Finanzgericht München Urteil, 30. Juli 2014 - 9 K 3048/13

bei uns veröffentlicht am30.07.2014

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Streitig sind die Rechtmäßigkeit der Einspruchsentscheidung, das Eingreifen der Festsetzungsverjährung sowie die Zulässigkeit einer Rückstellung wegen Schadensersatzes.

Der Kläger war in den Jahren 1984 bis 2010 als Unternehmensberater in Form eines Einzelunternehmens (F) tätig. Im Jahr 1991 gründete der Kläger die Entwicklungsgesellschaft Industriepark L Gesellschaft mit beschränkter Haftung (E). Er war zugleich zusammen mit Herrn J Geschäftsführer der E, die am 3. Juni 1991 mit der Stadt L einen Vertrag über die Projektierung, Erschließung und Vermarktung des Industrie- und Gewerbegebiets L-Süd abschloss. Mit Vertrag vom 15. Juni 1991, auf den im Einzelnen Bezug genommen wird, wurde das Einzelunternehmen F von der E u.a. mit der Übernahme der Projekt- und Ablaufkoordination für das Projekt L-Süd beauftragt.

Im weiteren Verlauf teilte die Stadt L mit Schreiben vom 4. Juli 1994 mit, dass sie beabsichtige, aus dem mit E im Juni 1991 abgeschlossenen Vertrag Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung sowie aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 266 Strafgesetzbuch geltend zu machen, den Geschäftsbesorgungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten und für noch nicht erbrachte Leistungen bereits in Anspruch genommene Honorare teilweise (57 %) zurückzufordern. Mit Schreiben vom 27. Januar 2000 teilte die Stadt weiter mit, dass E die gesetzlichen Bestimmungen für die Inanspruchnahme von Fördermitteln verletzt habe und forderte E auf, Fördermittel i.H.v. 4.491.062,57 DM zurückzuzahlen. Der rechtliche Vertreter der E wies die Forderungen in beiden Fällen zurück. In der Folgezeit erfolgten weder eine gerichtliche noch eine außergerichtliche Entscheidung.

Der Kläger stellte im Jahresabschluss der F zum 31. Dezember 1993 eine Rückstellung i.H.v 57 % der Honorare (1.154.286 DM) ein, die er in der Bilanz zum 31. Dezember 2001 i.H.v. 869.714,50 DM auflöste. Der Gewinn 2000 der F wurde mit ./. 63.482 DM erklärt. Die Veranlagung 2000 erfolgte erklärungsgemäß mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Einkommensteuer(ESt)-Bescheid vom 15. April 2000. Die festgesetzte ESt betrug 0 €, der Gesamtbetrag der Einkünfte ./. 127.632 DM. Unter dem gleichen Datum erging ein Verlustfeststellungsbescheid mit einem festgestellten Verlust i.H.v. 738.054 DM.

Für die Jahre 2000 bis 2002 fand eine Außenprüfung statt, bei der die Prüferin zu dem Ergebnis kam, dass die Rückstellung bei der F unzulässig gewesen, der falsche Bilanzansatz im Jahr 2000 erfolgswirksam richtigzustellen und die Rückstellung i.H.v. 1.154.138 DM aufzulösen sei. Im Einzelnen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 10. Oktober 2008, in dem als Prüfungsbeginn der 11. Oktober 2006 angegeben war, sowie die Betriebsprüfungsakten Bezug genommen. Das zuständig gewordene Finanzamt (FA) C (Beklagter), schloss sich der Beurteilung an, änderte den ESt-Bescheid 2000 unter dem Datum vom 27. Oktober 2008 nach § 164 Abs. 2 AO, setzte die ESt 2000 unter Anrechnung eines Verlustabzugs i.H.v. 738.000 DM mit 50.295,78 € fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug nunmehr 1.026.506 DM. Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2000 erfolgte unter demselben Datum mit 0 DM.

Im Rahmen des dagegen geführten Einspruchsverfahrens stellte der Kläger einen Antrag auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a AO wegen des Komplexes des § 823 BGB. Das FA ging in einer Stellungnahme der Prüferin vom 20. Februar 2009 und der Rechtsbehelfsstelle vom 10. Januar 2013 darauf ein. Auf die Stellungnahmen wird im Einzelnen Bezug genommen. Der Kläger nahm dazu seinerseits mit Schreiben vom 13. Februar und 8. August 2013, auf die Bezug genommen wird, Stellung. Zudem stellte das FA am 26. März 2013 ein Auskunftsersuchen an die Stadt L. Die Stadt L teilte daraufhin unter dem Datum vom 23. Mai 2013 mit, dass Ansprüche auf Rückforderung von Fördermitteln der I-Bank des Landes B im Zusammenhang mit dem Vertrag zwischen der Stadt L und der E vom 3. Juni 1991 nicht bestünden. Ansprüche seien in der Vergangenheit nicht realisiert worden. Recherchen hätten ergeben, dass ein direkter Rückgriff auf den Subunternehmer F nicht vorgesehen gewesen sei. Auf das Schreiben wird im Einzelnen Bezug genommen. Das FA wies den Einspruch ohne Durchführung eines Erörterungstermins mit Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2013 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger die Rechtswidrigkeit der Einspruchsentscheidung wegen Verletzung des Rechts auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands sowie den Eintritt der Festsetzungsverjährung geltend macht und die Anerkennung der Rückstellung begehrt. Zur Begründung trägt er vor, das FA sei verpflichtet gewesen, vor Erlass einer Einspruchsentscheidung die beantragte Erörterung durchzuführen. Ein Ausnahmefall, der eine ermessensfehlerfreie Nichtdurchführung rechtfertigen würde, läge nicht vor. Im Rahmen einer Erörterung hätte er die Frage von möglichen Schadensersatzforderungen gegen die F erörtert. Dies hätte möglicherweise zu einer anderen Entscheidung des FA geführt. Die Einspruchsentscheidung, die insoweit isoliert angefochten werde, sei daher rechtswidrig.

Die Festsetzungsfrist sei abgelaufen. Die Außenprüfung sei dann begonnen, wenn der Prüfer vor Ablauf der Festsetzungsfrist konkrete Handlungen zur Ermittlung des Steuerfalles in einem Umfang aufnehme, der im Verhältnis zur Gesamtheit der zu prüfenden Sachverhalte von Gewicht sei. Die pauschale Behauptung des FA, der Prüfer habe sich an Amtsstelle mit dem Studium der Akten befasst, reichten ebenso wenig, wie Ermittlungshandlungen, die die zu prüfenden Steuern nicht beträfen. Insbesondere dokumentiere der mit Bleistift vorgenommene Aktenvermerk vom 7. Dezember 2006 lediglich, welche Akten der Prüferin anlässlich ihres Erscheinens beim steuerlichen Berater übergeben worden seien. Die pauschale Angabe im Aktenvermerk zum Prüfungsbeginn am 7. Dezember 2006 um 9.00 Uhr sei daher weder nachvollziehbar noch nachprüfbar. Das FA trage allerdings für den Nachweis der Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist die Feststellungslast. Zumindest sei die Prüfung, so sie am 7. Dezember 2006 begonnen hätte, jedenfalls für mehr als sechs Monate unterbrochen gewesen, da es in der Zwischenzeit an Prüfungshandlungen von einigem Gewicht gemessen am gesamten Prüfungsstoff gefehlt habe.

Die Voraussetzungen des § 249 Handelsgesetzbuch (HGB) zur Rückstellungsbildung hätten vorgelegen. Die Stadt L habe durch ihren damaligen rechtlichen Vertreter gegenüber der E den Vorwurf erhoben, es seien unrechtmäßig Honorare für nicht erbrachte Leistungen in Anspruch genommen worden. Aus diesem Grund mache man Schadensersatzansprüche geltend und fordere die Rückzahlung des rechtswidrig in Anspruch genommenen Teils des vereinbarten Gesamthonorars. Die grundsätzlichen handels- und steuerrechtlichen Voraussetzungen für eine Rückstellungsbildung hätten damit vorgelegen. Er habe sich damals in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer an den damaligen steuerlichen Berater gewandt. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass für eine Rückstellungsbildung ausreichend Anlass bestehe. Zum einen sei die F im Falle eines Konkurses der E nicht vor einer Inanspruchnahme der Stadt L geschützt zum anderen sei die F aufgrund ihres Vertrags mit der E als Subunternehmer auch für die (nicht-technische) Projektkoordination und Ablaufplanung zuständig gewesen. Dazu hätten auch die Auszahlungen an die Leistungserbringer unter Beachtung der dafür geltenden vertraglichen und gesetzlichen Vorschriften gezählt. Außerdem habe die F aufgrund § 7 des Vertrags mit der E alle "Auswirkungen der Reduzierung eines Mittelzuflusses" anerkannt. Auch seine damaligen rechtlichen Vertreter hätten ihm mitgeteilt, dass er sich in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer strafbar machen würde, wenn er in Kenntnis dieser Tatsachen in seinem Einzelunternehmen nicht vorsorglich eine Rückstellung bilden würde. Außerdem sei mitgeteilt worden, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung ausnahmsweise direkt gegen den Subunternehmer selbst geltend gemacht werden könnten. Im Jahr 1998 habe das damals zuständige FA M das Einzelunternehmen F geprüft. Dabei sei auch die Rückstellung überprüft wurden. Das FA habe die Rückstellungsbildung nicht beanstandet. Die Rückstellungsbildung sei auch im Jahr 2000 noch einmal mit dem steuerlichen Berater besprochen worden. Dieser habe ihm auch zu diesem Zeitpunkt geraten, die Rückstellung beizubehalten. Die nun vom Finanzamt im Jahr 2013 von der Stadt L erhaltene ex-post Aussage habe keine Relevanz für die Frage, ob eine vom Kläger im Jahr 1994 und 2000 vorgenommene Abwägung richtig oder falsch gewesen sei.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 13. November und 10. Dezember 2013, 26. Januar, 13. März und 24. April 2014 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 27. Oktober 2008 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2000 und die jeweilige Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2013 aufzuheben,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Kläger wurde am 10. Februar 2014 Akteneinsicht gewährt.

Mit Beschluss vom 15. Januar 2013 Az. 9 V 3151/13 lehnte der Senat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, mit Beschluss vom 23. Januar 2013 Az. 9 K 3048/13 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. Die dagegen erhobenen Anhörungsrügen wies der Senat jeweils mit Beschlüssen vom 25. Februar 2014 zurück.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2014 wurde der Rechtstreit dem Einzelrichter zu Entscheidung übertragen.

Das Gericht hat aufgrund des Beschlusses vom 30. Juli 2014 Beweis zu erhoben über die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit der beim Kläger aufgrund der Prüfungsanordnung vom 13. September 2006 durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 durch Vernehmung der Prüferin Frau R. Hinsichtlich der Aussagen der Zeugin und das weitere Vorbringen der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2014 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das FA die gebildete Rückstellung nicht anerkannt und zum 31. Dezember 2000 aufgelöst und den bestehenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 1999 verrechnet.

1. Die Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2013 ist nicht aufgrund der Nichtdurchführung der beantragten Erörterung der Sach- und Rechtslage nach § 364a AO rechtswidrig.

a) Nach § 364a AO soll die Finanzbehörde auf Antrag des Einspruchsführers vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Sach- und Rechtsstand erörtern. § 364a AO dient der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs. Ein mögliches Ziel ist insbesondere der Abschluss einer sog. tatsächlichen Verständigung. Es handelt sich insoweit um eine Ermessensvorschrift. Lässt es der Zweck der Vorschrift allerdings geboten erscheinen, ist der Erörterungstermin anzuberaumen (Madle in Leopold/Madle/Rader, AO, § 364a Rz. 2; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364a AO Tz. 2, 5 f., jeweils m.w.N.). Das Finanzgericht kann für den Fall, dass das Finanzamt im jeweiligen Streitfall verpflichtet gewesen wäre, die beantragte Erörterung durchzuführen, zwar die Einspruchsentscheidung isoliert aufheben. Die Frage, unter welchen Umständen das Finanzgericht verpflichtet ist, eine Einspruchsentscheidung ohne Entscheidung in der Sache aufzuheben, weil das FA einen Antrag des Klägers auf Erörterung nach § 364a AO abgelehnt hat oder nicht nachgekommen ist, lässt sich allerdings nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantworten. Eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung – gleichgültig ob sie auf § 100 Abs. 1 oder auf § 100 Abs. 3 FGO beruht – kommt lediglich dann in Betracht, wenn der Kläger vorträgt, inwiefern er durch die Ablehnung der Erörterung im Einspruchsverfahren beschwert worden ist (§ 40 Abs. 2 FGO). Deshalb muss er darlegen, was er erörtert hätte. Es muss nach dem Vortrag möglich sein, dass das Einspruchsverfahren aufgrund der Erörterung nach § 364a AO anders als vorliegend abgeschlossen worden wäre. Zugleich muss der Kläger auch darlegen, dass er ein berechtigtes Interesse daran hat, dass die Sache noch einmal an das FA zurückgeht (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 2012 I R 63/11, BStBl II 2012, 539, und BFH-Beschluss vom 6. September 2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166, jeweils m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Der Kläger hat zwar die Themen umrissen, die er erörtern wollte. Den Antrag beim FA hat er im Hinblick auf eine Erörterung des Komplexes einer möglichen Schadensersatzforderung gegenüber der F und einer eventuellen Durchgriffshaftung nach § 823 BGB gestellt (Bl. 54 Rechtsbehelfsakte). Darauf bezieht er sich auch in seinem Prozesskostenhilfeantrag bzw. der Klageschrift. In der Klageschrift benennt er zusätzlich die Frage der Festsetzungsverjährung als Erörterungsthema. Ob die Nennung der Thematik allein einem „darlegen“ im Sinne der BFH-Rechtsprechung genügt, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls scheint es nach Aktenlage nicht möglich, dass das Einspruchsverfahren aufgrund der Erörterung anders als vorliegend abgeschlossen worden wäre. Zu den jeweiligen Themenkomplexen ist umfangreicher Schriftverkehr geführt worden. Auch der Kläger trägt in der mündlichen Verhandlung vor, sein damaliger steuerlicher Vertreter habe bei der Einlegung des Einspruchs im Schriftsatz vom 24. November 2008 auf Seite 2 bereits auf das Problem der Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne vom § 823 BGB hingewiesen. Auch habe er alle Punkte die jetzt unter 3.3 bis 3.10 der Klageergänzung vom 24. April 2014 aufgeführt sind bereits im Laufe des Verfahrens bzw. während der Prüfung angesprochen. Damit sind alle Themenkomplexe im Rahmen der Prüfung bzw. des Einspruchsverfahrens angesprochen worden. Ob dies im Rahmen des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung oder unmittelbar im Prüfungs-/Rechtsbehelfsverfahren geschehen ist, ist unerheblich, da es beim Antrag auf Aussetzung der Vollziehung letztlich auf die Erfolgsaussicht im Einspruchsverfahren ankommt und beide Verfahren zueinander in Beziehung stehen. Ein Verfahren über eine Aussetzung der Vollziehung ist ohne Rechtsbehelfsverfahren nicht möglich. Das FA hat sich mit den angesprochenen Themenkomplexen auseinandergesetzt (vgl. Aktenvermerk Bl. 71 Rechtbehelfsakte, Stellungnahme der Prüferin vom 20. Februar 2009; Stellungnahme der Rechtsbehelfsstelle vom 10. Januar 2013 sowie Antwort des Klägers vom 13. Februar 2013; Auskunftsersuchen an die Stadt L vom 26. März 2013; Schreiben des Klägers vom 8. August 2013 u.a. bezüglich der Frage der Festsetzungsverjährung; Aktenvermerk des FA Bl. 132 Rechtsbehelfsakte). Das FA hat die Fragen, bei denen es sich im Ergebnis um Rechtsfragen handelt, umfassend gewürdigt und nach Würdigung entschieden. Dass eine weitere Erörterung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, ist daher nicht anzunehmen.

Im Übrigen hat der Kläger nicht dargelegt, welches Interesse er hat, dass die Sache noch einmal an das FA zurückgeht, denn es geht nicht mehr um die Aufklärung eines lückenhaften Sachverhalts, sondern um die Rechtsanwendung (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., Tz. 6).

2. Die Festsetzungsverjährung für die Einkommensteuer 2000 ist bei Erlass des Änderungsbescheids am 27. Oktober 2008 noch nicht abgelaufen.

a) Gemäß § 169 Abs. 1 AO ist u.a. eine Änderung der Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Nach Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift beträgt die Festsetzungsfrist für die ESt vier Jahre. Sie beginnt nach § 170 Abs. 2 AO i.V.m. § 25 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung und § 56 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Der Kläger hat die ESt-Erklärung 2000 am 12. März 2002 abgegeben. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des 31. Dezember 2002 zu laufen und hätte grundsätzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2006 geendet.

b) Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird jedoch nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt, wenn vor deren Ablauf mit einer Außenprüfung begonnen wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass Maßnahmen eines Außenprüfers zur Ermittlung eines Steuerfalles Prüfungshandlungen sind, und zwar auch dann, wenn sie auf die Vorlage von Unterlagen gerichtet sind. Derartige Maßnahmen können auch Schreiben an den Steuerpflichtigen sein, wenn Prüfungshandlungen in den Geschäftsräumen nicht möglich sind. Auch das Einführungsgespräch mit dem Berater oder Steuerpflichtigen zählt dazu. Bloße Scheinhandlungen genügen dagegen nicht. Das vor dem in der Prüfungsanordnung genannten Termin durchgeführte Aktenstudium zählt dagegen noch zur Prüfungsvorbereitung. Über den Prüfungsbeginn ist ein Aktenvermerk zu machen. Auf die förmliche Dokumentation kommt es jedoch nicht an, wenn der Prüfungsbeginn aus den tatsächlichen Ermittlungshandlungen feststellbar ist (BFH-Urteile vom 19. März 2009 IV R 26/08, BFH/NV 2009, 1405; vom 8. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl II 2010, 4; BFH-Beschluss vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838; Seidel in Leopold/Madle/Rader, AO, § 199 Rz. 3 m.w.N.). Wird die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen, die die Finanzbehörde zu vertreten hat, tritt die Ablaufhemmung nicht ein (§ 171 Abs. 4 Satz 2 AO). Wurde jedoch mit der Prüfung begonnen, so greift die Sechs-Monats-Frist nur ein, wenn die Außenprüfung unmittelbar nach dem Beginn unterbrochen wurde. Wird die Prüfung hingegen erst zu einem späteren Zeitpunkt unterbrochen, wird dadurch die mit dem Prüfungsbeginn ausgelöste Ablaufhemmung nicht berührt; das gilt auch dann, wenn die Prüfung für einen längeren Zeitraum unterbrochen wird (Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 101 m.w.N.).

c) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Ausweislich des Aktenvermerks vom 11. Oktober 2006 fand an diesem Tag das Einführungsgespräch mit dem damaligen steuerlichen Vertreter des Klägers statt, in dem auch die Bildung der Rücklage zur Sprache kam. Dies reicht nach der Rechtsprechung des BFH für den Prüfungsbeginn aus. Zusätzlich dokumentiert ein Aktenvermerk vom 7. Dezember 2006 die Durchführung von Prüfungshandlungen. Dabei hat die Prüferin einzelne Kontobuchungen geprüft. Bereits im Vorfeld hatte die Prüferin mehrfach versucht, mit der Prüfung zu beginnen (vgl. Aktenvermerk über die Telefonate vom 13. Juni bzw. 1. August 2006). Dies scheiterte jedoch daran, dass eine vom Steuerberater des Klägers avisierte Terminvereinbarung nicht eingehalten wurde. Aus dem aktenkundlichen Bemühen der Prüferin, rechtzeitig mit der Prüfung zu beginnen, wird ebenfalls deutlich, dass es nicht beabsichtigte war, zum Zwecke der Ablaufhemmung Scheinhandlungen vorzunehmen, sondern ernsthaft mit der Prüfung zu beginnen.

Nach Aktenlage und Durchführung der mündlichen Verhandlung steht für das Gericht fest, dass mit der Prüfung, wie auf dem Prüfbericht vermerkt, am 11. Oktober 2006 begonnen und die Prüfung am 7. Dezember 2006 fortgesetzt wurde, sodass der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt war. Die glaubwürdige Zeugin gab in der mündlichen Verhandlung glaubhaft an, am 11. Oktober 2006 habe sie verschiedene Punkte mit dem Steuerberater besprochen. Es wurde insbesondere erörtert warum die Gewinnermittlungen für die beiden Firmen getrennt waren. Sie wollte zudem wissen ob es sich um eine Tätigkeit nach § 15 oder § 18 handelt. Ihr sei insbesondere aufgefallen, dass bei der CC hohe Verluste aufgelaufen waren. Im weiteren Verlauf habe sie die Unterlagen bekommen. Am 11.10.2006 sei außerdem die Frage der Rückstellung bei der F besprochen worden. Es ging des Weiteren um Fragen der Abwicklung der beiden Firmen. Sie forderte zudem anwaltliche Unterlagen zur Auflösung der Rückstellungen an.

Richtig gibt der Kläger zwar zu bedenken, dass die Faxzusendung durch seinen steuerlichen Vertreter an das FA am 23. Januar 2007 allein keine Prüfungshandlung darstellt und der nächste Aktenvermerk erst am 13. September 2007 verfasst wurde, also nach über sechs Monaten. Die Zeugin gibt allerdings an, sie habe am 7.12.2006 und in der Folgezeit die Unterlagen gesichtet, die Bankverbindungen und die Kontostände festgehalten und die Kontozuflüsse aufgeschrieben. Sie habe die Miete und die Kfz-Kosten, die Reisekosten, den Zinsertrag, die Steuerberatungskosten und die Kfz-Steuer sowie die Barbelege geprüft. Es handle sich dabei um eine gewichtige Tätigkeit, da diese Ermittlungen Grundlage für das weitere Vorgehen seien. Die eingegangen Unterlagen habe sie laufend bearbeitet. Auch anhand der Vermerke auf den dem FA vom Steuerberater am 23. Januar 2007 zugefaxten Unterlagen sei ersichtlich, dass von ihr in der Folgezeit Prüfungshandlungen vorgenommen worden seien. Sie wisse noch, dass sie beim FA MG angerufen habe, Allerdings könne sie nicht mit Bestimmtheit sagen, ob in der Folgezeit eine längere Unterbrechung der Prüfung stattgefunden habe. Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass tatsächlich zwischen dem 7. Dezember 2006 und dem 13. September 2007 keine Prüfungshandlungen vorgenommen wurden, ist dies unbeachtlich, da sie nicht unmittelbar an den Beginn der Prüfung am 11. Oktober 2006 anschließt, sondern an die weitere Prüfung am 7. Dezember 2006. Die Ablaufhemmung hinsichtlich der Festsetzungsfrist ist also auch nicht nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO rückwirkend entfallen.

3. Die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung in der F, dem Einzelunternehmen des Klägers, liegen nicht vor.

a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, unter II.3.a, juris Rz 24; BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 11, m.w.N.; BFH-Urteil vom 17. Oktober 2013 IV R 7/11, DStR 2013, 2745). Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach – deren Höhe zudem ungewiss sein kann – sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein(vgl. z.B. BFH-Urteil in DStR 2013, 2745 m.w.N.). Zudem darf es sich bei den Aufwendungen gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG nicht um (nachträgliche) Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln. Tritt der Rückstellungsfall nicht ein bzw. liegen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Voraussetzungen zur Bildung oder Beibehaltung der Rückstellung nicht mehr vor, ist die Rückstellung wieder aufzulösen. Ein unrichtiger Bilanzansatz ist grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Eine Nachholung der Korrektur nach dem Grundsatz des "formellen Bilanzenzusammenhangs" kommt nur in Betracht, wenn und soweit die Schlussbilanzen für vorangegangene Jahre Grundlagen für Steuerbescheide sind, die aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden dürfen (BFH-Beschluss vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BStBl II 2006, 928; Schmidt/Heinicke, EStG, 32. Aufl., § 4 Rz. 682 ff., 685, 689).

b) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung im Streitfall nicht vor. Eine drohende Inanspruchnahme der F für eine Schadensersatzforderung der Stadt L war nach Aktanlage weder seitens der Stadt L noch seitens der E gegeben.

Die Stadt L hat in ihren Schreiben vom 4. Juli 1994 hinsichtlich in Anspruch genommener Honorare für noch nicht erbrachte Leistungen und vom 27. Januar 2000 bezüglich der Verletzung der gesetzlichen Bestimmungen für die Inanspruchnahme von Fördermitteln ausschließlich der E eine Inanspruchnahme als ihrem Vertragspartner angedroht. Ob möglicherweise ein zusätzlicher Anspruch gegen die F nach § 823 Abs. 2 BGB im Rahmen einer Störerhaftung gegeben gewesen wäre, für den die E und F lediglich als Gesamtschuldner gehaftet hätten (§ 840 BGB), kann dahinstehen. Denn eine Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches seitens der Stadt L gegenüber der F erfolgte unstrittig zu keiner Zeit. Wie die Stadt mit Schreiben vom 23. Mai 2013 bestätigte, war ein Rückgriff auf den Subunternehmer F auch nie vorgesehen. Warum diese Aussage nach Ansicht des Klägers nicht verlässlich sein soll, ist nicht erkennbar. Nach den Angaben der Stadt wurde der Vorgang vor Erstellung des Schreibens geprüft. Außerdem hat auch der Kläger unter Punkt 3.18 seines Schriftsatzes vom 24. April 2014 vorgetragen, dass es zwischen der E GmbH und der Stadt L zwar Schriftverkehr hinsichtlich der Forderungen der Stadt L gegen die E GmbH gegeben habe. Es sei in den Folgejahren jedoch weder zu einer gerichtlichen noch außergerichtlichen Entscheidung gekommen. Dies untermauert die Richtigkeit der Stellungnahme der Stadt L vom 23. Mai 2013.

Der Hinweis auf eine Durchgriffshaftung führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Durchgriffshaftung tritt ausnahmsweise im Fall einer sog. Vermögensvermischung ein. Sie ist eine Verhaltenshaftung und führt beim Gesellschafter-Geschäftsführer zum Wegfall des Haftungsprivilegs gemäß § 13 Abs. 2 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. November 2005 II ZR 178/03, BGHZ 165, 85). Die Durchgriffshaftung hätte sich also – wie das Finanzamt richtig feststellt – allenfalls gegen den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer der E gewendet, nicht aber gegen den Kläger als Einzelunternehmer der F. Eine Rückstellungsbildung aufgrund einer drohenden Inanspruchnahme unmittelbar durch die Stadt L scheidet daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen insgesamt aus.

Eine Rückstellungsbildung kommt jedoch auch im Verhältnis E-F nicht in Betracht. Ein Schadensersatzanspruch wurde seitens der E gegenüber der F niemals geltend gemacht. Die Regelungen der §§ 3 und 7 des Subunternehmervertrags zwischen E und F, auf die der Kläger hinweist, rechtfertigen die gebildete Rückstellung ebenfalls nicht. In § 3 werden lediglich die Subunternehmerpflichten festgelegt. § 7 bestimmt, dass sich Auswirkungen, die sich aus einer Reduzierung oder Verzögerung des Mittelzuflusses bei der E ergeben, als von F akzeptiert gelten. Dies hat mit der Geltendmachung eines möglichen Schadensersatzanspruches seitens der E gegenüber F nichts zu tun. Eine verschuldensunabhängige Haftung der F lässt sich daraus ebenso wenig ableiten.

Die Voraussetzungen einer Rückstellungsbildung bei der F liegen damit schon dem Grunde nach insgesamt nicht vor, so dass sich die erst daran anschließende Frage, ob die Rückstellung im Jahr 2000 noch gerechtfertigt war, nicht stellt. Dass der steuerliche Vertreter des Klägers zu einem anderen Ergebnis gekommen ist (vgl. Punkte 3.3 bis 3.10. des Schriftsatzes vom 24. April 2014), an denen sich der Kläger orientiert hat, ändert daran ebenso wenig, wie die Tatsache, dass das FA M in seiner Außenprüfung die Rückstellungsbildung im Jahr 1998 nicht beanstandet hat. Die Voraussetzungen des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind aufgrund der objektiven Gegebenheiten zu prüfen. Auf die subjektiven Vorstellungen des Klägers kommt es dabei nicht an. Hinsichtlich der Prüfung des FA M ist anzumerken, dass In der ESt gilt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gilt. Das jeweilige FA prüft das Vorliegen der Voraussetzungen daher eigenständig. Eine verbindliche Auskunft, die zu einer Bindungswirkung führen könnte, liegt nicht vor.

c) Das Finanzamt hat die Rückstellung richtig in der ersten noch korrigierbaren Schlussbilanz zum 31. Dezember 2000 korrigiert.

4. In der Folge hat das FA den zum 31. Dezember 1999 bestehenden Verlustvortrag zu Recht im Rahmen des ESt-Änderungsbescheides vom 27. Oktober 2008 nach § 10d Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung verrechnet und den verbleibenden Verlustvortag zum 31. Dezember 2000 mit 0 € festgestellt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 364a Erörterung des Sach- und Rechtsstands


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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Auf Antrag eines Einspruchsführers soll die Finanzbehörde vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Sach- und Rechtsstand erörtern. Weitere Beteiligte können hierzu geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält. Die Finanzbehörde kann auch ohne Antrag eines Einspruchsführers diesen und weitere Beteiligte zu einer Erörterung laden.

(2) Von einer Erörterung mit mehr als zehn Beteiligten kann die Finanzbehörde absehen. Bestellen die Beteiligten innerhalb einer von der Finanzbehörde bestimmten angemessenen Frist einen gemeinsamen Vertreter, soll der Sach- und Rechtsstand mit diesem erörtert werden.

(3) Die Beteiligten können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Sie können auch persönlich zur Erörterung geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält.

(4) Das Erscheinen kann nicht nach § 328 erzwungen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1) Auf Antrag eines Einspruchsführers soll die Finanzbehörde vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Sach- und Rechtsstand erörtern. Weitere Beteiligte können hierzu geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält. Die Finanzbehörde kann auch ohne Antrag eines Einspruchsführers diesen und weitere Beteiligte zu einer Erörterung laden.

(2) Von einer Erörterung mit mehr als zehn Beteiligten kann die Finanzbehörde absehen. Bestellen die Beteiligten innerhalb einer von der Finanzbehörde bestimmten angemessenen Frist einen gemeinsamen Vertreter, soll der Sach- und Rechtsstand mit diesem erörtert werden.

(3) Die Beteiligten können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Sie können auch persönlich zur Erörterung geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält.

(4) Das Erscheinen kann nicht nach § 328 erzwungen werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Auf Antrag eines Einspruchsführers soll die Finanzbehörde vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Sach- und Rechtsstand erörtern. Weitere Beteiligte können hierzu geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält. Die Finanzbehörde kann auch ohne Antrag eines Einspruchsführers diesen und weitere Beteiligte zu einer Erörterung laden.

(2) Von einer Erörterung mit mehr als zehn Beteiligten kann die Finanzbehörde absehen. Bestellen die Beteiligten innerhalb einer von der Finanzbehörde bestimmten angemessenen Frist einen gemeinsamen Vertreter, soll der Sach- und Rechtsstand mit diesem erörtert werden.

(3) Die Beteiligten können sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Sie können auch persönlich zur Erörterung geladen werden, wenn die Finanzbehörde dies für sachdienlich hält.

(4) Das Erscheinen kann nicht nach § 328 erzwungen werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, hat mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 während des beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) anhängigen Einspruchsverfahrens um eine Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a der Abgabenordnung (AO) gebeten. Das Gespräch sollte --ggf. in Verbindung mit einer tatsächlichen Verständigung-- der gütlichen Einigung dienen.

2

Das FA lehnte den Antrag mit Schreiben vom 13. Januar 2011 ab und verwies hierbei darauf, dass es im Hinblick auf das erfolglos gebliebene gerichtliche Aussetzungsverfahren keine Möglichkeit einer Verständigung sehe.

3

Auf den Einspruch der Klägerin vom 14. Januar 2011 nahm das FA mit Schreiben vom 11. Februar 2011 dahin Stellung, dass die Ablehnung eines Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands Verwaltungsaktcharakter habe, aber als verfahrensleitende Verfügung entsprechend dem Ablehnungszweck nicht anfechtbar sei. Insoweit werde das Schreiben vom 14. Januar 2011 nicht als Einspruch behandelt. In der Sache verbleibe es aber bei der Ablehnung des Erörterungsantrags. Zwar solle dem Antrag auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands gemäß § 364a Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich entsprochen werden; im Streitfall diene er jedoch offensichtlich nur der Verfahrensverschleppung. Das FA hat insofern u.a. darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Zeit des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens (März bis November 2010) für solche Gespräche nicht genutzt und es nunmehr unterlassen habe, wenigstens einige Punkte aus dem umfangreichen Streitstoff als Gesprächsgegenstand zu benennen. Eine sinnvolle Vorbereitung des Gesprächs sei damit nicht möglich. Auch sei angesichts des bisherigen Verhaltens der Klägerin zu besorgen gewesen, dass es bei einem Erörterungstermin nicht bleiben würde. Bei Abwägung des Rechtsschutzinteresses der Klägerin mit dem Interesse der Verwaltung an einem raschen Abschluss des Einspruchsverfahrens sei Letzterem der Vorrang einzuräumen.

4

Die Klage, mit der die Klägerin beantragte, das von ihr als Einspruchsentscheidung aufgefasste Schreiben vom 11. Februar 2011 aufzuheben und das FA zu verpflichten, über den Einspruch vom 14. Januar 2011 in der Sache zu entscheiden, ist vom Finanzgericht (FG) abgewiesen worden (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. August 2011  12 K 12033/11, Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2122).

5

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil sowie die Ablehnung des Antrags vom 13. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2011 aufzuheben und das FA zu verpflichten, einen Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstands anzuberaumen.

6

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision bleibt ohne Erfolg. Sie ist zum Teil unzulässig, im Übrigen unbegründet.

8

1. Die Revision ist unzulässig, soweit die Klägerin den Revisionsantrag über den Inhalt ihres Klageantrags hinaus erweitert hat. Eine Erweiterung des Klagebegehrens ist im Revisionsverfahren ausgeschlossen, weil es hinsichtlich des hinzugekommenen Teils an einer vorinstanzlichen Entscheidung und damit zugleich an einer formellen Beschwer des Revisionsklägers fehlt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 123 Rz 2).

9

a) Die Klägerin hatte im erstinstanzlichen Verfahren beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2011 aufzuheben und das FA zu verpflichten, über ihren Einspruch vom 14. Januar 2011 in der Sache zu entscheiden. Mit dem Antrag, der vom Revisionsgericht eigenständig ausgelegt werden kann (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 118 FGO Rz 190; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 48, jeweils m.w.N.), wollte die Klägerin erkennbar einen sog. Bescheidungsausspruch des Inhalts erreichen, dass das FA sein in § 364a AO eingeräumtes Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des FG erneut ausübt und die Klägerin auf dieser rechtlichen Grundlage erneut bescheidet (§ 101 Satz 2 i.V.m. § 102 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass nach dem Wortlaut des Klageantrags nur die Einspruchsentscheidung, nicht hingegen der zunächst ergangene ablehnende Bescheid vom 13. Januar 2011 aufgehoben werden sollte. Dem ist --bei der gebotenen Auslegung des Antrags-- nicht nur im Hinblick auf die erkennbare Interessenlage der Klägerin, sondern auch mit Rücksicht darauf keine Bedeutung beizumessen, dass das Verpflichtungsbegehren (hier: Bescheidungsbegehren) die Aufhebung des Ablehnungs- und Rechtsbehelfsbescheids umfasst und Letzteres damit auch nicht beantragt werden muss, sondern im Falle eines Klageerfolgs von Amts wegen auszusprechen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. März 1970 IV 7/65, BFHE 99, 172, BStBl II 1970, 625; Gräber/von Groll, a.a.O., § 40 Rz 21).

10

b) Im Revisionsverfahren begehrt die Klägerin erstmals, das FA zu verpflichten, einen Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstands anzuberaumen. Der Antrag ist auf den Erlass eines sog. Vornahmeurteils gerichtet (§ 101 Satz 1 FGO); ihm liegt offensichtlich die Erwägung zugrunde, dass das FA sein Ermessen rechtmäßig nur im Sinne einer Erörterung gemäß § 364a AO ausüben könne (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Da die Vorinstanz lediglich über das erstinstanzliche Bescheidungsbegehren entschieden hatte, kann der Vornahmeantrag --obgleich er den nämlichen Streitgegenstand betrifft-- im Revisionsverfahren nicht mehr gestellt werden. Eine unzulässige Erweiterung des Klagebegehrens hat der BFH beispielsweise darin gesehen, dass der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren nur die Verpflichtung des FA zur Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung, in der Revisionsinstanz hingegen die Festsetzung der Einkommensteuer auf einen bestimmten Betrag beantragt hatte (BFH-Urteil vom 22. Mai 2006 VI R 61/05, BFH/NV 2007, 45; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 123 FGO Rz 4 a.E.). Nichts anderes kann gelten, wenn im Rahmen einer Verpflichtungsklage die Klägerin erstmals mit ihrem Revisionsantrag einen Vornahmeausspruch begehrt. Unberührt hiervon bleibt allerdings, dass das Vornahmebegehren regelmäßig auch den Bescheidungsantrag umfasst (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. Oktober 2006  6 B 47/06, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2007, 104; Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 78) und deshalb auch im Streitfall die Revision insofern zulässig ist, als sie darauf zielt, die Entscheidung der Vorinstanz zum bisherigen Bescheidungsbegehren zu überprüfen.

11

2. Insoweit ist die Revision jedoch unbegründet, weil die Klage (Bescheidungsbegehren) durch Prozessurteil abzuweisen war. Zwar lässt sich dem vorinstanzlichen Urteil nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob das FG die Klage als unzulässig oder unbegründet angesehen hat. Dies kann jedoch dahinstehen, da auch im Falle eines Sachurteils der Tenor der Entscheidung des FG richtig und dessen Urteil im Ergebnis zu bestätigen wäre (Senatsurteil vom 20. April 1988 I R 67/84, BFHE 154, 5, BStBl II 1988, 927; Gräber/Ruban, a.a.O., § 126 Rz 8, m.w.N.).

12

a) Im Schrifttum ist umstritten, ob ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a Abs. 1 AO zulässig ist. Der BFH hat hierzu noch nicht Stellung genommen. Die im Schrifttum herrschende Ansicht geht davon aus, dass der Bescheid, mit dem ein Antrag auf Erörterung gemäß § 364a AO abgelehnt wird, nicht angefochten werden kann. Zum Teil wird dies darauf gestützt, dass es an einem Verwaltungsakt fehle (z.B. M. Söffing, Deutsches Steuerrecht 1995, 1489, 1493; Harder, Deutsche Steuer-Zeitung 1996, 397). Überwiegend wird jedoch darauf abgestellt, dass die Ablehnung des Antrags zwar als Verwaltungsakt zu qualifizieren, als verfahrensleitende Verfügung aber --entsprechend dem zu verallgemeinernden Rechtsgedanken des § 128 Abs. 2 FGO sowie des § 44a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)-- einer eigenständigen Anfechtung entzogen sei (z.B. Seer in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 364a AO Rz 6; Birkenfeld in HHSp, § 364a AO Rz 72; Pahlke/Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 364a Rz 22 f.; Werth in Beermann/Gosch, AO, § 364a Rz 21; Hardtke in: Kühn/v.Wedelstädt, 20. Aufl., AO, § 364a Rz 4; Tiedchen, Betriebs-Berater 1996, 1033, 1038; anderer Ansicht Szymczak in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 364a Rz 12).

13

b) Nach Ansicht des erkennenden Senats kann es --ausgehend von der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84, BFH/NV 1988, 319; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2011 II S 28/10, BFH/NV 2012, 381)-- nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands gemäß § 364a AO um eine gegenüber der Klägerin getroffene einzelfallbezogene Regelung und damit um einen Verwaltungsakt gehandelt hat (§ 118 Satz 1 AO) und der gerichtliche Rechtsschutz gegen einen solchen ablehnenden Bescheid --auch dann, wenn das eigentliche Klageziel in der Vornahme einer tatsächlichen Handlung besteht-- im Wege einer Verpflichtungsklage verfolgt werden muss.

14

c) Der Senat schließt sich jedoch der ganz überwiegend vertretenen Auffassung an, nach der eine solche Klage, die mit dem Ziel erhoben wird, dass das FA dem Begehren auf Durchführung einer Erörterung gemäß § 364a AO entspricht, mit dem Zweck der Vorschrift, den Abschluss des Einspruchsverfahrens zu beschleunigen und damit zugleich Streitfälle vom Finanzgericht fernzuhalten (so ausdrücklich BTDrucks 12/7427, S. 37), nicht vereinbar wäre und deshalb unzulässig ist. Dabei kann unbeantwortet bleiben, ob diese Ansicht auf eine analoge Anwendung des § 44a VwGO gestützt werden könnte, nach dem Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (vgl. zur entsprechenden Geltung von § 44a VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren z.B. Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. November 2004 B 3 KR 16/03 R, Sozialrecht 4-2500 § 36 Nr 1; zustimmend Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 17. Aufl., § 44a Rz 3). Jedenfalls enthält § 44a VwGO eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes, nach dem Verfahrenshandlungen nicht selbständig angefochten werden können, solange das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen und deshalb noch offen ist, ob der Betroffene durch das Verfahrensergebnis in seinen Rechten verletzt werden wird (Eyermann/Geiger, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., § 44a Rz 1; BVerwG-Urteil vom 12. April 1978 VIII C 7.77, Neue Juristische Wochenschrift 1979, 177, zur Rechtslage vor Inkrafttreten von § 44a VwGO). Einer gleichwohl erhobenen Klage fehlt mithin das Rechtsschutzinteresse (Klein/ Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 364a Rz 6; Dumke in Schwarz, AO, § 364a Rz 27a). Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass der Einspruchsführer schutzlos gestellt würde. Denn die fehlende Anfechtungsmöglichkeit lässt unberührt, dass entweder das FG im Rahmen einer Klage gegen den Steuerbescheid gemäß § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO nur die Einspruchsentscheidung zum Zwecke der weiteren Sachaufklärung durch die Behörde aufheben oder der Kläger isoliert nur die Einspruchsentscheidung anfechten kann (§ 100 Abs. 1 FGO), sofern er hierfür ein berechtigtes Interesse hat (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 364a AO Rz 6, unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 6. September 2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166, und vom 26. September 2008 VIII B 23/08, juris; Birkenfeld in HHSp, § 364a AO Rz 27, 75; Dumke in Schwarz, a.a.O., § 364a AO Rz 29; Szymczak, Der Betrieb 1994, 2254, 2261).

15

d) Im Übrigen wäre --ohne dass dem nach den vorstehenden Erwägungen noch entscheidungserhebliche Bedeutung zukäme-- die Klage auch deshalb als unzulässig abzuweisen gewesen, weil die Klägerin nicht geltend gemacht hat, durch die Ablehnung ihres Antrags auf Erörterung des Sach- und Rechtsstands nach § 364a AO in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. hierzu allgemein Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 I R 42/04, BFH/NV 2005, 1073; Braun in HHSp, § 40 FGO Rz 176, m.w.N.). Auch insoweit wären --woran es vorliegend fehlt-- zumindest Darlegungen dazu erforderlich gewesen, welche Umstände sie bis zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 7. Februar 1992 III R 61/91, BFHE 167, 279, BStBl II 1992, 592) gegenüber dem FA vorgetragen hat und weshalb dieser Vortrag dem FA hätte Veranlassung geben können, eine Erörterung nach § 364a AO als der beschleunigten Verfahrenserledigung (vgl. BTDrucks 12/7427, S. 37) dienlich zu erachten.

16

3. Das FG hat hiernach die Klage zu Recht abgewiesen. Die Revision bleibt deshalb --auch soweit sie in zulässiger Weise erhoben wurde-- ohne Erfolg.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

1Unbeschränkt Steuerpflichtige haben eine jährliche Einkommensteuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) in den folgenden Fällen abzugeben:

1.
Ehegatten, bei denen im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Gesetzes vorgelegen haben und von denen keiner die Einzelveranlagung nach § 26a des Gesetzes wählt,
a)
wenn keiner der Ehegatten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, bezogen und der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als das Zweifache des Grundfreibetrages nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung betragen hat,
b)
wenn mindestens einer der Ehegatten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, bezogen hat und eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 des Gesetzes in Betracht kommt;
2.
Personen, bei denen im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 des Gesetzes nicht vorgelegen haben,
a)
wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Gesetzes in der jeweils geltenden Fassung überstiegen hat und darin keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, enthalten sind,
b)
wenn in dem Gesamtbetrag der Einkünfte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, enthalten sind und eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 und 7 Buchstabe b des Gesetzes in Betracht kommt.
2Eine Steuererklärung ist außerdem abzugeben, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustabzug festgestellt worden ist.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Tatbestand

1

I. Gegenstand der Beschwerde sind --entsprechend der Angabe in der Beschwerdebegründung-- die Bescheide über Einkommensteuer 1996 bis 2000 und Gewerbesteuermessbetrag 1996 bis 2000. Zwar hat der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bei Einlegung der Beschwerde ausdrücklich nur die Bescheide über Einkommensteuer für das Jahr 1996 und die Gewerbesteuermessbescheide für 1996 bis 2000 erwähnt; diese Bescheide waren Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens mit dem Aktenzeichen 1 K 208/07. Jedoch hat er im Beschwerdeschriftsatz auch das finanzgerichtliche Aktenzeichen 1 K 209/07 benannt; Gegenstand dieses Verfahrens waren aber die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 2000.

Entscheidungsgründe

2

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

4

1. Dies gilt zunächst für die im Zusammenhang mit der Schätzung des privaten Nutzungsanteils des Flugzeugs stehenden Zulassungsgründe.

5

a) Der Kläger hatte dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens ein Flugzeug zugeordnet, das er sowohl privat als auch betrieblich nutzte. Die Höhe des privaten Nutzungsanteils war bereits während mehrerer vorangegangener Außenprüfungen umstritten gewesen. In den Streitjahren 1996 und 1997 erklärte der Kläger einen privaten Nutzungsanteil von 50 %; für die Streitjahre 1998 und 1999 setzte er keinen privaten Nutzungsanteil mehr an. Im Jahr 1999 verkaufte er das Flugzeug. Im Anschluss an eine Außenprüfung für die Streitjahre schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den privaten Nutzungsanteil auf 75 %. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe keine Unterlagen vorgelegt, die eine genauere Schätzung ermöglichen würden. Insbesondere habe er das Flugbuch, dessen Führung durch einen früheren Außenprüfer zur Auflage gemacht worden sei, nicht vorgelegt. Der Geschäftsbetrieb des Klägers (Zeitschriftenvertrieb durch "Drückerkolonnen") sei so einzuschätzen, dass betrieblich veranlasste Flüge nur von untergeordneter Bedeutung sein könnten. Demgegenüber besitze die Ehefrau des Klägers ein Ferienhaus in Südfrankreich, was Anlass für private Flüge biete.

6

In einem Parallelverfahren zur Umsatzsteuer entschied der Umsatzsteuersenat des Finanzgerichts (FG), die betrieblichen und privaten Nutzungsanteile seien mangels Vorlage von Unterlagen auf jeweils 50 % zu schätzen. Hingegen schätzte der Ertragsteuersenat des FG im vorliegenden Verfahren --nach erfolglosem Ablauf einer gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gesetzten Präklusionsfrist zur Vorlage von Unterlagen und Abgabe von Erklärungen hinsichtlich der Flugzeugnutzung-- den privaten Nutzungsanteil in dem angefochtenen Urteil auf 75 %. Dem Kläger sei die Notwendigkeit der Vorlage von Nachweisen spätestens seit der vorangegangenen Außenprüfung bekannt gewesen. Die vorgelegten Kostenbelege seien unvollständig. So fehlten Belege über Landegebühren für mehrere Flugplätze, obwohl das Flugzeug sich unstreitig dort befunden habe.

7

b) Der Kläger meint, von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) sei die Rechtsfrage, ob eine rechtskräftige Entscheidung zu einem bestimmten Sachverhalt einen anderen Senat bei der Entscheidung zu demselben Sachverhalt, aber einer anderen Steuerart, binde.

8

aa) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschlüsse vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 1., und vom 14. November 2005 II B 51/05, BFH/NV 2006, 305, unter II.1.). Die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen darauf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 7. April 2005 V B 39/04, BFH/NV 2005, 1585, unter 2.a, und vom 21. Juli 2005 II B 78/04, BFH/NV 2005, 1984).

9

bb) Vorliegend fehlt es in der Beschwerdebegründung --worauf das FA zu Recht hinweist-- an jeglichen Ausführungen zum Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage. Damit sind bereits die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erfüllt.

10

Darüber hinaus wäre die Rechtsfrage jedenfalls in der Konstellation, wie sie sich im Streitfall darstellt, nicht klärungsbedürftig, weil sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie das FG es getan hat. Sowohl dem Umsatzsteuer- als auch dem Ertragsteuersenat des FG blieb aufgrund der vollständig unterbliebenen Mitwirkung des Klägers bei dem --ihm obliegenden-- Nachweis der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen für das Flugzeug (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) nur noch die Möglichkeit einer sog. "griffweisen Schätzung". Dabei handelt es sich im Spektrum der verschiedenen denkbaren Schätzungsmethoden um diejenige, die mit den größten Unsicherheiten behaftet ist und konkreter Tatsachengrundlagen vollständig oder nahezu vollständig entbehrt. In einem solchen Fall sind gerade keine tatsächlichen Feststellungen vorhanden, die eine Bindung zu einem anderen Streitgegenstand (vgl. zu diesem Begriff noch unten d) bewirken könnten.

11

Im Übrigen verweist das FA zutreffend auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach das FG nicht zur Übernahme von Tatsachenfeststellungen der Strafgerichte zu demselben Sachverhalt verpflichtet ist (BFH-Beschluss vom 13. Januar 2006 VIII B 7/04, BFH/NV 2006, 914, unter II.1.b, m.w.N.). Nichts anderes gilt für die Übernahme von Tatsachenfeststellungen anderer Spruchkörper zu anderen Steuerarten.

12

c) Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.

13

Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Gegenüberstellung einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und der herangezogenen Divergenzentscheidung andererseits voraus (BFH-Beschluss vom 17. August 2005 IX B 58/05, BFH/NV 2005, 2044). Daher erfüllt die bloße abweichende Würdigung von Tatsachen durch zwei unterschiedliche Gerichte oder Spruchkörper nicht die Voraussetzungen einer Divergenz im Sinne dieser Vorschrift.

14

Die --ausschließlich auf die Kommentierung von Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 74, 79 gestützten-- Einwendungen des Klägers geben keinen Anlass dazu, dieses Ergebnis in Frage zu stellen. Denn die Kritik in der angegebenen Literaturfundstelle bezieht sich ausschließlich darauf, dass Subsumtionsfehler nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht die Voraussetzungen einer Divergenz erfüllen. Hingegen geht auch diese Literaturauffassung nicht so weit, bereits eine abweichende Tatsachenwürdigung als Divergenz im Rechtssinne anzusehen.

15

Tatsachen können auch deshalb von verschiedenen Spruchkörpern in abweichender Weise festgestellt werden, weil die Beteiligten ihre Mitwirkungspflichten in den jeweiligen Verfahren in unterschiedlicher Weise erfüllen oder weil nur in einem der Verfahren Präklusionsvorschriften zur Anwendung kommen. Eine Divergenz im Rechtssinne kann durch derartige --im Ergebnis möglicherweise voneinander abweichende, aber jeweils prozessordnungsgemäß zustande gekommenen-- Feststellungen nicht entstehen.

16

d) Das FG hat auch nicht gegen die Bindungswirkung rechtskräftiger Entscheidungen (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO) verstoßen. Denn die Bindungswirkung besteht nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur, "soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist". Bei Anfechtungsklagen wird der Streitgegenstand durch den im Einzelfall angefochtenen Verwaltungsakt bestimmt (BFH-Urteil vom 10. November 1987 VII R 50/84, BFH/NV 1988, 600, unter 1.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 110 FGO Rz 59). Dementsprechend besteht nicht einmal zwischen einer Entscheidung in einer Gewerbesteuersache und einer solchen in einer Einkommensteuersache zum selben Sachverhalt eine Rechtskraftwirkung (Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 X R 114/92, BFH/NV 1995, 373, unter 1.).

17

e) Der Kläger meint, aufgrund des Urteils des Umsatzsteuersenats stehe aktenkundig fest, dass der Privatnutzungsanteil 50 % betragen habe. Indem das FG sich nicht dem Ergebnis der griffweisen Schätzung des Umsatzsteuersenats angeschlossen habe, habe es gegen den klaren Inhalt der Akten und damit gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen.

18

Indes besteht die aktenkundige Tatsache im Streitfall lediglich darin, dass der Umsatzsteuersenat den Privatnutzungsanteil griffweise auf 50 % geschätzt hat. Demgegenüber ist für die Einkommensteuer der tatsächliche Privatnutzungsanteil maßgebend, den auch der Umsatzsteuersenat wegen fehlender Mitwirkung des Klägers nicht hat feststellen können, und der insbesondere nicht aktenkundig war.

19

f) Darin, dass das FG bei seiner griffweisen Schätzung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als der Umsatzsteuersenat, liegt auch keine Überraschungsentscheidung, die den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte. Der Kläger behauptet hierzu, die erste mündliche Verhandlung sei vertagt worden, um die Entscheidung des Umsatzsteuersenats abzuwarten. Daher habe er erwarten können, dass dessen Entscheidung auch für die Ertragsteuern berücksichtigt werde.

20

Diese Behauptung wird indes durch das Protokoll der ersten mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 nicht getragen. In diesem --durchaus ausführlich gehaltenen-- Protokoll ist von dem Parallelverfahren in der Umsatzsteuersache nicht einmal andeutungsweise die Rede. Die Vertagung erfolgte vielmehr, weil der Kläger zwei erhebliche Beweisanträge gestellt hatte; diese Beweise hat das FG dann in der zweiten mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2010 erhoben. Im protokollierten Vertagungsbeschluss wurde zudem das Ergehen einer Verfügung zur weiteren Sachaufklärung angekündigt. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn lediglich --entsprechend der Behauptung des Klägers-- das Ergebnis der Entscheidung des Umsatzsteuersenats hätte abgewartet werden sollen.

21

Jedenfalls dann, wenn das FG keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ist es regelmäßig nicht verpflichtet, die einzelnen für seine Entscheidung erheblichen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten (BFH-Beschluss vom 26. April 2010 VII B 84/09, BFH/NV 2010, 1637).

22

g) Nicht nachvollziehbar ist die Rüge des Klägers, das finanzgerichtliche Urteil sei insoweit nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO), als die Abweichung von der Schätzung des Umsatzsteuersenats nicht begründet worden ist. Denn das FG hat seine eigene Schätzung umfassend --über mehrere Seiten seiner Entscheidung-- begründet. Darin liegt zugleich die Begründung, weshalb es im Rahmen der ihm obliegenden griffweisen Schätzung zu einem anderen Ergebnis als der Umsatzsteuersenat gekommen ist.

23

Letztlich wendet sich der Kläger mit sämtlichen Einwendungen zur Frage der Höhe des Privatnutzungsanteils gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG, womit eine Revisionszulassung aber nicht erreicht werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39).

24

2. Auch die Zulassungsgründe, die der Kläger im Zusammenhang mit der --vom FG bejahten-- Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch den Beginn der Außenprüfung geltend macht, greifen nicht durch.

25

a) Der Kläger hatte sein Einzelunternehmen zunächst von einem Anbau an sein selbst genutztes Einfamilienhaus aus betrieben, das in der Gemeinde B im Zuständigkeitsbereich des FA belegen ist. Zum 1. Juli 1998 entließ er seine Arbeitnehmer und übertrug seinen Bestand an Abonnements zur Verwaltung an eine KG mit Sitz in der Gemeinde A außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des beklagten FA. Die Bestellscheine blieben im Eigentum des Klägers. Gegenüber dem FA trat er weiterhin ausschließlich unter der Anschrift in B auf. Die Steuererklärungen für die Jahre 1996 bis 1999 gab er jeweils im zweiten Folgejahr ab.

26

Am 20. Juni 2002 ordnete das FA eine Außenprüfung beim Kläger für die Streitjahre 1996 bis 2000 an. Hiergegen legte der Kläger u.a. wegen der von ihm bestrittenen örtlichen Zuständigkeit des FA Einspruch ein und behauptete hierzu, ihm stehe in den Räumen der KG in A ein Büro zur Verfügung. Nach Zurückweisung des Einspruchs erhob der Kläger Klage gegen die Prüfungsanordnung. Um die Klagebegründung abzuwarten, verschob das FA mit Verwaltungsakt vom 27. September 2002 den zuvor auf den 7. Oktober 2002 festgelegten Prüfungsbeginn auf den 11. November 2002. In einem Telefongespräch mit dem FA vertrat der Kläger die Auffassung, die Prüfung dürfe während der Anhängigkeit des Klageverfahrens gar nicht beginnen.

27

Am 11. November 2002 erschien die Prüferin an dem Grundstück in B, traf dort aber niemanden an. Am selben Tage richtete sie an den Kläger ein Schreiben, in dem sie mitteilte, die Prüfung habe nunmehr an Amtsstelle begonnen, und vom Kläger zahlreiche Unterlagen anforderte. Trotz mehrerer Erinnerungen sowie der Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld kam der Kläger dieser Aufforderung nicht nach. Einen ausdrücklichen Vermerk über Datum und Uhrzeit des Beginns der Außenprüfung (vgl. § 198 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--) enthalten die Handakten der Prüferin nicht.

28

In den Jahren 2003 und 2004 war die Prüferin nicht mehr in diesem Prüfungsfall tätig. Das FG wies die Klage gegen die Prüfungsanordnung am 14. April 2005 ab und führte zur Begründung aus, der Ort der Geschäftsleitung des Betriebs des Klägers habe sich weiterhin in B befunden. Der erkennende Senat verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als unzulässig (Beschluss vom 19. Oktober 2005 X B 86/05, BFH/NV 2006, 118). In den Jahren 2005, 2006 und 2007 setzte die Prüferin die Prüfung fort und erstellte am 19. Februar 2007 ihren Bericht. Im Jahr 2007 erließ das FA die angefochtenen Änderungsbescheide.

29

Der Kläger vertrat die Auffassung, die Prüfung habe nicht im Jahr 2002 begonnen und daher nicht die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO auslösen können. Jedenfalls sei sie unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen worden, die die Finanzbehörde zu vertreten habe.

30

Das FG sah die Festsetzungsfrist als gewahrt an. Die Anforderung der Geschäftsunterlagen am 11. November 2002 reiche für einen ernsthaften Beginn der Prüfung aus. Weil diese Ermittlungsmaßnahme eindeutig feststellbar sei, komme es nicht darauf an, dass die Prüferin den Prüfungsbeginn nicht ausdrücklich aktenkundig gemacht habe. Die Prüfung sei anschließend zwar unterbrochen worden; dies habe aber nicht das FA zu vertreten. Denn der Kläger habe der Prüferin sowohl den Zutritt zu seinen Geschäftsräumen als auch die Vorlage der angeforderten Unterlagen verweigert.

31

b) Der Kläger macht geltend, von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob es für die Feststellung des Prüfungsbeginns unerheblich sei, dass die Prüferin diesen Zeitpunkt entgegen § 198 Satz 2 AO nicht aktenkundig gemacht habe.

32

Tatsächlich ist diese Rechtsfrage durch die vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung jedoch bereits in dem --auch vom FG erkannten-- Sinne geklärt, dass es auf die förmliche Dokumentation des Prüfungsbeginns nach § 198 Satz 2 AO nicht ankommt, wenn der Beginn der Außenprüfung aus den tatsächlichen Ermittlungshandlungen, zu denen auch die Anforderung von Unterlagen vom Steuerpflichtigen gehören kann, feststellbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 6. März 2006 IV B 82/04, BFH/NV 2006, 1291, unter 1.a).

33

Das vom Kläger angeführte BFH-Urteil vom 8. Juli 2009 XI R 64/07 (BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4) stellt diese Rechtsprechung nicht etwa in Frage, sondern bestätigt sie. Denn auch dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in der der Prüfungsbeginn allein aufgrund einer Beweisaufnahme ohne Heranziehung eines Aktenvermerks nach § 198 Satz 2 AO festgestellt worden war (vgl. Urteil in BFHE 226, 19, BStBl II 2010, 4, unter II.2.b). Auch die vom Kläger bezeichnete Literaturfundstelle (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 198 AO Rz 3) enthält für eine Konstellation wie im Streitfall, in dem der Kläger der Prüferin trotz ordnungsgemäßer und nicht von der Vollziehung ausgesetzter Prüfungsanordnung den Zutritt zu seinen Räumen verweigert hatte, keine abweichende Rechtsauffassung.

34

c) Das FG ist auch nicht von dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 11. März 2008  4 K 87/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1263) abgewichen. Der Kläger entnimmt diesem Urteil den Rechtssatz, dass eine Außenprüfung nur beginnt, wenn Prüfungshandlungen "am Ort der Prüfung" vorgenommen werden. Einen solchen Rechtssatz enthält diese Entscheidung aber gerade nicht. Vielmehr führt auch das FG Baden-Württemberg ausdrücklich aus, dass eine unberechtigte Zutrittsverweigerung durch den Steuerpflichtigen der Annahme eines Beginns der Außenprüfung nicht entgegenstehe. Dies stimmt mit dem Rechtssatz überein, den das FG im vorliegenden Fall seinem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt hat.

35

d) Ferner rügt der Kläger einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) mit der Begründung, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantrag durch die Vernehmung von --weiterhin ungenannt gebliebenen-- Zeugen aufklären müssen, ob der Ort der Geschäftsleitung sich in B oder A befunden habe.

36

Eine derartige Verfahrensrüge erfordert nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 118, unter 2.a). Die Beschwerdebegründung enthält keinen einzigen dieser zwingenden Bestandteile einer entsprechenden Verfahrensrüge.

37

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, der Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sei "widersprüchlich", kann er dies nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angreifen, sondern hätte --innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist (§ 108 Abs. 1 FGO)-- einen Tatbestandsberichtigungsantrag stellen müssen.

38

e) Auch der vom Kläger gerügte Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger behauptet insoweit, "nach einem in den vom FA vorgelegten Akten vorliegenden Aktenvermerk" habe sich das FA entschlossen, das Ergebnis der beim BFH anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren über die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung abzuwarten. Sinngemäß will der Kläger aus einem solchen Aktenvermerk ableiten, dass nicht er, sondern das FA die Unterbrechung der Prüfung zu vertreten habe, so dass die Ablaufhemmung nicht eingetreten sei.

39

Die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert, unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen wesentliche Tatumstände zu benennen, die sich aus den Akten ergeben, vom FG aber nicht berücksichtigt worden sind, und darzulegen, dass die Entscheidung unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf der Nichtberücksichtigung dieser Aktenteile beruhen kann (BFH-Beschluss vom 8. Juni 2010 V B 6/10, BFH/NV 2010, 1841, unter 3.).

40

Hieran fehlt es --worauf das FA zutreffend hingewiesen hat-- schon deshalb, weil der Kläger nicht dargelegt hat, an welcher Stelle der vom FA vorgelegten Akten sich der behauptete Aktenvermerk befinden soll. Anders als der Kläger meint, kann von diesem Darlegungserfordernis im Streitfall nicht deshalb eine Ausnahme gemacht werden, weil der Kläger behauptet, der Inhalt dieses Aktenvermerks sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Denn auch bei einer Durchsicht der --mehrere tausend Blatt umfassenden-- Steuerakten hat der Senat keinen Aktenvermerk mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt feststellen können. Zudem hat der Kläger auch nach dem Hinweis des FA auf die geltenden Darlegungserfordernisse weiterhin weder eine Fundstelle aus den Akten angeben können noch eine Kopie des angeblichen Aktenvermerks vorgelegt.

41

f) In der Würdigung des FG, die Unterbrechung der Prüfung sei nicht vom FA zu vertreten, liegt keine Überraschungsentscheidung. Das FA hatte während des gesamten Verfahrens ausdrücklich diese Auffassung vertreten, so dass der Kläger Anlass gehabt hätte, sein Vorbringen darauf einzurichten.

42

3. Die Revision ist auch nicht im Hinblick auf die vom Kläger im Zusammenhang mit dem Abzug privater Steuerberatungskosten geltend gemachten Zulassungsgründe zuzulassen.

43

a) Der Kläger erklärte in den Streitjahren nahezu ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er behandelte auch die für die Erstellung seiner Einkommensteuererklärungen angefallenen Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben. FA und FG ordneten diese Beträge hingegen nicht den Betriebsausgaben, sondern den Sonderausgaben zu. Dies hatte zwar bei der Einkommensteuer keine Auswirkungen, wohl aber bei der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge.

44

b) Der Kläger meint, die Rechtsfrage, ob Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung auch dann keine Betriebsausgaben darstellen, wenn die Pflicht zur Abgabe dieser Steuererklärung ausschließlich durch Einkünfte aus Gewerbebetrieb veranlasst sei, sei von grundsätzlicher Bedeutung. Sie sei höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Am Aufteilungs- und Abzugsverbot habe der Große Senat nicht mehr festgehalten (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

45

Anders als der Kläger meint, hat der BFH bereits entschieden, dass Steuerberatungskosten, die für das Erstellen der Einkommensteuererklärung über die bloße Ermittlung der Einkünfte hinaus entstehen, zu den nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung gehören (BFH-Urteil vom 18. November 1965 IV 151/64 U, BFHE 84, 519, BStBl III 1966, 190). Dieser Entscheidung --die ebenfalls einen Steuerpflichtigen betraf, der ausschließlich Gewinneinkünfte bezogen hatte-- lässt sich nicht entnehmen, dass beim Vorhandensein nur einer einzigen Einkunftsart etwas anderes gelten könnte.

46

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist durch die Entscheidung des Großen Senats zur Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots nicht erneut überprüfungsbedürftig geworden. Denn auch der Große Senat hat daran festgehalten, dass eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen, die die Lebensführung betreffen, keinen --auch keinen anteiligen-- Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug eröffnet (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, unter C.III.4.b). Beruflich mitveranlasst ist im Streitfall aber allenfalls das Eintragen der --anderweitig und unter Inanspruchnahme des Betriebsausgabenabzugs ermittelten-- Einkünfte aus Gewerbebetrieb in die Anlage GSE. Dem stehen indes die erheblichen privaten Abzugsposten in den Einkommensteuererklärungen des Klägers gegenüber (diverse Kategorien von Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Parteispenden). Deren Umfang lässt den mit der bloßen Eintragung der gewerblichen Einkünfte in die Anlage GSE verbundenen Arbeitsaufwand als "unbedeutend" im Sinne der Rechtsprechung des Großen Senats erscheinen.

47

c) Das FG hat auch in diesem Zusammenhang keine Überraschungsentscheidung gefällt. Der Kläger rügt insoweit, das vom FA herangezogene Argument, der Sonderausgabentatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der in den Streitjahren 1996 bis 2000 noch geltenden Fassung zeige, dass es Steuerberatungskosten geben müsse, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten seien, sei zuvor nicht erörtert worden. Indes besteht jedenfalls bei derart naheliegenden Argumenten keine Pflicht des FG zu einem vorherigen Hinweis (vgl. hierzu bereits oben 1.f).

48

4. Ohne Erfolg bleibt schließlich auch die Rüge, das FG habe im Zusammenhang mit der Ermittlung des Umfangs der privaten Schuldzinsen einen Beweisantrag des Klägers übergangen.

49

a) Der Kläger zog in seinen Gewinnermittlungen erhebliche Beträge an Schuldzinsen als Betriebsausgaben ab. Er unterhielt lediglich ein einziges Kontokorrentkonto. Die Prüferin forderte vom Kläger mehrfach vergeblich Unterlagen zur Veranlassung der Sollsalden auf dem Kontokorrentkonto sowie der dem Betriebsvermögen zugeordneten Darlehensverbindlichkeiten an. Soweit der Prüferin anderweitige Unterlagen vorlagen, zog sie daraus den Schluss, die Schuldzinsen seien teilweise auch privat --durch Entnahmen-- veranlasst. Sie schätzte den privaten Zinsanteil nach dem Verhältnis der Entnahmen zu den gesamten Ausgaben des Prüfungszeitraums auf 10,41 %.

50

Im Klageverfahren legte der Kläger weiterhin keine Unterlagen zur Veranlassung der Schuldzinsen vor. Im Schriftsatz vom 16. April 2010 stellte er allerdings den folgenden Beweisantrag: "Die Aufnahme von Darlehen bei Kreditinstituten steht während des gesamten Prüfungszeitraumes im Zusammenhang mit der Finanzierung von Abo-Beständen. Ein weiterer Kreditbedarf insbesondere auch für private Entnahmen bestand nicht. ... Es wird daher der Antrag gestellt, Beweis zu erheben, über die Darlehensbeziehungen in den Kalenderjahren 1996 bis 2000. Durch Vernehmung der Vorstandsmitglieder des kreditgebenden Bankinstitutes. Deren Anschrift ergibt sich aus den dem Finanzamt vorliegenden Belegen."

51

Das FG bestätigte die Schätzung des FA. Der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis einer betrieblichen Veranlassung des gesamten Zinsaufwands nicht geführt. Dem Beweisantrag sei nicht nachzugehen. Dabei könne offenbleiben, ob der Kläger ladungsfähige Anschriften der Zeugen bezeichnet habe. Jedenfalls beziehe sich der Beweisantrag lediglich auf den Umstand, dass der Kläger Darlehensbeziehungen zu den Banken unterhalten habe. Dies sei indes unstreitig.

52

b) Das FG durfte den Beweisantrag schon deshalb unberücksichtigt lassen, weil er nicht ordnungsgemäß gestellt war.

53

Zum einen war er lediglich auf die Vorstandsmitglieder "des kreditgebenden Bankinstitutes" --also eines einzigen Kreditinstituts-- beschränkt. Tatsächlich unterhielt der Kläger --wie sich aus der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 26. Januar 2010 ergibt-- aber Darlehensbeziehungen zu mindestens neun Kreditinstituten. Der Beweisantrag ließ damit bereits offen, welches Kreditinstitut gemeint war. Ist aber das Kreditinstitut, auf das sich der Beweisantrag beziehen soll, nicht bestimmbar, gilt dies erst recht für die Namen der als Zeugen benannten Vorstandsmitglieder dieses Kreditinstituts.

54

Zudem fehlt es an der erforderlichen Angabe der ladungsfähigen Anschriften der Zeugen. Der Kläger hat hierzu lediglich auf die dem FA vorliegenden Belege verwiesen. Er behauptet selbst nicht, dass das FG --das die Ladung hätte vornehmen müssen-- über diese Belege verfügt hätte. Im Übrigen hat das FA während des gesamten Verfahrens bestritten, dass der Kläger Belege zu den Darlehensverhältnissen vorgelegt habe.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Tatbestand

1

A. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Eigentümerin mehrerer Flugzeuge, die sie Dritten zur Nutzung überlässt.

2

Wegen anstehender Maßnahmen zur Anpassung der Flugzeuge an den jeweiligen Stand der Technik bildete die Klägerin regelmäßig Rückstellungen. Die Anpassungsverpflichtungen resultierten u.a. aus Lufttüchtigkeitsanweisungen (LTA) sowie aus sog. "Joint Aviation Requirements" (JAR).

3

LTA wurden im Streitjahr 2002 auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 4. März 1970 (BGBl I 1970, 262) in der im Streitjahr geltenden Fassung (LuftBO) vom Luftfahrtbundesamt als der zuständigen Stelle angeordnet und in den "Nachrichten für Luftfahrer" oder in der "Informationsschrift des Beauftragten" bekanntgemacht. Sie verpflichten zur Durchführung konkret bezeichneter Maßnahmen an Luftfahrtgeräten, wenn sich beim Betrieb eines Luftfahrtgeräts Mängel des Musters herausstellen, die die Lufttüchtigkeit beeinträchtigen. Die in einer LTA angeordnete Maßnahme ist innerhalb einer bestimmten Umsetzungsfrist durchzuführen. Nach Ablauf der Frist darf das betroffene Flugzeug grundsätzlich nur in Betrieb genommen oder gehalten werden, wenn die angeordneten Maßnahmen vorschriftsgemäß durchgeführt worden sind (§ 14 Abs. 2 LuftBO).

4

Daneben richtete sich der Betrieb von Luftfahrzeugen, die, wie die Flugzeuge der Klägerin, zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen und Sachen eingesetzt werden, im Streitjahr gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 LuftBO nach den Bestimmungen der Joint Aviation Authorities in ihrer jeweils jüngsten vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Bundesanzeiger bekanntgemachten Fassung der deutschen Übersetzung (JAR-OPS 1 deutsch --JAR-OPS 1--). Auch für die aus solchen JAR-OPS 1 resultierenden Verpflichtungen zur Durchführung von konkreten Maßnahmen sind Umsetzungsfristen vorgesehen, bei deren Nichteinhaltung eine Stilllegung des betroffenen Flugzeugs droht.

5

Die Klägerin bildete wegen voraussichtlicher Ausgaben für nach LTA und JAR-OPS 1 durchzuführende Maßnahmen regelmäßig aufwandswirksame Rückstellungen in der Steuerbilanz. Zum 31. Dezember des Streitjahrs 2002 (Bilanzstichtag) betrugen diese Rückstellungen 2.951.814,12 €. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) endete die Umsetzungsfrist für durchzuführende Maßnahmen, die mit 611.133,50 € in den Rückstellungen passiviert wurden (Maßnahmen "BAE 5", "BAE 6", "BAE 9", "LR 2" und "LR 3"), spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2002. Für die übrigen luftverkehrsrechtlich angeordneten Maßnahmen, die mit 2.340.680,62 € in den Rückstellungen enthalten waren, endete die Umsetzungsfrist erst nach Ablauf des Bilanzstichtags.

6

In vorangegangenen Betriebsprüfungen war die Bildung derartiger Rückstellungen nicht beanstandet worden. Erstmals anlässlich einer u.a. für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass den streitgegenständlichen Rückstellungen eigenbetrieblicher Aufwand zugrunde liege und es sich demnach um die Bildung nicht zulässiger Aufwandsrückstellungen handle. Entsprechend seien die Rückstellungen gewinnerhöhend aufzulösen.

7

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ auf der Grundlage der Ergebnisse der Außenprüfung für das Streitjahr unter dem 20. April 2006 einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in dem entsprechend der aufgelösten Rückstellungen ein höherer Gewinn festgestellt wurde.

8

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hielt die Klägerin an ihrem Begehren fest, dass die voraussichtlichen Ausgaben wegen der verpflichtend durchzuführenden Maßnahmen in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 2002 in einer Rückstellung aufwandswirksam zu passivieren seien.

9

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG führte mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 884 veröffentlichten Urteil aus, dass die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe von 611.133,50 €, d.h. für diejenigen Verpflichtungen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag bereits abgelaufen seien, vorlägen. Insoweit habe zum Bilanzstichtag eine Verbindlichkeit bestanden, die lediglich der Höhe nach ungewiss gewesen sei. Für Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag noch nicht abgelaufen seien und die die Klägerin mit 2.340.680,62 € beziffert habe, könnten hingegen zum 31. Dezember 2002 keine Rückstellungen gebildet werden. Denn insoweit seien öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zum Bilanzstichtag weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht gewesen. Insoweit könne sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass entsprechende Rückstellungen bei bisherigen Betriebsprüfungen unbeanstandet geblieben seien und ihr deshalb Vertrauensschutz zu gewähren sei.

10

Gegen das finanzgerichtliche Urteil haben sowohl das FA als auch die Klägerin fristgerecht Revision eingelegt. Mit den Revisionen wird jeweils die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht.

11

Das FA beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2010  3 K 3356/08 F aufzuheben und die Klage abzuweisen; im Übrigen die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2010  3 K 3356/08 F aufzuheben und den Bescheid vom 20. April 2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 dahingehend zu ändern, dass die in der Steuerbilanz der Klägerin ausgewiesenen Rückstellungen für behördliche Auflagen zur technischen Umrüstung und Anpassung von Flugzeugen anerkannt und die Einkünfte der Klägerin um 1.087.245 € gemindert werden.

13

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

14

B. I. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

15

Das FG ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass für die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus LTA und JAR-OPS 1, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag bereits abgelaufen waren, grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Rückstellungsbildung vorgelegen haben. Denn insoweit bestanden am Bilanzstichtag Verbindlichkeiten, die lediglich der Höhe nach noch ungewiss waren. Anhand der bisher getroffenen Feststellungen kann aber nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin im Streitjahr Rückstellungen für diese öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen bilden durfte.

16

1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs in der für das Streitjahr geltenden Fassung (HGB) sind in der Handelsbilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Das handelsrechtliche Passivierungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Februar 1969 GrS 2/68, BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291, unter II.3.a, juris Rz 24; BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 11, m.w.N.).

17

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 12, m.w.N.). Zudem darf es sich bei den Aufwendungen nicht um (nachträgliche) Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts handeln (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).

18

b) Diese Voraussetzungen gelten auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts gerichtet sind, sofern die öffentlich-rechtliche Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 13 und 26, m.w.N.; vom 6. Februar 2013 I R 8/12, BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 11, m.w.N.).

19

2. Im Streitfall waren danach Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten wegen derjenigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus LTA und JAR-OPS 1 zu bilden, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag des Streitjahrs bereits abgelaufen waren. Diese Verpflichtungen waren am Bilanzstichtag hinreichend konkretisiert und sowohl rechtlich entstanden (dazu B.I.2.a) als auch wirtschaftlich verursacht (dazu B.I.2.b) und nur der Höhe nach noch ungewiss. Losgelöst von der Frage, ob die Klägerin Adressatin der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen war, greifen die gegen die Bildung der Rückstellungen erhobenen Einwendungen des FA nicht durch (dazu B.I.2.c).

20

a) Nach allgemeinen Grundsätzen entstehen (auch öffentlich-rechtliche) Ansprüche und Verpflichtungen zu dem Zeitpunkt, zu dem die sie begründenden Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1.a). Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung kann sich unmittelbar aus dem Gesetz oder durch einen gesetzeskonkretisierenden Verwaltungsakt ergeben (BFH-Urteil vom 25. August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.2.a). Für das rechtliche Entstehen der Verpflichtung kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die in der konkreten Regelung enthaltenen materiellen Rechtsfolgen ausgelöst werden. Bei einem Verwaltungsakt kann dies der Zeitpunkt der Bekanntgabe, aber auch ein späterer Zeitpunkt sein. Letzterer ist insbesondere dann maßgebend, wenn die konkrete Regelungsanordnung unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung steht; die Verpflichtung entsteht in diesem Fall rechtlich erst im Zeitpunkt des Bedingungseintritts bzw. Fristablaufs (BFH-Urteile vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516, unter II.2.b aa, und in BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 13 und 18 f.).

21

Nach diesen Maßstäben ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Verpflichtungen zur Durchführung der Maßnahmen "BAE 5", "BAE 6", "BAE 9", "LR 2" und "LR 3" zum Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden und hinreichend konkretisiert waren. Denn nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG war die Umsetzungsfrist für diese Maßnahmen am Bilanzstichtag bereits abgelaufen. Damit war sowohl der Adressat der Verpflichtungen zur Durchführung der in den entsprechenden LTA und JAR-OPS 1 vorgesehenen konkreten Maßnahmen verpflichtet als auch mit der sofortigen Stilllegung der betroffenen Flugzeuge zu rechnen.

22

b) Die demnach rechtlich entstandenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen waren im Streitjahr 2002 auch wirtschaftlich verursacht.

23

aa) Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahrs verknüpft ist, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahrs zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600, unter II.1.b). Dafür müssen --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale-- die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen, so dass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, Rz 30, m.w.N.). Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalls (BFH-Urteil in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1.b, juris Rz 14). Dabei ist geklärt, dass eine Verpflichtung, die lediglich darauf gerichtet ist, die objektive Nutzbarkeit eines Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen, in den bis dahin abgeschlossenen Rechnungsperioden wirtschaftlich noch nicht verursacht ist (BFH-Urteile in BFHE 240, 252, BStBl II 2013, 686, Rz 20f., m.w.N.; in BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516, unter II.2.b bb; in BFHE 150, 140, BStBl II 1987, 848, unter 1., juris Rz 17).

24

bb) Ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung am Bilanzstichtag bereits rechtlich entstanden, bedarf es allerdings keiner Prüfung der wirtschaftlichen Verursachung mehr, weil eine Verpflichtung nach Ansicht des Senats spätestens im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Entstehung auch wirtschaftlich verursacht ist. Denn mit der rechtlichen Entstehung sind nicht nur die wesentlichen, sondern alle Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt. Ab diesem Zeitpunkt ist auch eine Verpflichtung zur technischen Anpassung eines Wirtschaftsguts, das weiter genutzt werden soll, nicht mehr lediglich darauf gerichtet, die objektive Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts in Zeiträumen nach Ablauf des Bilanzstichtags zu ermöglichen. Vielmehr sind diese Verpflichtungen bereits der Rechnungsperiode zuzuordnen, in der sie rechtlich entstanden sind. Denn die durchzuführenden Maßnahmen dienen bereits mit dem rechtlichen Entstehen der ihnen zugrunde liegenden Verpflichtung dem Erhalt der technischen Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts im laufenden Betrieb. Eine mit Ablauf der Umsetzungsfrist rechtlich entstandene Verpflichtung knüpft damit also bereits an die gegenwärtige Nutzung des Wirtschaftsguts an. Folglich liegt --anders als vor Ablauf der Umsetzungsfrist-- bei wertender Betrachtung keine zukunftsorientierte Maßnahme vor, sondern aus Sicht des Bilanzstichtags eine (bereits) vergangenheitsbezogene.

25

Aufgrund dieses Verständnisses von der wirtschaftlichen Verursachung einer Verbindlichkeit kommt der Senat zu denselben Ergebnissen wie der I. Senat des BFH, nach dessen Auffassung es auf die wirtschaftliche Verursachung nicht ankommt, wenn die Verpflichtung rechtlich dem Grunde nach bereits entstanden ist (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.; vom 5. Juni 2002 I R 96/00, BFHE 199, 309, BStBl II 2005, 736, unter II.3., und I R 23/01, BFH/NV 2002, 1434, unter II.3.).

26

c) Lösgelöst von der Frage, wer als Adressat der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen anzusehen ist, greifen die Einwendungen des FA gegen die Bildung der Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht durch.

27

aa) Die Durchführung der streitigen Maßnahmen liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse. Der Senat verkennt nicht, dass der mit der Durchführung der Maßnahmen einhergehende Aufwand auch erforderlich ist, um ein Flugbetriebsunternehmen im Sinne des Unternehmensziels aufrechterhalten zu können. Gleichwohl rechtfertigt bereits der hohe Rang der Schutzgüter, deren Gefährdung durch den Erlass von LTA und JAR-OPS 1 entgegengetreten werden soll, die Annahme, dass das öffentliche Interesse an der Durchführung der Maßnahmen ein eigenbetriebliches Interesse jedenfalls überwiegt (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, unter II.4.; vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.b ee).

28

bb) Die Bildung einer Rückstellung für die streitigen Verpflichtungen ist auch nicht gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen. Denn bei den durch sie verursachten Aufwendungen handelt es sich nicht um aktvierungspflichtige (nachträgliche) Anschaffungskosten. Insoweit konnte das FG eine Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung der betroffenen Flugzeuge i.S. des § 255 Abs. 1 HGB nicht feststellen. An diese Feststellung ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da diese weder mit Verfahrensrügen angegriffen wurde noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

29

cc) Die demnach zum Bilanzstichtag grundsätzlich zu bildenden Rückstellungen sind auch nicht um die Einnahmen aus den laufenden oder künftig abzuschließenden Charterverträgen der Höhe nach zu mindern. Insoweit fehlt es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen der Pflichterfüllung und den (künftigen) Vorteilen.

30

(1) Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sind bei der Bewertung von Rückstellungen künftige Vorteile, die mit der Erfüllung einer Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, wertmindernd zu berücksichtigen.

31

Künftige Vorteile sind dabei auch solche, die nach dem Bilanzstichtag realisiert werden (Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 6 EStG Rz 1176 am Ende; Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz 977 b). Voraussetzung für die Wertminderung der Rückstellung ist allerdings, dass zwischen der zu erfüllenden Verpflichtung und dem wirtschaftlichen Vorteil zumindest ein sachlicher Zusammenhang besteht (so auch Urteil des FG Köln vom 14. Dezember 2005  4 K 2927/03, EFG 2006, 877; Urteil des FG München vom 27. März 2012  6 K 3897/09, EFG 2012, 1533, unter II.1.a; HHR/Kiesel, § 6 EStG Rz 1177). Dies ergibt sich zwar nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, aber aus ihrem Sinn und Zweck.

32

(a) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bedarf es einer voraussichtlichen Verbindung zwischen dem Vorteilseintritt und der Erfüllung der Verpflichtung. Inwieweit eine solche Verbundenheit gegeben sein muss, konkretisiert das Gesetz hingegen nicht. Zur Auslegung dieses Merkmals kann nicht mehr auf die vor der Einfügung dieser steuerrechtlichen Bewertungsvorschrift ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden, die auf der Maßgeblichkeit handelsrechtlicher Grundsätze beruhte und derzufolge eine Anrechnung künftiger Vorteile auf eine zu passivierende Verpflichtung nur möglich war, wenn diese derart in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme aus der Verpflichtung standen, dass sie Letzterer wenigstens teilweise spiegelbildlich entsprachen, rechtlich der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgten und vollwertig waren (BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437, unter 3.b; vom 3. August 1993 VIII R 37/92, BFHE 174, 31, BStBl II 1994, 444, unter II.3.b --Kompensation durch Rückgriffsansprüche--; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251, unter II.4.c). Eine solche unmittelbare Verbindung wird von der nun geschaffenen steuerrechtlichen Regelung nicht mehr verlangt.

33

(b) Dass nicht jeder Zusammenhang zwischen der zu erfüllenden Verpflichtung und einem künftigen wirtschaftlichen Vorteil ausreicht, sondern ein sachlicher Zusammenhang erforderlich ist, ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck der Norm. Die Kompensationsregelung verfolgt das Ziel, die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Betriebs zutreffend zu bemessen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass künftige Einnahmen die später zu erfüllende Verbindlichkeit in ihrer Belastungswirkung mindern. So heißt es auch in der Gesetzesbegründung, dass ein gedachter Erwerber eines Betriebs derartige zu erwartende Erträge als belastungsmindernd honorieren würde (BTDrucks 14/23, S. 172; BTDrucks 14/443, S. 23; ebenso HHR/Kiesel, § 6 EStG Rz 1175; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rz Da 23). Unter diesem Gesichtspunkt fehlt es aber an einem Verpflichtung und Vorteil verbindenden Zusammenhang, wenn die Erfüllung der Verpflichtung lediglich die allgemeine Aufrechterhaltung des Betriebs und damit allgemein die Möglichkeit der künftigen Einnahmeerzielung zur Folge hat. Der gedachte Erwerber eines Betriebs rechnet gerade mit den Einnahmen des laufenden Betriebs und würde diese beim Kauf nicht als belastungsmindernd zu Gunsten der ausgewiesenen Rückstellungen berücksichtigen.

34

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht keinen sachlichen Zusammenhang zwischen dem künftigen Vorteil, die Flugzeuge auch weiterhin verchartern und folglich Betriebseinnahmen erzielen zu können, und der Verpflichtung zur Durchführung der in den streitigen LTA und JAR-OPS 1 angeordneten Maßnahmen gesehen. Anders als das FA meint, stehen insbesondere die sich aus der (künftigen) Vercharterung ergebenden Einnahmen nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Verpflichtungserfüllung, sondern allenfalls in einem allgemeinen Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb. Ob --wie das FG meint-- ein sachlicher Zusammenhang zwischen den im Streitfall bestehenden Verpflichtungen und einem wirtschaftlichen Vorteil aus einer etwaigen Verwertung der in Folge der Umrüstungsmaßnahmen ausgebauten Flugzeugbestandteile bestehen würde, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil eine solche Verwertungshandlung ausweislich der Feststellungen des FG nicht stattgefunden hat.

35

3. In Bezug auf voraussichtliche Aufwendungen für die Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfrist am Bilanzstichtag bereits abgelaufen war, lagen danach die Voraussetzungen zur Bildung von Rückstellungen zum Bilanzstichtag grundsätzlich vor. Das Urteil des FG ist gleichwohl mangels Spruchreife aufzuheben, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht seine Annahme stützen, dass die Klägerin als Adressatin der LTA bzw. der JAR-OPS 1 zur Durchführung der angeordneten Maßnahmen verpflichtet gewesen sei. Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen kann nur der konkret Verpflichtete bilden, also der Adressat der gesetzlichen oder behördlichen Anordnung. Adressat der luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen ist nach § 2 Abs. 1 LuftBO, anders als das FG meint, jedoch der Halter und nicht der Eigentümer des Luftfahrtgeräts.

36

Die bisherigen Feststellungen des FG ermöglichen dem Senat keine Entscheidung darüber, ob die Klägerin Halterin der Flugzeuge und deshalb aufgrund der streitigen Verpflichtungen zur Umsetzung der durchzuführenden Maßnahmen verpflichtet war. Durch die Zurückverweisung erhält das FG Gelegenheit, die insoweit fehlenden Feststellungen nachzuholen. In diesem Zusammenhang wird zunächst zu klären sein, aufgrund welcher Vertragsgrundlage die Klägerin die Flugzeuge an Dritte zur Nutzung überlassen hat (Leasing, Vercharterung, etc.). Je nach Einordnung des Überlassungsvertrags kann die Haltereigenschaft variieren (vgl. z.B. Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 4. Aufl., Kap. 7, Rz 293 ff.) und möglicherweise bei der Klägerin liegen.

37

II. Die Revision der Klägerin ist ungeachtet der Frage, ob die Klägerin überhaupt als Adressatin der streitbefangenen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen anzusehen ist, unbegründet und war daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

38

FA und FG haben den Aufwand für diejenigen luftverkehrsrechtlichen Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen am Bilanzstichtag des Streitjahrs noch nicht abgelaufen waren, zu Recht nicht ergebnismindernd durch eine Rückstellung berücksichtigt. Denn die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung lagen zum Bilanzstichtag nicht vor (dazu B.II.1.). Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bildung der Rückstellung am Bilanzstichtag jedenfalls subjektiv richtig gewesen sei (dazu B.II.2.).

39

1. Nach den oben unter B.I.1. dargelegten Grundsätzen ist Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten u.a. das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach --deren Höhe zudem ungewiss sein kann-- sowie die wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag.

40

a) Nach den oben unter B.I.2.a dargelegten Maßstäben für das rechtliche Entstehen einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung ist dem FG darin zu folgen, dass diejenigen luftverkehrsrechtlichen Verpflichtungen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen zum Bilanzstichtag des Streitjahrs noch nicht abgelaufen waren, rechtlich noch nicht entstanden waren.

41

b) Nach den oben unter B.I.2.b dargelegten Maßstäben zur wirtschaftlichen Verursachung ist auch die rechtliche Beurteilung des FG nicht zu beanstanden, dass diese Verpflichtungen im Streitjahr auch noch wirtschaftlich nicht verursacht waren. Denn ihr wirtschaftlicher Bezugspunkt liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Die Verpflichtungen knüpfen zukunftsorientiert an den Ablauf der Umsetzungsfrist nach dem Bilanzstichtag an. Folglich dienen die durchzuführenden Maßnahmen objektiv dem Erhalt der technischen Nutzbarkeit der Flugzeuge für Zeiträume nach dem Bilanzstichtag und damit nicht dem laufenden Betrieb des Streitjahrs. Dies gilt unabhängig davon, dass der (unerkannte) Mangel bereits vor dem Bilanzstichtag angelegt war. Das FG knüpft deshalb zu Recht daran an, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung sanktionsbewehrt nur dann zu erfüllen ist, wenn der Betrieb in Zukunft fortgeführt werden soll. Die Maßnahmen, für deren Durchführung die Umsetzungsfristen erst nach dem Bilanzstichtag des Streitjahrs abliefen, dienten deshalb ausschließlich dazu, dass mit den Flugzeugen auch künftig gewerbliche Luftverkehrsleistungen erbracht werden können.

42

2. Die Klägerin kann sich auch weder darauf berufen, dass die Bildung der Rückstellungen für diese Verpflichtungen am Bilanzstichtag jedenfalls subjektiv richtig gewesen sei, noch darauf, dass ihr im Hinblick auf die Nichtbeanstandung entsprechender Rückstellungsbildungen in vorangegangenen Betriebsprüfungen Vertrauensschutz zu gewähren sei.

43

a) Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 (BFHE 240, 162, BStBl II 2013, 317) ist das FA im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung der Klägerin gebunden, die der aufgestellten Bilanz und deren einzelnen Ansätzen zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war (Aufgabe des sog. "subjektiven Fehlerbegriffs" hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen). Maßgebend sind vielmehr die für den Bilanzstichtag geltenden Vorschriften in objektiv zutreffender Auslegung. Insofern braucht der erkennende Senat über die Frage, ob die Rechtsauffassung der Klägerin zur Bildung der streitgegenständlichen Rückstellung zumindest subjektiv nicht fehlerhaft gewesen ist, nicht zu entscheiden.

44

b) Auch die Anerkennung der in vorangegangenen Veranlagungszeiträumen durch die Klägerin gebildeten Rückstellungen durch das FA und die Betriebsprüfung rechtfertigt die Aufrechterhaltung der streitigen Rückstellungen nicht. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 der Abgabenordnung) verpflichtet das FA vielmehr, eine als unrichtig erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben. Das FA ist grundsätzlich an seine rechtliche Würdigung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung). Dies gilt selbst dann, wenn die fehlerhafte Auffassung in einem Prüfungsbericht niedergelegt worden ist oder wenn das FA über eine längere Zeitspanne eine fehlerhafte, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hat und der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert haben sollte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578, unter 2.b der Gründe, m.w.N.; vom 23. Februar 2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112, Rz 70).

45

III. Die erfolgreiche Revision des FA führt insgesamt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (dazu oben B.I.). Soweit die Revision als unbegründet zurückgewiesen wurde (dazu oben B.II.), ist sie im zweiten Rechtsgang nicht mehr Gegenstand des fortgesetzten Klageverfahrens (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 20).

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
II ZR 178/03 Verkündet am:
14. November 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Insolvenzverwalter des Vermögens einer GmbH ist entsprechend § 93
InsO befugt, eine etwaige Durchgriffshaftung eines Gesellschafters für die
Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 128 HGB analog) wegen "Vermögensvermischung"
geltend zu machen.

b) Die Durchgriffshaftung eines GmbH-Gesellschafters wegen "Vermögensvermischung"
, die zu einem Wegfall des Haftungsprivilegs gemäß § 13 Abs. 2
GmbHG führt, ist keine Zustands- sondern eine Verhaltenshaftung; sie trifft
einen Gesellschafter nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen
Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den Vermögensvermischungstatbestand
verantwortlich ist (Klarstellung zu BGHZ 125, 366, 368 f.).

c) Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer unkontrollierbaren
Vermischung des Gesellschafts- mit dem Privatvermögen der Gesellschafter
ist im Grundsatz der klagende Insolvenzverwalter; den oder die Gesellschaf-
ter trifft aber eine sekundäre Darlegungslast für das Gegenteil. Das bloße
Fehlen einer "doppelten Buchführung" reicht als Nachweis für eine "Vermögensvermischung"
nicht aus.

d) Der Insolvenzverwalter kann sich gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in
Anspruch genommenen GmbH-Gesellschafter, der keine Gelegenheit zu
einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 1 InsO hatte, auf die Rechtskraftwirkung
der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle
(§ 178 Abs. 3 InsO) nicht berufen.
BGH, Versäumnisurteil vom 14. November 2005 - II ZR 178/03 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 14. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 11. Februar 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), die im Oktober 1995 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet worden ist. Die Beklagte war Gründungs- und ab 1997 Alleingesellschafterin der Schuldnerin; außerdem war sie deren Alleingeschäftsführerin in der Zeit von Oktober 1995 bis 12. Januar 1998. Anschließend war K. T. Geschäftsführer, der am 29. Juni 1998 durch eine Frau Kr. abgelöst wurde. In dem späteren Insolvenzverfahren wurden Forderungen i.H.v.
5.398.775,29 DM angemeldet, wovon 2.551.169,59 DM zur Tabelle festgestellt wurden, darunter 1.964.158,69 DM Steuernachforderungen.
2
Mit der Klage macht der Kläger eine "Durchgriffshaftung" der Beklagten in Höhe der festgestellten Forderungen - abzüglich eines bereits anderweitig ausgeurteilten Betrages von 24.607,68 DM - mit der Behauptung geltend, die Schuldnerin habe über keine ordnungsgemäße Buchführung verfügt und ihre Geschäfte großenteils in Form von Barzahlungen abgewickelt. Da der Verbleib der eingenommenen Gelder nicht nachvollziehbar sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte das Gesellschafts- mit ihrem Privatvermögen vermischt habe, weshalb sie (nach den in BGHZ 95, 330, 333 f.; 125, 366, 368 aufgestellten Grundsätzen) entsprechend § 128 HGB für die Gesellschaftsschulden hafte. Die Klagebefugnis ergebe sich aus § 93 InsO.
3
Beide Vorinstanzen haben der Klage entsprochen. Dagegen richtet sich die - von dem Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
5
I. Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu erkennen. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
6
II. Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei entsprechend § 93 InsO befugt, die persönliche Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin geltend zu machen. Die Beklagte hafte für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (nach den in BGHZ 95, 330, 334 aufgestellten Grundsätzen) gemäß § 128 HGB analog unter Verlust ihres Haftungsprivilegs gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG, weil sie nicht für eine klare Vermögensabgrenzung zwischen dem Gesellschafts- und ihrem Privatvermögen gesorgt und damit die Rechtsform der GmbH missbraucht habe. Nach ihrem eigenen Vortrag seien unter ihrer Ägide als Geschäftsführerin die Geschäfte der Schuldnerin nur überwiegend über deren Geschäftskonto abgewickelt worden. Nach dessen Kündigung seitens der Bank per 30. Juni 1998 habe die Schuldnerin ein neues Konto offenbar nicht mehr eröffnet; so habe die Geschäftsführerin Kr. im September 1999 ein Bauvorhaben der Schuldnerin über ihr Privatkonto abgerechnet. Entgegen § 41 GmbHG habe die Schuldnerin keine doppelte Buchführung besessen. Nach der Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen (im Zuge eines Steuerstrafverfahrens gegen den Ehemann der Beklagten) sei vergeblich versucht worden, eine neue Buchhaltung aufzubauen, was aber nur zu betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 geführt habe. Weiter habe die Beklagte selbst vorgetragen, dass die Geschäftsführerin Kr. seit Juli 1998 jede weitere Buchführung unterlassen und darüber hinaus eine Angestellte angewiesen habe, Buchungsvorgänge zu verfälschen und Kassenbücher nachträglich zu ändern. Die Tatsachen, dass teilweise Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden seien und angeblich teilweise ein Kassenbuch geführt worden sei, seien nicht von Belang. Die Geschäftspraxis, Außenstände durch sog. "Inkassofahrer" einzuziehen und diese damit zu betrauen, Gläubigerforderungen bar auszugleichen, habe ebenfalls einen Überblick über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft verhindert und die Abgrenzung ihres Vermögens vereitelt. Bilanzen und Inventare hätten nicht existiert , weshalb das Finanzamt im Oktober 1998 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO habe ermitteln müssen. Unerheblich sei, dass die Beklagte nur bis 12. Januar 1998 Geschäftsführerin der Schuldnerin gewesen sei. Denn sie habe während ihrer 2 1/4-jährigen Geschäftsführertätigkeit die Abgrenzung zwischen ihrem und dem Vermögen der Gesellschaft verschleiert. Sie habe sich ihrer Verantwortung nicht dadurch entziehen können, dass sie einen anderen Geschäftsführer bestellt und im Übrigen den Dingen ihren Lauf gelassen habe. Als Alleingesellschafterin habe sie weiterhin eine Garantenstellung gegenüber der Gesellschaft gehabt, für eine ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung zu sorgen. Gegenüber den zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen könne die Beklagte weder die Einrede der Verjährung noch sonstige Einwände erheben. Die meisten Forderungen seien ohnehin schon vor Insolvenzeröffnung rechtskräftig tituliert gewesen; im Übrigen wirke die Rechtskraft der Eintragung in die Tabelle (§ 178 Abs. 3 InsO) entsprechend § 129 Abs. 1 HGB auch gegenüber der Beklagten. Sie habe mit ihrer Inanspruchnahme durch den Kläger rechnen und deshalb für einen rechtzeitigen Widerspruch gemäß § 178 Abs. 2 Satz 2 InsO - z.B. durch die Geschäftsführerin - sorgen müssen.
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III. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
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1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsurteil allerdings nicht schon deshalb aufzuheben, weil es die zweitinstanzlichen Parteianträge nicht wiedergibt. Eine wörtliche Wiedergabe ist nicht unbedingt erforderlich, wenn aus dem Zusammenhang noch erkennbar ist, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGHZ 154, 99). Hier lässt sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung noch entnehmen, dass die Beklagte in zweiter Instanz weiterhin die Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt hat.
9
Auch die tatsächlichen Grundlagen der angefochtenen Entscheidung, die gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die erstinstanzlichen Feststellungen Bezug nimmt, lassen sich aus ihr und dem in Bezug genommenen Parteivortrag noch soweit entnehmen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 158, 60, 62). Das heißt allerdings nicht, dass die Feststellungen ausreichen, um das angefochtene Urteil zu tragen (dazu unten

3).


10
2. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger als Insolvenzverwalter entsprechend § 93 InsO befugt ist, eine etwaige Durchgriffshaftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin (§ 128 HGB analog) klageweise geltend zu machen. Die entsprechende Grundsatzfrage ist inzwischen durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2004 (1 AZR 104/03, ZIP 2005, 1174) geklärt. Danach kann die etwaige persönliche Haftung eines GmbH-Gesellschafters, der wegen "existenzvernichtender Eingriffe" in das Gesellschaftsvermögen das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG verloren hat (dazu BGHZ 151, 181), während eines laufenden Insolvenzverfahrens entsprechend § 93 InsO nur von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, um eine gleichmäßige Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger aus dem vorhandenen Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters zu gewährleisten. Im gleichen Sinn hat der Senat für Altfälle vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung entschieden (BGHZ 151, 181, 187; Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 390/03, ZIP 2005, 1734). Für den im vorliegenden Fall geltend gemachten Haftungsdurchgriff wegen angeblicher Vermögensvermischung gilt nichts anderes, zumal in solchem Fall nach ständiger Rechtsprechung des Senates die §§ 128 f. HGB entsprechend anzuwenden sind (BGHZ 95, 330, 332) und schon dies zur entsprechenden Anwendung des § 93 InsO führen muss.
11
Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus § 93 InsO nicht, dass der Gesetzgeber damit nur die Fälle einer unmittelbaren, nicht aber diejenigen einer analogen Anwendung des § 128 HGB regeln wollte, obwohl in diesen Fällen der Sinn und Zweck des § 93 InsO in gleicher Weise eingreift und es insolvenzrechtlich keinen Unterschied macht, ob die Haftung eines Gesellschafters für die Gesellschaftsverbindlichkeiten aus einer direkten oder einer analogen Anwendung des § 128 HGB folgt (vgl. auch BAG aaO).
12
Ohne Erfolg beruft sich die Revision auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Juli 2002 (IX ZR 265/01, BGHZ 151, 245 ff.), wonach die Ermächtigung des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO sich "nur auf Ansprüche aus der gesetzlichen akzessorischen Gesellschafterhaftung erstreckt". Eine "gesetzliche" Haftung dieser Art besteht auch bei analoger Anwendung des § 128 HGB. Diese Vorschrift schließt auch die Haftung des Gesellschafters für Steuerschulden der Gesellschaft ein (vgl. Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 128 Rdn. 2). Allerdings hindert die Sperrwirkung des § 93 InsO die Finanzverwaltung nicht, eine mit § 128 HGB konkurrierende, in einem eigenständigen Tatbestand erfasste Haftung eines geschäftsführenden Gesellschafters wegen Verletzung steuerrechtlicher Pflichten gemäß §§ 34, 69 AO mit Haftungsbescheid gegen diesen Gesellschafter während des laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft geltend zu machen (BGH aaO S. 251 f.; BFH, Beschl. v. 2. November 2001 - VII B 155/01, ZIP 2002, 179). Nach eigenem Vortrag der Beklagten ist jedoch gegen sie in ihrer Eigenschaft als ehemalige Geschäftsführerin der Schuldnerin ein Haftungsbescheid der Finanzverwaltung nicht ergangen und kann wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO auch nicht mehr ergehen. Das berührt eine etwaige Haftung der Beklagten für die Steuerschulden der Gemeinschuldnerin entsprechend § 128 HGB indes nicht und führt - entgegen der Ansicht der Beklagten - gerade dazu, dass es auch insoweit bei der Klagebefugnis des Klägers entsprechend § 93 InsO verbleibt (vgl. auch Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 93 Rdn. 18 b).
13
3. Zu Recht rügt die Revision indessen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Durchgriffstatbestand nicht rechts- und verfahrensfehlerfrei festgestellt hat.
14
a) Nach der Rechtsprechung des Senates kommt eine persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist und deshalb die Kapitalerhaltungsvorschriften , deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) ist, nicht funktionieren können (BGHZ 125, 366, 368 m.w.Nachw.). Insoweit handelt es sich im Grundsatz um einen auch im Schrifttum weithin anerkannten, wenn auch in Einzelheiten nicht unumstrittenen Durchgriffstatbestand (vgl. Roth/ Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 13 Rdn. 112; Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1557 ff.; Scholz/Emmerich, GmbHG 9. Aufl. § 13 Rdn. 86; Pentz in Rowedder/ Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 13 Rdn. 141; Ulmer/Raiser, GmbHG § 13 Rdn. 126 ff.), der durch die neuere Rechtsprechung des Senates zur Haftung eines GmbH-Gesellschafters wegen "existenzvernichtender Eingriffe" in das Gesellschaftsvermögen (BGHZ 149, 10, 16 f.; 151, 181, 186 ff.; Urteile v. 13. Dezember 2004 - II ZR 206/02 und II ZR 256/02, ZIP 2005, 117, 250) nicht überholt ist. Denn es handelt sich hier um Fälle, in denen eine Kontrolle über die Verwendung des haftenden Gesellschaftsvermögens vereitelt wird (vgl. BGHZ 95, 330, 334). Das kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es an einer Buchführung überhaupt fehlt (BGHZ 125, 366, 368).
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b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt aber dafür nicht schon das Fehlen einer "doppelten Buchführung" gemäß §§ 41 GmbHG, 238 HGB, solange sich die Vermögenszuflüsse und -abflüsse sowie die Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter noch aufgrund sonstiger vorhandener Unterlagen nachvollziehen lassen. Die Buchführungspflicht obliegt gemäß § 41 GmbHG dem Geschäftsführer; ihre Verletzung kann Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihn aus § 43 Abs. 2 GmbHG auslösen (vgl. Senat, Urt. v. 9. Mai 1974 - II ZR 50/72, DB 1974, 1619; Roth/ Altmeppen aaO § 41 Rdn. 11), führt aber noch nicht ohne weiteres zu einer Durchgriffs- oder sonstigen Außenhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (vgl. auch Senat, BGHZ 125, 366, 377 ff.). Haftungsgrund hierfür ist nicht die mangelhafte Buchführung, sondern der Tatbestand der von dem Gesellschafter zu verantwortenden, die Kapitalschutzvorschriften missachtenden "Vermögensvermischung". Ergibt sich unter diesen Voraussetzungen eine Unkontrollierbarkeit der Zahlungsvorgänge mit der Folge, dass die Vermögensmassen der Gesellschaft und des Gesellschafters nicht mehr unterschieden werden können, greift die Haftung des Gesellschafters ein. Darlegungs - und beweispflichtig dafür ist im Grundsatz der klagende Insolvenzverwalter , dem allerdings die Grundsätze über die sekundäre Behauptungslast zugute kommen, weil sich der Gesellschafter als derjenige, der die Verhältnisse der Gesellschaft kennen muss, nicht auf ein pauschales Bestreiten zurückziehen darf.
16
Wie die Revision zu Recht rügt, würdigt das Berufungsgericht das seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorbringen der Beklagten nur selektiv und unvollständig. Nach ihrem Vortrag gab es bei der Gemeinschuldnerin für die Jahre bis Ende 1997 Kassenbücher, Kassenordner und Umsatzsteuervoranmeldungen. Diese und zahlreiche andere Geschäftsunterlagen wurden im Zuge einer Steuerfahndung im November 1997 beschlagnahmt, wie sich aus dem vorgelegten Sicherstellungsprotokoll ergibt. Weder die vorinstanzlichen Gerichte noch auch nur der Kläger haben diese Unterlagen, die sich bei der Staatsanwaltschaft befinden sollen, überprüft bzw. sachverständig überprüfen lassen, obwohl die Beklagte eine unkontrollierbare Vermögensvermischung unter Hinweis auf die genannten Unterlagen bestritten und deren Beiziehung beantragt hat. Weiter hat sich die Beklagte auf das Vorhandensein betriebswirtschaftlicher Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 berufen, die sich bei den Akten eines Strafverfahrens gegen ihren Ehemann befänden. Auch diese Unterlagen durfte das Berufungsgericht nicht ohne deren Prüfung als unzureichend qualifizieren (§ 286 ZPO).
17
c) Soweit das Berufungsgericht der Beklagten Buchführungsversäumnisse in der Zeit nach ihrem Ausscheiden als Geschäftsführerin anlastet und ihr in diesem Zusammenhang auch Buchungsverfälschungen sowie die Abzweigung von Gesellschaftsmitteln durch die Geschäftsführerin Kr. zurechnet, überspannt es die Verantwortlichkeit der Beklagten. Die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung ist keine Zustands-, sondern eine Verhaltenshaftung wegen Rechtsformmissbrauchs (vgl. Altmeppen, ZIP 2002, 1553, 1557). Sie trifft einen Gesellschafter nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den Vermögensvermischungstatbestand verantwortlich ist (vgl. BGHZ 125, 366, 368). Wollte man anders entscheiden, liefe dies darauf hinaus, dass der durch einen ungetreuen Geschäftsführer geschädigte Gesellschafter neben dem Schaden "seiner" Gesellschaft auch noch die Folgen einer Durchgriffshaftung zu tragen hätte. Ein GmbH-Gesellschafter ist gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG im eigenen Interesse zur Überwachung der Geschäftsführung berechtigt, nicht aber dazu im Interesse der Gläubiger verpflichtet. Die Tatsache allein, dass sich ein Gesellschafter besser hätte informieren und dann hätte intervenieren können, begründet noch keine Haftung. Allenfalls § 826 BGB kommt in Betracht, wenn ein Gesellschafter sehenden Auges eine Gläubigerschädigung durch den Geschäftsführer geschehen lässt (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 46 Rdn. 113).
18
Mit dem Sachvortrag der Beklagten nicht in Einklang steht die Argumentation des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich ihrer Verantwortung für die während ihrer Geschäftsführertätigkeit praktizierte Vermögensvermischung nicht dadurch entziehen können, dass sie einen anderen Geschäftsführer bestellt und im Übrigen den Dingen ihren Lauf gelassen habe. Abgesehen davon, dass von einer unkontrollierbaren Vermögensvermischung während der Geschäftsführertätigkeit der Beklagten nach den bisherigen Feststellungen nicht ausgegangen werden kann (vgl. oben 3 b), fiel der Geschäftsführerwechsel, der nach dem Vortrag der Beklagten wegen ihrer Auslastung mit der Betreuung ihrer beiden Kinder erfolgte, in die Zeit kurz nach Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen. Dadurch wurde die Buchführung erschwert. Gegen die angebliche Fortsetzung eines objektiv rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Beklagten spricht, dass der Nachfolgegeschäftsführer T. offenbar angehalten wurde, eine neue Buchhaltung aufzubauen, woraus auch die bereits an anderer Stelle erwähnten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 herrühren. Wegen des erneuten Geschäftsführerwechsels soll der Konsolidierungsversuch ins Stocken geraten sein. Jedenfalls ging damit die Primärverantwortung für eine ordnungsgemäße Buchführung gemäß §§ 41 GmbHG, 238 HGB auf die Geschäftsführerin Kr. über. Sie soll nach dem unter Beweis gestellten - von dem Berufungsgericht wiederum nur selektiv gewürdigten - Vortrag der Beklagten in der "Klageerwiderung" (gemeint ist offenbar die Gegenäußerung auf das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers) durch den Zeugen T. eingearbeitet und von ihm sowie von dem Steuerberater der Schuldnerin mehrfach eindringlich ermahnt worden sein, die Buchhaltung sorgfältiger zu führen. Unterließ sie dennoch später jede weitere Buchführung, so rechtfertigt dies noch nicht die Annahme eines Rechtsformmissbrauchs auf Seiten der Beklagten, solange nicht nachgewiesen ist, dass sie diese Untätigkeit veranlasst oder gefördert oder durch verdeckte Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen hiervon profitiert hat. Nach dem zweitinstanzlichen Vortrag der Beklagten soll im Übrigen, worauf die Revision hinweist, die Geschäftsführerin Kr. vorhandene Buchführungsunterlagen bei ihrem Ausscheiden mitgenommen haben, um ihre Machenschaften zu verdecken.
19
d) Nach allem kann das angefochtene Urteil wegen unzureichender Feststellungen zum Haftungsgrund nicht bestehen bleiben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat verwehrt, weil es dazu noch der im Einzelnen genannten tatrichterlichen Feststellungen bedarf.
20
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Sache auch nicht deshalb zugunsten der Beklagten entscheidungsreif, weil nach den Ausführungen des Klägers in dem von ihm vorgelegten Insolvenzgutachten die Geschäfte der Schuldnerin faktisch von dem Ehemann der Beklagten geführt worden sein sollen. Ließ die Beklagte als Alleingesellschafterin der Schuldnerin zu, dass ihr Ehemann als faktischer Geschäftsführer agierte und eine Vermischung des Gesellschafts - mit seinem und ihrem Vermögen praktizierte, so wäre sie dafür auch verantwortlich. Durch eine interne Aufteilung der Funktionen eines Alleingesellschafters und eines von ihm eingesetzten faktischen Geschäftsführers kann eine Durchgriffshaftung des Gesellschafters nicht verhindert werden. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen.
21
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
22
IV. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
23
1. Sollte sich eine Durchgriffshaftung der Beklagten dem Grunde nach ergeben, können ihr - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - Einwände gegen die von dem Kläger geltend gemachten Forderungen der Insolvenzgläubiger nicht schon wegen der Rechtskraftwirkung der Eintragung in die Insolvenztabelle gemäß § 178 Abs. 3 InsO i.V.m. § 129 Abs. 1 HGB abgeschnitten werden. Zwar gilt § 129 Abs. 1 HGB im Fall der Durchgriffshaftung eines GmbH-Gesellschafters entsprechend (BGHZ 95, 330). Er darf aber nicht schlechter gestellt werden als ein gemäß § 128 HGB haftender Personengesellschafter , der nach dem Senatsurteil vom 30. Januar 1961 (II ZR 98/59, KTS 1961, 72, 74 = WM 1961, 429) zur Gewährung rechtlichen Gehörs an den Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen ist und Gelegenheit haben muss, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für seine persönliche Haftung zu widersprechen (vgl. auch Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 209 Rdn. 22 m.w.Nachw.). Das gilt auch im Rahmen des § 93 InsO (vgl. MünchKommInsO/Brandes § 93 Rdn. 31 m.w.Nachw.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 3. Aufl. Rz. 31.18). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zur Zeit des ersten Prüftermins im Insolvenzverfahren im Mai 2000 ihre spätere Inanspruchnahme durch den Kläger vorhersehen konnte und sie deshalb für ihre Beteiligung an dem Feststellungsverfahren selbst hätte sorgen können und müssen. Zwar war ein Großteil der geltend gemachten Forderungen schon vor Insolvenzeröffnung rechtskräftig tituliert. Diese können von der Beklagten entsprechend § 129 Abs. 1 HGB nicht mehr bestritten werden (zu Steuerforderungen vgl. Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 179 Rdn. 22). Hinsichtlich der übrigen Forderungen kann sich der Kläger gegenüber der Beklagten aber auf die Fest- stellungswirkung des § 178 Abs. 3 InsO i.V.m. § 129 Abs. 1 HGB nicht berufen, weil andernfalls Art. 103 Abs. 1 GG verletzt würde.
24
2. Der Umfang der von dem Kläger entsprechend § 93 InsO geltend zu machenden Forderungen beschränkt sich im Ergebnis auf den Betrag, der zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist. Eine etwa vorhandene Masse ist abzusetzen (vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 93 Rdn. 23; Brandes aaO § 93 Rdn. 25; Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 93 Rdn. 21 f., 32), wie die Revision zu Recht rügt.
Goette Kraemer Gehrlein
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 17.09.2002 - 10 O 181/01 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.05.2003 - 9 U 213/02 -

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.