Finanzgericht München Urteil, 16. Mai 2019 - 10 K 135/19

published on 16/05/2019 00:00
Finanzgericht München Urteil, 16. Mai 2019 - 10 K 135/19
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist der Anspruch auf Kindergeld für A, geboren am …, für Februar bis September 2018.

Die Klägerin stellte mit E-Mail an die beklagte Familienkasse (FK) vom 6. Oktober 2017 die Frage, ob ein Kindergeldanspruch für A bestehe, und fügte als Anlage eine Ausbildungsbescheinigung der Bereitschaftspolizeiabteilung vom 28. März 2017 bei. Danach hatte A (als Angehöriger der Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei) mehrere Ausbildungsabschnitte zu durchlaufen (nämlich vom 15. September 2016 bis zum 31. Januar 2017, vom 1. Oktober 2017 bis zum 31. Januar 2018, vom 1. Oktober 2018 bis zum 31. Januar 2019, vom 1. Oktober 2019 bis zum 31. Januar 2020 sowie vom 1. September 2020 bis zum 31. Januar 2021), zwischen denen er für Training und Wettkämpfe freigestellt sei. Weiter legte die Klägerin ein Schreiben der … (ausländische Behörde) vom 7. April 2017 bei, wonach dem Kindesvater ausländische Familienleistungen für A von September 2016 bis Januar 2017, jeweils Oktober bis Januar ab 2017 bis 2020 und September 2020 bis Oktober 2020 gewährt werden.

Der ausgefüllte Vordruck für den Antrag auf Kindergeld für A ging am 28. Juni 2018 bei der FK ein.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2018 lehnte die FK den Antrag der Klägerin „vom 28. Juni 2018“ auf Kindergeld für A ab Dezember 2017 ab. Deutsches Kindergeld sei nachrangig und nur in Höhe des Unterschiedsbetrags zu den ausländischen Leistungen zu gewähren. Der Betrag der ausländischen Leistungen erreiche der Höhe nach das der Klägerin zustehende Kindergeld, so dass eine Zahlung ausgeschlossen sei.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Die ausländischen Leistungen erreichten nicht die Höhe des zustehenden Kindergeldes, denn im Ausland seien lediglich von September 2016 bis Januar 2017 und von Oktober 2017 bis Januar 2018 Familienleistungen gezahlt worden.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2018). Zur Begründung führt die FK aus, für A bestehe zugleich im Ausland ein Anspruch auf Kindergeld. Die Konkurrenz sei nach Art. 67, 68 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004, Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - 2004 Nr. L 166, S. 1) und der hierzu ergangenen Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 987/2009, ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) aufzulösen. A lebe in Deutschland, der Kindesvater übe im Ausland eine Erwerbstätigkeit aus. Die Klägerin übe keine Erwerbstätigkeit aus. Der Kindergeldanspruch im Beschäftigungsland des Kindesvaters sei deshalb gegenüber dem deutschen Kindergeldanspruch vorrangig.

Der Betrag der ausländischen Familienleistungen sei höher als das deutsche Kindergeld von 194 €. Somit sei kein Differenzkindergeld zu zahlen.

Soweit die Klägerin geltend mache, dass von Februar bis September 2018 keine Familienleistungen im Ausland bewilligt worden seien, befinde sich A in diesen Monaten nicht in einer berücksichtigungsfähigen Ausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG), da er von der Ausbildung freigestellt sei. Eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liege ebenso wenig vor, da der Zeitraum der Freistellung mehr als vier Monate betrage.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2019 lehnte die FK den Antrag der Klägerin auf Kindergeld für A für Februar bis September 2017 ab. In dieser Zeit sei A von der Ausbildung freigestellt gewesen. Ein berücksichtigungsfähiger Tatbestand liege nicht vor.

Am 16. Januar 2019 erhob die Klägerin Klage wegen Kindergeld für Februar bis September 2017, Februar bis September 2018 sowie Februar bis September 2019 und 2020.

Mit Beschluss vom 10. April 2018 hat das Gericht das Verfahren wegen Kindergeld für Februar bis September 2017 abgetrennt und zur Entscheidung an die Beklagte verwiesen.

Ihre Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:

„Es liege eine Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG vor, da pro Ausbildungsjahr drei Präsenztage in der Ausbildung inbegriffen seien und somit die Zeiträume der Freistellung jeweils weniger als vier Monate lang seien. Jedenfalls sei hier § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG einschlägig.“

Hierzu legte die Klägerin eine weitere Ausbildungsbescheinigung der Bereitschaftspolizeiabteilung Spitzensport vom 8. Januar 2019 vor, wonach sich A seit dem 15. September 2016 in Ausbildung befände. Die Ausbildung ende voraussichtlich am 31. Januar 2021. Die Ausbildung sei in fünf Abschnitte gegliedert vom 15. September 2016 bis zum 31. Januar 2017 sowie jeweils von Oktober eines Jahres bis Januar des Folgejahres ab 2017 bis 2021. Zwischen den Ausbildungsabschnitten sei A freigestellt für Training und Wettkämpfe bei durchgehender Bezahlung. Für diese Tätigkeiten bestehe Dienstunfallschutz. In dieser Freistellungsphase fänden im Regelfall drei Präsenztage statt, an denen Ausbildungsinhalte vermittelt würden. Diese hätten bisher am 28. März, 9. Mai, 17. Juli 2017, 20. März, 15. Mai und 17. Juli 2018 stattgefunden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Oktober 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2018 die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für A für Februar 2018 bis September 2018 festzusetzen.

Die FK beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Klageerwiderung verweist die FK auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und ergänzt im Wesentlichen Folgendes:

Im Einspruchsverfahren sei nachgewiesen worden, dass A im Ausland nach nationalem Recht nicht für die ausländischen Familienleistungen berücksichtigt werden könne.

Es liege kein berücksichtigungsfähiger Tatbestand nach § 32 Abs. 4 EStG für die streitigen Zeiträume vor. Zwischen den Ausbildungsabschnitten lägen jeweils mehr als vier Monate. Die Präsenztage stellten keine Ausbildungsabschnitte i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG dar.

Im Übrigen umfasse der Klagezeitraum lediglich die Monate Dezember 2017 (wie im angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 24. Oktober 2018) bis Dezember 2018 (Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2018).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die vorgelegten Akten verwiesen.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

II.

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Senat legt das Klagebegehren in analoger Anwendung des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch im wohlverstandenen Interesse der - nicht vertretenen - Klägerin (Bundesfinanzhof - BFH - Beschlüsse vom 28. Dezember 2010 X B 18/10, BFH/NV 2011, 624, und vom 15. April 1999 VII B 179/98, BFH/NV 1999, 1471) dahin gehend aus, dass es nicht die Monate Februar bis September 2019 und Februar bis September 2020 betrifft. Denn hinsichtlich der nach dem Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung (Dezember 2018) liegenden Monate wäre die Klage unzulässig, da es an einer Klagebefugnis i. S. d. § 40 Abs. 2 FGO fehlt (BFH-Urteil vom 24. Juli 2013 XI R 24/12, BFH/NV 2013, 1920). Das Gericht interpretiert daher die Aufführung dieser Monate lediglich als zusätzliche Begründung der Klage. Die Klägerin wird hinsichtlich der als Klagebegründung interpretierten Monate auch nicht rechtlos gestellt, denn insoweit hat die FK auch noch keine Regelung getroffen (BFH-Urteil vom 22. Dezember 2011 III R 70/09, BFH/NV 2012, 1446).

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kindergeld für A für die Monate Februar bis September 2018.

a) A ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen.

aa) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Ausbildungsmaßnahme Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt. Das ernstliche Vorbereiten auf einen Beruf setzt aber voraus, dass das Kind die Ausbildung ernsthaft und nachhaltig betreibt. Einzelne Ausbildungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung erfüllen hingegen nicht das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung (BFH-Urteil vom 13. Juli 2004 VIII R 23/02, BFHE 207, 32, BStBl II 2004, 999).

Auch wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht, kann eine Unterbrechung der Ausbildung eintreten, wenn keine auf die Ausbildung gerichteten Maßnahmen stattfinden. Ein Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG kann in diesem Fall gegeben sein, wenn es sich um eine nur vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung handelt und die Unterbrechung von dem Kind nicht zu vertreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2018 III R 16/17, BFHE 260, 481, BStBl II 2018, 402, zum Fall einer Untersuchungshaft).

bb) Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin im Streitzeitraum für A keinen Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.

Das Ausbildungsverhältnis bei der Polizei bestand zwar auch während der Freistellungsphase für Training, Lehrgänge und Wettkämpfe fort. Zudem wurden während der Freistellung die Bezüge fortgezahlt, bestand Dienstunfallschutz und wurde A an drei Tagen in der Dienststelle ausgebildet. Dies genügt aber nicht für die Annahme eines ernsthaften und nachhaltigen Betreibens der Ausbildung. Training, Lehrgänge und Wettkämpfe haben im Hinblick auf das angestrebte Berufsziel keinen Ausbildungscharakter, da die damit erworbenen Kenntnisse keinen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen und weder Ausbildungsinhalt noch Ausbildungsziel vorgegeben werden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 22. Februar 2017 III R 3/16, BFH/NV 2017, 1304). Die nur drei Präsenztage in acht Monaten stellen sich als Ausbildungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung dar (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2017 III R 3/16, BFH/NV 2017, 1304, zur Anerkennung eines Au pair-Verhältnisses als Ausbildung bei begleitendem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von grundsätzlich mindestens zehn Wochenstunden). Insofern liegt nach Auffassung des Senats eine Unterbrechung der Ausbildung vor.

Hinzu kommt, dass es sich zwar um eine vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung handelt, diese aber von A mit seinem Dienstherrn vereinbart worden war und damit auf einem eigenen Entschluss des A beruhte (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614, zur Unterbrechung der Ausbildung wegen Elternzeit).

b) Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG für eine Berücksichtigung des A sind nicht erfüllt.

aa) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt.

bb) Im Streitfall scheitert eine Berücksichtigung des A nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG daran, dass die Freistellungsphase für Training und Wettkämpfe nicht zwischen zwei Ausbildungsabschnitten in diesem Sinne liegt. Die Ausbildung des A war zum 31. Januar 2018 noch nicht beendet und wurde daher nach der Freistellungsphase zum 1. Oktober 2018 nicht neu aufgenommen, sondern fortgesetzt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision wird zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 FGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

12 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
5 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 18/01/2018 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 6. April 2017  1 K 276/15 aufgehoben.
published on 22/02/2017 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 14. Dezember 2015  7 K 18/15 und die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 2. Dezember 2014 sowie der Aufhebung
published on 24/07/2013 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter ihrer 1990 geborenen Tochter (T), die … an der Universität … studierte. Sie bezog für T lauf
published on 22/12/2011 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) lebt gemeinsam mit der am … 1968 geborenen G sowie mit deren am … 1977 geborenen Bruder H in e
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistung begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Verwaltet eine Finanzbehörde des Bundes oder eines Landes eine Abgabe ganz oder teilweise für andere Abgabenberechtigte, so können diese in den Fällen Klage erheben, in denen der Bund oder das Land die Abgabe oder einen Teil der Abgabe unmittelbar oder mittelbar schulden würde.

(1) Anerkannte Kriegsdienstverweigerer werden nicht zum Zivildienst herangezogen, wenn sie

1.
sich gegenüber einem nach Absatz 3 anerkannten Träger zur Leistung eines vor Vollendung des 23. Lebensjahres anzutretenden Dienstes im Ausland, der das friedliche Zusammenleben der Völker fördern will und der mindestens zwei Monate länger dauert als der Zivildienst, den sie sonst zu leisten hätten, vertraglich verpflichtet haben und
2.
diesen Dienst unentgeltlich leisten.
Die Träger sind verpflichtet, dem Bundesamt das Vorliegen sowie den Wegfall der Voraussetzungen für die Nichtheranziehung von anerkannten Kriegsdienstverweigerern zum Zivildienst anzuzeigen.

(2) Weisen anerkannte Kriegsdienstverweigerer bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nach, dass sie Dienst von der in Absatz 1 Nr. 1 genannten Mindestdauer geleistet haben, so erlischt ihre Pflicht, Zivildienst zu leisten; das gilt nicht für den Zivildienst im Verteidigungsfall. Wird der Dienst vorzeitig beendet, so ist die in dem Dienst zurückgelegte Zeit, soweit sie zwei Monate übersteigt, auf den Zivildienst anzurechnen.

(3) Als Träger eines Dienstes nach Absatz 1 können juristische Personen anerkannt werden, die

1.
ausschließlich, unmittelbar und selbstlos steuerbegünstigten Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung dienen,
2.
Gewähr dafür bieten, dass ihre Vorhaben den Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienen und
3.
ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.
Über die Anerkennung eines Trägers entscheidet auf dessen Antrag das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt. Es kann die Anerkennung auf bestimmte Vorhaben des Trägers beschränken. § 4 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 gelten entsprechend.

(1) Frauen und Männer können sich verpflichten, freiwilligen Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement zu leisten. Der freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement besteht aus einer sechsmonatigen Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem Wehrdienst.

(2) Die §§ 37 und 38 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.