungen gebunden. Sie konnte ihm - wie geschehen - einseitig Aufgaben zuteilen, Arbeitsanweisungen erteilen und ihn von seinen Aufgaben durch fristlose Kündigung entbinden, ohne dass er sich dagegen bereits aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter mit Erfolg hätte wehren können.

26

III. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Die Beschwerde kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(3) Der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine Frist setzen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht innerhalb der Frist vorgebracht, so sind sie nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(4) Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann diese zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, wenn die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden darf (§ 569 Abs. 3).

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart sowie für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes mit folgender Maßgabe entsprechend:

1.
Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die örtliche Zuständigkeit sind unanfechtbar.
2.
Der Beschluß nach § 17a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes ergeht, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat, auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer.

(1a) Für Streitigkeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4a, 7, 8 und 10 sowie Abs. 2 ist auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort im Sinne des Satzes 1 nicht feststellbar, ist das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.

(2) Die Tarifvertragsparteien können im Tarifvertrag die Zuständigkeit eines an sich örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts festlegen für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitsverhältnis und aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, das sich nach einem Tarifvertrag bestimmt,
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Verhältnis einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien zu den Arbeitnehmern oder Arbeitgebern.
Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Satz 1 Nr. 1 gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen über das örtlich zuständige Arbeitsgericht zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn die Anwendung des gesamten Tarifvertrags zwischen ihnen vereinbart ist. Die in § 38 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beschränkungen finden keine Anwendung.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 7. April 2014 - 1 Ta 31/14 - aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Suhl vom 23. Januar 2014 - 5 Ca 1723/13 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

3. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 3.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers.

2

Der Kläger hat die beklagte GmbH mit einem weiteren Gesellschafter, Herrn R, im Jahr 1992 gegründet. Beide Gesellschafter besitzen jeweils 50 % der Gesellschaftsanteile und waren bis zum Jahr 2008 Geschäftsführer der Beklagten. Der Gesellschaftsvertrag vom 5. Juni 1992 bestimmt in § 13 Abs. 6:

        

„Die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer kann nur mit 75 v. H. aller Gesellschafter beschlossen werden.“

3

§ 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags enthält eine Liste von „besonderen“ Geschäften, für die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluss einzuholen ist, darunter „die Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer“ und „die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter sowie die Vertretung in Prozessen, welche sie gegen die vorgenannten zu führen hat“. § 15 Abs. 3 bestimmt abschließend:

        

„Die Liste der zustimmungsbedürftigen Geschäfte kann mit einem Mehrheitsbeschluss erweitert oder geändert werden.“

4

Am 15. Juli 2008 beschlossen die Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung, die Organstellung von Herrn R zum 30. September 2009 und die des Klägers zum 31. Januar 2011 zu beenden. Beide sollten im Anschluss daran in einem „normalen Angestelltenverhältnis“ weiter im Unternehmen tätig sein.

5

Über das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer kam es im Jahr 2011 zu einem Rechtsstreit mit der Beklagten vor dem Landgericht Meiningen, der durch gerichtlichen Vergleich vom 16. August 2012 endete. Nach dessen Ziffer 1 endete das Geschäftsführerdienstverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2011. In Ziffer 2 heißt es:

        

„Zwischen [den Parteien] ist ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter für Aufbaufertigung und Vertrieb des dezentralen innovativen Lüftungssystems ... abgeschlossen.

        

…       

        

Ab 01.09.2012 gilt hinsichtlich dieses Angestelltenvertrages als vereinbart, dass eine Arbeitszeit von wöchentlich 37 Stunden zu leisten ist. Für diese Tätigkeit vereinbaren die Parteien eine Vergütung in Höhe eines monatlichen Gehalts von 3.500,00 Euro.

        

…“    

6

Es folgen sodann Einzelheiten über die Bezahlung und den Urlaub. Über die Durchführung dieses Angestelltenverhältnisses kam es erneut zu Auseinandersetzungen, die im Oktober 2013 zum Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung durch die Beklagte führten. Hiergegen richtet sich die vom Kläger beim Arbeitsgericht erhobene Kündigungsschutzklage.

7

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss der Kammer den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Der sofortigen Beschwerde des Klägers hat das Arbeitsgericht durch einen im Wege der Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangenen Beschluss nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die „weitere Beschwerde“ zugelassen. Nach der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung kann gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt werden. Diese müsse innerhalb eines Monats eingelegt und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung begründet werden. Der Kläger hat binnen Monatsfrist Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt und diese sieben Tage vor Ablauf der Zweimonatsfrist begründet. Nach Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014 auf die sich aus § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO ergebende Monatsfrist zur Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Kläger am 11. Juni 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

8

II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Klägers ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

9

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen Versäumung der nach § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO maßgeblichen Begründungsfrist von einem Monat unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsbeschwerdebegründung am 2. Juni 2014 war die einmonatige Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den am 9. April 2014 dem Kläger zugestellten Beschluss des Landesarbeitsgerichts zwar verstrichen. Dem Kläger ist jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Nachdem der Kläger mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014, zugestellt am 6. Juni 2014, auf die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist hingewiesen wurde, hat er am 11. Juni 2014 und damit innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und den Antrag ordnungsgemäß begründet(§ 236 ZPO).

11

b) Der Antrag ist begründet, denn der Kläger war ohne sein Verschulden verhindert, die Rechtsbeschwerde fristgerecht zu begründen. Er durfte auf die in der Sache unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts vertrauen. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung rechtfertigt in der Regel die Annahme eines fehlenden Verschuldens des Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung. Nur wenn die Rechtsmittelbelehrung offensichtlich nicht geeignet ist, den Anschein der Richtigkeit zu erwecken, ist die Fristversäumnis als schuldhaft anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 5 AZB 3/10 - Rn. 10, BAGE 134, 367; BGH 12. Januar 2012 - V ZB 198/11, V ZB 1V ZB 199/11 - Rn. 10 f. mwN). Die Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts ist bezüglich der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde falsch. Das Beschwerdegericht hat hier offenbar die für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren maßgebliche Rechtsmittelbelehrung verwendet. Dieser Fehler ist indes nicht so offenkundig, dass für den Kläger nicht der Anschein einer richtigen Belehrung entstehen konnte.

12

2. Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterliegt nicht bereits nach § 577 Abs. 2 ZPO der Aufhebung von Amts wegen, weil es nicht erkannt hat, dass der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts verfahrensfehlerhaft nicht durch die Kammer, sondern im Wege einer Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangen ist.

13

a) Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da es sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen(ErfK/Koch 14. Aufl. § 48 ArbGG Rn. 8; GMP/Germelmann 8. Aufl. § 48 Rn. 118; GK-ArbGG/Bader Stand Juni 2014 § 48 Rn. 60).

14

b) Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist schon deshalb nicht wegen dieses Verfahrensfehlers des Arbeitsgerichts aufzuheben, weil die Rechtsbeschwerde die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe nicht gerügt hat. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) ist ein grundsätzlich nicht von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel, der gemäß § 576 Abs. 3, § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rüge hin beachtet werden darf(vgl. GMP/Müller-Glöge § 78 Rn. 56; zum Revisionsverfahren: BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 13; ebenso bereits zu § 551 Nr. 1 ZPO aF: BGH 9. Juni 1993 - BLw 61/92 -).

15

Ob davon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters verstößt (vgl. BGH 22. November 2011 - VIII ZB 81/11 - Rn. 9), kann offenbleiben. Denn einen solchen Fehler stellt die vorschriftswidrige Besetzung des Vordergerichts grundsätzlich nicht dar (BGH 29. April 2004 - V ZB 46/03 - zu II 1 der Gründe mwN). Das Arbeitsgericht hat das Gebot des gesetzlichen Richters weder grundlegend verkannt noch hat es unter willkürlicher Missachtung der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG entschieden. Insbesondere hat der Vorsitzende die Nichtabhilfeentscheidung nicht trotz der Erkenntnis allein getroffen, dass nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG die Zuständigkeit der Kammer gegeben war, und damit eine nicht mehr verständliche oder offensichtlich unhaltbare Missachtung der Zuständigkeitsnormen zum Ausdruck gebracht, die gegen das Willkürverbot verstoßen würde und einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen könnte(vgl. BGH 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11 - Rn. 15). Vielmehr ist er offensichtlich davon ausgegangen, er könne über die Nichtabhilfe ebenso wie im Beschwerdeverfahren nach § 78 Satz 1 ArbGG, § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein entscheiden. Darin liegt kein objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters.

16

c) Hinzu kommt, dass die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts erster Instanz in der Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann erfolgreich ist, wenn auch der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts mit diesem Verfahrensmangel behaftet ist (vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZN 427/08 - Rn. 11, BAGE 128, 130; BGH 30. Mai 1958 - V ZR 232/56 - NJW 1958, 1398). Die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe der sofortigen Beschwerde wirkt sich indes nicht auf den angefochtenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts aus. Denn dieses hat nach § 78 Satz 3 ArbGG ordnungsgemäß ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entschieden und den Sachverhalt selbständig und umfassend gewürdigt. Der Besetzungsfehler hat dadurch seine Bedeutung verloren (ebenso zu § 138 Nr. 1 VwGO: BVerwG 19. Juli 2010 - 2 B 127.09 - Rn. 5).

17

3. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG zulässig ist. Nach dieser Bestimmung sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt vor. Die Parteien streiten in dem Kündigungsschutzprozess über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten iSv. § 5 Abs. 1 ArbGG.

18

a) Nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellten Grundsätzen unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 - Rn. 15, BAGE 145, 26).

19

b) Nach diesen Grundsätzen war der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten.

20

aa) Der Kläger war gegenüber der Beklagten zur Verrichtung weisungsgebundener und fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Grundlage dafür ist der vor dem Landgericht Meiningen am 16. August 2012 geschlossene Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sich die Parteien auf „ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter“ geeinigt und detaillierte Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers, das Entgelt, die wöchentliche Arbeitszeit und den Urlaub getroffen haben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Umsetzung des Vergleichs eingeleitet, indem ihre Geschäftsführerin dem Kläger Arbeitsaufgaben gestellt und Anweisungen erteilt hat. Ausweislich des Kündigungsschreibens wurden dem Kläger auch Gegenstände zur Ausführung seiner Arbeitsaufgaben überlassen. Der Umstand, dass sich die Beklagte „nicht mehr gebunden fühlt“, stellt die Existenz eines Arbeitsverhältnisses ebenso wenig infrage wie der Streit der Parteien um Zahlungspflichten aus dem Vergleich. Selbst wenn die Beklagte ihr Weisungsrecht gegenüber dem Kläger nicht ausgeübt haben sollte, stünde dies der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Denn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ist nur maßgebend, wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern zB als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet (BAG 25. Januar 2007 - 5 AZB 49/06 - Rn. 12).

21

bb) Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Kläger einer von zwei Mitgesellschaftern der beklagten GmbH ist.

22

(1) Auch Gesellschafter können in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind (BAG 9. Januar 1990 - 3 AZR 617/88 -; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 140). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hat. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/97 - zu I 2 a der Gründe).

23

(2) Hiernach steht der rechtlichen Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nicht entgegen, dass der Kläger über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Er ist damit nicht Mehrheitsgesellschafter der Beklagten. Aufgrund dieses Gesellschaftsanteils besitzt er keine Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführerin. Hierfür bedarf es nach § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags mindestens 75 % der Anteile. Der Kläger kann damit als Gesellschafter die Geschäftsführerin nicht anweisen, ihm bestimmte Weisungen zu erteilen oder solche zu unterlassen.

24

(3) Der Kläger kann auch nicht über eine Sperrminorität einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausüben, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hätte. Zwar könnte er aufgrund seiner hälftigen Kapitalbeteiligung die in § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten „besonderen“ Geschäfte blockieren und auf diese Weise zB Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer und die Geltendmachung von gegen ihn als Gesellschafter gerichteten Ersatzansprüchen durch die Geschäftsführer verhindern. Er kann die Geschäftsführung bezüglich des Tagesgeschäfts jedoch nicht behindern. Eine Erweiterung der Liste der „besonderen“ Geschäfte etwa um Angelegenheiten des Tagesgeschäfts kann der Kläger mit seinem Anteil von 50 % nicht allein durchsetzen, weil sie nur durch Mehrheitsbeschluss möglich ist. Der Kläger kann daher mit seinem Anteil von 50 % nicht die Leitungsmacht über die Beklagte ausüben.

25

cc) Diesem Verständnis entspricht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung mitarbeitender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Diese sind hiernach nur dann Selbständige, wenn mit der Kapitalbeteiligung zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa durch ein dem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und wenn der Gesellschafter damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl. nur BSG 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - Rn. 16 mwN). In derartigen Fällen fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 3. April 2014 - B 2 U 26/12 R - Rn. 16). Der Kläger konnte indes aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung nicht jede ihm nicht genehme Weisung der Geschäftsführerin der Beklagten verhindern. Vielmehr war er an ihre Weisungen gebunden. Sie konnte ihm - wie geschehen - einseitig Aufgaben zuteilen, Arbeitsanweisungen erteilen und ihn von seinen Aufgaben durch fristlose Kündigung entbinden, ohne dass er sich dagegen bereits aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter mit Erfolg hätte wehren können.

26

III. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

        

        

        

                 

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 7. April 2014 - 1 Ta 31/14 - aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Suhl vom 23. Januar 2014 - 5 Ca 1723/13 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

3. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 3.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Klägers.

2

Der Kläger hat die beklagte GmbH mit einem weiteren Gesellschafter, Herrn R, im Jahr 1992 gegründet. Beide Gesellschafter besitzen jeweils 50 % der Gesellschaftsanteile und waren bis zum Jahr 2008 Geschäftsführer der Beklagten. Der Gesellschaftsvertrag vom 5. Juni 1992 bestimmt in § 13 Abs. 6:

        

„Die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer kann nur mit 75 v. H. aller Gesellschafter beschlossen werden.“

3

§ 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags enthält eine Liste von „besonderen“ Geschäften, für die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluss einzuholen ist, darunter „die Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer“ und „die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter sowie die Vertretung in Prozessen, welche sie gegen die vorgenannten zu führen hat“. § 15 Abs. 3 bestimmt abschließend:

        

„Die Liste der zustimmungsbedürftigen Geschäfte kann mit einem Mehrheitsbeschluss erweitert oder geändert werden.“

4

Am 15. Juli 2008 beschlossen die Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung, die Organstellung von Herrn R zum 30. September 2009 und die des Klägers zum 31. Januar 2011 zu beenden. Beide sollten im Anschluss daran in einem „normalen Angestelltenverhältnis“ weiter im Unternehmen tätig sein.

5

Über das Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer kam es im Jahr 2011 zu einem Rechtsstreit mit der Beklagten vor dem Landgericht Meiningen, der durch gerichtlichen Vergleich vom 16. August 2012 endete. Nach dessen Ziffer 1 endete das Geschäftsführerdienstverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2011. In Ziffer 2 heißt es:

        

„Zwischen [den Parteien] ist ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter für Aufbaufertigung und Vertrieb des dezentralen innovativen Lüftungssystems ... abgeschlossen.

        

…       

        

Ab 01.09.2012 gilt hinsichtlich dieses Angestelltenvertrages als vereinbart, dass eine Arbeitszeit von wöchentlich 37 Stunden zu leisten ist. Für diese Tätigkeit vereinbaren die Parteien eine Vergütung in Höhe eines monatlichen Gehalts von 3.500,00 Euro.

        

…“    

6

Es folgen sodann Einzelheiten über die Bezahlung und den Urlaub. Über die Durchführung dieses Angestelltenverhältnisses kam es erneut zu Auseinandersetzungen, die im Oktober 2013 zum Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung durch die Beklagte führten. Hiergegen richtet sich die vom Kläger beim Arbeitsgericht erhobene Kündigungsschutzklage.

7

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss der Kammer den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen. Der sofortigen Beschwerde des Klägers hat das Arbeitsgericht durch einen im Wege der Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangenen Beschluss nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die „weitere Beschwerde“ zugelassen. Nach der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung kann gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt werden. Diese müsse innerhalb eines Monats eingelegt und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung begründet werden. Der Kläger hat binnen Monatsfrist Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht eingelegt und diese sieben Tage vor Ablauf der Zweimonatsfrist begründet. Nach Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014 auf die sich aus § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO ergebende Monatsfrist zur Begründung der Rechtsbeschwerde hat der Kläger am 11. Juni 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

8

II. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Klägers ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

9

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen Versäumung der nach § 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 575 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO maßgeblichen Begründungsfrist von einem Monat unzulässig.

10

a) Zum Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsbeschwerdebegründung am 2. Juni 2014 war die einmonatige Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den am 9. April 2014 dem Kläger zugestellten Beschluss des Landesarbeitsgerichts zwar verstrichen. Dem Kläger ist jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Nachdem der Kläger mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 5. Juni 2014, zugestellt am 6. Juni 2014, auf die Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist hingewiesen wurde, hat er am 11. Juni 2014 und damit innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und den Antrag ordnungsgemäß begründet(§ 236 ZPO).

11

b) Der Antrag ist begründet, denn der Kläger war ohne sein Verschulden verhindert, die Rechtsbeschwerde fristgerecht zu begründen. Er durfte auf die in der Sache unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts vertrauen. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung rechtfertigt in der Regel die Annahme eines fehlenden Verschuldens des Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung. Nur wenn die Rechtsmittelbelehrung offensichtlich nicht geeignet ist, den Anschein der Richtigkeit zu erwecken, ist die Fristversäumnis als schuldhaft anzusehen (BAG 10. Juni 2010 - 5 AZB 3/10 - Rn. 10, BAGE 134, 367; BGH 12. Januar 2012 - V ZB 198/11, V ZB 1V ZB 199/11 - Rn. 10 f. mwN). Die Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts ist bezüglich der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde falsch. Das Beschwerdegericht hat hier offenbar die für arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren maßgebliche Rechtsmittelbelehrung verwendet. Dieser Fehler ist indes nicht so offenkundig, dass für den Kläger nicht der Anschein einer richtigen Belehrung entstehen konnte.

12

2. Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterliegt nicht bereits nach § 577 Abs. 2 ZPO der Aufhebung von Amts wegen, weil es nicht erkannt hat, dass der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts verfahrensfehlerhaft nicht durch die Kammer, sondern im Wege einer Alleinentscheidung des Vorsitzenden ergangen ist.

13

a) Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ergeht der Beschluss nach § 17a Abs. 4 GVG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung stets durch die Kammer, sofern er nicht lediglich die örtliche Zuständigkeit zum Gegenstand hat. Da es sich bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe um eine erneute Entscheidung in der Sache handelt, ist sie nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG ebenfalls durch die Kammer unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen(ErfK/Koch 14. Aufl. § 48 ArbGG Rn. 8; GMP/Germelmann 8. Aufl. § 48 Rn. 118; GK-ArbGG/Bader Stand Juni 2014 § 48 Rn. 60).

14

b) Die angefochtene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist schon deshalb nicht wegen dieses Verfahrensfehlers des Arbeitsgerichts aufzuheben, weil die Rechtsbeschwerde die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe nicht gerügt hat. Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) ist ein grundsätzlich nicht von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel, der gemäß § 576 Abs. 3, § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rüge hin beachtet werden darf(vgl. GMP/Müller-Glöge § 78 Rn. 56; zum Revisionsverfahren: BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 13; ebenso bereits zu § 551 Nr. 1 ZPO aF: BGH 9. Juni 1993 - BLw 61/92 -).

15

Ob davon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Entscheidung objektiv willkürlich gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters verstößt (vgl. BGH 22. November 2011 - VIII ZB 81/11 - Rn. 9), kann offenbleiben. Denn einen solchen Fehler stellt die vorschriftswidrige Besetzung des Vordergerichts grundsätzlich nicht dar (BGH 29. April 2004 - V ZB 46/03 - zu II 1 der Gründe mwN). Das Arbeitsgericht hat das Gebot des gesetzlichen Richters weder grundlegend verkannt noch hat es unter willkürlicher Missachtung der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG entschieden. Insbesondere hat der Vorsitzende die Nichtabhilfeentscheidung nicht trotz der Erkenntnis allein getroffen, dass nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG die Zuständigkeit der Kammer gegeben war, und damit eine nicht mehr verständliche oder offensichtlich unhaltbare Missachtung der Zuständigkeitsnormen zum Ausdruck gebracht, die gegen das Willkürverbot verstoßen würde und einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen könnte(vgl. BGH 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11 - Rn. 15). Vielmehr ist er offensichtlich davon ausgegangen, er könne über die Nichtabhilfe ebenso wie im Beschwerdeverfahren nach § 78 Satz 1 ArbGG, § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein entscheiden. Darin liegt kein objektiv willkürlicher Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters.

16

c) Hinzu kommt, dass die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts erster Instanz in der Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann erfolgreich ist, wenn auch der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts mit diesem Verfahrensmangel behaftet ist (vgl. BAG 16. Oktober 2008 - 7 AZN 427/08 - Rn. 11, BAGE 128, 130; BGH 30. Mai 1958 - V ZR 232/56 - NJW 1958, 1398). Die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Arbeitsgerichts bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe der sofortigen Beschwerde wirkt sich indes nicht auf den angefochtenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts aus. Denn dieses hat nach § 78 Satz 3 ArbGG ordnungsgemäß ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entschieden und den Sachverhalt selbständig und umfassend gewürdigt. Der Besetzungsfehler hat dadurch seine Bedeutung verloren (ebenso zu § 138 Nr. 1 VwGO: BVerwG 19. Juli 2010 - 2 B 127.09 - Rn. 5).

17

3. Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b ArbGG zulässig ist. Nach dieser Bestimmung sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig. Eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit liegt vor. Die Parteien streiten in dem Kündigungsschutzprozess über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten iSv. § 5 Abs. 1 ArbGG.

18

a) Nach den vom Bundesarbeitsgericht zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers aufgestellten Grundsätzen unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht ist wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 17. April 2013 - 10 AZR 272/12 - Rn. 15, BAGE 145, 26).

19

b) Nach diesen Grundsätzen war der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der Beklagten.

20

aa) Der Kläger war gegenüber der Beklagten zur Verrichtung weisungsgebundener und fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Grundlage dafür ist der vor dem Landgericht Meiningen am 16. August 2012 geschlossene Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sich die Parteien auf „ein Angestelltenvertragsverhältnis als technischer Angestellter“ geeinigt und detaillierte Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers, das Entgelt, die wöchentliche Arbeitszeit und den Urlaub getroffen haben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Umsetzung des Vergleichs eingeleitet, indem ihre Geschäftsführerin dem Kläger Arbeitsaufgaben gestellt und Anweisungen erteilt hat. Ausweislich des Kündigungsschreibens wurden dem Kläger auch Gegenstände zur Ausführung seiner Arbeitsaufgaben überlassen. Der Umstand, dass sich die Beklagte „nicht mehr gebunden fühlt“, stellt die Existenz eines Arbeitsverhältnisses ebenso wenig infrage wie der Streit der Parteien um Zahlungspflichten aus dem Vergleich. Selbst wenn die Beklagte ihr Weisungsrecht gegenüber dem Kläger nicht ausgeübt haben sollte, stünde dies der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Denn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses ist nur maßgebend, wenn die Parteien ein Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis, sondern zB als freies Dienstverhältnis bezeichnen, der Beschäftigte jedoch tatsächlich weisungsgebundene Tätigkeiten verrichtet (BAG 25. Januar 2007 - 5 AZB 49/06 - Rn. 12).

21

bb) Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Kläger einer von zwei Mitgesellschaftern der beklagten GmbH ist.

22

(1) Auch Gesellschafter können in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind (BAG 9. Januar 1990 - 3 AZR 617/88 -; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 140). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hat. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer (BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/97 - zu I 2 a der Gründe).

23

(2) Hiernach steht der rechtlichen Einordnung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis nicht entgegen, dass der Kläger über einen Gesellschaftsanteil von 50 % verfügt. Er ist damit nicht Mehrheitsgesellschafter der Beklagten. Aufgrund dieses Gesellschaftsanteils besitzt er keine Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsführerin. Hierfür bedarf es nach § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags mindestens 75 % der Anteile. Der Kläger kann damit als Gesellschafter die Geschäftsführerin nicht anweisen, ihm bestimmte Weisungen zu erteilen oder solche zu unterlassen.

24

(3) Der Kläger kann auch nicht über eine Sperrminorität einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausüben, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hätte. Zwar könnte er aufgrund seiner hälftigen Kapitalbeteiligung die in § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten „besonderen“ Geschäfte blockieren und auf diese Weise zB Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer und die Geltendmachung von gegen ihn als Gesellschafter gerichteten Ersatzansprüchen durch die Geschäftsführer verhindern. Er kann die Geschäftsführung bezüglich des Tagesgeschäfts jedoch nicht behindern. Eine Erweiterung der Liste der „besonderen“ Geschäfte etwa um Angelegenheiten des Tagesgeschäfts kann der Kläger mit seinem Anteil von 50 % nicht allein durchsetzen, weil sie nur durch Mehrheitsbeschluss möglich ist. Der Kläger kann daher mit seinem Anteil von 50 % nicht die Leitungsmacht über die Beklagte ausüben.

25

cc) Diesem Verständnis entspricht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sozialversicherungsrechtlichen Einordnung mitarbeitender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Diese sind hiernach nur dann Selbständige, wenn mit der Kapitalbeteiligung zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa durch ein dem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und wenn der Gesellschafter damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl. nur BSG 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - Rn. 16 mwN). In derartigen Fällen fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG 3. April 2014 - B 2 U 26/12 R - Rn. 16). Der Kläger konnte indes aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung nicht jede ihm nicht genehme Weisung der Geschäftsführerin der Beklagten verhindern. Vielmehr war er an ihre Weisungen gebunden. Sie konnte ihm - wie geschehen - einseitig Aufgaben zuteilen, Arbeitsanweisungen erteilen und ihn von seinen Aufgaben durch fristlose Kündigung entbinden, ohne dass er sich dagegen bereits aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter mit Erfolg hätte wehren können.

26

III. Die Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde und der Rechtsbeschwerde zu tragen.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

        

        

        

                 

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

Die in den §§ 2 und 2a begründete Zuständigkeit besteht auch in den Fällen, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger oder durch eine Person geführt wird, die kraft Gesetzes an Stelle des sachlich Berechtigten oder Verpflichteten hierzu befugt ist.

Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer der Konzernunternehmen, der Arbeitgeber, der Konzernbetriebsrat oder eine im Konzern vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Konzernbetriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen;
2.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt;
3.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern
a)
aus dem Arbeitsverhältnis;
b)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses;
c)
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen;
d)
aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
e)
über Arbeitspapiere;
4.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und
a)
Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen;
b)
gemeinsamen Einrichtungen der Tarifvertragsparteien oder Sozialeinrichtungen des privaten Rechts oder Versorgungseinrichtungen, soweit Letztere reine Beitragszusagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 2a des Betriebsrentengesetzes durchführen, über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen,
soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
5.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder ihren Hinterbliebenen und dem Träger der Insolvenzsicherung über Ansprüche auf Leistungen der Insolvenzsicherung nach dem Vierten Abschnitt des Ersten Teils des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung;
6.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Einrichtungen nach Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 5 sowie zwischen diesen Einrichtungen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
7.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Entwicklungshelfern und Trägern des Entwicklungsdienstes nach dem Entwicklungshelfergesetz;
8.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Trägern des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder den Einsatzstellen und Freiwilligen nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz;
8a.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Bund oder den Einsatzstellen des Bundesfreiwilligendienstes oder deren Trägern und Freiwilligen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz;
9.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;
10.
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen behinderten Menschen im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen und den Trägern der Werkstätten aus den in § 221 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch geregelten arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen.

(2) Die Gerichte für Arbeitssachen sind auch zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern,

a)
die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung oder für einen technischen Verbesserungsvorschlag nach § 20 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen zum Gegenstand haben;
b)
die als Urheberrechtsstreitsachen aus Arbeitsverhältnissen ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer vereinbarten Vergütung zum Gegenstand haben.

(3) Vor die Gerichte für Arbeitssachen können auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

(4) Auf Grund einer Vereinbarung können auch bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und Personen, die kraft Gesetzes allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person zu deren Vertretung berufen sind, vor die Gerichte für Arbeitssachen gebracht werden.

(5) In Rechtsstreitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Urteilsverfahren statt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Juli 2013 - 6 Ta 176/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 2.359,47 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger macht im Ausgangsverfahren geltend, die Beklagte, eine Pensionsversicherung aG, sei aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, an den Kläger für die Jahre 2008 bis 2011 eine höhere Überschussbeteiligung als Sonderzahlung zu leisten.

2

Der Kläger war in der Zeit vom 1. Juli 1967 bis zum 30. November 2005 bei der R+V Lebensversicherung AG bzw. deren Rechtsvorgängerin als Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Bei der Arbeitgeberin bestand bezüglich der betrieblichen Altersversorgung aufgrund einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1963 folgende Regelung:

        

㤠4

        

Altersversorgung

        

1.    

Für jeden Angestellten wird nach dreijähriger Betriebszugehörigkeit, jedoch nicht vor Vollendung des 21. Lebensjahres, eine Pensionsversicherung beim ‚Raiffeisendienst Pensionsversicherungsverein a. G.‘ abgeschlossen.

        

2.    

Dieser Versicherung werden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des ‚Raiffeisendienst Pensionsversicherungsverein a. G.‘, Wiesbaden, zugrunde gelegt mit der Maßgabe, dass das beitragspflichtige Jahresgehalt auf DM 18.000,00 begrenzt wird.

        

3.    

Für Angestellte, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, wird eine Pensionsversicherung spätestens nach Ablauf der Probezeit abgeschlossen.

        

4.    

Der Beitrag für die Pensionsversicherung beträgt 11 % des beitragspflichtigen Gehaltes; davon hat der Angestellte 2,75 % und die Gesellschaft 8,25 % zu zahlen.

                 

Für Angestellte, die nicht mehr angestelltenversicherungspflichtig sind, erhöht sich der Beitrag auf 15 % des beitragspflichtigen Gehaltes; davon hat die Gesellschaft 10 % und der Angestellte 5 % zu zahlen.

                 

Der Beitragsanteil des Angestellten kann bis auf 1 % ermäßigt werden, wenn und solange die Angestelltenversicherung freiwillig weitergeführt wird.

        

5.    

Das beitragspflichtige Gehalt ist für Angestellte des Innendienstes das Bruttogehalt.

                 

Für Angestellte des Außendienstes wird das beitragspflichtige Gehalt laut Nachtrag 1 gesondert festgelegt.“

4

Die Beklagte war 1898 als „Pensionskasse der Beamten der Neuwieder Raiffeisenschen Organisation ländlicher Genossenschaften für Deutschland“ gegründet worden. Sie gehört als Unternehmen der R+V der genossenschaftlichen Finanzgruppe an, zu der auch die Arbeitgeberin des Klägers gehört, und ist deren ältestes Personenversicherungsunternehmen. Sie ist eine regulierte Pensionskasse nach § 118b Versicherungsaufsichtsgesetz(VAG). Die Satzung bestimmt dazu:

        

„§ 2 Gegenstand und Geschäftsgebiet

        

(1)     

Der Verein betreibt im In- und Ausland die Pensions-, Hinterbliebenen- und Rentenversicherung nach Maßgabe des von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplanes.

        

(2)     

Der Verein darf die Versicherungen gemäß (1) gegen festes Entgelt betreiben, ohne dass die Versicherungsnehmer Mitglieder des Vereins werden.

        

…       

        
        

§ 4 Erwerb und Beendigung

        

(1)     

Die Mitgliedschaft bei dem Verein kann von genossenschaftlichen Organisationen und Unternehmungen, den Bauernverbänden, den Verbänden des Deutschen Gemüse-, Obst- und Gartenbaues und den Arbeitnehmern der genannten Institute erworben werden.

        

…“    

5

Die Beklagte hatte zum Jahresende 2012 mehr als 500 Mitgliedsfirmen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ca. 5.650 genossenschaftliche Einrichtungen. Zur Optimierung der organisatorischen Struktur wurden die Anstellungsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter der Beklagten per 1. Dezember 2011 auf die R+V Lebensversicherung AG überführt. Die Bearbeitung des Neugeschäfts, die Bestandsverwaltung und die Auszahlung der Versicherungsleistungen erfolgt seit diesem Zeitpunkt bei der R+V Lebensversicherung AG.

6

Der Kläger bezieht seit dem 1. Dezember 2005 eine vorgezogene betriebliche Altersrente von der Beklagten. In den Jahren 2006 bis 2011 erhielt er eine Sonderzahlung (Überschussbeteiligung) von der Beklagten in Höhe von zuletzt 10 %, während Versicherte, deren Rentenbezug in früheren Jahren begonnen hatte, höhere Überschussbeteiligungen erhielten.

7

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung bzw. des Vertrauensschutzes die Zahlung einer höheren Überschussbeteiligung zu. Er meint, zur Entscheidung über sein Begehren seien die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. Die Beklagte sei eine Sozialeinrichtung iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG.

8

Der Kläger hat Zahlung von 10.617,63 Euro brutto nebst Zinsen sowie Feststellung beantragt, dass die Beklagte ihn so zu stellen habe, als sei er bereits mit dem 31. Dezember 2000 aus den Diensten der Arbeitgeberin ausgeschieden.

9

Die Beklagte hat die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt.

10

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14. Februar 2013 (- 9 Ca 1878/12 -) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht für gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Landgericht Wiesbaden verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde des Klägers, nachdem das Arbeitsgericht ihr nicht abgeholfen hat, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger die Aufhebung der Beschlüsse des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts.

11

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet. Für den Rechtsstreit ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Das Arbeitsgericht hat deshalb zu Recht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verneint und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Wiesbaden verwiesen.

12

1. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist nicht gegeben.

13

a) Es handelt sich nicht um eine Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG. Die Beklagte war und ist nicht Arbeitgeberin des Klägers.

14

b) Die Beklagte ist auch nicht Rechtsnachfolgerin iSd. § 3 ArbGG.

15

aa) Gemäß § 3 ArbGG besteht die in § 2 ArbGG begründete Zuständigkeit auch in den Fällen, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger oder durch eine Person geführt wird, die kraft Gesetzes anstelle des sachlich Berechtigten oder Verpflichteten hierzu befugt ist. Der Begriff des Rechtsnachfolgers ist nicht streng wörtlich, sondern in einem weiten Sinne zu verstehen. Es ist nicht erforderlich, dass der Rechtsnachfolger an die Stelle des ursprünglichen Schuldners getreten ist. Vielmehr genügt die Erhebung oder Abwehr einer Forderung anstelle des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers, unabhängig davon, ob der jeweilige Arbeitgeber oder Arbeitnehmer unter denselben tatsächlichen Voraussetzungen die Leistung fordern könnte oder sie schulden oder für sie haften müsste. Deshalb werden unter den Begriff der Rechtsnachfolge iSd. § 3 ArbGG auch die Haftung für arbeitsrechtliche Ansprüche aus eigenständigen Rechtsgründen wie § 826 BGB(vgl. die Durchgriffshaftung im Konzern), die Bürgschaft, das Handeln des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB), die Firmenfortführung (§§ 25, 28 HGB), der Schuldbeitritt und die Haftung des Insolvenzverwalters nach § 61 InsO subsumiert(BAG 31. März 2009 - 5 AZB 98/08 - Rn. 7).

16

bb) Eine solche Lage ist hier nicht gegeben. Die Beklagte wehrt den von dem Kläger erhobenen Anspruch nicht anstelle der früheren Arbeitgeberin ab. Die Ansprüche des Klägers auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung richteten sich von vornherein gegen die Beklagte (vgl. BAG 10. August 2004 - 5 AZB 26/04 -). Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Konstellation, die dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2011 (- III ZB 75/10 -) zugrunde lag: In jenem Fall sollte die in Anspruch genommene Versorgungskasse gegen den Arbeitgeber begründete vertragliche Versorgungsansprüche erfüllen. Im Streitfall macht der Kläger dagegen allein Ansprüche aus dem zwischen ihm und der Beklagten begründeten Versicherungsverhältnis geltend.

17

c) Die Beklagte ist keine „Sozialeinrichtung des privaten Rechts“ iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG.

18

aa) Eine Sozialeinrichtung iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG liegt vor, wenn eine soziale Leistung des Arbeitgebers nach allgemeinen Richtlinien aus einer abgesonderten, besonders zu verwaltenden Vermögensmasse erfolgt (vgl. BAG 24. April 1986 - 6 AZR 607/83 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 52, 1). Der Terminus Sozialeinrichtung ist eine bedeutungsgleiche zeitgemäßere Bezeichnung für die in § 56 BetrVG 1952 bzw. § 2 Abs. 4 ArbGG 1953 genannte „Wohlfahrtseinrichtung“(BAG 12. Juni 1975 - 3 ABR 13/74 - zu II A 2 der Gründe, BAGE 27, 194). Ebenso wie eine solche Einrichtung dient sie der Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen der Arbeitnehmer und/oder ihrer Hinterbliebenen. Ziel des Arbeitsgerichtsgesetzes ist es, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in greifbarer Beziehung zu Arbeitsverhältnissen stehen, auch prozessual im Rahmen der Arbeitssachen zu erfassen (BAG 3. Februar 1965 - 4 AZR 385/63 - zu II der Gründe, BAGE 17, 59; 23. August 2001 - 5 AZB 11/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 99, 1). Der Begriff der „Sozialeinrichtung“ iSd. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG entspricht im Wesentlichen dem in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG verwendeten Begriff(so zur damaligen Rechtslage zur Vermeidung „schwankender Übergänge“ bei der Zuständigkeitsbestimmung: BAG 3. Februar 1956 - 1 AZR 463/54 -; GMP/Schlewing 8. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 89; GK-ArbGG/Schütz Stand November 2013 § 2 Rn. 161; HK-ArbR/Schmitt 3. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 41; wohl auch ErfK/Koch 14. Aufl. § 2 ArbGG Rn. 25). Allerdings ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG der Wirkungsbereich einer Sozialeinrichtung ausdrücklich auf „den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt“(dazu BAG 10. Februar 2009 - 1 ABR 94/07 - BAGE 129, 313; ErfK/Kania § 87 BetrVG Rn. 70). Ob diese, auf betriebsverfassungsrechtlichen Überlegungen beruhende Beschränkung auf Betrieb, Unternehmen oder Konzern in vollem Umfang auf § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG übertragbar ist oder ob mit Rücksicht auf den Normzweck Einrichtungen einzubeziehen sind, die eine ähnliche greifbare Nähe zum Arbeitsverhältnis aufweisen wie die in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG beschriebenen Einrichtungen, kann dahinstehen. Denn jedenfalls fehlt es im Streitfall an einer solchen besonderen Nähe (aA in einem vergleichbaren Fall wohl: KG Berlin 22. Juni 2001 - 6 W 127/01 -).

19

bb) Nach diesen Maßgaben ist die Beklagte keine „Sozialeinrichtung“.

20

(1) Die Beklagte erbringt als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) Pensionszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (vgl. zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen der Pensionskasse aus arbeitsrechtlicher Sicht: Schlewing/Henssler/Schipp/Schnitker Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung Stand November 2013 Teil 5 D Rn. 1 - 64). Die Leistungen der Beklagten bezwecken zwar die Verbesserung der sozialen Lebensbedingungen von Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen. Allerdings dienen sie diesem Anliegen nicht allein gegenüber den Arbeitnehmern der früheren Arbeitgeberin des Klägers oder der mit dieser Arbeitgeberin im Konzern verbundenen Unternehmen. Vielmehr sind auch andere Arbeitnehmer und Arbeitgeber der genossenschaftlichen und agrarischen Wirtschaft Mitglieder der Beklagten. Die Beklagte ist demnach keine von der früheren Arbeitgeberin des Klägers oder von mit ihr im Konzernverbund stehenden Unternehmen zum Zweck der Altersversorgung abgesonderte Vermögensmasse. Es handelt sich nicht um ein von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestelltes Sondervermögen. Die Arbeitgeberin hat vielmehr - ebenso wie die betreffenden Arbeitnehmer - als Mitglied der Beklagten Beiträge an diese gezahlt. Dadurch und durch eigene Beiträge baute der Kläger Altersversorgungsansprüche gegen die - auch für konzernfremde Arbeitgeber und Arbeitnehmer offenstehende - Beklagte auf. Die Leistungsfähigkeit der Beklagten speist sich nicht nur aus Beiträgen der früheren Arbeitgeberin und dem Konzern, zu dem diese gehört, sondern auch aus den Zahlungen vieler weiterer Unternehmen und ihrer Arbeitnehmer, die in keiner besonderen Nähe zur Arbeitgeberin des Klägers stehen, sondern allenfalls in einem historisch begründeten Zusammenhang mit der sozialen Sicherung der ländlichen Bevölkerung. Die Beklagte steht damit - anders als eine Sozialeinrichtung - außerhalb der besonderen „greifbaren“ Beziehung zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen, wenn auch das Versicherungsvertragsverhältnis sein Entstehen - rein tatsächlich - einem Arbeitsverhältnis verdankt. Die Funktion der Beklagten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ist eher mit einer Direktversicherung vergleichbar, die ebenfalls keine Sozialeinrichtung ist. Vielmehr ist für Streitigkeiten des versicherten Arbeitnehmers gegen die Direktversicherung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (vgl. BGH 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 -; ebenso Hessisches Landesarbeitsgericht 30. August 2005 - 2 Ta 332/05 -). Dies übersieht im Übrigen die Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 22. Juni 2001 (- 6 W 127/01 -), die mit der Begründung, das Versicherungsverhältnis des Arbeitnehmers zu einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit wurzele letztlich im Arbeitsverhältnis, die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ohne Weiteres bejaht.

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(2) Auch der Umstand, dass nunmehr die frühere Arbeitgeberin des Klägers durch Funktionsausgliederung („Outsourcing“) Arbeitgeberin der für die Beklagte tätigen Arbeitnehmer geworden ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dieser Umstand ist Ausdruck der unternehmensrechtlichen Verflechtung der früheren Arbeitgeberin mit der Beklagten, ändert aber nichts an der rechtlichen Stellung der Beklagten zum Kläger. Der Kläger rückt durch die Funktionsausgliederung, was sein früheres Arbeitsverhältnis betrifft und auch, was seine Stellung als Versicherungsnehmer der Beklagten betrifft, nicht in eine andere, etwa nähere Beziehung zur Beklagten. Der Charakter der Ansprüche, die von dem Kläger geltend gemacht werden, hat sich durch die Funktionsausgliederung nicht geändert.

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2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen nach § 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger zur Last.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

        

        

        

                 

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.