Finanzgericht Nürnberg Urteil, 30. Apr. 2014 - 5 K 531/13

bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Der Aufhebungsbescheid vom 07.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2013 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Söhne der Klägerin ab November 2012.

Die Klägerin, deutsche Staatsangehörige griechischer Abstammung, ist in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin und hat zusammen mit ihrem ehemaligen Ehemann M zwei Söhne, A, geboren am xx.xx.1996, und B, geboren am xx.xx.2001. Die Familie lebte zunächst in X, wo die Eheleute gemeinsam eine Rechtsanwaltskanzlei führten. Das Kindergeld erhielt M, der im Jahr 2009 eine Professur an der Hochschule Y annahm. Die Familie bezog dort in der 1Straße eine Drei-Zimmer-Mietwohnung. Die Klägerin wickelte seither Restmandate aus der Anwaltskanzlei ab. M zog im Juni 2011 aus der gemeinsamen Wohnung aus und nahm eine Wohnung in Y, 2Straße; die Klägerin verblieb mit den Söhnen in der Wohnung in der 1Straße. Die Eheleute lebten seither getrennt, die Ehe wurde im November 2013 geschieden.

Auf den Antrag der Klägerin vom 04.03.2012 setzte die damals zuständige Familienkasse am 05.04.2012 zu ihren Gunsten das Kindergeld für die Söhne ab Juli 2011 fest und zahlte rückwirkend und ab April 2012 laufend das Kindergeld an die Klägerin aus. Weil die Unterschrift der Klägerin auf ihrer Mitteilung vom 24.10.2012 fehlte, dass sich die Kontonummer bei ihrem Kreditinstitut, an das die Kindergeldzahlungen angewiesen wurden, geändert hatte, stellte die Kindergeldkasse mit der Anweisung vom 24.10.2012 ab November 2012 die Kindergeldzahlungen ein. In ihrem Antwortschreiben vom 26.10.2012, dem die mit der Unterschrift ergänzte Änderungsmitteilung beilag, bemerkte die Klägerin zusätzlich, dass sie beabsichtige, ihre Kinder bei einem Schüleraustausch ins Ausland ab 01.11.2012 zu begleiten. Daraufhin hob die Familienkasse mit dem Bescheid vom 07.11.2012 die Festsetzung des Kindergeldes für die Kinder A und B ab November 2012 gemäß § 70 Abs. 2 EStG wegen der durch den Auslandsaufenthalt eingetretenen Änderungen in den Verhältnissen auf.

A besuchte im Jahr 2012 das Gymnasium in Y. Vor Ende des Schuljahres wechselte er im Juni 2012 nach Neuseeland auf eine vergleichbare Oberschule und war dort bei einer Gastfamilie untergebracht. Das Schuljahr beginnt in Neuseeland üblicherweise im Januar und endet im Dezember jeden Jahres. A schloss die Schulbildung in Neuseeland im Dezember 2013 mit einer dem deutschen Abitur gleichgestellten Prüfung ab und kehrte am 23. Januar 2014 zu seiner Mutter nach Deutschland zurück. Seit April 2014 studiert er in Z Physik.

Die Klägerin kündigte die Wohnung in der 1Straße bis Ende Oktober 2012. Einen Teil der Möbel und persönliche Sachen verbrachte sie in das Haus einer Freundin, P, in Y, 3Straße. In diesem Haus stellte P der Klägerin ab Ende Oktober zwei Zimmer und ein Bad in der ersten Etage als Wohnmöglichkeit gefälligkeitshalber zur Verfügung, auch für die Zeit ihres geplanten Aufenthalts in Neuseeland. Der Umzug der Klägerin in den 3Straße zum 01.11.2012 wurde bei der Stadt Y am 20.02.2013 angemeldet.

Unter Nutzung eines Besuchs-Visa ohne Arbeitserlaubnis und als Begleitperson ihres Sohnes B flog die Klägerin bereits am 28.10.2012 nach Neuseeland zusammen mit B, der dort eine dem Gymnasium vergleichbare Schule besuchte. Die Klägerin bewohnte zunächst mit B in Neuseeland ein Appartement, später bezogen sie zusammen mit A eine Wohnung in W/Neuseeland.

Aus Neuseeland kehrte die Klägerin mit B am 16.09.2013 nach Y zurück und sie bewohnten die Zimmer in dem Haus der Freundin P in 3Straße. B ging wieder in Y in das Gymnasium.

Die Klägerin zog im Oktober 2013 in Y in die 4Straße um, im Dezember 2013 nach U und im April 2014 wieder nach Y in die 5Straße.

Mit Schreiben vom 07.11.2012 von der zu Auskünften über ihren Wohnsitz wegen der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Kindergeldbezug aufgefordert, legte die Klägerin zunächst fristgerecht ohne weitere Begründung Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom ebenfalls 07.11.2012 ein.

Ihren fristgerecht erhobenen Einspruch begründete die Klägerin zunächst nicht. Nach gewährter Fristverlängerung übersandte sie am 04.03.2013 die Anmeldebestätigungen des Einwohnermeldeamts der Stadt Y vom 20.2.2013 über den Bezug der Wohnung 3Straße in Y zum 01.11.2012.

Am 13.3.2013 teilte die Klägerin der Familienkasse mit, dass sie ihre Kinder in der Zeit des Schüleraustausches in Neuseeland begleite, dort eine Anschrift habe, für den Aufenthalt dort ein Besuchsvisa besitze, jedoch mit ihren Kindern weiterhin in Deutschland in Y in 3Straße ihren Wohnsitz habe.

Mit der Entscheidung vom 20.03.2013 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück. Am 03.04.2013 reichte die Klägerin den ihr von der Familienkasse übersandten Fragebogen nach. Diese hielt jedoch an der Einspruchsentscheidung fest und forderte mit Schreiben vom 10.04.2013 Unterlagen zum Mietverhältnis in Y und zu Besuchen der Klägerin in Deutschland an.

Mit ihrer fristgerecht am 18.4.2013 erhobenen Klage beantragt die Klägerin, den Aufhebungsbescheid vom 7.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.3.2013 aufzuheben.

Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlich folgendes vor:

Sie, die Klägerin und ihre Söhne seien deutsche Staatsangehörige. Seit ihrer Trennung vom Ehemann sei sie alleinerziehend und beziehe lediglich Kindesunterhalt vom Kindsvater. Der Aufenthalt in Neuseeland habe der schulischen Erfahrung für die Kinder in einem anderen Land gedient, das im Vergleich zu Deutschland ein sehr differenziertes Schulsystem habe. Sie habe sich in dieser Zeit um ihre Kinder gekümmert und sie in der Schule unterstützt, vor allem B, der mit 11 Jahren die englische Sprache noch nicht ausreichend beherrscht habe. Sie habe ihren Söhnen mit dem Auslandsaufenthalt die Förderung ihrer Sozial- und Fachkompetenz bieten wollen. Für A sei nur ein einjähriger Schüleraufenthalt in Neuseeland in Frage gekommen, da ein kürzerer Schulbesuch danach in Deutschland wohl zu einer Rückstufung bzw. einer Wiederholung der Klasse geführt hätte. Der für A in Neuseeland angestrebte Schulabschluss sei dem deutschen Abitur äquivalent gewesen. Bei B sei zu berücksichtigen gewesen, dass er noch zu jung gewesen sei, um sich ohne Elternteil im fernen Ausland aufzuhalten. Eine kurzzeitige Rückkehr nach Deutschland während der Ferien der Kinder wäre unverhältnismäßig gewesen, sowohl hinsichtlich der großen Reisedauer im Verhältnis zu einer faktisch verbleibenden zehntägigen Aufenthaltsmöglichkeit in Deutschland, als auch hinsichtlich des hohen Kostenfaktors.

Es sei für sie, die Klägerin, notwendig gewesen, ihren jüngsten Sohn B in Neuseeland zu begleiten. Hierfür habe sie ein Visitor-Guardian-Visa beim Neuseeländischen Konsulat beantragt. Ihr sei die Pflicht auferlegt worden, immer in Begleitung ihres jüngsten Sohnes zu leben und es sei ihr eine Arbeitsaufnahme verboten gewesen. Der Aufenthalt in Neuseeland mit ihren Söhnen sei ausschließlich aus ihrem ersparten Geld finanziert worden; öffentliche Leistungen habe sie nicht beantragt. Eine besondere Berücksichtigung sollte auch der Schwierigkeit, als alleinerziehendes Elternteil die unterschiedlichen Interessen beider Kinder gerecht zu werden, eingeräumt werden. Eine Familie mit beiden Elternteilen habe hierfür vergleichsweise mehrere Optionen, einen vorübergehenden Aufenthalt zu planen und durchzuführen.

Ausschlaggebend sei, dass es sich bei dem Auslandsaufenthalt um einen vorübergehenden Aufenthalt gehandelt habe. Im Jahr 2012 habe sie sich überwiegend in Deutschland aufgehalten und daher stehe ihr jedenfalls für die Monate November und Dezember 2012 das Kindergeld zu. Im Veranlagungszeitraum 2012 sei sie auch vom Finanzamt als unbeschränkt steuerpflichtig geführt worden. Sie habe ihren Wohnsitz in Deutschland nicht aufgeben wollen. Von ihrer Freundin P sei ihr eine Wohnmöglichkeit in deren Haus in Y in 3Straße unentgeltlich zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung gestellt worden. Die mit dem Auslandsaufenthalt verbundene vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort zum Zwecke einer einjährigen Ausbildung für A und dem ca. zehnmonatigen Aufenthalt für die Klägerin und B habe nicht die Auflösung des bestehenden Wohnsitzes in Deutschland begründet, sondern lediglich dazu geführt, dass zwei Wohnsitze bestanden haben. Der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse habe sich nach wie vor in Deutschland befunden, insbesondere wegen der aufrecht erhalten gebliebenen Kontakte der Kinder und von ihr selbst in Deutschland. Dies sei auch dadurch zum Ausdruck gekommen, dass sie nach ihrer Rückkehr tatsächlich die Wohnung in Y im 3Straße zusammen mit ihrem Sohn B bewohnt habe.

Sie sei über den gesamten Zeitraum hinweg auch von einem Steuerberater vertreten worden und habe die über ihre Absicht und den Auslandsaufenthalt ständig informiert.

Hinsichtlich der Argumentation der Klägerin wird auf den Schriftverkehr mit der Familienkasse, auf die im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze und auf ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2014 verwiesen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie begründet den Antrag zusammengefasst wie folgt:

Die Klägerin habe für die Zeit ihres Aufenthalts in Neuseeland einen eigenen Wohnsitz und einen Wohnsitz ihrer Kinder in Deutschland nicht nachgewiesen. Es bestünden insbesondere Zweifel am Innehaben einer Wohnung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung nicht nur vorübergehend genutzt werde. Die Klägerin habe offensichtlich die bisherige Familienwohnung in der 1Straße in Y aufgegeben, bevor sie mit ihren Kindern nach Neuseeland ausgereist ist. Gleichzeitig habe sie die Wohnung 3Straße zwar angemietet, aber für das Innehaben keine weiteren Nachweise vorgelegt. Die Anmeldung bei der Meldebehörde reiche für die Begründung eines Wohnsitzes nicht aus. Auch sei die Klägerin während ihres Auslandsaufenthalts nicht zwischendurch nach Deutschland zurückgekehrt. Die Situation stelle sich so dar, dass die Klägerin und ihre Söhne sich für die Dauer ihres Auslandsaufenthalts nur in der Wohnung von Verwandten oder Bekannten in Y angemeldet haben. Die Klägerin und ihre Söhne haben vor ihrer Ausreise nach Neuseeland aber die zur Verfügung gestellte Wohnung in Y 3Straße nicht in Besitz genommen und sie haben somit dort keinen Wohnsitz begründen können.

Daher liege nicht eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort zum Zwecke der Ausbildung vor, die der Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes nicht entgegenstünde. Vielmehr haben die Klägerin und ihre Kinder in Neuseeland einen neuen Wohnsitz begründet, der außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union sowie des europäischen Wirtschaftsraumes liege. Sie, die Beklagte, müsse das Vorliegen eines Wohnsitzes auch in eigener Zuständigkeit prüfen, sodass der Bescheinigung des Finanzamts über die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht der Klägerin keine Bedeutung zukomme.

Seit September 2013 gewähre die der Klägerin wieder Kindergeld für beide Söhne.

Wegen der Argumentation der beklagten wird auf die Schriftsätze im Klageverfahren und auf den Vortrag in der Mündlichen Verhandlung verwiesen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden Richter, dem Berichterstatter, als Einzelrichter einverstanden erklärt (§ 79a Abs. 3 FGO).

Die Beklagte ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung ---- eingetreten (vgl. BFH-Beschluss vom 03.03.2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

Der Bescheid vom 07.11.2012, mit dem die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Söhne der Klägerin gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben hat, dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2013, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; er war daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klägerin und ihre Söhne haben in dem zur Beurteilung des Gerichts stehenden Zeitraum von November 2012 bis März 2013 ihren Wohnsitz im Sinne von § 8 AO in Deutschland nicht aufgegeben. Der Klägerin steht somit der Kindergeldanspruch in dieser Zeit für ihre beiden Söhne zu.

1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Neuseeland jedoch zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.

Der für das Kindergeldrecht maßgebliche Begriff des Wohnsitzes richtet sich nach der Regelung in § 8 AO. Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Die Grundsätze, nach denen zu bestimmen ist, wo eine natürlich Person einen Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift hat, sind durch die Rechtsprechung des BFH vorgegeben (vgl. BFH-Beschluss vom 27.12.2011 III B 24/10, BFH/NV 2012, 917 mit Hinweis auf BFH-Urteil vom 23.11.2000 VI R 107/99, BStBl. II 2001, 294; jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

Danach setzt der Wohnsitzbegriff in § 8 AO zunächst objektiv voraus, dass zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten vorhanden sind, weiterhin ein Innehaben der Wohnung in dem Sinne, dass die Räumlichkeiten auch tatsächlich zur Verfügung stehen und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsucht werden. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht dagegen nicht aus. Jedenfalls muss die Wohnung als Bleibe jederzeit zur Verfügung stehen. Hinzukommen muss als subjektives Moment, dass die Räumlichkeiten von der nutzenden Person zu einer entsprechenden Verwendung als Wohnung bestimmt sind und zwar nicht nur zu einem bloßen, gelegentlichen Aufenthalt nehmen sondern gerade als dem Wohnsitz.

Im Einzelfall können auch zwei oder mehrere Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich den Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so unterschiedliche Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Für die Annahme, dass (auch) ein Wohnsitz im Inland gelegen ist, kommt es daher nicht darauf an, dass sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland befindet.

Im Rahmen einer Prognoseentscheidung ist daher aufgrund der objektiven Gegebenheiten darüber zu befinden, ob das Innehaben der Wohnung unter solchen Umständen erfolgt, die auf das zukünftige tatsächliche Verhalten schließen lassen, nämlich dass die Person die Wohnung als Wohnsitz beibehalten und benutzen wird. Die gesetzliche Regelung geht somit jedenfalls in Zweifelsfällen dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Bei der Entscheidungsfindung sind alle Umstände, die den jeweiligen Einzelfall prägen, in die Gesamtwürdigung einzubeziehen (zu vorstehenden Grundsätzen vgl. BFH-Beschluss vom 27.12.2011 III B 24/10, a.a.O.; BFH-Urteil vom 23.11.2000 VI R 107/99, a.a.O.; jeweils mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

2. Nach diesen Grundsätzen hatte die Klägerin ihren Wohnsitz in Y, somit in Deutschland, durch den Auszug aus der Wohnung in der 1Straße nicht aufgegeben und auch nicht aufgeben wollen, weil sie die Räume, die ihr unentgeltlich zu Wohnzwecken von ihrer Freundin P zur Verfügung gestellt worden waren, tatsächlich als Wohnung bestimmt und in Besitz genommen hat (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2013 III R 44/12, BFH/NV 2014, 773).

Die überlassenen Räume (zwei Zimmer und Bad) waren zum dauerhaften Wohnen der Klägerin vorgesehen und hierfür auch geeignet. Dies folgt aus der glaubhaften schriftlichen Versicherung von P und aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, an deren Richtigkeit kein Anlass für Zweifel besteht, zumal die Klägerin mit dem Sohn B die Räume auch tatsächlich in der Zeit von September bis Oktober 2013 als Wohnung nutzte. Trotz des kurzen Aufenthaltes in dieser Wohnung ist nicht von einer bloßen Schlafstelle oder nur notdürftigen Unterbringung auszugehen. Der maßgebliche Wohnungsbegriff erfordert nicht, dass die Räume in sich als Wohnung abgeschlossen sind, sondern es genügen eigene Räume in einer Wohngemeinschaft.

Die der Klägerin von P zur Verfügung gestellten Räume konnte die Klägerin jederzeit und tatsächlich als Wohnung nutzen, auch in der Zeit des Auslandsaufenthaltes; entscheidend ist die Möglichkeit der Nutzung. Eine anderweitige eigene Nutzung der Räume in dieser Zeit von P ist nicht ersichtlich; auch insoweit stellt sich die schriftliche Versicherung von P als glaubhaft dar. In der vom Gericht nachvollziehbaren Vorstellung der Klägerin sollten ihr die Räume dann und unverzüglich als Wohnung zur Verfügung stehen, wenn der geplante Auslandsaufenthalt abgebrochen oder unterbrochen werden musste. Diese Möglichkeit hatte sich die Klägerin aufgrund der mündlichen Vereinbarung mit P ausreichend gesichert, auch wenn die Besitzeinräumung nur auf der Grundlage eines Gefälligkeitsverhältnisses erfolgte.

Aufgrund der glaubhaften Schilderung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bezüglich der Umstände bei der Auflösung der Wohnung in der 1Straße Ende Oktober 2012 und aus der schriftlichen Versicherung von P ist nachvollziehbar, dass die Klägerin bereits vor ihrer Abreise ins Ausland die Räume 3Straße tatsächlich in Besitz genommen hat, da sie dorthin einen Teil ihrer persönlichen Habe verbracht hat. Aus den Umständen, die in dieser Zeit die Lebenslage der Klägerin prägten, also getrennt lebend, mit Sorge für ihre Söhne, ein geplanter Auslandsaufenthalt zur Ausbildung der Kinder, lässt sich folgern, dass die Klägerin die Räume 3Straße nicht nur zum gelegentlichen Verweilen oder als reine Schlafstelle für den Notfall nutzen wollte. Vielmehr waren sie von ihr als Wohnung und beibehaltener Wohnsitz in Deutschland bestimmt, gerade für die Zeit nach dem Auslandsaufenthalt. Hierfür sprechen auch die der Klägerin nur eingeschränkt erteilte Aufenthaltsgenehmigung mit Beschäftigungsverbot und Begleitbestimmung für den Sohn B, ihre weiter fortbestehende Anwaltszulassung in Deutschland, der von vorneherein nur zeitlich befristete Auslandsaufenthalt, der auch frühzeitig der Kindergeldkasse mitgeteilt worden war, und schließlich auch die Ummeldung des in Y verbleibenden Wohnsitzes von der 1Straße in 3Straße.

Bei einer Gesamtwürdigung all dieser Gegebenheiten und Umstände hat das Gericht keinen Zweifel, dass die Klägerin bei ihrer Abreise aus Deutschland Ende Oktober 2012 tatsächlich nur eine Begleitung ihrer Söhne bei einem zeitlich begrenzten Schulaufenthalt in Neuseeland beabsichtigte, wie sie es der Familienkasse in dem Antwortschreiben vom 26.10.2012 mitgeteilt hat, und keineswegs den Wohnsitz in Y aufgeben wollte.

Ohne Bedeutung für den Streitfall ist, ob die Klägerin daneben während ihres Auslandsaufenthalts auch einen weiteren Wohnsitz in Neuseeland begründet hat. Zudem ist im Streitfall die Frage der unbeschränkten Steuerpflicht der Klägerin in Deutschland in den Jahren 2012 und 2013 nicht erheblich.

3. Die Kinder der Klägerin teilten mit ihr den Wohnsitz in Y 3Straße, auch während des Auslandsaufenthalts.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden Kinder bei dem Kindergeldanspruch nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Die Voraussetzungen letztgenannter Ausnahmeregelung liegen im Streitfall nicht vor. Entscheidend für den Kindergeldanspruch der Klägerin kommt es daher darauf an, ob ihre Söhne im streitbefangenen Zeitraum einen Wohnsitz im Inland, also in Deutschland hatten.

Grundsätzlich teilen minderjährige Kinder nach § 11 BGB den Wohnsitz der Eltern, sie haben daher einen vom Wohnsitz der sorgeberechtigten Eltern bzw. Elternteils abgeleiteten gesetzlichen Wohnsitz, wobei daneben gemäß §§ 7, 8 BGB auch ein gewillkürter Wohnsitz begründet werden kann (vgl. Ellenberger, in Palandt, BGB-Kommentar, 72. Aufl. 2013, § 8 Rz. 1). Demgegenüber stellt die Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 22.04.1994 III R 22/92, BStBl. II 1994, 887) bei der Entscheidung über das Innehaben des nach § 8 AO maßgeblichen steuerlichen Wohnsitzes eines Minderjährigen auf dessen „natürlichen“ Willen ab, der unabhängig von der Wirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung und unabhängig vom Willen des gesetzlichen Vertreters zu bestimmen ist. Es knüpft daher der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 AO an die tatsächliche Gestaltung an, so dass auch ein Minderjähriger --​ abweichend von § 11 BGB und unabhängig vom Willen des gesetzlichen Vertreters -​- einen steuerlichen Wohnsitz begründen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 26.03.2012 III B 218/11, BFH/NV 2012, 1093).

Im Streitfall stellt sich die Frage, ob die Söhne der Klägerin, die sich zeitweise außerhalb des bisher in Y begründeten elterlichen Haushalts im Ausland aufhielten, ihren inländischen Wohnsitz (§ 8 AO) beibehalten oder aber zunächst aufgegeben haben und erst bei der späteren Rückkehr einen Wohnsitz im Inland wieder neu begründeten. Die Entscheidung hierüber hängt nach der Rechtsprechung des BFH nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung insbesondere auch das Alter des Kindes, die Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, der Zweck des Auslandsaufenthalts, die Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte bei den Eltern sowie die persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits ausschlaggebend. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Dauer einer Schulausbildung wegen der Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besuchen oder einzelne Abschnitte zu wiederholen, oft nicht hinreichend genau bestimmt werden kann. Eine konkrete zeitliche Grenze i.S. eines „Maximalaufenthalts“ kann daher generell und abstrakt nicht festgelegt werden. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen, ob im Einzelfall von einem beibehaltenen Wohnsitz im Inland auszugehen ist (vgl. BFH- Beschlüsse vom 22.11.2011 III B 154/11, BGH/NV 2012, 375 und vom 27.12.2011 III B 24/10, BFH/NV 2012, 917).

4. Nach diesen grundsätzlichen Vorgaben der Rechtsprechung zu § 8 AO steht bei umfassender Würdigung der konkreten Umstände des Streitfalls zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Sohn B, der im Streitzeitraum elf Jahre alt war, seinen bisherigen Wohnsitz in Y auch durch den Aufenthalt in Neuseeland in der Zeit von Ende Oktober 2012 bis September 2013 nicht aufgegeben, sondern den Wohnsitz seiner Mutter in Y geteilt hat, zunächst in der Wohnung in der 1Straße, aber auch anschließend in den Räumen 3Straße. Denn B hatte sich aus der elterlichen Obhut seiner Mutter noch nicht getrennt und er war zu einer Trennung aufgrund seiner nur beschränkten Geschäftsfähigkeit nicht ohne weiteres in der Lage. Die Organisation des Schulbesuches im Ausland sowie die Besorgung der Aufenthaltsgenehmigung in Neuseeland und der Unterbringung dort lagen in der Hand seiner Mutter, also der Klägerin. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die zur Annahme berechtigen würden, B selbst habe Maßnahmen ergriffen, um seinen bisherigen familiären Wohnsitz in Y aufzugeben, sich vom elterlichen Umfeld gänzlich zu lösen und einen davon unabhängigen eigenen Wohnsitz in Neuseeland neu zu begründen. Seine Aufenthaltsnahme dort stand allein unter der Bestimmung der Klägerin, die sich um die Reiseformalitäten, den dortigen Schulbesuch und die Unterkunftsmöglichkeiten kümmerte und zur Begleitung von B verpflichtet war. Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass B außer zu seinem Bruder A, der sich bereits seit Juni 2012 in Neuseeland aufhielt und in einer Gastfamilie untergebracht war, dort weitere familiäre Beziehungen vorfinden würde, die ihm aufgrund eines eigenen „natürlichen“ Entschlusses die Begründung eines Wohnsitzes dort ermöglicht oder erleichtert hätte.

Die Unterbringung der Klägerin in Neuseeland zusammen mit B, später auch mit A, hatte offensichtlich nur vorübergehenden Charakter. Auch war die Planung und tatsächliche Durchführung des Schulaufenthaltes von B in Neuseeland von so begrenzter Dauer, dass nicht angenommen werden kann, der bisherige familiäre Wohnsitz in Y solle aufgegeben werden, auch wenn innerhalb dieser elf Monate eine besuchsweise Rückkehr zum Wohnsitz in Y etwa zu Ferienzwecken oder zum Besuch des Vaters wegen der großen Entfernung oder aus Kostengründen nicht beabsichtigt und tatsächlich nicht erfolgt war. Die Klägerin und mit ihr der Sohn B haben somit tatsächlich nur den von Anfang an geplanten „Schüleraustausch“ entsprechend der Mitteilung vom 26.10.2012 an die verwirklicht und danach ihren weiterbestehenden Wohnsitz in Y 3Straße, den sie vor ihrer Abreise bezogen hatten, wieder beansprucht, ohne ihn zwischenzeitlich aufgegeben zu haben.

5. Ein Gleiches gilt auch für den Sohn A. Nach den besonders gestalteten Umständen des Streitfalls steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass auch er seinen bisher begründeten familiären Wohnsitz in Y, also einen Wohnsitz im Inland, nicht aufgegeben hat. Die längere Zeitdauer seines Aufenthaltes in Neuseeland von Juni 2012 bis Januar 2014 erlauben ebenso wenig eine andere Entscheidung als auch der Umstand, dass A die Räume in Y 3Straße tatsächlich nicht unmittelbar in Besitz genommen hatte.

Einer zeitlich begrenzten, vorübergehenden räumlichen Trennung vom bisherigen Wohnort steht grundsätzlich selbst bei mehrjährigen Studienaufenthalten nicht entgegen, dass der bisherige Wohnsitz, zumal er der familiäre Bezugspunkt ist, beibehalten bleibt (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2000 VI R 107/99, BStBl. II 2001, 294). Die Unterbringung von A in Neuseeland bei Gasteltern und zweitweise in der gemeinsamen Wohnung mit seiner Mutter, der Klägerin, brachten nach den Umständen des Streitfalles keine Verlagerung des Schwerpunktes seiner Lebensverhältnisse nach Neuseeland mit sich; denn dort sollte und wollte A „nur“ seine schulische Ausbildung mit einem Abschluss beenden, der auch ein universitäres Studium in Deutschland erlaubte. Allein diesen geplanten vorübergehenden Auslandsaufenthalt haben die Klägerin und ihr Sohn A in die Tat umgesetzt, zumal A nach dem Schulabschluss im Januar 2014 ebenfalls nach Deutschland zu seiner Mutter zurückgekehrt ist und dann im April 2014 im Inland ein Studium begonnen hat.

Anhaltspunkte dafür, dass der bei seiner Rückkehr nach Deutschland im Januar 2014 noch nicht volljährige A während seiner Aufenthaltszeit in Neuseeland einen „natürlichen“ Willen dahin gebildet hätte, seinen bis Juni 2012 bestehenden Wohnsitz in Y aufzugeben und fortan nur einen Wohnsitz in Neuseeland zu begründen, finden sich nach Aktenlage nicht. Ein solcher Wille zur Aufgabe des familiären Wohnsitzes kann weder nach Maßgabe der Regelung in § 8 AO noch nach den Bestimmungen in §§ 7, 8 und 11 BGB vermutet oder unterstellt werden. Denn das familiäre Umfeld von A behielt den Schwerpunkt in Y, wo sich sein Vater und in der Zeit bis Oktober 2012 und ab September 2013 seine Mutter und sein Bruder befanden.

Die Anforderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten nur kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte etwa zu Urlaubs-​, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu ausreichen, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen (BFH-Urteil vom 23.11.2000 VI R 107/99, a.a.O.), kann im Sinne einer sachgerechten Entscheidung im jeweiligen Einzelfall nicht als generell und abstrakt festgelegte zeitliche Vorgabe verstanden werden. Vielmehr ist, wie oben bereits dargelegt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen, ob von einem beibehaltenen Wohnsitz im Inland auszugehen ist (vgl. BFH- Beschlüsse vom 22.11.2011 III B 154/11, a.a.O. und vom 27.12.2011 III B 24/10, a.a.O.). Unter Umständen wie im Streitfall brauchte es A nicht angelegen sein, den Studienaufenthalt im weit entfernt gelegenen Ausland zu unterbrechen, um seine Ferienzeit in Deutschland und Zeit darüber hinaus hier zu verbringen. Denn einerseits waren die Mutter und der Bruder selbst eine Zeit lang in Neuseeland und andererseits wäre der Erfolg der Schulbildung und des raschen Schulabschlusses im Ausland bei einer längerfristigen Rückkehr nach Y über mögliche Besuchszeiten beim Vater hinaus gefährdet. Damit erlauben allein die Absicht des Auslandsaufenthaltes nur zu einem Schulabschluss und die tatsächliche Rückkehr nach Deutschland mit der Aufnahme eines Studiums im Streitfall zur Annahme, dass A jedenfalls mit einem „natürlichen“ Willen seinen Wohnsitz in Deutschland auch bei seiner Abwesenheit von 1 ½ Jahren beibehalten wollte.

A hat seinen familiären Wohnsitz in Y, in den er einbezogen war, nicht dadurch verloren, dass seine Mutter während seines Auslandsaufenthalts in Neuseeland die bisherige familiäre Wohnung in der 1Straße aufgegeben und zwischenzeitlich bis zu seiner Rückkehr im Januar 2014 mehrmals umgezogen ist. Denn die Mutter von A hat ihre Sorge für ihren Sohn in der Weise vorgenommen, dass sie ihm jederzeit eine unbedingte Aufenthaltsmöglichkeit in Deutschland im Raum Y bereitgestellt hatte, er also bei einer eventuellen kurzfristigen Rückkehr nach Deutschland oder bei einem Abbruch seiner Schulausbildung in Neuseeland ohne weiteres in sein bisheriges familiäres Umfeld in Y als dem bestehen gebliebenen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse zurückfinden konnte. Eine unmittelbare eigene Inbesitznahme der Wohnräume 3Straße oder in der 4Straße jeweils in Y war nicht erforderlich; es genügte die Vermittlung des Besitzes als tatsächliche Wohnmöglichkeit durch die Mutter, also die Klägerin. So hatte A auch bei seiner Rückkehr nach Deutschland im Januar 2014 die nun von seiner Mutter angemietete Wohnung in U, nahe Y gelegen, als familiären Wohnsitz in gewohnter Umgebung vorgefunden. Unter diesen besonders gelagerten Umständen des Streitfalles konnte das Gericht nicht feststellen, dass A, der in der Zeit seines Auslandsaufenthaltes noch nicht volljährig war, aufgrund eines „natürlich“ gebildeten Willen seinen in Y bestehenden Schwerpunkt seiner bisherigen Lebensverhältnisse und seinen dort bestehenden Wohnsitz hätte aufgeben wollen. Soweit A ab April 2014 aufgrund eigenen Entschlusses im Hinblick auf sein Studium in Z und auf die Vollendung seines 18. Lebensjahres am 26.06.2014 seinen Wohnsitz in Y aufgegeben haben sollte, ist dies für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum ohne Bedeutung.

6. Da die Kinder somit im Streitzeitraum den Wohnsitz mit ihrer Mutter, der Klägerin, teilten, war nicht mehr darüber zu befinden, ob sie nicht auch einen Wohnsitz bei ihrem Vater in Y begründet und während ihres Auslandsaufenthalts beibehalten hatten.

7. Somit erweist sich der Bescheid vom 07.11.2012, mit dem die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Söhne der Klägerin gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben hat, dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.03.2013, als rechtswidrig und war aufzuheben. Daraus folgt die Verpflichtung der Familienkasse, für den Streitzeitraum das Kindergeld für ihre beiden Söhne an die Klägerin auszuzahlen. Dieses Ergebnis wird auch von dem gesetzlichen Sinn und Zweck des Kindergeldrechts getragen, nämlich zur Förderung der Familie und insbesondere zur Deckung des Bedarfs für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung der Kinder, jedenfalls soweit die kindergeldberechtigten Eltern und ihre Kinder ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten (vgl. BFH-Beschluss vom 14.08.2012 III B 58/12, BFH/NV 2012, 1977).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung einen besonders gestalteten Einzelfall betrifft und nicht von den gefestigten Grundsätzen der Rechtsprechung abweicht (vgl. § 115 FGO).

Die Kosten des Verfahrens hat die beklagte zu tragen, die im Rechtsstreit unterlegen ist (§§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Nürnberg Urteil, 30. Apr. 2014 - 5 K 531/13

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Finanzgericht Nürnberg Urteil, 30. Apr. 2014 - 5 K 531/13 zitiert 14 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Einkommensteuergesetz - EStG | § 63 Kinder


(1) 1Als Kinder werden berücksichtigt 1. Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,2. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel. 2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 70 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes


(1) 1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. 2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kinder

Gesetz über die Finanzverwaltung


Finanzverwaltungsgesetz - FVG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 79a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2. bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;3. bei Erledigung des Rechtsstr

Abgabenordnung - AO 1977 | § 8 Wohnsitz


Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 7 Wohnsitz; Begründung und Aufhebung


(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz. (2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. (3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie auf

Finanzverwaltungsgesetz - FVG 1971 | § 5 Aufgaben des Bundeszentralamtes für Steuern


(1) Das Bundeszentralamt für Steuern hat unbeschadet des § 4 Abs. 2 und 3 folgende Aufgaben:1.die Mitwirkung an Außenprüfungen (§ 19);2.die Erstattung von Kapitalertragsteuer und von im Wege des Steuerabzugs nach § 50a des Einkommensteuergesetzes erh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 11 Wohnsitz des Kindes


Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Ki

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 8 Wohnsitz nicht voll Geschäftsfähiger


Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.

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Bundesfinanzhof Urteil, 18. Dez. 2013 - III R 44/12

bei uns veröffentlicht am 18.12.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), Vater von zwei im Juni 1999 und im Dezember 2007 geborenen Töchtern, ist deutscher Staatsangehöriger. Er bewohnt

Bundesfinanzhof Beschluss, 14. Aug. 2012 - III B 58/12

bei uns veröffentlicht am 14.08.2012

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist deutsche Staatsangehörige und lebt mit ihrem Ehemann und ihrem im Dezember 2009 geborenen Sohn in Keni

Bundesfinanzhof Beschluss, 26. März 2012 - III B 218/11

bei uns veröffentlicht am 26.03.2012

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Vater der 1989 in Kasachstan geborenen D. Aus einer zweiten Ehe hat der Kläger drei weitere Kinder. Bis

Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Dez. 2011 - III B 24/10

bei uns veröffentlicht am 27.12.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat vier Kinder. Die Ehe zur Kindesmutter wurde am 5. Mai 1999 geschieden. Das jüngste Kind M (geb. April 1995)

Bundesfinanzhof Beschluss, 22. Nov. 2011 - III B 154/11

bei uns veröffentlicht am 22.11.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau stammen aus Palästina, besitzen aber mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie haben

Bundesfinanzhof Beschluss, 03. März 2011 - V B 17/10

bei uns veröffentlicht am 03.03.2011

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bis 16. Februar 2006 Gesellschafter einer GbR. Die GbR war zunächst erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 2001 ve
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Finanzgericht München Urteil, 04. Juli 2016 - 7 K 2435/15

bei uns veröffentlicht am 04.07.2016

Tenor 1. Der Bescheid vom 27. Oktober 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. September 2015 werden aufgehoben. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kl

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(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Bundeszentralamt für Steuern hat unbeschadet des § 4 Abs. 2 und 3 folgende Aufgaben:

1.
die Mitwirkung an Außenprüfungen (§ 19);
2.
die Erstattung von Kapitalertragsteuer und von im Wege des Steuerabzugs nach § 50a des Einkommensteuergesetzes erhobener Steuer an beschränkt Steuerpflichtige, soweit die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist und die beschränkte Steuerpflicht nicht auf § 2 Nummer 2 des Körperschaftsteuergesetzes beruht;
2a.
die Entgegennahme der Anträge nach § 1a Absatz 1 Satz 4 des Körperschaftsteuergesetzes und Berücksichtigung des Status der optierenden Gesellschaft in den Verfahren zur Entlastung von deutschen Abzugsteuern (Erstattungen und Freistellungen) auf Grund von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung;
3.
die Entlastung bei deutschen Besitz- oder Verkehrsteuern gegenüber internationalen Organisationen, amtlichen zwischenstaatlichen Einrichtungen, ausländischen Missionen, berufskonsularischen Vertretungen und deren Mitgliedern auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung oder besonderer gesetzlicher Regelung nach näherer Weisung des Bundesministeriums der Finanzen sowie die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 5a des Umsatzsteuergesetzes einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten für ausländische Missionen, berufskonsularische Vertretungen und deren Mitglieder;
4.
die Besteuerung von Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds sowie die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen von Spezial-Investmentfonds, soweit es nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 des Investmentsteuergesetzes zuständig ist. Daneben stellt das Bundeszentralamt für Steuern auf Anforderung den für die Besteuerung von Investmentfonds, Spezial-Investmentfonds oder deren Anlegern zuständigen Landesfinanzbehörden seine Erkenntnisse über ausländische Rechtsformen und ausländisches Recht zur Verfügung;
5.
die Ausübung der Funktion der zuständigen Behörde auf dem Gebiet der steuerlichen Rechts- und Amtshilfe und bei der Durchführung von Verständigungs- und Schiedsverfahren im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde oder mit der von dieser beauftragten Behörde nach den Doppelbesteuerungsabkommen, dem Übereinkommen Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 10) in der jeweils geltenden Fassung und dem EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2103) in der jeweils geltenden Fassung und bei der Durchführung von Vorabverständigungsverfahren nach § 89a der Abgabenordnung, soweit das zuständige Bundesministerium seine Befugnisse in diesem Bereich delegiert;
5a.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen nach auf der Grundlage von § 117c der Abgabenordnung ergangenen Rechtsverordnungen und die Durchführung von Bußgeldverfahren in den Fällen des § 379 Absatz 2 Nummer 1b der Abgabenordnung sowie die Auswertung dieser Meldungen im Rahmen der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben;
5b.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen und Auswertungen im Rahmen der nach § 2 des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen auszutauschenden Informationen und die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 28 des vorgenannten Gesetzes;
5c.
die Einstellung von Informationen zu grenzüberschreitenden Vorbescheiden oder Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung gemäß § 7 Absatz 3 bis 5 des EU-Amtshilfegesetzes in das Zentralverzeichnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß Artikel 21 Absatz 5 der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung sowie die Entgegennahme der von den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in das Zentralverzeichnis eingestellten Informationen im Sinne des Artikels 8a der Richtlinie 2011/16/EU und ihre Weiterleitung an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde nach Maßgabe des § 7 Absatz 9 des EU-Amtshilfegesetzes;
5d.
die automatische Übermittlung der länderbezogenen Berichte, die dem Bundeszentralamt für Steuern hierzu von den Unternehmen nach § 138a Absatz 6 der Abgabenordnung übermittelt worden sind, an
a)
die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde,
b)
die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten der am 27. Januar 2016 unterzeichneten „Mehrseitigen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte“ (BGBl. 2016 II S. 1178, 1179),
c)
die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8aa der Richtlinie 2011/16/EU sowie
d)
die zuständigen Behörden der Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann;
5e.
die Entgegennahme und Weiterleitung
a)
der länderbezogenen Berichte, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8aa der Richtlinie 2011/16/EU übersandt wurden, an die zuständigen Landesfinanzbehörden,
b)
der länderbezogenen Berichte im Sinne des § 138a Absatz 2 der Abgabenordnung, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten der am 27. Januar 2016 unterzeichneten „Mehrseitigen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte“ (BGBl. 2016 II S. 1178, 1179) übermittelt wurden, an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde sowie
c)
der länderbezogenen Berichte im Sinne des § 138a Absatz 2 der Abgabenordnung, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann, übermittelt wurden, an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde;
5f.
die automatische Übermittlung von Informationen zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen gemäß § 7 Absatz 13 des EU-Amtshilfegesetzes sowie die Entgegennahme von Informationen im Sinne des Artikels 8ab der Richtlinie 2011/16/EU gemäß § 7 Absatz 14 des EU-Amtshilfegesetzes;
5g.
die Entgegennahme, die Weiterleitung und die Übermittlung von Informationen nach § 9 Absatz 1 bis 3 und die Durchführung der Verfahren gemäß den §§ 10 bis 12 und 25 bis 27 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes;
5h.
die Auswertung der Informationen nach den Nummern 5c, 5d, 5e, 5f und 5g im Rahmen der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben; Auswertungen der Informationen nach den Nummern 5c, 5d, 5e, 5f und 5g durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleiben hiervon unberührt;
6.
die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen nach näherer Weisung des Bundesministeriums der Finanzen;
7.
bei Personen, die nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässig sind, die Bestimmung des für die Besteuerung örtlich zuständigen Finanzamts, wenn sich mehrere Finanzämter für örtlich zuständig oder für örtlich unzuständig halten oder wenn sonst Zweifel über die örtliche Zuständigkeit bestehen;
8.
die Vergütung der Vorsteuerbeträge in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes;
9.
auf Grund der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1)
a)
die Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 27a des Umsatzsteuergesetzes),
b)
die Entgegennahme der Zusammenfassenden Meldungen (§ 18a des Umsatzsteuergesetzes) und Speicherung der Daten,
c)
den Austausch von gespeicherten Informationen mit anderen Mitgliedstaaten;
10.
die Erteilung von Bescheinigungen in Anwendung des Artikels 151 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1, L 335 vom 20.12.2007, S. 60), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zum Nachweis der Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union an im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässige zwischenstaatliche Einrichtungen, ständige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen sowie deren Mitglieder ausgeführt werden;
11.
die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes. Die Bundesagentur für Arbeit stellt dem Bundeszentralamt für Steuern zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit kann innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abweichend von den Vorschriften der Abgabenordnung über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse übertragen. Für die besonderen Belange der Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-, Amts- oder Ausbildungsverhältnis zum Bund stehen oder Versorgungsbezüge nach bundesbeamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten oder Arbeitnehmer des Bundes oder einer sonstigen Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts im Bereich des Bundes sind, benennt die Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse zentrale Ansprechpartner. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Landesfamilienkassen zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 72 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes einzurichten. Diese können auch Aufgaben der mittelbaren Verwaltung wahrnehmen. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen werden. Die Familienkassen gelten als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienleistungsausgleich durchführen, und unterliegen insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern. Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt diesen Familienkassen ein Merkmal zur Identifizierung (Familienkassenschlüssel) und veröffentlicht die Namen und die Anschriften dieser Familienkassen jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres im Bundessteuerblatt;
12.
die Durchführung der Veranlagung nach § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes und § 32 Absatz 2 Nummer 2 des Körperschaftsteuergesetzes sowie die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens nach § 50a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes und nach § 10 des Steueroasen-Abwehrgesetzes; einschließlich des Erlasses von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung;
13.
die zentrale Sammlung und Auswertung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten Informationen über Betrugsfälle im Bereich der Umsatzsteuer;
14.
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 45d des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind sowie die Übermittlung der Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) in dem Anfrageverfahren nach § 44a Absatz 2a Satz 3 bis 7 des Einkommensteuergesetzes;
14a.
die Sammlung, Auswertung und Bereitstellung der Daten, die nach den §§ 45b und 45c des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind; das Bundeszentralamt für Steuern unterrichtet die Finanzbehörden der Länder über die Ergebnisse der Datenauswertung und stellt den Finanzbehörden der Länder Daten für die Verwendung in Besteuerungsverfahren zur Verfügung;
15.
die Koordinierung von Umsatzsteuerprüfungen der Landesfinanzbehörden in grenz- und länderübergreifenden Fällen;
16.
das Zusammenführen und Auswerten von umsatzsteuerlich erheblichen Informationen zur Identifizierung prüfungswürdiger Sachverhalte;
17.
die Beobachtung von elektronisch angebotenen Dienstleistungen zur Unterstützung der Landesfinanzverwaltungen bei der Umsatzbesteuerung des elektronischen Handels;
18.
a)
die Weiterleitung der Daten, die nach § 10 Absatz 2a, 2b und 4b des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
b)
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 10a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
c)
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 22a des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
d)
bei einer Datenübermittlung nach § 22a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes die Prüfung nach § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung und die Erhebung des Verspätungsgeldes nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes,
e)
die Übermittlung der Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) im Anfrageverfahren nach § 22a Absatz 2 in Verbindung mit § 10 Absatz 2a, 2b und 4b, § 10a Absatz 5 und § 32b Absatz 3 Satz 1 sowie nach § 52 Absatz 30b des Einkommensteuergesetzes,
f)
die Gewährung der Altersvorsorgezulage nach Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes sowie
g)
die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 50f des Einkommensteuergesetzes.
Das Bundeszentralamt für Steuern bedient sich zur Durchführung dieser Aufgaben der Deutschen Rentenversicherung Bund, soweit diese zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes ist, im Wege der Organleihe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterliegt insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt;
19.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden übermittelten Angaben über erteilte Freistellungsbescheinigungen nach § 48b des Einkommensteuergesetzes und die Erteilung von Auskünften im Wege einer elektronischen Abfrage an den Leistungsempfänger im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes über die übermittelten Freistellungsbescheinigungen;
20.
den Einzug der einheitlichen Pauschsteuer nach § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes. Das Bundeszentralamt für Steuern bedient sich zur Durchführung dieser Aufgabe der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung im Wege der Organleihe. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung gilt für die Durchführung dieser Aufgabe als Bundesfinanzbehörde und unterliegt insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern.
21.
für vor dem 1. Juli 2021 ausgeführte Umsätze die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 4c des Umsatzsteuergesetzes in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten auf Grund von Kapitel XI Abschnitt 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) sowie für nach dem 30. Juni 2021 ausgeführte Umsätze die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern in Anwendung der Artikel 360 bis 367 und 369 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 2 Nummer 17 bis 19 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18i des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
22.
die Vergabe und die Verwaltung des Identifikationsmerkmals nach den §§ 139a bis 139d der Abgabenordnung;
23.
die Bestätigungen nach § 18e des Umsatzsteuergesetzes 1999;
24.
den Abruf von Daten aus den nach § 93b der Abgabenordnung in Verbindung mit § 24c Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes von den Kreditinstituten geführten Dateien und die Weiterleitung der abgerufenen Daten an die zuständigen Finanzbehörden;
25.
die Verwaltung der Versicherung- und Feuerschutzsteuer und die zentrale Sammlung und Auswertung der Informationen für die Verwaltung der Versicherung- und Feuerschutzsteuer;
26.
Entgegennahme von Meldungen und Zahlungen von Zinsabschlag nach der Zinsinformationsverordnung und deren Weiterleitung;
27.
die Erteilung von verbindlichen Auskünften nach § 89 Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung;
28.
die Unterstützung der Finanzbehörden der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Steuerstraftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung sowie bei Anzeigen nach § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung. Das Bundeszentralamt für Steuern hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten und die Behörden der Länder über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten;
28a.
die Weiterleitung von Mitteilungen nach § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung an die zuständigen Finanzbehörden der Zollverwaltung;
28b.
die Unterstützung der Finanzbehörden der Länder bei der Ermittlung von Steuergestaltungen, die die Erlangung eines Steuervorteils aus der Erhebung oder Entlastung von Kapitalertragsteuer mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung zum Gegenstand haben; das Bundeszentralamt für Steuern hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten und die Behörden der Länder über die sie betreffenden Informationen zu unterrichten;
29.
die Durchführung der gesonderten Feststellung der Einlagenrückgewähr nach § 27 Absatz 8 des Körperschaftsteuergesetzes;
29a.
Entgegennahme, Verarbeitung und Weiterleitung der Versicherungsdaten bei privaten Krankenversicherungen und privaten Pflege-Pflichtversicherungen nach § 39 Absatz 4a des Einkommensteuergesetzes;
30.
die Bildung, Speicherung und Bereitstellung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale;
31.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten Daten zu Konzernübersichten (Konzernverzeichnis) sowie die Erteilung von Auskünften daraus im Wege einer elektronischen Abfrage durch die Finanzbehörden der Länder;
32.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten branchenbezogenen Kennzahlen sowie die Erteilung von Auskünften daraus im Wege einer elektronischen Abfrage durch die Finanzbehörden der Länder;
33.
die Registrierung eines Vor-REIT nach § 2 des REIT-Gesetzes;
34.
die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz und die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 13 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes;
35.
die Prüfung der Vollständigkeit und Zulässigkeit von Anträgen auf Vorsteuer-Vergütung für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung von Artikel 18 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. EU Nr. L 44 S. 23);
36.
die Prüfung nach § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung der nach § 10 Absatz 2b des Einkommensteuergesetzes zu übermittelnden Daten sowie bei dieser Datenübermittlung die Festsetzung und Erhebung des Haftungsbetrages nach § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung;
37.
Ausstellung der Bescheinigung an Unternehmer über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nummer 11b des Umsatzsteuergesetzes;
38.
ab 14. Dezember 2010 die Weiterleitung von Anzeigen nach § 9 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung an die zuständigen Finanzbehörden der Länder;
39.
(weggefallen)
40.
für vor dem 1. Juli 2021 ausgeführte Umsätze die mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 4e des Umsatzsteuergesetzes in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) und die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen und Umsatzsteuererklärungen für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung der Artikel 369c bis 369i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung des Artikels 5 Nummer 15 der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung (ABl. L 44 vom 20.2.2008, S. 11) einschließlich der damit zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund von Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 21 Absatz 1 sowie Kapitel XI Abschnitt 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) sowie für nach dem 30. Juni 2021 ausgeführte Umsätze die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von im Inland oder nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern in Anwendung der Artikel 369c bis 369i und 369k der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 1 Nummer 11 bis 13 der Richtlinie (EU) 2019/1995 des Rates vom 21. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen (ABl. L 310 vom 2.12.2019, S. 1) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18j des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
41.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von im Inland oder nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern oder von im Auftrag handelnden im Inland ansässigen Vertretern in Anwendung der Artikel 369o bis 369v und 369x der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 2 Nummer 30 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18k des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 3 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
42.
die Einrichtung und Pflege des Online-Zugriffs der Finanzämter auf ATLAS-Ein- und Ausfuhrdaten;
43.
die Unterstützung des Bundesministeriums der Finanzen bei der Gesetzesfolgenabschätzung im Steuerrecht;
44.
die Sammlung, Sortierung, Zuordnung und Auswertung der ihm nach den §§ 138d bis 138h der Abgabenordnung und § 7 Absatz 14 Satz 2 des EU-Amtshilfegesetzes zugegangenen Mitteilungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen, ihre Weiterleitung an die Generalzolldirektion nach § 138j Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung, die Information der Landesfinanzbehörden nach § 138i und § 138j Absatz 3 der Abgabenordnung sowie die Unterrichtung des Bundesministeriums der Finanzen über die Ergebnisse der Auswertung nach § 138j Absatz 1 der Abgabenordnung;
45.
die Übermittlung von Daten im Rahmen des automatisierten Datenabrufverfahrens mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung in den in § 151b Absatz 2 Satz 2 und § 151c Absatz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten Fällen;
45a.
die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach dem Gesetz zur Einführung eines EU-Energiekrisenbeitrags nach der Verordnung (EU) 2022/1854;
46.
Mitwirkung bei der Festlegung der Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden;
46a.
die Prüfung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung keine Finanzbehörde nach § 20 der Abgabenordnung für die Besteuerung der ausländischen Gesellschaft nach dem Einkommen örtlich zuständig ist.
Das Bundeszentralamt für Steuern hat Daten, die von ihm oder der zentralen Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes nach § 88 Absatz 4 der Abgabenordnung nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitet wurden, bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Zugangs der Daten zur Durchführung von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung sowie zur Datenschutzkontrolle zu speichern.

(1a) Soweit durch Absatz 1 Aufgaben der Steuerverwaltung übertragen wurden, ist hiervon auch die Durchführung von Vorfeldermittlungen nach § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Abgabenordnung umfasst. Dies gilt nicht für Fälle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 5, 5c bis 5f, 6, 7, 9, 10, 13 bis 17, 19, 22 bis 24, 26, 28, 28a, 28b, 29a bis 34, 36, 38 und 42 bis 46.

(2) Die vom Bundeszentralamt für Steuern auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Steuererstattungen und Steuervergütungen sowie die nach § 44b Absatz 6 Satz 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes erstattete Kapitalertragsteuer werden von den Ländern in dem Verhältnis getragen, in dem sie an dem Aufkommen der betreffenden Steuern beteiligt sind. Kapitalertragsteuer, die das Bundeszentralamt für Steuern anlässlich der Vergütung von Körperschaftsteuer vereinnahmt hat, steht den Ländern in demselben Verhältnis zu. Für die Aufteilung ist das Aufkommen an den betreffenden Steuern in den einzelnen Ländern maßgebend, das sich ohne Berücksichtigung der in den Sätzen 1 und 2 bezeichneten Steuerbeträge für das Vorjahr ergibt. Das Nähere bestimmt das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(3) Die von den Familienkassen bei der Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Absatz 1 Nr. 11 ausgezahlten Steuervergütungen im Sinne des § 31 des Einkommensteuergesetzes werden jeweils von den Ländern und Gemeinden, in denen der Gläubiger der Steuervergütung seinen Wohnsitz hat, nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften mitgetragen. Das Bundeszentralamt für Steuern stellt nach Ablauf eines jeden Monats die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den gewährten Leistungen fest. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind dem Bund von den Ländern bis zum 15. des dem Zahlungsmonat folgenden Monats zu erstatten. Für den Monat Dezember ist dem Bund von den Ländern ein Abschlag auf der Basis der Abrechnung des Vormonats zu leisten. Die Abrechnung für den Monat Dezember hat bis zum 15. Januar des Folgejahres zu erfolgen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zu bestimmen.

(4) Die von der zentralen Stelle (§ 81 des Einkommensteuergesetzes) veranlassten Auszahlungen von Altersvorsorgezulagen (§ 83 des Einkommensteuergesetzes) werden nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften von den Ländern und Gemeinden mitgetragen, in denen der Gläubiger der Steuervergütung seinen inländischen Wohnsitz hat; bei Gläubigern mit ausländischem Wohnsitz wird der letzte bekannte inländische Wohnsitz zugrunde gelegt. Die sich aus Satz 1 ergebenden Finanzierungsanteile gelten auch, wenn der Wohnsitz nicht nach Satz 1 zugeordnet werden kann. Die zentrale Stelle stellt nach Ablauf des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den zu gewährenden Leistungen fest. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind dem Bund von den Ländern bis zum 15. des zweiten, dem Kalendervierteljahr folgenden Monats zu erstatten. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zu bestimmen.

(5) An dem Aufkommen der von der vereinnahmten pauschalen Lohnsteuer (§ 40a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes) sind die Länder und Gemeinden, in denen die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz haben, nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften zu beteiligen. Nach Ablauf eines jeden Monats werden die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an der vereinnahmten pauschalen Lohnsteuer festgestellt. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind an die Länder bis zum 15. des darauf folgenden Monats auszuzahlen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung der einheitlichen Pauschsteuer zu bestimmen.

(6) An dem Aufkommen der nach der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl. EU Nr. L 157 S. 38, 2005 Nr. L 103 S. 41), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 129), in der jeweils geltenden Fassung von den berechtigten Mitgliedstaaten sowie von den in Artikel 17 dieser Richtlinie genannten Staaten und abhängigen Gebieten erhobenen Quellensteuer sind die Länder und Gemeinden entsprechend ihrem Anteil an der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 des Einkommensteuergesetzes zu beteiligen. Die Verteilung des Länder- und Gemeindeanteils auf die einzelnen Länder erfolgt nach den Anteilen an der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 des Einkommensteuergesetzes vom Vorjahr, die den Ländern und Gemeinden nach Zerlegung (§ 8 des Zerlegungsgesetzes) zustehen; für 2009 sind die Anteile der Länder und Gemeinden am Zinsabschlagsaufkommen des Jahres 2008 nach Zerlegung maßgeblich. Das Bundeszentralamt für Steuern stellt jeweils nach Ablauf eines Monats die Anteile der Länder einschließlich ihrer Gemeinden fest und zahlt sie an die Länder bis zum 15. des dem Abrechnungsmonat folgenden Monats aus. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung dieser Quellensteuer zu bestimmen.

(7) Das Aufkommen der in Ausübung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 12 zugeflossenen Einkommen- und Körperschaftsteuer steht den Ländern und Gemeinden nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommen- und Körperschaftsteuer maßgebenden Vorschriften zu. Nach Ablauf eines jeden Monats werden die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den Einnahmen durch das Bundeszentralamt für Steuern festgestellt. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind an die Länder bis zum 15. des darauf folgenden Monats auszuzahlen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung der Einnahmen in Ausübung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 12 zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bis 16. Februar 2006 Gesellschafter einer GbR. Die GbR war zunächst erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer 2001 veranlagt worden. Aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) am 28. Februar 2007 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2001. Der Änderung lag unter anderem zugrunde, dass die GbR eine Ausgangsrechnung über 100.000 DM brutto nicht verbucht hatte.

2

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der GbR als unbegründet ab. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die GbR im Verfahren V B 18/10 mit der Beschwerde.

3

Nachdem die Vollstreckung in das Vermögen der GbR erfolglos geblieben war, nahm das FA mit Bescheid vom 17. März 2008 den Kläger neben dem Mitgesellschafter S wegen Umsatzsteuer der GbR nebst Zinsen und Säumniszuschlägen in Haftung. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

4

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das FA habe ihn rechtsfehlerhaft in Anspruch genommen. Der Frage, ob er neben dem Mitgesellschafter für die Schulden der GbR hafte, habe grundsätzliche Bedeutung. Die GbR habe den streitigen Betrag nicht vereinnahmt. Der Mitgesellschafter S habe eingeräumt, den Betrag von 100.000 DM für sich privat vereinnahmt zu haben. Er sei aber untergetaucht; die GbR habe sich deshalb aus einem gegen ihn erstrittenen Titel nicht befriedigen können. Seine, des Klägers, Inanspruchnahme durch das FA sei ermessensfehlerhaft.

Entscheidungsgründe

5

II. A. Der während des Beschwerdeverfahrens durch die Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter des Landes Sachsen eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533, BStBl II 2008, 109, m.w.N.).

6

B. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat keinen Zulassungsgrund in der vom Gesetz vorgeschriebenen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

7

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss die Beschwerdebegründung konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Es ist dazu eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Ferner bedarf es substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist. Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, ist zu begründen, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Rechtsfrage erforderlich sein soll (BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2010 II B 39/10, BFH/NV 2011, 206, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH).

8

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

9

a) Es fehlt bereits an der Darlegung, weshalb der Haftung des Klägers neben seinem Mitgesellschafter eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit zukommen soll. Darüber hinaus ist die Frage der Haftung der Gesellschafter für Steuerschulden einer GbR nicht klärungsbedürftig, weil sie durch die Rechtsprechung des BFH bereits hinreichend geklärt ist und neue Gesichtspunkte weder dargelegt noch erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (BFH-Beschluss vom 27. Mai 2009 VI B 162/08, BFH/NV 2009, 1435). Der BFH hat bereits entschieden, dass sich, sofern eine GbR als solche der Besteuerung unterliegt, die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Steuerschulden und die steuerlichen Nebenleistungen der GbR aus § 128 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs i.V.m. § 191 der Abgabenordnung ergibt (z.B. BFH-Urteil vom 9. Mai 2006 VII R 50/05, BFHE 213, 194, BStBl II 2007, 600).

10

b) Soweit der Kläger im Übrigen in Art einer Revisionsbegründung geltend macht, das FG-Urteil verletze materielles Recht, kann die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, weil mit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreicht werden kann. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn es sich bei dem behaupteten Fehler um einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung handelt, die geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, wenn sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert würde (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040; vom 23. Januar 2008 XI B 204/06, juris; vom 8. Januar 2009 IV B 9/08, Zeitschrift für Steuern & Recht 2009, R737). Hierfür bieten weder der Sachverhalt noch der Vortrag des Klägers irgendwelche Anhaltspunkte.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat vier Kinder. Die Ehe zur Kindesmutter wurde am 5. Mai 1999 geschieden. Das jüngste Kind M (geb. April 1995) ging zunächst noch in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) in den Kindergarten, zog dann aber Anfang 1999 zu der Mutter nach X (Afrika). Die Mutter hatte sich dorthin bereits 1998 begeben, um sich beruflich neu zu orientieren. Die weiteren drei Kinder blieben im Haushalt des Klägers. In X besuchte M deutschsprachige Schulen, zunächst die Grundschule, dann eine weiterführende Schule. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) zahlte für M seit Geburt Kindergeld an den Kläger. Im November 2005 reichte der Kläger eine Haushaltsbescheinigung ein, in welcher der Name der M von der zuständigen Behörde durchgestrichen war. Nach weiteren Ermittlungen hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für M mit Bescheid vom 23. Mai 2006 ab August 1999 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 14.318,55 € vom Kläger zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

2

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wurde auf den Zeitraum ab Januar 2002 beschränkt, der Rückforderungsbetrag auf 9.129 € reduziert. Für die davor liegenden Monate ging das FG mangels Vorliegens einer Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung von dem Eintritt der Festsetzungsverjährung aus. Bei Würdigung der Gesamtumstände kam das FG zu dem Ergebnis, dass M ab Anfang 1999 keinen Wohnsitz mehr im Inland hatte.

3

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

5

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 29. August 2011 III B 110/10, BFH/NV 2011, 2100). So verhält es sich hier.

6

a) Der Kläger hält wegen der gestiegenen Freizügigkeit der Menschen und der vermehrten Auslandsaufenthalte von Kindern (zu Ausbildungszwecken oder mit einem getrennt lebenden Elternteil) die Fragen für abstrakt klärungsbedürftig,

 -

ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes von türkisch-stämmigen Kindern, die zwecks Verwurzelung im Heimatland der Eltern in dieses Land geschickt werden, auch auf Fälle anwendbar sind, in denen ein deutschstämmiges Kind auf ausländischem Boden in einem Umfeld ausgebildet wird, das dem inländischen weitgehend entspricht,

 -

nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen einem Aufenthalt zu Urlaubs-, Besuchs- oder familiären Zwecken und einem Aufenthalt zu Wohnzwecken vorzunehmen ist,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind, das zu seiner Mutter ins Ausland reist, die tatsächliche Vermutung besteht, dass es dort zumindest für die Dauer des Kindergartenbesuchs verweilen wird,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind die tatsächliche Vermutung besteht, dass es eine natürliche Neigung zur Mutter hat und deshalb immer --unabhängig von den konkreten Umständen-- bei der Mutter wohnen möchte,

-

ob ein 3 1/2-jähriges Kind seine Familie im Inland grundsätzlich jeden Monat, mindestens aber alle zwei Monate besuchen muss, damit kein Verlust der familiären Bindungen angenommen werden kann, der auf eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes hindeuten kann,

 -

ob auch dann eine Verwurzelung im Ausland angenommen werden kann, wenn ein deutschstämmiges Kind sich in einem deutschsprachigen, von der deutschen Kultur geprägten Umfeld aufhält und eine deutsche Schule besucht, die aufgrund des deutschen Lehrplans einen jederzeitigen Wechsel an eine inländische Schule ermöglicht, und

 -

ob die Begründung eines weiteren steuerlichen Wohnsitzes eines 3 1/2-jährigen Kindes im Ausland zwangsläufig zur Aufgabe des inländischen Wohnsitzes des Kindes führt.

7

b) aa) Der BFH hat die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) im Inland hat, durch langjährige Rechtsprechung geklärt (vgl. etwa Urteile vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, m.w.N., und vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013). Danach setzt der Wohnsitzbegriff neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Nutzer tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus.

8

Die gesetzliche Regelung geht dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Es handelt sich deshalb um eine Prognoseentscheidung. Im Einzelfall können auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen allerdings kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen.

9

bb) Ob ein Kind im Einzelfall seinen Wohnsitz im Inland hat, hat das FG unter Anwendung der Rechtsgrundsätze der BFH-Rechtsprechung nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen. Das gilt auch für die Entscheidung, ob ein 3 1/2-jähriges Kind, das zu der geschiedenen Mutter ins außereuropäische Ausland zieht und dort deutschsprachige Schulen besucht, bei dem im Inland wohnenden Vater einen (weiteren) Wohnsitz behält oder erneut begründet. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2009 III B 80/08, juris, und vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288). Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die in der Rechtsprechung zu dem Problemkreis noch nicht gewürdigt wurden. Insbesondere hat der BFH bereits entschieden, dass hinsichtlich der Frage, ob durch einen längeren Auslandsaufenthalt eines Kindes der inländische Wohnsitz aufgegeben wird bzw. unter welchen Umständen ein inländischer Wohnsitz neu begründet wird, in die Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände einzubeziehen ist, wie oft und wie lange sich das Kind zwischenzeitlich im Inland aufgehalten hat (z.B. Senatsbeschluss vom 27. August 2010 III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272, m.w.N.) und ob sich bei einem minderjährigen Kind aus den familiären und kulturellen Umständen am Aufenthaltsort Hinweise für das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen ergeben (Senatsurteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).

10

Das FG hat die einzelnen Umstände, die bei der im Streitfall vorliegenden Sachverhaltskonstellation zu berücksichtigen sind, erwogen. Es ist dabei insbesondere vor dem Hintergrund, dass M bereits mit 3 1/2 Jahren auf nicht absehbare Zeit zur Mutter nach X gezogen und während der ersten fast vier Jahre nicht zum Kläger nach Deutschland zurückgekehrt ist, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass M keinen Wohnsitz in Deutschland mehr hatte. Der Entscheidung des FG als Tatsacheninstanz kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2006 III B 67/05, BFH/NV 2006, 1255).

11

2. Aus den gleichen Gründen ist auch der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht gegeben. Als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt auch dieser Zulassungsgrund voraus, dass über eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2006 III B 2/05, BFH/NV 2006, 910, m.w.N.).

12

3. Eine Zulassung der Revision kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfolgen.

13

a) Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die sich auf die Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen FG stützt, muss der Beschwerdeführer neben der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (z.B. Senatsbeschluss vom 27. April 2011 III B 62/10, BFH/NV 2011, 1379). Eine schlüssige Rüge setzt weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846).

14

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, das FG-Urteil sei geeignet, hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen eine negative Vorbildfunktion für zukünftige Verfahren zu entwickeln. Ferner hat er geltend gemacht, das FG habe entgegen dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung bei der Wohnsitzbestimmung den Willen der Eltern zur Bestimmung des Willens des Kindes herangezogen. Schließlich weiche das FG auch erheblich von der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wenn es fordere, zur Aufrechterhaltung der familiären Bindung müsse ein monatlicher Besuch des Kindes bei der Familie im Inland erfolgen.

15

Aus diesen Ausführungen wird weder deutlich, von welcher Entscheidung und welchem Rechtssatz eines anderen Gerichts das FG-Urteil abweicht, noch ergibt sich hieraus Näheres zum Vorliegen vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen.

16

4. Die Revision ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

17

a) Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ, warum der Kläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Ferner ist darzulegen, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2006 III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058).

18

b) Im Streitfall fehlt bereits der Vortrag des Klägers, weshalb er während des finanzgerichtlichen Verfahrens keine entsprechende Beweisaufnahme zu dem nach seiner Ansicht aufklärungsbedürftigen Sachverhalt der Beibehaltung eines (jedenfalls zweiten) Wohnsitzes in Deutschland beantragt hat. Auch geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. November 2009 nicht hervor, dass der Kläger die Nichterhebung von Beweisen gerügt hat.

19

5. Letztlich wendet sich der Kläger mit seinen Ausführungen gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat vier Kinder. Die Ehe zur Kindesmutter wurde am 5. Mai 1999 geschieden. Das jüngste Kind M (geb. April 1995) ging zunächst noch in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) in den Kindergarten, zog dann aber Anfang 1999 zu der Mutter nach X (Afrika). Die Mutter hatte sich dorthin bereits 1998 begeben, um sich beruflich neu zu orientieren. Die weiteren drei Kinder blieben im Haushalt des Klägers. In X besuchte M deutschsprachige Schulen, zunächst die Grundschule, dann eine weiterführende Schule. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) zahlte für M seit Geburt Kindergeld an den Kläger. Im November 2005 reichte der Kläger eine Haushaltsbescheinigung ein, in welcher der Name der M von der zuständigen Behörde durchgestrichen war. Nach weiteren Ermittlungen hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für M mit Bescheid vom 23. Mai 2006 ab August 1999 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 14.318,55 € vom Kläger zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

2

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wurde auf den Zeitraum ab Januar 2002 beschränkt, der Rückforderungsbetrag auf 9.129 € reduziert. Für die davor liegenden Monate ging das FG mangels Vorliegens einer Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung von dem Eintritt der Festsetzungsverjährung aus. Bei Würdigung der Gesamtumstände kam das FG zu dem Ergebnis, dass M ab Anfang 1999 keinen Wohnsitz mehr im Inland hatte.

3

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

5

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 29. August 2011 III B 110/10, BFH/NV 2011, 2100). So verhält es sich hier.

6

a) Der Kläger hält wegen der gestiegenen Freizügigkeit der Menschen und der vermehrten Auslandsaufenthalte von Kindern (zu Ausbildungszwecken oder mit einem getrennt lebenden Elternteil) die Fragen für abstrakt klärungsbedürftig,

 -

ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes von türkisch-stämmigen Kindern, die zwecks Verwurzelung im Heimatland der Eltern in dieses Land geschickt werden, auch auf Fälle anwendbar sind, in denen ein deutschstämmiges Kind auf ausländischem Boden in einem Umfeld ausgebildet wird, das dem inländischen weitgehend entspricht,

 -

nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen einem Aufenthalt zu Urlaubs-, Besuchs- oder familiären Zwecken und einem Aufenthalt zu Wohnzwecken vorzunehmen ist,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind, das zu seiner Mutter ins Ausland reist, die tatsächliche Vermutung besteht, dass es dort zumindest für die Dauer des Kindergartenbesuchs verweilen wird,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind die tatsächliche Vermutung besteht, dass es eine natürliche Neigung zur Mutter hat und deshalb immer --unabhängig von den konkreten Umständen-- bei der Mutter wohnen möchte,

-

ob ein 3 1/2-jähriges Kind seine Familie im Inland grundsätzlich jeden Monat, mindestens aber alle zwei Monate besuchen muss, damit kein Verlust der familiären Bindungen angenommen werden kann, der auf eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes hindeuten kann,

 -

ob auch dann eine Verwurzelung im Ausland angenommen werden kann, wenn ein deutschstämmiges Kind sich in einem deutschsprachigen, von der deutschen Kultur geprägten Umfeld aufhält und eine deutsche Schule besucht, die aufgrund des deutschen Lehrplans einen jederzeitigen Wechsel an eine inländische Schule ermöglicht, und

 -

ob die Begründung eines weiteren steuerlichen Wohnsitzes eines 3 1/2-jährigen Kindes im Ausland zwangsläufig zur Aufgabe des inländischen Wohnsitzes des Kindes führt.

7

b) aa) Der BFH hat die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) im Inland hat, durch langjährige Rechtsprechung geklärt (vgl. etwa Urteile vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, m.w.N., und vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013). Danach setzt der Wohnsitzbegriff neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Nutzer tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus.

8

Die gesetzliche Regelung geht dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Es handelt sich deshalb um eine Prognoseentscheidung. Im Einzelfall können auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen allerdings kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen.

9

bb) Ob ein Kind im Einzelfall seinen Wohnsitz im Inland hat, hat das FG unter Anwendung der Rechtsgrundsätze der BFH-Rechtsprechung nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen. Das gilt auch für die Entscheidung, ob ein 3 1/2-jähriges Kind, das zu der geschiedenen Mutter ins außereuropäische Ausland zieht und dort deutschsprachige Schulen besucht, bei dem im Inland wohnenden Vater einen (weiteren) Wohnsitz behält oder erneut begründet. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2009 III B 80/08, juris, und vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288). Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die in der Rechtsprechung zu dem Problemkreis noch nicht gewürdigt wurden. Insbesondere hat der BFH bereits entschieden, dass hinsichtlich der Frage, ob durch einen längeren Auslandsaufenthalt eines Kindes der inländische Wohnsitz aufgegeben wird bzw. unter welchen Umständen ein inländischer Wohnsitz neu begründet wird, in die Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände einzubeziehen ist, wie oft und wie lange sich das Kind zwischenzeitlich im Inland aufgehalten hat (z.B. Senatsbeschluss vom 27. August 2010 III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272, m.w.N.) und ob sich bei einem minderjährigen Kind aus den familiären und kulturellen Umständen am Aufenthaltsort Hinweise für das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen ergeben (Senatsurteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).

10

Das FG hat die einzelnen Umstände, die bei der im Streitfall vorliegenden Sachverhaltskonstellation zu berücksichtigen sind, erwogen. Es ist dabei insbesondere vor dem Hintergrund, dass M bereits mit 3 1/2 Jahren auf nicht absehbare Zeit zur Mutter nach X gezogen und während der ersten fast vier Jahre nicht zum Kläger nach Deutschland zurückgekehrt ist, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass M keinen Wohnsitz in Deutschland mehr hatte. Der Entscheidung des FG als Tatsacheninstanz kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2006 III B 67/05, BFH/NV 2006, 1255).

11

2. Aus den gleichen Gründen ist auch der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht gegeben. Als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt auch dieser Zulassungsgrund voraus, dass über eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2006 III B 2/05, BFH/NV 2006, 910, m.w.N.).

12

3. Eine Zulassung der Revision kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfolgen.

13

a) Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die sich auf die Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen FG stützt, muss der Beschwerdeführer neben der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (z.B. Senatsbeschluss vom 27. April 2011 III B 62/10, BFH/NV 2011, 1379). Eine schlüssige Rüge setzt weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846).

14

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, das FG-Urteil sei geeignet, hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen eine negative Vorbildfunktion für zukünftige Verfahren zu entwickeln. Ferner hat er geltend gemacht, das FG habe entgegen dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung bei der Wohnsitzbestimmung den Willen der Eltern zur Bestimmung des Willens des Kindes herangezogen. Schließlich weiche das FG auch erheblich von der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wenn es fordere, zur Aufrechterhaltung der familiären Bindung müsse ein monatlicher Besuch des Kindes bei der Familie im Inland erfolgen.

15

Aus diesen Ausführungen wird weder deutlich, von welcher Entscheidung und welchem Rechtssatz eines anderen Gerichts das FG-Urteil abweicht, noch ergibt sich hieraus Näheres zum Vorliegen vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen.

16

4. Die Revision ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

17

a) Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ, warum der Kläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Ferner ist darzulegen, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2006 III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058).

18

b) Im Streitfall fehlt bereits der Vortrag des Klägers, weshalb er während des finanzgerichtlichen Verfahrens keine entsprechende Beweisaufnahme zu dem nach seiner Ansicht aufklärungsbedürftigen Sachverhalt der Beibehaltung eines (jedenfalls zweiten) Wohnsitzes in Deutschland beantragt hat. Auch geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. November 2009 nicht hervor, dass der Kläger die Nichterhebung von Beweisen gerügt hat.

19

5. Letztlich wendet sich der Kläger mit seinen Ausführungen gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), Vater von zwei im Juni 1999 und im Dezember 2007 geborenen Töchtern, ist deutscher Staatsangehöriger. Er bewohnt seit 1977 mit seiner Familie eine Einliegerwohnung im Hause seiner Eltern in K (Rheinland-Pfalz). Diese verfügt über einen Wohnraum, ein Schlafzimmer, ein Duschbad und eine Kochnische, zwei Kinderzimmer im Dachgeschoss sowie weiteren zu Wohnraum ausgebauten Speicherraum. Nachdem der Kläger im Herbst 2005 arbeitslos geworden war, trat er am 1. Juni 2006 eine Beschäftigung in Prag an. Seine Ehefrau wohnt dort mit beiden Kindern und die ältere Tochter besucht die deutsche Schule. Der Kläger verbringt jedoch weiterhin seine gesamte freie Zeit mit der Familie in seiner Wohnung in K, u.a. er selbst während seines Urlaubs und die Familie während der Schulferien. Die Nutzung der dortigen Wohnung geht nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) über eine übliche Nutzung als Ferienquartier deutlich hinaus.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die Kindergeldfestsetzung für die ältere Tochter ab Juli 2006 nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf, forderte den überzahlten Betrag für die Monate Juli 2006 bis September 2008 in Höhe von 4.158 € zurück und wies den dagegen eingelegten Einspruch im Februar 2009 als unbegründet zurück.

3

Das FG wies die Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Aufhebungsbescheides und die Verpflichtung der Familienkasse zur Gewährung von Kindergeld für beide Töchter ab Oktober 2008 begehrte, als unbegründet ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2128). Es entschied, der Kläger erfülle zwar die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil er im Inland mit seiner Familie einen Zweitwohnsitz habe. Der Anspruch auf Kindergeld sei indessen ausgeschlossen, da für den Kläger nach Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), das Recht des Beschäftigungsstaates Tschechiens gelte.

4

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, das FG-Urteil, den Aufhebungsbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für seine beiden Kinder ab Oktober 2008 zu gewähren.

5

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Familienkasse Sachsen der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 2.2. der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

III.

7

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

8

1. Die Feststellung des FG, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt, weil er in K einen "Zweitwohnsitz" hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn für den Anspruch auf Kindergeld nach dieser Vorschrift genügt es, dass der Anspruchsberechtigte im Inland einen Wohnsitz hat. Eine Person kann, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, mehrere Wohnsitze i.S. des § 8 der Abgabenordnung haben, die im Inland und/oder im Ausland belegen sein können, und zur Aufrechterhaltung eines Wohnsitzes können unregelmäßige Aufenthalte genügen (z.B. BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, BFH/NV 2004, 917), sofern diese nicht lediglich als Besuche zu werten sind.

9

Die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt weder voraus, dass sich der Anspruchsberechtigte überwiegend im Inland aufhält (z.B. mehr als 15 Tage im jeweiligen Monat oder mehr als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, vgl. z.B. Art. 15 Abs. 2 Buchst. a des OECD-Musterabkommens), noch dass sich sein Lebensmittelpunkt im Inland befindet.

10

2. Die Anwendbarkeit der §§ 62 ff. EStG wird im Streitfall nicht durch Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen.

11

Da das FG lediglich die Beschäftigung des Klägers in Prag, nicht aber seinen Versicherungsstatus festgestellt hat, kann der Senat nicht sicher beurteilen, ob der Kläger persönlich vom Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 erfasst wird. Wenn er --was aufgrund seiner Beschäftigung in Prag nahe liegt-- gemäß Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 den Rechtsvorschriften Tschechiens unterliegen sollte und Deutschland der für die Gewährung der Familienleistungen unzuständige Mitgliedstaat wäre, stünde dies dem sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebenden Kindergeldanspruch nicht entgegen. Denn die Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 entfalten keine Sperrwirkung für die Anwendung des Rechts des nicht zuständigen Mitgliedstaats, so dass sich die Anspruchsberechtigung auch bei Personen und bei Leistungen, die dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 unterliegen, allein nach den Bestimmungen des deutschen Rechts richtet. Die gegenteilige Auffassung, die dem FG-Urteil zugrunde liegt und die auch der Senat in ständiger Rechtsprechung vertreten hat, ist aufgrund des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Juni 2012 C-611/10 und C-612/10 --Hudzinski und Wawrzyniak-- (Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht 2012, 475) vom BFH aufgegeben worden (BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511; vom 5. September 2013 XI R 52/10, BFH/NV 2014, 33).

12

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da der Senat nicht entscheiden kann, ob der Kindergeldanspruch des Klägers wegen eines vergleichbaren Anspruchs in Tschechien zu kürzen ist.

13

a) Falls Tschechien sowohl als Beschäftigungsstaat wie auch wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Familie in Prag (Art. 1 Buchst. h der VO Nr. 1408/71) als Wohnmitgliedsstaat zuständig wäre, schiede eine Anwendung des Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 aus; eine Anspruchskonkurrenz wäre vielmehr nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu lösen. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wäre im Übrigen auch dann einschlägig, wenn --was im Streitfall kaum in Betracht kommen dürfte-- der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 nicht eröffnet sein sollte.

14

b) Der Senat weist darauf hin, dass der Kläger von der gemeinschaftsrechtlich verbürgten Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch gemacht hat. Deshalb wäre § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass nur eine Kürzung, nicht aber eine vollständige Versagung des Kindergeldanspruchs in Betracht kommt, wenn anderenfalls das Freizügigkeitsrecht der Wanderarbeitnehmer beeinträchtigt wäre (Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 71/11, BFH/NV 2014, 24, unter III.3.b bb).

15

Für die Kürzung des Kindergeldes genügt es nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, dass der nach deutschem Recht kindergeldberechtigten Person oder einem Dritten für das betreffende Kind nach ausländischem Recht ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die entsprechende Leistung zusteht (Senatsurteil vom 13. Juni 2013 III R 10/11, BFHE 241, 562).

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Vater der 1989 in Kasachstan geborenen D. Aus einer zweiten Ehe hat der Kläger drei weitere Kinder. Bis zum Jahr 2000 lebte D bei ihrer Mutter in Kasachstan. Nachdem der Kläger das elterliche Sorgerecht für D erlangt hatte, zog diese am 25. Mai 2000 in seinen Haushalt. Infolge schulischer Pro-bleme blieb D jedoch nur ein halbes Jahr in Deutschland und kehrte wieder nach Kasachstan zurück. Zwar versuchte der Kläger in der Folgezeit, D wiederholt nach Deutschland zu holen, sie verbrachte gleichwohl immer nur einen Teil des Schuljahres bei ihm. Im September 2003 meldete der Kläger D, die seit Ende August 2003 wieder in Kasachstan die Schule besuchte, schließlich bei der Meldebehörde ab.

2

Am 13. Juni 2004 reiste D erneut in Deutschland ein und wurde hier auch wieder melderechtlich erfasst. Dem Kindergeldantrag für D gab die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) statt.

3

Im Rahmen einer Überprüfung des Aufenthalts von D gelangte die Familienkasse zu der Auffassung, diese habe tatsächlich bei ihren Großeltern in Kasachstan gelebt und dort die Schule besucht. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung deshalb für D ab Juni 2004 auf und forderte das bis Januar 2007 überzahlte Kindergeld zurück.

4

Nachdem die Familienkasse am 31. Oktober 2007 über seinen Einspruch noch nicht entschieden hatte, erhob der Kläger Untätigkeitsklage vor dem Finanzgericht (FG). Diese hatte keinen Erfolg, da das FG nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Ansicht gelangt war, D habe ihren inländischen Wohnsitz mit der Wiederaufnahme des Schulbesuchs in Kasachstan Ende August 2003 aufgegeben. Im Streitzeitraum habe D in Deutschland auch keinen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse aufrechterhalten, sondern sich hier vielmehr nur zu Besuchszwecken aufgehalten.

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie Verfahrensfehlern (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend macht.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der Kläger hat die behaupteten Zulassungsgründe nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.

7

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt insbesondere substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Hat der BFH die Rechtsfrage bereits entschieden, so ist darzulegen, weshalb eine erneute oder weitere Entscheidung für erforderlich gehalten wird (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 59/03, BFH/NV 2004, 166). Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinander gesetzt hat (z.B. Senatsbeschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46).

8

2. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht.

9

Der Kläger hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, wann und unter welchen Umständen ein Kind den Wohnsitz im Inland habe, also welche Umstände vorliegen müssten, die i.S. von § 8 der Abgabenordnung (AO) darauf schließen ließen, dass die betreffende Person die Wohnung beibehalten und benutzen werde.

10

Der Kläger hat sich weder mit der umfangreich vorhandenen Rechtsprechung und Kommentarliteratur zum Wohnsitzbegriff des § 8 AO im Allgemeinen, noch mit den konkreten Anforderungen an die Beibehaltung eines Wohnsitzes durch ein Kind, das sich zum Schulbesuch im Ausland aufhält, im Besonderen auseinander gesetzt. Anders als der Kläger meint, hat der BFH bereits mehrfach die Rechtsgrundsätze dargelegt, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zwecke des Schulbesuchs mehrere Jahre im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 AO) beibehält (z.B. BFH-Urteile vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsbeschluss vom 31. Mai 2007 III B 50/07, BFH/NV 2007, 1907, jeweils m.w.N.). Die Frage, ob im Einzelfall bei Anwendung dieser Grundsätze davon auszugehen ist, dass ein Kind seinen Wohnsitz im Inland hat, es dort einen weiteren Wohnsitz hat oder seine Aufenthalte lediglich Besuchscharakter haben, hat das FG unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (vgl. z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 1907).

11

Warum gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH erforderlich sein soll, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Die von ihm in seiner Beschwerdebegründung geforderte "klare Definition" durch den BFH rechtfertigt die Zulassung nicht, weil der Begriff des Wohnsitzes für das gesamte Steuerrecht bereits in § 8 AO definiert ist. Darüber hinaus reicht es angesichts der vorhandenen Rechtsprechung insbesondere auch nicht aus, nur anzuführen, der Hinweis im Urteil in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887, dass es auf die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse ankomme, bleibe vage und bedürfe der Auslegung, zumal sich das Senatsurteil ersichtlich nicht auf diese Aussage reduzieren lässt.

12

3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

13

a) Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ, warum der Kläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Ferner ist darzulegen, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2005 VII B 61/04, BFH/NV 2005, 921).

14

Vorliegend hat der Kläger insbesondere nicht dargelegt, weshalb er die --ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung 45 Minuten dauernde-- Vernehmung von D als Zeugin nicht bereits in der mündlichen Verhandlung als unzureichend gerügt oder eine weitere Beweisaufnahme beantragt hat. Darüber hinaus fehlen Ausführungen dazu, warum sich dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Beweisaufnahme auch ohne Rüge bzw. weiteren Beweisantrag hätte aufdrängen müssen.

15

b) Auch soweit sich der Kläger auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs beruft, kommt eine Revisionszulassung nicht in Betracht.

16

aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verpflichtet das FG, die Beteiligten über den Verfahrensstoff zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern ihres Vorbringens auseinanderzusetzen (z.B. Senatsbeschluss vom 27. Juli 2007 III S 8/07, BFH/NV 2007, 2135). Er verpflichtet das Gericht jedoch nicht, sich mit Ausführungen auseinanderzusetzen, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich auseinanderzusetzen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 15. September 2006 III B 197/05, BFH/NV 2007, 28).

17

Das rechtliche Gehör ist vielmehr erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 2135). Die Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet zudem nicht, dass das FG den Kläger "erhören", sich also seinen rechtlichen Ansichten anschließen müsste (vgl. BFH-Beschluss vom 26. November 2007 VIII B 121/07, BFH/NV 2008, 397).

18

bb) Eine dementsprechende Verletzung seines rechtlichen Gehörs hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Eine Verletzung des Rechts auf Gehör liegt auch ersichtlich nicht vor. Zur Darlegung des seiner Ansicht nach nicht berücksichtigten Sachvortrags wiederholt der Kläger weitestgehend wörtlich seine Klagebegründung. Diese basierte wesentlich auf der zivilrechtlichen Bestimmung des Wohnsitzes eines Kindes gemäß § 11 i.V.m. §§ 7, 8 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB). Hiermit hat sich das FG in seinen Entscheidungsgründen jedoch durchaus auseinander gesetzt, was der Kläger mit seinen Einschränkungen der "nicht hinreichenden Berücksichtigung" und "nicht richtigen Würdigung" letztlich auch einräumt. So hat das FG --im Einklang mit der Senatsrechtsprechung-- ausgeführt, dass der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 AO an die tatsächliche Gestaltung anknüpft, so dass auch ein Minderjähriger --abweichend von § 11 BGB und unabhängig vom Willen des gesetzlichen Vertreters-- einen steuerlichen Wohnsitz begründen kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887). Aufgrund des vom zivilrechtlichen Begriff des Wohnsitzes abweichenden steuerrechtlichen Wohnsitzbegriffes musste sich das FG dann insbesondere nicht weiter mit der von dem Kläger zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen zivilrechtlichen Rechtsprechung auseinandersetzen. Dass das FG die vom Kläger und D dargestellten Umstände nicht in seinem Sinne gewürdigt und auch der von ihm vertretenen Rechtauffassung nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar.

19

c) Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang schließlich gegen die (vermeintlich) fehlerhafte tatrichterliche Beweiswürdigung wendet, macht er keinen Verfahrensfehler, sondern eine falsche materielle Rechtsanwendung geltend, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und seine Ehefrau stammen aus Palästina, besitzen aber mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie haben vier --in den Jahren 1998, 2001, 2006 und 2008 geborene-- Kinder. Im Sommer 2010 reiste die Familie nach B im Westjordanland. Die beiden ältesten Kinder besuchten während ihres Aufenthalts in den Sommerferien dort die Schule, um die heimische Kultur und die arabische Sprache zu lernen. Der Kläger kehrte nach Deutschland zurück und beantragte und erhielt im September 2010 für die beiden älteren Kinder Beurlaubungen für das Schuljahr 2010/2011, nachdem er den Schulbesuch in B nachgewiesen hatte. Die Ehefrau blieb mit den vier Kindern in B und lebte dort zusammen mit diesen bei ihren Eltern.

2

Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hiervon im September 2010 erfahren hatte, hob sie die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab Oktober 2010 auf. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Kinder des Klägers hätten durch den mindestens einjährigen Auslandsaufenthalt unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalles ihren Wohnsitz im Inland aufgegeben. Anders als in den Fällen, in denen ein Kind der Familie einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt mit Schulbesuch zum Erlernen der Sprache mache, sei hier zu berücksichtigen, dass alle Kinder zusammen mit der Mutter nach B gezogen seien und dort mit ihren Großeltern zusammenlebten. Zudem seien die beiden jüngeren Kinder zum Zeitpunkt des Beginns des Auslandsaufenthalts noch nicht schulpflichtig gewesen und hätten die Mutter und die älteren Geschwister begleitet, so dass sich das gesamte Familienleben nun in B "abgespielt" habe. Unter diesen Umständen sei der Senat der Auffassung, dass dem Kläger auch dann kein Kindergeld zustehe, wenn die Ehefrau mit den Kindern tatsächlich nach Ablauf eines Jahres wieder nach Deutschland zurückkehre. In diesem Fall würde der Wohnsitz im Inland dann wieder neu begründet.

4

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage, wie lange ein Auslandsaufenthalt eines Kindes maximal dauern dürfe, um den Wohnsitz in Deutschland nicht zu verlieren.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

6

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

7

Die Rechtsgrundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob ein Kind, das sich zum Zweck des Schulbesuchs längerfristig im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung --AO--) beibehält, hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mehrfach dargelegt (z.B. Urteile vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887; vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967; vom 23. November 2000 VI R 165/99, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, und VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294; Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2010 III B 90/09, BFH/NV 2011, 626). Grundsätzliche Bedeutung erlangt die Rechtssache --anders als der Kläger meint-- auch nicht dadurch, dass die höchstrichterlich entschiedenen Fälle durchweg Sachverhalte zum Gegenstand hatten, bei denen das Kind sich mehrere --in der Entscheidung in BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887 bspw. 2 ½-- Jahre zum Schulbesuch im Ausland aufhielt.

8

Die Frage, ob ein Kind, das sich zeitweise außerhalb des elterlichen Haushalts im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz (§ 8 AO) beibehält oder aber zunächst aufgibt und bei einer späteren Rückkehr wieder neu begründet, hängt indes nicht allein von der Dauer des Auslandsaufenthalts, sondern von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung insbesondere auch das Alter des Kindes, die Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, der Zweck des Auslandsaufenthalts, die Häufigkeit und Dauer der Aufenthalte bei den Eltern sowie die persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits ausschlaggebend (vgl. z.B. Buciek in Beermann/Gosch, § 8 AO Rz 49 "Ausbildung"). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Dauer einer Schulausbildung wegen der Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besuchen oder einzelne Abschnitte zu wiederholen, oft nicht hinreichend genau bestimmt werden kann (Senatsurteil vom 27. April 1995 III R 57/93, BFH/NV 1995, 967). Ob deshalb im Einzelfall von einem (beibehaltenen) Wohnsitz im Inland auszugehen ist, hat das FG unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 III B 141/10, BFH/NV 2011, 576). Demzufolge entzieht sich auch die Umsetzung dieser Grundsätze, insbesondere durch Festlegung einer zeitlichen Grenze i.S. eines "Maximalaufenthalts" einer generellen und abstrakten Bestimmung, die Aufgabe des Revisionsgerichts sein könnte.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat vier Kinder. Die Ehe zur Kindesmutter wurde am 5. Mai 1999 geschieden. Das jüngste Kind M (geb. April 1995) ging zunächst noch in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) in den Kindergarten, zog dann aber Anfang 1999 zu der Mutter nach X (Afrika). Die Mutter hatte sich dorthin bereits 1998 begeben, um sich beruflich neu zu orientieren. Die weiteren drei Kinder blieben im Haushalt des Klägers. In X besuchte M deutschsprachige Schulen, zunächst die Grundschule, dann eine weiterführende Schule. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) zahlte für M seit Geburt Kindergeld an den Kläger. Im November 2005 reichte der Kläger eine Haushaltsbescheinigung ein, in welcher der Name der M von der zuständigen Behörde durchgestrichen war. Nach weiteren Ermittlungen hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für M mit Bescheid vom 23. Mai 2006 ab August 1999 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 14.318,55 € vom Kläger zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

2

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wurde auf den Zeitraum ab Januar 2002 beschränkt, der Rückforderungsbetrag auf 9.129 € reduziert. Für die davor liegenden Monate ging das FG mangels Vorliegens einer Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung von dem Eintritt der Festsetzungsverjährung aus. Bei Würdigung der Gesamtumstände kam das FG zu dem Ergebnis, dass M ab Anfang 1999 keinen Wohnsitz mehr im Inland hatte.

3

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und wegen des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.

5

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 29. August 2011 III B 110/10, BFH/NV 2011, 2100). So verhält es sich hier.

6

a) Der Kläger hält wegen der gestiegenen Freizügigkeit der Menschen und der vermehrten Auslandsaufenthalte von Kindern (zu Ausbildungszwecken oder mit einem getrennt lebenden Elternteil) die Fragen für abstrakt klärungsbedürftig,

 -

ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes von türkisch-stämmigen Kindern, die zwecks Verwurzelung im Heimatland der Eltern in dieses Land geschickt werden, auch auf Fälle anwendbar sind, in denen ein deutschstämmiges Kind auf ausländischem Boden in einem Umfeld ausgebildet wird, das dem inländischen weitgehend entspricht,

 -

nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen einem Aufenthalt zu Urlaubs-, Besuchs- oder familiären Zwecken und einem Aufenthalt zu Wohnzwecken vorzunehmen ist,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind, das zu seiner Mutter ins Ausland reist, die tatsächliche Vermutung besteht, dass es dort zumindest für die Dauer des Kindergartenbesuchs verweilen wird,

 -

ob bei einem 3 1/2-jährigen Kind die tatsächliche Vermutung besteht, dass es eine natürliche Neigung zur Mutter hat und deshalb immer --unabhängig von den konkreten Umständen-- bei der Mutter wohnen möchte,

-

ob ein 3 1/2-jähriges Kind seine Familie im Inland grundsätzlich jeden Monat, mindestens aber alle zwei Monate besuchen muss, damit kein Verlust der familiären Bindungen angenommen werden kann, der auf eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes hindeuten kann,

 -

ob auch dann eine Verwurzelung im Ausland angenommen werden kann, wenn ein deutschstämmiges Kind sich in einem deutschsprachigen, von der deutschen Kultur geprägten Umfeld aufhält und eine deutsche Schule besucht, die aufgrund des deutschen Lehrplans einen jederzeitigen Wechsel an eine inländische Schule ermöglicht, und

 -

ob die Begründung eines weiteren steuerlichen Wohnsitzes eines 3 1/2-jährigen Kindes im Ausland zwangsläufig zur Aufgabe des inländischen Wohnsitzes des Kindes führt.

7

b) aa) Der BFH hat die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) im Inland hat, durch langjährige Rechtsprechung geklärt (vgl. etwa Urteile vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 294, m.w.N., und vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013). Danach setzt der Wohnsitzbegriff neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Nutzer tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit --wenn auch in größeren Zeitabständen-- aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus.

8

Die gesetzliche Regelung geht dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Es handelt sich deshalb um eine Prognoseentscheidung. Im Einzelfall können auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen allerdings kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen.

9

bb) Ob ein Kind im Einzelfall seinen Wohnsitz im Inland hat, hat das FG unter Anwendung der Rechtsgrundsätze der BFH-Rechtsprechung nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen. Das gilt auch für die Entscheidung, ob ein 3 1/2-jähriges Kind, das zu der geschiedenen Mutter ins außereuropäische Ausland zieht und dort deutschsprachige Schulen besucht, bei dem im Inland wohnenden Vater einen (weiteren) Wohnsitz behält oder erneut begründet. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2009 III B 80/08, juris, und vom 8. März 2010 III B 123/09, BFH/NV 2010, 1288). Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die in der Rechtsprechung zu dem Problemkreis noch nicht gewürdigt wurden. Insbesondere hat der BFH bereits entschieden, dass hinsichtlich der Frage, ob durch einen längeren Auslandsaufenthalt eines Kindes der inländische Wohnsitz aufgegeben wird bzw. unter welchen Umständen ein inländischer Wohnsitz neu begründet wird, in die Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände einzubeziehen ist, wie oft und wie lange sich das Kind zwischenzeitlich im Inland aufgehalten hat (z.B. Senatsbeschluss vom 27. August 2010 III B 30/09, BFH/NV 2010, 2272, m.w.N.) und ob sich bei einem minderjährigen Kind aus den familiären und kulturellen Umständen am Aufenthaltsort Hinweise für das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen ergeben (Senatsurteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).

10

Das FG hat die einzelnen Umstände, die bei der im Streitfall vorliegenden Sachverhaltskonstellation zu berücksichtigen sind, erwogen. Es ist dabei insbesondere vor dem Hintergrund, dass M bereits mit 3 1/2 Jahren auf nicht absehbare Zeit zur Mutter nach X gezogen und während der ersten fast vier Jahre nicht zum Kläger nach Deutschland zurückgekehrt ist, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass M keinen Wohnsitz in Deutschland mehr hatte. Der Entscheidung des FG als Tatsacheninstanz kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2006 III B 67/05, BFH/NV 2006, 1255).

11

2. Aus den gleichen Gründen ist auch der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) nicht gegeben. Als spezieller Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt auch dieser Zulassungsgrund voraus, dass über eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2006 III B 2/05, BFH/NV 2006, 910, m.w.N.).

12

3. Eine Zulassung der Revision kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erfolgen.

13

a) Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die sich auf die Abweichung der Vorentscheidung von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen FG stützt, muss der Beschwerdeführer neben der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (z.B. Senatsbeschluss vom 27. April 2011 III B 62/10, BFH/NV 2011, 1379). Eine schlüssige Rüge setzt weiter die Darlegung voraus, dass die Entscheidungen zu gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalten ergangen sind (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2008 II B 47/07, BFH/NV 2008, 1846).

14

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, das FG-Urteil sei geeignet, hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen eine negative Vorbildfunktion für zukünftige Verfahren zu entwickeln. Ferner hat er geltend gemacht, das FG habe entgegen dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung bei der Wohnsitzbestimmung den Willen der Eltern zur Bestimmung des Willens des Kindes herangezogen. Schließlich weiche das FG auch erheblich von der geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, wenn es fordere, zur Aufrechterhaltung der familiären Bindung müsse ein monatlicher Besuch des Kindes bei der Familie im Inland erfolgen.

15

Aus diesen Ausführungen wird weder deutlich, von welcher Entscheidung und welchem Rechtssatz eines anderen Gerichts das FG-Urteil abweicht, noch ergibt sich hieraus Näheres zum Vorliegen vergleichbarer Sachverhaltskonstellationen.

16

4. Die Revision ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

17

a) Zur ordnungsgemäßen Rüge der Verletzung der Amtsaufklärungspflicht bedarf es der Darlegung, welche Fragen tatsächlicher Art aufklärungsbedürftig waren, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG ungenutzt ließ, warum der Kläger nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich die Notwendigkeit der Beweiserhebung gleichwohl dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Ferner ist darzulegen, dass der Kläger die nach seiner Ansicht unzulängliche Sachaufklärung vor dem FG gerügt hat oder ihm eine solche Rüge nicht möglich gewesen sei (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2006 III B 143/05, BFH/NV 2006, 1058).

18

b) Im Streitfall fehlt bereits der Vortrag des Klägers, weshalb er während des finanzgerichtlichen Verfahrens keine entsprechende Beweisaufnahme zu dem nach seiner Ansicht aufklärungsbedürftigen Sachverhalt der Beibehaltung eines (jedenfalls zweiten) Wohnsitzes in Deutschland beantragt hat. Auch geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. November 2009 nicht hervor, dass der Kläger die Nichterhebung von Beweisen gerügt hat.

19

5. Letztlich wendet sich der Kläger mit seinen Ausführungen gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.

Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist deutsche Staatsangehörige und lebt mit ihrem Ehemann und ihrem im Dezember 2009 geborenen Sohn in Kenia. Laut Bescheinigung des Finanzamts X vom 9. September 2010 wird die Klägerin nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.

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Ihren im Januar 2010 gestellten Kindergeldantrag lehnte die Familienkasse X mit Bescheid vom 22. September 2010 mit der Begründung ab, dass das Kind keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem diesem gleichstellten Staat (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG) habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) --nach aus Gründen der Zuständigkeit erfolgter Abgabe des Falles-- mit Einspruchsentscheidung vom 24. November 2010 als unbegründet zurück.

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Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass ein Kindergeldanspruch einfachgesetzlich durch § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG ausgeschlossen werde, da das Kind die dort aufgestellten Voraussetzungen hinsichtlich des Wohnorts bzw. gewöhnlichen Aufenthalts nicht erfülle. Die insoweit vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung zwischen den nach § 1 Abs. 2 EStG Steuerpflichtigen und den nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelten Steuerpflichtigen sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

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Mit der dagegen gerichteten Beschwerde begehrt die Klägerin sinngemäß die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat den behaupteten Zulassungsgrund nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.

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Der Vortrag der Klägerin genügt nicht den Anforderungen zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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a) Hierzu bedarf es substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Oktober 2010 II B 39/10, BFH/NV 2011, 206). Die Beschwerde muss sich insbesondere mit der einschlägigen Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie ggf. mit veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46). Macht ein Beschwerdeführer verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung geltend, so ist darüber hinaus eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der rechtlichen Problematik erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2010 III B 82/10, BFH/NV 2011, 38).

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b) Diesen Erfordernissen genügt der Vortrag der Klägerin nicht.

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aa) Die Klägerin hat schon nicht den für die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG maßgeblichen abstrakten Prüfungsmaßstab aufgezeigt, an dem die in Rede stehenden Vorschriften zu messen sind. Hierzu hätte Anlass bestanden, weil das einkommensteuerrechtliche Kindergeld zwei unterschiedlichen Sachbereichen --zum einen der steuerlich gebotenen Verschonung des Familienexistenzminimums (Entlastungsfunktion), zum anderen der Förderung der Familie (Förderfunktion)-- zuzuordnen ist und je nachdem, welcher der beiden Bereiche betroffen ist, unterschiedliche Maßstäbe für die Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht kommen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84 u.a., BVerfGE 82, 60; vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, unter B.I.2.).

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bb) Soweit die Entlastungsfunktion der in Rede stehenden Vorschriften betroffen ist, ist ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht ersichtlich, weil im Falle einer unbeschränkten Steuerpflicht der Klägerin --gleichviel, ob sich diese aus § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG ergäbe-- das Existenzminimum des Sohnes durch den Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) freigestellt ist (Schmidt/Loschelder, EStG, 31. Aufl., § 32 Rz 7). Dieser Freibetrag wird dem Grunde nach unabhängig davon gewährt, ob das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im In- oder Ausland hat (§ 32 Abs. 6 Satz 4 EStG).

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cc) Soweit die Klägerin einen Verfassungsverstoß wegen gleichheitswidriger Ausgestaltung der Förderfunktion annehmen will, fehlen jegliche Ausführungen dazu, warum die vorgenommene Abgrenzung der Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des BFH sachlich nicht hinreichend gerechtfertigt sein soll.

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Bei der Überprüfung, ob eine Regelung, die allein eine Begünstigung gewährt, den begünstigten vom nicht begünstigten Personenkreis im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz abgrenzt, ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner hierbei grundsätzlich weiten Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Allerdings ist dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung der Leistungsberechtigten nicht gestattet, sachwidrig zu differenzieren (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 164).

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(1) Die Klägerin behauptet zwar, die nicht erfolgte Einbeziehung der bei einem privaten Arbeitgeber Beschäftigten in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 EStG sei gleichheitswidrig. Es fehlt aber jegliche Auseinandersetzung mit der Frage, warum der mit § 1 Abs. 2 EStG verfolgte Zweck --einerseits die Nachteile der beschränkten Steuerpflicht, andererseits das Entstehen unbesteuerter Einkünfte zu vermeiden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 22. Februar 2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106, unter B.I.2.c cc)-- nicht auch die erfolgte Abgrenzung der Leistungsberechtigten rechtfertigen kann. Insoweit setzt sich die Klägerin auch nicht mit dem Umstand auseinander, dass Mitglieder und Beschäftigte diplomatischer Missionen sowie konsularischer Vertretungen und deren Angehörige --im Gegensatz zu den bei privaten Arbeitgebern Beschäftigten-- hinsichtlich ihrer Ansässigkeit den Regelungen internationaler Übereinkommen (insbesondere dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen bzw. dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen) unterliegen. Im Übrigen können auch die bei einem privaten Arbeitgeber Beschäftigten nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG kindergeldberechtigt sein, wenn sich ihre Einkünfte innerhalb der Grenzen des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG bewegen.

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(2) Soweit die Klägerin einen Gleichheitsverstoß darin erblicken will, dass die in § 1 Abs. 3 EStG genannten Personen zwar als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden und grundsätzlich kindergeldberechtigt sind, aber --anders als die in § 1 Abs. 2 EStG Genannten-- für ihre in deren Haushalt lebenden Kinder, die weder über einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat verfügen, keinen Kindergeldanspruch haben, finden sich in der Beschwerdebegründung keine Ausführungen zur Frage, warum nicht das Territorialitäts-Prinzip hierfür einen ausreichenden sachlichen Differenzierungsgrund liefern kann. Nach Auffassung des BFH ist die Anknüpfung der Kindergeldberechtigung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG als weitere Ausprägung des Territorialitäts-Prinzips nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351, unter II.1.e, m.w.N; Senatsbeschluss vom 12. Juli 2011 III B 111/10, BFH/NV 2011, 1897, unter II.1.b cc (2), m.w.N.). Hierzu wird im Fachschrifttum u.a. die Meinung vertreten, die Gewährung des der Familienförderung dienenden Kindergeldes für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat hätten, jedoch im Haushalt eines Berechtigten nach § 1 Abs. 2 EStG lebten, rechtfertige sich mit dem bei diesem Personenkreis typischerweise fortbestehenden größeren Inlandsbezug (Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 63 EStG Rz 72). Auch wird ein hinreichender Differenzierungsgrund darin erblickt, dass die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG zwingend vorgeschrieben und daher unvermeidbar ist, während dem Steuerpflichtigen, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG erfüllt, ein Wahlrecht eingeräumt wird, ob er als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden will, so dass er diesen Antrag nur zu stellen braucht, wenn er hieraus einen Vorteil ziehen kann (Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 63 Rz 7). Gleichwohl enthält die Beschwerdebegründung hierzu keine Ausführungen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.