Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids vom 23. Dezember 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. August 2016 wird die Einkommensteuer 2002 auf 39.730 € herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen einen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid das Wahlrecht zur laufenden Besteuerung von Veräußerungsrenten neu ausgeübt werden kann.

Der Kläger veräußerte mit Vertrag vom 8. April 2002, auf den hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird, zum 1. Januar 2002 seinen Kommanditanteil an der … GmbH & Co. KG. Als vorläufiger Kaufpreis war ein Betrag von 536.800 € vereinbart; dieser Kaufpreis unterlag bestimmten Anpassungsregelungen. Der Erwerber sollte in Höhe des Kaufpreises in mehreren Tranchen Einmalbeiträge in Rentenversicherungen gemäß dem Vertrag beigefügten Versicherungsangeboten zahlen. Die Parteien waren sich einig, dass ausschließlich in Höhe und Umfang der aus diesen jeweiligen Rückdeckungsversicherungen dem Veräußerer als „versicherte Person“ zufließenden Zahlungen (Rentenzahlungen/ Einmalzahlungen im Todesfall etc.) seitens des Erwerbers eine Rentenzusage erteilt wurde. Der Erwerber durfte die Rentenversicherungen nur mit Zustimmung des Klägers kündigen (Zusatzvereinbarung zum Veräußerungsvertrag).

Nach den vom Erwerber über Einmalbeiträge von insgesamt 161.000 € abgeschlossenen Rentenversicherungen (im Einzelnen wird auf die Versicherungsscheine Nr. … bis … verwiesen) waren jeweils Versicherungsnehmer der Erwerber, versicherte Person der Kläger und bezugsberechtigt

1. solange die versicherte Person lebt: unwiderruflich der Kläger;

2. bei Tod der versicherten Person: die Klägerin.

Eine Änderung des Bezugsrechts war möglich, solange der Versicherungsfall noch nicht eingetreten war. Der Versicherungsnehmer konnte das Bezugsrecht im Erlebensfall außerdem nur mit Zustimmung des unwiderruflich Begünstigten ändern.

Als Leistungen waren jeweils vorgesehen:

1. Beitragsrückzahlung bei Tod vor dem 1. Mai 2010;

2. Monatliche Garantierente bei Erleben des 1. Mai 2010;

3. Todesfallleistung ab Rentenbeginn bis 30. April 2028: 18fache jährliche ab Rentenbeginn garantierte Rente abzüglich bereits gezahlter, ab Rentenbeginn garantierter Renten.

Mit Vergleichsvertrag vom 25. Mai 2007, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, wurde der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis für den Kommanditanteil vorbehaltlich weiterer Anpassungen auf 943.816 € erhöht. Über die vom Erwerber geleistete Tranche von 161.000 € hinaus sollten keine weiteren Zahlungen in eine Rückdeckungsversicherung erfolgen; weitere Kaufpreiszahlungen bzw. Kaufpreisanpassungszahlungen sollten unmittelbar an den Veräußerer in Geld geleistet werden. Endgültig wurde die Kaufpreisabrechnung erst nach einem Schiedsgutachten vom 12. September 2013 geregelt, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird.

Der Beginn der Rentenzahlungen erfolgte abweichend von den Versicherungsscheinen erstmals im Kalenderjahr 2015.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2002 vom 27. Mai 2004 erklärten die Kläger u. a. Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 348.149 €. Sie machten dabei von dem Wahlrecht auf eine Besteuerung nach Zufluss keinen Gebrauch. Das beklagte Finanzamt (FA) setzte mit Bescheid vom 2. Juli 2004 die Einkommensteuer 2002 auf 1.810 € fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Das FA setzte zuletzt mit gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 4. März 2010 die Einkommensteuer 2002 auf 0 € herab. Dabei legte das FA - aufgrund einer Mitteilung über den geänderten Feststellungsbescheid - Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 237.627 €, davon steuerfrei 155 €, zugrunde.

Mit weiterem gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid vom 23. Dezember 2015 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2002 auf 95.448 €. Dabei legte das FA - aufgrund einer Mitteilung über den geänderten Feststellungsbescheid - Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 660.100 € zugrunde. Auf das zu versteuernde Einkommen wandte das FA den ermäßigten Tarif nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) an. In dem festgestellten Veräußerungsgewinn (660.100 €) war der auf die Rentenversicherungen entfallende Kaufpreisanteil in Höhe eines Betrags von 161.000 € enthalten.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und stellten u. a. einen Antrag auf nachgelagerte Besteuerung für den Teil des Veräußerungsentgelts in Höhe von 161.000 €, der auf die abgeschlossenen Rentenversicherungen entfiel.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. August 2016). Das FA vertrat die Auffassung, der Steuerpflichtige könne das Wahlrecht grundsätzlich nur bis zur formellen Bestandskraft der Veranlagung ausüben bzw. und widerrufen. Zwar könnten einkommensteuerrechtliche Antrags- oder Wahlrechte auch nach Eintritt der Bestandskraft eines vorangehenden Bescheids jedenfalls dann erstmalig ausgeübt oder geändert werden, wenn das FA einen steuererhöhenden Änderungsbescheid erlassen hat, mit dem ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt erfasst worden ist, aufgrund dessen überhaupt erst die wirtschaftliche Notwendigkeit entstanden ist, sich mit der erstmaligen bzw. geänderten Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts zu befassen (Bundesfinanzhof - BFH - Urteil vom 27. Oktober 2015 X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278). Vorliegend werde jedoch nicht ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt erfasst, sondern es handele sich bei dem dem Änderungsbescheid vom 23. Dezember 2015 zu Grunde liegenden Sachverhalt um ein und denselben Sachverhalt wie bei der bestandskräftigen Veranlagung vom 2. Juli 2004. Denn im Vertrag vom 8. April 2002 sei geregelt gewesen, dass der gesamte Kaufpreis in Rentenversicherungen einbezahlt werden solle und der Kläger hieraus eine Rente erhalte, und im Vergleich vom 25. Mai 2007 sei es bei der Einzahlung eines Kaufpreisteiles von 161.000 € in eine Rentenversicherung geblieben, auch wenn nunmehr die restlichen Kaufpreisteile nicht mehr in Rentenversicherungen einbezahlt werden sollten. Da der Vergleich vom 25. Mai 2007 durch eine freie Vereinbarung der beiden Vertragsparteien geschlossen worden sei, liege auch kein rückwirkendes Ereignis vor, so dass eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht komme. Die Interessenlage, die die Rechtsprechung zu einer teleologischen Reduktion der §§ 16, 34 EStG bewogen habe, liege im Streitfall nicht vor. Mit der Wahl der laufenden Besteuerung solle vermieden werden können, dass der Veräußerungsgewinn bereits bei Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums verwirklicht werde und bei vorzeitigem Versterben des Rentenberechtigten Gewinne versteuert würden, die er tatsächlich niemals erzielt habe. Nach den vorgelegten Rentenversicherungsverträgen sei beim Tod der versicherten Person (Kläger) ein Bezugsrecht der Ehefrau vereinbart. Deshalb würden bei vorzeitigem Tod des Klägers keine nicht erzielten Gewinne besteuert.

Ihre Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt:

„Das FA habe zu Unrecht die Wahl der Kläger, den Veräußerungsgewinn in Form der Leibrente ab Zufluss nachgelagert zu besteuern, abgelehnt. Im Rahmen der Steuererklärung vom 27. Mai 2004 sei von der Wahl einer Zuflussbesteuerung kein Gebrauch gemacht worden. Denn bei den vereinbarten 536.800 € habe es sich um einen vorläufigen Kaufpreis gehandelt, bei dem aus verschiedenen Gründen noch Änderungen zu erwarten gewesen seien. Aufgrund des laufenden Verlusts 2002 in Höhe von 202.991 € und der Begünstigung gem. § 34 EStG habe sich faktisch keine Steuerbelastung ergeben. Zudem sei der vorläufige Kaufpreis als Rentenverpflichtung vereinbart worden. Die Nutzung des Wahlrechts hätte daher zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn gemacht. Der im BFH-Urteil vom 27. Oktober 2015 (X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278) verwirklichte Sachverhalt sei nicht wesentlich unterschiedlich zum streitgegenständlichen Sachverhalt. Denn nach Auffassung des Klägers sei entscheidend, dass der formell bestandskräftig gewordene Erstbescheid mit steuererhöhender Wirkung geändert worden sei und sich erst mit dem geänderten Bescheid die wirtschaftliche Notwendigkeit ergeben habe, sich mit der Ausübung des Wahlrechts zu befassen. Auch Teile der Literatur verträten diese Ansicht. Zum Zeitpunkt des Erstbescheids vom 2. Juli 2004 habe nicht abgesehen werden können, wie sich eine Option für eine nachgelagerte Besteuerung auch nur eines Teilbetrags im Endergebnis auswirken würde. Die sinnvolle Ausübung des Wahlrechts habe vorausgesetzt, dass der Steuerpflichtige auf der Basis feststehender Ausgangsdaten in der Lage sei, einen Vorteilsvergleich anzustellen. Wenn sich die Einkünfte im Veranlagungszeitraum der Option nachträglich änderten, ließe sich der Bescheid nicht durch Einspruch mit der Begründung offen halten, dass die endgültige Höhe der Einkünfte nicht absehbar sei. Nach dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei erforderlich, dass keine Schlechterstellung erfolge gegenüber einem Steuerpflichtigen, bei dem endgültige Daten von Anfang an vorliegen. Eine gesetzliche Grenze zur Ausübung des Wahlrechts gebe es nicht. Vorliegend handele es sich nicht um eine rückwirkende Neudisposition zur Minderung der Steuerlast, sondern um die erstmalige Nutzung eines Wahlrechts. Denn der Anlass, das Wahlrecht auszuüben, sei erst durch den Änderungsbescheid mit Rückwirkung ausgelöst worden. Die Bestandskraft des Ursprungsbescheids könne nach der Rechtsprechung durchbrochen werden, wenn ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit vorliege. Es dürfe keinen Unterschied zu einem Einzelunternehmer geben, nur weil bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils die einkommensteuerlichen Folgen erst über einen Grundlagenbescheid zu ziehen sind. Der geänderte Kaufpreis aus der Übertragung von KG-Anteilen wirke auf den Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums und damit in das Jahr 2002 zurück, so dass der Einkommensteuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern sei. Abweichend von der ursprünglichen Regelung im Kaufvertrag vom 8. April 2002 sei in der Vergleichsvereinbarung vom 15. Mai 2007 der Rentenanteil auf die im Jahr 2002 geleistete erste Tranche von 161.000 € beschränkt worden. Diese Rentenzahlungen seien ab 2015 an den Kläger geflossen. Diese Neuregelung habe rückwirkenden Charakter. Schon aus diesem Grund hätten sich die Voraussetzungen für die Ausübung eines Wahlrechts rückwirkend geändert. Zudem sei auch bei Vereinbarung einer Witwenrente die Voraussetzung langfristig wiederkehrender Bezüge, die hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, vereinbart wurden, erfüllt. Auch im Fall einer Witwenrente könne nämlich bei vorzeitigem Tod der Witwe ex post der Kapitalwert der Rente geringer ausfallen als der dafür vorgesehene Kaufpreisanteil.“

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Bescheids vom 23. Dezember 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. August 2016 die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb aus Veräußerungsgewinnen um 161.000 € zu vermindern und die Einkommensteuer 2002 entsprechend herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA hält an seiner bereits in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Ein im Rahmen bestandskräftig gewordener und nicht mehr änderbarer Einkommensteuerfestsetzungen ausgeübtes Wahlrecht dürfe nicht erneut ausgeübt werden, denn es sei wegen der Bestandskraft des Bescheids erschöpft. Es lebe auch nicht dadurch wieder auf, dass der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werde, weil durch einheitliche und gesonderte Feststellung festgesetzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der KG geändert wurden. Der Steuerpflichtige könne das Wahlrecht nur bis zur Bestandskraft der Veranlagung des Veräußerungsvorgangs ausüben. An ein einmal ausgeübtes Wahlrecht sei der Steuerpflichtige für die Zukunft gebunden. Dasselbe gelte bei Nichtausübung des Wahlrechts. Im Übrigen sei beim Tod des Klägers ein Bezugsrecht der Ehefrau vereinbart, so dass beim Tod des Klägers auch keine nicht erzielten Gewinne besteuert würden. Schon deshalb sei eine teleologische Reduktion nicht erforderlich.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze, die vorgelegten Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. März 2017 verwiesen.

II.

Die Klage ist begründet.

Soweit der festgestellte Veräußerungsgewinn auf den Teil des Kaufpreises entfällt, der auf die vom Erwerber abgeschlossenen Rentenversicherungen entfällt, mithin in Höhe von 161.000 €, ist der Veräußerungsgewinn nicht im Streitjahr zu versteuern. Denn die Kläger haben wirksam eine nachgelagerte Besteuerung erst im Zeitpunkt des Zuflusses der jeweiligen Rentenzahlungen gewählt.

1. Die Voraussetzungen für eine Wahl der nachgelagerten Besteuerung gem. § 24 Nr. 2 i. V. m. § 15 EStG der Renten, die dem Kläger aus den vom Erwerber abgeschlossenen Rentenversicherungen zufließen, sind gegeben.

a) Bei der Veräußerung eines Anteils i. S. d. § 16 EStG gegen Leibrente hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen der sofortigen Versteuerung eines Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG in Form des Unterschiedsbetrags zwischen dem Kapitalwert der Rente sowie den Veräußerungskosten und dem auf den Veräußerungszeitpunkt ermittelten Wert des Betriebsvermögens (vgl. § 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG) einerseits und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses nach § 24 Nr. 2 EStG in Verbindung mit § 15 EStG andererseits. Dieses Wahlrecht beruht auf einer teleologischen Reduktion des grundsätzlich zwingenden Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380; BStBl II 2010, 969 m. w. N.). Es trägt vor allem dem Umstand Rechnung, dass zum einen die Leibrentenforderung mit ihrem Gegenwartswert zu bewerten ist und damit der Veräußerungsgewinn bereits im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen verwirklicht wird, zum Anderen jedoch - gemessen an der statistischen Wahrscheinlichkeit - der vorzeitige Tod des Rentenberechtigten nicht zu einer (rückwirkenden) Korrektur des Veräußerungsgewinns führt (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179) und deshalb der Ansatz des Veräußerungsgewinns mit der Folge verbunden sein kann, dass der Veräußerer Gewinne zu versteuern hat, die er tatsächlich zu keinem Zeitpunkt erzielt bzw. erzielen kann (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198; BStBl II 2002, 532 m. w. N.). Auf dieser Grundlage kommt ein Wahlrecht nach der Rechtsprechung dann in Betracht, wenn langfristige wiederkehrende Bezüge vereinbart werden und diese entweder mit einem Wagnis behaftet sind oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers festgelegt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380; BStBl II 2010, 969 m. w. N.; BFH-Beschluss vom 11. August 2011 VIII B 34/11, BFH/NV 2011, 2039 m. w. N.).

Wagnisbehaftete Bezüge liegen vor, wenn als Kaufpreis Zahlungen vereinbart werden, bei denen die Gefahr besteht, dass diese trotz vertragsgemäßer Erfüllung hinter den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Erwartungen zurückbleiben (BFH-Urteil vom 15. Juni 2010 X R 36/08, BFH/NV 2017, 4).

Versorgungszwecke liegen vor, wenn sich die Raten- oder Rentenzahlungen über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren erstrecken und die Vereinbarung den Versorgungscharakter eindeutig zum Ausdruck bringt (Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand März 2013, § 16 Rn. 406 m. w. N.).

b) Im Streitfall steht dem Kläger ein Wahlrecht zur Besteuerung (eines Teils, zum Bestehen des Wahlrechts auch in einem solchen Fall vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457) des Veräußerungsgewinns i. S. d. § 16 EStG erst im Zeitpunkt des Zuflusses der jeweiligen Rentenzahlungen zu.

Anders als das FA meint, ist nach den vertraglichen Regelungen nicht vollumfänglich sicher gestellt, dass dem Kläger als Veräußerer bzw. der Klägerin sämtliche Leistungen aus den Rentenversicherungsverträgen zufließen, so dass eine die teleologische Reduktion der §§ 16, 34 EStG erfordernde Interessenlage im Streitfall gegeben ist. Denn die Klägerin ist nur widerruflich als Bezugsberechtigte für den Todesfall des Klägers bestimmt und ein solches widerrufliches Bezugsrecht ist nicht vererblich (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Juni 2003 IV ZR 59/02, VersR 2003, 1021; Winter in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, § 159 VVG, Rn. 141; Hasse, VersR 2008, 590, Fn. 125). Somit hätte z. B. in dem Fall, dass die Klägerin vor dem Kläger verstirbt, der Erwerber als Versicherungsnehmer einen neuen Bezugsberechtigten für den Todesfall des Klägers zu bestimmen. Sofern dies nach dem Versicherungsvertrag der Zustimmung des Klägers bedürfte, wäre der Erwerber dennoch nicht verpflichtet, einem Vorschlag des Klägers zu folgen. Weiter ist nicht vorgesorgt für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Kläger. Dabei ist auch die Regelung im Veräußerungsvertrag zu berücksichtigen, wonach sich die Parteien einig waren, dass ausschließlich in Höhe und Umfang der aus den jeweiligen Rückdeckungsversicherungen dem Veräußerer als „versicherte Person“ zufließenden Zahlungen (Rentenzahlungen/ Einmalzahlungen im Todesfall etc.) seitens des Erwerbers eine Rentenzusage erteilt wird.

Im Übrigen liegt auch ein Versorgungscharakter der Rentenzahlungen vor. Sie sind lebenslänglich vereinbart mit aufgeschobenem Rentenbeginn und dienen jedenfalls in Zeiträumen ohne Erwerbsbezüge der Versorgung. Der Weg über eine Versicherung macht zudem die Zahlungen von der Leistungsfähigkeit des Erwerbers unabhängig.

2. Die Kläger konnten von diesem Wahlrecht noch im Einspruchsverfahren gegen den gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23. Dezember 2015 Gebrauch machen.

a) aa) Antrags- oder Wahlrechte, für deren Ausübung - wie im Streitfall - im Gesetzeswortlaut keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung vorgesehen ist, können grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheids erstmals oder in geänderter Weise ausgeübt werden. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist aber auch zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Das erfasst diejenigen Fälle, in denen Änderungsbescheide auf der Grundlage einer selbständigen Änderungsvorschrift - z. B. §§ 172 ff. AO - die teilweise Durchbrechung der Bestandskraft bewirken. Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung nur möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die Vorschrift begrenzt die Anfechtbarkeit und damit auch die durch den Einspruch bewirkte Änderbarkeit eines Änderungsbescheids auf den Umfang der Änderung und stellt damit u. a. klar, dass es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt. Bewegt sich die durch eine zulässige Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts bewirkte Steueränderung innerhalb des Rahmens des § 351 Abs. 1 AO, ist es nach § 157 Abs. 2 AO gleichgültig, ob die Änderung einen Bezug zu den Veräußerungsgewinnen aufweist (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2015 X R 56/13, BFHE 252, 241, BStBl II 2016, 967 zur Wahl des ermäßigten Steuersatzes für Veräußerungsgewinne gem. § 34 Abs. 3 EStG; vom 27. Oktober 2015 X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278 zum Antrag auf Anwendung des Freibetrags gem. § 16 Abs. 4 EStG).

bb) Wenn die steuerlichen Auswirkungen der Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts nicht über den durch § 351 AO gezogenen Rahmen hinausgehen, wird die zeitliche Grenze für die erneute oder anderweitige Ausübung eines Wahlrechts jedenfalls dann erst durch die formelle Bestandskraft des steuererhöhenden Änderungsbescheids gezogen, wenn erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der geänderten Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2015 X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278, Rn. 27; Kobor in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 16 Rn. 408; Schallmoser in: Blümich, EStG, § 16 Rn. 311).

Wenn die Ausübung eines Wahlrechts den Steuerpflichtigen für mehrere Veranlagungszeiträume bindet, tritt diese Bindung bereits dann ein, wenn nur der erste Veranlagungszeitraum bestandskräftig veranlagt wurde (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2015 X R 44/13, BFHE 252, 94, BStBl II 2016, 278, Rn. 16; Schmieszek in AO-StB 2016, 64).

b) Nach diesen Maßgaben konnten die Kläger im Streitfall die beantragte Ausübung bzw. Änderung des Wahlrechts noch vornehmen.

aa) Im Streitfall steht nicht entgegen, dass der Bescheid vom 4. März 2010 bestandskräftig geworden war. Denn die Kläger haben den gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid vom 23. Dezember 2015 angefochten und die infolge der Wahlrechtsausübung festzusetzende Einkommensteuer unterschreitet die betragsmäßige Änderungsschranke des § 351 Abs. 1 AO nicht (Steuer 0 € lt. dem vorangegangenen nicht angefochtenen Bescheid vom 4. März 2010).

bb) Im Streitfall steht weiter nicht entgegen, dass der Erstbescheid vom 2. Juli 2004, mit dem ein Kaufpreisanteil von 161.000 € (wie ursprünglich beantragt) der sofortigen Besteuerung unterworfen worden ist, bestandskräftig geworden ist.

Denn durch die nunmehrige Besteuerung des endgültigen Gesamtkaufpreises (Veräußerungsgewinn 660.100 €) ohne weitere Zahlungen in eine Rückdeckungsversicherung statt - wie im Erstbescheid - eines vorläufigen Gesamtkaufpreises von 536.800 € mit weiteren geplanten Zahlungen in eine Rückdeckungsversicherung ist zum einen erstmals ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt im Änderungsbescheid erfasst worden und zum anderen die wirtschaftliche Notwendigkeit entstanden, sich mit der geänderten Ausübung eines Wahlrechts für den streitigen Veranlagungszeitraum zu befassen. Das Gericht interpretiert den „weiteren steuererheblichen Sachverhalt“ nicht einschränkend dahin gehend, dass er von dem bisher der Besteuerung unterworfenen Sachverhalt verschieden sein muss; dies ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Wortlaut. Vielmehr erfordern die weiteren geänderten Bestandteile des Veräußerungsentgelts eine Änderung des im Erstbescheid ausgeübten Wahlrechts.

Im Übrigen spricht im Streitfall für eine erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts, dass im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung, in dem der beim Kläger entstandene Veräußerungsgewinn für die Einkommensbesteuerung 2002 der Kläger bindend festzustellen war (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 2015 III R 49/13, BFHE 252, 17, BFH/NV 2016, 624, unter III.5.b.bb.), im Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts noch keine Bestandskraft eingetreten war. Hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung erfolgten lediglich Anpassungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.

cc) Im Streitfall steht auch nicht entgegen, dass die Ausübung des Wahlrechts die Kläger für mehrere Veranlagungszeiträume - nämlich für alle Zeiträume mit Rentenzahlung - bindet. Denn keiner dieser ab 2015 betroffenen Veranlagungszeiträume ist bisher bestandskräftig veranlagt worden.

dd) Ist ein Wahlrecht aus rechtlichen Erwägungen zu gewähren, können fiskalische Überlegungen wie die Zinsauswirkungen keine Versagung des Wahlrechts rechtfertigen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Revision wird zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. April 2013  7 K 2342/11 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juni 2011 aufgehoben.

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bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten und der Revisionskläger zu 2. und 3. wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 18. April 2012  3 K 89/11 aufgehoben.

Bundesfinanzhof Beschluss, 11. Aug. 2011 - VIII B 34/11

bei uns veröffentlicht am 11.08.2011

Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet. Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben, insbesonde

Bundesfinanzhof Urteil, 20. Juli 2010 - IX R 45/09

bei uns veröffentlicht am 20.07.2010

Tatbestand 1 I. Der im Jahre 1947 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war alleiniger Gesellschafter der C-GmbH, deren Stammkapital 50.000 DM betrug. Mit notar
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht München Urteil, 16. März 2017 - 10 K 2391/16.

Bundesfinanzhof Urteil, 26. Apr. 2018 - III R 12/17

bei uns veröffentlicht am 26.04.2018

Tenor Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 16. März 2017  10 K 2391/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

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(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. April 2013  7 K 2342/11 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juni 2011 aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2007 wird unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2010 auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn statt des bisher berücksichtigten Freibetrags für Betriebsveräußerungs- und  -aufgabegewinne von 3.705 € ein solcher von 22.975 € abgezogen wird.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Beklagte zu 84 % und die Klägerin zu 16 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte sowohl als Einzelunternehmerin als auch durch eine mitunternehmerische Beteiligung an einer Publikums-GmbH & Co. KG (KG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zum 1. Januar des Streitjahres 2007 schied sie aus der KG aus. Ferner gab sie zum 31. Dezember 2007 den Betrieb des Einzelunternehmens auf. In ihrer Einkommensteuererklärung ermittelte sie einen Gewinn aus der Aufgabe des Einzelunternehmens in Höhe von 3.705 € und beantragte hierfür den --nur einmal zu gewährenden-- Freibetrag nach § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dessen persönliche Voraussetzungen (Vollendung des 55. Lebensjahres) sie erfüllte. In der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung führte sie auch die KG-Beteiligung auf, ließ das Feld zur Angabe der Höhe der hieraus bezogenen Einkünfte jedoch leer.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Klägerin am 20. Juni 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und beließ den Aufgabegewinn aus dem Einzelunternehmen steuerfrei. Im Anschluss an eine Außenprüfung, die nicht zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen führte, hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 6. August 2009 auf.

3

Am 24. August 2010 teilte das für die KG zuständige Betriebs-FA dem FA mit, die Klägerin habe aufgrund ihres Ausscheidens aus der KG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 22.975 € erzielt. Diesen Betrag, der auf der Auflösung eines negativen Kapitalkontos beruhte, erfasste das FA in dem nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten, im vorliegenden Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 7. September 2010. Es gewährte hierfür zwar die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, nicht aber den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG.

4

Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin erfolglos, den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG auf den --höheren-- Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung anzuwenden. Sie vertrat hierzu die Auffassung, der Bescheid könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden. Ihr sei erst nachträglich bekannt geworden, dass sie durch das Ausscheiden aus der KG einen Veräußerungsgewinn erzielt habe.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 287). Zwar seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt, weil der Veräußerungsgewinn keine neue Tatsache darstelle. Der steuerlich beratenen Klägerin sei sowohl ihr Ausscheiden aus der KG als auch der Umstand, dass ihr Kapitalkonto negativ gewesen sei, bekannt gewesen. Allerdings sei eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO vorzunehmen. Hierfür reiche es aus, wenn im Zeitpunkt der Änderung des Bescheids ein nicht eigenständig korrigierbarer materieller Fehler gegeben sei. Die nachträgliche Ausübung eines Wahlrechts könne einen solchen Fehler herbeiführen.

6

Mit seiner Revision verweist das FA auf eine gegenteilige Entscheidung des FG München vom 29. Oktober 2009  15 K 298/07 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Mai 2010 IX B 220/09, BFH/NV 2010, 1415).

7

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vom FA angeführte Entscheidung des FG München nicht für einschlägig, da sie zu den Überschusseinkünften und zu einem Wahlrecht mit mehrjährigem Begünstigungszeitraum (Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz) ergangen sei. Demgegenüber habe die Klägerin ihre Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Die verfahrensrechtlichen Überlegungen des FG und der Beteiligten zur Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift oder des § 177 AO gehen schon deshalb ins Leere, weil die Klägerin Einspruch gegen einen steuererhöhenden Änderungsbescheid eingelegt hat und im Umfang der vorgenommenen Änderung eine Herabsetzung der festgesetzten Steuer im Einspruchsverfahren verfahrensrechtlich immer möglich ist (dazu unten 1.). Zu Recht hat das FG aber die Auffassung vertreten, dass die Klägerin ihr Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid erneut ausüben konnte (unten 2.). Gleichwohl muss das angefochtene Urteil aufgehoben werden, weil das FG die Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags unterlassen hat (unten 3.).

12

1. Anders als das FG und die Beteiligten meinen, ist im Streitfall weder entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind noch ob eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO möglich ist. Die Frage, ob eine verfahrensrechtliche Änderungsmöglichkeit für den Fall eröffnet wäre, dass der angefochtene Steuerbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig sein sollte, ist vielmehr offensichtlich zu bejahen. Denn die Klägerin hat einen Änderungsbescheid, in dem im Vergleich zum vorangehenden Bescheid eine höhere Steuer festgesetzt worden ist, mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs angefochten. Ein solcher Änderungsbescheid kann im Einspruchsverfahren gemäß § 351 Abs. 1 AO insoweit angegriffen --und gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO durch Erlass eines (Teil-)Abhilfebescheids auch geändert-- werden, als die Änderung reicht. Da die Klägerin im Einspruchsverfahren lediglich begehrt hat, die Einkommensteuer auf einen Betrag herabzusetzen, der zwar niedriger ist als die im Änderungsbescheid festgesetzte Steuer, aber höher ist als der im ursprünglichen Bescheid festgesetzte Betrag, wäre --wenn man allein auf die verfahrensrechtlich eröffneten Möglichkeiten abstellt-- im Einspruchsverfahren eine Änderungsmöglichkeit zweifelsfrei gegeben, ohne dass es auf die Voraussetzungen einer der Korrekturvorschriften oder der Rechtsfehlerkompensation ankäme.

13

2. Die Klägerin konnte ihr durch § 16 Abs. 4 EStG eröffnetes Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid anderweitig ausüben. Damit steht ihr der Freibetrag nunmehr für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zu.

14

a) Dem steht im Streitfall die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen, wonach auch solche Antrags- oder Wahlrechte, für deren Ausübung im Gesetzeswortlaut keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung vorgesehen ist, grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheids erstmals oder in geänderter Weise ausgeübt werden können.

15

Alle diese Entscheidungen sind zu Fallgestaltungen ergangen, in denen die Steuerfestsetzung für denjenigen Veranlagungszeitraum, auf den sich die begehrte erstmalige oder geänderte Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts beziehen sollte, bereits bestandskräftig war, und der Steuerpflichtige durch Stellung eines Änderungsantrags die Durchbrechung der Bestandskraft zu seinen Gunsten erreichen wollte (BFH-Urteile vom 10. Oktober 1969 VI R 180/67, BFHE 97, 186, BStBl II 1970, 63; vom 18. Dezember 1973 VIII R 101/69, BFHE 111, 302, BStBl II 1974, 319; vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621; vom 13. Februar 1997 IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635; vom 17. September 2008 IX R 72/06, BFHE 222, 571, BStBl II 2009, 639, und vom 14. Mai 2009 IV R 6/07, BFH/NV 2009, 1989; BFH-Beschluss vom 11. Juni 2014 IV B 46/13, BFH/NV 2014, 1369).

16

Wenn die Ausübung eines Wahlrechts den Steuerpflichtigen für mehrere Veranlagungszeiträume bindet, tritt diese Bindung bereits dann ein, wenn nur der erste Veranlagungszeitraum bestandskräftig veranlagt wurde (BFH-Beschluss vom 2. Juli 1992 IX B 169/91, BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 909: degressive Gebäude-AfA; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 IX R 60/90, BFH/NV 1993, 467: keine Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen nach § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, wenn die Aufwendungen bereits im Jahr ihres Abflusses bestandskräftig als Werbungskosten abgezogen worden sind). Ebenso kann ein Gewinnermittlungswahlrecht, das einem bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt wurde, für einen verfahrensrechtlich noch offenen Gewerbesteuermessbescheid nicht anderweitig ausgeübt werden (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195).

17

Dass mit dem --in den meisten Entscheidungen nicht näher erläuterten-- Begriff der "Bestandskraft" nicht die materielle, sondern die formelle Bestandskraft gemeint ist, ergibt sich u.a. aus dem BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 30/99 (BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49, unter II.2.a), wo es in dem hier interessierenden Zusammenhang heißt, unanfechtbar sei eine Steuerfestsetzung, wenn sie nicht mehr mit ordentlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten werden könne.

18

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Eintritt der formellen Bestandskraft die zeitliche Grenze für die anderweitige Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten bildet, macht die Rechtsprechung aber, wenn der ursprüngliche Bescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (BFH-Urteil vom 3. Februar 1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751, unter II.1.; diese Entscheidung wird auch in dem vom FA im vorliegenden Revisionsverfahren angeführten BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zustimmend zitiert; im Ergebnis wohl auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 2007 III R 39/04, BFHE 219, 294, BStBl II 2008, 226; anders allerdings für das umsatzsteuerrechtliche Wahlrecht zur Bestimmung des Vorsteuer-Aufteilungsschlüssels BFH-Urteil vom 22. November 2007 V R 35/06, BFH/NV 2008, 628).

19

Im Ergebnis besteht damit Einigkeit, dass durch die erstmalige oder geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts die Änderung einer formell bestandskräftigen, nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfestsetzung nicht erreicht werden kann, und eine solche Verfahrenshandlung insbesondere nicht die Voraussetzungen einer der gesetzlichen Korrekturvorschriften erfüllt.

20

b) Vorliegend begehrt die Klägerin indes nicht die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids. Vielmehr hat sie einen steuererhöhenden Änderungsbescheid angegriffen, der als solcher nicht bestandskräftig geworden ist. Zu derartigen Fallgestaltungen hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch kein einheitliches Bild entwickelt.

21

aa) Für Zwecke der Ausübung des Ehegatten zustehenden Rechts auf Wahl der Veranlagungsform (§§ 26 ff. EStG) lässt die ständige Rechtsprechung der hierfür zuständigen bzw. zuständig gewesenen Senate des BFH eine Änderung der bereits ausgeübten Wahlmöglichkeit auch dann zu, wenn die anderweitige Veranlagungsform erst nach Ergehen eines Änderungsbescheids, der an die Stelle eines formell bestandskräftig gewordenen Bescheids getreten ist, gewählt wird (tragend in den BFH-Urteilen vom 27. Juli 1988 VI R 43/85, BFH/NV 1989, 156; vom 27. September 1988 VIII R 98/87, BFHE 155, 91, BStBl II 1989, 229, und vom 25. Juni 1993 III R 32/91, BFHE 171, 407, BStBl II 1993, 824; ferner obiter dicta in den BFH-Urteilen vom 28. August 1981 VI R 139/78, BFHE 134, 412, BStBl II 1982, 156; vom 24. Mai 1991 III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123, unter 2.b; vom 19. Mai 1999 XI R 97/94, BFHE 189, 63, BStBl II 1999, 762; vom 20. Januar 1999 XI R 31/96, BFH/NV 1999, 1333, und vom 24. Januar 2002 III R 49/00, BFHE 198, 12, BStBl II 2002, 408, unter II.1.).

22

Diese Entscheidungen sind allerdings jedenfalls nicht zwingend auf andere einkommensteuerrechtliche Antrags- oder Wahlrechte übertragbar, da es sich bei der anderweitigen Ausübung des Ehegattenwahlrechts nach der Rechtsprechung des III. Senats weder um einen Einspruch noch um einen Änderungsantrag handelt. Eine solche Verfahrenshandlung berechtigt daher nur zu einer Änderung der Veranlagungsform, nicht aber zur Änderung der bisher berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 60/03, BFHE 209, 308, BStBl II 2005, 564).

23

bb) Auch hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung zugelassen, ein Wahlrecht (erstmals) im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid auszuüben, wenn erst dieser Änderungsbescheid überhaupt die Grundlage für die Ausübung des Wahlrechts gelegt hat. So hat es der IV. Senat gebilligt, dass die Vergünstigung des § 6c EStG für die Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung von landwirtschaftlichem Grund und Boden im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid geltend gemacht wurde, wenn erst in diesem Änderungsbescheid ein Veräußerungsgewinn aus dem --vom Steuerpflichtigen als Privatvermögen angesehenen-- Grundbesitz angesetzt worden ist (BFH-Urteil in BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49).

24

cc) Darüber hinaus wird die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugelassen, wenn der Sachverhalt, auf dem das Wahlrecht beruht, dem FA nachträglich bekannt wird und den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein grobes Verschulden trifft. In diesem Fall kann der Steuerpflichtige sein Wahlrecht erstmals ausüben, obwohl der Sachverhalt als solcher bereits in der ursprünglichen Veranlagung erfasst war und diese bestandskräftig geworden ist (BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 48/82, BFHE 141, 532, BStBl II 1985, 117: wenn dem Steuerpflichtigen erst nach Bestandskraft der Veranlagung bekannt wird, dass darin auch Jubiläumszuwendungen seines Arbeitgebers erfasst worden sind, kann er gleichwohl deren ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG beantragen und das FA zur Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO veranlassen).

25

c) Jedenfalls in Fallgestaltungen wie im Streitfall wird die zeitliche Grenze für die Möglichkeit der erstmaligen oder geänderten Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts nach Auffassung des erkennenden Senats nicht durch die formelle Bestandskraft des Erstbescheids, sondern erst durch die formelle Bestandskraft des steuererhöhenden Änderungsbescheids gezogen, sofern die steuerlichen Auswirkungen der Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gezogenen Rahmen hinaus gehen.

26

Der Zweck der unter a) zitierten Rechtsprechung liegt darin, zu verhindern, dass ein formell und materiell bestandskräftiger Steuerbescheid, für dessen Änderung keine Korrekturvorschrift zur Verfügung steht, allein wegen der erstmaligen oder anderweitigen Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts geändert werden muss. Der Steuerpflichtige soll die Finanzverwaltung nicht allein durch die nachträgliche ("verspätete") erstmalige oder geänderte Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten zwingen können, die Veranlagung verfahrensrechtlich wieder zu "öffnen". Vor diesem Hintergrund ist die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten in der zitierten Rechtsprechung zutreffend insbesondere weder als neue Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO angesehen worden.

27

Eine grundlegend andere Situation ist aber gegeben, wenn das FA den formell bestandskräftig gewordenen Bescheid ohnehin --mit steuererhöhender Wirkung-- ändern muss, weil die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind und insoweit die materielle Bestandskraft des Bescheids durchbrochen wird. Jedenfalls dann, wenn für den Steuerpflichtigen --wie im vorliegenden Fall-- erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der Ausübung bzw. geänderten Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen (vgl. hierzu auch die vorstehend unter b bb angeführte Rechtsprechung), ist es interessengerecht, ihm diese Möglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen. Davon unberührt bleibt, dass andere einkommensteuerrechtliche Vorschriften (z.B. das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG oder jedenfalls die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F.) weitere materiell-rechtliche Anforderungen an eine geänderte Wahlrechtsausübung stellen und in diesen Fällen allein der noch fehlende Eintritt der formellen Bestandskraft eines Änderungsbescheids nicht hinreichend für eine geänderte Wahlrechtsausübung ist.

28

Soweit der IX. Senat des BFH im Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zu einer mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt im Wesentlichen vergleichbaren Konstellation im Ergebnis --ohne näher zwischen der Bestandskraft von Erstbescheiden und der von Änderungsbescheiden zu differenzieren-- eine andere Auffassung vertreten hat, hat er auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

29

3. Das vorinstanzliche Urteil ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft, als es der Klägerin zwar den Freibetrag für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zugesprochen, den bisher gewährten Freibetrag für die Betriebsveräußerung (3.705 €) aber nicht gegengerechnet hat.

30

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kann nach dem Gesetzeswortlaut ("nur einmal zu gewähren") auch bei Veräußerung oder Aufgabe mehrerer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile innerhalb desselben Veranlagungszeitraums nur für einen einzigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn in Anspruch genommen werden (so zutreffend auch Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 730).

31

Vorliegend hat das FG tenoriert, der Einkommensteueränderungsbescheid werde "nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert". Die Urteilsgründe enthalten allerdings lediglich Rechtsausführungen, aber keine Hinweise zur Steuerberechnung. Hinreichend klar wird nur, dass das FG den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) gewähren wollte. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils die Steuerfreistellung des Betrags von 22.975 € (ohne Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags von 3.705 €) beantragt hatte und das FG der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, ohne der Klägerin für den zu weit gehenden Klageantrag eine Kostenquote aufzuerlegen, ist davon auszugehen, dass das FG keine Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags vornehmen wollte. In diesem Umfang war das angefochtene Urteil zu ändern.

32

Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO dem FA übertragen.

33

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind

1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind;
2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind;
3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
2Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt auch für Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nummer 2) bezogen werden.3§ 13 Absatz 5 gilt entsprechend, sofern das Grundstück im Veranlagungszeitraum 1986 zu einem gewerblichen Betriebsvermögen gehört hat.

(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.

(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.

(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind;
2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.

(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Der im Jahre 1947 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war alleiniger Gesellschafter der C-GmbH, deren Stammkapital 50.000 DM betrug. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember des Streitjahres 2000 übertrug der Kläger seine Anteile an der GmbH mit sofortiger Wirkung zum Kaufpreis von 500.000 DM an die D S.A. in Luxemburg, deren alleinvertretungsberechtigter Verwaltungsrat er ist. Das Gewinnbezugsrecht sollte dem Käufer mit dem 30. Dezember 2000, 0.00 Uhr, zustehen. Nach einer privatschriftlichen Zusatzvereinbarung vom 11. Januar 2001 sollte der Kaufpreis in jährlichen Raten in Höhe von 50.000 DM gezahlt werden, erstmals am 3. Januar 2006.

2

Im Hinblick darauf berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) einen Veräußerungsgewinn von 450.000 DM. Auf den Einspruch des Klägers zinste das FA den Veräußerungserlös ab und setzte die Einkommensteuer entsprechend herab.

3

Der Klage des Klägers, mit der er beantragte, den Einkommensteuerbescheid 2000 dergestalt zu ändern, dass ein Veräußerungsgewinn nicht zu erfassen sei, da ein solcher erst ab 2006 zu besteuern wäre, gab das Finanzgericht (FG) statt:

4

Nach der Rechtsprechung sei ein Wahlrecht zwischen der Erfassung des Barwertes des Rechts auf die wiederkehrenden Bezüge im Zeitpunkt der Veräußerung oder aber der Summe der in den Folgejahren tatsächlich zufließenden Bezüge zu eben diesen Zeitpunkten jedenfalls dann gegeben, wenn der Veräußerungspreis in langfristig wiederkehrenden Bezügen bestehe, die wagnisbehaftet seien oder die Bestimmungen hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers getroffen worden seien (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, m.w.N., insbes. auf BFH-Urteil vom 23. Januar 1964 IV 85/62 U, BFHE 79, 16, BStBl III 1964, 239). Dabei seien die für die Zubilligung des Wahlrechts bestimmenden Komponenten "Wagnis" und "Versorgung" in gewissem Umfang kompensierbar (BFH-Urteil in BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, m.w.N.).

5

Die Vereinbarung über die Ratenzahlung im Januar 2001 sei vor der Kaufpreiszahlung getroffen worden und ergänze den notariellen Vertrag allein im Interesse des Klägers, da er als alleinvertretungsberechtigter Verwaltungsrat der Käuferin den entsprechenden Einfluss gehabt habe. Der vereinbarte Zahlungszeitraum erstrecke sich auch über mehr als zehn Jahre. Denn der Kaufpreis sollte zwar in zehn Jahresraten bezahlt werden. Die Zahlungen sollten jedoch erst im Jahr 2006 beginnen, dem Jahr, in dem der Kläger das 59. Lebensjahr vollendete, und sie sollten voraussichtlich im Jahr 2015 enden. Danach messe der Senat der Zusatzvereinbarung Versorgungscharakter bei. Das daraus folgende Wahlrecht habe der Kläger dahingehend ausgeübt, dass eine Besteuerung erst im Zeitpunkt des Zuflusses der Raten zu erfolgen habe. Ein Veräußerungsgewinn sei damit im Streitjahr 2000 nicht anzusetzen.

6

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die dieses auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Der Veräußerungserlös sei sofort zu erfassen, weil nicht die Versorgung des Veräußerers, sondern die Verlagerung inländischer Einkünfte nach Luxemburg die Zusatzvereinbarung motiviert habe. Die Rechtssätze zur Ausübung des Wahlrechts auf eine nachträgliche Besteuerung im jeweiligen Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Ratenzahlungen würden mangels Wagnisbehaftung der Ratenzahlungen für den Kläger nicht greifen. Die Ratenzahlungen seien nicht als Leibrente an das Leben des Veräußerers gekoppelt; sie ergäben in der Summe den vertraglich vereinbarten Kaufpreis und würden bei einem vorzeitigen Ableben des Veräußerers an dessen Rechtsnachfolger in der verbleibenden Höhe weiterfließen. Auch fehle eine eindeutige vertragliche Regelung, die eine Absicht des Veräußerers erkennen lasse, sich durch die entgeltliche Übertragung der Geschäftsanteile seine Altersversorgung zu sichern. Zudem begünstige die Ratenvereinbarung ausschließlich die Erwerberin. Jenseits dessen würden in derartigen langfristigen Ratenzahlungen unter fremden Dritten grundsätzlich auch Wertsicherungsklauseln vereinbart. Im Übrigen halte die privatrechtliche Zusatzvereinbarung zum notariellen Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht stand.

7

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Hintergrund der privatschriftlichen Zusatzvereinbarung vom Januar 2001 sei die Absicht, dass der Kläger nach Möglichkeit mit 60 Jahren aus dem Arbeitsleben ausscheiden wolle und daher seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wegfallen würden.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage seiner Feststellungen zu Unrecht eine Versteuerung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns im Streitjahr abgelehnt.

11

1. Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Veräußerungskosten sind die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlassten Aufwendungen.

12

a) Der Veräußerungsgewinn ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Dies ist regelmäßig der Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. der Zeitpunkt, zu dem das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist (BFH-Urteile vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693; vom 2. April 2008 IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658). Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Kapitalgesellschaftsanteilen setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass der Berechtigte alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann, also neben dem Gewinnbezugsrecht und der Teilhabe an Wertveränderungen der Anteile alle Verwaltungsrechte einschließlich des Stimmrechts (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 2005 VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl II 2005, 857).

13

b) Veräußerungspreis i.S. von § 17 Abs. 2 EStG ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des --dinglichen-- Veräußerungsgeschäfts am maßgebenden Stichtag erlangt; dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält (BFH-Urteil in BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693). Der Veräußerungspreis ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf anzusetzen, ob die Veräußerung bedingt oder befristet ist oder ob der Kaufpreis gestundet ist (Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 168). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Veräußerungspreises ist grundsätzlich der des Vollzugs des Veräußerungsgeschäfts (Blümich/ Ebling, § 17 EStG Rz 176); auf den Zufluss des Entgelts kommt es nicht an (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1658, m.w.N.).

14

c) Wird eine Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gegen eine Leibrente oder gegen einen in Raten zu zahlenden Kaufpreis veräußert, so soll gemäß R 140 Abs. 7 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1999 wie 2001 die Regelung in R 139 Abs. 11 EStR entsprechend gelten. Veräußert ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb gegen eine Leibrente, so kann er danach den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn sofort versteuern oder die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen i.S. von § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG behandeln.

15

Soweit damit Kaufpreisraten den Leibrenten gleichgestellt werden sollen, kann dies --unabhängig von der sachlichen Berechtigung des Wahlrechts überhaupt (für zwingende Sofortbesteuerung Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 17 EStG Rz 163, S. E 86) --angesichts der dargelegten (s.o. b)-- Grundsystematik der Entstehung des Veräußerungsgewinns i.S. von § 17 Abs. 2 EStG jedenfalls nur für solche Fallgestaltungen gelten, in denen die Kaufpreisraten nach ihrem Versorgungscharakter einer Leibrente zumindest ähneln, es sich also nicht um eine bloße ratenweise Kaufpreisstundung handelt; die Ratenzahlung muss hierfür jedenfalls über einen mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraum vereinbart sein (so etwa Gosch in: Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 17 Rz 77: "Raten mit Versorgungscharakter über einen mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraum").

16

Der BFH hat ein Wahlrecht im dargelegten Sinne grundsätzlich anerkannt; seine Rechtsgrundlage findet dieses Wahlrecht in einer teleologischen Reduktion des (zwingenden) Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG im Verhältnis zu § 24 Nr. 2 EStG und im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung (vgl. BFH-Urteile in BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829, m.w.N.; vom 20. Dezember 1988 VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630). Auf dieser Grundlage kommt ein Wahlrecht nach der Rechtsprechung insbesondere dann in Betracht, wenn langfristige wiederkehrende Bezüge vereinbart werden und diese entweder mit einem Wagnis behaftet sind oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers festgelegt werden (vgl. BFH-Urteile vom 20. Januar 1959 I 200/58 U, BFHE 68, 500, BStBl III 1959, 192; vom 12. Juni 1968 IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653; in BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829).

17

Übertragen auf den Regelungsbereich von § 17 EStG können Verhältnismäßigkeitsaspekte eine teleologische Reduktion von § 17 Abs. 2 EStG zugunsten einer fakultativen Zuflussbesteuerung aber jedenfalls dann nicht rechtfertigen, wenn sich aus einer Vereinbarung von wiederkehrenden Kaufpreiszahlungen nicht eindeutig deren Versorgungscharakter im Interesse des Anteilsveräußerers ergibt. Der Versorgungscharakter der Ratenzahlungen spiegelt sich dabei in der Antwort auf die Frage wieder, ob ein vollständiger oder teilweiser Ausfall der Forderung berücksichtigt werden könnte. So hat der BFH angenommen, dass dann, wenn ein Gesellschaftsanteil gegen abgekürzte Leibrente veräußert wird und sich der Steuerpflichtige für die Sofortversteuerung des Veräußerungsgewinns entscheidet, der Tod des Rentenberechtigten vor dem Ende der Laufzeit der Rente kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung darstellt (BFH-Urteil vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179). Kommt es aber bei einer ratenweisen Kaufpreiszahlung über einen langen Zeitraum (zum Teil) zu einem Ausfall der Kaufpreisforderung, ändert sich der steuerbare Veräußerungsgewinn nachträglich (Großer Senat des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897). Das erlaubt bei Ratenzahlungen eine Korrektur, wenn sie später zum Teil uneinbringlich werden (Eilers/R. Schmidt in HHR, a.a.O.). Insoweit unterscheiden sich diese von den wagnisbehafteten wiederkehrenden Bezügen, die an das Leben einer bestimmten Person gekoppelt sind; bei jenen führt die Realisierung des von Beginn an bewusst in Kauf genommenen Risikos (Tod des Rentenberechtigten) gerade nicht zu einer rückwirkenden Änderung.

18

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen tragen die Feststellungen des FG die Annahme einer Versteuerung des gesamten Kaufpreises nach Zufluss nicht.

19

a) Das FG hat schon nicht hinreichend festgestellt, ob nicht --was naheliegend ist-- die Vereinbarung im Januar 2001 über die Ratenzahlung getroffen wurde, nachdem der Veräußerungsgewinn im Dezember des Streitjahres bereits entstanden und sofort zu versteuern war. Dass die Ergänzung des notariellen Vertrags vor der Kaufpreiszahlung getroffen wurde, ist unerheblich; sie erfolgte jedenfalls nach der sofortigen Fälligkeit des gesamten Kaufpreises, wie sie sich nach der notariellen Vereinbarung ergibt (§§ 271, 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Damit wurde ein entstandener und ggf. auch fälliger Kaufpreisanspruch nachträglich umgestaltet, nicht aber entstand der Kaufpreisanspruch mit der in der Ratenvereinbarung geregelten Fälligkeit.

20

b) Nicht geprüft und deshalb hierzu auch keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hat das FG weiter die Frage, ob die Zusatzvereinbarung den an die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen einem Gesellschafter und einer von ihm ggf. beherrschten Gesellschaft zu stellenden Anforderungen genügt, insbesondere, inwieweit die Zusatzvereinbarung dem Fremdvergleich standhält. Hiergegen spricht, dass der Kläger ggf. auf die sofortige Zahlung des gesamten Kaufpreises ohne Gegenleistung auf lange Frist verzichtet hat.

21

c) Nicht auf hinreichenden Feststellungen beruht auch die Annahme des Versorgungscharakters der Ratenzahlung. Dass diese deshalb allein im Interesse des Klägers erfolgt sein soll, weil er als alleinvertretungsberechtigter Verwaltungsrat der Käuferin den entsprechenden Einfluss gehabt habe, erscheint schon nicht schlüssig, belegt aber jedenfalls nicht hinreichend den Versorgungscharakter.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben, insbesondere handelt es sich weder um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

2

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln.

3

Nach diesen Maßstäben hat die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Frage, ob das Wahlrecht zwischen sofortiger Besteuerung oder der Besteuerung im Zeitpunkt des Zuflusses auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in denen die Laufzeit mehr als zehn Jahre beträgt, keine grundsätzliche Bedeutung. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH besteht das Wahlrecht anlässlich einer Veräußerung gegen Renten, Raten und sonstige wiederkehrende Bezüge nur, wenn diese wagnisbehaftet sind oder überwiegend Versorgungszwecken dienen (BFH-Entscheidungen vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532; vom 29. März 2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, und vom 20. Juli 2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380, BStBl II 2010, 969, jeweils m.w.N.). Im Streitfall hat das Finanzgericht (FG) sein Urteil kumulativ begründet, indem es sowohl auf das Fehlen einer mehr als zehn Jahre dauernden Rentenverpflichtung als auch auf den fehlenden Versorgungscharakter des Praxisübernahmevertrags vom 6. Januar 2003 abgestellt hat. Dabei hat es sich insbesondere mit letzterer Frage umfassend auseinandergesetzt und ist nach Würdigung der Gesamtumstände zu dem Schluss gekommen, ein solcher sei zu verneinen. Ist ein Urteil aber auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, muss mit der Beschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. November 1998 VIII B 18/98, BFH/NV 1999, 513; vom 12. Mai 2000 IV B 74/99, BFH/NV 2000, 1133; vom 16. Juli 2001 V B 44/01, BFH/NV 2001, 1620). Daran fehlt es im Streitfall, da mit der Beschwerde hinsichtlich des fehlenden Versorgungscharakters keine Revisionszulassungsgründe vorgebracht werden.

4

2. Unbegründet ist auch die Rüge, das Urteil der Vorinstanz beruhe auf einem Verfahrensmangel, weil das FG den Erwerber der Praxis des Klägers als Zeugen zu der Frage hätte vernehmen müssen, ob der Praxisübernahmevertrag für den Kläger Versorgungscharakter gehabt habe. Diese Zeugenvernehmung musste sich dem FG nicht aufdrängen. Das FG hat die schriftliche Äußerung des Praxiserwerbers zu dieser Thematik gewürdigt und nach Bewertung der Gesamtumstände, dem Wortlaut des Praxisübernahmevertrags und der Tatsache, dass ausweislich der Regelung in § 14 Abs. 1 des Vertrags keine mündliche Nebenabsprachen getroffen wurden, den Schluss gezogen, die Zahlungsvereinbarungen hätten keinen eindeutigen Versorgungscharakter besessen. An diese (nachvollziehbare) Würdigung ist der Senat gebunden, denn die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, Gräber/ Ruban, a.a.O., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rz 87, m.w.N.). Solche Verstöße sind jedoch im Streitfall nicht erkennbar. Im Übrigen binden die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen den BFH als Revisionsgericht schon dann, wenn sie nur möglich, d.h. vertretbar sind; sie müssen nicht zwingend sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488).

5

3. Im Ergebnis wendet sich das Vorbringen der Kläger vornehmlich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Darin liegt jedoch nicht die Geltendmachung eines Verfahrensfehlers oder diejenige einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern die Rüge falscher materieller Rechtsanwendung. Diese führt indes nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289; vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.). Denn sowohl die Sachverhalts- und Beweiswürdigung als auch die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Beweislastverteilung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 59/02 Verkündet am:
18. Juni 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 166; AVB f. Lebensvers. (ALB 86) § 13
Auch bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Erlebensfall
erwirbt der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
grundsätzlich sofort.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juni 2003

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2001 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 7. März 2001 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.135,50 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 24. Februar 2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Bezugsberechtigte einer Kapitallebensversicherung mit Mehrfachauszahlung von dem beklagten Versicherer die Zahlung eines ersten Teilbetrages der Versicherungssumme.

Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 1987 bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Vereinbart war eine Versicherungssumme von 30.000 DM, die im Erlebensfall in Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. Der erste Teilbetrag von 12.000 DM wurde am 1. Dezember 1999 fällig. Im Versicherungsantrag hatte der Ehemann der Klägerin als Bezugsberechtigte seine "Rechtsnachfolger" angegeben, ohne das Widerrufsrecht auszuschließen. Im Jahr 1994 bestimmte er die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall, was die Beklagte schriftlich bestätigte.
Am 4. März 1999 erwirkte die Beklagte aufgrund einer ihr gegen den Ehemann der Klägerin zustehenden titulierten Forderung die Pfändung und Überweisung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich des Rechts zur Kündigung. Mit an sich selbst gerichtetem Schreiben vom 6. April 1999 widerrief die Beklagte die bisher bestellten Bezugsrechte und kündigte den Versicherungsvertrag.
Die Klägerin hält die Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung aufgrund des ihr eingeräumten unwiderruflichen Bezugsrechts für unwirksam. Sie begehrt deshalb die Auszahlung des vereinbarten ersten Teilbetrages in Höhe von 12.000 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (VersR 2002, 963). Dagegen wendet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte aufgrund des erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt, weshalb der hierdurch entstandene Anspruch auf den Rückkaufswert der Beklagten zustehe. Das der Klägerin unwiderruflich auf den Erlebensfall eingeräumte Bezugsrecht habe nur ein aufschiebend bedingtes Recht begründet. Eine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs seitens der Klägerin habe deren Ehemann nicht vorgenommen. Deshalb komme es darauf an, wie seine Willenserklärung gemäß allgemeinen Regeln nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen sei. Zwar gebe es, wie der Bundesgerichtshof (BGHZ 45, 162, 165) ausgeführt habe, im Versicherungsrechtsverkehr seit einiger Zeit die tatsächliche Übung, in einer unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zugleich den erklärten Willen für einen sofortigen Rechtserwerb des Bezugsberechtigten zu sehen, da nur so der sich im Verzicht auf einen Widerruf offenbarende Zweck uneigennütziger Fürsorge zu erreichen sei. Bei einer gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung bestehe jedoch die Besonderheit geteilter Berechtigung. Die jeweiligen Rechte müssten daher in ein Verhältnis zueinander gebracht werden, und zwar dergestalt, daß ein sofortiger Rechtserwerb nur hinsichtlich eines der beiden Anspruchsberechtigten erfolgen könne. Da dem Versicherungsnehmer das Recht zur jederzeitigen Kündigung verbleibe, müsse feststehen, wem gegebenenfalls der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts zu-

stehe. Bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund. Deshalb sei - sofern wie hier keine besonderen Umstände im Einzelfall auf einen abweichenden Willen des Versicherungsnehmers hindeuteten - entgegen der vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219) vertretenen Rechtsauffassung nur im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Todesfall ein sofortiger Rechtserwerb unter einer auflösenden Bedingung anzunehmen und demgegenüber das Recht des unwiderruflich auf den Erlebensfall Bezugsberechtigten grundsätzlich als aufschiebend bedingt anzusehen. Daher habe die Klägerin nur eine Anwartschaft erlangt, die infolge der Kündigung nicht zur Entstehung gelangt sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin hat als unwiderruflich Bezugsberechtigte für den Erlebensfall Anspruch auf die am 1. Dezember 1999 fällig gewordene Teilleistung von 12.000 DM. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß es entscheidend auf die Auslegung der dem Versicherer gegenüber abzugebenden Erklärung des Versicherungsnehmers über die Begründung des Bezugsrechts ankommt (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - VersR 2001, 883 unter II 2 a). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft den vom Ehemann der Klägerin mit der Begründung des unwiderruflichen Bezugsrechts verfolgten Zweck verkannt und zu Unrecht angenommen, er habe keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs getroffen.
1. Nach § 13 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapital-Lebensversicherung (AVB,

wortgleich mit § 13 ALB 86, VerBAV 1986, 209, 212 f.) kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch Abtretung, Verpfändung und Einräumung eines Bezugsrechts verfügen. Wem in welchem Umfang ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf die Versicherungsleistungen zustehen, bestimmt der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer, die Verfügungscharakter hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 - VersR 1988, 1236 unter 2 und vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Entscheidend für die Zuordnung der Ansprüche ist daher nicht eine theoretische rechtliche Konstruktion, sondern der im rechtlich möglichen Rahmen geäußerte Gestaltungswille des Versicherungsnehmers.

a) Dieser richtet sich bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden kann, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (BGHZ 45, 162, 165 f.). Da unter diesem Gesichtspunkt eine bloße unwiderrufliche Anwartschaft praktisch wertlos wäre, bildet der sofortige Rechtserwerb den eigentlichen Inhalt der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (BGHZ aaO S. 165; BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - VersR 1996, 1089 unter 1). Die Auffassung des Berufungsgerichts führt dazu, den Eintritt dieser vom Versicherungsnehmer gewollten Rechtsfolge zu vereiteln und das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Erlebensfall im Ergebnis seines eigentlichen Inhalts zu entkleiden, wie der 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zutreffend erkannt hat (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219; vgl. auch Baroch Ca-

stellvi, VersR 1998, 410, 415 und AG Hechingen VersR 1999, 569 m. Anm. Baroch Castellvi).

b) Hier hat der Versicherungsnehmer sogar ausdrücklich eine auf den sofortigen Rechtserwerb der Klägerin gerichtete Erklärung abgegeben. Er hat der Beklagten mit Schreiben vom 9. März 1994 unter Bezugnahme auf den Versicherungsvertrag die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall benannt. Da nach § 13 Abs. 2 AVB der Versicherungsnehmer ausdrücklich bestimmen kann, daß der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich und damit sofort erwerben soll, war sein Schreiben in diesem Sinne zu verstehen. Die Beklagte hat es auch so verstanden. Sie hat ihm mit Schreiben vom 9. Juni 1994 gemäß § 13 Abs. 2 AVB die Unwiderruflichkeit bestätigt und ihn darauf hingewiesen, daß diese Begünstigung künftig nicht mehr einseitig aufgehoben oder beschränkt werden könne.

c) Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der kapitalbildenden (gemischten) Lebensversicherung nicht nur für das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Todesfall. Sie sind in gleicher Weise auf das unwiderrufliche Bezugsrecht für den Erlebensfall anzuwenden.
Aus der Entscheidung in BGHZ 45, 162 ergibt sich nichts anderes. Sie enthält zunächst allgemeine Ausführungen zum Inhalt des unwiderruflichen Bezugsrechts, ohne zwischen dem auf den Erlebensfall und dem auf den Todesfall zu unterscheiden. Sodann leitet sie daraus für den dort gegebenen Fall der Teilung der Begünstigung - unwiderrufliche Bezugsberechtigung eines Dritten auf den Todesfall, Berechtigung des

Versicherungsnehmers im Erlebensfall - ab, daß der Anspruch auf die Versicherungsleistungen auch in Gestalt des Rückkaufswerts bis zum Eintritt des Erlebensfalles dem unwiderruflich Bezugsberechtigten und nicht dem Versicherungsnehmer zusteht und damit dem Zugriff der Gläubiger des Versicherungsnehmers entzogen ist. Für einen generellen Vorrang des Bezugsrechts auf den Todesfall vor dem für den Erlebensfall läßt sich daraus nichts entnehmen, es gibt ihn auch nicht. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund , mag in vielen Fällen zutreffen. Häufig wird die Lebensversicherung aber auch im Wege der Abtretung oder der unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zur Absicherung von Darlehen verwendet. Unabhängig von möglichen Zwecken einer Lebensversicherung kommt es entscheidend darauf an, welche Ausgestaltung der Versicherungsnehmer dem Bezugsrecht in seiner Erklärung gegeben hat.
2. Auch den theoretischen Überlegungen des Berufungsgerichts zur Zuordnung des Rückkaufswerts und den daraus gezogenen Schlußfolgerungen ist nicht zuzustimmen.

a) Die Beklagte hat durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages erlangt. Sie konnte das dem Versicherungsnehmer trotz unwiderruflicher Bezugsrechtseinräumung verbliebene Kündigungsrecht nicht pfänden, da es nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Recht auf den Rückkaufswert übertragen und gepfändet werden kann (vgl. BGHZ aaO S. 167 f.). Der durch die - hier nicht ausgesprochene - Kündigung des Versicherungsnehmers bedingte Anspruch auf den Rückkaufswert nach

§ 176 VVG a.F., § 4 AVB stand nicht mehr dem Versicherungsnehmer, sondern der Klägerin zu. Die Pfändung des Rückkaufswerts und des Kündigungsrechts ging damit ins Leere (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01 - VersR 2002, 334 unter II 3 a).

b) Die Klägerin hat - wie dargelegt - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung gehört auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages, denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 a und b). Die Begünstigungserklärung ist in der Regel so zu verstehen, daß das Recht des Bezugsberechtigten sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche umfassen soll (Bruck/Möller/Winter, VVG 8. Aufl. 5. Bd. 2. Halbbd. H 117).
Der Versicherungsnehmer kann allerdings über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unterschiedlich verfügen, insbesondere auch das unwiderrufliche Bezugsrecht gegenständlich und zeitlich einschränken (vgl. das Senatsurteil vom 19. Juni 1996 aaO unter 2 und das Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Er könnte beispielsweise den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Bezugsrecht auf den Erlebensfall ausnehmen und bestimmen, daß der Rückkaufswert nach Kündigung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder dem für den Todesfall eingesetzten Bezugsberechtigten oder einem beliebigen Dritten zustehen solle. Derartiges hat der Versicherungsnehmer hier nicht getan. Deshalb hat die Klägerin sämtliche Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erwor-

ben, also den auf den Rückkaufswert und die künftig entstehenden Ansprüche. Dieser Rechtserwerb war auflösend bedingt durch den vorzeitigen Todesfall, der aber nicht eingetreten ist.
Da der Versicherungsnehmer selbst nicht gekündigt hat und die Kündigung der Beklagten unwirksam war, hat die Klägerin Anspruch auf den zum 1. Dezember 1999 fällig gewordenen Teilbetrag von 12.000 DM.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

(2) Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

(1)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen.2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:

1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

(3)1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent.3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden.4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen.5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen.6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. April 2013  7 K 2342/11 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juni 2011 aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2007 wird unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2010 auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn statt des bisher berücksichtigten Freibetrags für Betriebsveräußerungs- und  -aufgabegewinne von 3.705 € ein solcher von 22.975 € abgezogen wird.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Beklagte zu 84 % und die Klägerin zu 16 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte sowohl als Einzelunternehmerin als auch durch eine mitunternehmerische Beteiligung an einer Publikums-GmbH & Co. KG (KG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zum 1. Januar des Streitjahres 2007 schied sie aus der KG aus. Ferner gab sie zum 31. Dezember 2007 den Betrieb des Einzelunternehmens auf. In ihrer Einkommensteuererklärung ermittelte sie einen Gewinn aus der Aufgabe des Einzelunternehmens in Höhe von 3.705 € und beantragte hierfür den --nur einmal zu gewährenden-- Freibetrag nach § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dessen persönliche Voraussetzungen (Vollendung des 55. Lebensjahres) sie erfüllte. In der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung führte sie auch die KG-Beteiligung auf, ließ das Feld zur Angabe der Höhe der hieraus bezogenen Einkünfte jedoch leer.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Klägerin am 20. Juni 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und beließ den Aufgabegewinn aus dem Einzelunternehmen steuerfrei. Im Anschluss an eine Außenprüfung, die nicht zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen führte, hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 6. August 2009 auf.

3

Am 24. August 2010 teilte das für die KG zuständige Betriebs-FA dem FA mit, die Klägerin habe aufgrund ihres Ausscheidens aus der KG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 22.975 € erzielt. Diesen Betrag, der auf der Auflösung eines negativen Kapitalkontos beruhte, erfasste das FA in dem nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten, im vorliegenden Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 7. September 2010. Es gewährte hierfür zwar die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, nicht aber den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG.

4

Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin erfolglos, den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG auf den --höheren-- Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung anzuwenden. Sie vertrat hierzu die Auffassung, der Bescheid könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden. Ihr sei erst nachträglich bekannt geworden, dass sie durch das Ausscheiden aus der KG einen Veräußerungsgewinn erzielt habe.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 287). Zwar seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt, weil der Veräußerungsgewinn keine neue Tatsache darstelle. Der steuerlich beratenen Klägerin sei sowohl ihr Ausscheiden aus der KG als auch der Umstand, dass ihr Kapitalkonto negativ gewesen sei, bekannt gewesen. Allerdings sei eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO vorzunehmen. Hierfür reiche es aus, wenn im Zeitpunkt der Änderung des Bescheids ein nicht eigenständig korrigierbarer materieller Fehler gegeben sei. Die nachträgliche Ausübung eines Wahlrechts könne einen solchen Fehler herbeiführen.

6

Mit seiner Revision verweist das FA auf eine gegenteilige Entscheidung des FG München vom 29. Oktober 2009  15 K 298/07 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Mai 2010 IX B 220/09, BFH/NV 2010, 1415).

7

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vom FA angeführte Entscheidung des FG München nicht für einschlägig, da sie zu den Überschusseinkünften und zu einem Wahlrecht mit mehrjährigem Begünstigungszeitraum (Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz) ergangen sei. Demgegenüber habe die Klägerin ihre Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Die verfahrensrechtlichen Überlegungen des FG und der Beteiligten zur Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift oder des § 177 AO gehen schon deshalb ins Leere, weil die Klägerin Einspruch gegen einen steuererhöhenden Änderungsbescheid eingelegt hat und im Umfang der vorgenommenen Änderung eine Herabsetzung der festgesetzten Steuer im Einspruchsverfahren verfahrensrechtlich immer möglich ist (dazu unten 1.). Zu Recht hat das FG aber die Auffassung vertreten, dass die Klägerin ihr Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid erneut ausüben konnte (unten 2.). Gleichwohl muss das angefochtene Urteil aufgehoben werden, weil das FG die Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags unterlassen hat (unten 3.).

12

1. Anders als das FG und die Beteiligten meinen, ist im Streitfall weder entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind noch ob eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO möglich ist. Die Frage, ob eine verfahrensrechtliche Änderungsmöglichkeit für den Fall eröffnet wäre, dass der angefochtene Steuerbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig sein sollte, ist vielmehr offensichtlich zu bejahen. Denn die Klägerin hat einen Änderungsbescheid, in dem im Vergleich zum vorangehenden Bescheid eine höhere Steuer festgesetzt worden ist, mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs angefochten. Ein solcher Änderungsbescheid kann im Einspruchsverfahren gemäß § 351 Abs. 1 AO insoweit angegriffen --und gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO durch Erlass eines (Teil-)Abhilfebescheids auch geändert-- werden, als die Änderung reicht. Da die Klägerin im Einspruchsverfahren lediglich begehrt hat, die Einkommensteuer auf einen Betrag herabzusetzen, der zwar niedriger ist als die im Änderungsbescheid festgesetzte Steuer, aber höher ist als der im ursprünglichen Bescheid festgesetzte Betrag, wäre --wenn man allein auf die verfahrensrechtlich eröffneten Möglichkeiten abstellt-- im Einspruchsverfahren eine Änderungsmöglichkeit zweifelsfrei gegeben, ohne dass es auf die Voraussetzungen einer der Korrekturvorschriften oder der Rechtsfehlerkompensation ankäme.

13

2. Die Klägerin konnte ihr durch § 16 Abs. 4 EStG eröffnetes Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid anderweitig ausüben. Damit steht ihr der Freibetrag nunmehr für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zu.

14

a) Dem steht im Streitfall die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen, wonach auch solche Antrags- oder Wahlrechte, für deren Ausübung im Gesetzeswortlaut keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung vorgesehen ist, grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheids erstmals oder in geänderter Weise ausgeübt werden können.

15

Alle diese Entscheidungen sind zu Fallgestaltungen ergangen, in denen die Steuerfestsetzung für denjenigen Veranlagungszeitraum, auf den sich die begehrte erstmalige oder geänderte Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts beziehen sollte, bereits bestandskräftig war, und der Steuerpflichtige durch Stellung eines Änderungsantrags die Durchbrechung der Bestandskraft zu seinen Gunsten erreichen wollte (BFH-Urteile vom 10. Oktober 1969 VI R 180/67, BFHE 97, 186, BStBl II 1970, 63; vom 18. Dezember 1973 VIII R 101/69, BFHE 111, 302, BStBl II 1974, 319; vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621; vom 13. Februar 1997 IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635; vom 17. September 2008 IX R 72/06, BFHE 222, 571, BStBl II 2009, 639, und vom 14. Mai 2009 IV R 6/07, BFH/NV 2009, 1989; BFH-Beschluss vom 11. Juni 2014 IV B 46/13, BFH/NV 2014, 1369).

16

Wenn die Ausübung eines Wahlrechts den Steuerpflichtigen für mehrere Veranlagungszeiträume bindet, tritt diese Bindung bereits dann ein, wenn nur der erste Veranlagungszeitraum bestandskräftig veranlagt wurde (BFH-Beschluss vom 2. Juli 1992 IX B 169/91, BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 909: degressive Gebäude-AfA; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 IX R 60/90, BFH/NV 1993, 467: keine Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen nach § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, wenn die Aufwendungen bereits im Jahr ihres Abflusses bestandskräftig als Werbungskosten abgezogen worden sind). Ebenso kann ein Gewinnermittlungswahlrecht, das einem bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt wurde, für einen verfahrensrechtlich noch offenen Gewerbesteuermessbescheid nicht anderweitig ausgeübt werden (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195).

17

Dass mit dem --in den meisten Entscheidungen nicht näher erläuterten-- Begriff der "Bestandskraft" nicht die materielle, sondern die formelle Bestandskraft gemeint ist, ergibt sich u.a. aus dem BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 30/99 (BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49, unter II.2.a), wo es in dem hier interessierenden Zusammenhang heißt, unanfechtbar sei eine Steuerfestsetzung, wenn sie nicht mehr mit ordentlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten werden könne.

18

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Eintritt der formellen Bestandskraft die zeitliche Grenze für die anderweitige Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten bildet, macht die Rechtsprechung aber, wenn der ursprüngliche Bescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (BFH-Urteil vom 3. Februar 1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751, unter II.1.; diese Entscheidung wird auch in dem vom FA im vorliegenden Revisionsverfahren angeführten BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zustimmend zitiert; im Ergebnis wohl auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 2007 III R 39/04, BFHE 219, 294, BStBl II 2008, 226; anders allerdings für das umsatzsteuerrechtliche Wahlrecht zur Bestimmung des Vorsteuer-Aufteilungsschlüssels BFH-Urteil vom 22. November 2007 V R 35/06, BFH/NV 2008, 628).

19

Im Ergebnis besteht damit Einigkeit, dass durch die erstmalige oder geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts die Änderung einer formell bestandskräftigen, nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfestsetzung nicht erreicht werden kann, und eine solche Verfahrenshandlung insbesondere nicht die Voraussetzungen einer der gesetzlichen Korrekturvorschriften erfüllt.

20

b) Vorliegend begehrt die Klägerin indes nicht die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids. Vielmehr hat sie einen steuererhöhenden Änderungsbescheid angegriffen, der als solcher nicht bestandskräftig geworden ist. Zu derartigen Fallgestaltungen hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch kein einheitliches Bild entwickelt.

21

aa) Für Zwecke der Ausübung des Ehegatten zustehenden Rechts auf Wahl der Veranlagungsform (§§ 26 ff. EStG) lässt die ständige Rechtsprechung der hierfür zuständigen bzw. zuständig gewesenen Senate des BFH eine Änderung der bereits ausgeübten Wahlmöglichkeit auch dann zu, wenn die anderweitige Veranlagungsform erst nach Ergehen eines Änderungsbescheids, der an die Stelle eines formell bestandskräftig gewordenen Bescheids getreten ist, gewählt wird (tragend in den BFH-Urteilen vom 27. Juli 1988 VI R 43/85, BFH/NV 1989, 156; vom 27. September 1988 VIII R 98/87, BFHE 155, 91, BStBl II 1989, 229, und vom 25. Juni 1993 III R 32/91, BFHE 171, 407, BStBl II 1993, 824; ferner obiter dicta in den BFH-Urteilen vom 28. August 1981 VI R 139/78, BFHE 134, 412, BStBl II 1982, 156; vom 24. Mai 1991 III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123, unter 2.b; vom 19. Mai 1999 XI R 97/94, BFHE 189, 63, BStBl II 1999, 762; vom 20. Januar 1999 XI R 31/96, BFH/NV 1999, 1333, und vom 24. Januar 2002 III R 49/00, BFHE 198, 12, BStBl II 2002, 408, unter II.1.).

22

Diese Entscheidungen sind allerdings jedenfalls nicht zwingend auf andere einkommensteuerrechtliche Antrags- oder Wahlrechte übertragbar, da es sich bei der anderweitigen Ausübung des Ehegattenwahlrechts nach der Rechtsprechung des III. Senats weder um einen Einspruch noch um einen Änderungsantrag handelt. Eine solche Verfahrenshandlung berechtigt daher nur zu einer Änderung der Veranlagungsform, nicht aber zur Änderung der bisher berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 60/03, BFHE 209, 308, BStBl II 2005, 564).

23

bb) Auch hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung zugelassen, ein Wahlrecht (erstmals) im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid auszuüben, wenn erst dieser Änderungsbescheid überhaupt die Grundlage für die Ausübung des Wahlrechts gelegt hat. So hat es der IV. Senat gebilligt, dass die Vergünstigung des § 6c EStG für die Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung von landwirtschaftlichem Grund und Boden im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid geltend gemacht wurde, wenn erst in diesem Änderungsbescheid ein Veräußerungsgewinn aus dem --vom Steuerpflichtigen als Privatvermögen angesehenen-- Grundbesitz angesetzt worden ist (BFH-Urteil in BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49).

24

cc) Darüber hinaus wird die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugelassen, wenn der Sachverhalt, auf dem das Wahlrecht beruht, dem FA nachträglich bekannt wird und den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein grobes Verschulden trifft. In diesem Fall kann der Steuerpflichtige sein Wahlrecht erstmals ausüben, obwohl der Sachverhalt als solcher bereits in der ursprünglichen Veranlagung erfasst war und diese bestandskräftig geworden ist (BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 48/82, BFHE 141, 532, BStBl II 1985, 117: wenn dem Steuerpflichtigen erst nach Bestandskraft der Veranlagung bekannt wird, dass darin auch Jubiläumszuwendungen seines Arbeitgebers erfasst worden sind, kann er gleichwohl deren ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG beantragen und das FA zur Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO veranlassen).

25

c) Jedenfalls in Fallgestaltungen wie im Streitfall wird die zeitliche Grenze für die Möglichkeit der erstmaligen oder geänderten Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts nach Auffassung des erkennenden Senats nicht durch die formelle Bestandskraft des Erstbescheids, sondern erst durch die formelle Bestandskraft des steuererhöhenden Änderungsbescheids gezogen, sofern die steuerlichen Auswirkungen der Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gezogenen Rahmen hinaus gehen.

26

Der Zweck der unter a) zitierten Rechtsprechung liegt darin, zu verhindern, dass ein formell und materiell bestandskräftiger Steuerbescheid, für dessen Änderung keine Korrekturvorschrift zur Verfügung steht, allein wegen der erstmaligen oder anderweitigen Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts geändert werden muss. Der Steuerpflichtige soll die Finanzverwaltung nicht allein durch die nachträgliche ("verspätete") erstmalige oder geänderte Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten zwingen können, die Veranlagung verfahrensrechtlich wieder zu "öffnen". Vor diesem Hintergrund ist die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten in der zitierten Rechtsprechung zutreffend insbesondere weder als neue Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO angesehen worden.

27

Eine grundlegend andere Situation ist aber gegeben, wenn das FA den formell bestandskräftig gewordenen Bescheid ohnehin --mit steuererhöhender Wirkung-- ändern muss, weil die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind und insoweit die materielle Bestandskraft des Bescheids durchbrochen wird. Jedenfalls dann, wenn für den Steuerpflichtigen --wie im vorliegenden Fall-- erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der Ausübung bzw. geänderten Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen (vgl. hierzu auch die vorstehend unter b bb angeführte Rechtsprechung), ist es interessengerecht, ihm diese Möglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen. Davon unberührt bleibt, dass andere einkommensteuerrechtliche Vorschriften (z.B. das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG oder jedenfalls die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F.) weitere materiell-rechtliche Anforderungen an eine geänderte Wahlrechtsausübung stellen und in diesen Fällen allein der noch fehlende Eintritt der formellen Bestandskraft eines Änderungsbescheids nicht hinreichend für eine geänderte Wahlrechtsausübung ist.

28

Soweit der IX. Senat des BFH im Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zu einer mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt im Wesentlichen vergleichbaren Konstellation im Ergebnis --ohne näher zwischen der Bestandskraft von Erstbescheiden und der von Änderungsbescheiden zu differenzieren-- eine andere Auffassung vertreten hat, hat er auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

29

3. Das vorinstanzliche Urteil ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft, als es der Klägerin zwar den Freibetrag für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zugesprochen, den bisher gewährten Freibetrag für die Betriebsveräußerung (3.705 €) aber nicht gegengerechnet hat.

30

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kann nach dem Gesetzeswortlaut ("nur einmal zu gewähren") auch bei Veräußerung oder Aufgabe mehrerer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile innerhalb desselben Veranlagungszeitraums nur für einen einzigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn in Anspruch genommen werden (so zutreffend auch Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 730).

31

Vorliegend hat das FG tenoriert, der Einkommensteueränderungsbescheid werde "nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert". Die Urteilsgründe enthalten allerdings lediglich Rechtsausführungen, aber keine Hinweise zur Steuerberechnung. Hinreichend klar wird nur, dass das FG den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) gewähren wollte. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils die Steuerfreistellung des Betrags von 22.975 € (ohne Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags von 3.705 €) beantragt hatte und das FG der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, ohne der Klägerin für den zu weit gehenden Klageantrag eine Kostenquote aufzuerlegen, ist davon auszugehen, dass das FG keine Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags vornehmen wollte. In diesem Umfang war das angefochtene Urteil zu ändern.

32

Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO dem FA übertragen.

33

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1) Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

(2) Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. April 2013  7 K 2342/11 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 9. Juni 2011 aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2007 wird unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2010 auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn statt des bisher berücksichtigten Freibetrags für Betriebsveräußerungs- und  -aufgabegewinne von 3.705 € ein solcher von 22.975 € abgezogen wird.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Beklagte zu 84 % und die Klägerin zu 16 % zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte sowohl als Einzelunternehmerin als auch durch eine mitunternehmerische Beteiligung an einer Publikums-GmbH & Co. KG (KG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zum 1. Januar des Streitjahres 2007 schied sie aus der KG aus. Ferner gab sie zum 31. Dezember 2007 den Betrieb des Einzelunternehmens auf. In ihrer Einkommensteuererklärung ermittelte sie einen Gewinn aus der Aufgabe des Einzelunternehmens in Höhe von 3.705 € und beantragte hierfür den --nur einmal zu gewährenden-- Freibetrag nach § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), dessen persönliche Voraussetzungen (Vollendung des 55. Lebensjahres) sie erfüllte. In der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung führte sie auch die KG-Beteiligung auf, ließ das Feld zur Angabe der Höhe der hieraus bezogenen Einkünfte jedoch leer.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte die Klägerin am 20. Juni 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und beließ den Aufgabegewinn aus dem Einzelunternehmen steuerfrei. Im Anschluss an eine Außenprüfung, die nicht zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen führte, hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 6. August 2009 auf.

3

Am 24. August 2010 teilte das für die KG zuständige Betriebs-FA dem FA mit, die Klägerin habe aufgrund ihres Ausscheidens aus der KG einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 22.975 € erzielt. Diesen Betrag, der auf der Auflösung eines negativen Kapitalkontos beruhte, erfasste das FA in dem nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten, im vorliegenden Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 7. September 2010. Es gewährte hierfür zwar die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, nicht aber den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG.

4

Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin erfolglos, den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG auf den --höheren-- Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung anzuwenden. Sie vertrat hierzu die Auffassung, der Bescheid könne nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden. Ihr sei erst nachträglich bekannt geworden, dass sie durch das Ausscheiden aus der KG einen Veräußerungsgewinn erzielt habe.

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 287). Zwar seien die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt, weil der Veräußerungsgewinn keine neue Tatsache darstelle. Der steuerlich beratenen Klägerin sei sowohl ihr Ausscheiden aus der KG als auch der Umstand, dass ihr Kapitalkonto negativ gewesen sei, bekannt gewesen. Allerdings sei eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO vorzunehmen. Hierfür reiche es aus, wenn im Zeitpunkt der Änderung des Bescheids ein nicht eigenständig korrigierbarer materieller Fehler gegeben sei. Die nachträgliche Ausübung eines Wahlrechts könne einen solchen Fehler herbeiführen.

6

Mit seiner Revision verweist das FA auf eine gegenteilige Entscheidung des FG München vom 29. Oktober 2009  15 K 298/07 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Mai 2010 IX B 220/09, BFH/NV 2010, 1415).

7

Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die vom FA angeführte Entscheidung des FG München nicht für einschlägig, da sie zu den Überschusseinkünften und zu einem Wahlrecht mit mehrjährigem Begünstigungszeitraum (Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz) ergangen sei. Demgegenüber habe die Klägerin ihre Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Die verfahrensrechtlichen Überlegungen des FG und der Beteiligten zur Anwendbarkeit einer Korrekturvorschrift oder des § 177 AO gehen schon deshalb ins Leere, weil die Klägerin Einspruch gegen einen steuererhöhenden Änderungsbescheid eingelegt hat und im Umfang der vorgenommenen Änderung eine Herabsetzung der festgesetzten Steuer im Einspruchsverfahren verfahrensrechtlich immer möglich ist (dazu unten 1.). Zu Recht hat das FG aber die Auffassung vertreten, dass die Klägerin ihr Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid erneut ausüben konnte (unten 2.). Gleichwohl muss das angefochtene Urteil aufgehoben werden, weil das FG die Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags unterlassen hat (unten 3.).

12

1. Anders als das FG und die Beteiligten meinen, ist im Streitfall weder entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind noch ob eine Rechtsfehlerkompensation nach § 177 Abs. 1 AO möglich ist. Die Frage, ob eine verfahrensrechtliche Änderungsmöglichkeit für den Fall eröffnet wäre, dass der angefochtene Steuerbescheid materiell-rechtlich rechtswidrig sein sollte, ist vielmehr offensichtlich zu bejahen. Denn die Klägerin hat einen Änderungsbescheid, in dem im Vergleich zum vorangehenden Bescheid eine höhere Steuer festgesetzt worden ist, mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs angefochten. Ein solcher Änderungsbescheid kann im Einspruchsverfahren gemäß § 351 Abs. 1 AO insoweit angegriffen --und gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO durch Erlass eines (Teil-)Abhilfebescheids auch geändert-- werden, als die Änderung reicht. Da die Klägerin im Einspruchsverfahren lediglich begehrt hat, die Einkommensteuer auf einen Betrag herabzusetzen, der zwar niedriger ist als die im Änderungsbescheid festgesetzte Steuer, aber höher ist als der im ursprünglichen Bescheid festgesetzte Betrag, wäre --wenn man allein auf die verfahrensrechtlich eröffneten Möglichkeiten abstellt-- im Einspruchsverfahren eine Änderungsmöglichkeit zweifelsfrei gegeben, ohne dass es auf die Voraussetzungen einer der Korrekturvorschriften oder der Rechtsfehlerkompensation ankäme.

13

2. Die Klägerin konnte ihr durch § 16 Abs. 4 EStG eröffnetes Antragsrecht im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid anderweitig ausüben. Damit steht ihr der Freibetrag nunmehr für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zu.

14

a) Dem steht im Streitfall die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen, wonach auch solche Antrags- oder Wahlrechte, für deren Ausübung im Gesetzeswortlaut keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung vorgesehen ist, grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des entsprechenden Steuerbescheids erstmals oder in geänderter Weise ausgeübt werden können.

15

Alle diese Entscheidungen sind zu Fallgestaltungen ergangen, in denen die Steuerfestsetzung für denjenigen Veranlagungszeitraum, auf den sich die begehrte erstmalige oder geänderte Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts beziehen sollte, bereits bestandskräftig war, und der Steuerpflichtige durch Stellung eines Änderungsantrags die Durchbrechung der Bestandskraft zu seinen Gunsten erreichen wollte (BFH-Urteile vom 10. Oktober 1969 VI R 180/67, BFHE 97, 186, BStBl II 1970, 63; vom 18. Dezember 1973 VIII R 101/69, BFHE 111, 302, BStBl II 1974, 319; vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621; vom 13. Februar 1997 IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635; vom 17. September 2008 IX R 72/06, BFHE 222, 571, BStBl II 2009, 639, und vom 14. Mai 2009 IV R 6/07, BFH/NV 2009, 1989; BFH-Beschluss vom 11. Juni 2014 IV B 46/13, BFH/NV 2014, 1369).

16

Wenn die Ausübung eines Wahlrechts den Steuerpflichtigen für mehrere Veranlagungszeiträume bindet, tritt diese Bindung bereits dann ein, wenn nur der erste Veranlagungszeitraum bestandskräftig veranlagt wurde (BFH-Beschluss vom 2. Juli 1992 IX B 169/91, BFHE 168, 298, BStBl II 1992, 909: degressive Gebäude-AfA; BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 IX R 60/90, BFH/NV 1993, 467: keine Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen nach § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, wenn die Aufwendungen bereits im Jahr ihres Abflusses bestandskräftig als Werbungskosten abgezogen worden sind). Ebenso kann ein Gewinnermittlungswahlrecht, das einem bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt wurde, für einen verfahrensrechtlich noch offenen Gewerbesteuermessbescheid nicht anderweitig ausgeübt werden (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BFHE 158, 520, BStBl II 1990, 195).

17

Dass mit dem --in den meisten Entscheidungen nicht näher erläuterten-- Begriff der "Bestandskraft" nicht die materielle, sondern die formelle Bestandskraft gemeint ist, ergibt sich u.a. aus dem BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 30/99 (BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49, unter II.2.a), wo es in dem hier interessierenden Zusammenhang heißt, unanfechtbar sei eine Steuerfestsetzung, wenn sie nicht mehr mit ordentlichen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten werden könne.

18

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Eintritt der formellen Bestandskraft die zeitliche Grenze für die anderweitige Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten bildet, macht die Rechtsprechung aber, wenn der ursprüngliche Bescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (BFH-Urteil vom 3. Februar 1987 IX R 255/84, BFH/NV 1987, 751, unter II.1.; diese Entscheidung wird auch in dem vom FA im vorliegenden Revisionsverfahren angeführten BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zustimmend zitiert; im Ergebnis wohl auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 2007 III R 39/04, BFHE 219, 294, BStBl II 2008, 226; anders allerdings für das umsatzsteuerrechtliche Wahlrecht zur Bestimmung des Vorsteuer-Aufteilungsschlüssels BFH-Urteil vom 22. November 2007 V R 35/06, BFH/NV 2008, 628).

19

Im Ergebnis besteht damit Einigkeit, dass durch die erstmalige oder geänderte Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts die Änderung einer formell bestandskräftigen, nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfestsetzung nicht erreicht werden kann, und eine solche Verfahrenshandlung insbesondere nicht die Voraussetzungen einer der gesetzlichen Korrekturvorschriften erfüllt.

20

b) Vorliegend begehrt die Klägerin indes nicht die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids. Vielmehr hat sie einen steuererhöhenden Änderungsbescheid angegriffen, der als solcher nicht bestandskräftig geworden ist. Zu derartigen Fallgestaltungen hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch kein einheitliches Bild entwickelt.

21

aa) Für Zwecke der Ausübung des Ehegatten zustehenden Rechts auf Wahl der Veranlagungsform (§§ 26 ff. EStG) lässt die ständige Rechtsprechung der hierfür zuständigen bzw. zuständig gewesenen Senate des BFH eine Änderung der bereits ausgeübten Wahlmöglichkeit auch dann zu, wenn die anderweitige Veranlagungsform erst nach Ergehen eines Änderungsbescheids, der an die Stelle eines formell bestandskräftig gewordenen Bescheids getreten ist, gewählt wird (tragend in den BFH-Urteilen vom 27. Juli 1988 VI R 43/85, BFH/NV 1989, 156; vom 27. September 1988 VIII R 98/87, BFHE 155, 91, BStBl II 1989, 229, und vom 25. Juni 1993 III R 32/91, BFHE 171, 407, BStBl II 1993, 824; ferner obiter dicta in den BFH-Urteilen vom 28. August 1981 VI R 139/78, BFHE 134, 412, BStBl II 1982, 156; vom 24. Mai 1991 III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123, unter 2.b; vom 19. Mai 1999 XI R 97/94, BFHE 189, 63, BStBl II 1999, 762; vom 20. Januar 1999 XI R 31/96, BFH/NV 1999, 1333, und vom 24. Januar 2002 III R 49/00, BFHE 198, 12, BStBl II 2002, 408, unter II.1.).

22

Diese Entscheidungen sind allerdings jedenfalls nicht zwingend auf andere einkommensteuerrechtliche Antrags- oder Wahlrechte übertragbar, da es sich bei der anderweitigen Ausübung des Ehegattenwahlrechts nach der Rechtsprechung des III. Senats weder um einen Einspruch noch um einen Änderungsantrag handelt. Eine solche Verfahrenshandlung berechtigt daher nur zu einer Änderung der Veranlagungsform, nicht aber zur Änderung der bisher berücksichtigten Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urteil vom 3. März 2005 III R 60/03, BFHE 209, 308, BStBl II 2005, 564).

23

bb) Auch hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung zugelassen, ein Wahlrecht (erstmals) im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid auszuüben, wenn erst dieser Änderungsbescheid überhaupt die Grundlage für die Ausübung des Wahlrechts gelegt hat. So hat es der IV. Senat gebilligt, dass die Vergünstigung des § 6c EStG für die Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung von landwirtschaftlichem Grund und Boden im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid geltend gemacht wurde, wenn erst in diesem Änderungsbescheid ein Veräußerungsgewinn aus dem --vom Steuerpflichtigen als Privatvermögen angesehenen-- Grundbesitz angesetzt worden ist (BFH-Urteil in BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49).

24

cc) Darüber hinaus wird die Änderung eines bestandskräftigen Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugelassen, wenn der Sachverhalt, auf dem das Wahlrecht beruht, dem FA nachträglich bekannt wird und den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein grobes Verschulden trifft. In diesem Fall kann der Steuerpflichtige sein Wahlrecht erstmals ausüben, obwohl der Sachverhalt als solcher bereits in der ursprünglichen Veranlagung erfasst war und diese bestandskräftig geworden ist (BFH-Urteil vom 28. September 1984 VI R 48/82, BFHE 141, 532, BStBl II 1985, 117: wenn dem Steuerpflichtigen erst nach Bestandskraft der Veranlagung bekannt wird, dass darin auch Jubiläumszuwendungen seines Arbeitgebers erfasst worden sind, kann er gleichwohl deren ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG beantragen und das FA zur Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO veranlassen).

25

c) Jedenfalls in Fallgestaltungen wie im Streitfall wird die zeitliche Grenze für die Möglichkeit der erstmaligen oder geänderten Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts nach Auffassung des erkennenden Senats nicht durch die formelle Bestandskraft des Erstbescheids, sondern erst durch die formelle Bestandskraft des steuererhöhenden Änderungsbescheids gezogen, sofern die steuerlichen Auswirkungen der Ausübung des Antrags- oder Wahlrechts nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gezogenen Rahmen hinaus gehen.

26

Der Zweck der unter a) zitierten Rechtsprechung liegt darin, zu verhindern, dass ein formell und materiell bestandskräftiger Steuerbescheid, für dessen Änderung keine Korrekturvorschrift zur Verfügung steht, allein wegen der erstmaligen oder anderweitigen Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts geändert werden muss. Der Steuerpflichtige soll die Finanzverwaltung nicht allein durch die nachträgliche ("verspätete") erstmalige oder geänderte Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten zwingen können, die Veranlagung verfahrensrechtlich wieder zu "öffnen". Vor diesem Hintergrund ist die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten in der zitierten Rechtsprechung zutreffend insbesondere weder als neue Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO angesehen worden.

27

Eine grundlegend andere Situation ist aber gegeben, wenn das FA den formell bestandskräftig gewordenen Bescheid ohnehin --mit steuererhöhender Wirkung-- ändern muss, weil die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift erfüllt sind und insoweit die materielle Bestandskraft des Bescheids durchbrochen wird. Jedenfalls dann, wenn für den Steuerpflichtigen --wie im vorliegenden Fall-- erst durch die erstmalige Erfassung eines weiteren steuererheblichen Sachverhalts im Änderungsbescheid überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit entsteht, sich mit der Ausübung bzw. geänderten Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Antrags- oder Wahlrechts für denselben Veranlagungszeitraum zu befassen (vgl. hierzu auch die vorstehend unter b bb angeführte Rechtsprechung), ist es interessengerecht, ihm diese Möglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen. Davon unberührt bleibt, dass andere einkommensteuerrechtliche Vorschriften (z.B. das Gewinnermittlungswahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG oder jedenfalls die Ansparabschreibung nach § 7g EStG a.F.) weitere materiell-rechtliche Anforderungen an eine geänderte Wahlrechtsausübung stellen und in diesen Fällen allein der noch fehlende Eintritt der formellen Bestandskraft eines Änderungsbescheids nicht hinreichend für eine geänderte Wahlrechtsausübung ist.

28

Soweit der IX. Senat des BFH im Beschluss in BFH/NV 2010, 1415 zu einer mit dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt im Wesentlichen vergleichbaren Konstellation im Ergebnis --ohne näher zwischen der Bestandskraft von Erstbescheiden und der von Änderungsbescheiden zu differenzieren-- eine andere Auffassung vertreten hat, hat er auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt, daran nicht mehr festzuhalten.

29

3. Das vorinstanzliche Urteil ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft, als es der Klägerin zwar den Freibetrag für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) zugesprochen, den bisher gewährten Freibetrag für die Betriebsveräußerung (3.705 €) aber nicht gegengerechnet hat.

30

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kann nach dem Gesetzeswortlaut ("nur einmal zu gewähren") auch bei Veräußerung oder Aufgabe mehrerer Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile innerhalb desselben Veranlagungszeitraums nur für einen einzigen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn in Anspruch genommen werden (so zutreffend auch Kobor in Herrmann/Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 730).

31

Vorliegend hat das FG tenoriert, der Einkommensteueränderungsbescheid werde "nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert". Die Urteilsgründe enthalten allerdings lediglich Rechtsausführungen, aber keine Hinweise zur Steuerberechnung. Hinreichend klar wird nur, dass das FG den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG für den Gewinn aus der Veräußerung der KG-Beteiligung (22.975 €) gewähren wollte. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils die Steuerfreistellung des Betrags von 22.975 € (ohne Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags von 3.705 €) beantragt hatte und das FG der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, ohne der Klägerin für den zu weit gehenden Klageantrag eine Kostenquote aufzuerlegen, ist davon auszugehen, dass das FG keine Gegenrechnung des bisher gewährten Freibetrags vornehmen wollte. In diesem Umfang war das angefochtene Urteil zu ändern.

32

Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO dem FA übertragen.

33

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

(2) Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten und der Revisionskläger zu 2. und 3. wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 18. April 2012  3 K 89/11 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) anlässlich ihres Ausscheidens aus einer in Form einer Personengesellschaft betriebenen Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät einen Gewinn zu versteuern hat.

2

Die Klägerin war zu 20 % an der Sozietät ... (Sozietät) beteiligt, die neben ihrer Hauptniederlassung in X eine Zweigniederlassung in Y unterhielt und ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Weitere Gesellschafter waren die Revisionskläger zu 2. und 3. und die Beigeladenen zu 1., 2. und 4. Der Beigeladene zu 3. trat zum 15. Dezember 2006 in die Sozietät ein; der Beigeladene zu 4. schied im Jahr 2008 aus der Sozietät aus.

3

Mit Schreiben vom 25. Juli 2005 stellte die Sozietät beim Beklagten und Revisionskläger zu 1. (Finanzamt --FA--) einen Antrag auf Erteilung einer "verbindlichen Auskunft" über die Folgen des Ausscheidens der Klägerin gegen Übernahme der Y Niederlassung und einer bis zu ihrem 65. Lebensjahr zu zahlenden monatlichen Rente. Mit Schreiben vom 12. August 2005 erteilte das FA der Sozietät antragsgemäß die Auskunft, die Klägerin könne aus der Sozietät grundsätzlich nach Realteilungsgrundsätzen i.S. des § 16 Abs. 3 EStG zu Buchwerten ausscheiden. Eine ihr aus diesem Anlass gewährte Rente führe bei ihr zu einem Veräußerungsgewinn und bei den zurückbleibenden Gesellschaftern zu zusätzlichen Anschaffungskosten. Die Klägerin könne im Hinblick auf die ihr gewährte Rente das ertragsteuerliche Wahlrecht zwischen der Sofort- und der Zuflussbesteuerung ausüben.

4

Mit Vertrag vom 15. Dezember 2005 vereinbarten die Gesellschafter, dass die Klägerin aus der Sozietät ausscheiden und die Y Praxis mit Wirkung zum 2. Januar 2006 übernehmen, die X Praxis aber von den übrigen Gesellschaftern weitergeführt werden solle. Der Vertrag enthielt u.a. folgende Bestimmungen:

5

"§ 11 Ergebnisverteilung

(1) Im Rahmen der Realteilung und des Ausscheidens aus ... (der Sozietät) ist keine besondere Ergebnisermittlung und Ergebnisverteilung auf den Stichtag erforderlich.

(2) Die Ergebniszurechnung für die Jahre 2005 bis 2006 erfolgt für ... (die Klägerin) pauschal. Sie soll nicht erst aufgrund der Ergebnisse per 31. Dezember 2005 bzw. 31. Dezember 2006 vorgenommen werden.

(3) Die bisherigen Grundsätze über die Ergebnisermittlung werden fortgesetzt. Vor diesem Hintergrund stehen die Ergebnisse der Y Zweigniederlassung per 31. Dezember 2005 und per 2. Januar 2006 - als Teil des Gesamtergebnisses (der Sozietät der Klägerin) ... zu. Vom Jahresergebnis erhält ... (die Klägerin) für das Kalenderjahr 2005 einen Anteil von € 297.000 und für das Kalenderjahr 2006 einen Anteil von € 850.

(4) Der Saldo aller Bankkonten der Y Praxis ... inklusive des Kassenbestandes des Y Teilbetriebes hat diesen Gewinnanteil zuzüglich der in der Vergangenheit bisher von ... (der Klägerin) nicht entnommenen Gewinnanteile abzüglich der Y Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (abzüglich Wertberichtigungen und Umsatzsteuer) zuzüglich der gem. § 7 Abs. (4) erfassten Kosten um € 220.000 zu übersteigen. ..."

6

Außerdem waren für die Reduzierung des Y Personalbestandes (Abfindung, Lohnfortzahlung bei Freistellung, Rechtskosten) pauschal 80.000 € zu zahlen und die X Praxis sollte die Kosten für die Datenumstellung in Y bis zur Höhe von 10.000 € tragen (§ 12 des Vertrages). Ferner war die Sozietät nach § 15 der Vereinbarung verpflichtet, der Klägerin "zur wirtschaftlichen Absicherung und Versorgung" mit Wirkung ab 3. Januar 2006 eine monatliche Rente von 5.000 € bis Mai 2016 zu zahlen. Für diese Verpflichtung der Sozietät hafteten alle Gesellschafter auch persönlich.

7

Seit dem 3. Januar 2006 wurde die Y Praxis, der zuvor entsprechend den vorstehenden Vereinbarungen weitere 310.000 € zugeordnet worden waren, im Außenverhältnis von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. geführt, der am Gesellschaftsvermögen und Gewinn allerdings nicht beteiligt war. Sowohl die Klägerin als auch die Sozietät ermittelten ihre Gewinne nach der Trennung durch Einnahmenüberschussrechnung.

8

Am 15. November 2007 reichte die Sozietät die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 ein und erklärte darin einen Gesamtgewinn der Gesellschaft von 2.388.657,92 €, von dem auf die Klägerin ein laufender Gewinn in Höhe von 850 € und ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 623.620,33 € entfiel. In Höhe des Veräußerungsgewinns wurden bei den verbliebenen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligungen Verluste abgezogen.

9

Daraufhin führte das FA bei der Sozietät eine Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2006 durch und kam zu dem Ergebnis, dass der erklärte Veräußerungsgewinn laufender Gewinn in der Form eines Übergangsgewinns sei. Die von der Sozietät eingereichte Auseinandersetzungsbilanz weise ein nach Bilanzierungsgrundsätzen ermitteltes Kapitalkonto der Klägerin von 604.379,88 € aus, das sich aus den zum Stichtag anteilig noch nicht abgerechneten Forderungen und halbfertigen Mandantenarbeiten abzüglich anteiliger Verbindlichkeiten sowie aus den nach dem Auseinandersetzungsvertrag zu leistenden Zahlungen von insgesamt 310.000 € ergebe. Dieser Gewinn aus dem Übergang von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung sei von der Klägerin zusätzlich zu versteuern und bei den verbliebenen Gesellschaftern als Aufwand zu berücksichtigen. Aus den von der Sozietät vorgelegten Bestandskonten der Einnahmenüberschussrechnung ergebe sich zudem zu Lasten der Klägerin eine bisher noch nicht versteuerte Überentnahme von 19.240,95 €. Das FA erließ am 11. Juni 2008 einen Feststellungsbescheid gegenüber der Sozietät, in dem es der Klägerin einen Anteil von 624.470,33 € an den Einkünften aus selbständiger Arbeit zurechnete.

10

Mit der dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den auf sie entfallenden Gewinn auf 850 € herabzusetzen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1744 veröffentlichten Urteil statt. Es setzte den auf die Klägerin entfallenden Gewinn antragsgemäß auf 850 € herab und erhöhte im gleichen Umfang den auf die übrigen Gesellschafter entfallenden Gewinn im Verhältnis ihrer Anteile.

11

Dagegen richten sich die Revisionen des FA und der Revisionskläger zu 2. und 3., mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.

12

Die Revisionsbegründungsfrist für das FA wurde auf rechtzeitigen Antrag bis zum 30. Januar 2014 verlängert. Am 28. Januar 2014 ging beim Bundesfinanzhof (BFH) per Telefax ein Vorabexemplar der Revisionsbegründung ein, das keine Unterschrift enthielt. Erst am 31. Januar 2014 folgte das unterschriebene Original. Nach einem Hinweis auf die fehlende Unterschrift und den verspäteten Zugang beantragte das FA Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete dies.

13

Das FA beantragt,
das Urteil des FG Hamburg vom 18. April 2012  3 K 89/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14

Die Revisionskläger zu 2. und 3. beantragen,
das angefochtene Urteil des FG Hamburg vom 18. April 2012  3 K 89/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

15

Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

16

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es habe kein rechtlicher Zwang zum Übergang zum Betriebsvermögensvergleich bestanden, insbesondere halte sich die Zuweisung liquider Mittel im zulässigen Rahmen. Bei der Leibrente handele es sich um ein eigenständig zu beurteilendes Rechtsgeschäft und nicht um einen Spitzenausgleich, da sie zwar in Zusammenhang mit der Realteilung vereinbart worden sei, aber nicht aus dem Privatvermögen der übrigen Gesellschafter bezahlt werde. Überdies handle es sich um eine betriebliche Versorgungsrente. Jedenfalls stehe die Bindungswirkung der verbindlichen Zusage einer Aufhebung des angefochtenen Urteils entgegen.

17

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren beigetreten. Seiner Meinung nach hat die Klägerin eine nach allgemeinen Grundsätzen einkommensteuerpflichtige Sachwertabfindung erhalten, die zur Aufdeckung stiller Reserven führt. Die Buchwertfortführung sei eine Begünstigung, die ähnlich wie der Veräußerungsfreibetrag (§ 16 Abs. 4 EStG) und die Tarifermäßigung bei außerordentlichen Einkünften (§ 34 EStG) dem letzten Rechtsakt der Mitunternehmerschaft vorbehalten sei. Das Ausscheiden der Klägerin aus der Sozietät sei im Streitfall auch nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG erfolgsneutral, da diese Vorschrift nur die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter, nicht dagegen von Sachgesamtheiten erfasse. Eine analoge Anwendung des § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) scheide aus, da die Realteilung nur im Fall der Betriebsaufgabe als umgekehrter Fall der Einbringung verstanden werden könne.

18

Das BMF und die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Revisionen sind zulässig.

20

1. Das FA hat zwar die Frist zur Begründung der Revision (§ 120 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) versäumt, weil es die Revision innerhalb der Frist nicht in der gebotenen Schriftform begründete (vgl. BFH-Urteil vom 2. August 2002 IV R 14/01, BFH/NV 2002, 1604; Rüsken in Beermann/Gosch, FGO § 120 Rz 150). Dem FA war aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 FGO). Der Versand der Begründungsschrift per Telefax wurde einer zuverlässigen Mitarbeiterin übertragen, die angewiesen war, durch Kontrolle sicherzustellen, dass nur unterschriebene Schriftsätze versandt werden. Das FA hatte damit in Wahrnehmung seiner Organisationspflichten die gebotenen Vorkehrungen getroffen, eine Fristversäumung infolge Absendung nicht unterschriebener Schriftsätze zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2008 III R 78/06, BFH/NV 2009, 407; BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 X R 176/93, BFH/NV 1995, 798, m.w.N.). Das FA hat zudem die formgerechte Begründung rechtzeitig nachgeholt (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO).

21

2. Auch die Revisionen der Revisionskläger zu 2. und 3. sind zulässig.

22

Zur Einlegung der Revision berechtigt sind grundsätzlich alle Beteiligten des Verfahrens vor dem FG (§ 115 Abs. 1 FGO). Für ein Rechtsmittel des Beigeladenen ist allerdings erforderlich, dass er durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert ist (BFH-Urteil vom 10. Juli 1997 V R 94/96, BFHE 183, 288, BStBl II 1997, 707, unter II.1.c, und BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 VIII B 52/05, BFH/NV 2006, 1155, unter 2.). Die Revisionskläger zu 2. und 3. erfüllen diese Voraussetzungen. Sie waren als Beigeladene Beteiligte des Verfahrens vor dem FG (§ 57 Nr. 3 FGO), sie sind durch das FG-Urteil materiell beschwert, da das FG ihren Gewinnanteil erhöht hat.

III.

23

Die Revisionen sind auch begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FA hat dem Grunde nach zu Recht der Klägerin neben dem laufenden Gewinn von 850 € einen weiteren Gewinn zugerechnet. Denn das Ausscheiden der Klägerin aus der Sozietät gegen Erhalt der Y Niederlassung und der Rente stellt eine Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar.

24

1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der dabei zu berücksichtigende Veräußerungsgewinn oder -verlust der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

25

2. Eine derartige Veräußerung ist im Allgemeinen gegeben, wenn ein Gesellschafter aus einer fortbestehenden Gesellschaft ausscheidet und sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern zuwächst (§ 738 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- ggf. i.V.m. § 105 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs).

26

Der ausscheidende Gesellschafter ist, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt, nach dem tatsächlichen Wert seines Anteils abzufinden (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 17. Mai 2011 II ZR 285/09, Der Betrieb --DB-- 2011, 1631, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 1382; BGH-Beschluss vom 21. Januar 2014 II ZR 87/13, DStR 2014, 1404). Steuerrechtlich ist hierin grundsätzlich eine Veräußerung des Gesellschaftsanteils an die verbleibenden Gesellschafter zu sehen (BFH-Urteil vom 9. Juli 2015 IV R 19/12, BFHE 249, 555, BStBl II 2015, 954, m.w.N., zum Ausscheiden eines Kommanditisten aus einer KG).

27

3. Im Streitfall hat die Klägerin als Gegenleistung für ihr Ausscheiden aus der Sozietät, die mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgeführt wurde, einen Teilbetrieb (die Y Niederlassung) sowie eine aus künftigen Erträgen der Gesellschaft zu zahlende Rente erhalten.

28

Soweit der Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters durch die Übereignung eines Teilbetriebs (Sachgesamtheit) erfüllt wird, der weiterhin Betriebsvermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters bleibt, liegt --in Abänderung des bisher vom BFH vertretenen (engen) Realteilungsbegriffs-- eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erfolgsneutrale Realteilung vor (dazu 4.). Erhält der Gesellschafter für sein Ausscheiden daneben eine Geldrente, welche die Gesellschafter aus ihrem Privatvermögen oder die Gesellschaft aus künftigen Erträgen zu leisten haben, erfüllt der ausscheidende Gesellschafter gleichwohl insgesamt einen Veräußerungstatbestand nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; Veräußerungspreis i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG sind der nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG anzusetzende Wert des Teilbetriebs (Y Niederlassung) und der Kapitalwert der Rente im Zeitpunkt des Ausscheidens, so dass nur hinsichtlich der Rente eine Gewinnrealisierung gegeben ist (dazu 5.). Infolge des gegebenen Veräußerungstatbestands musste die Sozietät nach § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG zur Ermittlung des Anteilswerts der Klägerin zwingend zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (dazu 6.). Als Veräußerungsgewinn der Klägerin ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der Buchwerte des Y Teilbetriebs abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts ihres Kapitalkontos anzusetzen (dazu 7.).

29

4. a) Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 Halbsätze 1 und 2 EStG). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

30

b) Der Begriff der "Realteilung" wird vom Gesetz nur vorausgesetzt, aber nicht definiert. Er wurde ursprünglich in der Rechtsprechung entwickelt (grundlegend BFH-Urteil vom 6. Mai 1952 I 17/52 U, BFHE 56, 473, BStBl III 1952, 183, in der Folge u.a. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1962 I 256/61 U, BFHE 75, 675, BStBl III 1962, 513, und vom 5. Juli 1963 VI 333/61 U, BFHE 77, 472, BStBl III 1963, 492). In das EStG aufgenommen wurde der Begriff der Realteilung erstmals in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 26 Buchst. b des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) mit Wirkung vom 1. Januar 1999. Die für den Streitzeitraum geltende Fassung erhielt § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. b des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35).

31

c) Der BFH verstand den Begriff der Realteilung jedenfalls seit dem Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77 (BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456, unter I.1.) in Anlehnung an das Zivilrecht als eine Form der Auseinandersetzung einer aufgelösten Mitunternehmerschaft. In Abgrenzung zur zivilrechtlichen Naturalteilung setzte die steuerrechtliche Realteilung zusätzlich voraus, dass die von den Beteiligten übernommenen Wirtschaftsgüter weiterhin Betriebsvermögen bleiben (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1991 VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385, unter A.I.1.). Hieran hielt der BFH auch für § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (BFH-Beschluss vom 29. April 2004 IV B 124/02, BFH/NV 2004, 1395, unter 1.a) und i.d.F. des UntStFG fest (Senatsurteil vom 11. April 2013 III R 32/12, BFHE 241, 346, BStBl II 2014, 242, Rz 16; BFH-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13, BFH/NV 2015, 209, Rz 23; s.a. BFH-Urteil vom 29. März 2011 VIII R 28/08, BFHE 233, 434, BStBl II 2014, 299, Rz 19). Er definierte Realteilung ertragsteuerlich zuletzt als die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt (Senatsurteil in BFHE 241, 346, BStBl II 2014, 242; in der Sache ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 209, jeweils m.w.N.).

32

d) Dieser Rechtsprechung haben sich die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 28. Februar 2006, BStBl I 2006, 228, unter II.) und Teile des Schrifttums angeschlossen (z.B. Crezelius in Carlé/Stahl/Strahl [Hrsg.], Gestaltung und Abwehr im Steuerrecht, Festschrift für Klaus Korn, 2005, S. 273, 278 f.; Gänger in Bordewin/Brandt, § 16 EStG Rz 232; Heß, DStR 2006, 777, 778; Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 16 Rz 188b; Märkle/Franz in Festschrift für Klaus Korn, a.a.O., S. 365, 367; Mitschke, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2009, 606, 607; Musil, DB 2005, 1291, 1292; Rogall, DStR 2005, 992, 994 f.; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz 391; Schulze zur Wiesche, Die Steuerberatung 2006, 374; Sieker in Lademann, EStG, § 16 EStG Rz 577; Wendt in Tipke/Seer/Hey/Englisch [Hrsg.], Gestaltung der Steuerrechtsordnung, Festschrift für Joachim Lang, 2010, S. 699, 704, 706 f.).

33

Nach anderen Auffassungen im Schrifttum ist auch bei Ausscheiden eines oder mehrerer Mitunternehmer aus einer im Übrigen fortbestehenden Mitunternehmerschaft § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG unmittelbar (Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 16 EStG Rz 542; Paus, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2006, 285 f.; Schmidt/Wacker, EStG, 34. Aufl., § 16 Rz 536, unter d) oder zumindest entsprechend (Niehus/Wilke, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 1093, 1100, 1103; Reiß in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 16 Rz 235, 233) anwendbar, wenn die ausscheidenden Mitunternehmer jeweils einen Teilbetrieb erhalten (so im Ergebnis auch BFH-Urteil vom 10. Februar 1972 IV 317/65, BFHE 104, 543, BStBl II 1972, 419). Eine weitergehende Auffassung nimmt eine Realteilung durch Ausscheiden eines oder mehrerer Mitunternehmer aus einer im Übrigen fortbestehenden Mitunternehmerschaft auch dann an, wenn die ausscheidenden Mitunternehmer lediglich Einzelwirtschaftsgüter erhalten (Ley in Festschrift für Klaus Korn, a.a.O., S. 335, 348; Pupeter in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anhang 10 Rz 1467; Stahl in Korn, § 16 EStG Rz 296; Stuhrmann, DStR 2005, 1355, 1356 f.).

34

e) Der Senat hält an der engen Definition der Realteilung nicht mehr fest. Der Begriff der "Realteilung" i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des UntStFG schließt jedenfalls das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft unter Mitnahme eines --weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen gehörenden-- Teilbetriebs ein. Ob dies auch bei Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters gilt oder in einem solchen Fall § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG eingreift, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Denn die Klägerin hat einen Teilbetrieb erhalten.

35

Die so verstandene Realteilung ist eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Sie führt nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht zur Aufdeckung stiller Reserven, wenn und soweit der übernommene Teilbetrieb weiterhin Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen bleibt. Unerheblich ist, ob die Mitunternehmerschaft insgesamt aufgelöst wird oder ob nur einzelne Mitunternehmer einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von den verbliebenen Mitunternehmern fortgeführt wird.

36

aa) Der Begriff der "Realteilung" i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ist ein steuerrechtlicher Begriff. Seine Auslegung ist daher nicht mehr --wie die frühere BFH-Rechtsprechung angenommen hat-- an das Zivilrecht gebunden. Weil § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auf die Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft Bezug nimmt, setzt die Realteilung einen Sachverhalt voraus, der sich grundsätzlich auf den Gewinn der Mitunternehmerschaft auswirkt. Dies bedingt aber nicht die vollständige Auflösung der Mitunternehmerschaft, denn auch der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn des aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidenden Mitunternehmers ist Teil des Gewinns der Mitunternehmerschaft (BFH-Urteil vom 29. April 1993 IV R 107/92, BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666; Senatsurteil vom 10. April 2014 III R 20/13, BFHE 244, 530; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 180 Rz 18).

37

bb) Der Gesetzgeber wollte das Vorliegen einer Realteilung nicht von der Auflösung der Mitunternehmerschaft abhängig machen. Denn nach der Entwurfsbegründung zu § 16 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 sollte eine Realteilung außer bei der Vollbeendigung auch dann vorliegen, wenn "die Mitunternehmerschaft zwar bestehen bleibt, jedoch Teile des Betriebsvermögens dem ausscheidenden Gesellschafter als Abfindung überlassen werden" (BTDrucks 14/265, S. 179). Die Entwurfsbegründung zur Neufassung des § 16 Abs. 3 EStG durch das UntStFG (BTDrucks 14/6882, S. 34) enthält keine abweichenden Erwägungen.

38

cc) Nach dem Aufbau des § 16 Abs. 3 EStG ist die Realteilung ein Sonderfall der Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 228, unter I.; Crezelius in Festschrift für Klaus Korn, a.a.O., S. 273, 278 f.; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 235; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 535; Wendt in Festschrift für Joachim Lang, a.a.O., S. 699, 704). § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG erfasst als gleichrangige Aufgabetatbestände nicht nur die Aufgabe des Gewerbebetriebs, sondern auch die vollständige Aufgabe eines Mitunternehmeranteils oder des Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KG auf Aktien (Paus, DStZ 2006, 285, 286). Beurteilt man das Ausscheiden mindestens eines Mitunternehmers unter Mitnahme von Gesellschaftsvermögen nicht länger als Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 1998 VIII R 76/96, BFHE 186, 50, BStBl II 1999, 269, unter II.2.b aa), sondern als dessen Aufgabe, erlangt die Bezugnahme des § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG auf § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG eine eigenständige Bedeutung. Damit erhält dieser Aufgabetatbestand einen klaren sachlichen Anwendungsbereich und ist nicht länger vor allem auf jene Fälle beschränkt, in denen der Mitunternehmeranteil neben dem Gesellschaftsanteil auch Sonderbetriebsvermögen umfasst und dieses nicht auf den Erwerber übertragen wird (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, unter II.2.).

39

Dies bedeutet für Fälle vorliegender Art, in denen ein Teilbetrieb übernommen und ein sonstiges Veräußerungsentgelt gezahlt wird, jedoch nicht, dass der Vorgang insgesamt als ein Aufgabetatbestand zu behandeln ist. Vielmehr ist die Realteilung und die damit einhergehende Gewinnneutralität der Teilbetriebsübertragung im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen.

40

dd) Für die Erstreckung der Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auf Fälle des Ausscheidens mindestens eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines Teilbetriebs spricht auch der Zweck dieses Rechtsinstituts.

41

Das Rechtsinstitut der Realteilung bezweckt, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, solange die steuerliche Erfassung stiller Reserven sichergestellt ist (so bereits BFH-Urteil in BFHE 104, 543, BStBl II 1972, 419, unter 1.). Der Gesetzgeber versteht die Realteilung weiterhin als Umstrukturierungsmaßnahme (BTDrucks 14/6882, S. 34). Dabei soll die Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden (HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 540). Eine Mitunternehmerschaft kann aber nicht nur durch ihre vollständige Auflösung, sondern auch durch das Ausscheiden eines Mitunternehmers unter Mitnahme eines Teilbetriebs sinnvoll umstrukturiert werden.

42

Zur Verwirklichung dieses Zwecks ist die Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vorzugswürdig gegenüber einer Analogie zu § 24 UmwStG oder einer teleologischen Extension des nach seinem Wortlaut auf Einzelwirtschaftsgüter beschränkten § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. Denn sie kann sich unmittelbar auf den Gesetzeswortlaut stützen und stellt im Gegensatz zu der Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. September 2012 IV R 11/12, BFHE 239, 76, Rz 15) eine gewinnneutrale Umstrukturierung auch dann sicher, soweit mit dem Teilbetrieb Verbindlichkeiten übergehen.

43

f) Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der IV. Senat mit Beschluss vom 18. Juni 2015 erklärt, dass er an der mit dem BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 209 vertretenen Auffassung, dass eine Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG die Aufgabe des Betriebs der Mitunternehmerschaft voraussetzt, nicht mehr festhält und der vorstehend dargelegten Auffassung des erkennenden Senats ausdrücklich zustimmt. Der VIII. Senat hat mitgeteilt, dass das BFH-Urteil in BFHE 233, 434, BStBl II 2014, 299 sich nicht zu der Frage verhalten habe, ob die Realteilung auch Fälle der Sachwertabfindung gegen Übernahme eines Teilbetriebs als weitere Fallgruppe umfasse, und daher der Entscheidung des erkennenden Senats nicht entgegenstehe. Im Übrigen teilt er die Auffassung des erkennenden Senats, nach der das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen eine Sachwertabfindung in Gestalt eines Teilbetriebs unmittelbar die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG erfüllt.

44

g) Die Klägerin hat auch insoweit keinen Veräußerungserlös erzielt, als der Y Niederlassung anlässlich ihres Ausscheidens erhebliche liquide Mittel zugeordnet wurden. Geld und Forderungen können als Teil des (ungeteilten) Betriebsvermögens wie andere materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter im Zuge einer Realteilung den Gesellschaftern frei zugeordnet werden (h.M. Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 244; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 544, 545, jeweils m.w.N.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 554; Blümich/Schallmoser, § 16 EStG Rz 420).

45

Der Senat kann offenlassen, ob dies auch gilt, wenn die Gesellschafter kurz vor dem Ausscheiden eines Gesellschafters Einlagen leisten oder Darlehen aufnehmen und diese Mittel dann im Rahmen der Realteilung dem Teilbetrieb des ausscheidenden Gesellschafters zuordnen (vgl. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 550, m.W.N.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 556; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz 420, jeweils m.w.N.; Musil, DB 2005, 1291; Paus, DStZ 2006, 285, 287; Rogall/Stangl, FR 2006, 345, 353 f.; Stuhrmann, DStR 2005, 1355 f.; Wacker, NWB Fach 3, 10669, 10681 ff.; Gragert, NWB Fach 3, 13887, 13892; BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 253, Tz. 25 zu Miterben-Mitunternehmerschaft; a.A. Groh, Die Wirtschaftsprüfung 1991, 620, 624; Winkemann, Betriebs-Berater --BB-- 2004, 130, 135; Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 Rz 196). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor, da die Geldmittel bereits vor dem Ausscheiden der Klägerin aus der Gesellschaft im Betriebsvermögen vorhanden waren.

46

h) Im Streitfall muss auch nicht entschieden werden, ob unter dem "Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer" i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auch das Gesamthandsvermögen einer neuen Mitunternehmerschaft verstanden werden kann, an der neben dem ausgeschiedenen Mitunternehmer auch ein Mitunternehmer beteiligt ist, der zugleich weiterhin der bisherigen Mitunternehmerschaft angehört. Denn der Beigeladene zu 1. war kein Mitunternehmer (§ 18 Abs. 4 Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) der von der Klägerin fortgeführten Y Niederlassung.

47

Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann grundsätzlich nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.3.a). Eine Mitunternehmerschaft setzt zudem eine gemeinschaftliche Gewinnerzielungsabsicht voraus (BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 82/03, BFHE 210, 241, BStBl II 2005, 752, unter II.1.).

48

Der Beigeladene zu 1. ist nach den Feststellungen des FG nur im Außenverhältnis als Sozius aufgetreten und war am Betriebsvermögen und am Gewinn nicht beteiligt. Selbst wenn sein Auftreten im Außenverhältnis möglicherweise eine Rechtsscheinhaftung begründete, ergäbe sich daraus noch keine Mitunternehmerstellung (Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rz 42). Anders als beim Komplementär einer KG (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 74/03, BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595, unter II.1.) wird die fehlende Beteiligung am Gewinn und Verlust beim Außensozius auch nicht durch eine herausgehobene gesellschaftsrechtliche Stellung ausgeglichen.

49

5. Eine Gewinnrealisierung ist jedoch gegeben, soweit der Klägerin anlässlich ihres Ausscheidens aus der Sozietät eine aus künftigen Erlösen der Sozietät oder, falls diese nicht ausreichen, aus dem Vermögen der Gesellschafter zu leistende (§ 15 der Auseinandersetzungsvereinbarung) Rente zugesagt wurde. Die Rente ist mit ihrem Kapitalwert zu berücksichtigen.

50

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt keine betriebliche Versorgungsrente vor, die zu einem unentgeltlichen Übergang des Betriebsvermögens führen würde (vgl. HHR/Kratzsch, § 5 EStG Rz 1335; Hörger/Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 Rz 97; Schulze zur Wiesche, BB 1995, 593, 596).

51

aa) Für eine betriebliche Versorgungsrente ist kennzeichnend, dass ihr Rechtsgrund überwiegend durch das betrieblich veranlasste Bestreben (z.B. Fürsorgeleistungen an einen früher im Unternehmen tätigen Gesellschafter oder Rücksichtnahme auf geschäftliches Ansehen des Betriebsübernehmers) bestimmt wird, den Rentenberechtigten zu versorgen, ihn insbesondere vor materieller Not zu schützen. Sie kann demgemäß auch dann gegeben sein, wenn das vom Rentenberechtigten übertragene Betriebsvermögen und der versicherungsmathematische Barwert der Rente zwar objektiv gleichwertig sind, die Parteien aber bewusst und gewollt die Rentenzahlungen danach bemessen haben, was dem Rentenberechtigten zum Zwecke der Versorgung zur Verfügung stehen sollte (BFH-Urteile vom 30. Juli 1959 IV 265/58 U, BFHE 69, 387, BStBl III 1959, 406; vom 20. Dezember 1988 VIII R 121/83, BFHE 156, 339, BStBl II 1989, 585, unter II.4., und vom 2. Dezember 1997 VIII R 11/96, BFH/NV 1998, 835, unter II.1.).

52

bb) Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob eine betriebliche Versorgungsrente in Betracht kommt, wenn ein Gesellschafter --wie hier-- neben der Rente anlässlich seines Ausscheidens auch einen Teilbetrieb erhält. Jedenfalls ist weder eine Versorgungsbedürftigkeit der Klägerin noch ein Versorgungswille der verbliebenen Gesellschafter erkennbar.

53

Gegen die Versorgungsbedürftigkeit der Klägerin spricht insbesondere, dass sie nach ihrem Ausscheiden aus der Sozietät weiterhin voll berufstätig war und die Rente auf zehn Jahre befristet war, d.h. bis zu ihrem voraussichtlichen Eintritt in den Ruhestand.

54

Die Feststellungen des FG bieten auch keine Anhaltspunkte für einen Versorgungswillen der verbliebenen Gesellschafter. Zwar sollte die Rente "der wirtschaftlichen Absicherung und Versorgung dienen". Diese Vereinbarung ist allerdings im Zusammenhang mit der antragsgemäß erteilten Zusage des FA und einem möglichen Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung (dazu sogleich unter d) zu sehen. Sie belegt insofern keinen Versorgungswillen im vorgenannten Sinn. Die von der Sozietät beantragte Zusage zur steuerrechtlichen Behandlung der Rente verdeutlicht vielmehr, dass alle Gesellschafter einschließlich der Klägerin auch hinsichtlich der Rente von einem entgeltlichen Geschäft ausgingen.

55

b) Der Kapitalwert der Rente ist als Veräußerungserlös im Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus der Sozietät anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob der Klägerin hinsichtlich der Rente ein Besteuerungswahlrecht zustand und wie sie dieses ausgeübt hat.

56

aa) Der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils ist auch dann bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender Bezüge bezahlt wird. Rechtsprechung und Verwaltung räumen Steuerpflichtigen in diesen Fällen aber ein Wahlrecht ein, entweder den Kapitalwert der Rente zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung als Erlös anzusetzen oder die einzelnen Rentenzahlungen bei Zufluss als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern (z.B. BFH-Urteile vom 17. Juli 2013 X R 40/10, BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883; vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, Rz 20, m.w.N., und vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829). Dies gilt jedoch nur, wenn es sich um Bezüge handelt, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als zehn Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers oder Mitunternehmers dienen (z.B. BFH-Urteile vom 11. November 2010 IV R 17/08, BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716, m.w.N., und in BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532). Die Sofortbesteuerung ist der gesetzliche Normalfall und die Zuflussbesteuerung eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahmeregelung (z.B. BFH-Urteile in BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883; in BFHE 232, 28, BStBl II 2011, 716, jeweils m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 12. Mai 1999 IV B 52/98, BFH/NV 1999, 1330, unter 3., und vom 29. März 2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, unter 1.a bb). Zu einer Zuflussbesteuerung kann es nur kommen, wenn dies vom Steuerpflichtigen ausdrücklich im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung gewählt wird (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1330, und BFH-Urteil in BFHE 242, 58, BStBl II 2013, 883, Rz 29).

57

bb) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Rente im Streitfall primär der Versorgung der Klägerin dient und ihr daher ein solches Wahlrecht zustand. Dagegen könnte sprechen, dass sie die Y Niederlassung fortführte und damit weiterhin berufstätig, die Rente nur knapp über zehn Jahre und nur bis zur Vollendung ihres 65. Lebensjahrs zu zahlen war. Selbst wenn ihr ein Wahlrecht zugestanden und sie die nachgelagerte Besteuerung gewählt haben sollte, wäre gleichwohl im Zeitpunkt ihres Ausscheidens der Kapitalwert der Rente als Erlös zu erfassen. Dies folgt schon daraus, dass das aus Billigkeitsgründen gewährte Wahlrecht nichts daran ändert, dass der ausscheidende Gesellschafter einen Veräußerungsgewinn erzielt, den er nur --falls er die nachgelagerte Besteuerung wählt-- nicht sofort, sondern ratierlich versteuern muss, sobald die Summe der Rentenzahlungen den Wert seines Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt (vgl. BFH-Urteile vom 24. Januar 1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287, unter 2., in BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532, unter II.2.b, und vom 14. Januar 2004 X R 37/02, BFHE 205, 96, BStBl II 2004, 493, unter II.1.b bb). Da das Wahlrecht erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des ausgeschiedenen Gesellschafters ausgeübt wird, ist überdies im Rahmen der Gewinnermittlung der Gesellschaft die Feststellung des Veräußerungsgewinns erforderlich.

58

6. Zur Ermittlung des Anteilswerts der Klägerin musste die Sozietät zwingend zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen (§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG).

59

Ein Übergangsgewinn oder -verlust ist der Klägerin nach dem BFH-Urteil vom 13. September 2001 IV R 13/01 (BFHE 196, 546, BStBl II 2002, 287, unter II.2.) im Zeitpunkt ihres Ausscheidens entsprechend dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel, also zu 20 %, zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 13. November 1997 IV R 18/97, BFHE 184, 518, BStBl II 1998, 290, unter 2.; vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179, zur Zurechnung eines Übergangsgewinns beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus zweigliedrigen Gesellschaften).

60

7. Als Veräußerungsgewinn der Klägerin ist der Kapitalwert der Rente zuzüglich der Buchwerte des Y Teilbetriebs (Veräußerungspreis) abzüglich etwaiger Veräußerungskosten und des Werts ihres Kapitalkontos anzusetzen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG; vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2015 IV R 19/12, BFHE 249, 555, BStBl II 2015, 954).

61

a) Ob sich aus dem zu einer Realteilung mit Spitzenausgleich ergangenen BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 VIII R 57/90 (BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607) eine andere Berechnungsmethode ergibt, kann dahinstehen. Denn die Sachverhalte sind, wie auch der VIII. Senat des BFH auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt hat, nicht miteinander vergleichbar; für einen Spitzenausgleich ist im Streitfall nichts ersichtlich.

62

Der BFH hat mit diesem Urteil in BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607 entschieden, dass es bei einer Realteilung mit Buchwertfortführung der gewinnneutralen Realteilung des Gesellschaftsvermögens nicht entgegensteht, wenn ein Realteiler dem anderen einen sog. Spitzenausgleich bezahlt. Der Spitzenausgleich führe jedoch in voller Höhe und damit ohne Gegenrechnung anteiliger Buchwerte zu einem Veräußerungsgewinn. Werde die Gesellschaft aufgelöst, erlangten die Gesellschafter einen Auseinandersetzungsanspruch, der sich gegen die Gesellschaft richte und zunächst auf Geld gerichtet sei. Die Realteilungsvereinbarung nehme auf die Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs insoweit Einfluss, als anstelle des auf Geld gerichteten Auseinandersetzungsanspruchs ein auf Übereignung bestimmter Wirtschaftsgüter gerichteter Anspruch trete und die Höhe des Anspruchs verändert werde. Die Realteilungsvereinbarung enthalte in Höhe der Wertdifferenz zwischen der Summe der Verkehrswerte der übernommenen Wirtschaftsgüter und dem ursprünglichen Auseinandersetzungsanspruch eine Abtretung dieses Anspruchs an den anderen Gesellschafter. Mit dem Spitzenausgleich werde ein Entgelt für diese Abtretung bezahlt. Diese Zahlung (Spitzenausgleich) führe beim Ausgleichsberechtigten in Höhe des Ausgleichsbetrags zu einer Gewinnrealisierung.

63

b) Dieses Urteil hat Kritik erfahren (BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 601, BStBl I 2006, 228, unter VI.; HHR/Kulosa, § 16 EStG Rz 555; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz 251; Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 16 Rz 549; Wendt, FR 1999, 333, 343; Kauffmann in Frotscher, EStG, § 16 Rz 177ad; Blümich/ Schallmoser, § 16 EStG Rz 421; Sieker in Lademann, a.a.O., § 16 EStG Rz 583; Musil, DB 2005, 1291, 1295; Winkelmann, BB 2004, 130, 134; Schell, BB 2006, 1026, 1028; Sterzinger, Neue Juristische Wochenschrift 2011, 3057, 3059; Märkle/Franz in Festschrift Korn, a.a.O., S. 365, 372, und wohl auch Hörger/ Rapp in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 16 EStG Rz 196).

64

c) Scheidet --wie hier-- ein Gesellschafter aus einer fortbestehenden Personengesellschaft aus, steht ihm, wie ausgeführt, ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu. Die Erfüllung dieses Abfindungsanspruchs kann im Gegensatz zum Sachverhalt, der dem BFH-Urteil in BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607 zugrunde liegt (Liquidation der Gesellschaft durch Realteilung), nicht als Forderungskauf der verbleibenden Gesellschafter beurteilt werden. Weder die verbleibenden noch der ausscheidende Gesellschafter erlangen mehr als ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen entspricht; sie zahlen deswegen auch nicht dem oder den anderen Gesellschaftern einen Ausgleich aus eigenen Mitteln (Spitzenausgleich).

65

Der ausscheidende Gesellschafter erhält vielmehr --wie in § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB oder hiervon abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen vorgesehen-- allein den Wert seines Mitunternehmeranteils ersetzt. Soweit der Anspruch auf Geld gerichtet ist, erfüllt die Gesellschaft zivilrechtlich den ursprünglich entstandenen Abfindungsanspruch, der abweichend vom Auseinandersetzungsanspruch nach einer Realteilung mit der Vereinbarung eines Spitzenausgleichs nicht der Höhe und der Art nach verändert wird. Soweit die Gesellschaft und der ausscheidende Gesellschafter --wie hier-- vereinbaren, dass Ratenzahlungen oder statt Geld Wirtschaftsgüter aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden, modifiziert sich der Abfindungsanspruch nur der Art, nicht aber der Höhe nach. Der für eine Realteilung mit Vereinbarung eines Spitzenausgleichs typische Sachverhalt, dass ein Gesellschafter mehr an Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen erhält, als seinem Anteil entspricht mit der Folge, dass er dafür an den (die) anderen Gesellschafter einen Ausgleich zu zahlen hat (vgl. Senatsurteil in BFHE 241, 346, BStBl II 2014, 242, Rz 18, m.w.N.), liegt im Streitfall nicht vor.

66

8. Die verbindliche Zusage des FA vom 12. August 2005 steht der Ermittlung eines Übergangsgewinns nicht entgegen. Das FA war hieran nicht mehr gebunden, nachdem die Gesellschaft einen über dem Kapitalwert der Rente liegenden Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von 624.470,33 € erklärt und sich damit selbst von der Zusage gelöst hat, nach der nur die Rente bei der Klägerin zu einem Veräußerungsgewinn führen sollte. Betrifft eine vor Einführung des § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erteilte Zusage eine gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, können sich die anfechtungsberechtigten Feststellungsbeteiligten grundsätzlich nur einvernehmlich hierauf berufen. An diesem Einvernehmen fehlt es im Streitfall.

67

a) Die Bindungswirkung einer Zusage wurde bis zur Einführung des § 89 Abs. 2 AO aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet (z.B. BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 3/04, BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155, unter II.2.i; Senatsurteil vom 15. März 2007 III R 39/06 BFH/NV 2007, 1459, unter 4., sowie BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 742). Sie entfiel, wenn die Zusage klar dem Gesetz widersprach und offensichtlich rechtswidrig war (BFH-Urteil vom 16. Juli 2002 IX R 28/98, BFHE 198, 403, BStBl II 2002, 714, unter II.2.d). Eine verbindliche Zusage bezüglich einer gesonderten und einheitlichen Feststellung führte zu offensichtlich rechtswidrigen Ergebnissen, wenn von mehreren Beteiligten ein Teil sich auf die Zusage berufen, ein anderer Teil aber die Besteuerung aufgrund einer abweichenden tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung durchsetzen könnte. Die gesetzlich vorgesehene Einheitlichkeit der Feststellung (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO) wäre dann nicht mehr gewährleistet.

68

b) Die Einkünfte der Klägerin, der Revisionskläger zu 2. und 3. und der Beigeladenen aus der Sozietät sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 179 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO), da sie ihnen als Mitunternehmern gemeinsam zuzurechnen sind. Insofern ist neben der Klägerin auch die Sozietät klagebefugt. Die Sozietät hat sich aber durch die Erklärung eines über dem Kapitalwert der Rente liegenden Veräußerungsgewinns der Klägerin in Höhe von 624.470,33 € von der Zusage gelöst, nach der nur die Rente bei der Klägerin zu einem Veräußerungsgewinn führen sollte.

69

aa) Die Sozietät muss sich nicht an der Zusage festhalten lassen. Die Bindungswirkung der Zusage gilt nur zugunsten, nicht zulasten des Steuerpflichtigen (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 742, Tz. 4.4).

70

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch nichts anderes aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht.

71

Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verlangt von Gesellschaftern einer Personengesellschaft, die Belange der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter nicht zu beeinträchtigen (vgl. BGH-Urteile vom 9. September 2002 II ZR 198/00, DStR 2002, 2234, und vom 19. Oktober 2009 II ZR 240/08, BGHZ 183, 1; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 6. Aufl., § 705 Rz 229). Dies gilt auch im Hinblick auf Verfahrenshandlungen im Besteuerungsverfahren (vgl. Beschlüsse des Oberlandesgerichts --OLG-- München vom 18. Oktober und 23. Dezember 2010  7 U 3343/10, juris; Beschluss des OLG Dresden vom 29. November 2004  2 U 1507/04, GmbH-Rundschau 2005, 238) und in einer aufgelösten Gesellschaft bzw. als nachlaufende Treuepflicht (MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 3. Aufl., § 105 Rz 188).

72

Diese Pflicht besteht aber nur zwischen den Gesellschaftern untereinander bzw. zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft (MünchKommHGB/Karsten Schmidt, a.a.O., § 105 Rz 189). Sie betrifft nicht das Außenverhältnis zum FA im Besteuerungsverfahren. Die Treuepflicht kann sich zwar in Einzelfällen zu einer Pflicht zur Zustimmung zu einer konkreten Geschäftsführungsmaßnahme verdichten. Eine rechtswidrig verweigerte Zustimmung wird aber auch dann nicht im Außenverhältnis fingiert, sondern muss im Wege der Leistungsklage über § 894 der Zivilprozessordnung erzwungen werden (BGH-Urteil vom 19. Juni 2008 III ZR 46/06, DStR 2008, 1741, unter II.B.1.).

73

9. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, weil der Senat anhand der Feststellungen des FG nicht entscheiden kann, ob das FA den Gewinnanteil der Klägerin zutreffend ermittelt hat. Das FG hat --von seinem Standpunkt aus folgerichtig-- keine Feststellungen zu den Buchwerten der von der Klägerin übernommenen Wirtschaftsgüter, zum Kapitalkonto der Klägerin im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Sozietät und zu den Veräußerungskosten getroffen. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass er die Einschätzung der Beteiligten teilt, dass die Sozietät steuerrechtlich nur eine (einzige) Mitunternehmerschaft ist und daher nur ein einstufiges Feststellungsverfahren durchzuführen war.

74

10. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.