Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Aug. 2016 - 2 K 2359/14

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2016:0824.2K2359.14.0A
bei uns veröffentlicht am24.08.2016

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.

2

Der Kläger ist Mitglied einer Gruppe von vier Familienmitgliedern, welche ein Hausgrundstück zur jeweiligen Eigennutzung erwerben wollten. Ein weiterer Erwerber war sein Bruder M.L., über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Zur Erwerbergemeinschaft gehörte noch seine Adoptivmutter A.L. (Klägerin im Verfahren 2 K 1221/15, Urteil vom 24. August 2016) sowie seine Schwester N.D., welche durch Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014 (2 K 1287/13, EFG 2015, 1172) zur Rückzahlung festgesetzter Eigenheimzulage für die Jahre 2003-2010 verurteilt wurde. Wegen des auch dem hier streitigen Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhaltes wird auf das Urteil verwiesen. Nach den Feststellungen des Urteils war dem Beklagten nachträglich bekannt geworden (§ 173 Abs. 1 Nummer 1 AO), dass seitens der dortigen Klägerin kein Eigentumserwerb stattgefunden habe. Mit Revisionsurteil vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15, juris-Dokument) hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts für alle Jahre der Festsetzung auf.

3

Der Kläger wohnte seit dem 1. Mai 2003 im hier betroffenen Objekt in L.

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Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 erwarben der Kläger und die oben genannten Miterwerber für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007. Nachdem der Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 mangels Kaufpreiszahlung rückabgewickelt wurde, erwarb der Kläger mit notarieller Urkunde vom 28. Oktober 2011 von den Rechtsnachfolgern der Verkäuferin des Jahres 2002 zu Alleineigentum das betroffene Grundstück für einen zu zahlenden Restkaufpreis von 130.000 €. Dabei ging man von einem Kaufpreis von 194.290,91 € aus, auf den von den damaligen Käufern geleistete Mietzahlungen/Nutzungsentgeltzahlungen in Höhe von 34.290,91 € angerechnet und 30.000 € für einen Brandschaden aus dem Jahr 2007 in Abzug gebracht wurden, da die damaligen Käufer bereits Renovierungs- und Sanierungsleistungen erbracht hatten.

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Am 17. März 2004 beantragte der Kläger Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1 ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten erklärte er einen Kaufpreis von 43.172 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € (zusammen 45.189,93 €). In dem Antrag gab er an, als Erwerber mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte er ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung nannte er den 1. Mai 2003. Mit Schreiben vom 31. März 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie und einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung. Der Kläger legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.

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Mit Bescheid vom 6. Juli 2004  setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1080 € (2,5 % der berücksichtigungsfähigen Anschaffungskosten) fest.

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Aus einem Schreiben des ehemaligen Bevollmächtigten der Erwerberin N.D. an den Beklagten vom 9. August 2004 (Blatt 64 der Eigenheimzulage-Akten) ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der M.L. dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu erreichen. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 64 der Eigenheimzulage-Akten im Verfahren 2 K 2359/14).

8

Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts B die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und dortigen Beklagten (unter anderem dem Kläger), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:

9

"… dass die Beklagten die Eigenheimzulage von 35.000 € zurückzahlen müssen, liegt nicht an der Nichtigkeit der späteren Absprache, sondern daran, dass sie diese im Zusammenhang mit dem formwirksamen Kaufvertrag in Anspruch genommen und den Kaufpreis nicht bezahlt haben. …"

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungen verwiesen (Blatt 3-10 und 11-18 der Rechtsbehelfsakten).

11

Mit Bescheid vom 3. März 2013 hob der Beklagte nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte diese von dem Kläger für die Jahre 2003-2010 zurück.

12

Mit seinem Einspruch hiergegen trug der Kläger vor, zunächst habe der Beklagte die Aufhebung der Festsetzung ab dem Jahr 2008 in Aussicht gestellt, im angefochtenen Bescheid werde nun die Festsetzung ab dem Jahr 2003 aufgehoben. Aufgrund unterschiedlicher Beurteilung des gleichen Sachverhaltes sei der Bescheid insgesamt ersatzlos aufzuheben. Die Miterwerberin N.D. habe Klage gegen die Rückforderung für die Jahre 2003-2010 erhoben.

13

Im Verfahren 2 K 1287/13 trug die dortige Klägerin im Einspruchsverfahren noch vor, die Bemühungen der Käufer zu einer Bankfinanzierung des Kaufpreises seien gescheitert. Mit der Verkäuferin sei daher einvernehmlich vereinbart worden, den Kaufpreis in jährlichen Raten von jeweils 9000 € für die ersten 5 Jahre zu zahlen. Diese Zahlungen seien jeweils halbjährlich erfolgt. Zinsen seien nicht vereinbart worden. Mit dem Kauf hätten die Käufer eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über das Grundstück erlangt. Im Kaufvertrag werde dies bestätigt, insofern den Käufern ein Renovierungsaufwand von mindestens 35.000 € entstanden sei, um das Objekt bewohnbar zu machen. Die tatsächliche Sachherrschaft sei derart ausgeübt worden, dass die Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Erben der Verkäuferin hätten sich an die mit ihr getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Tilgungen nicht gebunden gesehen. Sie hätten die Rückabwicklung des Kaufvertrags beantragt, dies sei im Jahr 2011 erfolgt. Im Dezember 2010 hätten die Käufer die schriftliche Zusage über ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises erhalten. Die Erben der Verkäuferin hätten aber das für die Erwerber nicht nachvollziehbare Ziel der Rückabwicklung weiterverfolgt. Die Klägerin (im Verfahren 2 K 1287/13) habe die Voraussetzungen für die Festsetzung der Eigenheimzulage erfüllt.

14

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2014 wurde der Einspruch gegen den  Aufhebungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen, da der Kläger das Grundstück nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht wirksam zu Miteigentum angeschafft habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Zulage sei gemäß den Grundsätzen im Verfahren 2 K 1287/13 nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, § 173 Abs. 1 Nummer 1 AO, § 169 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz AO aufzuheben. Dem Beklagten sei nachträglich bekannt geworden, dass die Voraussetzungen für den Bezug der Eigenheimzulage nicht erfüllt gewesen seien. Der Kläger habe kein Wohneigentum erworben. Er sei nicht als Miteigentümer in das Grundbuch eingetragen worden, ebenso habe er kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangt, da mangels Kaufpreiszahlung Gefahren, Nutzen und Lasten nicht übergegangen seien. Ebenso wenig habe ein Besitzrecht nach § 986 Abs. 1 BGB bestanden. Angebliche Stundungsvereinbarungen und darauf beruhende Zahlungen hätten kein Besitzrecht begründet. Der fehlende Anschaffungsvorgang sei bei Antragstellung im März 2004 bekannt gewesen. Die nachträgliche Kenntnisnahme beruhe auf Umständen, die in der Sphäre des Klägers angelegt gewesen seien. Er habe unzutreffende Angaben in dem Antrag auf Eigenheimzulage gemacht. Der Beklagte habe ihn aufgefordert, Kaufvertrag, Anmeldebestätigung und Finanzierungs- und Zahlungsnachweise vorzulegen. Er habe nur Kaufvertrag und Anmeldebestätigung vorgelegt. Ein Erwerber (M.L.) habe in einem Gespräch beim Beklagten am 2. Dezember 2003, auf den ein Schreiben des Bevollmächtigten der N.D. vom 9. August 2004 (Blatt 64 der Rechtsbehelfsakten) Bezug nehme, Finanzierungsprobleme thematisiert. Es habe ausgeführt, dass die Finanzierung im Januar 2004 gesichert gewesen sei, woraufhin zwei Monate später der Antrag gestellt worden sei. Die Festsetzung seitens des Beklagten sei im Vertrauen auf die behauptete sichergestellte Finanzierung erfolgt. Durch dieses Erklärungsverhalten sei nicht bekannt geworden, dass eine Zahlung nicht erfolgt sei und eine Eigentumsumschreibung nicht stattgefunden habe. Den Erwerbern sei bereits Ende Dezember 2002 bekannt gewesen, dass eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel gestanden habe. Gleichwohl hätten sie die Eigenheimzulage beantragt. Sie hätten im März 2004 angegeben, dass Gefahren, Nutzen und Lasten am 27. Dezember 2002 übergegangen seien. Bereits hierdurch sei der Beklagte über den nicht eingetretenen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums getäuscht worden. Eine erneute Täuschung sei mit der Behauptung, nunmehr stehe eine Finanzierung, begangen worden. Unerheblich seien Vereinbarungen mit der Verkäuferin, da aufgrund fehlender Kaufpreiszahlung hierdurch nicht das wirtschaftliche Eigentum habe übergehen können. Bei einer angeblich internen Finanzierung oder einem Mietkauf sei die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Auch im gesamten Förderzeitraum sei keine Kaufpreiszahlung erfolgt. Weder die von Rechtsnachfolgern der Verkäuferin aufgestellten Forderungen noch die beiden zivilrechtlichen Prozesse hätten die Erwerber zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten veranlasst. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 unter Ziffer 1.3.. Soweit bei einer normalen Festsetzungsverjährung von vier Jahren die Rückforderung der Eigenheimzulage 2003-2008 ausgeschlossen wäre, für 2008 spätestens mit Ablauf des Jahres 2012, sei auf die Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zu verweisen. Aus dem Urteil des Finanzgerichts im Verfahren 2 K 1287/13 ergebe sich, dass auch bei Eigenheimzulage-Betrug die Festsetzungsverjährung von 10 Jahren gelte, obwohl keine Steuerhinterziehung vorliege.

15

Mit seiner Klage hiergegen trägt der Kläger vor, aufgrund der guten Beziehungen zur Verkäuferin sei es zu einer Vereinbarung bezüglich des zu zahlenden Kaufpreises gekommen. Die Erwerber hätten sie davon überzeugt, dass das Objekt mit weit größerem Aufwand zu sanieren gewesen sei als bei Vertragsabschluss angenommen. Daraufhin habe sie einer Regelung zugestimmt, dass sie einen einer Miete angemessenen Betrag und zusätzlich ein jeweils jährlich abzustimmenden Betrag in Anrechnung auf den Kaufpreis erhalte. Damit sei für die Käufergemeinschaft mit Zustimmung der Verkäuferin die Finanzierung im Januar 2004 gesichert und erreicht worden. Hierüber habe der Erwerber L. im Januar/Februar 2004 den Beklagten informiert. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Beklagten die gescheiterte Finanzierung bekannt gewesen, nunmehr sei er über die positiven Verhandlungen mit der Verkäuferin informiert worden. Unter Bezug auf den dann gestellten Antrag habe der Beklagte der Kläger aufgefordert, den notariellen Kaufvertrag, Nachweise zur Kaufpreiszahlung, über den Beginn der Eigennutzung und der Finanzierung des Eigenheims vorzulegen. Der Kläger habe nur Kaufvertrag und Anmeldebestätigung vorgelegt. Die anderen Unterlagen habe er mangels Existenz nicht vorlegen können. Gleichwohl habe der Beklagte auf den unvollständigen Antrag hin in die Eigenheimzulage festgesetzt. In der Einspruchsentscheidung verweise der Beklagte auf ein Schreiben des Bevollmächtigten der N.D. vom 9. August 2004, in welchem darauf hingewiesen worden sei, dass es den Käufern im Januar 2004 gelungen sei, die Finanzierung des Hauses zu erreichen. Der Beklagte möge das Schreiben vorlegen und erläutern, wie er bei einer Festsetzung von Eigenheimzulage am 6. Juli 2004 den Inhalt eines Schreibens vom 9. August 2004 schon habe berücksichtigen können. Der Kläger verfüge nicht über Erfahrungen und Kenntnisse im Zusammenhang mit der Beantragung der Eigenheimzulage. Wenn eine Bewilligung erfolge, dann könne und dürfe der Kläger davon ausgehen, dass von seiner Seite alles Notwendige für die Bewilligung getan worden sei. Wenn der Beklagte ausführe, es fehle am Übergang des wirtschaftlichen und rechtlichen Eigentums, entziehe sich dies der Bewertung durch der Kläger. Dies könne ihm nicht angelastet werden. Von dem Kläger stamme keine Erklärung, die zu der Erkenntnis hätte verleiten können, es gebe einen Darlehensvertrag oder eine nachweisliche Übertragung des Eigentums schon zum Zeitpunkt der Antragstellung. Wegen der weiteren Begründung der Klage, insbesondere zur Thematik der verlängerten Festsetzungsverjährung wird auf den Schriftsatz vom 13. April 2015 verwiesen (Blatt 13 bis 22 der Prozessakten).

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In der Folge hat der Prozessbevollmächtigte auf das Urteil des BFH vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15) verwiesen, mit dem die Entscheidung des Finanzgerichts im Verfahren 2 K 1287/13 aufgehoben wurde und zusätzlich vorgetragen, im Parallelverfahren habe das Finanzgericht festgestellt, dass die Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004, dem Jahr der Antragstellung, begonnen habe und vier Jahre betrage. Die Verlängerung der Festsetzungsverjährung sei durch die Revisionsinstanz verneint worden.

17

§ 10 EigZulG sei im Hinblick auf Beginn und Ablauf der Festsetzungsfrist nach der Abgabenordnung nicht einschlägig. Nach § 11 Abs. 5 EigZulG dürfe eine Aufhebung zuungunsten des Anspruchsberechtigten frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr erfolgen, in dem das Finanzamt aufhebe. Im Streitfall hätte daher eine Aufhebung nur ab dem Jahr 2013 erfolgen können, nicht aber für 2009 und 2010.

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Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage 2003 bis 2010 vom 8. März 2013 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2014 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Juni 2016 dahingehend zu ändern, dass auch für 2009 und 2010 auf die Rückforderung von Eigenheimzulage verzichtet wird bzw. eine solche erneut festgesetzt wird.

19

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20

Er trägt hierzu vor, nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Parallelverfahren sei die Eigenheimzulage für 2003-2008 durch Bescheid vom 16. Juni 2016 wieder festgesetzt worden. Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für die Jahre 2009 und 2010 vom 8. März 2013 unterliege nicht der 4-jährigen Festsetzungsverjährung, es verbleibe bei seiner Aufhebung nach § 173 Abs. 1 Nummer 1 AO. Gemäß § 15 Abs. 1 EigZulG seien die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Nach § 155 Abs. 4 AO seien die Vorschriften über die Steuerfestsetzung sinngemäß für die Festsetzung einer Steuervergütung anzuwenden, hierzu zählten unter anderem auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff AO. Der Beginn der Festsetzungsfrist sei gemäß § 170 Abs. 1 AO vom Entstehen des Anspruchs auf Eigenheimzulage abhängig. Dieser entstehe nach § 10 EigZulG mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und für die weiteren Jahre des Förderzeitraums jeweils mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen sei. Daher beginne die Festsetzungsverjährung für jedes einzelne Jahr des Förderzeitraums mit Ablauf des jeweiligen Förderjahres, so dass für jedes Förderjahr eine eigenständige Verjährungsfrist zu beachten sei. Das Förderjahr 2008 sei erst am 31. Dezember 2013 verjährt gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

22

Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass trotz des Urteils des BFH vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15, juris-Dokument) die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage für 2009-2010 unter gleichzeitiger Rückforderung der hierfür geleisteten Zulagen mit Bescheid vom 23. Mai 2013 noch zulässig gewesen ist. Bezüglich der geförderten Jahre 2009 und 2010 war noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

23

Die Aufhebung der Festsetzung durch Bescheid vom 8. März 2013 erfolgte zutreffend nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO. So sind dem Beklagten nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die zum Nachteil des Klägers zur Rückzahlung einer Steuervergütung führen.

24

Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Eigenheimzulage durch die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung für Steuervergütungen nach § 155 Abs. 4 AO.

25

Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO leitet sich im Streitfall aus dem Umstand ab, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Förderung einer zur Eigennutzung angeschafften Wohnung in einem im Inland gelegenen Haus oder einer im Inland gelegenen Eigentumswohnung nicht erfüllt gewesen sind. Für die (entgeltliche) Anschaffung ist im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einem Eigentümer auf den anderen erforderlich, was im Streitfall nicht erfolgt ist. Dies ist dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden.

26

Der Kläger hat kein Wohneigentum in diesem Sinne erworben. Für eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums fehlt es an der erforderlichen Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach § 873 Abs. 1 BGB. Die mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 eingeleitete Verfügung über das Eigentum aufgrund einer Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über die Übertragung des Eigentums gemäß § 925 BGB (Auflassung) wurde im Streitfall nicht durch die Eintragung des Klägers als neuem Miteigentümerin in das Grundbuch abgeschlossen.

27

Soweit dies daran scheiterte, dass die für die Eintragungsbewilligung erforderliche Kaufpreiszahlung seitens des Klägers und seinen Miterwerbern nie erfolgt ist, konnte die Käuferseite auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangen. So bestimmte der notarielle Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002, dass erst mit Zahlung des Kaufpreises über 194.290,91 € Gefahren, Nutzen und Lasten auf die Käufer übergehen sollten (Abschnitt 6 des Vertrages).

28

Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nummer 1 AO).  Damit sind das Objekt und auch dessen Erträge und Kosten nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

29

Im Streitfall erfüllen die von dem Kläger angeführten Tatsachen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums die genannten Voraussetzungen nicht.

30

Die wirtschaftliche Sachherrschaft wurde zunächst nicht durch die Vereinbarungen zur Renovierung des Gebäudes begründet. Dass die rechtliche Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen wirtschaftlich ausgeschlossen gewesen sei, auch weil die Erwerber hierfür mindestens 35.000 € aufzuwenden gedachten, führte nicht zu ihrem wirtschaftlichem Eigentum. Damit war die zivilrechtliche Eigentümerin weder für die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes von der Einwirkung darauf ausgeschlossen, noch gingen Gefahren, Nutzen und Lasten hierdurch auf die Erwerber über. Auch eventuelle durch die Käufer geplante und in die Wege geleitete bauordnungsrechtliche Verfahren ändern hieran nichts.

31

Überdies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung einer monatlichen Zahlung eines Nutzungsentgeltes, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin nach wie vor auch die Erträge des Grundstücks zufließen sollten.

32

Ebenso wenig ist ein wirtschaftliches Eigentum begründendes Besitzrecht im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB ersichtlich.

33

Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Sofern überhaupt, die Entscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts verneinen dies mangels eines nachgewiesenen substantiierten Vortrags der dortigen Beklagten, ein Besitzrecht durch eine Vereinbarung mit der Verkäuferin bestanden haben sollte, bezog sich dies in Anbetracht der eindeutigen Regelung des notariellen Kaufvertrages allenfalls darauf, vorab das Grundstück zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen in Besitz nehmen zu dürfen.

34

Auch die Vereinbarung der Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes oder Vereinbarungen zur teilweisen Stundung der Kaufpreiszahlung und darauf beruhende Zahlungen in Höhe von angeblich insgesamt 36.000 € in den Jahren 2003-2006 sowie die Zahlung von Grunderwerbsteuer begründeten kein dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechendes Besitzrecht der Erwerberseite. Dies gilt unabhängig davon, ob entsprechenden Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien formwirksame (§ 311 BGB) Änderungen des notariellen Kaufvertrages vom 27. Dezember 2002 zu Grunde gelegen haben. Im Ergebnis haben die Käufer bzw. der Kläger nicht nachgewiesen, dass ein derartiges Besitzrecht die Verkäuferin in rechtlich zulässiger Weise von der faktischen Einwirkung auf ihr Grundstück ausgeschlossen hätte.

35

Die fehlende Übertragung des Eigentums und damit das Fehlen einer Voraussetzung für die Förderung des Eigentumserwerbs waren bei Antragstellung im März 2004 gegeben gewesen. In Unkenntnis dieser Umstände hat der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage festgesetzt. Erst durch die beantragte Rückerstattung der für den vermeintlichen Anschaffungsvorgang geleisteten Grunderwerbsteuer im Jahr 2012 erhielt der Beklagte Kenntnis von dem gescheiterten Eigentumsübergang. Ihm ist die Tatsache daher nachträglich bekannt geworden.

36

Die nachträgliche Kenntnisnahme beruht auf Umständen, die in der Sphäre des Klägers angelegt gewesen sind. Aufgrund seines Erklärungsverhaltens und seiner missverständlichen Mitwirkung hat er die Ursachen dafür gesetzt, dass der Beklagte die Zulage festgesetzt und über Jahre ausgezahlt hat. Soweit dieser möglichen Zweifel an den Angaben des Klägers hätte nachgehen müssen, steht dem eine Verletzung der klägerischen Erklärungspflichten entgegen, so dass Treu und Glauben einer Aufhebung der Festsetzung nach § 173 Abs. 1 Nummer 1 Satz 1 AO nicht entgegenstehen.

37

So kann die Finanzverwaltung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert sein, die Änderung eines Bescheides zulasten des Steuerpflichtigen darauf zu stützen, dass ihm steuerlich erhebliche Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden seien. Wäre ihr bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Amtsermittlungspflichten die später bekannt gewordene Tatsache nicht verborgen geblieben, kann sie sich später nicht darauf berufen. Die Ermittlungspflicht wird verletzt, wenn die Finanzbehörde offenkundigen Zweifelsfragen und Unklarheiten, die sich nach Sachlage aufdrängen, nicht nachgeht oder Ermittlungsmöglichkeiten nicht nutzt, deren Ergiebigkeit sich ihr hätten aufdrängen müssen. Die Finanzbehörde braucht dabei den Angaben des Steuerpflichtigen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen. Die Erklärung muss daher erkennbar unvollständig oder in sich widersprüchlich sein oder sich aus anderen bekannten Umständen Zweifel an ihrer Richtigkeit aufdrängen (Rüsken in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 12. Aufl, § 173 Rz. 80, 81 und 82).

38

Die Berufung auf nach Treu und Glauben vorwerfbare Unkenntnis oder auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflichten ist ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige seinerseits hinsichtlich der betreffenden Tatsache seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist und nicht im Rahmen des Zumutbaren die bei objektiver Betrachtung wesentlichen Tatsachen vorgetragen hat, insbesondere den steuerlich relevanten Sachverhalt in seiner Steuererklärung richtig, vollständig und deutlich dem Finanzamt zur Prüfung unterbreitet, zur Beurteilung des Sachverhalts erforderliche Unterlagen nicht beifügt oder eine Nachfrage des Finanzamts unbeantwortet gelassen hat (BFH Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, Bundessteuerblatt II 2004, 911).

39

Beim Zusammentreffen einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen und einer Verletzung der Amtsaufklärungspflicht sind die beiderseitigen Pflichtverletzungen grundsätzlich gegeneinander abzuwägen (BFH-Beschluss vom 10. November 2009 VI B 54/09, BFH/NV 2010, 602; BFH-Beschluss vom 6. Februar 2013 X B 164/12, BFH/NV 2013, 694); in der Regel ist jedoch die Verantwortung dem Steuerpflichtigen anzulasten (BFH-Urteil vom 18. August 2005 IV R 9/04, Bundessteuerblatt II 2006, 581), so dass ein Bescheid geändert werden kann, insbesondere wenn er bewusst beim Finanzamt einen Irrtum hervorgerufen hat.

40

Wenn sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt haben, den Sachverhalt aufzuklären, so stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nur dann dem Erlass eines Änderungsbescheides entgegen, wenn der Pflichtverstoß des Finanzamts deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1993 III R 74/92, BFH/NV 94, 315). Bei Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen sind an die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen erhöhte Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1992 III R 50/91, BFH/NV  1993, 496).

41

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Streitfall nicht davon auszugehen, dass die von dem Kläger behauptete Verletzung der Ermittlungspflichten des Finanzamts zur Beseitigung möglicher Zweifel deutlich Pflichtverstöße des Klägers überwiegen.

42

So hat der Kläger in seinem Antrag auf Eigenheimzulage vom 17. März 2004 angegeben, dass gemäß einem notariellen Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten am gleichen Tage erfolgt sein soll. In der geforderten Angabe zum Beginn der Eigennutzung gab der Kläger den 1. Mai 2003 an.  Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren stand eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel. Eine Bankfinanzierung soll danach bereits in der Zeit unmittelbar nach dem notariellen Vertragsabschluss Ende Dezember 2002 gescheitert sein, wenn nicht bereits früher. Dies war den Käufern damals auch bekannt gewesen. Gleichwohl beantragte der Kläger -ohne durch Kaufpreiszahlung eine Eigentumsübertragung bewirken zu können- die Eigenheimzulage. Dies stellt einen erheblichen Verstoß gegen die bestehenden Erklärungspflichten zu Erlangung einer Steuervergütung dar.

43

Demgegenüber stehen mögliche Ermittlungspflichtverletzungen des Beklagten zurück.

44

Zunächst fehlende Angaben bzw. Nachweise, wie Kaufvertrag und Anmeldebestätigung forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2004 an. Einen Finanzierung- und Zahlungsnachweis verlangte er nicht. Mögliche Zweifel an der Zahlung hätten sich ihm nur aufdrängen müssen, wenn er den Angaben im Formular der Antragstellung mit Misstrauen hätte begegnen müssen.

45

Der Kläger legte daraufhin den Kaufvertrag sowie die Anmeldebestätigung der Gemeinde vor. Soweit sich dem Beklagten danach Zweifel hätten aufdrängen müssen, überwiegt nach obigen Grundsätzen gleichwohl der Pflichtenverstoß des Klägers, er hatte bis zu diesem Zeitpunkt mangels Zahlung kein wirtschaftliches Eigentum erlangt. Dies war ihm auch bekannt. Aus dem Vertragsinhalt ergab sich, dass wirtschaftliches Eigentum erst bei Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten erfolgen sollte und zivilrechtliches Eigentum erst mit der Eintragung als Eigentümer im Grundbuch. Auch die ohne Konsequenzen gebliebene Fälligkeit des Kaufpreises drei Monate nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung im April 2003 war dem Kläger bekannt.

46

Aus seinen Schilderungen zu den Vorgängen Anfang des Jahres 2004 ergibt sich keine andere Schlussfolgerung. Auch mit den aus Anlass eines Gesprächs mit dem Beklagten gemachten Angaben sowie der nachfolgenden Antragstellung hat er seine Mitwirkungspflichten verletzt. Die Antragstellung erfolgte, obwohl zuvor das Problem der Finanzierung des Hauses in einem Gespräch am 2. Dezember 2003 an Amtsstelle bereits thematisiert worden sein soll. Dies trägt der Kläger im vorliegenden Verfahren vor. Kurz danach (Januar/Februar 2004) soll durch den Miterwerber M.L. gegenüber dem Beklagten geäußert worden sein, dass es den Käufern gelungen sei, den Erwerb zu finanzieren. Wenige Monate später ist dann der Antrag auf Eigenheimzulage gestellt worden.

47

Bei seiner Entscheidung war dem Beklagten aus Sicht des Klägers aufgrund seiner Kenntnisse Anfang des Jahres 2004 bekannt, dass nunmehr eine Finanzierung angeblich gesichert sei. Wenn am 17. März 2004 der Antrag gestellt und am 6. Juli 2004 ihm entsprochen wurde, ging der Beklagte davon aus, dass mittlerweile durch die aufgrund der angeblich gesicherten Finanzierung erfolgten Zahlung des Kaufpreises zumindest wirtschaftliches Eigentum auf Seiten der Erwerber begründet worden ist.

48

Dass eine Zahlung des Kaufpreises bei Antragstellung noch nicht erfolgt ist, demzufolge wieder zu wirtschaftlichem Eigentum noch zivilrechtlichem Eigentum durch Eigentumsumschreibung im Grundbuch geführt haben, ist daher überwiegend durch das  Erklärungsverhalten des Klägers dem Beklagten nicht bekannt geworden.

49

Ausgehend hiervon ist es unerheblich, inwieweit der Beklagte ausweislich seiner Feststellungen in der Einspruchsentscheidung  noch den Inhalt eines Schreibens des Bevollmächtigten eines Erwerbers aus dem Dezember 2004 in seine Entscheidung auf Festsetzung am 6. Juli 2004 einbezogen haben konnte.

50

Unmaßgeblich in diesem Zusammenhang ist auch ein von dem Kläger angeführtes Schreiben der Verkäuferin an die Erwerber vom 6. April 2004 zu möglichen Stundungs- und Zahlungsvereinbarungen, da hierdurch die fehlende Kaufpreiszahlung für den Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten nicht ersetzt werden konnte. So wäre aufgrund einer im Schreiben behaupteten angeblichen internen Finanzierung oder eines Mietkaufes die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Voraussetzung bzw. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Eigenheimzulage war für den Beklagten allein der Eintritt eines Eigentumsübergangs gemäß den Regelungen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2002. Auch wenn der Kläger wegen einer hiervon abweichenden Vereinbarung mit der Verkäuferin die Voraussetzungen für eine Antragstellung unzutreffend als erfüllt angesehen hat, hätte er im Rahmen seiner Pflicht zur vollumfänglichen Erklärung diese abweichende Regelung dem Beklagten darstellen müssen.

51

In den folgenden Jahren des Förderzeitraums ist ebenso wenig eine Kaufpreiszahlung  gemäß dem notariellen Vertrag erfolgt. Weder die von den Rechtsnachfolgern der Verkäuferin im März 2009 aufgestellte Forderung zur Leistung des Kaufpreises noch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts vom 23. Dezember 2009  sowie des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 veranlassten den Kläger zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten bezüglich des gescheiterten Eigentumsübergangs. Dabei hat der Kläger insbesondere den deutlichen Hinweis des Oberlandesgerichtes in seinem Beschluss vom 10. November 2010 unter 1.3., dass die Eigenheimzulage zurückzuzahlen sei, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden sei, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Festsetzung durch den Beklagten zu veranlassen. Stattdessen wurde unter Ausnutzung des beim Beklagten fortbestehenden Irrtums über die fehlende Voraussetzung zur Gewährung der Eigenheimzulage ein unberechtigter Vorteil weiterhin in Anspruch genommen.

52

Der Aufhebung der Eigenheimzulage für die Jahre 2009 und 2010 stand keine Festsetzungsverjährung entgegen. Durch die Abgabe des Antrags auf Eigenheimzulage im Jahr 2004 begann gemäß § 170 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Frist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO von 4 Jahren für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, soweit es sich um die bis zum Förderzeitraum 2004 gemäß § 10 EigZulG bereits entstandenen Ansprüche gehandelt hat.

53

In den folgenden Jahren ist der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO gemäß § 170 Abs. 1 AO vom Entstehen des Anspruchs auf Eigenheimzulage abhängig. Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht nach § 10 EigZulG mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und für die weiteren Jahre des Förderzeitraums jeweils mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist. Daher beginnt die Festsetzungsverjährung gemäß § 170 Abs. 1 AO für jedes einzelne Jahr des Förderzeitraums mit Ablauf des jeweiligen Förderjahres, so dass für jedes einzelne Förderjahr eine eigenständige Verjährungsfrist zu beachten ist (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 55/09, BFH/NV 2010, 767; Urteil des FG Niedersachsen vom 28. Oktober 2009 9 K 146/09, EFG 2010, 299; Urteil des FG Köln vom 23. April 2015 11 K 3371/14, EFG 2015, 1331).

54

Die Festsetzungsfrist für das Förderjahr 2009 lief nach diesen Grundsätzen am 31. Dezember 2013 - und für das folgende Förderjahr 2010 entsprechend später - ab. Die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage für 2009 und 2010 erfolgte noch vor dem Ablauf der jeweiligen Festsetzungsfrist mit Bescheid vom 8. März 2013.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Aug. 2016 - 2 K 2359/14 zitiert 16 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Abgabenordnung - AO 1977 | § 39 Zurechnung


(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen. (2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften: 1. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentüme

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 873 Erwerb durch Einigung und Eintragung


(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechts ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 155 Steuerfestsetzung


(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 925 Auflassung


(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 986 Einwendungen des Besitzers


(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Ü

Eigenheimzulagengesetz - EigZulG | § 11 Festsetzung der Eigenheimzulage


(1) Die Eigenheimzulage wird für das Jahr, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen, und die folgenden Jahre des Förderzeitraums von dem für die Besteuerung des Anspruchsberechtigten nach dem Einkommen

Eigenheimzulagengesetz - EigZulG | § 2 Begünstigtes Objekt


Begünstigt ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung. Nicht begünstigt ist eine Ferien- oder Wochenendwohnung oder eine Wohnung, für die Absetz

Eigenheimzulagengesetz - EigZulG | § 15 Anwendung der Abgabenordnung


(1) Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für § 163 der Abgabenordnung. In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte

Eigenheimzulagengesetz - EigZulG | § 10 Entstehung des Anspruchs auf Eigenheimzulage


Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.

2

Die Klägerin lebt seit November 2002 von ihrem Ehemann getrennt. Seit Mai 2003 ist sie in L, H-Straße Hausnummer wohnhaft, zusammen mit ihrer Tochter.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 (Urkundennummer …/2002, Blatt 25-36 der Prozessakten) erwarben die Klägerin, ihr Bruder (A), ihre Mutter (B) sowie der Adoptivsohn ihrer Mutter (C) für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007.

4

Am 17. März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten gab sie einen Kaufpreis von 51.817 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € an (zusammen 53.834,93 €). In dem Antrag gab sie an, als Erwerberin mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte sie ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung gab sie den 1. Mai 2003 an. Mit Schreiben vom 20. April 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie, Nachweis der Kaufpreiszahlung, Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie einen Nachweis zur Finanzierung des Eigenheims (Darlehensverträge oder Ähnliches). Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.

5

Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1278 € (2,5 % von 51.817 €) zuzüglich 767 € Kinderzulage (zusammen jährlich 2045 €) fest.

6

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an den Beklagten vom 9. August 2004 ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der Herr A dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs des Hauses nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu sichern. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 16 der Eigenheimzulage-Akten).

7

Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 4 O …/09) sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 (Aktenzeichen: 7 U …/10) zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und Beklagten (unter anderem der Klägerin), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:

8

"… dass die Beklagten die Eigenheimzulage von 35.000 € zurückzahlen müssen, liegt nicht an der Nichtigkeit der späteren Absprache, sondern daran, dass sie diese im Zusammenhang mit dem formwirksamen Kaufvertrag in Anspruch genommen und den Kaufpreis nicht bezahlt haben. …"

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungen verwiesen (Blatt 37-44  und 45-52 der Prozessakten).

10

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob der Beklagte nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG die Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage auf und forderte diese von der Klägerin für die Jahre 2003-2010 zurück.

11

Mit ihrem Einspruch hiergegen trug die Klägerin vor, die Bemühungen der Käufer zu einer Bankfinanzierung des Kaufpreises seien gescheitert. Mit der Verkäuferin sei daher einvernehmlich vereinbart worden, den Kaufpreis in jährlichen Raten von jeweils 9.000 € für die ersten 5 Jahre zu zahlen. Diese Zahlungen seien jeweils halbjährlich erfolgt. Zinsen seien nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe in 2004 Grunderwerbsteuer von 6.800 € zuzüglich Säumniszuschläge und in den Jahren 2003-2006 insgesamt 9.000 € (1/4 von 36.000 €) bezahlt. Mit dem Kauf hätten die Käufer eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über das Grundstück erlangt. Im Kaufvertrag werde dies bestätigt, insofern den Käufern ein Renovierungsaufwand von mindestens 35.000 € entstanden sei, um das Objekt bewohnbar zu machen. Die tatsächliche Herrschaft sei derart ausgeübt worden, dass die Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Erben der Verkäuferin hätten sich an die mit ihr getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Tilgungen nicht gebunden gesehen. Sie hätten die Rückabwicklung des Kaufvertrags beantragt, dies sei im Jahr 2011 erfolgt. Im Dezember 2010 hätten die Käufer die schriftliche Zusage über ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises erhalten. Die Erben der Verkäuferin hätten aber das für die Klägerin nicht nachvollziehbare Ziel der Rückabwicklung weiterverfolgt. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für die Festsetzung der Eigenheimzulage erfüllt.

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wurde der Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin das Grundstück nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht wirksam zu Miteigentum angeschafft habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Zulage sei nach § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO aufzuheben gewesen. Das Oberlandesgericht habe unter anderem festgestellt, dass zivilrechtlich auf Seiten der Käufer, als auch der Klägerin, kein Anschaffungsvorgang vorgelegen habe. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO sei ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintrete, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Dieses Ereignis sei hier die Rückübertragung eines Objektes, für das der Käufer mangels vollständiger Zahlung des Kaufpreises zivilrechtlich nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangt habe. Das nachträglich, also nach Erlass des aufzuhebenden Bescheides eingetretene Ereignis müsse den Sachverhalt verändern und dabei derart in die Vergangenheit zurückwirken, dass ein Bedürfnis bestehe, eine schon endgültig bestandskräftig getroffene Regelung im Sinne der §§ 118, 157 AO an die Sachverhaltsänderung anzupassen. Steuerrechtlich sei nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichen Sachverhaltes der Besteuerung zu Grunde zu legen. Ob diese Voraussetzung vorliege, entscheide sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz. Mit dem notariellen Vertrag seien die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Grundstück in das Eigentum der Käufer übergehen solle. Der Umstand, dass es nicht dazu gekommen sei, habe Rückwirkung auf den gesamten Zulagezeitraum, so dass der Eigenheimzulagebescheid habe aufgehoben werden können.

13

Mit ihrer Klage hiergegen tragen die Kläger vor, die Verkäuferin habe die Auflassungsvormerkung bewilligt und diese sei zu Recht im Grundbuch eingetragen worden. Sie verliere erst mit dem Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009, spätestens aber mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht. Erst mit Erlöschen infolge Rücktritts verliere sie ihre Wirkung. Die Auffassung, dass der Steuerbescheid rückwirkende steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe, sei somit nicht zutreffend. Mit der Käuferin sei im Jahr 2003 einvernehmlich vereinbart worden, dass der Kaufpreis vorerst in jährlichen Raten von jeweils 9000 €, hiervon 1/4 von der Klägerin, für die ersten 5 Jahre zu zahlen sei. Die Zahlung sei ohne Darlehenszinsen erbracht worden. Dies werde durch ein Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004 bestätigt, wonach mit den Klägern eine interne Finanzierung/Mietkauf vereinbart worden sei (Blatt 61 der Prozessakten). Der Beklagte habe bei Gewährung der Eigenheimzulage lediglich Kenntnis von der Eintragung der Auflassungsvormerkung gehabt. Somit sei das Grundstück angeschafft gewesen. Im Dezember 2010 sei der Klägerin ein Darlehen für den Restkaufpreis von einer Bank zugesagt und bereitgestellt worden. Diese Zusage sei den Erben der Verkäuferin im gleichen Monat vorgelegt worden. Da ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO nicht vorliege, habe der Beklagte § 11 Abs. 3 EigzulG zu beachten. Die Auflassungsvormerkung habe rechtskräftig erst mit dem Beschluss vom 10. November 2010 ihre Wirkung verloren.

14

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er trägt hierzu vor, nach der Rechtsprechung liege ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vor, wenn zum Beispiel der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach Übertragung des Anteils und vollständiger Bezahlung des Kaufpreises mit Abschluss eines außergerichtlichen Vergleiches, mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit über den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung beilegen, rückgängig gemacht werde. In dem hierzu vom BFH entschiedenen Fall (Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02, Bundessteuerblatt II 2004, 107) sei der Kaufpreis bereits vollständig gezahlt worden. Unerheblich sei, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu Änderung des Sachverhaltes geführt hätten. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO fordere weder seinem Wortlaut noch seinem Bedeutungszusammenhang nach, dass das spätere Ereignis "im Kern" im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen sei. Nach den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung lägen die Voraussetzungen für ein "rückwirkendes Ereignis" im Streitfall vor, da der Kaufvertrag noch nicht abgewickelt gewesen sei und die Ursache der Störung bei der Vertragsabwicklung, die unvollständige Kaufpreiszahlung, ohne Belang sei.

17

Unbeachtlich sei die Aussage der Klägerin, dass die Auflassungsvormerkung erst mit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht verloren habe. Unbeachtlich sei auch die schriftliche Vereinbarung zwischen der Verkäuferin und den Käufern vom 6. April 2004, welche dem Beklagten erst mit der Klagebegründung bekannt geworden sei. Die Klägerin wäre verpflichtet gewesen, diese Vereinbarung zeitnah der zuständigen Veranlagungsstelle vorzulegen, um diese in die Lage zu versetzen, die Eigenheimzulage in korrekter, nämlich niedrigerer Höhe festzusetzen. Da die Klägerin dies dem Beklagten vorenthalten habe, sei mit dem Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage überhöht festgesetzt und ausgezahlt worden. Erst mit einem Antrag auf Rückzahlung der Grunderwerbsteuer vom 9. Januar 2012 und der Einschaltung der Bußgeld- und Strafsachenstelle sei dem Beklagten der geänderte Sachverhalt bekannt geworden.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Im Ergebnis geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass die Festsetzung der Eigenheimzulage unter gleichzeitiger Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Beträge für die Jahre 2003-2010 aufzuheben gewesen ist.

20

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat dies allerdings nicht wegen des  Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO zu erfolgen, sondern nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO. So sind dem Beklagten nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die zu einer höheren Steuer führen, bzw. die zum Nachteil des Steuerpflichtigen zur Rückzahlung einer Steuervergütung führen.

21

Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Eigenheimzulage durch die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung für Steuervergütungen nach § 155 Abs. 4 AO.

22

Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO leitet sich im Streitfall aus dem Umstand ab, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Förderung einer zur Eigennutzung angeschafften Wohnung in einem im Inland belegenen Haus oder einer im Inland belegenen Eigentumswohnung nicht erfüllt sind. Für die (entgeltliche) Anschaffung ist im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einem Eigentümer auf den anderen erforderlich, was im Streitfall nicht erfolgt ist. Dies ist dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden.

23

Die Klägerin hat kein Wohneigentum in diesem Sinne erworben. Für eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums fehlt es an der erforderlichen Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach § 873 Abs. 1 BGB. Die mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 eingeleitete Verfügung über das Eigentum aufgrund einer Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über die Übertragung des Eigentums gemäß § 925 BGB (Auflassung) wurde im Streitfall nicht durch die Eintragung der Klägerin als neue Miteigentümerin in das Grundbuch abgeschlossen.

24

Soweit dies daran scheiterte, dass die für die Eintragungsbewilligung erforderliche Kaufpreiszahlung seitens der Klägerin und ihren Miterwerbern nie erfolgt ist, konnte die Käuferseite auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangen. So bestimmte der notarielle Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002, dass erst mit Zahlung des Kaufpreises über 194.290,91 € Gefahren, Nutzen und Lasten auf die Käufer übergehen sollten (Abschnitt 6 des Vertrages).

25

Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nummer 1 AO). Damit sind das Objekt und auch dessen Erträge und Kosten nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

26

Im Streitfall erfüllen die von der Klägerin angeführten Tatsachen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums die genannten Voraussetzungen nicht.

27

Die wirtschaftliche Sachherrschaft wurde zunächst nicht durch die Vereinbarungen zur Renovierung des Gebäudes begründet. Dass die rechtliche Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen wirtschaftlich ausgeschlossen gewesen sei, auch weil die Erwerber hierfür mindestens 35.000 € aufzuwenden gedachten, führte nicht zu ihrem wirtschaftlichem Eigentum. Damit war die zivilrechtliche Eigentümerin weder für die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes von der Einwirkung darauf ausgeschlossen, noch gingen Gefahren, Nutzen und Lasten hierdurch auf die Erwerber über. Auch eventuelle durch die Käufer geplante und in die Wege geleitete bauordnungsrechtliche Verfahren ändern hieran nichts.

28

Überdies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung einer monatlichen Zahlung eines Nutzungsentgeltes, und diese Zahlung wird seitens der Klägerin nicht bestritten, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin nach wie vor auch die Erträge des Grundstücks zufließen sollten.

29

Ebenso wenig ist ein wirtschaftliches Eigentum begründendes Besitzrecht im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB ersichtlich.

30

Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Sofern überhaupt, die Entscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts verneinen dies mangels eines nachgewiesenen substantiierten Vortrags der dortigen Beklagten, ein Besitzrecht durch eine Vereinbarung mit der Verkäuferin bestanden haben sollte, bezog sich dies in Anbetracht der eindeutigen Regelung des notariellen Kaufvertrages allenfalls darauf, vorab das Grundstück zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen in Besitz nehmen zu dürfen.

31

Auch die Vereinbarung der Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes oder Vereinbarungen zur teilweisen Stundung der Kaufpreiszahlung und darauf beruhende Zahlungen in Höhe von angeblich insgesamt 36.000 € in den Jahren 2003-2006 sowie der Zahlung von Grunderwerbsteuer begründeten kein dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechendes Besitzrecht der Erwerberseite. Dies gilt unabhängig davon, ob entsprechenden Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien formwirksame (§ 311 BGB) Änderungen des notariellen Kaufvertrages vom 27. Dezember 2002 zu Grunde gelegen haben. Im Ergebnis haben die Käufer bzw. die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ein derartiges Besitzrecht die Verkäuferin in rechtlich zulässiger Weise von der faktischen Einwirkung auf ihr Grundstück ausgeschlossen hätte.

32

Die Tatsache eines fehlenden Anschaffungsvorgangs durch Übertragung des Eigentums und damit das Fehlen einer Voraussetzung für die Förderung des Eigentumserwerbs war auch bereits bei Antragstellung im März 2004 gegeben gewesen. In Unkenntnis dieser Umstände hat der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage festgesetzt. Erst durch die beantragte Rückerstattung der für den vermeintlichen Anschaffungsvorgang geleisteten Grunderwerbsteuer im Jahr 2012 erhielt der Beklagte Kenntnis von dem gescheiterten Eigentumsübergang. Ihm ist die Tatsache daher nachträglich bekannt geworden.

33

Die nachträgliche Kenntnisnahme beruht auf Umständen, die in der Sphäre der Klägerin angelegt gewesen sind. So hat diese in ihrem Antrag auf Eigenheimzulage vom 17. März 2004 angegeben, dass gemäß einem notariellen Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten am gleichen Tage erfolgen sollte. In der geforderten Angabe zum Beginn der Eigennutzung gab die Klägerin den 1. Mai 2003 an. Die zunächst fehlenden Angaben bzw. Nachweise, wie Kaufvertrag, Anmeldebestätigung und Finanzierungs- und Zahlungsnachweis forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2004 an. Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie die Anmeldebestätigung der Gemeinde vor.

34

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und steuerlichem Beraters eines weiteren Käufers, ihres Bruders, vom 9. August 2004 ergibt sich, dass das Problem der Finanzierung des Hauses in einem Gespräch am 2. Dezember 2003 an Amtsstelle bereits thematisiert worden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führt dazu aus, dass es im Januar 2004 den Käufern gelungen sei, die Finanzierung des Hauses zu erreichen. 2 Monate später sei dann der Antrag auf Eigenheimzulage gestellt worden.

35

Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage für 2003-2010 fest, ohne vom fehlenden Übergang des wirtschaftlichen oder rechtlichen Eigentums auf die Klägerin und die Miterwerber Kenntnis gehabt zu haben.

36

Die Festsetzung der Zulage beruhte auf dem Vertrauen des Beklagten, dass mit der angeblich sichergestellten Finanzierung die Zahlung des Kaufpreises gemäß den Regelungen des notariellen Vertrages ermöglicht wurde. Dass eine Zahlung nicht erfolgt ist bzw. von den Käufern geleistete Zahlungen nicht zu ihrer Eigentumsumschreibung im Grundbuch geführt haben, ist daher durch das Erklärungsverhalten der Klägerin und der Miterwerber dem Beklagten nicht bekannt geworden. Diesbezüglich hat die Klägerin den Beklagten bei Antragstellung und Festsetzung der Zulage getäuscht.

37

Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren stand eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel. Eine Bankfinanzierung scheiterte danach bereits in der Zeit unmittelbar nach dem notariellen Vertragsabschluss Ende Dezember 2002, wenn nicht bereits früher. Dies war den Käufern damals auch bekannt gewesen. Gleichwohl beantragte die Klägerin -ohne durch Kaufpreiszahlung eine Eigentumsübertragung bewirken zu können- die Eigenheimzulage.

38

Dabei gab sie im Antrag vom März 2004 unzutreffend an, dass Gefahren, Nutzen und Lasten am 27. Dezember 2002 übergegangen seien. Bereits hierdurch wurde versucht, den Beklagten über den nach wie vor nicht eingetretenen Übergang des (wirtschaftlichen) Eigentums zu täuschen.  Ebenso wurde er durch die unzutreffende Behauptung, eine Finanzierung stehe, darüber getäuscht, dass bis zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Eigentumsübergang erfolgt sein konnte.

39

Unmaßgeblich in diesem Zusammenhang ist das Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004, da hierdurch die fehlende Kaufpreiszahlung für den Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten nicht ersetzt werden konnte. So wäre aufgrund einer im Schreiben behaupteten angeblichen internen Finanzierung oder eines Mitkaufes die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Voraussetzung bzw. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Eigenheimzulage war für den Beklagten allein der Eintritt eines Eigentumsübergangs gemäß den Regelungen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2002.

40

In den folgenden Jahren des Förderzeitraums ist ebenso wenig eine Kaufpreiszahlung  gemäß dem notariellen Vertrag erfolgt. Auch hierüber täuschte die Klägerin den Beklagten durch die weitere Vereinnahmung der jährlich geleisteten Zulagen. Weder die von den Rechtsnachfolger der Verkäuferin im März 2009 aufgestellte Forderung zur Leistung des Kaufpreises noch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 sowie des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 veranlassten die Klägerin zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten bezüglich des gescheiterten Eigentumsübergangs. Dabei hat die Klägerin insbesondere den deutlichen Hinweis des Oberlandesgerichtes in seinem Beschluss vom 10. November 2010 unter 1.3., dass die Eigenheimzulage zurückzuzahlen sei, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden sei, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Festsetzung durch den Beklagten zu veranlassen. Stattdessen wurde unter Ausnutzung des beim Beklagten fortbestehenden Irrtums über die fehlende Voraussetzung zur Gewährung der Eigenheimzulage ein unberechtigter Vorteil weiterhin in Anspruch genommen.

41

Unter Würdigung des gesamten bekannten Sachverhalts zur gescheiterten Abwicklung des Eigentumsübergangs kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich dabei seitens der Klägerin und der übrigen Käufer um ein geplantes Vorgehen gehandelt hat, nach dem erst durch Vereinnahmung der Eigenheimzulage die Zahlungsverpflichtung teilweise erfüllt werden sollte.

42

Hierdurch kommt die Anwendung der auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zum Tragen. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der betreffenden Eigenheimzulagefestsetzungen nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 4 AO, § 15 Abs. 1 S. 1 EigZulG vor, da innerhalb von 10 Jahren seit Antragstellung die Aufhebung mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 erfolgte.

43

Durch die Abgabe des Antrags auf Eigenheimzulage im Jahr 2004 begann gemäß § 170 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen. Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO betrug sie wegen der durch vorsätzlich falsche Angaben bewirkten Festsetzung 10 Jahre und lief somit bis zum Ablauf des Jahres 2014.

44

Soweit umstritten ist, ob die Vorschrift des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, wonach bei einer Steuerhinterziehung die Festsetzungsfrist zehn Jahre beträgt, hier anzuwenden ist, folgt der Senat der dies bejahenden Auffassung.

45

Bei dem Eigenheimzulage-Betrug handelt es sich nicht um eine Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, weil die Eigenheimzulage keine Steuer ist (vgl. auch für eine entsprechende Anwendung für Investitionszulagen: Klein, AO, 9. Aufl., § 370 Textziffer 12 f., § 169 Textziffer 11). Eine Anwendbarkeit von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt auch nicht unmittelbar aus § 15 Abs. 2 EigZulG, weil es sich dabei um eine Zuständigkeitsvorschrift handelt. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, wonach für die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend gelten, folgt aber aus rechtssystematischen und teleologischen Gründen, dass das Erschleichen der Eigenheimzulage als vorsätzliche Straftat vom Unrechtsgehalt her ohne Weiteres mit einer Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, einer Steuerhehlerei i. S. des § 71 AO oder dem ungerechtfertigten Erlangen einer Prämie oder Zulage vergleichbar ist.

46

Allerdings bildet der Normtext die Grenze für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift. Der Umstand, dass in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO der Subventionsbetrug nicht ausdrücklich erwähnt ist, hindert indes eine entsprechende Anwendung dieser Regelung auf den Fall des Subventionsbetruges nicht, da die gebotene Gleichbewertung von Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug (s. auch § 15 Abs. 2 EigZulG) eine Wertungslücke im Anwendungsbereich der sogenannten langen Festsetzungsverjährung aufzeigt und deshalb aus Gründen der Sachgerechtigkeit eine korrigierende Ergänzung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO erfordert. Weiterhin kann der Bezugnahme in § 15 Abs. 1 EigZulG auf die entsprechende Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung eine zumindest stillschweigende Verweisung auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Falle des Eigenheimzulage-Betruges entnommen werden (vgl. auch BFH Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827 für die Investitionszulage).

47

Dem steht das aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) abgeleitete Analogieverbot nicht entgegen, weil es im Streitfall nicht um die Begründung eines neuen materiell-rechtlichen Steuertatbestandes geht, sondern um die entsprechende Anwendung einer Verfahrensvorschrift. Auch die Erkenntnis, dass Vorschriften des formellen Rechts einen materiell-rechtlichen Charakter haben können (siehe z. B. Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 84 Textziffer 4 a zu den sogenannten doppelgesichtigen Normen), führt zu keinem anderen Ergebnis, da § 169 Abs. 2 Satz 2 AO eine formale Regelung darstellt; jedenfalls ist eine analoge Anwendung von Vorschriften des Verjährungsrechts nicht ausgeschlossen (siehe z. B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., Überblick vor § 194 Textziffer 12 m. N.).

48

Nach alledem handelt es sich nicht um die Neuschöpfung oder Erweiterung eines materiell-rechtlichen Steuertatbestandes, sondern um die Konkretisierung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO durch Ausfüllung einer sicher erkennbaren Wertungslücke, so dass keine unzulässige Analogie vorliegt (vgl. allgemein dazu etwa Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Auflage, § 4 Textziffer 184 ff., 192). Unter Berücksichtigung dessen ist das auch im Steuerrecht geltende Bestimmtheitsgebot (siehe dazu etwa Jarass/Pieroth, a. a. O., Artikel 20, Textziffer 57 f.) nicht verletzt, zumal der Richter nicht nur an das Gesetz, sondern auch an das Recht gebunden ist (Art. 20 Absatz 3 GG).

49

Aus diesen Gründen ist an der auf den vorliegenden Streitfall übertragbaren Rechtsprechung des BFH festzuhalten, wonach aus der im Investitionszulagegesetz - ebenfalls - vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung die Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt (vgl. das Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827).

50

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Aufhebungsbescheides folgen ferner nicht aus der in der Literatur vertretenen Gegenmeinung, die eine Verlängerung der Festsetzungsfrist für den Subventionsbetrug ablehnt (siehe z. B. Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 169 Textziffer 60 m. N.). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, da sie sich mit dem Problem der Wertungslücke nicht bzw. nicht überzeugend auseinandersetzt.

51

Der Senat sieht hiermit den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Erlangung ungerechtfertigter Vergütungen als erfüllt an (so auch direkt im Sinne einer Steuerhinterziehung und nicht eines Subventionsbetruges: Wacker, Kommentar zum Eigenheimzulagegesetz, 3. Auflage § 11 Tz. 21). Damit sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EigzulG die für Steuerverkürzung geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden (zum Ganzen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2009 11 V 11151/09, EFG 2010, 4).

52

Der Beklagte konnte daher noch im Jahr 2012 mit Wirkung ab dem Förderzeitraum 2003 die gegenüber der Klägerin erfolgte Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage aufheben.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014  2 K 1287/13 aufgehoben.

Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wird aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Bewilligung von Eigenheimzulage aufheben durfte.

2

Im Dezember 2002 kaufte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gemeinsam mit ihrem Bruder, ihrer Mutter und deren Adoptivsohn zu je ein Viertel ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Im Januar 2003 wurde zugunsten der Erwerber eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Drei Monate danach war der Kaufpreis fällig. Gefahr, Nutzen und Lasten sollten erst mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises auf die Erwerber übergehen. Die Erwerber zahlten den Kaufpreis jedoch nicht.

3

Gleichwohl zog die Klägerin im Mai 2003 in das Haus ein. Im Einvernehmen mit der Verkäuferin zahlten die Erwerber monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. deren Söhne als Rechtsnachfolger.

4

Im März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003. Zur Begründung gab sie an, das Grundstück zu einem Viertel erworben zu haben. Besitz, Nutzungen und Lasten seien am 27. Dezember 2002 übergegangen; das Gebäude werde seit dem 1. Mai 2003 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das FA forderte daraufhin von der Klägerin die Vorlage des Kaufvertrags, den Nachweis über die Kaufpreiszahlung, einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie die Finanzierungsunterlagen. Die Klägerin legte lediglich den Kaufvertrag und eine Meldebestätigung über ihren Einzug zum 1. Mai 2003 vor. Ohne Rücksicht auf die Unvollständigkeit der Antwort bewilligte das FA die Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2010 (Bescheid vom 6. Juli 2004).

5

Im Juli 2012 erhielt das FA Kenntnis davon, dass der Eigentumsübergang nicht in das Grundbuch eingetragen und der Kauf rückgängig gemacht worden sei. Die Rechtsnachfolger der Verkäuferin hatten im April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und die Rückabwicklung gerichtlich durchgesetzt.

6

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte die empfangenen Leistungen von der Klägerin zurück.

7

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin habe das FA getäuscht und sich dadurch des vorsätzlichen Subventionsbetrugs schuldig gemacht. Die Festsetzungsfrist betrage deshalb zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--) und sei bei Aufhebung des Bewilligungsbescheids noch nicht abgelaufen gewesen. Die Aufhebungsbefugnis ergebe sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis), sondern aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (nachträglich bekannt gewordene Tatsachen).

8

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil sowie den Aufhebungsbescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abgelaufen.

12

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin den Fördertatbestand erfüllt und möglicherweise zumindest vorübergehend wirtschaftliches Eigentum an dem von ihr bewohnten Haus erlangt hat. Das FA war schon aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, den Bescheid vom 6. Juli 2004 im Oktober 2012 aufzuheben, denn die Festsetzungsfrist war bereits abgelaufen.

13

a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sind auf die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Wird eine Steuer oder Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs. 3 AO).

14

b) Nach diesen gesetzlichen Maßstäben begann die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, denn in diesem Jahr hat die Klägerin den nach § 12 Abs. 1 EigZulG erforderlichen Antrag gestellt.

15

c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Klägerin, wie das FG meint, einen vorsätzlichen Subventionsbetrug begangen oder ob sie lediglich wahrheitsgemäß aber unvollständig (wie sie meint) auf das Aufklärungsschreiben des FA geantwortet und dadurch nicht getäuscht, sondern vielmehr die Ablehnung ihres Antrags in Kauf genommen hat. Nach der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Erschleichen der Investitionszulage keine "Steuerhinterziehung" i.S. von § 71 AO (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2013 III R 25/10, BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist das Erschleichen der Eigenheimzulage ebenfalls keine Steuerhinterziehung i.S. von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Vorschrift ist deshalb weder aufgrund der Globalverweisung auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG) noch aufgrund der Zuständigkeitsnorm in § 15 Abs. 2 EigZulG anwendbar (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Ob eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich (bei § 169 Abs. 2 Satz 2 wie bei § 71 AO) mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2013 VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, m.w.N.). Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 des Strafgesetzbuchs. Dies zu ändern, wäre Aufgabe des Gesetzgebers.

16

d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, die Klage begründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach den Feststellungen des FG lief die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2008 ab. Der Bescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 verstößt gegen § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Er wird ersatzlos aufgehoben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Damit entfällt zugleich der Rückforderungsanspruch (§ 14 EigZulG).

17

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die Eigenheimzulage wird für das Jahr, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen, und die folgenden Jahre des Förderzeitraums von dem für die Besteuerung des Anspruchsberechtigten nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt festgesetzt. Für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 und die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 sind die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken maßgeblich. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage erst zu einem späteren Zeitpunkt vor, sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. Die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer der nach § 5 maßgebenden Jahre. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach Satz 4 hinausgeschoben, verlängert sich die Festsetzungsfrist für die folgenden Jahre des Förderzeitraums um die gleiche Zeit.

(2) Haben sich die Verhältnisse für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 oder die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2, die bei der zuletzt festgesetzten Eigenheimzulage zugrunde gelegt worden sind, geändert, ist die Eigenheimzulage neu festzusetzen (Neufestsetzung). Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, für das sich die Abweichung bei der Eigenheimzulage ergibt.

(3) Entfallen die Voraussetzungen nach den §§ 1, 2, 4 und 6 während eines Jahres des Förderzeitraums und kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nicht mehr in Anspruch nehmen, ist die Festsetzung mit Wirkung ab dem folgenden Kalenderjahr aufzuheben. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erneut vor, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Bescheid über die Festsetzung der Eigenheimzulage ist aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Summe der positiven Einkünfte in den nach § 5 maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze über- oder unterschreitet.

(5) Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Neufestsetzung oder durch Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden. Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Aufhebung oder einer Neufestsetzung zuungunsten des Anspruchsberechtigten jedoch frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem das Finanzamt aufhebt oder neu festsetzt. Bei der Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für ein Kalenderjahr, das nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes beginnt.

(6) Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann die Bemessungsgrundlage nach § 8 und § 9 Abs. 3 gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die für die gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a der Abgabenordnung geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Bei Ehegatten, die gemeinsam Eigentümer einer Wohnung sind, ist die Festsetzung der Zulage für Jahre des Förderzeitraums, in denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen, zusammen durchzuführen. Die Eigenheimzulage ist neu festzusetzen, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes während des Förderzeitraums entfallen oder eintreten.


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.

2

Die Klägerin lebt seit November 2002 von ihrem Ehemann getrennt. Seit Mai 2003 ist sie in L, H-Straße Hausnummer wohnhaft, zusammen mit ihrer Tochter.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 (Urkundennummer …/2002, Blatt 25-36 der Prozessakten) erwarben die Klägerin, ihr Bruder (A), ihre Mutter (B) sowie der Adoptivsohn ihrer Mutter (C) für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007.

4

Am 17. März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten gab sie einen Kaufpreis von 51.817 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € an (zusammen 53.834,93 €). In dem Antrag gab sie an, als Erwerberin mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte sie ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung gab sie den 1. Mai 2003 an. Mit Schreiben vom 20. April 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie, Nachweis der Kaufpreiszahlung, Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie einen Nachweis zur Finanzierung des Eigenheims (Darlehensverträge oder Ähnliches). Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.

5

Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1278 € (2,5 % von 51.817 €) zuzüglich 767 € Kinderzulage (zusammen jährlich 2045 €) fest.

6

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an den Beklagten vom 9. August 2004 ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der Herr A dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs des Hauses nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu sichern. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 16 der Eigenheimzulage-Akten).

7

Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 4 O …/09) sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 (Aktenzeichen: 7 U …/10) zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und Beklagten (unter anderem der Klägerin), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:

8

"… dass die Beklagten die Eigenheimzulage von 35.000 € zurückzahlen müssen, liegt nicht an der Nichtigkeit der späteren Absprache, sondern daran, dass sie diese im Zusammenhang mit dem formwirksamen Kaufvertrag in Anspruch genommen und den Kaufpreis nicht bezahlt haben. …"

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungen verwiesen (Blatt 37-44  und 45-52 der Prozessakten).

10

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob der Beklagte nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG die Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage auf und forderte diese von der Klägerin für die Jahre 2003-2010 zurück.

11

Mit ihrem Einspruch hiergegen trug die Klägerin vor, die Bemühungen der Käufer zu einer Bankfinanzierung des Kaufpreises seien gescheitert. Mit der Verkäuferin sei daher einvernehmlich vereinbart worden, den Kaufpreis in jährlichen Raten von jeweils 9.000 € für die ersten 5 Jahre zu zahlen. Diese Zahlungen seien jeweils halbjährlich erfolgt. Zinsen seien nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe in 2004 Grunderwerbsteuer von 6.800 € zuzüglich Säumniszuschläge und in den Jahren 2003-2006 insgesamt 9.000 € (1/4 von 36.000 €) bezahlt. Mit dem Kauf hätten die Käufer eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über das Grundstück erlangt. Im Kaufvertrag werde dies bestätigt, insofern den Käufern ein Renovierungsaufwand von mindestens 35.000 € entstanden sei, um das Objekt bewohnbar zu machen. Die tatsächliche Herrschaft sei derart ausgeübt worden, dass die Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Erben der Verkäuferin hätten sich an die mit ihr getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Tilgungen nicht gebunden gesehen. Sie hätten die Rückabwicklung des Kaufvertrags beantragt, dies sei im Jahr 2011 erfolgt. Im Dezember 2010 hätten die Käufer die schriftliche Zusage über ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises erhalten. Die Erben der Verkäuferin hätten aber das für die Klägerin nicht nachvollziehbare Ziel der Rückabwicklung weiterverfolgt. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für die Festsetzung der Eigenheimzulage erfüllt.

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wurde der Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin das Grundstück nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht wirksam zu Miteigentum angeschafft habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Zulage sei nach § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO aufzuheben gewesen. Das Oberlandesgericht habe unter anderem festgestellt, dass zivilrechtlich auf Seiten der Käufer, als auch der Klägerin, kein Anschaffungsvorgang vorgelegen habe. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO sei ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintrete, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Dieses Ereignis sei hier die Rückübertragung eines Objektes, für das der Käufer mangels vollständiger Zahlung des Kaufpreises zivilrechtlich nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangt habe. Das nachträglich, also nach Erlass des aufzuhebenden Bescheides eingetretene Ereignis müsse den Sachverhalt verändern und dabei derart in die Vergangenheit zurückwirken, dass ein Bedürfnis bestehe, eine schon endgültig bestandskräftig getroffene Regelung im Sinne der §§ 118, 157 AO an die Sachverhaltsänderung anzupassen. Steuerrechtlich sei nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichen Sachverhaltes der Besteuerung zu Grunde zu legen. Ob diese Voraussetzung vorliege, entscheide sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz. Mit dem notariellen Vertrag seien die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Grundstück in das Eigentum der Käufer übergehen solle. Der Umstand, dass es nicht dazu gekommen sei, habe Rückwirkung auf den gesamten Zulagezeitraum, so dass der Eigenheimzulagebescheid habe aufgehoben werden können.

13

Mit ihrer Klage hiergegen tragen die Kläger vor, die Verkäuferin habe die Auflassungsvormerkung bewilligt und diese sei zu Recht im Grundbuch eingetragen worden. Sie verliere erst mit dem Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009, spätestens aber mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht. Erst mit Erlöschen infolge Rücktritts verliere sie ihre Wirkung. Die Auffassung, dass der Steuerbescheid rückwirkende steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe, sei somit nicht zutreffend. Mit der Käuferin sei im Jahr 2003 einvernehmlich vereinbart worden, dass der Kaufpreis vorerst in jährlichen Raten von jeweils 9000 €, hiervon 1/4 von der Klägerin, für die ersten 5 Jahre zu zahlen sei. Die Zahlung sei ohne Darlehenszinsen erbracht worden. Dies werde durch ein Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004 bestätigt, wonach mit den Klägern eine interne Finanzierung/Mietkauf vereinbart worden sei (Blatt 61 der Prozessakten). Der Beklagte habe bei Gewährung der Eigenheimzulage lediglich Kenntnis von der Eintragung der Auflassungsvormerkung gehabt. Somit sei das Grundstück angeschafft gewesen. Im Dezember 2010 sei der Klägerin ein Darlehen für den Restkaufpreis von einer Bank zugesagt und bereitgestellt worden. Diese Zusage sei den Erben der Verkäuferin im gleichen Monat vorgelegt worden. Da ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO nicht vorliege, habe der Beklagte § 11 Abs. 3 EigzulG zu beachten. Die Auflassungsvormerkung habe rechtskräftig erst mit dem Beschluss vom 10. November 2010 ihre Wirkung verloren.

14

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er trägt hierzu vor, nach der Rechtsprechung liege ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vor, wenn zum Beispiel der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach Übertragung des Anteils und vollständiger Bezahlung des Kaufpreises mit Abschluss eines außergerichtlichen Vergleiches, mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit über den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung beilegen, rückgängig gemacht werde. In dem hierzu vom BFH entschiedenen Fall (Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02, Bundessteuerblatt II 2004, 107) sei der Kaufpreis bereits vollständig gezahlt worden. Unerheblich sei, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu Änderung des Sachverhaltes geführt hätten. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO fordere weder seinem Wortlaut noch seinem Bedeutungszusammenhang nach, dass das spätere Ereignis "im Kern" im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen sei. Nach den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung lägen die Voraussetzungen für ein "rückwirkendes Ereignis" im Streitfall vor, da der Kaufvertrag noch nicht abgewickelt gewesen sei und die Ursache der Störung bei der Vertragsabwicklung, die unvollständige Kaufpreiszahlung, ohne Belang sei.

17

Unbeachtlich sei die Aussage der Klägerin, dass die Auflassungsvormerkung erst mit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht verloren habe. Unbeachtlich sei auch die schriftliche Vereinbarung zwischen der Verkäuferin und den Käufern vom 6. April 2004, welche dem Beklagten erst mit der Klagebegründung bekannt geworden sei. Die Klägerin wäre verpflichtet gewesen, diese Vereinbarung zeitnah der zuständigen Veranlagungsstelle vorzulegen, um diese in die Lage zu versetzen, die Eigenheimzulage in korrekter, nämlich niedrigerer Höhe festzusetzen. Da die Klägerin dies dem Beklagten vorenthalten habe, sei mit dem Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage überhöht festgesetzt und ausgezahlt worden. Erst mit einem Antrag auf Rückzahlung der Grunderwerbsteuer vom 9. Januar 2012 und der Einschaltung der Bußgeld- und Strafsachenstelle sei dem Beklagten der geänderte Sachverhalt bekannt geworden.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Im Ergebnis geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass die Festsetzung der Eigenheimzulage unter gleichzeitiger Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Beträge für die Jahre 2003-2010 aufzuheben gewesen ist.

20

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat dies allerdings nicht wegen des  Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO zu erfolgen, sondern nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO. So sind dem Beklagten nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die zu einer höheren Steuer führen, bzw. die zum Nachteil des Steuerpflichtigen zur Rückzahlung einer Steuervergütung führen.

21

Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Eigenheimzulage durch die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung für Steuervergütungen nach § 155 Abs. 4 AO.

22

Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO leitet sich im Streitfall aus dem Umstand ab, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Förderung einer zur Eigennutzung angeschafften Wohnung in einem im Inland belegenen Haus oder einer im Inland belegenen Eigentumswohnung nicht erfüllt sind. Für die (entgeltliche) Anschaffung ist im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einem Eigentümer auf den anderen erforderlich, was im Streitfall nicht erfolgt ist. Dies ist dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden.

23

Die Klägerin hat kein Wohneigentum in diesem Sinne erworben. Für eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums fehlt es an der erforderlichen Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach § 873 Abs. 1 BGB. Die mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 eingeleitete Verfügung über das Eigentum aufgrund einer Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über die Übertragung des Eigentums gemäß § 925 BGB (Auflassung) wurde im Streitfall nicht durch die Eintragung der Klägerin als neue Miteigentümerin in das Grundbuch abgeschlossen.

24

Soweit dies daran scheiterte, dass die für die Eintragungsbewilligung erforderliche Kaufpreiszahlung seitens der Klägerin und ihren Miterwerbern nie erfolgt ist, konnte die Käuferseite auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangen. So bestimmte der notarielle Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002, dass erst mit Zahlung des Kaufpreises über 194.290,91 € Gefahren, Nutzen und Lasten auf die Käufer übergehen sollten (Abschnitt 6 des Vertrages).

25

Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nummer 1 AO). Damit sind das Objekt und auch dessen Erträge und Kosten nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

26

Im Streitfall erfüllen die von der Klägerin angeführten Tatsachen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums die genannten Voraussetzungen nicht.

27

Die wirtschaftliche Sachherrschaft wurde zunächst nicht durch die Vereinbarungen zur Renovierung des Gebäudes begründet. Dass die rechtliche Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen wirtschaftlich ausgeschlossen gewesen sei, auch weil die Erwerber hierfür mindestens 35.000 € aufzuwenden gedachten, führte nicht zu ihrem wirtschaftlichem Eigentum. Damit war die zivilrechtliche Eigentümerin weder für die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes von der Einwirkung darauf ausgeschlossen, noch gingen Gefahren, Nutzen und Lasten hierdurch auf die Erwerber über. Auch eventuelle durch die Käufer geplante und in die Wege geleitete bauordnungsrechtliche Verfahren ändern hieran nichts.

28

Überdies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung einer monatlichen Zahlung eines Nutzungsentgeltes, und diese Zahlung wird seitens der Klägerin nicht bestritten, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin nach wie vor auch die Erträge des Grundstücks zufließen sollten.

29

Ebenso wenig ist ein wirtschaftliches Eigentum begründendes Besitzrecht im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB ersichtlich.

30

Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Sofern überhaupt, die Entscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts verneinen dies mangels eines nachgewiesenen substantiierten Vortrags der dortigen Beklagten, ein Besitzrecht durch eine Vereinbarung mit der Verkäuferin bestanden haben sollte, bezog sich dies in Anbetracht der eindeutigen Regelung des notariellen Kaufvertrages allenfalls darauf, vorab das Grundstück zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen in Besitz nehmen zu dürfen.

31

Auch die Vereinbarung der Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes oder Vereinbarungen zur teilweisen Stundung der Kaufpreiszahlung und darauf beruhende Zahlungen in Höhe von angeblich insgesamt 36.000 € in den Jahren 2003-2006 sowie der Zahlung von Grunderwerbsteuer begründeten kein dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechendes Besitzrecht der Erwerberseite. Dies gilt unabhängig davon, ob entsprechenden Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien formwirksame (§ 311 BGB) Änderungen des notariellen Kaufvertrages vom 27. Dezember 2002 zu Grunde gelegen haben. Im Ergebnis haben die Käufer bzw. die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ein derartiges Besitzrecht die Verkäuferin in rechtlich zulässiger Weise von der faktischen Einwirkung auf ihr Grundstück ausgeschlossen hätte.

32

Die Tatsache eines fehlenden Anschaffungsvorgangs durch Übertragung des Eigentums und damit das Fehlen einer Voraussetzung für die Förderung des Eigentumserwerbs war auch bereits bei Antragstellung im März 2004 gegeben gewesen. In Unkenntnis dieser Umstände hat der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage festgesetzt. Erst durch die beantragte Rückerstattung der für den vermeintlichen Anschaffungsvorgang geleisteten Grunderwerbsteuer im Jahr 2012 erhielt der Beklagte Kenntnis von dem gescheiterten Eigentumsübergang. Ihm ist die Tatsache daher nachträglich bekannt geworden.

33

Die nachträgliche Kenntnisnahme beruht auf Umständen, die in der Sphäre der Klägerin angelegt gewesen sind. So hat diese in ihrem Antrag auf Eigenheimzulage vom 17. März 2004 angegeben, dass gemäß einem notariellen Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten am gleichen Tage erfolgen sollte. In der geforderten Angabe zum Beginn der Eigennutzung gab die Klägerin den 1. Mai 2003 an. Die zunächst fehlenden Angaben bzw. Nachweise, wie Kaufvertrag, Anmeldebestätigung und Finanzierungs- und Zahlungsnachweis forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2004 an. Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie die Anmeldebestätigung der Gemeinde vor.

34

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und steuerlichem Beraters eines weiteren Käufers, ihres Bruders, vom 9. August 2004 ergibt sich, dass das Problem der Finanzierung des Hauses in einem Gespräch am 2. Dezember 2003 an Amtsstelle bereits thematisiert worden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führt dazu aus, dass es im Januar 2004 den Käufern gelungen sei, die Finanzierung des Hauses zu erreichen. 2 Monate später sei dann der Antrag auf Eigenheimzulage gestellt worden.

35

Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage für 2003-2010 fest, ohne vom fehlenden Übergang des wirtschaftlichen oder rechtlichen Eigentums auf die Klägerin und die Miterwerber Kenntnis gehabt zu haben.

36

Die Festsetzung der Zulage beruhte auf dem Vertrauen des Beklagten, dass mit der angeblich sichergestellten Finanzierung die Zahlung des Kaufpreises gemäß den Regelungen des notariellen Vertrages ermöglicht wurde. Dass eine Zahlung nicht erfolgt ist bzw. von den Käufern geleistete Zahlungen nicht zu ihrer Eigentumsumschreibung im Grundbuch geführt haben, ist daher durch das Erklärungsverhalten der Klägerin und der Miterwerber dem Beklagten nicht bekannt geworden. Diesbezüglich hat die Klägerin den Beklagten bei Antragstellung und Festsetzung der Zulage getäuscht.

37

Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren stand eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel. Eine Bankfinanzierung scheiterte danach bereits in der Zeit unmittelbar nach dem notariellen Vertragsabschluss Ende Dezember 2002, wenn nicht bereits früher. Dies war den Käufern damals auch bekannt gewesen. Gleichwohl beantragte die Klägerin -ohne durch Kaufpreiszahlung eine Eigentumsübertragung bewirken zu können- die Eigenheimzulage.

38

Dabei gab sie im Antrag vom März 2004 unzutreffend an, dass Gefahren, Nutzen und Lasten am 27. Dezember 2002 übergegangen seien. Bereits hierdurch wurde versucht, den Beklagten über den nach wie vor nicht eingetretenen Übergang des (wirtschaftlichen) Eigentums zu täuschen.  Ebenso wurde er durch die unzutreffende Behauptung, eine Finanzierung stehe, darüber getäuscht, dass bis zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Eigentumsübergang erfolgt sein konnte.

39

Unmaßgeblich in diesem Zusammenhang ist das Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004, da hierdurch die fehlende Kaufpreiszahlung für den Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten nicht ersetzt werden konnte. So wäre aufgrund einer im Schreiben behaupteten angeblichen internen Finanzierung oder eines Mitkaufes die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Voraussetzung bzw. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Eigenheimzulage war für den Beklagten allein der Eintritt eines Eigentumsübergangs gemäß den Regelungen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2002.

40

In den folgenden Jahren des Förderzeitraums ist ebenso wenig eine Kaufpreiszahlung  gemäß dem notariellen Vertrag erfolgt. Auch hierüber täuschte die Klägerin den Beklagten durch die weitere Vereinnahmung der jährlich geleisteten Zulagen. Weder die von den Rechtsnachfolger der Verkäuferin im März 2009 aufgestellte Forderung zur Leistung des Kaufpreises noch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 sowie des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 veranlassten die Klägerin zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten bezüglich des gescheiterten Eigentumsübergangs. Dabei hat die Klägerin insbesondere den deutlichen Hinweis des Oberlandesgerichtes in seinem Beschluss vom 10. November 2010 unter 1.3., dass die Eigenheimzulage zurückzuzahlen sei, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden sei, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Festsetzung durch den Beklagten zu veranlassen. Stattdessen wurde unter Ausnutzung des beim Beklagten fortbestehenden Irrtums über die fehlende Voraussetzung zur Gewährung der Eigenheimzulage ein unberechtigter Vorteil weiterhin in Anspruch genommen.

41

Unter Würdigung des gesamten bekannten Sachverhalts zur gescheiterten Abwicklung des Eigentumsübergangs kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich dabei seitens der Klägerin und der übrigen Käufer um ein geplantes Vorgehen gehandelt hat, nach dem erst durch Vereinnahmung der Eigenheimzulage die Zahlungsverpflichtung teilweise erfüllt werden sollte.

42

Hierdurch kommt die Anwendung der auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zum Tragen. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der betreffenden Eigenheimzulagefestsetzungen nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 4 AO, § 15 Abs. 1 S. 1 EigZulG vor, da innerhalb von 10 Jahren seit Antragstellung die Aufhebung mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 erfolgte.

43

Durch die Abgabe des Antrags auf Eigenheimzulage im Jahr 2004 begann gemäß § 170 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen. Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO betrug sie wegen der durch vorsätzlich falsche Angaben bewirkten Festsetzung 10 Jahre und lief somit bis zum Ablauf des Jahres 2014.

44

Soweit umstritten ist, ob die Vorschrift des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, wonach bei einer Steuerhinterziehung die Festsetzungsfrist zehn Jahre beträgt, hier anzuwenden ist, folgt der Senat der dies bejahenden Auffassung.

45

Bei dem Eigenheimzulage-Betrug handelt es sich nicht um eine Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, weil die Eigenheimzulage keine Steuer ist (vgl. auch für eine entsprechende Anwendung für Investitionszulagen: Klein, AO, 9. Aufl., § 370 Textziffer 12 f., § 169 Textziffer 11). Eine Anwendbarkeit von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt auch nicht unmittelbar aus § 15 Abs. 2 EigZulG, weil es sich dabei um eine Zuständigkeitsvorschrift handelt. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, wonach für die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend gelten, folgt aber aus rechtssystematischen und teleologischen Gründen, dass das Erschleichen der Eigenheimzulage als vorsätzliche Straftat vom Unrechtsgehalt her ohne Weiteres mit einer Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, einer Steuerhehlerei i. S. des § 71 AO oder dem ungerechtfertigten Erlangen einer Prämie oder Zulage vergleichbar ist.

46

Allerdings bildet der Normtext die Grenze für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift. Der Umstand, dass in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO der Subventionsbetrug nicht ausdrücklich erwähnt ist, hindert indes eine entsprechende Anwendung dieser Regelung auf den Fall des Subventionsbetruges nicht, da die gebotene Gleichbewertung von Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug (s. auch § 15 Abs. 2 EigZulG) eine Wertungslücke im Anwendungsbereich der sogenannten langen Festsetzungsverjährung aufzeigt und deshalb aus Gründen der Sachgerechtigkeit eine korrigierende Ergänzung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO erfordert. Weiterhin kann der Bezugnahme in § 15 Abs. 1 EigZulG auf die entsprechende Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung eine zumindest stillschweigende Verweisung auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Falle des Eigenheimzulage-Betruges entnommen werden (vgl. auch BFH Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827 für die Investitionszulage).

47

Dem steht das aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) abgeleitete Analogieverbot nicht entgegen, weil es im Streitfall nicht um die Begründung eines neuen materiell-rechtlichen Steuertatbestandes geht, sondern um die entsprechende Anwendung einer Verfahrensvorschrift. Auch die Erkenntnis, dass Vorschriften des formellen Rechts einen materiell-rechtlichen Charakter haben können (siehe z. B. Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 84 Textziffer 4 a zu den sogenannten doppelgesichtigen Normen), führt zu keinem anderen Ergebnis, da § 169 Abs. 2 Satz 2 AO eine formale Regelung darstellt; jedenfalls ist eine analoge Anwendung von Vorschriften des Verjährungsrechts nicht ausgeschlossen (siehe z. B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., Überblick vor § 194 Textziffer 12 m. N.).

48

Nach alledem handelt es sich nicht um die Neuschöpfung oder Erweiterung eines materiell-rechtlichen Steuertatbestandes, sondern um die Konkretisierung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO durch Ausfüllung einer sicher erkennbaren Wertungslücke, so dass keine unzulässige Analogie vorliegt (vgl. allgemein dazu etwa Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Auflage, § 4 Textziffer 184 ff., 192). Unter Berücksichtigung dessen ist das auch im Steuerrecht geltende Bestimmtheitsgebot (siehe dazu etwa Jarass/Pieroth, a. a. O., Artikel 20, Textziffer 57 f.) nicht verletzt, zumal der Richter nicht nur an das Gesetz, sondern auch an das Recht gebunden ist (Art. 20 Absatz 3 GG).

49

Aus diesen Gründen ist an der auf den vorliegenden Streitfall übertragbaren Rechtsprechung des BFH festzuhalten, wonach aus der im Investitionszulagegesetz - ebenfalls - vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung die Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt (vgl. das Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827).

50

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Aufhebungsbescheides folgen ferner nicht aus der in der Literatur vertretenen Gegenmeinung, die eine Verlängerung der Festsetzungsfrist für den Subventionsbetrug ablehnt (siehe z. B. Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 169 Textziffer 60 m. N.). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, da sie sich mit dem Problem der Wertungslücke nicht bzw. nicht überzeugend auseinandersetzt.

51

Der Senat sieht hiermit den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Erlangung ungerechtfertigter Vergütungen als erfüllt an (so auch direkt im Sinne einer Steuerhinterziehung und nicht eines Subventionsbetruges: Wacker, Kommentar zum Eigenheimzulagegesetz, 3. Auflage § 11 Tz. 21). Damit sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EigzulG die für Steuerverkürzung geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden (zum Ganzen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2009 11 V 11151/09, EFG 2010, 4).

52

Der Beklagte konnte daher noch im Jahr 2012 mit Wirkung ab dem Förderzeitraum 2003 die gegenüber der Klägerin erfolgte Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage aufheben.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die Eigenheimzulage wird für das Jahr, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen, und die folgenden Jahre des Förderzeitraums von dem für die Besteuerung des Anspruchsberechtigten nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt festgesetzt. Für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 und die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 sind die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken maßgeblich. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage erst zu einem späteren Zeitpunkt vor, sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. Die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer der nach § 5 maßgebenden Jahre. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach Satz 4 hinausgeschoben, verlängert sich die Festsetzungsfrist für die folgenden Jahre des Förderzeitraums um die gleiche Zeit.

(2) Haben sich die Verhältnisse für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 oder die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2, die bei der zuletzt festgesetzten Eigenheimzulage zugrunde gelegt worden sind, geändert, ist die Eigenheimzulage neu festzusetzen (Neufestsetzung). Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, für das sich die Abweichung bei der Eigenheimzulage ergibt.

(3) Entfallen die Voraussetzungen nach den §§ 1, 2, 4 und 6 während eines Jahres des Förderzeitraums und kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nicht mehr in Anspruch nehmen, ist die Festsetzung mit Wirkung ab dem folgenden Kalenderjahr aufzuheben. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erneut vor, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Bescheid über die Festsetzung der Eigenheimzulage ist aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Summe der positiven Einkünfte in den nach § 5 maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze über- oder unterschreitet.

(5) Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Neufestsetzung oder durch Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden. Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Aufhebung oder einer Neufestsetzung zuungunsten des Anspruchsberechtigten jedoch frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem das Finanzamt aufhebt oder neu festsetzt. Bei der Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für ein Kalenderjahr, das nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes beginnt.

(6) Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann die Bemessungsgrundlage nach § 8 und § 9 Abs. 3 gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die für die gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a der Abgabenordnung geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Bei Ehegatten, die gemeinsam Eigentümer einer Wohnung sind, ist die Festsetzung der Zulage für Jahre des Förderzeitraums, in denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen, zusammen durchzuführen. Die Eigenheimzulage ist neu festzusetzen, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes während des Förderzeitraums entfallen oder eintreten.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.

(2) Der Besitzer einer Sache, die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.

2

Die Klägerin lebt seit November 2002 von ihrem Ehemann getrennt. Seit Mai 2003 ist sie in L, H-Straße Hausnummer wohnhaft, zusammen mit ihrer Tochter.

3

Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 (Urkundennummer …/2002, Blatt 25-36 der Prozessakten) erwarben die Klägerin, ihr Bruder (A), ihre Mutter (B) sowie der Adoptivsohn ihrer Mutter (C) für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007.

4

Am 17. März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten gab sie einen Kaufpreis von 51.817 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € an (zusammen 53.834,93 €). In dem Antrag gab sie an, als Erwerberin mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte sie ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung gab sie den 1. Mai 2003 an. Mit Schreiben vom 20. April 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie, Nachweis der Kaufpreiszahlung, Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie einen Nachweis zur Finanzierung des Eigenheims (Darlehensverträge oder Ähnliches). Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.

5

Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1278 € (2,5 % von 51.817 €) zuzüglich 767 € Kinderzulage (zusammen jährlich 2045 €) fest.

6

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an den Beklagten vom 9. August 2004 ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der Herr A dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs des Hauses nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu sichern. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 16 der Eigenheimzulage-Akten).

7

Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 4 O …/09) sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 (Aktenzeichen: 7 U …/10) zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und Beklagten (unter anderem der Klägerin), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:

8

"… dass die Beklagten die Eigenheimzulage von 35.000 € zurückzahlen müssen, liegt nicht an der Nichtigkeit der späteren Absprache, sondern daran, dass sie diese im Zusammenhang mit dem formwirksamen Kaufvertrag in Anspruch genommen und den Kaufpreis nicht bezahlt haben. …"

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungen verwiesen (Blatt 37-44  und 45-52 der Prozessakten).

10

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob der Beklagte nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG die Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage auf und forderte diese von der Klägerin für die Jahre 2003-2010 zurück.

11

Mit ihrem Einspruch hiergegen trug die Klägerin vor, die Bemühungen der Käufer zu einer Bankfinanzierung des Kaufpreises seien gescheitert. Mit der Verkäuferin sei daher einvernehmlich vereinbart worden, den Kaufpreis in jährlichen Raten von jeweils 9.000 € für die ersten 5 Jahre zu zahlen. Diese Zahlungen seien jeweils halbjährlich erfolgt. Zinsen seien nicht vereinbart worden. Die Klägerin habe in 2004 Grunderwerbsteuer von 6.800 € zuzüglich Säumniszuschläge und in den Jahren 2003-2006 insgesamt 9.000 € (1/4 von 36.000 €) bezahlt. Mit dem Kauf hätten die Käufer eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über das Grundstück erlangt. Im Kaufvertrag werde dies bestätigt, insofern den Käufern ein Renovierungsaufwand von mindestens 35.000 € entstanden sei, um das Objekt bewohnbar zu machen. Die tatsächliche Herrschaft sei derart ausgeübt worden, dass die Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Erben der Verkäuferin hätten sich an die mit ihr getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Tilgungen nicht gebunden gesehen. Sie hätten die Rückabwicklung des Kaufvertrags beantragt, dies sei im Jahr 2011 erfolgt. Im Dezember 2010 hätten die Käufer die schriftliche Zusage über ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises erhalten. Die Erben der Verkäuferin hätten aber das für die Klägerin nicht nachvollziehbare Ziel der Rückabwicklung weiterverfolgt. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für die Festsetzung der Eigenheimzulage erfüllt.

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wurde der Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin das Grundstück nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht wirksam zu Miteigentum angeschafft habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Zulage sei nach § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO aufzuheben gewesen. Das Oberlandesgericht habe unter anderem festgestellt, dass zivilrechtlich auf Seiten der Käufer, als auch der Klägerin, kein Anschaffungsvorgang vorgelegen habe. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO sei ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintrete, dass steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe. Dieses Ereignis sei hier die Rückübertragung eines Objektes, für das der Käufer mangels vollständiger Zahlung des Kaufpreises zivilrechtlich nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangt habe. Das nachträglich, also nach Erlass des aufzuhebenden Bescheides eingetretene Ereignis müsse den Sachverhalt verändern und dabei derart in die Vergangenheit zurückwirken, dass ein Bedürfnis bestehe, eine schon endgültig bestandskräftig getroffene Regelung im Sinne der §§ 118, 157 AO an die Sachverhaltsänderung anzupassen. Steuerrechtlich sei nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichen Sachverhaltes der Besteuerung zu Grunde zu legen. Ob diese Voraussetzung vorliege, entscheide sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz. Mit dem notariellen Vertrag seien die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Grundstück in das Eigentum der Käufer übergehen solle. Der Umstand, dass es nicht dazu gekommen sei, habe Rückwirkung auf den gesamten Zulagezeitraum, so dass der Eigenheimzulagebescheid habe aufgehoben werden können.

13

Mit ihrer Klage hiergegen tragen die Kläger vor, die Verkäuferin habe die Auflassungsvormerkung bewilligt und diese sei zu Recht im Grundbuch eingetragen worden. Sie verliere erst mit dem Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009, spätestens aber mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht. Erst mit Erlöschen infolge Rücktritts verliere sie ihre Wirkung. Die Auffassung, dass der Steuerbescheid rückwirkende steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe, sei somit nicht zutreffend. Mit der Käuferin sei im Jahr 2003 einvernehmlich vereinbart worden, dass der Kaufpreis vorerst in jährlichen Raten von jeweils 9000 €, hiervon 1/4 von der Klägerin, für die ersten 5 Jahre zu zahlen sei. Die Zahlung sei ohne Darlehenszinsen erbracht worden. Dies werde durch ein Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004 bestätigt, wonach mit den Klägern eine interne Finanzierung/Mietkauf vereinbart worden sei (Blatt 61 der Prozessakten). Der Beklagte habe bei Gewährung der Eigenheimzulage lediglich Kenntnis von der Eintragung der Auflassungsvormerkung gehabt. Somit sei das Grundstück angeschafft gewesen. Im Dezember 2010 sei der Klägerin ein Darlehen für den Restkaufpreis von einer Bank zugesagt und bereitgestellt worden. Diese Zusage sei den Erben der Verkäuferin im gleichen Monat vorgelegt worden. Da ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nummer 2 AO nicht vorliege, habe der Beklagte § 11 Abs. 3 EigzulG zu beachten. Die Auflassungsvormerkung habe rechtskräftig erst mit dem Beschluss vom 10. November 2010 ihre Wirkung verloren.

14

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er trägt hierzu vor, nach der Rechtsprechung liege ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vor, wenn zum Beispiel der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach Übertragung des Anteils und vollständiger Bezahlung des Kaufpreises mit Abschluss eines außergerichtlichen Vergleiches, mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit über den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung beilegen, rückgängig gemacht werde. In dem hierzu vom BFH entschiedenen Fall (Urteil vom 19. August 2003 VIII R 67/02, Bundessteuerblatt II 2004, 107) sei der Kaufpreis bereits vollständig gezahlt worden. Unerheblich sei, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu Änderung des Sachverhaltes geführt hätten. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO fordere weder seinem Wortlaut noch seinem Bedeutungszusammenhang nach, dass das spätere Ereignis "im Kern" im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt gewesen sei. Nach den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung lägen die Voraussetzungen für ein "rückwirkendes Ereignis" im Streitfall vor, da der Kaufvertrag noch nicht abgewickelt gewesen sei und die Ursache der Störung bei der Vertragsabwicklung, die unvollständige Kaufpreiszahlung, ohne Belang sei.

17

Unbeachtlich sei die Aussage der Klägerin, dass die Auflassungsvormerkung erst mit dem Beschluss des Oberlandesgerichtes vom 10. November 2010 ihre Wirkung als Sicherungsrecht verloren habe. Unbeachtlich sei auch die schriftliche Vereinbarung zwischen der Verkäuferin und den Käufern vom 6. April 2004, welche dem Beklagten erst mit der Klagebegründung bekannt geworden sei. Die Klägerin wäre verpflichtet gewesen, diese Vereinbarung zeitnah der zuständigen Veranlagungsstelle vorzulegen, um diese in die Lage zu versetzen, die Eigenheimzulage in korrekter, nämlich niedrigerer Höhe festzusetzen. Da die Klägerin dies dem Beklagten vorenthalten habe, sei mit dem Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage überhöht festgesetzt und ausgezahlt worden. Erst mit einem Antrag auf Rückzahlung der Grunderwerbsteuer vom 9. Januar 2012 und der Einschaltung der Bußgeld- und Strafsachenstelle sei dem Beklagten der geänderte Sachverhalt bekannt geworden.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Im Ergebnis geht der Beklagte zutreffend davon aus, dass die Festsetzung der Eigenheimzulage unter gleichzeitiger Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Beträge für die Jahre 2003-2010 aufzuheben gewesen ist.

20

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat dies allerdings nicht wegen des  Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO zu erfolgen, sondern nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO. So sind dem Beklagten nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die zu einer höheren Steuer führen, bzw. die zum Nachteil des Steuerpflichtigen zur Rückzahlung einer Steuervergütung führen.

21

Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Eigenheimzulage durch die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung für Steuervergütungen nach § 155 Abs. 4 AO.

22

Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO leitet sich im Streitfall aus dem Umstand ab, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Förderung einer zur Eigennutzung angeschafften Wohnung in einem im Inland belegenen Haus oder einer im Inland belegenen Eigentumswohnung nicht erfüllt sind. Für die (entgeltliche) Anschaffung ist im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einem Eigentümer auf den anderen erforderlich, was im Streitfall nicht erfolgt ist. Dies ist dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden.

23

Die Klägerin hat kein Wohneigentum in diesem Sinne erworben. Für eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums fehlt es an der erforderlichen Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach § 873 Abs. 1 BGB. Die mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 eingeleitete Verfügung über das Eigentum aufgrund einer Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über die Übertragung des Eigentums gemäß § 925 BGB (Auflassung) wurde im Streitfall nicht durch die Eintragung der Klägerin als neue Miteigentümerin in das Grundbuch abgeschlossen.

24

Soweit dies daran scheiterte, dass die für die Eintragungsbewilligung erforderliche Kaufpreiszahlung seitens der Klägerin und ihren Miterwerbern nie erfolgt ist, konnte die Käuferseite auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangen. So bestimmte der notarielle Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002, dass erst mit Zahlung des Kaufpreises über 194.290,91 € Gefahren, Nutzen und Lasten auf die Käufer übergehen sollten (Abschnitt 6 des Vertrages).

25

Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nummer 1 AO). Damit sind das Objekt und auch dessen Erträge und Kosten nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

26

Im Streitfall erfüllen die von der Klägerin angeführten Tatsachen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums die genannten Voraussetzungen nicht.

27

Die wirtschaftliche Sachherrschaft wurde zunächst nicht durch die Vereinbarungen zur Renovierung des Gebäudes begründet. Dass die rechtliche Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen wirtschaftlich ausgeschlossen gewesen sei, auch weil die Erwerber hierfür mindestens 35.000 € aufzuwenden gedachten, führte nicht zu ihrem wirtschaftlichem Eigentum. Damit war die zivilrechtliche Eigentümerin weder für die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes von der Einwirkung darauf ausgeschlossen, noch gingen Gefahren, Nutzen und Lasten hierdurch auf die Erwerber über. Auch eventuelle durch die Käufer geplante und in die Wege geleitete bauordnungsrechtliche Verfahren ändern hieran nichts.

28

Überdies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung einer monatlichen Zahlung eines Nutzungsentgeltes, und diese Zahlung wird seitens der Klägerin nicht bestritten, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin nach wie vor auch die Erträge des Grundstücks zufließen sollten.

29

Ebenso wenig ist ein wirtschaftliches Eigentum begründendes Besitzrecht im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB ersichtlich.

30

Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Sofern überhaupt, die Entscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts verneinen dies mangels eines nachgewiesenen substantiierten Vortrags der dortigen Beklagten, ein Besitzrecht durch eine Vereinbarung mit der Verkäuferin bestanden haben sollte, bezog sich dies in Anbetracht der eindeutigen Regelung des notariellen Kaufvertrages allenfalls darauf, vorab das Grundstück zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen in Besitz nehmen zu dürfen.

31

Auch die Vereinbarung der Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes oder Vereinbarungen zur teilweisen Stundung der Kaufpreiszahlung und darauf beruhende Zahlungen in Höhe von angeblich insgesamt 36.000 € in den Jahren 2003-2006 sowie der Zahlung von Grunderwerbsteuer begründeten kein dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechendes Besitzrecht der Erwerberseite. Dies gilt unabhängig davon, ob entsprechenden Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien formwirksame (§ 311 BGB) Änderungen des notariellen Kaufvertrages vom 27. Dezember 2002 zu Grunde gelegen haben. Im Ergebnis haben die Käufer bzw. die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ein derartiges Besitzrecht die Verkäuferin in rechtlich zulässiger Weise von der faktischen Einwirkung auf ihr Grundstück ausgeschlossen hätte.

32

Die Tatsache eines fehlenden Anschaffungsvorgangs durch Übertragung des Eigentums und damit das Fehlen einer Voraussetzung für die Förderung des Eigentumserwerbs war auch bereits bei Antragstellung im März 2004 gegeben gewesen. In Unkenntnis dieser Umstände hat der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage festgesetzt. Erst durch die beantragte Rückerstattung der für den vermeintlichen Anschaffungsvorgang geleisteten Grunderwerbsteuer im Jahr 2012 erhielt der Beklagte Kenntnis von dem gescheiterten Eigentumsübergang. Ihm ist die Tatsache daher nachträglich bekannt geworden.

33

Die nachträgliche Kenntnisnahme beruht auf Umständen, die in der Sphäre der Klägerin angelegt gewesen sind. So hat diese in ihrem Antrag auf Eigenheimzulage vom 17. März 2004 angegeben, dass gemäß einem notariellen Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten am gleichen Tage erfolgen sollte. In der geforderten Angabe zum Beginn der Eigennutzung gab die Klägerin den 1. Mai 2003 an. Die zunächst fehlenden Angaben bzw. Nachweise, wie Kaufvertrag, Anmeldebestätigung und Finanzierungs- und Zahlungsnachweis forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2004 an. Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie die Anmeldebestätigung der Gemeinde vor.

34

Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und steuerlichem Beraters eines weiteren Käufers, ihres Bruders, vom 9. August 2004 ergibt sich, dass das Problem der Finanzierung des Hauses in einem Gespräch am 2. Dezember 2003 an Amtsstelle bereits thematisiert worden war. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führt dazu aus, dass es im Januar 2004 den Käufern gelungen sei, die Finanzierung des Hauses zu erreichen. 2 Monate später sei dann der Antrag auf Eigenheimzulage gestellt worden.

35

Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage für 2003-2010 fest, ohne vom fehlenden Übergang des wirtschaftlichen oder rechtlichen Eigentums auf die Klägerin und die Miterwerber Kenntnis gehabt zu haben.

36

Die Festsetzung der Zulage beruhte auf dem Vertrauen des Beklagten, dass mit der angeblich sichergestellten Finanzierung die Zahlung des Kaufpreises gemäß den Regelungen des notariellen Vertrages ermöglicht wurde. Dass eine Zahlung nicht erfolgt ist bzw. von den Käufern geleistete Zahlungen nicht zu ihrer Eigentumsumschreibung im Grundbuch geführt haben, ist daher durch das Erklärungsverhalten der Klägerin und der Miterwerber dem Beklagten nicht bekannt geworden. Diesbezüglich hat die Klägerin den Beklagten bei Antragstellung und Festsetzung der Zulage getäuscht.

37

Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren stand eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel. Eine Bankfinanzierung scheiterte danach bereits in der Zeit unmittelbar nach dem notariellen Vertragsabschluss Ende Dezember 2002, wenn nicht bereits früher. Dies war den Käufern damals auch bekannt gewesen. Gleichwohl beantragte die Klägerin -ohne durch Kaufpreiszahlung eine Eigentumsübertragung bewirken zu können- die Eigenheimzulage.

38

Dabei gab sie im Antrag vom März 2004 unzutreffend an, dass Gefahren, Nutzen und Lasten am 27. Dezember 2002 übergegangen seien. Bereits hierdurch wurde versucht, den Beklagten über den nach wie vor nicht eingetretenen Übergang des (wirtschaftlichen) Eigentums zu täuschen.  Ebenso wurde er durch die unzutreffende Behauptung, eine Finanzierung stehe, darüber getäuscht, dass bis zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Eigentumsübergang erfolgt sein konnte.

39

Unmaßgeblich in diesem Zusammenhang ist das Schreiben der Verkäuferin vom 6. April 2004, da hierdurch die fehlende Kaufpreiszahlung für den Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten nicht ersetzt werden konnte. So wäre aufgrund einer im Schreiben behaupteten angeblichen internen Finanzierung oder eines Mitkaufes die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Voraussetzung bzw. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Eigenheimzulage war für den Beklagten allein der Eintritt eines Eigentumsübergangs gemäß den Regelungen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2002.

40

In den folgenden Jahren des Förderzeitraums ist ebenso wenig eine Kaufpreiszahlung  gemäß dem notariellen Vertrag erfolgt. Auch hierüber täuschte die Klägerin den Beklagten durch die weitere Vereinnahmung der jährlich geleisteten Zulagen. Weder die von den Rechtsnachfolger der Verkäuferin im März 2009 aufgestellte Forderung zur Leistung des Kaufpreises noch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 sowie des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 veranlassten die Klägerin zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten bezüglich des gescheiterten Eigentumsübergangs. Dabei hat die Klägerin insbesondere den deutlichen Hinweis des Oberlandesgerichtes in seinem Beschluss vom 10. November 2010 unter 1.3., dass die Eigenheimzulage zurückzuzahlen sei, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden sei, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Festsetzung durch den Beklagten zu veranlassen. Stattdessen wurde unter Ausnutzung des beim Beklagten fortbestehenden Irrtums über die fehlende Voraussetzung zur Gewährung der Eigenheimzulage ein unberechtigter Vorteil weiterhin in Anspruch genommen.

41

Unter Würdigung des gesamten bekannten Sachverhalts zur gescheiterten Abwicklung des Eigentumsübergangs kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass es sich dabei seitens der Klägerin und der übrigen Käufer um ein geplantes Vorgehen gehandelt hat, nach dem erst durch Vereinnahmung der Eigenheimzulage die Zahlungsverpflichtung teilweise erfüllt werden sollte.

42

Hierdurch kommt die Anwendung der auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zum Tragen. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der betreffenden Eigenheimzulagefestsetzungen nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 155 Abs. 4 AO, § 15 Abs. 1 S. 1 EigZulG vor, da innerhalb von 10 Jahren seit Antragstellung die Aufhebung mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 erfolgte.

43

Durch die Abgabe des Antrags auf Eigenheimzulage im Jahr 2004 begann gemäß § 170 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen. Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO betrug sie wegen der durch vorsätzlich falsche Angaben bewirkten Festsetzung 10 Jahre und lief somit bis zum Ablauf des Jahres 2014.

44

Soweit umstritten ist, ob die Vorschrift des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO, wonach bei einer Steuerhinterziehung die Festsetzungsfrist zehn Jahre beträgt, hier anzuwenden ist, folgt der Senat der dies bejahenden Auffassung.

45

Bei dem Eigenheimzulage-Betrug handelt es sich nicht um eine Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, weil die Eigenheimzulage keine Steuer ist (vgl. auch für eine entsprechende Anwendung für Investitionszulagen: Klein, AO, 9. Aufl., § 370 Textziffer 12 f., § 169 Textziffer 11). Eine Anwendbarkeit von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt auch nicht unmittelbar aus § 15 Abs. 2 EigZulG, weil es sich dabei um eine Zuständigkeitsvorschrift handelt. Aus § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, wonach für die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend gelten, folgt aber aus rechtssystematischen und teleologischen Gründen, dass das Erschleichen der Eigenheimzulage als vorsätzliche Straftat vom Unrechtsgehalt her ohne Weiteres mit einer Steuerhinterziehung i. S. des § 370 AO, einer Steuerhehlerei i. S. des § 71 AO oder dem ungerechtfertigten Erlangen einer Prämie oder Zulage vergleichbar ist.

46

Allerdings bildet der Normtext die Grenze für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift. Der Umstand, dass in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO der Subventionsbetrug nicht ausdrücklich erwähnt ist, hindert indes eine entsprechende Anwendung dieser Regelung auf den Fall des Subventionsbetruges nicht, da die gebotene Gleichbewertung von Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug (s. auch § 15 Abs. 2 EigZulG) eine Wertungslücke im Anwendungsbereich der sogenannten langen Festsetzungsverjährung aufzeigt und deshalb aus Gründen der Sachgerechtigkeit eine korrigierende Ergänzung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO erfordert. Weiterhin kann der Bezugnahme in § 15 Abs. 1 EigZulG auf die entsprechende Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung eine zumindest stillschweigende Verweisung auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Falle des Eigenheimzulage-Betruges entnommen werden (vgl. auch BFH Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827 für die Investitionszulage).

47

Dem steht das aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) abgeleitete Analogieverbot nicht entgegen, weil es im Streitfall nicht um die Begründung eines neuen materiell-rechtlichen Steuertatbestandes geht, sondern um die entsprechende Anwendung einer Verfahrensvorschrift. Auch die Erkenntnis, dass Vorschriften des formellen Rechts einen materiell-rechtlichen Charakter haben können (siehe z. B. Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 84 Textziffer 4 a zu den sogenannten doppelgesichtigen Normen), führt zu keinem anderen Ergebnis, da § 169 Abs. 2 Satz 2 AO eine formale Regelung darstellt; jedenfalls ist eine analoge Anwendung von Vorschriften des Verjährungsrechts nicht ausgeschlossen (siehe z. B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., Überblick vor § 194 Textziffer 12 m. N.).

48

Nach alledem handelt es sich nicht um die Neuschöpfung oder Erweiterung eines materiell-rechtlichen Steuertatbestandes, sondern um die Konkretisierung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO durch Ausfüllung einer sicher erkennbaren Wertungslücke, so dass keine unzulässige Analogie vorliegt (vgl. allgemein dazu etwa Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Auflage, § 4 Textziffer 184 ff., 192). Unter Berücksichtigung dessen ist das auch im Steuerrecht geltende Bestimmtheitsgebot (siehe dazu etwa Jarass/Pieroth, a. a. O., Artikel 20, Textziffer 57 f.) nicht verletzt, zumal der Richter nicht nur an das Gesetz, sondern auch an das Recht gebunden ist (Art. 20 Absatz 3 GG).

49

Aus diesen Gründen ist an der auf den vorliegenden Streitfall übertragbaren Rechtsprechung des BFH festzuhalten, wonach aus der im Investitionszulagegesetz - ebenfalls - vorgeschriebenen entsprechenden Anwendung der für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung die Anwendbarkeit der langen Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO folgt (vgl. das Urteil vom 28. August 1997 III R 3/94, Bundessteuerblatt II 1997, 827).

50

Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Aufhebungsbescheides folgen ferner nicht aus der in der Literatur vertretenen Gegenmeinung, die eine Verlängerung der Festsetzungsfrist für den Subventionsbetrug ablehnt (siehe z. B. Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage, § 169 Textziffer 60 m. N.). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, da sie sich mit dem Problem der Wertungslücke nicht bzw. nicht überzeugend auseinandersetzt.

51

Der Senat sieht hiermit den Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Erlangung ungerechtfertigter Vergütungen als erfüllt an (so auch direkt im Sinne einer Steuerhinterziehung und nicht eines Subventionsbetruges: Wacker, Kommentar zum Eigenheimzulagegesetz, 3. Auflage § 11 Tz. 21). Damit sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 EigzulG die für Steuerverkürzung geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden (zum Ganzen Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2009 11 V 11151/09, EFG 2010, 4).

52

Der Beklagte konnte daher noch im Jahr 2012 mit Wirkung ab dem Förderzeitraum 2003 die gegenüber der Klägerin erfolgte Festsetzung der Eigenheim- und Kinderzulage aufheben.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014  2 K 1287/13 aufgehoben.

Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wird aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Bewilligung von Eigenheimzulage aufheben durfte.

2

Im Dezember 2002 kaufte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gemeinsam mit ihrem Bruder, ihrer Mutter und deren Adoptivsohn zu je ein Viertel ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Im Januar 2003 wurde zugunsten der Erwerber eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Drei Monate danach war der Kaufpreis fällig. Gefahr, Nutzen und Lasten sollten erst mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises auf die Erwerber übergehen. Die Erwerber zahlten den Kaufpreis jedoch nicht.

3

Gleichwohl zog die Klägerin im Mai 2003 in das Haus ein. Im Einvernehmen mit der Verkäuferin zahlten die Erwerber monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. deren Söhne als Rechtsnachfolger.

4

Im März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003. Zur Begründung gab sie an, das Grundstück zu einem Viertel erworben zu haben. Besitz, Nutzungen und Lasten seien am 27. Dezember 2002 übergegangen; das Gebäude werde seit dem 1. Mai 2003 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das FA forderte daraufhin von der Klägerin die Vorlage des Kaufvertrags, den Nachweis über die Kaufpreiszahlung, einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie die Finanzierungsunterlagen. Die Klägerin legte lediglich den Kaufvertrag und eine Meldebestätigung über ihren Einzug zum 1. Mai 2003 vor. Ohne Rücksicht auf die Unvollständigkeit der Antwort bewilligte das FA die Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2010 (Bescheid vom 6. Juli 2004).

5

Im Juli 2012 erhielt das FA Kenntnis davon, dass der Eigentumsübergang nicht in das Grundbuch eingetragen und der Kauf rückgängig gemacht worden sei. Die Rechtsnachfolger der Verkäuferin hatten im April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und die Rückabwicklung gerichtlich durchgesetzt.

6

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte die empfangenen Leistungen von der Klägerin zurück.

7

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin habe das FA getäuscht und sich dadurch des vorsätzlichen Subventionsbetrugs schuldig gemacht. Die Festsetzungsfrist betrage deshalb zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--) und sei bei Aufhebung des Bewilligungsbescheids noch nicht abgelaufen gewesen. Die Aufhebungsbefugnis ergebe sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis), sondern aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (nachträglich bekannt gewordene Tatsachen).

8

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil sowie den Aufhebungsbescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abgelaufen.

12

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin den Fördertatbestand erfüllt und möglicherweise zumindest vorübergehend wirtschaftliches Eigentum an dem von ihr bewohnten Haus erlangt hat. Das FA war schon aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, den Bescheid vom 6. Juli 2004 im Oktober 2012 aufzuheben, denn die Festsetzungsfrist war bereits abgelaufen.

13

a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sind auf die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Wird eine Steuer oder Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs. 3 AO).

14

b) Nach diesen gesetzlichen Maßstäben begann die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, denn in diesem Jahr hat die Klägerin den nach § 12 Abs. 1 EigZulG erforderlichen Antrag gestellt.

15

c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Klägerin, wie das FG meint, einen vorsätzlichen Subventionsbetrug begangen oder ob sie lediglich wahrheitsgemäß aber unvollständig (wie sie meint) auf das Aufklärungsschreiben des FA geantwortet und dadurch nicht getäuscht, sondern vielmehr die Ablehnung ihres Antrags in Kauf genommen hat. Nach der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Erschleichen der Investitionszulage keine "Steuerhinterziehung" i.S. von § 71 AO (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2013 III R 25/10, BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist das Erschleichen der Eigenheimzulage ebenfalls keine Steuerhinterziehung i.S. von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Vorschrift ist deshalb weder aufgrund der Globalverweisung auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG) noch aufgrund der Zuständigkeitsnorm in § 15 Abs. 2 EigZulG anwendbar (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Ob eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich (bei § 169 Abs. 2 Satz 2 wie bei § 71 AO) mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2013 VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, m.w.N.). Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 des Strafgesetzbuchs. Dies zu ändern, wäre Aufgabe des Gesetzgebers.

16

d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, die Klage begründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach den Feststellungen des FG lief die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2008 ab. Der Bescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 verstößt gegen § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Er wird ersatzlos aufgehoben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Damit entfällt zugleich der Rückforderungsanspruch (§ 14 EigZulG).

17

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist.

(1) Die Eigenheimzulage wird für das Jahr, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen, und die folgenden Jahre des Förderzeitraums von dem für die Besteuerung des Anspruchsberechtigten nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt festgesetzt. Für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 und die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2 sind die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken maßgeblich. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage erst zu einem späteren Zeitpunkt vor, sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt maßgeblich. Die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage endet nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer der nach § 5 maßgebenden Jahre. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach Satz 4 hinausgeschoben, verlängert sich die Festsetzungsfrist für die folgenden Jahre des Förderzeitraums um die gleiche Zeit.

(2) Haben sich die Verhältnisse für die Höhe des Fördergrundbetrags nach § 9 Abs. 2 oder die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Satz 1 und 2, die bei der zuletzt festgesetzten Eigenheimzulage zugrunde gelegt worden sind, geändert, ist die Eigenheimzulage neu festzusetzen (Neufestsetzung). Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, für das sich die Abweichung bei der Eigenheimzulage ergibt.

(3) Entfallen die Voraussetzungen nach den §§ 1, 2, 4 und 6 während eines Jahres des Förderzeitraums und kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nicht mehr in Anspruch nehmen, ist die Festsetzung mit Wirkung ab dem folgenden Kalenderjahr aufzuheben. Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erneut vor, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.

(4) Der Bescheid über die Festsetzung der Eigenheimzulage ist aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Summe der positiven Einkünfte in den nach § 5 maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze über- oder unterschreitet.

(5) Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Neufestsetzung oder durch Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden. Neu festgesetzt wird mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Aufhebung oder einer Neufestsetzung zuungunsten des Anspruchsberechtigten jedoch frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem das Finanzamt aufhebt oder neu festsetzt. Bei der Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für ein Kalenderjahr, das nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes beginnt.

(6) Sind mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung, kann die Bemessungsgrundlage nach § 8 und § 9 Abs. 3 gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die für die gesonderte Feststellung von Einkünften nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a der Abgabenordnung geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. Bei Ehegatten, die gemeinsam Eigentümer einer Wohnung sind, ist die Festsetzung der Zulage für Jahre des Förderzeitraums, in denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen, zusammen durchzuführen. Die Eigenheimzulage ist neu festzusetzen, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes während des Förderzeitraums entfallen oder eintreten.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für § 163 der Abgabenordnung. In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden ist der Finanzrechtsweg gegeben.

(2) Für die Verfolgung einer Straftat nach § 263 des Strafgesetzbuches, die sich auf die Eigenheimzulage bezieht, sowie die Begünstigung einer Person, die eine solche Straftat begangen hat, gelten die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verfolgung von Steuerstraftaten entsprechend.

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014  2 K 1287/13 aufgehoben.

Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wird aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Bewilligung von Eigenheimzulage aufheben durfte.

2

Im Dezember 2002 kaufte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gemeinsam mit ihrem Bruder, ihrer Mutter und deren Adoptivsohn zu je ein Viertel ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Im Januar 2003 wurde zugunsten der Erwerber eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Drei Monate danach war der Kaufpreis fällig. Gefahr, Nutzen und Lasten sollten erst mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises auf die Erwerber übergehen. Die Erwerber zahlten den Kaufpreis jedoch nicht.

3

Gleichwohl zog die Klägerin im Mai 2003 in das Haus ein. Im Einvernehmen mit der Verkäuferin zahlten die Erwerber monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. deren Söhne als Rechtsnachfolger.

4

Im März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003. Zur Begründung gab sie an, das Grundstück zu einem Viertel erworben zu haben. Besitz, Nutzungen und Lasten seien am 27. Dezember 2002 übergegangen; das Gebäude werde seit dem 1. Mai 2003 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das FA forderte daraufhin von der Klägerin die Vorlage des Kaufvertrags, den Nachweis über die Kaufpreiszahlung, einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie die Finanzierungsunterlagen. Die Klägerin legte lediglich den Kaufvertrag und eine Meldebestätigung über ihren Einzug zum 1. Mai 2003 vor. Ohne Rücksicht auf die Unvollständigkeit der Antwort bewilligte das FA die Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2010 (Bescheid vom 6. Juli 2004).

5

Im Juli 2012 erhielt das FA Kenntnis davon, dass der Eigentumsübergang nicht in das Grundbuch eingetragen und der Kauf rückgängig gemacht worden sei. Die Rechtsnachfolger der Verkäuferin hatten im April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und die Rückabwicklung gerichtlich durchgesetzt.

6

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte die empfangenen Leistungen von der Klägerin zurück.

7

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin habe das FA getäuscht und sich dadurch des vorsätzlichen Subventionsbetrugs schuldig gemacht. Die Festsetzungsfrist betrage deshalb zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--) und sei bei Aufhebung des Bewilligungsbescheids noch nicht abgelaufen gewesen. Die Aufhebungsbefugnis ergebe sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis), sondern aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (nachträglich bekannt gewordene Tatsachen).

8

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

9

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil sowie den Aufhebungsbescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abgelaufen.

12

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin den Fördertatbestand erfüllt und möglicherweise zumindest vorübergehend wirtschaftliches Eigentum an dem von ihr bewohnten Haus erlangt hat. Das FA war schon aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, den Bescheid vom 6. Juli 2004 im Oktober 2012 aufzuheben, denn die Festsetzungsfrist war bereits abgelaufen.

13

a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sind auf die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Wird eine Steuer oder Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs. 3 AO).

14

b) Nach diesen gesetzlichen Maßstäben begann die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, denn in diesem Jahr hat die Klägerin den nach § 12 Abs. 1 EigZulG erforderlichen Antrag gestellt.

15

c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Klägerin, wie das FG meint, einen vorsätzlichen Subventionsbetrug begangen oder ob sie lediglich wahrheitsgemäß aber unvollständig (wie sie meint) auf das Aufklärungsschreiben des FA geantwortet und dadurch nicht getäuscht, sondern vielmehr die Ablehnung ihres Antrags in Kauf genommen hat. Nach der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Erschleichen der Investitionszulage keine "Steuerhinterziehung" i.S. von § 71 AO (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2013 III R 25/10, BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist das Erschleichen der Eigenheimzulage ebenfalls keine Steuerhinterziehung i.S. von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Vorschrift ist deshalb weder aufgrund der Globalverweisung auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG) noch aufgrund der Zuständigkeitsnorm in § 15 Abs. 2 EigZulG anwendbar (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Ob eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich (bei § 169 Abs. 2 Satz 2 wie bei § 71 AO) mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2013 VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, m.w.N.). Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 des Strafgesetzbuchs. Dies zu ändern, wäre Aufgabe des Gesetzgebers.

16

d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, die Klage begründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach den Feststellungen des FG lief die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2008 ab. Der Bescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 verstößt gegen § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Er wird ersatzlos aufgehoben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Damit entfällt zugleich der Rückforderungsanspruch (§ 14 EigZulG).

17

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für § 163 der Abgabenordnung. In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden ist der Finanzrechtsweg gegeben.

(2) Für die Verfolgung einer Straftat nach § 263 des Strafgesetzbuches, die sich auf die Eigenheimzulage bezieht, sowie die Begünstigung einer Person, die eine solche Straftat begangen hat, gelten die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verfolgung von Steuerstraftaten entsprechend.

(1) Die Steuern werden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt. Steuerbescheid ist der nach § 122 Abs. 1 bekannt gegebene Verwaltungsakt. Dies gilt auch für die volle oder teilweise Freistellung von einer Steuer und für die Ablehnung eines Antrags auf Steuerfestsetzung.

(2) Ein Steuerbescheid kann erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde.

(3) Schulden mehrere Steuerpflichtige eine Steuer als Gesamtschuldner, so können gegen sie zusammengefasste Steuerbescheide ergehen. Mit zusammengefassten Steuerbescheiden können Verwaltungsakte über steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche, auf die dieses Gesetz anzuwenden ist, gegen einen oder mehrere der Steuerpflichtigen verbunden werden. Das gilt auch dann, wenn festgesetzte Steuern, steuerliche Nebenleistungen oder sonstige Ansprüche nach dem zwischen den Steuerpflichtigen bestehenden Rechtsverhältnis nicht von allen Beteiligten zu tragen sind.

(4) Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen und der Angaben des Steuerpflichtigen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, berichtigen, zurücknehmen, widerrufen, aufheben oder ändern, soweit kein Anlass dazu besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. Das gilt auch

1.
für den Erlass, die Berichtigung, die Rücknahme, den Widerruf, die Aufhebung und die Änderung von mit den Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen verbundenen Verwaltungsakten sowie,
2.
wenn die Steuerfestsetzungen sowie Anrechnungen von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen mit Nebenbestimmungen nach § 120 versehen oder verbunden werden, soweit dies durch eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen oder der obersten Landesfinanzbehörden allgemein angeordnet ist.
Ein Anlass zur Bearbeitung durch Amtsträger liegt insbesondere vor, soweit der Steuerpflichtige in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung Angaben im Sinne des § 150 Absatz 7 gemacht hat. Bei vollständig automationsgestütztem Erlass eines Verwaltungsakts gilt die Willensbildung über seinen Erlass und über seine Bekanntgabe im Zeitpunkt des Abschlusses der maschinellen Verarbeitung als abgeschlossen.

(5) Die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sind auf die Festsetzung einer Steuervergütung sinngemäß anzuwenden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Begünstigt ist die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus oder einer im Inland belegenen eigenen Eigentumswohnung. Nicht begünstigt ist eine Ferien- oder Wochenendwohnung oder eine Wohnung, für die Absetzungen für Abnutzung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung abgezogen werden oder § 52 Abs. 15 Satz 2 oder 3 oder Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes gilt. Nicht begünstigt sind auch eine Wohnung oder ein Anteil daran, die der Anspruchsberechtigte von seinem Ehegatten anschafft, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Anschaffung die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen.

(1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechts ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Vor der Eintragung sind die Beteiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat.

(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan erklärt werden.

(2) Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.

(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:

1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen.
2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

(1) Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.

(2) Der Besitzer einer Sache, die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden ist, kann dem neuen Eigentümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2005 bis 2007 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger war einer von sieben Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. Sechs der Geschäftsführer hatten von der GmbH eine Pensionszusage erhalten, der siebente nicht. Zwischen den Beteiligten ist in materiell-rechtlicher Hinsicht unstreitig, dass beim Kläger im Rahmen des Abzugs der Vorsorgeaufwendungen der Vorwegabzug (§ 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- in der bis 2004 geltenden Fassung, die im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG in der ab 2005 geltenden Fassung auch in den Streitjahren weiter anzuwenden ist) zu kürzen ist, weil die GmbH nicht sämtlichen Gesellschaftern eine Pensionszusage erteilt hat.

2

Bei der Einkommensteuerveranlagung für das den Streitjahren vorangehende Jahr (2004) nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zunächst --erklärungsgemäß-- eine Kürzung des Vorwegabzugs vor. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen u.a. vor: "Der Einspruch richtet sich gegen die Kürzung des Vorwegabzugs des Gesellschafter-Geschäftsführers Herrn . Herr ... ist Mitgesellschafter bei der ...-GmbH und von der Sozialversicherung befreit. Die ...-GmbH hat den Gesellschafter-Geschäftsführern jeweils eine Altersvorsorge (Pensionszusage) in gleicher Höhe ausgesprochen. Nach den neuesten Rechtsprechungen des BFH bezahlt somit der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Vorsorgeaufwendungen selbst, da dieser auf Gewinnausschüttungen verzichtet. Dies gilt auch für Mehr-Personen-Kapitalgesellschaften."

3

Die für die Einkommensteuerveranlagung zuständige Sachbearbeiterin des FA (S) vermerkte aufgrund einer Anfrage bei der Körperschaftsteuerstelle in den Akten, dass es sich um sieben mit jeweils 14,29 % beteiligte Gesellschafter handele, die gleichberechtigte Geschäftsführer seien. Sie forderte die Kläger auf, "Nachweise über die Gesellschafter-Geschäftsführer-Regelung" sowie eine "Berechnung der Altersvorsorge aller Gesellschafter" einzureichen. Die Kläger übersandten daraufhin die sechs bestehenden Pensionszusagen. Anschließend vermerkte S in den Akten: "Alle denselben Vertrag --> Urteil ist anzuwenden" und half dem Einspruch ab, indem sie den ungekürzten Vorwegabzug gewährte.

4

In der Folgezeit gaben die Kläger ihre Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2007 ab. In der Rubrik "Es bestand keine gesetzliche Rentenversicherungspflicht aus ... der Tätigkeit als ... Gesellschafter-Geschäftsführer" kreuzten sie jeweils die Antwort "Nein" an. Das FA sah für die Streitjahre von einer Kürzung des Vorwegabzugs ab. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide ergingen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

5

Im Anschluss an eine im Oktober 2009 bei der GmbH durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung teilte der Prüfer dem Veranlagungsbezirk mit, dass der siebente Geschäftsführer keine Pensionszusage erhalten hatte. Das FA erließ daraufhin die angefochtenen, auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheide für 2005 bis 2007, in denen es nunmehr den Vorwegabzug kürzte.

6

Einspruch und Klage blieben in diesem Punkt ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO seien erfüllt. Der S sei weder beim Erlass des Abhilfebescheids für 2004 noch beim Erlass der ursprünglichen Bescheide für die Streitjahre 2005 bis 2007 bekannt gewesen, dass einer der Geschäftsführer keine Pensionszusage erhalten hatte. Das FA sei auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an einer Änderung der Bescheide gehindert. Zwar habe S ihre Ermittlungspflichten verletzt, weil sie --entgegen einer einschlägigen Verwaltungsanweisung-- nicht darauf bestanden habe, dass auch eine Berechnung der Anwartschaftsbarwerte vorgelegt werde, und zudem dem offensichtlichen Widerspruch zwischen der Zahl der Gesellschafter-Geschäftsführer und der (geringeren) Zahl der vorgelegten Pensionszusagen nicht nachgegangen sei. Jedoch hätten die Kläger ihre Mitwirkungspflichten gleich mehrfach verletzt. Zum einen hätten sie dem FA im Einspruchsschreiben einen objektiv unzutreffenden Sachverhalt unterbreitet, indem sie erklärt hätten, die Gesellschafter-Geschäftsführer hätten jeweils eine Pensionszusage in gleicher Höhe erhalten. Zum anderen hätten sie bei Übersendung der sechs Pensionszusagen nicht kenntlich gemacht, dass ein weiterer Gesellschafter-Geschäftsführer vorhanden sei, der gerade keine Pensionszusage erhalten habe. In der Abwägung der jeweiligen Pflichtverletzungen zeige sich jedenfalls kein deutliches Überwiegen der Ermittlungspflichtverletzung des FA, was aber Voraussetzung für eine auf die Grundsätze von Treu und Glauben gestützte Nichtanwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wäre.

7

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz, greifbarer Gesetzwidrigkeit der Vorentscheidung sowie Verfahrensmängeln.

8

Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.

10

1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

11

Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (Senatsbeschluss vom 18. Januar 2011 X B 34/10, BFH/NV 2011, 813, unter 1.c, m.w.N.). Daran fehlt es.

12

a) Die Kläger entnehmen dem angefochtenen Urteil den Rechtssatz, ein Steuerpflichtiger verletzte seine Mitwirkungspflicht "in erheblichem Maße", wenn sein Steuerberater im Einspruchsverfahren ohne Ermittlung des Sachverhalts objektiv unzutreffend vortrage und den Sachverhalt während des anschließend mit dem FA geführten Schriftwechsels nicht erneut prüfe, so dass dem Einspruch mit einem fehlerhaften Abhilfebescheid stattgegeben werde. Dem stehe nicht entgegen, dass auch das FA seine Ermittlungspflicht verletzt habe, indem es eine einschlägige Verwaltungsanweisung nicht beachtet, einen offensichtlichen Widerspruch im Einspruchsvorbringen nicht aufgeklärt und entscheidungserhebliche Unterlagen nicht erneut angefordert habe, obwohl die Streitfrage einen Ausnahmetatbestand betreffe, der per se höhere Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht stelle.

13

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel daran, ob es sich hierbei --was für die Darlegung einer Divergenz erforderlich wäre-- um einen "Rechtssatz" handelt oder nicht vielmehr um eine Würdigung des konkreten Einzelfalls durch das FG, die von vornherein nicht Gegenstand einer Divergenz sein könnte (vgl. zur Unbeachtlichkeit bloßer Subsumtionsfehler Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 X B 183/09, BFH/NV 2010, 2077).

14

Im Übrigen enthält das FG-Urteil weder die von den Klägern behauptete Aussage, sie hätten ihre Mitwirkungspflicht "in erheblichem Maße" verletzt, noch die Wertung, die Streitfrage habe einen Ausnahmetatbestand betroffen, der höhere Anforderungen an die Amtsermittlungspflicht stelle. Dabei handelt es sich vielmehr um Interpretationen der Kläger, die im angefochtenen Urteil keine Grundlage haben.

15

Letztlich können die Zweifel an der Divergenzfähigkeit der Aussagen, die die Kläger dem angefochtenen Urteil entnehmen, aber dahinstehen, da tatsächlich zu keinem der Zitate, die die Kläger aus den vermeintlichen Divergenzentscheidungen anführen, eine Abweichung in rechtlicher Hinsicht gegeben ist.

16

b) Dies gilt zunächst, soweit die Kläger sich auf Entscheidungen berufen, in denen die jeweiligen Gerichte bereits keine Verletzung von Mitwirkungspflichten auf Seiten des Steuerpflichtigen hatten feststellen können (Urteil des FG München vom 16. Juni 1982 IX 187/80 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1983, 55; Urteil des FG Düsseldorf vom 18. Dezember 1998  11 K 9757/97 E, EFG 1999, 260, unter 3.; Urteil des FG Bremen vom 13. Oktober 1999 499108, K 3, EFG 2000, 175, Revision gemäß § 126a FGO als unbegründet zurückgewiesen durch nicht veröffentlichten Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Mai 2002 XI R 73/00; BFH-Urteil vom 3. Juli 2002 XI R 17/01, BFH/NV 2003, 137; Urteil des Hessischen FG vom 3. April 2008  5 K 1766/05, juris; Urteil des FG München vom 26. Juni 2009  8 K 1338/07, EFG 2009, 1995, unter II.1.3., Revision als unbegründet zurückgewiesen durch BFH-Urteil vom 8. Dezember 2011 VI R 49/09, BFH/NV 2012, 692; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 22. Februar 2011  3 K 2208/08, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2011, 1150, unter 2.c). Denn vorliegend hat das FG --auch nach dem von den Klägern gebildeten "Rechtssatz"-- ausdrücklich sowohl eine Verletzung von Mitwirkungspflichten der Kläger als auch der Ermittlungspflichten des FA festgestellt.

17

c) Eine Divergenz zum BFH-Urteil vom 15. November 1974 VI R 58/72 (BFHE 114, 318, BStBl II 1975, 369) liegt ebenfalls nicht vor. Zwar betraf diese Entscheidung einen Fall, in dem neben einer Ermittlungspflichtverletzung des FA auch eine Verletzung von Mitwirkungspflichten auf Seiten des Steuerpflichtigen gegeben war. Der dortige Steuerpflichtige hatte im Rahmen der Geltendmachung von Beiträgen an Bausparkassen als Sonderausgaben --durch Nichtankreuzen des entsprechenden Verneinungs-Feldes-- erklärt, für diese Beiträge auch eine Wohnungsbau- bzw. Sparprämie beantragt zu haben. Bereits diese Erklärung hätte den Sonderausgabenabzug der Beiträge aufgrund des seinerzeit geltenden Verbots der Doppelförderung ausgeschlossen. Die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen bestand allein darin, dass er die weiteren im Erklärungsvordruck enthaltenen Fragen, ob es sich um eine Wohnungsbau- oder Sparprämie handelte und bei welchem Institut die Anlage getätigt worden sei, nicht beantwortet hatte. Damit ist der vorliegende Sachverhalt, in dem die Kläger dem FA objektiv falsche Angaben unterbreitet haben, nicht vergleichbar.

18

In dem Fall, der dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20. April 2009  8 K 360/09 (EFG 2009, 1174, Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen durch BFH-Beschluss vom 10. November 2009 VI B 54/09, BFH/NV 2010, 602) zugrunde lag, hat das FG den dortigen Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Steuerpflichtige zwar anfänglich seine Mitwirkungspflichten verletzt habe, dieser Pflichtenverstoß jedoch durch eine vollständige und wahrheitsgemäße Offenlegung der für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen im weiteren Verlauf des Verfahrens geheilt worden sei. Zu einer solchen Offenlegung ist es vorliegend aber nie gekommen.

19

Im Beschluss des FG Düsseldorf vom 25. November 1997  11 V 7605/97 A (E) (EFG 1998, 527) wurde der dort zu beurteilende Sachverhalt --im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung-- dahingehend gewürdigt, dass eine "mögliche Mitwirkungspflichtverletzung" durch die Verletzung der dem FA obliegenden Ermittlungspflichten deutlich überwogen werde. Dem dortigen Steuerpflichtigen waren indes keine Falschangaben zur Last zu legen; er hatte lediglich die für die rechtliche Beurteilung einer Abfindung maßgebenden Verträge nicht von sich aus vorgelegt.

20

d) Der Rechtssatz, den die Kläger dem BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03 (BFHE 206, 303, BStBl II 2004, 911) entnehmen, weist keinen Bezug zu dem Rechtssatz auf, den sie aus dem angefochtenen Urteil abgeleitet haben.

21

2. Die Revision ist auch nicht deshalb zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil das finanzgerichtliche Urteil unter einem schwerwiegenden Rechtsfehler leiden würde.

22

a) Wenn auch eine allgemeingültige Definition derartiger Fehler von der Rechtsprechung noch nicht entwickelt worden ist, liegen diese Voraussetzungen jedenfalls dann vor, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar --d.h. greifbar gesetzwidrig-- ist und das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wieder hergestellt werden kann (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen (Senatsbeschlüsse vom 25. Februar 2009 X B 121/08, BFH/NV 2009, 890, unter 3., und vom 5. Mai 2011 X B 155/10, BFH/NV 2011, 1294, unter II.2.).

23

b) Daran fehlt es. Das FG hat alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gewürdigt und seiner Entscheidung darüber hinaus die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt, wonach die Änderung eines Bescheids nach dieser Vorschrift in Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeschlossen ist, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann (BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 XI R 58/05, BFHE 214, 319, BStBl II 2006, 835). In Fällen beiderseitiger Pflichtverletzungen scheidet eine Änderungsmöglichkeit allerdings aus, wenn der Verstoß des FA deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BFHE 156, 339, BStBl II 1989, 585, unter II.6.).

24

c) Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger in ihrem Einspruchsschreiben eine objektiv unzutreffende Sachverhaltsdarstellung abgegeben und diese auch im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens nicht korrigiert. Auf dieser Grundlage ist die Würdigung des FG, dass die festgestellten Ermittlungspflichtverletzungen des FA die Verstöße des Steuerpflichtigen gegen dessen Mitwirkungspflichten jedenfalls nicht deutlich überwiegen, nicht greifbar gesetzwidrig, sondern im Gegenteil ausgesprochen naheliegend.

25

Das --aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleitende und daher einen Ausnahmetatbestand darstellende-- Änderungsverbot bewirkt, dass das FA trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO an einer Erhöhung der Steuerfestsetzung gehindert ist. Bei Zugrundelegung der Grundsätze von Treu und Glauben kann der Steuerpflichtige seine verfahrensrechtliche Position aber nicht dadurch verbessern, dass er das Einspruchsschreiben durch einen Steuerberater fertigen lässt und der Steuerberater die weitere Bearbeitung des Einspruchsverfahrens seinem Büropersonal überträgt.

26

Letztlich erschöpft sich die Beschwerdebegründung --trotz vordergründiger Heranziehung der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO-- darin, die Sachverhaltswürdigung des FG anzugreifen, indem die Kläger ihre eigene Mitwirkungspflichtverletzung negieren bzw. als unbedeutend darzustellen versuchen, während sie die Ermittlungspflichtverletzungen des FA als gravierend werten. Mit derartigen materiell-rechtlichen Einwendungen kann die Zulassung der Revision indes nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39).

27

3. Soweit die Beschwerde als Verfahrensmangel rügt, das FG habe eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen, fehlt es an Darlegungen dazu, welche Beweise das FG in welcher Weise gewürdigt haben soll und welche Beweise es zusätzlich hätte erheben müssen.

28

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt nicht für § 163 der Abgabenordnung. In öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden ist der Finanzrechtsweg gegeben.

(2) Für die Verfolgung einer Straftat nach § 263 des Strafgesetzbuches, die sich auf die Eigenheimzulage bezieht, sowie die Begünstigung einer Person, die eine solche Straftat begangen hat, gelten die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verfolgung von Steuerstraftaten entsprechend.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht mit Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), Eheleute mit Wohnsitz im Inland, begehren für ihr auf …, Spanien, gelegenes Wohnobjekt Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002.

2

Das Objekt wurde im Jahr 2001 angeschafft und wird von den Klägern selbst genutzt. Am 1. Juli 2008 beantragten sie bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Januar 2008 C-152/05 Kommission/ Deutschland (Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326) Eigenheimzulage ab dem Jahr 2001. Das FA setzte mit Bescheid vom 18. September 2008 die Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 in Höhe von jährlich 2.556,46 € fest und wies den Antrag im Übrigen wegen Festsetzungsverjährung ab. Der Einspruch blieb erfolglos.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage auf Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002 mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 299 veröffentlichten Urteil ab. Ob dem Grunde nach ein Anspruch auf Eigenheimzulage für das in Spanien belegene Objekt bestehe, könne dahinstehen, weil für die Streitjahre Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Durchbrechung der nationalen Verfahrensvorschriften wäre selbst bei Europarechtswidrigkeit der materiellen Regelung nicht veranlasst.

4

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung rügen.

5

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002 festzusetzen.

6

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen, denn sie ist unbegründet.

8

1. Eigenheimzulage kann für eine im Ausland belegene Zweitwohnung eines im Inland gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt Steuerpflichtigen schon der Sache nach nicht beansprucht werden. Wie der Senat im Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 20/09 BFHE 231, 480 entschieden hat, ist es in dieser Fallkonstellation --anders als in den der Entscheidung des EuGH Kommission/ Deutschland in Slg. 2008, I-39, BStBl II 2008, 326 zugrundeliegenden Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 und 3 EStG unionsrechtlich nicht geboten, das Tatbestandsmerkmal der Inlandsbelegenheit in § 2 Abs. 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) unangewendet zu lassen.

9

2. Im Übrigen ist das FG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern schon deshalb kein Anspruch auf Eigenheimzulage für die Streitjahre 2001 und 2002 zusteht, weil ein solcher Anspruch verjährt ist.

10

a) Nach § 15 Abs. 1 EigZulG sind für die Festsetzung der Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, so dass gemäß § 155 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß heranzuziehen sind. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des FG war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 1. Juli 2008 Festsetzungsverjährung für die Streitjahre 2001 und 2002 eingetreten. Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist grundsätzlich vier Jahre, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Eigenheimzulage entsteht nach § 10 EigZulG mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung und für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das Eigenheimzulage festzusetzen ist. Damit endete die Festsetzungsfrist aufgrund der bindenden Feststellungen des FG zum Beginn der Nutzung nach § 170 Abs. 1 AO für die Eigenheimzulage 2001 am 31. Dezember 2006 und für die Eigenheimzulage 2002 am 31. Dezember 2007. Mangels Europarechtswidrigkeit von § 2 Abs. 1 EigZulG in der im Streitfall vorliegenden Fallgestaltung ist das einschlägige Verfahrensrecht schon vom Ansatz her nicht außer Acht zu lassen.

11

b) Im Übrigen könnte selbst die von den Klägern behauptete Europarechtswidrigkeit der materiellen Anspruchsnorm keine Abweichung von den Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung rechtfertigen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Urteile des EuGH grundsätzlich keinen Einfluss auf den Ablauf von Festsetzungsfristen oder die Bestandskraft von Steuerbescheiden haben (vgl. BFH-Urteile vom 8. Juli 2009 XI R 41/08, BFH/NV 2010, 1; vom 23. November 2006 V R 51/05, BFHE 216, 350, BStBl II 2007, 433; V R 67/05, BFHE 216, 357, BStBl II 2007, 436, und V R 28/05, BFH/NV 2007, 872; EuGH-Urteil vom 28. November 2000 C-88/99, Roquette Frères, Slg. 2000, I-10465). Anhaltspunkte für einen dem EuGH-Urteil vom 25. Juli 1991 C-208/90, Emmott (Slg. 1991, I-4269) vergleichbaren Sonderfall sind nicht ersichtlich.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.


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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.