Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 13. Feb. 2015 - 18 SaGa 1/15
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.01.2015 - 3 Ga 55/14 - abgeändert.
Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über einen Anspruch der Verfügungsklägerin auf tatsächliche Weiterbeschäftigung in einem bestehenden, aber gekündigten Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
3Die Verfügungsbeklagte betreibt ein Krankenhaus in C. Bei der Verfügungsbeklagten besteht eine Mitarbeitervertretung nach dem MVG EKD. Die 1956 geborene Verfügungsklägerin ist auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 10.03.2008 ab dem 01.01.2009 als Chefärztin der Klinik für Neurochirurgie tätig. Der Dienstvertrag enthält u. a. folgende Regelung:
4„§ 21
5Vertragsdauer
6[…]
7(5) Für den Fall der Kündigung dieses Dienstvertrages ist der Dienstgeber berechtigt, den Arzt unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung etwaiger restlicher Urlaubsansprüche von der Arbeit freizustellen. Entsprechendes gilt bei einer einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses.
8[…]“
9Dem Dienstvertrag liegt ein Entwurf der Verfügungsbeklagten zu Grunde. Vor dem Abschluss des Vertrages fanden zwei Verhandlungsgespräche statt. Die Parteien trafen unter dem 10.03.2008 auch eine Vereinbarung über eine ambulante ärztliche Nebentätigkeit der Verfügungsklägerin; zudem wurde ein weiterer Vertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der N GmbH abgeschlossen. Im Jahr 2013 erzielte die Verfügungsklägerin eine Jahresvergütung in Höhe von insgesamt ca. 465.000,00 €.
10Die Verfügungsbeklagte stellte zum 01.01.2014 einen neuen Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie ein. Seitdem gab es Unstimmigkeiten zwischen der Verfügungsklägerin und diesem Chefarzt bzw. zwischen den Ärzten dieser beiden Kliniken, insbesondere hinsichtlich der Zuständigkeit für Patienten, bei denen Wirbelsäulenoperationen durchzuführen waren.
11In diesem Zusammenhang wandten sich sowohl die Assistenzärzte als auch die Oberärzte der neurochirurgischen Klinik an die Geschäftsleitung und brachten ihre Besorgnis über eine Kompetenzbeschneidung ihrer Klinik zum Ausdruck. Die Geschäftsleitung forderte die Verfügungsklägerin dazu auf, zu den Schreiben der Assistenz- und Oberärzte Stellung zu nehmen, was diese zunächst verweigerte. Hierfür erhielt sie von der Verfügungsbeklagten eine Abmahnung. Danach richtete die Verfügungsklägerin unter dem 23.05.2013 ein 21seitiges Schreiben an die Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten.
12Im Sommer 2014 bemühte sich die Verfügungsbeklagte, eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Verfügungsklägerin zu erzielen. Diese Gespräche blieben ergebnislos.
13Am 10.11.2014 hörte die Verfügungsbeklagte sowohl die Mitarbeitervertretung zu einer beabsichtigten Kündigung der Verfügungsklägerin an und führte auch ein Anhörungsgespräch mit dem Sprecherausschuss der leitenden Angestellten. Die Mitarbeitervertretung erklärte unter dem 18.11.2014, dass sie sich für die Verfügungsklägerin als leitende Angestellte nicht zuständig halte. Mit Schreiben vom 27.11.2014 sprach die Verfügungsbeklagte gegenüber der Verfügungsklägerin die ordentliche Kündigung zum 30.06.2015 aus. Unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages stellte sie die Verfügungsklägerin von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Die Verfügungsklägerin erhob binnen drei Wochen beim Arbeitsgericht Bielefeld Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 27.11.2014. Im Kündigungsschutzrechtsstreit ist Kammertermin auf den 24.06.2015 bestimmt worden.
14Mit einem am 03.12.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Verfügungsklägerin das vorliegende Verfahren anhängig gemacht. Sie begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Freistellung.
15Die Verfügungsklägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Freistellung seitens der Verfügungsbeklagten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist rechtswidrig sei und sie einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung habe. Bei der Regelung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages handele es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Diese Regelung sei schon gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Bestandteil des Vertrages geworden, da ein solches Suspendierungsrecht unter der Überschrift Vertragsdauer überraschend sei. Durch die formularmäßige Einräumung eines einseitigen Suspendierungsrechts werde sie jedenfalls gemäß § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die ausgesprochene Kündigung offensichtlich unwirksam sei. Das Mitbestimmungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Für die ordentliche Kündigung sei nach § 38 MVG EKD die Zustimmung der Mitarbeitervertretung notwendig. Die Zustimmungsfiktion des § 38 Abs. 1 S. 1 MVG EKD trete allein dann ein, wenn die Mitarbeitervertretung gänzlich untätig bleibe und keine Erörterung beantrage. Äußere sich jedoch die Mitarbeitervertretung wie im vorliegenden Fall, so sei die Verfügungsbeklagte verpflichtet, kirchenrechtlich die Zustimmung durch das Kirchengericht ersetzen zu lassen. Darüber hinaus sei nicht ansatzweise ein Kündigungsgrund erkennbar. – Es bestehe auch ein Verfügungsgrund. Die Verfügungsklägerin sei auf eine tatsächliche Tätigkeit in ihrem Fachgebiet angewiesen, da sie durch den Ausschluss von den Operationstätigkeiten über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten bei der Durchführung der äußerst sensiblen und komplizierten Eingriffe verliere. Ihr sei auch die Möglichkeit genommen, an der fachlichen Entwicklung in ihrem Fachgebiet teilzuhaben. Sie verliere den Kontakt zu den einweisenden Ärzten und Behörden. Weiterhin drohe ihr der Verlust des in den Jahren der Beschäftigung aufgebauten Patientenstammes. Ihre Reputation innerhalb des Krankenhauses und in der externen Fachwelt leide durch die langfristige Freistellung. Auch ihrer Verpflichtung, Doktoranden bei ihrer Dissertation zu betreuen, könne sie nicht weiter nachkommen. Schließlich gereiche ihre Freistellung auch der Verfügungsbeklagten zum Nachteil, da Oberärzte wegen ihrer Freistellung bereits das Anstellungsverhältnis gekündigt hätten bzw. beabsichtigten zu kündigen.
16Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
17die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, sie als Chefarzt in der Klinik für Neurochirurgie des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld zu unveränderten Bedingungen gemäß ihres Dienstvertrages vom 10.03.2008 bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2015 weiter zu beschäftigen.
18Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,
19den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
20Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, der Verfügungsklägerin stehe kein Verfügungsanspruch zu. Der Dienstvertrag enthalte keine allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern sei ein individuell ausgehandelter Vertrag. Dies ergebe sich aus den umfangreichen Vertragsgesprächen, in denen auf der Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme, die die Verfügungsklägerin habe anfertigen lassen, der Vertrag eingehend verhandelt worden sei. Selbst unter Zugrundelegung einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB sei die Vereinbarung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages wirksam und benachteilige die Verfügungsklägerin nicht unangemessen. Die Verfügungsbeklagte hat hierzu vorgetragen, sich nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Freistellung der Verfügungsklägerin in der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung entschlossen zu haben. Die Kooperationsbereitschaft der Verfügungsklägerin mit der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie sei ungenügend gewesen. Eine Kooperation zwischen dieser Klinik und der Klinik für Neurochirurgie sei aber wegen des im Hause etablierten überregionalen Traumazentrums zur optimalen Versorgung Schwerstverletzter unerlässlich. Die Verfügungsklägerin habe die Qualifikation des Chefarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie infrage gestellt und sich dem Auftrag der Geschäftsführung verweigert, eine gemeinsame Verfahrensanweisung für beide Kliniken zu erstellen. Sie habe gegenüber dem kaufmännischen Direktor der Verfügungsbeklagten behauptet, eine externe Überprüfung der Arbeitszeitregelungen in der Klinik für Neurochirurgie habe von der Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten vorsätzlich angestoßen sein können, um ihr zu schaden. Zudem habe die Verfügungsklägerin geäußert, bei der Klärung der Zusammenarbeit zwischen beiden Kliniken habe die Geschäftsführung nicht mehr das Wohl der Patienten im Sinn. Einem ärztlichen Direktor der Klinik habe die Verfügungsklägerin vorgeworfen, wegen ökonomischer Gründe Patienten unnötig lange zu beatmen. Die ausgesprochene Kündigung sei auch nicht offensichtlich unwirksam. Sie beruhe darauf, dass die Verfügungsklägerin durch ihr Verhalten die Vertrauensgrundlage für die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses endgültig zerstört habe. Sie habe auf Chefarztebene eine „Brunnenvergiftung“ begangen. Seit dem Amtsantritt des neuen Chefarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie habe sich die Klägerin einer kooperativen interdisziplinären Zusammenarbeit verweigert. Die Geschäftsleitung sei daher genötigt gewesen, eine Verhaltensanweisung im Umgang mit Wirbelsäulenoperationen für die Kliniken der Orthopädie und Unfallchirurgie und der Neurochirurgie zu erteilen. Die Verfügungsklägerin habe überdies in der Vorplanung der Operationszahlen für das Jahr 2015 zu niedrige Zahlen angegeben, um ihre Meinung zu untermauern, dass durch die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie die Kompetenzen der neurochirurgischen Klinik beschnitten würden. Die kirchengerichtliche Zustimmungsersetzung der Mitarbeitervertretung sei nicht erforderlich gewesen. Durch den Ablauf der Zweiwochenfrist ohne Antrag auf Erörterung oder ausreichende Zustimmungsverweigerung nach § 41 Abs. 2 MVG EKD sei die Zustimmungsfiktion des § 38 Abs. 3 S. 1 MVG EKD eingetreten. – Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass der Verfügungsklägerin kein Verfügungsgrund zur Seite steht. Die Verfügungsklägerin trage nur formelhaft vor, dass sie aufgrund der sechsmonatigen Freistellung wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten verliere.
21Das Arbeitsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprochen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Verfügungsklägerin habe einen Verfügungsanspruch auf tatsächliche Beschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, da die Vereinbarung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages als allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei. Jedenfalls diese Klausel des Vertragswerks sei zwischen den Parteien nicht individuell ausgehandelt worden. Die Freistellungsklausel benachteilige die Verfügungsklägerin in unangemessener Weise, da die Klausel allein an den Ausspruch einer Kündigung anknüpfe und keinerlei weitere inhaltliche Einschränkungen aufweise. Ein Verfügungsgrund ergebe sich für die Verfügungsklägerin daraus, dass sie bei einer Nichtbeschäftigung über einen Zeitraum von insgesamt ca. sieben Monaten die alltägliche Routine bei der Vornahme der Operationen verliere. Darüber hinaus drohe der Verfügungsklägerin durch die Nichtbeschäftigung, die in ihrer Außenwirkung einer fristlosen Kündigung nahekomme, ein nicht unerheblicher Verlust an Reputation. Außerdem komme auch die private Behandlung von Patienten, die der Verfügungsklägerin aufgrund einer Nebentätigkeitsgenehmigung erlaubt sei, sinnvollerweise nur in den Räumlichkeiten der Verfügungsbeklagten in Betracht; das Beschäftigungsverbot führe auch zu der Gefahr, dass der insoweit von der Verfügungsklägerin aufgebaute Patientenstamm beeinträchtigt werde.
22Gegen das erstinstanzliche Urteil, das am 07.01.2015 verkündet und der Verfügungsbeklagten am 12.01.2015 zugestellt worden ist, hat die Verfügungsbeklagte mit einem Schriftsatz, der am 07.01.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung mit einem am 19.01.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
23Nach Auffassung der Verfügungsbeklagten ist die Vereinbarung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages nicht unwirksam. Eine solche Freistellungsregelung sei bei 21 von 26 Chefarztverträgen Gegenstand des Vertragswerkes. Es handele sich nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung. Zwar sei diese konkrete Klausel nicht ausdrücklich Gegenstand der Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien gewesen. Konkrete Gespräche über eine Vertragsklausel seien jedoch nicht erforderlich, um sie als Individualvereinbarung zu qualifizieren. Denn es gebe in Vertragsentwürfen immer Regelungen, die für beide Parteien gar nicht verhandlungswert seien. Jedenfalls benachteilige die Freistellungsklausel die Verfügungsklägerin nicht unangemessen. Die Verfügungsklägerin gehöre einer Gruppe von Arbeitnehmern an, bei denen aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung davon ausgegangen werden dürfe, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer Suspendierung nach dem Ausspruch einer Kündigung überwiege. Überdies stehe das Freistellungsrecht unter dem Vorbehalt der Ausübung nach billigem Ermessen. – Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ein Verfügungsgrund für die Verfügungsklägerin bestehe. Hierzu trägt die Verfügungsbeklagte vor, die Freistellung der Klägerin sei in der Fachwelt allenfalls durch Äußerungen der Verfügungsklägerin oder durch die Veröffentlichung des Sitzungsergebnisses im erstinstanzlichen Verfahren bekannt geworden. Das Arbeitsgericht irre, wenn es davon ausgehe, der Klägerin drohe ein nicht unerheblicher Verlust an Reputation. Bei einer Operateurin wie der Verfügungsklägerin mit einer mehr als 25-jährigen Berufserfahrung sei es nicht vorstellbar, dass sie in sieben Monaten der Nichtbeschäftigung die alltägliche Routine verliere. Im Hinblick auf Forschungsvorhaben, Erkrankungen oder Schwangerschaften komme es in der Praxis auch bei neurochirurgisch tätigen Medizinern häufig vor, dass eine längere Pause in der beruflichen Tätigkeit eintritt, ohne dass dies zu einem Verlust an beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten führe. Die ihr genehmigte Nebentätigkeit könne die Verfügungsklägerin jetzt noch ausüben, auch in den Räumen des Krankenhauses. Sie gehe allerdings aufgrund ihrer eigenen Entscheidung ihren Nebentätigkeiten seit der Freistellung nicht mehr nach. Während der Freistellungszeit versäume die Verfügungsklägerin auch nicht technische Neuerungen, von denen es in den letzten sechs Jahren zwei in dem medizinisch-technischen Bereich gegeben habe, den die Verfügungsklägerin leitete. Die Verfügungsklägerin könne sich auch nicht darauf berufen, Kontakt zu den Krankenhausärzten und Behörden aufgrund der Freistellung zu verlieren. Die Verfügungsklägerin verfüge über einen so genannten KV-Sitz nicht. Ein Kontakt zu den Behörden sei für die Verfügungsklägerin nicht erforderlich. Im Übrigen könne sich die Verfügungsklägerin auch während ihrer Freistellung um solche Kontakte bemühen. Die Freistellung der Verfügungsklägerin sei auch ohne Einfluss auf etwaige Dissertationsvorhaben nachgeordneter Ärzte.
24Die Verfügungsbeklagte beantragt,
25das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.01.2015 (Aktenzeichen: 3 Ga 55/14) abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
26Die Verfügungsklägerin beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Die Verfügungsklägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Freistellungsklausel in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages sei keine individuell ausgehandelte Klausel. Die Verfügungsbeklagte habe nicht angeboten, den Inhalt des § 21 Abs. 5 nach den Vorstellungen der Klägerin zu gestalten und auch keine hinreichende Bereitschaft zur Verhandlung der übrigen vorformulierten Klauseln gezeigt. Trotz der von der Verfügungsklägerin unterbreiteten 46 Änderungsvorschläge habe die Verfügungsbeklagte lediglich 4 Änderungen vorgenommen, die ausschließlich redaktioneller und nicht inhaltlicher Natur gewesen seien. Eine unangemessene Benachteiligung zu Lasten der Verfügungsklägerin ergebe sich aus der Freistellungsklausel, weil die Klausel auch im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Freistellungsvorbehalt für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist vorsehe, der an keine weiteren inhaltlichen Voraussetzungen geknüpft sei. Durch die vorbehaltene und im Streitfall erklärte Freistellung der Verfügungsklägerin könne sie keine Liquidationseinnahmen aus wahlärztlichen Leistungen mehr erzielen; insofern reduzierten sich ihre Bezüge faktisch auf die Festvergütung. Die Freistellungsklausel sei unter der Überschrift „Vertragsdauer“ überraschend und deshalb nicht Vertragsbestandteil geworden. - Es bestehe auch ein Verfügungsgrund, da der Verfügungsklägerin wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten nahezu unwiederbringlich verloren gingen. Die Anforderungen an einen Neurochirurgen bestünden in besonderem Maße auch in der Präzision, der Fingerfertigkeit und manuellen Geschicklichkeit sowie in der durch jeden operativen Eingriff wachsenden Erfahrung. Die Verfügungsklägerin befinde sich, anders als junge Ärzte, die aufgrund der Elternzeit pausierten, auf dem Zenit ihrer Fertigkeiten und Erfahrungen; daher sei ihr Verlust an Fertigkeiten höher und weniger schnell wiedergewinnbar. Der Ruf der Verfügungsklägerin leide unter der Freistellung. Ihrem Ehemann, der als Orthopäde niedergelassen sei, habe eine Patientin das Gerücht zugetragen, die Verfügungsklägerin sei aus der Klinik von Polizeibeamten „abgeführt“ worden. Die isolierte Fortführung der Privatambulanz sei für die Verfügungsklägerin nicht möglich und besitze keinerlei Wert für sie; die Verfügungsbeklagte habe ihr jeglichen Kontakt zu den Mitarbeitern untersagt, falls sie ihre Nebentätigkeiten wieder aufnehme. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Verfügungsgrund in einem proportionalen Verhältnis zur Offenkundigkeit der Verletzung des vertraglichen Beschäftigungsanspruchs stünden. Wenn, wie im Streitfall, die Maßnahme des Arbeitgebers offensichtlich rechtswidrig sei, könne dies bereits den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen. Der Anspruch auf Beschäftigung gehe durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren, und zwar für einen erheblichen Zeitraum von sieben Monaten, der die Dauer des Jahresurlaubs deutlich überschreite.
29Entscheidungsgründe
30I.
31Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist zulässig.
32Die Verfügungsbeklagte hat die Berufung insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG eingelegt und begründet.
33II.
34Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
35Der Erlass einer einstweiligen Verfügung kommt nicht in Betracht. Dabei lässt das Berufungsgericht offen, ob ein Verfügungsanspruch, also ein vertraglicher Anspruch der Verfügungsklägerin auf tatsächliche Beschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, besteht oder ob diesem Anspruch die auf § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages gestützte Freistellungserklärung der Verfügungsbeklagten entgegensteht. Es fehlt jedenfalls am erforderlichen Verfügungsgrund.
361. Eine einstweilige Verfügung kann nur ergehen, wenn ein so genannter Verfügungsgrund besteht.
37a) Nach den Bestimmungen der §§ 935 ff. ZPO kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur in Betracht, wenn es sich um eine dringliche Angelegenheit handelt und die Entscheidung im Eilverfahren erforderlich ist. Bei einer Sicherungsverfügung gemäß § 935 ZPO muss die objektive Gefahr bestehen, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Eine Regelungsverfügung gemäß § 940 ZPO setzt voraus, dass die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. In beiden Fällen sind an den Verfügungsgrund dann besonders strenge Anforderungen zu stellen, wenn die begehrte Eilentscheidung Ansprüche nicht nur sichern, sondern (teilweise) befriedigen soll, wenn also durch die einstweilige Verfügung die Hauptsache ganz oder zumindest teilweise vorweg genommen wird und insoweit endgültige Verhältnisse geschaffen werden (LAG Hamm, Urteil v. 29.10.2009 - 11 SaGa 28/09; LAG Nürnberg, Urteil v. 12.09.2007 - 4 Sa 586/07, ZTR 2008, 109; Vossen, in: GK-ArbGG, Stand: April 2012, § 62 Rdnr. 64; Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting, 8. Aufl. 2013, § 62 ArbGG Rdnr. 97, jew. m. w. N.). Eine solche Leistungs- oder Befriedigungsverfügung erstrebt die Verfügungsklägerin, da die begehrte tatsächliche Beschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht wieder rückabgewickelt werden kann.
38b) Zwar ist anerkannt, dass der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung auch im Wege einer Leistungsverfügung nach § 940 ZPO durchgesetzt werden kann (vgl. nur Vossen, in: GK-ArbGG, § 62 Rdnr. 69a). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ein besonderes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers besteht, das den Erlass einer Leistungsverfügung rechtfertigt (LAG Hamburg, Urteil v. 24.07.2013 - 5 SaGa 1/13; LAG Hessen, Urteil v. 20.03.2013 - 18 SaGa 75/13; Baur, in: Dunkl/Möller/Baur/Feldmeier, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, 3. Auflage 1998, S. 275 f).
39Ein Verfügungsgrund folgt nicht bereits daraus, dass der Beschäftigungsanspruch der Verfügungsklägerin durch Zeitablauf unmöglich wird. Allein die nicht rechtzeitige Durchführbarkeit des Hauptsacheverfahrens und der daraus folgende Untergang des Beschäftigungsanspruchs für die jeweiligen Arbeitstage kann nicht den Verfügungsgrund ersetzen (LAG Hamburg, Urteil v. 24.07.2013 - 5 SaGa 1/13; LAG Köln, Urteil v. 13.05.2005 - 4 Sa 400/05; Schrader, BB 2012, 445, 446 f.; Vossen, in: GK-ArbGG, § 62 Rdnr. 69a, jeweils m. w. N.). Dem stehen die besonderen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 940 ZPO entgegen. Zwar trifft es zu, dass die nicht termingerechte Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs für die Verfügungsklägerin einen endgültigen Rechtsverlust bedeutet. Jedoch ist andererseits zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte bei Erlass der begehrten Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung wegen des späteren Zeitablaufs nicht die Möglichkeit hat, im Hauptsacheverfahren die vollzogene einstweilige Verfügung rückgängig zu machen.
402. An einem solchen besonderen Beschäftigungsinteresse der Verfügungsklägerin fehlt es.
41a) Das Erfordernis eines besonderen Beschäftigungsinteresses entfällt nicht aufgrund der Überlegung, dass die Rechtslage eindeutig ist und der Beschäftigungsanspruch der Verfügungsklägerin unzweifelhaft besteht.
42Wenn der Verfügungsanspruch keinen rechtlichen Bedenken begegnet, sind keine besonderen Anforderungen an den Verfügungsgrund zugunsten des die Weiterbeschäftigung begehrenden Arbeitnehmers zu stellen, denn ein berechtigtes Interesse des Arbeitsgebers an der Aufrechterhaltung eines offenkundig rechtswidrigen Zustandes ist nicht anzuerkennen (LAG Hessen, Urteil v. 28.06.2010 - 16 SaGa 811/10; LAG Hamm, Urteil v. 08.11.2004 - 8 Sa 1798/04; LAG Köln, Urteil v. 14.06.1997 - 4 Sa 177/96; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Auflage 2007, Rdnr. 94 m. w. N.). Es ist aber nicht offensichtlich, dass ein Beschäftigungsanspruch der Verfügungsklägerin besteht. Zwar trifft den Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht nur die Pflicht, den Arbeitnehmer zu vergüten, sondern auch die Pflicht zur tatsächlichen Beschäftigung (vgl. nur Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2014, § 611 BGB, Rdnr. 563 ff. m. w. N.). Im Streitfall gibt es indes eine vertragliche Regelung zur Suspendierung der Beschäftigungspflicht. Die Verfügungsbeklagte stellte die Verfügungsklägerin unter Berufung auf die Regelung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages frei. Dass diese Regelung der Verfügungsbeklagten keine Freistellungsbefugnis gewährt, ist jedenfalls nicht offenkundig. Dies gilt für die Wirksamkeit der Klausel an sich (dazu nachfolgend unter aa) und auch für die Ausübung des Freistellungsrechts (dazu nachfolgend unter bb).
43aa) Die Freistellungsklausel in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages ist nicht aufgrund der §§ 305 ff. BGB evident unwirksam.
44(1) Es spricht bereits einiges dafür, dass die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB über die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf den Dienstvertrag, der zwischen den Parteien abgeschlossen wurde, nicht anwendbar sind.
45Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB findet eine AGB-Kontrolle jedenfalls dann nicht statt, wenn der Vertragsgegner auf den Inhalt vorformulierter Vertragsbedingungen Einfluss nehmen konnte. Als individuelle Vertragsabrede wäre die Bestimmung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Individualvereinbarungen über Freistellungsbefugnisse des Arbeitgebers nach dem Ausspruch einer Kündigung sind zulässig (vgl. nur Mues, ArbRB 2009, 214).
46Die Möglichkeit der Einflussnahme setzt voraus, dass der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB bzw. vorformulierten Vertragsbedingungen ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verwendungsgegner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt; das Merkmal des Einflussnehmens in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (dazu und zum Folgenden: BAG, Urteil v. 12.12.2013 - 8 AZR 829/12, Urteil v. 19.05.2010 - 5 AZR 253/09). Die Möglichkeit der Einflussnahme ist nicht bereits dann auszuschließen, wenn der vorformulierte Text bestehen bleibt. In aller Regel schlägt sich eine Bereitschaft zum Aushandeln zwar in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Bleibt es nach Erörterung bei dem vorformulierten Text, weil der Betroffene nunmehr mit diesem einverstanden ist, so kann der Vertrag gleichfalls als das Ergebnis eines Aushandelns betrachtet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu eventuell gewünschten Abänderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dass dies dem anderen Teil bei Abschluss des Vertrags bewusst war. Die Möglichkeit der Einflussnahme muss sich dabei auf die konkrete Klausel beziehen, deren Anwendbarkeit oder Auslegung im Streit steht. Vorformulierte Bedingungen in einem Vertragswerk, die nicht ausgehandelt wurden, sind weiterhin am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes „soweit“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 und § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Ist die Möglichkeit der Einflussnahme streitig, muss der Verwender - nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast - den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klauseln freiwillig akzeptiert.
47In der Praxis kommt es vor dem Abschluss von Chefarztverträgen regelmäßig zu Vertragsverhandlungen (dazu Münzel, NZA 2011, 886, 887 ff.). Auch im vorliegenden Fall fanden - unstreitig - Vertragsverhandlungen vor Abschluss des Dienstvertrages vom 10.03.2008 statt. Die Verfügungsklägerin hatte Gelegenheit, das Vertragswerk durch einen Rechtsberater überprüfen zu lassen; sie hatte auch zahlreiche Änderungsvorschläge in die Vertragsverhandlungen eingebracht. Dass diese Änderungsvorschläge nur zu einem geringen Teil durchsetzbar waren, ändert an der Möglichkeit der Einflussnahme nichts. Auch der Umstand, dass die Parteien keine Verhandlungen über den Inhalt der Regelung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages führten, steht einer Einflussnahmemöglichkeit der Verfügungsklägerin nicht entgegen.
48Ob die Verfügungsbeklagte nähere Umstände der Vertragsverhandlungen, zur Möglichkeit eines Aushandelns und zur Bereitschaft, bestimmte im Vertragsentwurf vorgesehene Klauseln zur Disposition zu stellen, hätte vortragen müssen, mag offen bleiben. Es wäre jedenfalls eine bloße Förmelei, die Verfügungsbeklagte als Verwenderin eines Vertragsmusters zu verpflichten, die Verfügungsklägerin im Hinblick auf jedwede Vertragsbestimmung zu befragen, ob eine Änderung gewünscht sei. Weil die Verfügungsklägerin sich auf die Vertragsverhandlungen durch eine rechtsgutachterliche Stellungnahme vorbereitet hatte, die den Vertragsverhandlungen zugrunde LAG, neigt das Berufungsgericht der Auffassung zu, dass die Verfügungsbeklagte sich darauf verlassen durfte, die Verfügungsklägerin werde die Punkte ansprechen, die sie für verhandelnswert erachtet.
49(2) Aber auch dann, wenn man zugunsten der Verfügungsklägerin davon ausgeht, dass die Bestimmung in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages als Allgemeine Geschäftsbedingung einer besonderen Rechtskontrolle unterliegt, ist es nicht offenkundig, dass diese Klausel der Verfügungsbeklagten kein Freistellungsrecht verleiht und ein Beschäftigungsanspruch besteht.
50(a) Die Verfügungsklägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die Klausel als überraschende Bestimmung im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wurde.
51Eine überraschende Klausel (dazu Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Aufl. 2014, §§ 305 - 310 BGB Rdnr. 29 m. w. N.) liegt vor, wenn die vertragliche Bestimmung objektiv ungewöhnlich ist und der andere Teil mit der Klausel nicht zu rechnen braucht. Die Regelung muss von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweichen, ihr muss ein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ innewohnen.
52Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf die im Streitfall vertraglich vereinbarte Freistellungsklausel nicht vor. Freistellungsklauseln im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung entsprechen einer weit verbreiteten Übung in der arbeitsvertraglichen Praxis. Die Bestimmung ist im Dienstvertrag auch nicht an einer Stelle „versteckt“, an der sie ein vernünftiger Vertragspartner nicht erwarten würde. Es besteht ein systematischer Regelungszusammenhang zwischen der Vertragsdauer (Überschrift des § 21), der Kündigungsmöglichkeit (§ 21 Abs. 2 und 3) und der Vereinbarung des Freistellungsrechts nach Ausspruch einer Kündigung (§ 21 Abs. 5). Außerhalb der Regelung des § 21 enthält der Dienstvertrag keine Bestimmungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
53(b) Die Freistellungsklausel in § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages ist nicht gemäß § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.
54Es handelt sich nicht um eine Vereinbarung, durch die der Arbeitgeber als Klauselverwender das Recht erhält, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen. Die Freistellung ist nicht als Modifikation der arbeitgeberseitigen Leistungspflicht anzusehen, sondern als ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Annahme der Gegenleistung (Mengel, in: Hümmerich/Reufels, Gestaltung von Arbeitsverträgen, 2. Auflage 2011, § 1 Rdnr. 1732).
55(c) Die Freistellungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB jedenfalls nicht offenkundig unwirksam.
56(aa) § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet an, dass Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ob Freistellungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, ist umstritten.
57Nur vereinzelt begegnet man der Ansicht, Freistellungsklauseln seien generell unzulässig (Fischer, NZA 2004, 233). Häufiger wird die Auffassung vertreten, die vertraglich vereinbarte Freistellungsmöglichkeit nach dem Ausspruch einer Kündigung sei grundsätzlich rechtswirksam (LAG Hamburg, Urteil v. 22.10.2008 – 5 SaGa 5/08; LAG Köln, Urteil v. 20.02.2006 - 14 (10) Sa 1394/05; LAG Hamm, Urteil v. 03.02.2004 – 19 Sa 120/04; LAG München, Urteil v. 14.03.2003 – 6 Sa 184/03, Urteil v. 07.05.2003 - 5 Sa 297/03 [für Freistellung außertariflicher Mitarbeiter]; Bauer, NZA 2007, 409, 412 [er ist der Ansicht, die Kündigung bilde einen sachlichen Grund für die Freistellung]; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Kreitner, in: Personalhandbuch 2012, Stichwort „Freistellung von der Arbeit“ Rn. 16; Mengel, in: Hümmerich/Reufels, 2. A. 2011, § 1 Rn. 1751, 1757, 1732). Andere meinen, vorformulierte Freistellungsklauseln seien nur wirksam, falls – über den Ausspruch der Kündigung hinausgehend – ein besonderes Freistellungsinteresse des Arbeitgebers vorliege und in der Klauselformulierung wiedergegeben sei (LAG Hamburg, Urteil v. 24.07.2013 - 5 SaGa 1/13; LAG Hessen, Urteil v. 14.03.2011 - 16 Sa 1677/10, Urteil v. 20.03.2013 - 18 SaGa 75/13; Krause, NZA Beil. 1/2005, 62 f. [der aber für einen großzügigen Maßstab bei leitenden Angestellten eintritt]; Ohlendorf/Salomon, NZA 2008, 851, 859 f.; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB Rn. 570 m. w. N.)
58Das Berufungsgericht lässt es offen, welcher Ansicht zu folgen ist. Es spricht freilich einiges dafür, dass ein Freistellungsrecht des Arbeitgebers nach dem Ausspruch einer Kündigung jedenfalls dann auch formularmäßig vereinbart werden kann, wenn es sich beim Arbeitnehmer um einen Mitarbeiter in leitender herausgehobener Stellung handelt (so auch LAG München, Urteil v. 07.05.2003 - 5 Sa 297/03; LAG Köln, Urteil v. 13.05.2005 - 4 Sa 400/05; ähnlich LAG Hamburg, Urteil v. 24.07.2013 - 5 SaGa 1/13). Zwar wird das Recht des Arbeitnehmers, seinen Beschäftigungsanspruch geltend zu machen, durch einen formularmäßigen Vorausverzicht eingeschränkt. Für ein Freistellungsrecht des Arbeitgebers nach dem Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem Mitarbeiter, der – wie die Verfügungsklägerin als Chefärztin – in leitender und herausgehobener Stellung tätig ist, spricht jedoch, dass durch die Freistellung mögliche Loyalitätsprobleme und Interessenkollisionen verhindert werden (LAG Hamm, Urteil v. 03.02.2004 - 19 Sa 120/04). Die praktische Erfahrung zeigt, dass ein Arbeitsverhältnis nach dem Ausspruch einer Kündigung häufig belastet ist (vgl. Schrader, BB 2012, 445: „Motivation niedrig, Fehlzeitenquote hoch“). Die Tatsache des Kündigungsausspruchs an sich führt beiderseitig in der Regel zu einer Vertrauenseinbuße und zu Spannungen (LAG Hessen, Urteil v. 27.07.2013 - 18 SaGa 75/13). Dieser Umstand vermag jedenfalls das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in herausgehobener und leitender Position, das in besonderem Maße auf eine belastbare Vertrauensgrundlage angewiesen ist, nachhaltig zu stören, und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung aus verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Gründen erklärt wurde.
59Ist die Freistellung – wie im Streitfall – ausdrücklich unter Vergütungsfortzahlung vorgesehen, tritt eine Gefährdung des Vertragszwecks gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht ein (Mengel, in: Hümmerich/Reufels, § 1 Rdnr. 1732). Denn der Hauptvertragszweck, die Sicherung der Existenzgrundlage durch die Vergütungszahlung, wird durch die Freistellung nicht tangiert.
60Angesichts des uneinheitlichen Meinungsbildes in Rechtsprechung und Literatur kann die Rechtslage keinesfalls so bewertet werden, dass die vereinbarte Freistellungsklausel offenkundig unwirksam ist; vielmehr muss die Rechtslage als zweifelhaft gelten. Bei einer schwierigen und ungeklärten Rechtslage sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund jedoch nicht abzuschwächen (LAG Köln, Urteil v. 13.05.2005 - 4 Sa 400/05, Urteil v. 14.06.1996 - 4 Sa 177/96; Dunkl in Dunkl/Möller/Baur/Feldmeier, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, S. 129 f.). Eine Entscheidung im Eilverfahren der einstweiligen Verfügung ist nicht geeignet, schwierige und grundsätzliche Rechtsfragen zu klären. Die Entscheidung im Eilverfahren dient nur der vorläufigen Sicherung von Rechten, ist auf eine summarische Prüfung beschränkt und unterliegt nicht der Revision (§ 72 Abs. 4 ArbGG).
61(bb) Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit der Freistellungsklausel ergeben sich nicht aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
62Die vertragliche Regelung ist in sich klar und verständlich. Das Freistellungsrecht gemäß § 21 des Dienstvertrages besteht nur, falls zuvor eine Kündigung ausgesprochen wird. Andere Freistellungsgründe kommen nicht in Betracht. Ob es zulässig ist, die Freistellung allein vom Ausspruch einer Kündigung abhängig zu machen, ist kein Problem der Transparenz, sondern hängt von der (umstrittenen) Frage einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ab.
63bb) Gegen die wirksame Ausübung des Freistellungsrechts durch die Verfügungsbeklagte bestehen bei summarischer Prüfung keine Bedenken.
64(1) Die Verfügungsbeklagte hat die für eine Freistellung der Verfügungsklägerin erforderliche Kündigung mit dem Schreiben vom 27.11.2014 erklärt. Diese Kündigung ist nicht offensichtlich rechtsunwirksam.
65Nach § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages besteht das Freistellungsrecht für (jeden) Fall der Kündigung. Der Ausspruch einer offensichtlich unwirksamen Kündigung vermag jedoch ein Freistellungsrecht nicht zu begründen (so auch LAG München, Urteil v. 07.05.2003 - 5 Sa 297/13; LAG Hamm, Urteil v. 03.02.2004 - 19 Sa 120/04). Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB.
66Offensichtlich unwirksam ist eine Kündigung nur dann, wenn sich aufgrund des unstreitigen Sachverhalts, der sich aus dem Parteivortrag ergibt, die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen muss (BAG GS, Beschluss vom 27.02.1985 – GS 1/84), wenn etwa der Kündigende sie auf Umstände stützen will, die schon auf den ersten Blick nicht geeignet sind, einen Kündigungsgrund darzustellen. So verhält es sich im Streitfall nicht. Die Verfügungsbeklagte stützt die Kündigung auf Gründe im Verhalten der Verfügungsklägerin. Sie hat im Schreiben vom 10.11.2014, das nebst Anlagen dem Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 05.01.2015 beigefügt war, die Mitarbeitervertretung über verschiedene Verhaltensweisen der Verfügungsklägerin informiert, die nach Auffassung der Verfügungsbeklagten Vertragspflichtverletzungen darstellen und das Vertrauensverhältnis zwischen der Verfügungsklägerin und der Geschäftsführung nachhaltig zerstörten. Ob diese rechtliche Wertung zutreffend ist und ob die Kündigung den Anforderungen nach § 21 Abs. 3 des Dienstvertrages genügt, muss im vorliegenden Eilverfahren nicht geklärt werden. Die Wertung der Verfügungsbeklagten ist jedenfalls nicht evident unzutreffend, zumal die Verfügungsklägerin mit dem Schreiben vom 19.05.2014 abgemahnt wurde und die Kündigung auch auf zeitlich später liegende Vorkommnisse gestützt werden soll.
67Die Kündigung ist auch nicht wegen offensichtlich fehlerhafter Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam. Das Berufungsgericht schließt sich insoweit der rechtlichen Bewertung durch das Arbeitsgericht an. Der Mitarbeitervertretung steht zwar im Hinblick auf die Kündigung ein (eingeschränktes) Mitbestimmungsrecht gemäß §§ 42 Buchst. b, 41 Abs. 3 MVG zu. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gilt im Streitfall jedoch nach § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG als erteilt. Die Verfügungsbeklagte hatte die Mitarbeitervertretung mit dem Schreiben vom 10.11.2014 über die Kündigungsgründe informiert und um Zustimmung zur Kündigung gebeten. Die Mitarbeitervertretung widersprach der Kündigung nicht und verlangte auch keine weitere Erörterung, sondern teilte unter dem 18.11.2014 mit, sie halte sich nicht für zuständig. Die Kündigung vom 27.11.2014 wurde erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 38 Abs. 3 Satz 1 MVG erklärt.
68(2) Die Freistellung der Verfügungsklägerin verletzt nicht die Grenzen des billigen Ermessens (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB).
69Der Arbeitgeber darf von einem vertraglich vereinbarten Freistellungsrecht nur nach billigem Ermessen Gebrauch machen (LAG Köln, Urteil v. 13.05.2005 - 4 Sa 400/05; LAG Hamm, Urteil v. 03.02.2004 - 19 Sa 120/04; LAG München, Urteil v. 07.05.2003 - 5 Sa 297/03; Hunold, NZA-RR 2006, 113, 118; Thüsing, in: Henssler/Willemsen/Kalb, 5. Auflage 2012, § 611 BGB Rdnr. 176). Die Ausübung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalles berücksichtigt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 106 GewO Rn. 6 m. w. N.). Im Streitfall ergibt sich aus der erforderlichen Abwägung, dass die Interessen der Verfügungsbeklagten an der Freistellung der Verfügungsklägerin überwiegen.
70(a) Die Verfügungsbeklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, die Verfügungsklägerin während der Kündigungsfrist nicht zu beschäftigen.
71Die Verfügungsbeklagte nahm zu Recht an, dass während der Kündigungsfrist die Kooperation zwischen der Verfügungsklägerin und der Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten sowie anderen in leitender Funktion tätigen Ärzten nicht in der Art und Weise möglich sein würde, wie es für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Krankenhausbetriebes erforderlich ist. Es bestanden bei Ausspruch der Kündigung erhebliche Spannungen, die jedenfalls auch auf das Verhalten der Verfügungsklägerin zurückzuführen waren.
72Diese Spannungen ergeben sich recht deutlich aus der E-Mail-Korrespondenz, die zwischen der Verfügungsklägerin und dem Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie im Juni 2014 hinsichtlich der Zusammenarbeit der Kliniken bei der Neuaufnahme von „Wirbelsäulen-Patienten“ geführt wurde (Anlagen 14 ff. zum Anhörungsschreiben an die Mitarbeitervertretung vom 10.11.2014). Die Verfügungsklägerin sah offenbar den Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie als Konkurrenten an, zu dem ein kollegiales Verhältnis aufzubauen ihr schwer fiel. So heißt es in dem Schreiben vom 23.05.2013, das die Verfügungsklägerin an die Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten richtete (Anlage 13 zum Anhörungsschreiben an die Mitarbeitervertretung vom 10.11.2013), dass die Mitteilung der Geschäftsführung, für die gesamte Wirbelsäulenchirurgie sei die unfallchirurgische Klinik federführend, „wie eine Bombe“ eingeschlagen habe (Seite 3 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013). Vorab hatte sich die Verfügungsklägerin darüber beschwert, sie werde seit „ca. 1 Jahr systematisch nicht mehr ausreichend einbezogen in die Gespräche und strategischen Planungen der Zukunft der neurochirurgischen Klinik“, sie sei auch im Hinblick auf die Besetzung der Chefarztstelle für die unfallchirurgische Klinik „in die Abfassung des Ausschreibungstextes […] nicht einbezogen und über den Inhalt dessen nicht informiert“ worden (Seite 1 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013). Ihr sei „klar geworden, dass hier bewusst […] eine Verschiebung der Erlöse der Wirbelsäulenchirurgie von der Neurochirurgie in die Unfallchirurgie […] vorlag“. Dazu passt es, dass eine gemeinsame Verfahrensanweisung zur Zusammenarbeit beider Kliniken nicht einvernehmlich zustande kam, sondern durch die Geschäftsführung der Beklagten erstellt werden musste. Aus Sicht der Verfügungsklägerin handelte es sich bei den Gesprächen, die zuvor zwischen Mitarbeitern beider Kliniken stattfanden, um ein „formelles Pseudo-Mitrederecht“ (Seite 4 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerin mit der E-Mail vom 05.09.2014 einen Leistungszahlenplan für das Jahr 2015 übermittelte, aus dem sich eine drastische Leistungsverminderung ergibt. Zur Begründung führte die Verfügungsklägerin aus, die Minderung ergebe sich „aus den zunehmenden Verschiebungen der Wirbelsäulenoperation in die Unfallchirurgie“ (Anlage 17 zum Anhörungsschreiben an die MAV vom 10.11.2013). Nachdem die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit dem Schreiben vom 20.10.2014 eine andere Einschätzung im Hinblick auf die Fallzahlen nahelegte und darauf hinwies, es bestünde keine Veranlassung, von einer Leistungsminderung auszugehen, nahm die Verfügungsklägerin mit dem Schreiben vom 28.10.2014 ihre vorherige Einschätzung zurück. Aus Sicht des Berufungsgerichts ist es naheliegend, die E-Mail der Verfügungsklägerin vom 05.09.2014, die sich über eine Leistungsminderung verhält, als Trotzreaktion auf eine so empfundene Degradierung und Bevorzugung der unfallchirurgischen Klinik anzusehen. Wie die Verfügungsklägerin zu der sich aus der E-Mail vom 05.09.2014 ergebenden Einschätzung hinsichtlich der Fallzahlen kam, ist anderweitig nicht erläutert worden.
73Erhebliche Spannungen bestanden offenbar auch zwischen der Verfügungsklägerin und Herrn Prof. Dr. N1, dem ärztlichen Direktor und medizinischen Berater der Geschäftsführung. Im Schreiben vom 23.05.2013 wirft die Verfügungsklägerin ihm vor, und „üble Dinge“ über ihre Person und die neurochirurgische Abteilung zu verbreiten; es sei bekannt, dass von Prof. Dr. N1 an ihrem „Stuhl gesägt werde“ (Seite 9 des Schreibens). Auf Seite 10 des Schreibens vom 23.05.2013 führt die Verfügungsklägerin aus, die postoperative Betreuung der neurochirurgischen Patienten müsse heutzutage dank verbesserter mikrochirurgischer Operationstechniken und anästhesiologischer Fortschritte nicht mehr intensivmedizinisch mit Beatmungsmöglichkeit erfolgen; sie vermutet, diese Entwicklung sei Herrn Prof. Dr. N1 ein großer Dorn im Auge und „auch […] aus ökonomischer Sicht nicht in seinem Sinne“ gewesen. Selbst die Mitarbeiter der anästhesiologischen Abteilung hätten immer wieder mitgeteilt, dass sie unter der Voreingenommenheit von Herrn Prof. Dr. N1 gegenüber der Person der Verfügungsklägerin und insgesamt dieser negativen Einstellung gegenüber der neurochirurgischen Klinik litten und sein Verhalten nicht verstünden (Seite 11 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013). Die Verfügungsklägerin sieht „die Entwicklung der die neurochirurgische Klinik tangierenden Ereignisse im Jahr 2013 im Zusammenhang des offensichtliche, gewollten oder nicht gewollten Benachteiligung wegen der Herkunft und/oder des Geschlechts und der Rufschädigung […] als Chefärztin der neurochirurgischen Klinik von Herrn Prof. Dr. N1 in seiner Funktion als medizinischer Berater der Geschäftsführung und ärztlicher Direktor“ (Seite 13 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013). In einem an die Geschäftsführung gerichteten Scheiben derartige Vorwürfe gegenüber einem Kollegen zu erheben, ist geeignet, die Basis für eine kollegiale Zusammenarbeit nachhaltig zu stören, zumal, wenn Diskriminierungsvorwürfe ohne Tatsachensubstanz in den Raum gestellt werden. Auch aus der Sichtweise der Verfügungsklägerin scheint die Zusammenarbeit gestört zu sein: Sie spricht am Ende ihres Schreibens vom 23.05.2013 davon, „wieder“ eine Atmosphäre in der Klinik zu schaffen, in der „wir in Ruhe unseren Pflichten dem EvKC und damit unseren Patienten gegenüber im diakonischen Sinne nachkommen können“ (Seite 21 des Schreibens der Verfügungsklägerin vom 23.05.2013).
74Das Verhältnis zur Geschäftsführung der Verfügungsbeklagten war ebenfalls belastet, wie die anwaltliche Korrespondenz im Vorfeld und im Zusammenhang mit der Abmahnung der Verfügungsklägerin belegt. Die Verfügungsklägerin brachte sogar in einem Telefonat vom 06.08.2014 zum Ausdruck, die anstehende Überprüfung der Arbeitszeiten des ärztlichen Dienstes der Klinik für Neurochirurgie und der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes könne eventuell auch von der Geschäftsführung angestoßen sein.
75Angesichts all dieser Umstände durfte die Verfügungsbeklagte berechtigterweise davon ausgehen, nach dem Ausspruch der Kündigung und der (weiteren) Belastung des Vertragsverhältnisses durch den Kündigungsschutzprozess sei eine konstruktive Zusammenarbeit kaum noch möglich. Jedenfalls dann, wenn es sich um einen Arbeitnehmer handelt, der - wie die Verfügungsklägerin - in einer herausgehobenen leitenden Position als Chefarzt beschäftigt wird, ergibt sich daraus ein anerkennenswertes Freistellungsinteresse des Arbeitgebers.
76(b) Demgegenüber fehlt es an Umständen, die das Beschäftigungsinteresse der Verfügungsklägerin in besonderer Weise stützen könnten.
77Anhaltspunkte dafür, dass die Verfügungsklägerin infolge der Freistellung berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten als Neurochirurgin verliert, liegen nicht vor. Die Verfügungsbeklagte hat insoweit überzeugend auf andere Ereignisse verwiesen, die - wie die Freistellung - ebenfalls dazu führen können, dass ein Arzt seiner chirurgischen Tätigkeit über eine längere Zeit hinweg nicht nachgehen kann (Erziehungsurlaub, Krankheit, Forschungsprojekte), ohne dass es insoweit zu einem Verlust von beruflichen Kompetenzen kommt. Im Hinblick auf die besonderen Anforderungen der neurochirurgischen Tätigkeit ist nicht ersichtlich, dass es dort zu einem eher und nachhaltiger stattfindenden Verlust von Kenntnissen und Fähigkeiten kommt. Die Verfügungsbeklagte hat zu dieser Frage durch Vorlage einer Stellungnahme von Prof. Dr. T Stellung genommen (Anlage 6 zum Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 05.02.2015). Die Verfügungsklägerin ist dem nicht hinreichend konkret entgegengetreten. Gerade dann, wenn sich die Verfügungsklägerin, wie sie es für sich in Anspruch nimmt, auf dem „Zenit ihrer Fertigkeiten“ befindet, wird eine Unterbrechung der Tätigkeit für den Zeitraum von einem halben Jahr keine erheblichen Auswirkungen haben. Die Verfügungsbeklagte hat insoweit auch unwidersprochen vorgetragen, der Vorgänger der Verfügungsklägerin habe als Neurochirurg im Alter von 55 Jahren fast ein halbes Jahr pausieren müssen, habe jedoch im Anschluss daran problemlos wieder seine Tätigkeit als Operateur aufnehmen können. Das gleiche ergibt sich aus der Stellungnahme des Prof. Dr. M, die die Verfügungsbeklagte als Anlage 5 zur Berufungsbegründung zu den Akten gereicht hat. Dort ist von einer Neurochirurgin die Rede, die sich zwei Jahre zur Weiterbildung in Kanada aufhielt und im Anschluss daran zügig wieder als Oberärztin integriert worden ist. Auch hierzu hat die Verfügungsklägerin sich nicht konkret erklärt und Gegenteiliges nicht glaubhaft gemacht.
78Die Verfügungsklägerin kann auch nicht geltend machen, sie werde durch die Freistellung von Änderungen im Hinblick auf den Stand der Wissenschaft und die Medizintechnik ausgeschlossen. Nachdem die Verfügungsbeklagte vorgebracht hat, in den letzten sechs Jahren seien allenfalls zwei solche Neuerungen zu verzeichnen gewesen, hat die Verfügungsklägerin keinen näheren Vortrag hierzu mehr gehalten. Aus der Stellungnahme von Prof. Dr. T ergibt sich insoweit, dass Neuerungen auf Kongressen und in Fachzeitschriften vorgestellt werden und neue Operationstechniken keineswegs sofort in den Routine-Klinikbetrieb übernommen werden. Diesen nachvollziehbaren Ausführungen ist die Verfügungsklägerin nicht konkret entgegengetreten.
79Wenn die Verfügungsklägerin vorbringt, durch die Freistellung verliere sie den Kontakt zu Krankenhausärzten und Behörden, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass notwendige Kontakte zu anderen Ärzten auch gepflegt werden können, wenn sie nicht als Chefärztin tätig ist. Inwieweit Kontakte zu Behörden für die Verfügungsklägerin notwendig sind, hat sie von vornherein nicht dargelegt.
80Für das Berufungsgericht ist nicht ersichtlich, dass die Freistellung der Verfügungsklägerin zu einer Schädigung ihres beruflichen Ansehens geführt hat oder führen wird. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verfügungsbeklagte über die Freistellung hinaus Äußerungen oder andere Handlungen unternahm, die geeignet gewesen wären, die berufliche Reputation der Verfügungsklägerin zu beeinträchtigen. Weil die Freistellung von Arbeitnehmern nach dem Ausspruch der Kündigung in der Arbeitswelt häufig zu beobachten ist, bedarf es besonderer Umstände, die die Feststellung begründen könnten, dass nicht durch den Ausspruch der Kündigung, sondern die sich anschließende Freistellung eine Schädigung des beruflichen Ansehens eintritt. Solche Umstände liegen im Streitfall nicht vor. Soweit die Verfügungsklägerin vorbringt, ihr Ehemann sei mit Mutmaßungen über die Umstände des Ausscheidens der Verfügungsklägerin konfrontiert worden, ist dem zu entgegnen, dass die Verfügungsbeklagte auf Entstehung und Verbreitung derartiger (hanebüchener) Gerüchte keinen Einfluss hat.
81Es kann offen bleiben, ob der Gesichtspunkt der Betreuung von Dissertationen überhaupt im Zusammenhang mit der Frage der Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung der Verfügungsklägerin zu berücksichtigen ist. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, inwieweit die Verfügungsklägerin darauf angewiesen ist, als Chefärztin tätig zu sein, um die Dissertationen betreuen zu können. Die Verfügungsklägerin hat hierzu keinen näheren Vortrag gehalten.
82Die Verfügungsklägerin hat vorgebracht, es sei zu befürchten, dass sie aufgrund der Freistellung ihren Patientenstamm verlieren und einen neuen Patientenstamm aufbauen müsse. Damit lässt sich ein besonderes Beschäftigungsinteresse für die Verfügungsklägerin allerdings nicht begründen. Sie hat schon nicht näher dargelegt, welche konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich bestimmte Patienten von ihr aufgrund der Freistellung abwenden. Zudem steht zwischen den Parteien außer Streit, dass es der Verfügungsklägerin nicht untersagt ist, ihre Nebentätigkeiten im medizinischen Versorgungszentrum und hinsichtlich der Behandlung ambulanter Wahlleistungspatienten weiter auszuüben. Die Verfügungsbeklagte machte für die Verfügungsklägerin die Ausübung der Nebentätigkeit nicht dadurch unmöglich, dass sie die Kontaktaufnahme zu den Mitarbeitern verbot. Mit der E-Mail des Personaldirektors vom 22.01.2015 wurde die Verfügungsklägerin lediglich aufgefordert, den geordneten Dienstbetrieb in der Klinik nicht zu gefährden (auch nicht durch die Kontaktaufnahme zu den Mitarbeitenden). Eine generelle „Kontaktsperre“ sprach die Verfügungsbeklagte nicht aus. Die Verfügungsklägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärt, sie gehe zwischenzeitlich ihrer Nebentätigkeit wieder nach und halte ihre Sprechstunde in den Räumen der Verfügungsbeklagten ab.
83Soweit die Verfügungsklägerin schließlich vorträgt, ihre Freistellung gereiche auch der Verfügungsbeklagten zum Nachteil, da Oberärzte wegen ihrer Freistellung bereits das Anstellungsverhältnis gekündigt hätten bzw. beabsichtigten zu kündigen, ist dem entgegenzuhalten, dass es Sache der Verfügungsbeklagten ist, darüber zu entscheiden, ob sie derartige (zwischen den Parteien streitige) Nachteile in Kauf zu nehmen bereit ist.
84(c) Wägt man die Interessen beider Parteien gegeneinander ab, so erweist sich das Freistellungsinteresse der Verfügungsbeklagten als vorrangig.
85Zwar wird die Verfügungsklägerin für einen nicht unerheblichen Zeitraum von mehr als sechs Monaten von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt. Der Freistellungszeitraum entspricht jedoch der vertraglich vereinbarten (zugunsten der Verfügungsklägerin verlängerten) Kündigungsfrist nach § 21 Abs. 3 des Dienstvertrages. Es kommt hinzu, dass die Verfügungsklägerin unter Anrechnung von Resturlaubsansprüchen aus dem Jahr 2014 und ihrer Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2015 freigestellt wurde. Dadurch verringert sich der Zeitraum, in dem die Nichtbeschäftigung der Klägerin auf einer Freistellung nach § 21 Abs. 5 des Dienstvertrages beruht. Die Verfügungsbeklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, dass der Urlaub während des Laufs der Kündigungsfrist genommen wird. Entgegenstehende persönliche Gründe der Verfügungsklägerin sind nicht vorgebracht worden. Die Verfügungsklägerin ist auch nicht aus finanziellen Erwägungen darauf angewiesen, ihren Beschäftigungsanspruch durchzusetzen. Die Freistellung erfolgte nämlich ausweislich der Kündigungserklärung vom 27.11.2014 ausdrücklich unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung (Monatsdurchschnitt der Jahre 2013 und 2014).
86b) Umstände, die ein den Verfügungsgrund tragendes besonderes Beschäftigungsinteresse begründen könnten, liegen im Streitfall nicht vor. Insoweit kann auf die Ausführungen unter II 2 a bb (2) (b) verwiesen werden.
87III.
88Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Verfahrenskosten fallen der Verfügungsklägerin als unterlegener Partei zur Last.
89Die Revision ist nicht zulässig (§ 72 Abs. 4 ArbGG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 13. Feb. 2015 - 18 SaGa 1/15
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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juli 2012 - 3 Sa 71/12 - wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Rückzahlung zweier von der Klägerin dem Beklagten gewährter Arbeitgeberdarlehen.
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Der Beklagte war seit dem 1. Februar 2001 bei der Klägerin beschäftigt. Zuvor war er als Transportunternehmer selbständig gewerblich tätig gewesen. Aus dieser Tätigkeit waren Schulden verblieben, für die der Beklagte persönlich haftete und die zu Lohnpfändungen führten. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien am 9. Mai 2008 und am 12. Juni 2008 zwei nahezu gleichlautende Darlehensverträge über jeweils 25.000,00 Euro.
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Die Darlehensverträge waren jeweils auf dem Briefpapier der Klägerin gedruckt. Beide Darlehen sind gemäß § 2 der Verträge mit einem für die Gesamtlaufzeit unveränderlichen Zinssatz von jährlich 5 % zu verzinsen; weitere Darlehenskosten (zB Disagio, Bearbeitungsprovision, Bereitstellungszinsen) sollten nicht entstehen. Gemäß § 3 der Verträge sind alle fälligen Beträge auf das dort angegebene Konto der Darlehensgeberin zu leisten. Allerdings ist zusätzlich aufgeführt, dass Zinsen und Tilgungsbeträge „direkt vom monatlichen Nettoentgelt einbehalten“ werden. Auf das Darlehen vom 9. Mai 2008 sind seit Juli 2008 Zinsen und Tilgungsbeträge in einer Gesamthöhe von monatlich 245,83 Euro - gemäß einem Zins- und Tilgungsplan - spätestens zum 10. eines Monats zu zahlen. Auf das Darlehen vom 12. Juni 2008 sind jedenfalls seit Februar 2009 lediglich Zinsen iHv. monatlich 104,17 Euro - gleichfalls gemäß einem Zins- und Tilgungsplan - spätestens zum 10. eines Monats zu zahlen. Der Darlehensnehmer ist zu einer vorzeitigen Rückzahlung jederzeit berechtigt. Unter § 4 „Sicherheiten“ sind in beiden Verträgen keine Sicherheiten aufgeführt. Unter § 5 „Kündigung“ trafen die Parteien für beide Verträge folgende Kündigungsregelungen:
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„Dem Darlehensgeber steht ein Recht zur Kündigung nur zu, wenn
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- das Arbeitsverhältnis vor vollständiger Rückzahlung des Darlehens beendet wird, oder
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- der Darlehensnehmer mit zwei fälligen Zinszahlungen in Rückstand geraten ist, es sei denn, es ist mit dem Darlehensgeber eine Stundung vereinbart, oder
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- in den Verhältnissen des Darlehensnehmers für den Darlehensgeber nachteilige Umstände eingetreten sind, die Banken nach Maßgabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einer Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigen.
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Die Kündigung durch den Darlehensgeber bedarf der Schriftform.“
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Die Zins- und Tilgungsbeträge in Höhe von monatlich insgesamt 350,00 Euro wurden von der Klägerin zunächst vom monatlichen Nettoentgelt des Beklagten einbehalten. Das Darlehen vom 9. Mai 2008 ist laut Zins- und Tilgungsplan bis spätestens Juli 2019 zurückzuzahlen, das Darlehen vom 12. Juni 2008 bis spätestens August 2026.
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Der Beklagte schied durch Eigenkündigung mit Ablauf des 15. April 2011 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aus. Diese kündigte ihrerseits beide Darlehensverträge - unter Berufung auf § 5 der Darlehensverträge - mit Schreiben vom 18. März 2011 zum 30. Juni 2011 und forderte den Beklagten zur Rückzahlung der offenen Darlehensbeträge (44.508,78 Euro) bis zum 30. Juni 2011 auf. Eine weitere Aufforderung erfolgte mit Anwaltsschreiben vom 29. Juni 2011 mit einer Fristsetzung zum 15. Juli 2011.
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Dem kam der Beklagte nicht nach. Er erbrachte allerdings weiterhin die Zins- und Tilgungszahlungen iHv. monatlich 350,00 Euro. Mit Schriftsatz vom 23. August 2011 kündigte die Klägerin die Darlehensverträge erneut ordentlich, mit weiterem Schriftsatz vom 22. November 2011 außerordentlich fristlos wegen Zahlungsverzuges. An der außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges hält die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr fest.
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Zunächst hatte die Klägerin eine Forderung iHv. 44.344,24 Euro zuzüglich Zinsen gegenüber dem Beklagten im Wege eines Mahnbescheides geltend gemacht. Nach Widerspruch des Beklagten verfolgt die Klägerin ihre Forderung nunmehr arbeitsgerichtlich weiter.
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Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie sei aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 5 der Darlehensverträge zur Kündigung berechtigt gewesen. Diese Verträge unterfielen auch keiner AGB-Kontrolle, da es sich bei dem Beklagten um keinen Verbraucher iSd. § 13 BGB, sondern einen Unternehmer iSd. § 14 BGB handele. Er habe bei Abschluss der Darlehensverträge als Unternehmer - in Vollzug der Verpflichtungen aus seinem beendeten Gewerbe - gehandelt, sodass ihm der Schutz der Verbrauchervorschriften nicht zugutekomme. Im Übrigen handele es sich bei beiden Darlehensverträgen um Individualvereinbarungen, die ausdrücklich ausgehandelt worden seien. Der Beklagte habe nämlich auf die Formulierung und den Inhalt der Darlehensverträge Einfluss nehmen können. Von einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten könne keine Rede sein. Einem Arbeitgeberdarlehen sei es immanent, dass es nur im Rahmen des Arbeitsverhältnisses und für dessen Dauer gewährt werde.
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Weiter meint die Klägerin, ihr stehe auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus § 490 BGB zu. Die Parteien hätten eine Verrechnungsabrede getroffen, wonach Zins- und Tilgungsbeträge direkt vom monatlichen Nettoentgelt einzubehalten seien. Diese Abrede habe eine Sicherheit der Klägerin dargestellt, deren Werthaltigkeit durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in vollem Umfang entfallen sei.
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Die Klägerin hat unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Zahlungen des Beklagten zuletzt beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 44.344,24 Euro zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2011, abzüglich am 17. August 2011 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. September 2011 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 17. Oktober 2011 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 17. November 2011 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 16. Dezember 2011 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 10. Januar 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 14. Februar 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 12. März 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 17. April 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. Mai 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 18. Juni 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 17. Juli 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. August 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 19. September 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. Oktober 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 16. November 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 17. Dezember 2012 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. Januar 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 18. Februar 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 13. März 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. April 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. Mai 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 10. Juni 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 10. Juli 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 15. August 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 13. September 2013 gezahlter 350,00 Euro, abzüglich am 14. Oktober 2013 gezahlter 350,00 Euro und abzüglich am 14. November 2013 gezahlter 350,00 Euro zu zahlen.
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Im Übrigen hat die Klägerin aufgrund der erfolgten Zahlungen durch den Beklagten die Hauptsache teilweise für erledigt erklärt.
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Der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt und Klageabweisung beantragt.
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Er meint, die Klägerin habe keinen Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung der Darlehen, da die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam seien. Bei der hier maßgeblichen Kündigungsklausel handele es sich um eine vorformulierte Vertragsbedingung, die einer Inhaltskontrolle nicht standhalte. Er habe keinen Einfluss auf die Formulierung und den Inhalt der Darlehensverträge nehmen können. Die Klausel habe eine unzulässige Kündigungserschwerung zur Folge.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag unter Berücksichtigung der durch den Beklagten zwischenzeitlich geleisteten Zahlungen weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht der geltend gemachte Darlehensrückzahlungsanspruch nicht zu.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin habe derzeit keinen Anspruch auf Rückzahlung der noch offenen Darlehenssummen. Der Beklagte sei weiterhin nur zu den vereinbarten monatlichen Zahlungen nach den jeweils geltenden Zins- und Tilgungsplänen in der Gesamthöhe von derzeit 350,00 Euro verpflichtet. Eine weitergehende Fälligkeit der beiden Darlehen sei nicht eingetreten. Die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen der Darlehensverträge seien unwirksam. Der Klägerin stehe kein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Darlehensverträge zu, weder wegen der eingetretenen geringfügigen Zahlungsverspätungen noch auf der Grundlage des § 490 Abs. 1 BGB. Die Klägerin habe auch kein Recht zur ordentlichen Kündigung der Darlehensverträge. Sie sei insbesondere nicht zur Kündigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt gewesen. Die entsprechende Regelung des § 5 Satz 1 1. Spiegelstrich der Darlehensverträge sei gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB habe bereits die zweimalige Verwendung im Falle des Beklagten für eine Anwendbarkeit des § 307 Abs. 1 BGB ausgereicht, da es sich bei den Darlehensverträgen um vorformulierte Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher handele, auf deren Inhalt der Beklagte keinen Einfluss nehmen konnte. Während die Klägerin bei Abschluss der Darlehensverträge als Unternehmerin gemäß § 14 Abs. 1 BGB gehandelt habe, sei der Beklagte als Verbraucher iSd. § 13 BGB aufgetreten. Es lägen keine Umstände vor, aus denen sich aus Sicht der Klägerin eindeutig und zweifelsfrei ergebe, dass der Abschluss der Darlehensverträge der vormaligen gewerblichen Tätigkeit des Beklagten zuzurechnen gewesen sei. Die selbständige unternehmerische Tätigkeit sei im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Darlehensverträge bereits beendet gewesen. Deshalb habe der Beklagte die Darlehen als Schuldner und nicht als Unternehmer benötigt. Die einschlägigen Darlehensbedingungen seien auch nicht ausgehandelt worden. Der Beklagte habe auf diese keinen Einfluss nehmen können. Jedenfalls habe die Klägerin keine ausreichenden Tatsachen dafür vorgetragen, dass und inwieweit sie die betreffenden Klauseln zur Disposition gestellt habe. Die unter § 5 Satz 1 1. Spiegelstrich der beiden Darlehensverträge vereinbarte Möglichkeit für die Klägerin, die Darlehensverträge zu kündigen, wenn das Arbeitsverhältnis vor vollständiger Rückzahlung der Darlehen beendet wird, benachteilige den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Diese Regelung erfasse nämlich jedwede Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, aus welcher Sphäre der Grund für die Beendigung stamme. So sei die Klägerin nach den vertraglichen Bestimmungen auch dann zur Kündigung berechtigt, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge einer betriebsbedingten arbeitgeberseitigen Kündigung oder einer arbeitnehmerseitigen außerordentlichen Kündigung infolge vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers erfolge. Damit habe es der Arbeitnehmer nicht in der Hand, durch Betriebstreue und vertragsgerechtes Verhalten einer Kündigung der Darlehensverträge zu entgehen. Die Kündigungsregelung könne auch nicht mit einem zulässigen und interessengerechten Inhalt aufrechterhalten werden. Eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel scheide aus. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung zu Gunsten der Klägerin komme nicht in Betracht. Die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel stelle für die Klägerin keine unzumutbare Härte dar. Dem Interesse der Klägerin an einer geordneten, den Zins- und Tilgungsplänen entsprechenden Rückführung der Darlehen werde durch die verbleibenden Kündigungsrechte ausreichend Rechnung getragen.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis und in den wesentlichen Teilen der Begründung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf sofortige und vollständige Rückzahlung der noch nicht getilgten Darlehen, da die Kündigungen der beiden Darlehensverträge unwirksam sind und nicht zur Fälligkeit der noch offenen Darlehensforderungen geführt haben.
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1. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf § 490 Abs. 1 Alt. 2 BGB berufen. Das dort geregelte außerordentliche Kündigungsrecht setzt voraus, dass in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch welche die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird.
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Die Parteien haben keine derartige Sicherheit vereinbart. Unter einer Sicherheit iSd. § 490 Abs. 1 BGB sind nur gesetzlich geregelte bzw. bei Darlehensvergabe übliche Sicherheiten zu verstehen, wie etwa ein Grundpfandrecht oder eine Bürgschaft. Die Parteien haben zwar unter § 3 „Rückzahlung, Zahlungstermine“ vereinbart, dass die Zinsen und Tilgungsbeträge „direkt vom monatlichen Nettoentgelt einbehalten“ werden. Dabei mag es sich um eine vorübergehende faktische Absicherung des Rückzahlungs- oder Tilgungsanspruches handeln, jedoch nicht um eine förmliche Sicherheit iSd. § 490 Abs. 1 BGB.
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§ 490 Abs. 1 BGB setzt zudem voraus, dass die Sicherheit verwertet werden kann und ihre entsprechende Werthaltigkeit auch messbar und bestimmbar ist. Dies ist bei einem bloßen Lohneinbehalt gerade nicht der Fall, da jedwede Verrechnungsmöglichkeit mit einem Ausscheiden des Arbeitnehmers automatisch entfällt und somit auch jede „Verwertung“.
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Im Übrigen handelt es sich bei der entsprechenden Tilgungsvereinbarung um die bloße Vereinbarung einer Aufrechnungsmöglichkeit für den Arbeitgeber. Er darf mit seinem Rückzahlungsanspruch gegen den Lohnanspruch des Arbeitnehmers zur Vermeidung eines unwirtschaftlichen „Hin und Her“ aufrechnen. Diese bloße Aufrechnungsmöglichkeit ist keine „Sicherheit“ iSd. § 490 BGB.
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Da auch keine Tatsachen vorgetragen oder ersichtlich sind, aus denen sich ergibt, dass in den Vermögensverhältnissen des Beklagten eine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist oder einzutreten droht, stand der Klägerin auch kein Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 Alt. 1 BGB zu.
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2. Es besteht auch kein Kündigungsrecht der Klägerin auf der Grundlage des § 5 Satz 1 1. Spiegelstrich der Darlehensverträge. Diese Regelung benachteiligt den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist damit unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
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a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Klägerin auch bezüglich der Darlehensgewährung - mit Blick auf die damit einhergehenden unternehmerischen Interessen - um eine Unternehmerin iSd. § 14 Abs. 1 BGB handelt.
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b) Dem Berufungsgericht ist auch dahin zu folgen, dass der Beklagte bei Abschluss der Darlehensverträge als Verbraucher iSd. § 13 BGB gehandelt hat. Nach § 13 BGB ist Verbraucher „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidet nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts, in die erforderlichenfalls die Begleitumstände einzubeziehen sind (vgl. Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 13 Rn. 4). Entscheidend ist die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Verhaltens (vgl. BGH 15. November 2007 - III ZR 295/06 - Rn. 6). Die Auslegung führt im vorliegenden Falle dazu, das Handeln des Beklagten seinem privaten Bereich, nämlich in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer zuzuordnen. Die Darlehensvergabe ist nicht mehr der früheren selbständigen beruflichen Tätigkeit des Beklagten zuzuordnen. Im Zeitpunkt der Darlehensvergabe und geraume Zeit davor war der Beklagte nämlich nicht mehr gewerblich bzw. selbständig tätig. Er war bereits seit dem 1. Februar 2001 bei der Klägerin beschäftigt, während die beiden Darlehensverträge erst etliche Jahre danach, nämlich im Mai bzw. Juni 2008 geschlossen wurden.
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Die Darlehensvergabe der Klägerin ist auch nicht als Nachwirkung der früheren selbständigen Tätigkeit des Beklagten anzusehen, auch wenn damit zu günstigeren Bedingungen als im Wege eines Bankkredits erhebliche Schulden aus der Unternehmertätigkeit beglichen werden sollten. Es handelte sich nicht um ein „abwickelndes Geschäft“. Vielmehr diente die Darlehensvergabe dazu, weitere drohende Lohnpfändungen und die damit verbundenen Belastungen und Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Die Darlehensvergabe erfolgte gerade und ausschließlich mit Rücksicht auf das bestehende Arbeitsverhältnis und auch mit dem Zweck, den Beklagten an das Unternehmen der Klägerin zu binden.
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c) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass beide Darlehensverträge vorformulierte Vertragsbedingungen enthalten. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB finden neben den § 305c Abs. 2 und § 306 auch die §§ 307 bis 309 BGB auf solche vorformulierten Vertragsbedingungen selbst dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
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§ 5 der Darlehensverträge ist von der Klägerin vorformuliert worden. Vorformuliert sind Bedingungen schon dann, wenn sie von der einen Seite vor Vertragsschluss aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert worden sind (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 21). Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass die Regelung in § 5 der Darlehensverträge von der Klägerin vorformuliert worden ist. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden ( § 559 Abs. 2 ZPO ). Ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat die Tatsache der durch sie erfolgten Vorformulierung dieser Klausel in der Revisionsbegründung nicht ausdrücklich in Abrede gestellt. Sie hat nur geltend gemacht, der Beklagte habe auf die Vertragsbedingungen Einfluss genommen oder nehmen können.
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d) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagte habe wegen der Vorformulierung der Kündigungsregelung durch die Klägerin keinen Einfluss auf deren Inhalt nehmen können ( § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ). Die entsprechende Feststellung des Landesarbeitsgerichts begegnet keinen Bedenken. Die Klägerin hat eine dem Beklagten gegenüber gezeigte Bereitschaft zur Abänderung dieser Klausel jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt. Sie hat insoweit auch keine Verfahrensrüge erhoben. Im Übrigen entsprechen die vom Berufungsgericht herangezogenen Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
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Die Möglichkeit der Einflussnahme setzt voraus, dass der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB bzw. vorformulierten Vertragsbedingungen ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verwendungsgegner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt. Das Merkmal des „Einflussnehmens“ in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25). Die Möglichkeit der Einflussnahme ist nicht bereits dann auszuschließen, wenn der vorformulierte Text bestehen bleibt. In aller Regel schlägt sich eine Bereitschaft zum Aushandeln zwar in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Bleibt es nach Erörterung bei dem vorformulierten Text, weil der Betroffene nunmehr mit diesem einverstanden ist, so kann der Vertrag gleichfalls als das Ergebnis eines Aushandelns betrachtet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu eventuell gewünschten Abänderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dass dies dem anderen Teil bei Abschluss des Vertrags bewusst war (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 22). Die Möglichkeit der Einflussnahme muss sich dabei auf die konkrete Klausel beziehen, deren Anwendbarkeit oder Auslegung im Streit steht. Vorformulierte Bedingungen in einem Vertragswerk, die nicht ausgehandelt wurden, sind weiterhin am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu messen. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes „soweit“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 und § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(vgl. BGH 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 84, 109 ; 28. Mai 1984 - III ZR 231/82 -; 12. Juni 1985 - IVa ZR 261/83 -; Stoffels AGB-Recht 2. Aufl. § 6 Rn. 146). Ist die Möglichkeit der Einflussnahme streitig, muss der Verwender - nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast - den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klauseln freiwillig akzeptiert (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 27).
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Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen, dass die einschlägigen Vertragsbestimmungen „ausgehandelt“ worden sind. Der Beklagte hat behauptet, zu keinem Zeitpunkt seien Verhandlungen geführt worden, in denen die Klägerin den Kernbereich gerade des § 5 der Darlehensverträge inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Beklagten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt habe. Unstreitig hat der Beklagte auch keinerlei Abänderung der Kündigungsregelung angeregt oder durchgesetzt. Unter Berücksichtigung der abgestuften Darlegungslast hätte die Klägerin nunmehr schlüssig vortragen müssen, dass der Beklagte hinsichtlich dieser Vertragsbestimmungen die Möglichkeit der Einflussnahme gehabt hatte, die Klägerin demnach diese Vertragsklausel ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Beklagten Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt hatte. Dies hat, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, die Klägerin nicht konkret behauptet.
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e) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht der Anwendung der §§ 307 ff. BGB nicht entgegen. Danach gelten § 307 Abs. 1 und Abs. 2 sowie die §§ 308 und 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Um eine derartige Regelung handelt es sich hier. Die Klägerin hat in § 5 der Darlehensverträge festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Kündigung der Darlehensverträge möglich sein sollte. Eine Kündigungsregelung, wonach die weitere Darlehensgewährung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft wird, sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Insoweit handelt es sich um eine das Gesetz ergänzende Regelung.
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f) Die in § 5 Satz 1 1. Spiegelstrich der Darlehensverträge vorgesehene Kündigungsmöglichkeit benachteiligt den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist damit unwirksam. Die Kündigungsregelung ist daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht zu weit gefasst ist und somit auch Situationen erfasst, in denen die Interessen des Arbeitgebers gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers zurückzustehen haben.
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Die streitgegenständliche Kündigungsregelung ist zu weit gefasst und benachteiligt den Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Nach dieser Klausel darf das jeweilige Darlehen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in jedem Fall gekündigt werden, das heißt auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Gründe in der Sphäre der Klägerin als Arbeitgeberin veranlasst wurde.
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So eröffnet § 5 ein Recht zur Kündigung insbesondere auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus Gründen beendet, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, dh. zB auf dessen vertragswidriges Verhalten zurückgehen. Hierbei handelt es sich um keinen so seltenen und fernliegenden Beendigungstatbestand, dass für den Fall einer solchen Eigenkündigung das Kündigungsrecht des Arbeitgebers nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden müsste. Die so verstandene Klausel ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen.
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Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 30 ). Es kommt nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, sondern auf die typische Sachlage an (vgl. BGH 29. Mai 1991 - IV ZR 187/90 - zu II 3 a der Gründe). Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner unter Berücksichtigung der Art, des Gegenstandes, des Zwecks und der besonderen Eigenart des jeweiligen Geschäfts (BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 621/08 - Rn. 27 , BAGE 137, 1).
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Kündigungs- oder Fälligkeitsklauseln, welche die weitere Gewährung eines Arbeitgeberdarlehens an den Fortbestand des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses knüpfen, entsprechen einem anerkannten Bedürfnis der Praxis und sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den betroffenen Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Gleichwohl können solche Klauseln im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sie - wie im Streitfalle - zu weit gefasst sind und Fallgestaltungen erfassen, in denen kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, dh. des Darlehensgebers gegeben ist.
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Es ist nicht ersichtlich, dass im Falle einer vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung des Arbeitnehmers der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse an einer vorzeitigen Abwicklung des Darlehensvertrags hat. Vielmehr ist es ihm zumindest in einem solchen Falle zuzumuten, den Darlehensvertrag auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers wie vorgesehen abzuwickeln, dh. unter Einhaltung der Tilgungs- und Zinspläne.
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In diesen Fällen hat es, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht gesehen hat, der Arbeitnehmer nämlich nicht allein in der Hand, durch Betriebstreue und vertragsgerechtes Verhalten einer Kündigung des Darlehensvertrags zu entgehen. Vielmehr kann der Arbeitgeber hier als Darlehensgeber den Grund für die Kündigung der Darlehensverträge selbst herbeiführen.
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g) Die unwirksame Kündigungsregelung des § 5 Satz 1 1. Spiegelstrich der Darlehensverträge ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass die Klägerin im Falle einer arbeitnehmerseitigen ordentlichen und nicht durch treuwidriges Verhalten der Arbeitgeberseite veranlassten, dh. ausschließlich in der Sphäre des Arbeitnehmers wurzelnden Eigenkündigung, ihrerseits zur Kündigung der Darlehensverträge berechtigt ist. Eine geltungserhaltende Reduktion der aus den geschilderten Gründen zu weit gefassten Klausel scheidet aus.
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Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen. § 306 BGB sieht eine solche Rechtsfolge nicht vor. Eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre auch nicht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar. Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis anzuwendenden Geschäftsbedingungen hinzuwirken. Dem Vertragspartner des Verwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden. Dieses Ziel lässt sich jedoch nicht erreichen, wenn jeder Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Grenze dessen überschreiten könnte, was er zu seinen Gunsten in gerade noch vertretbarer Weise vereinbaren durfte und das gerade noch Zulässige trotzdem gölte. Würde dies als zulässig angesehen, hätte das zur Folge, dass der Vertragspartner des Verwenders in der Vertragsabwicklungspraxis mit überzogenen Klauseln konfrontiert würde. Erst in einem Prozess könnte er gegebenenfalls alle Rechte und Pflichten zuverlässig erfahren. Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grundsatz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko einer Klauselunwirksamkeit tragen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - Rn. 34, BAGE 115, 19 ). Anderenfalls liefe das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB weitgehend leer (vgl. BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 39 , BAGE 116, 66 ).
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h) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Rückzahlungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel stellt für die Klägerin keine unzumutbare Härte dar, wie bereits das Landesarbeitsgericht zu Recht festgestellt hat. Dem Interesse der Klägerin an einer geordneten, den Zins- und Tilgungsplänen entsprechenden Rückführung der Darlehen wird durch die verbleibenden Kündigungsrechte ausreichend Rechnung getragen, insbesondere die Möglichkeit zur Kündigung, soweit der Beklagte mit zwei fälligen Zinszahlungen in Rückstand gerät. Allein die Tatsache, dass der Beklagte trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin die Darlehenskonditionen in Anspruch nehmen kann, macht ein Festhalten der Klägerin an den Darlehensverträgen nicht unzumutbar. Insbesondere erzielt sie mit einem Zinssatz von 5 % derzeit eine höhere Rendite, als sie sie bei langfristiger Anlage bei einer Bank unter den derzeitigen Marktbedingungen erhalten würde.
- 44
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II. Der Rechtsstreit ist entgegen dem Antrag der Klägerin nicht als in der Hauptsache teilweise erledigt zu betrachten, soweit der Beklagte die Darlehensforderungen getilgt hat.
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Erklärt der Kläger in der Revisionsinstanz den Rechtsstreit in der Hauptsache ganz oder teilweise für erledigt, während der Beklagte weiterhin Klageabweisung beantragt, so hat das Revisionsgericht zu prüfen, ob die Klageforderung bis zu dem die Erledigung begründenden unbestrittenen Ereignis bestanden hat oder nicht (BGH 25. November 1964 - V ZR 187/62 - NJW 1965, 537).
- 46
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Da die Klageforderung unbegründet war, ist demnach keine teilweise Erledigung der Hauptsache eingetreten, sodass die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vollumfänglich Bestand hat.
- 47
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Hauck
Böck
Breinlinger
Eimer
Wroblewski
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. September 2008 - 14/6 Sa 665/08 - aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 31. Januar 2008 - 3 Ca 149/05 - teilweise abgeändert:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.696,86 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.848,43 Euro brutto seit dem 1. Juni 2005 und aus weiteren 11.848,43 Euro brutto seit dem 1. Juli 2005 zu zahlen.
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3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten noch über Annahmeverzugsansprüche.
- 2
-
Der Kläger, ein promovierter Chemiker, war auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 9./30. April 2004 ab 1. Juni 2004 Fremdgeschäftsführer der Beklagten. Sein Jahresgehalt betrug 135.000,00 Euro und war in zwölf gleichen Raten am Ende eines jeden Monats zu zahlen. Die Beklagte war verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Steuerlich wurde der damit verbundene geldwerte Vorteil mit 598,00 Euro brutto monatlich bewertet.
-
Unter der Überschrift „Verfallsfristen“ regelten die Parteien in § 13 des Anstellungsvertrags:
-
„(1)
Alle Ansprüche aus diesem Dienstvertrag und solche, die mit dem Dienstvertrag in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
(2)
Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“
- 4
-
In § 14 Abs. 4 des Anstellungsvertrags vereinbarten die Parteien die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.
- 5
-
Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 28. April 2005 außerordentlich. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Kläger die Erfüllung seines Vertrags und bat um die schriftliche Bestätigung seiner Freistellung. Ab 23. Juli 2005 bezog der Kläger Arbeitslosengeld.
- 6
-
Mit der beim Arbeitsgericht am 10. Mai 2005 eingereichten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung und zugleich unter Bezugnahme auf § 13 des Anstellungsvertrags sämtliche Vergütungsansprüche dem Grunde nach geltend gemacht. Beginnend mit Schriftsatz vom 27. Februar 2006 hat er mehrfach die Klage um Zahlungsanträge erweitert.
-
Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2005 zu zahlen,
an ihn 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2005 zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2005 abzüglich 560,79 Euro zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2005 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2007 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen,
an ihn weitere 11.848,43 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 abzüglich 1.869,30 Euro zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Ansprüche seien verfallen.
- 9
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Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13. Dezember 2007 rechtskräftig festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. April 2005 aufgelöst wurde, sondern bis zum 31. Mai 2007 fortbestand.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der noch anhängigen Zahlungsansprüche abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils(§ 562 Abs. 1 ZPO),soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde. Bezüglich der Ansprüche für die Monate Mai und Juni 2005 ist die Klage begründet. Hinsichtlich der Zeiträume Juli bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO). Insoweit ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif.
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I. Die Ansprüche auf Zahlung der monatlichen Vergütungen sowie auf Ersatz des Schadens wegen der unterbliebenen Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung für die Monate Mai 2005 bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds sind entstanden.
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1. Die Beklagte schuldet für die fraglichen Monate Zahlung der monatlichen Vergütung iHv. 11.250,00 Euro brutto gem. § 611 iVm. § 615 Satz 1 BGB. Das Dienstverhältnis der Parteien endete erst am 31. Mai 2007. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2005 zur Erfüllung seines Vertrags entsprechend den Vereinbarungen auf und bat um die schriftliche Bestätigung seiner Freistellung. Hierin lag ein wörtliches Angebot der Dienstleistung gem. § 295 BGB(vgl. BGH 28. Oktober 1996 - II ZR 14/96 - zu II der Gründe, NJW-RR 1997, 537; 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - zu 1 der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 88 = EzA BGB § 615 Nr. 100 ), welches der Kläger durch die Einreichung der Kündigungsschutzklage am 10. Mai 2005 und die gleichzeitige Geltendmachung seiner Zahlungsansprüche bestätigte. Die Beklagte nahm die Dienste des Klägers nach dem 28. April 2005 nicht mehr in Anspruch.
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2. Der Kläger kann für die betreffenden Monate wegen des Entzugs der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs Schadensersatz statt der Leistung gem. § 283 Satz 1, § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB iHv. 598,00 Euro brutto monatlich verlangen. Die Beklagte war aufgrund des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen mit privater Nutzungsberechtigung zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung hatte Entgeltcharakter(vgl. BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 15, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 5. September 2002 - 8 AZR 702/01 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 280 nF Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 - zu II 1 a der Gründe; 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu I der Gründe, BAGE 91, 379). Die Leistung wurde infolge des vertragswidrigen Entzugs des Dienstwagens wegen Zeitablaufs unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB. Deshalb steht dem Kläger nach § 283 BGB Schadensersatz statt der Leistung zu. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bemisst sich nach der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung (vgl. BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu III 2 der Gründe, BAGE 91, 379; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 - zu II 3 der Gründe; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 43, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17).
- 15
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3. Von den monatlichen Bruttovergütungen ist das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld abzuziehen, weil insoweit der Anspruch des Klägers gem. § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen ist. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bezog der Kläger im Juli 2005 Arbeitslosengeld iHv. 560,79 Euro und in den Monaten August 2005 bis Oktober 2005 sowie Dezember 2006 und Januar 2007 jeweils 1.869,30 Euro.
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4. Die Vergütungen für Mai und Juni 2005 sind gem. § 288 Abs. 1, § 286 BGB zu verzinsen. Für die Folgemonate hat der Kläger Anspruch auf Verzinsung der gesamten Bruttovergütung nur bis zum Zeitpunkt des Eingangs des Arbeitslosengelds beim Kläger, danach kann er Zinsen lediglich auf den um das Arbeitslosengeld verminderten Betrag verlangen(vgl. BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - BAGE 101, 328, 340; Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 15 f., BAGE 126, 198). Die zur Bestimmung des Zinsanspruchs notwendigen Tatsachen hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies ist nachzuholen. Für die Monate Mai und Juni 2005 besteht hingegen Entscheidungsreife, weil der Kläger für diesen Zeitraum kein Arbeitslosengeld bezog.
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II. Die Klageansprüche sind nicht gem. § 13 des Anstellungsvertrags verfallen. Der Kläger hat beide Stufen der Ausschlussfrist mit der Erhebung der Feststellungsklage gewahrt.
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1. Der Kläger hat jedenfalls mit der am 20. Mai 2005 erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung alle hiervon abhängigen Ansprüche wirksam schriftlich geltend gemacht. Die Beklagte musste erkennen, dass der Kläger nicht nur den Bestand des Dienstverhältnisses, sondern auch die durch die Kündigung bedrohten regelmäßig fällig werdenden Einzelansprüche sichern wollte(vgl. Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 22, BAGE 126, 198; 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30; 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 15, BAGE 118, 60).
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2. Mit der Erhebung der Klage hat der Kläger die Ansprüche zugleich auch iSv. § 13 Abs. 2 des Anstellungsvertrags „gerichtlich geltend gemacht“. Die Klausel unterliegt den Auslegungsregeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Danach reicht für die gerichtliche Geltendmachung die Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung aus, um das Erlöschen der vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche zu verhindern.
- 20
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a) § 13 des Vertrags enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Beklagte hat den Anstellungsvertrag vorformuliert, dem Kläger in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob es sich bei den Regelungen des Vertrags um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte(§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner Entscheidung, denn der Vertrag stellt einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dar. Nach dem Vorbringen der Parteien konnte der Kläger auf den Inhalt der in § 13 des Vertrags enthaltenen Klausel auch keinen Einfluss nehmen(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
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aa) Der Kläger hat bei Abschluss seines Anstellungsvertrags als Verbraucher iSv. § 13 BGB gehandelt.
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(1) Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
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(2) Weder der Abschluss des Anstellungsvertrags noch die Geschäftsführung einer GmbH stellt eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit dar. Die Geschäftsführung einer GmbH ist keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit(Hümmerich NZA 2006, 709, 710; Schmitt-Rolfes FS Hromadka S. 393, 396; Däubler/Dorndorf/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 2. Aufl. Einl. Rn. 47; vgl. zu Verbraucherkreditgeschäften: BGH 24. Juli 2007 - XI ZR 208/06 - Rn. 17, NJW-RR 2007, 1673; 15. Juli 2004 - III ZR 315/03 - zu II 2 b aa der Gründe, NJW 2004, 3039; 5. Juni 1996 - VIII ZR 151/95 - zu II 1 c bb der Gründe, BGHZ 133, 71). Maßgeblich für die Einordnung einer beruflichen Tätigkeit als selbständig ist neben der weitgehenden Freiheit von Weisungen, dass die Tätigkeit im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und im eigenen Verantwortungsbereich ausgeübt wird, so dass das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit unmittelbar selbst getragen wird. Der Geschäftsführer einer GmbH übt aber seine Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft aus. Überdies unterliegt er im Innenverhältnis den Weisungen der Gesellschafter. Wenn demgemäß die Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige Tätigkeit iSd. § 13 BGB darstellt, so gilt dies erst recht für den Abschluss des Anstellungsvertrags, jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Geschäftsführer nicht zugleich als Gesellschafter über zumindest eine Sperrminorität verfügt und Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann(vgl. Hümmerich NZA 2006, 709, 710 ff.; Schmitt-Rolfes FS Hromadka S. 393, 396).
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bb) Der Kläger konnte auf die in § 13 des Anstellungsvertrags enthaltenen Klauseln keinen Einfluss nehmen(§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Die Beklagte hat ihre dem Kläger gegenüber gezeigte Bereitschaft zur Abänderung dieser Klauseln nicht nachvollziehbar dargelegt.
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(1) Die Möglichkeit der Einflussnahme setzt voraus, dass der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner AGB ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verwendungsgegner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt. Das Merkmal des „Einflussnehmens“ in § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB entspricht dem „Aushandeln“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB(Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19; ErfK/Preis 10. Aufl. §§ 305 bis 310 BGB Rn. 24). In aller Regel schlägt sich eine Bereitschaft zum Aushandeln zwar in Änderungen des vorformulierten Textes nieder. Bleibt es nach gründlicher Erörterung bei dem vorformulierten Text, weil der Betroffene nunmehr von der sachlichen Notwendigkeit überzeugt ist, so kann der Vertrag als das Ergebnis eines Aushandelns gewertet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dass dies dem Verwendungsgegner bei Abschluss des Vertrags bewusst war ( Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VI 1 und VII 2 der Gründe, aaO; BGH 3. April 1998 - V ZR 6/97 - zu II 2 b der Gründe, NJW 1998, 2600 ; 3. November 1999 - VIII ZR 269/98 - zu II 2 b aa der Gründe mwN, BGHZ 143, 103 ).
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(2) Die Möglichkeit der Einflussnahme muss sich auf die konkrete Klausel beziehen. Vorformulierte Bedingungen in einem Vertragswerk, die nicht ausgehandelt wurden, bleiben kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das folgt aus der Verwendung des Wortes „soweit“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 und § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB(BGH 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81 - zu 1 b der Gründe, BGHZ 84, 109; 28. Mai 1984 - III ZR 231/82 - WM 1984, 1174; 12. Juni 1985 - IVa ZR 261/83 - BB 1986, 21, 22; Däubler/Dorndorf/Bonin/Deinert/Dorndorf/Deinert § 305 BGB Rn. 25 mwN; Stoffels AGB-Recht 2. Aufl. § 6 Rn. 149).
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(3) Ist die Möglichkeit der Einflussnahme streitig, muss der Verwender nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er Klauseln zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klauseln freiwillig akzeptiert(vgl. Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19).
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(4) Gemessen daran hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen. Der Kläger hat behauptet, zu keinem Zeitpunkt seien Verhandlungen geführt worden, in denen die Beklagte den Kernbereich gerade des § 13 des Anstellungsvertrags inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Kläger Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt habe. Hierauf hat die Beklagte lediglich erwidert, der Kläger habe aufgrund langwieriger Verhandlungen die Möglichkeit besessen, auf sämtliche Vertragsbestandteile Einfluss zu nehmen, auch soweit es Nebenpunkte des Vertrags betreffe. Das bloße Führen von Verhandlungen und deren Dauer dokumentieren jedoch nicht, dass der gesetzesfremde Kern der Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt wurde. Es genügt nämlich nicht, dass der Vertragsinhalt erläutert oder erörtert wird. Dementsprechend hätte es der Beklagten oblegen, konkret darzulegen, aus welchen Gründen sich für den Kläger erkennbar ihre Bereitschaft ergab, gerade die Regelung der „Verfallsfristen“ zur Disposition zu stellen. Dass der Kläger auf die Vergütung und die Laufzeit des Vertrags Einfluss genommen hat, lässt für sich genommen noch keinen Rückschluss auf die Möglichkeit der Einflussnahme auf andere Klauseln zu, zumal die veränderten Punkte nicht von Rechtsvorschriften abwichen, sondern die Hauptpflichten der Parteien betrafen.
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3. § 13 Abs. 2 des Anstellungsvertrags ist dahin auszulegen, dass mit der Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung zugleich auch die hiervon abhängigen Zahlungsansprüche „gerichtlich geltend gemacht“ werden.
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a) Vorformulierte Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind(vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 70 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 43; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13 ff., BAGE 124, 259; Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 23, BAGE 126, 198; 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - Rn. 39, BAGE 115, 372). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis ist auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 36, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 54; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40 ).
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b) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat bereits zu einer zweistufigen Ausschlussfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Arbeitsvertrags entschieden, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage genüge, um das Erlöschen der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängigen Annahmeverzugsansprüche des Arbeitnehmers zu verhindern(Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - BAGE 126, 198). Aus Sicht eines Durchschnittsarbeitnehmers verlange das in einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist in der zweiten Stufe enthaltene Erfordernis des „Einklagens“ von Annahmeverzugsansprüchen, die von einem Kündigungsschutzprozess abhängen, nicht mehr als die Erhebung der Kündigungsschutzklage selbst. Dieses Erfordernis verdeutliche dem Arbeitnehmer nach allgemeinem Sprachgebrauch nur eine prozessuale Auseinandersetzung über den Anspruch. Er müsse eine entsprechende Klausel nicht so verstehen, dass sie dem Arbeitnehmer abverlange, in Unkenntnis vom Ergebnis eines Kündigungsschutzverfahrens unter Inkaufnahme eines unnötigen Kostenrisikos eine bezifferte Leistungsklage binnen einer bestimmten Frist jeweils nach Fälligkeit der Annahmeverzugsansprüche und etwaiger anderer Ansprüche erheben zu müssen. Von einem nicht rechtskundigen Arbeitnehmer könne nicht erwartet werden, dass er den prozessualen Begriff des Streitgegenstands und dessen Bedeutung kenne (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 27, aaO; vgl. auch BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 31 f., BAGE 120, 308 zur Unbilligkeit einer zweistufigen Ausschlussfrist in einer Betriebsvereinbarung). Diese Auslegung werde auch dem Zweck einer Ausschlussfristenklausel gerecht, denn schon mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage kann sich der Anspruchsgegner auf die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängigen Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden. Etwaige, ggf. auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu zweistufigen Ausschlussfristen in Tarifverträgen zurückgehende Auslegungszweifel (vgl. hierzu Senat 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - BAGE 118, 60) gingen nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 iVm. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders (vgl. Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 29, aaO.). Diese Ausführungen treffen erst recht auf eine Klausel zu, nach der nicht ein „Einklagen“ gefordert ist, sondern eine „gerichtliche Geltendmachung“ genügt.
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c) Für das in vorformulierten Vertragsbedingungen eines Fremdgeschäftsführer-Anstellungsvertrags geregelte Erfordernis der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gilt das Gleiche. Auch ein Geschäftsführer, der über nicht mehr als rechtliche Grundkenntnisse verfügt, kann und muss eine entsprechende Klausel nicht als einen Hinweis auf das Erfordernis einer bezifferten Leistungsklage verstehen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu tariflichen Verfallklauseln, die eine gerichtliche Geltendmachung erfordern, dass die Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht zur Wahrung der zweiten Stufe einer Ausschlussfrist ausreiche (vgl. Senat 26. April 2006 - 5 AZR 403/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 118, 60). Doch bedarf es zum Verständnis dieser Rechtsprechung vertiefter arbeitsrechtlicher und prozessualer Kenntnisse, die typischerweise bei einem Geschäftsführer nicht vorausgesetzt werden können. Im Übrigen würden etwaige Auslegungszweifel beim Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers ebenso wie bei einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Klausel nach der Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 iVm. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders gehen.
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Müller-Glöge
Laux
Biebl
Rolf Steinmann
Ilgenfritz-Donné
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.
(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.
(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- 1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; - 2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; - 3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam
- 1.
(Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten; - 1a.
(Zahlungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist; - 1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; - 2.
(Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; - 3.
(Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; - 4.
(Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; - 5.
(Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass - a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und - b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
- 6.
(Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; - 7.
(Abwicklung von Verträgen) eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, - a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder - b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
- 8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, - a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und - b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
- 9.
(Abtretungsausschluss) eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird - a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder - b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn - aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder - bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.