Finanzgericht München Beschluss, 02. Aug. 2016 - 2 V 1212/16

bei uns veröffentlicht am02.08.2016

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Streitig ist im Hauptsacheverfahren (2 K 2532/14) die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids vom 6. August 2013 über den Antrag auf Erlass von Vermögensteuer der Jahre 1989 bis 1996, Säumniszuschlägen und sonstigen steuerlichen Nebenleistungen sowie der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014.

Der Antragsteller ist verheiratet. Er und seine Ehefrau wurden letztmals für den Veranlagungszeitraum 2004 zur Einkommensteuer beim Antragsgegner (dem Finanzamt -FA-) veranlagt. Der Antragsteller bezieht jedenfalls seit 2014 eine geringfügige Rente, seine Ehefrau als pensionierte Lehrerin eine Pension. Der Antragsteller teilte dem FA seit dem Auszug aus seinem Einfamilienhaus in T im Jahr 2006 trotz wiederholter Nachfrage seine Wohnanschrift nicht mit.

Laut den Steuerakten im Hauptsacheverfahren trug der Antragsteller gegenüber dem FA am 15. März 2012 vor, dass er sich im Anschluss an das Studium der christlichen Philosophie im dritten Semester des Diplomstudiums der Theologie befinde. Seine Ehefrau beziehe eine Pension von netto 2.624,49 € (erhöht seit 1. März 2012, vgl. drei Kontoauszüge). Die monatlichen Ausgaben für Übernachtungen von 1.200 €, für Verpflegung von 300 €, Kleidung von 100 €, Orthopädisches Schuhwerk etc. von 30 € sowie Taxikosten wegen Behinderung der Ehefrau 250 €, Arzneimittelkosten von 100 €, Kontoführungsgebühren von 5 €, Körperpflegekosten von 200 €, kulturelle Veranstaltungen von 100 €, Spenden für Messen etc. von 100 € sowie seine Studienkosten von 350 € seien durch die monatlichen Bezüge der Ehefrau gedeckt. Schulden ergäben sich aus Steuern von gegenwärtig 5.899,16 € und Kommunalabgaben von 1.261,70 €, für Strom seit 2007 von 150 € und für Rundfunkgebühren von 100 €. Daneben seien noch für eine nicht durch die Versicherung gedeckte Zahnbehandlung 1.000 €, für Grabgebühren 50 €, für die Kanalisationswiederherstellung 200 € und für den Rückstand der Brandversicherung 200 € zu zahlen.

Der Antragsteller verfügt als Alleineigentümer über Grundvermögen (vgl. Stundungs- und Erlassakte):

FlNr./Gemarkung/Fläche

Grundstücksart

grundbuchrechtliche Belastung

320/4 + 320/5

T / 1.379 m²

Einfamilienhaus

T

0,00 €

320/5 in T / 359 m²

unbebautes Grundstück

0,00 €

409/10 in T / 318 m²

Weg

0,00 €

Daneben ist der Antragsteller zusammen mit seiner Ehefrau hälftiger Miteigentümer des unbebauten Grundstücks in der F.straße in T (Flurnummer 322/8, Bauplatz, 941 m²).

Nach vom Antragsteller und seiner Ehefrau beantragter Aufteilung der Steuerschulden über Vermögensteuer 1989 bis 1996, Säumniszuschläge etc. hat die Ehefrau des Antragstellers nach dem Ergehen entsprechender Aufteilungsbescheide ihren Anteil an der Gesamtschuld beglichen. Der Antragsteller schuldet dagegen noch seinen Anteil an den steuerlichen Abgaben, insgesamt 7.227,48 € nach der Rückstandsanzeige vom 14. März 2016.

Pfändungen hatten keinen Erfolg. Im Jahr 2011 erfolgte die Eintragung einer Sicherungshypothek zugunsten des Freistaats Bayern (zu 5.717,96 €) auf dem 941 m² großen Baugrundstück in T.

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 wies das FA den Einspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 6. August 2013 über die Ablehnung der Anträge des Antragstellers auf Erlass der Steuerrückstände als unbegründet zurück.

Wegen der (weiterhin) bestehenden Abgabenschulden erließ der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) am 14. März 2016 eine an die Ehefrau des Antragstellers gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügung (zugestellt am 13. April 2016) hinsichtlich des Anspruchs des Vollstreckungsschuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft nach Bruchteilen, die hinsichtlich des Eigentums an dem Grundvermögen (Bauplatz, in T) und an dem im Grundbuch unter Abteilung III unter laufender Nr. 1 genannten Grundpfandrechten besteht, auf Zustimmung zu einer den Miteigentumsanteilen entsprechenden Teilung des Erlöses sowie auf Auszahlung des außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens zu verteilenden Erlöses unter Beifügung eines Vordrucks Drittschuldnererklärung.

Aufgrund des am 20. April 2016 bei Gericht eingegangenen Antrags des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz sah das FA davon ab, dem Antragsteller eine Ausfertigung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung bekanntzugeben.

Im hiesigen Verfahren (und im Hauptsacheverfahren) gab der Antragsteller bei Gericht keine ladungsfähige Anschrift an. Der Kontakt mit ihm sollte postlagernd über das Postamt Rerfolgen. Sein Einfamilienhaus in T sei seit Winter 2006 unbewohnbar und seither hätten er und seine Ehefrau in Ferienwohnungen, Pensionen, christlichen Heimen für Studenten gewohnt.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die oben genannte Pfändungs- und Einziehungsverfügung bis über das Hauptsacheverfahren (2 K 2532/14) entschieden sei. Zur Begründung trägt er vor, dass ihn seit Januar 2016 ein schweres Darmleiden quäle, das die Spätfolge eines Nierenleidens sei, dass er sich durch die langjährige Pflege seiner Eltern und durch die Sorge um seine verwaiste und spastisch gelähmte Nichte zugezogen habe. Er pflege auch seine schwerbehinderte Ehefrau. In dreißigjähriger Pflegezeit ohne staatliche Unterstützung habe er Volksvermögen erhalten. Seine Arbeitskraft sei nun zur Pflege seiner Ehefrau nötig. Der Vollzugsdruck sei von ihm wegzunehmen, um wieder gesund werden zu können. Seit 18 Jahren müsse er als Mittelloser ein Finanzamtsverfahren ertragen. Bankgeschäfte seien ihm fremd. Diese habe zunächst seine Mutter für ihn erledigt und jetzt seine Ehefrau. Das Grundstück (Bauplatz, in T), das seiner alleinigen Altersvorsorge diene, solle nun zwangsversteigert werden. Er habe das Grundstück von Ersparnissen bezahlt. Durch ein Kanalisationsversagen, das einen Wasserschaden ausgelöst habe, habe er zudem sein Heim verloren. Seit der Pflege seiner Eltern habe er keinen Cent mehr verdient. Um seine frühere Verlagsarbeit wieder aufnehmen zu können, absolviere er ein Studium in S.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

ihm vorläufigen Rechtsschutz gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sowie gegen den Ablehnungsbescheid des Antrags auf Erlass der Abgabenschulden Vollstreckungsaufschub zu gewähren.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie auf das gerichtliche Schreiben vom 5. Juli 2016 Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist ohne Aussicht auf Erfolg.

1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist schon deshalb unzulässig, weil der Antragsteller seine ladungsfähige Anschrift nicht angegeben hat.

Die Angabe des (tatsächlichen) Wohnorts des Antragstellers ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die auch im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes vorliegen muss, vgl. § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) analog (vgl. Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 8. Aufl., § 69 Rz. 133, m.w.N.). Zur Bezeichnung des Antragstellers ist es erforderlich, die ladungsfähige Anschrift anzugeben. Ist der Aufenthalt eines Antragstellers unbekannt, so ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2010 III R 53/07, BFH/NV 2011, 264).

Die Angabe der Wohnanschrift war vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Antragsteller über „postlagernd, R“ auch für förmliche Zustellungen des Gerichts in Form des Einschreibens mit Rückschein gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 175 der Zivilprozessordnung erreichbar gewesen ist. Denn die Vorschriften über den notwendigen Inhalt einer Klage-/Antragsschrift dienen nicht nur zur Erleichterung der Zustellung, die nicht notwendig von der Angabe einer Wohnanschrift abhängt. Hinzu kommt das Interesse des Justizfiskus einen Ansatzpunkt für eine etwaige Vollstreckung zu haben (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2000 IV R 25/00, BStBl II 2001, 112, Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 15, m.w.N.).

Auf die Angabe der ladungsfähigen Anschrift kann zwar verzichtet werden, wenn durch die Angabe schützenswerte Interessen des Antragstellers gefährdet würden. Derartige schützenswerte Interessen sind im Streitfall nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Die Angabe der Anschrift kann auch bei Wohnungslosen entbehrlich sein (vgl.Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 15). Der Antragsteller ist jedoch nicht wohnungslos. Auch möblierte Zimmer oder Ferienwohnungen kommen als Wohnung in Betracht (vgl. Klein/Gersch, Abgabenordnung -AO-, § 8, Rz. 2). Nach seinen Angaben wohnt der Antragsteller -ohne die jeweilige Unterkunft konkret zu bezeichnen und Anschriften zu nennenseit Winter 2006 zusammen mit seiner Ehefrau in Ferienwohnungen, Pensionen oder christlichen Heimen für Studenten (vgl. Schriftsatz des Antragstellers vom 11. April 2014, 2 K 2532/14, FG-Akte, Bl. 31, Stundungs- und Erlassakte, Bl. 56). Auch wenn die angemieteten Wohnunterkünfte nur vorübergehend von ihm und seiner Ehefrau genutzt worden sein sollten -wie dies der Antragsteller behauptet hat, obwohl nach den von ihm vorgetragenen Lebensumständen mit seiner schwerbehinderten und pflegebedürftigen Ehefrau und dem monatlich für Unterkunft zur Verfügung stehenden Betrag von 1.200 € nur schwer vorstellbar ist, dass keine Wohnung zur dauerhaften Nutzung angemietet worden ist,- ist gegenüber dem Gericht die aktuelle Wohnanschrift anzugeben. Zudem sind Änderungen der Anschrift während des gerichtlichen Verfahrens unaufgefordert dem Gericht mitzuteilen (vgl. Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 16). Frau L vom … Zentrum, R, hat auf telefonische Rückfrage mitgeteilt, dass der Antragsteller nicht im …Zentrum wohnt und sie hat nicht bestätigen können, dass der Antragsteller obdachlos ist.

2. Soweit der Antragsteller einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO gestellt hat, ist dieser Antrag auch mangels Beschwer unzulässig.

a) Gegen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen ist der statthafte Rechtsbehelf die AdV (§ 114 Abs. 5 FGO). Nach § 114 Abs. 5 FGO gelten die Vorschriften des§ 114 Abs. 1 bis 3 FGO nicht für die Fälle des § 69 FGO, d.h. der Antrag auf einstweilige Anordnung ist subsidiär gegenüber dem Antrag nach § 69 FGO.

Der Antragsteller ist nicht beschwert, weil die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nur der Ehefrau des Antragstellers zugestellt worden ist. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist dem Antragsteller bisher noch nicht einmal bekanntgegeben worden.

b) Soweit sich der Antrag auf die Eintragung der Zwangssicherungshypothek beziehen sollte, ist er unzulässig, weil die Eintragung der Zwangssicherungshypothek vom Antragsteller nicht mit Einspruch angefochten worden ist (§ 69 Abs. 1 Satz 1 FGO).

3. Soweit das Antragsbegehren des Antragstellers als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auszulegen ist, ist der Antrag auch unbegründet.

a) Vorläufiger Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines Erlassantrags kann nur durch einstweilige Anordnung gewährt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 30. September 2015 I B 86/15, BFH/NV 2016, 569). Wird ein beantragter Erlass abgelehnt, so liegt kein vollziehbarer Verwaltungsakt i.S. des § 69 FGO vor (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 227 AO Tz. 142, § 69 FGO Tz. 24).

b) Ein solcher Antrag kann auf § 258 der Abgabenordnung -AO- (einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung, Aufhebung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen) gestützt werden (vgl. Gräber/Koch, FGO, § 69 Rz. 55 „Vollstreckungsmaßnahmen“). Mit dem Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO) wird eine Regelungsanordnung durch das Gericht i.S. des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO begehrt. Die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Gründe („wesentliche Nachteile“ und „drohende Gewalt“) setzen Maßstäbe für die Beurteilung der Frage, ob ein „anderer“ Anordnungsgrund vorliegt. Er müsste so schwerwiegend sein, dass er die einstweilige Anordnung unabweisbar macht.

Die den Anordnungsgrund rechtfertigenden Umstände müssen über die Nachteile hinausgehen, die im Regelfall bei einer Vollstreckung zu erwarten sind (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFHvom 10. August 1993 VII B 262/92, BFH/NV 1994, 719). Umstände, wie eine zur Bezahlung von Steuern oder Rückzahlung von erhaltenen Leistungen notwendige Kreditaufnahme oder eine Einschränkung des gewohnten Lebensstandards sind für sich allein keine Anordnungsgründe (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1989 VII B 221/88, BFH/NV 1989, 794; vom 4. April 1989 VII B 35/88, BFH/NV 1989, 714; vom 10. August 1993 VII B 262/92, BFH/NV 1994, 719 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab kann das Gericht nicht erkennen, welche wesentlichen Nachteile dem Antragsteller drohen, die eine einstweilige Anordnung rechtfertigen würden. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Seine Belastung ergibt sich lediglich in der drohenden Zwangsvollstreckung als solcher, die jedoch kein Anordnungsgrund ist (vgl. Beschluss des Finanzgerichts München vom 18. August 2011 4 V 2050/11, juris). Auch eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit des Antragstellers ist durch die Vollstreckungsmaßnahme nicht ersichtlich. Weder hat er eine derartige Gesundheitsgefährdung glaubhaft gemacht noch ist erkennbar, dass gerade durch die Pfändungs- und Einziehungsverfügung eine derartige schwerwiegende Gesundheitsgefährdung ausgelöst worden ist. Hinzu kommt, dass das FA bereits eine Reihe von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller ergriffen hat, die der Ast. gesundheitlich verkraftet hat, z.B. die Eintragung der Sicherungshypothek im Jahr 2011.

Zudem wäre es dem Antragsteller als Vollstreckungsschuldner unbenommen möglich gewesen, einen Kredit unter Einsatz seines (Grund-)Vermögens aufzunehmen und eine Vollstreckungsvereinbarung mit dem FA, z.B. über Ratenzahlungen, zu treffen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 2. August 2016 im Hauptsacheverfahren 2 K 2532/14 verwiesen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger ist verheiratet. Seine Ehefrau ist pensionierte Lehrerin.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden letztmals für den Veranlagungszeitraum 2004 zur Einkommensteuer beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) veranlagt. Der Kläger und seine Ehefrau teilten dem FA seit ihrem Auszug aus dem Einfamilienhaus in T im Jahr 2006 trotz wiederholter Nachfrage ihre Wohnanschrift nicht mit.

Der Kläger verfügt über Grundvermögen (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 114 ff und Bl. 118 ff.):

FlNr./Gemarkung/Fläche

Grundstücksart

Eigentümer

Grundbuchrechtliche Belastung

.../4 + .../5

T / 1.379 m²

Einfamilienhaus

T, …

Str. …

Kläger

0,00 €

.../5 in T / 359 m²

unbebautes Grundstück

Kläger

0,00 €

..9/10 in T / 318 m²

Weg

Kläger

0,00 €

..2/8 in T/ 941 m²

Bauplatz

Kläger / Ehefrau zu je ½

Sicherungshypothek zg. FA über

5.717,96 €

Der Ehefrau des Klägers wurde im unbefristet geltenden Schwerbehindertenausweis vom 15. Juni 2001 ein Grad der Behinderung von 50 ohne Merkzeichen bescheinigt (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 148).

Am 5. Januar 2011 wurde auf das Ersuchen des FA eine Sicherungshypothek zu 5.717,96 € für … in das Grundbuch hinsichtlich des Bauplatzes in T eingetragen. Dem lagen damals Steuerrückstände des Klägers (überwiegend Vermögensteuer 1989 – 1993 sowie Säumniszuschläge) von 5.717,96 € zugrunde. Die Ehefrau hatte nach beantragter Aufteilung (und nach Ergehen der Aufteilungsbescheide vom 9. August 2005) ihren Anteil an der Gesamtschuld aufgrund von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Teilbeträgen beglichen. Pfändungen beim Kläger hatten dagegen keinen Erfolg.

Beim Markt T bestanden im August 2011 Abgabenschulden des Klägers, teilweise gesamtschuldnerisch mit seiner Ehefrau, in Höhe von 1.513,28 € (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 179).

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 18. November 2011 den Erlass der Steuerrückstände. Zur Begründung trug er vor, dass er (in den Jahren 1985 bis 1991, vgl. FG-Akte, Bl. 52) langjährig seine Eltern gepflegt habe. Nun müsse er seine schwerkranke Ehefrau, der noch keine Pflegestufe zugesprochen worden sei, pflegen. Er bekomme keine Unterstützung von öffentlicher Seite, um durch Fortbildung wieder Arbeit zu finden. Er betreibe ein Studium in Österreich, um wieder eine Verlagsarbeit zu finden. Zudem müsse er sein seit 2006 unbewohnbares Haus in T grundlegend renovieren. Wegen der Unbewohnbarkeit müssten er und seine Ehefrau teure Übernachtungskosten aufwenden. Der Markt T verlange von ihm Abgaben, obwohl die Hausabwasserversorgung seit 2006 außer Betrieb sei und die Trinkwasserleitung seither abgesperrt sei. Hinzu komme, dass er an einer hochgradigen Hör- und Sehbehinderung sowie einem pflegebedingten Nierenschaden und Bluthochdruck leide.

Am 21. November 2011 bat das FA den Kläger, aktuelle Auszüge aller Konten mit laufendem Geldverkehr und Angabe des jeweiligen Kreditrahmens, eine Aufstellung der derzeitigen monatlichen Einnahmen und Ausgaben der Ehegatten mit Verdienstbescheinigungen sowie über das wesentliche Vermögen (auch soweit es sich im Ausland befinde) vorzulegen. Ferner sollte der Kläger mitteilen, was er studiere, in welchem Semester er sich befinde und seine Wohnanschrift in Österreich nennen. Ebenso sollte er die Kosten für die Renovierung seines Hauses und für die Erstellung von Außenanlagen angeben (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 26).

Der Kläger erwiderte am 15. März 2012, dass er selbst über keine Einnahmen verfüge. Er befinde sich im Anschluss an das Studium der christlichen Philosophie im dritten Semester des Diplomstudiums der Theologie. Seine Ehefrau beziehe eine Pension von monatlich netto 2.624,49 € (erhöht seit 1. März 2012, vgl. vier Ausdrucke über Kontoumsätze ohne Nennung der Bank, Stundungs- und Erlassakte, Bl. 38 ff.). Die monatlichen Ausgaben für Übernachtungen von 1.200 €, für Verpflegung von 300 €, Kleidung von 100 €, Orthopädisches Schuhwerk etc. von 30 € sowie Taxikosten von 250 € wegen Behinderung der Ehefrau, Arzneimittelkosten von 100 €, Kontoführungsgebühren von 5 €, Körperpflegekosten von 200 €, kulturelle Veranstaltungen von 100 €, Spenden für Messen etc. von 100 € sowie Studienkosten von 350 € seien durch die monatlichen Bezüge der Ehefrau gedeckt. Schulden ergäben sich aus Steuern von gegenwärtig 5.899,16 € und Kommunalabgaben von 1.261,70 € zudem für Strom seit 2007 von 150 € und für Rundfunkgebühren von 100 €. Daneben seien noch für eine nicht durch die Versicherung gedeckte Zahnbehandlung 1.000 €, für Grabgebühren 50 €, für die Kanalisationswiederherstellung 200 € und für den Rückstand der Brandversicherung 200 € zu zahlen.

Ein Kredit sei in Anbetracht der Schwerbehinderung, der Krankheit und des Alters seiner Ehefrau nicht möglich. Die teuren Unterbringungskosten infolge der Unbewohnbarkeit seines Hauses hätten sämtliche Ersparnisse trotz sparsamster Lebensführung aufgebraucht. Er habe mit seiner Ehefrau in über 100 Quartieren gewohnt. Ferienwohnungen auf der deutschen Seite seien die Notlösung. Die Kostenschätzung für sein Wohnhaus mit Außenanlage betrage lt. Angebot 20.606,14 €. Für die energetische Sanierung und die Innenrenovierung seien noch einmal Kosten von 10.000 € zu veranschlagen. Er sei entschlossen, diese Beträge durch einen Kredit bei der KfW, Eigenleistung und durch Ausübung einer Tätigkeit beim Bundesfreiwilligendienst sowie die in Aussicht gestellte Verlagsarbeit zu finanzieren.

Mit Bescheid vom 23. April 2012 (öffentlich zugestellt, vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 92) lehnte das FA den Erlassantrag des Klägers ab.

Am 9. November 2012 teilte das … Landesamt für Steuern dem Kläger mit, dass die Handlungs- und Vorgehensweise des FA hinsichtlich des Erlass offener Steuerrückstände nicht zu beanstanden sei. Hinzu komme, dass nach Aktenlage der Verbleib der Kapitalanlage aus Luxemburg (vgl. FG-Akte, Bl. 114: im Jahr 2002 mindestens noch: 284.157,51 DM), die zur Steuernachzahlung geführt habe, ungeklärt sei. Für die am 5. November 2011 eingetragene Sicherungshypothek bestehe nach Ablehnung des Erlassantrags vom 23. April 2012 kein Anlass zur Löschung. Gegenteilig sei Vollstreckungslage nach wie vor gegeben. Zudem sei der Kläger gebeten worden, sich zur Vermeidung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen mit dem FA in Verbindung zu setzen und seine aktuelle Wohnanschrift mitzuteilen.

Am 12. Mai 2013 stellte der Kläger erneut einen Erlassantrag (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 107), den das FA mit Bescheid vom 6. August 2013 ablehnte. Dagegen legte der Kläger per Telefax vom 9. September 2013 Einspruch ein.

Am 4. Februar 2014 teilte das … Staatsministerium der Finanzen dem Kläger auf seine Eingabe hin mit, dass nur in sehr wenigen Ausnahmefällen, in denen die Versagung des Billigkeitserlasses die wirtschaftliche Existenz eines redlichen Bürgers unausweichlich gefährden würde, ein Erlass gewährt werden könne. Eine solche Erlassbedürftigkeit habe der Kläger bisher nicht dargelegt. So könne der gemeinsame Lebensunterhalt des Klägers und seiner Ehefrau von deren Einkommen bestritten werden. Zudem verfüge der Kläger über Grundbesitz. Darüber hinaus habe sich der Kläger bisher nicht über den Verbleib einer Kapitalanlage in Luxemburg geäußert (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 190).

Das Schreiben des FA vom 18. Juni 2014 mit Darlegung der Sach- und Rechtslage blieb seitens des Klägers unbeantwortet. Die Rückstände des Klägers betrugen zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Vermögensteuer 1989 bis 1996 insgesamt 2.684,15 € und hinsichtlich der Säumniszuschläge insgesamt 3.990.01 €, gesamt: 6.674,16 € (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 191).

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 (zugestellt durch Einschreiben mit Rückschein am 22. August 2014) wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 19. September 2014 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt er ergänzend noch vor, dass er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben habe, um seine Eltern langjährig zu pflegen. Seine letzten Reserven lägen in dem vom FA belasteten Grundstück. Seine Ehefrau habe ihn während der Pflege, seiner Langzeitarbeitslosigkeit und seines Studiums bis zum heutigen Tag unterstützt. Es sei eine Frage der Menschenwürde, dass ihm noch etwas Eigenes verbleibe. Die Unbewohnbarkeit seines Hauses und die damit zusammenhängenden teuren Unterbringungskosten seien vom FA bei der Erlassentscheidung nicht gewürdigt worden. Er sei vom FA zudem über seine angeblichen Schulden erst im November 2011 informiert worden. Adressiert sei dieser Brief an seine Ehefrau gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. August 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 das FA zu verpflichten, den beantragten Billigkeitserlass auszusprechen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung sowie auf die Ausführungen des … Staatsministeriums der Finanzen und des … Landesamts für Steuern.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Anordnung des Gerichts vom 5. Juli 2016 und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

1. Die Klage ist mangels aktueller Angaben über den tatsächlichen Wohnort des Klägers unzulässig. Der Kläger hat bis zum Ablauf der Frist mit ausschließender Wirkung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO keine ladungsfähige Anschrift angegeben.

Die Angabe des (tatsächlichen) Wohnorts des Klägers ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, vgl. § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Bezeichnung des Klägers gehört auch die Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift. Ist der Aufenthalt eines Klägers unbekannt, so ist die Klage unzulässig (vgl. Bundesfinanzhof -BFHUrteil vom 17. Juni 2010 III R 53/07, BFH/NV 2011, 264).

Die Angabe der Wohnanschrift war vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Kläger über „postlagernd, …“ oder über die Caritas … auch für förmliche Zustellungen des Gerichts in Form des Einschreibens mit Rückschein gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 175 der Zivilprozessordnung erreichbar gewesen ist. Denn die Vorschriften über den notwendigen Inhalt einer Klageschrift dienen nicht nur zur Erleichterung der Zustellung, die nicht notwendig von der Angabe einer Wohnanschrift abhängt. Hinzu kommt das Interesse des Justizfiskus einen Ansatzpunkt für eine etwaige Vollstreckung zu haben (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2000 IV R 25/00, BStBl II 2001, 112, Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO, § 65 Rz. 15, m.w.N.).

Auf die Angabe der ladungsfähigen Anschrift kann zwar verzichtet werden, wenn durch die Angabe schützenswerte Interessen des Klägers gefährdet würden. Derartige schützenswerte Interessen sind im Streitfall nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Die Angabe der Anschrift kann auch bei einem Wohnungslosen fehlen (Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 15). Der Kläger ist jedoch nicht wohnungslos. Auch möblierte Zimmer oder Ferienwohnungen kommen z.B. als Wohnung in Betracht (vgl. Klein/Gersch, Abgabenordnung -AO-, § 8, Rz. 2). Nach seinen Angaben wohnt der Kläger -ohne die jeweilige Unterkunft konkret zu bezeichnen und Anschriften zu nennenseit Winter 2006 zusammen mit seiner Ehefrau in Ferienwohnungen, Pensionen oder christlichen Heimen für Studenten (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 11. April 2014, 2 K 2532/14, FG-Akte, Bl. 31). Auch wenn die angemieteten Wohnunterkünfte nur vorübergehend und jeweils höchstens drei Monate genutzt worden sein sollten -wie dies der Kläger behauptet hat, obwohl nach den von ihm vorgetragenen Lebensumständen mit seiner schwerbehinderten und pflegebedürftigen Ehefrau und dem monatlich für Unterkunft zur Verfügung stehenden Betrag von 1.200 € nur schwer vorstellbar ist, dass keine Wohnung zur dauerhaften Nutzung angemietet worden ist,- ist gegenüber dem Gericht weder die zum Zeitpunkt der Klageerhebung aktuelle Anschrift noch die gegenwärtige Anschrift (vgl. Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 16) in der vom Gericht gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung mitgeteilt worden. Frau Lichtenstern vom Caritas …, hat auf telefonische Rückfrage mitgeteilt, dass der Kläger nicht im Caritas-Zentrum wohnt. Sie hat auch nicht bestätigen können, dass der Kläger obdachlos ist.

2. Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.

2.1. Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist.

a) Der Erlass aus Billigkeitsgründen ist gegenüber der Steuerfestsetzung ein selbstständiges Verfahren (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. Juli 1987 1 BvR 623/86, HFR 1988, 177), das von der Rechtsanwendung zu trennen ist. Sein Zweck ist es, durch Nichtberücksichtigung einer Norm Gerechtigkeit in einem Einzelfall zu schaffen, in welchem die konkrete Steuerbelastung, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Besteuerung, nicht mehr zu rechtfertigen ist. § 227 AO ist ebenso wie § 163 AO die Rechtsgrundlage für die Abweichung von einem allgemeinen Gesetzesbefehl. Eine solche ausdrückliche Grundlage wird durch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gefordert. Da die Wertungen des Gesetzgebers bereits bei der Auslegung des gesetzlichen Steuertatbestands und bei der Frage der Tatbestandsmäßigkeit der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen sind, kommen als sachliche Billigkeitsgründe nur solche Umstände in Betracht, die bei der Steuerfestsetzung durch Auslegung des Steuertatbestandes nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil 21. April 2014 X R 40/12, BStBl II 2016, 117, m.w.N.).

Die Entscheidung über eine derartige Billigkeitsmaßnahme stellt eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde dar, die gerichtlich nur in den durch § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, vom 14. März 2008 III B 30/06, BFH/NV 2008, 985). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung demnach darauf beschränkt, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessen überschritten oder von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Das Gericht darf daher in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur für den Fall, dass der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO, vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BStBl II 1995, 297).

Abzustellen ist für die gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidung der Finanzbehörde auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung als letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642, BFH-Beschluss vom 4. März 1999 VII B 315/98, BFH/NV 1999, 1223 und Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 8. Auflage, § 102 FGO Rz. 13, m.w.N).

b) Im Streitfall war das FA weder zu einem Erlass der Vermögensteuer 1989 bis 1986, des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer 1993 und der Säumniszuschläge (vgl. im Einzelnen, Stundungs- und Erlassakte, Bl. 191) verpflichtet, noch hat es durch die Ablehnung des Erlassantrags des Klägers dessen Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung verletzt.

Da der Erlass einen Verzicht auf einen gesetzlich begründeten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis darstellt und damit einen einzelnen Steuerpflichtigen zu Lasten der Allgemeinheit begünstigt, können die Finanzbehörden von der Steuereinziehung nur dann ausnahmsweise absehen, wenn sich dies im Einzelfall aus sachlichen oder persönlichen Gründen zur Beseitigung einer unbilligen Härte rechtfertigen lässt.

aa) Sachliche Billigkeitsgründe liegen im Streitfall nicht vor.

Sachliche Billigkeitsgründe sind solche die aus dem anspruchsbegründenden Tatbestand selbst hervorgehen und von den außerhalb dieses Tatbestandes liegenden persönlichen Gründen -insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigenunabhängig sind (vgl. Loose, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 40). Solche sachlichen Billigkeitsgründe sind dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichem Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage -hätte er sie geregeltim Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einbeziehung den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 1486, vom 4. Februar 2010, II R 25/08, BStBl II 2010, 663 und vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396). Dagegen rechtfertigen Umstände, die dem Besteuerungszweck entsprechen oder die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, keine Billigkeitsmaßnahmen.

Bei der Vermögensteuer knüpft die Besteuerung ausschließlich an das Vorhandensein von Vermögen an. Die Herkunft des Vermögens spielt ebenso wenig eine Rolle wie die Absichten, die mit einer Vermögensbildung bzw. -umschichtung (zum Beispiel Umschichtung von Grundvermögen in Kapitalvermögen) verfolgt werden. Persönlichen Verhältnissen, wie für die Alterssicherung bestimmte Rücklagen und eine Behinderung im Sinn des Schwerbehindertengesetzes, hat der Gesetzgeber typisierend durch Freibeträge (§ 6 Abs. 3 des Vermögensteuergesetzes nach der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung) Rechnung getragen. Der Verzicht auf eine individuelle Berücksichtigung der Verhältnisse insoweit entspricht den Gesetzesvorgaben und widerspricht daher nicht den Wertungen des Gesetzes. Das BVerfG hat zwar mit Beschluss vom 22. Juni 1995 (2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) entschieden, dass die Bestimmungen des Vermögensteuerrechts wegen der ungleichen Behandlung von Grundvermögen und sonstigem Vermögen mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht vereinbar sind. Die Vorschriften des Vermögensteuergesetzes dürfen jedoch nach dem Beschluss des BVerfG noch bis zum 31. Dezember 1996 angewendet werden (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 30. März 1998 1 BvR 1831/97, BStBl II 1998, 422 und BFH-Beschluss vom 18.6.1997 II B 33/97, BStBl II 1997, 515). Es konnten weiterhin Vermögensteuerfestsetzungen für Stichtage vor dem 1. Januar 1997 ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BStBl II 1997, 635). Es besteht für die Finanzbehörden auch keine Verpflichtung zum Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei weiterer Anwendung des Vermögensteuergesetzes bis 1996 (BVerfG-Beschluss vom 1. März 1996 1 BvR 2415/95, HFR 1996, 433; vgl. auch Urteil des Niedersächsisches Finanzgericht vom 17. Dezember 1991 II 392/87, EFG 1992, 577 zur fehlenden Verpflichtung zu einem Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei bestandskräftig festgesetzten Steuern nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der der Festsetzung zugrunde liegenden Norm, und Urteil des Finanzgerichts München vom 29. Juli 2003 13 K 206/99, juris).

bb) Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Billigkeitsgründen setzen Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Erlassbedürftig ist der Steuerpflichtige, dessen wirtschaftliche oder persönliche Existenz im Fall der Versagung des Billigkeitserlasses ernstlich gefährdet ist. Die wirtschaftliche Existenz ist gefährdet, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Für die Frage, ob die Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet ist, spielt außer seinen Einkommensverhältnissen auch seine Vermögenslage eine entscheidende Rolle. Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich gehalten, zur Zahlung seiner Steuerschulden alle verfügbaren Mittel einzusetzen und auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Die Verwertung der Vermögenssubstanz darf jedoch nicht den Ruin des Steuerpflichtigen bedeuten. Alten, nicht mehr erwerbsfähigen Steuerpflichtigen ist wenigstens so viel von ihrem Vermögen zu belassen, dass sie damit für den Rest ihres Lebens eine bescheidene Lebensführung bestreiten können (vgl. BFH-Urteile vom 29. April 1981 IV R 23/78, BStBl II 1981, 726, und vom 26. Februar 1987 IV R 298/84, BStBl II 1987, 612).

Hiervon ausgehend, ist der Kläger im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht erlassbedürftig gewesen. Begehrt ein Ehegatte Billigkeitsmaßnahmen, so ist die Frage der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts bei Eheleuten nicht ohne Berücksichtigung der Grundsätze des Familienunterhaltsrechts zu beurteilen. Bei einem Erlassantrag nicht getrennt lebender Eheleute ist danach die persönliche Erlassbedürftigkeit für die Ehegatten unter Einbeziehung ihrer gemeinsamen Einkommens- und Vermögenslage zu würdigen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552, BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2007 XI S 4/07 (PKH), BFH/NV 2007, 1620; vom 31. März 1982 I B 97/81, BStBl II 1982, 530, m.w.N.; vom 3. Oktober 1988 IV S 5/86, BFH/NV 1989, 411; anschließend auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1990 8 C 42/88, NJW 1991, 1073; grundlegend Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Februar 1961 1 BvR 314/60, BStBl I 1961, 63, unter B.III.).

Im Streitfall ist die wirtschaftliche und persönliche Existenz des Klägers und seiner Ehefrau nicht gefährdet gewesen. Allein die Pension der Ehefrau hat für den notwendigen Unterhalt beider Ehegatten auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Ehefrau des Klägers, insbesondere deren krankheits- und pflegebedingter Aufwand, nach den Angaben des Klägers ausgereicht (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 50 ff.). Darüber hinaus hat das monatliche Einkommen der Ehefrau neben dem notwendigen Lebensunterhalt auch noch die hohen Übernachtungskosten und die Studienkosten des Klägers ohne weiteres abgedeckt. Umstände, dass erheblich höhere Pflegekosten für die Ehefrau in Bälde anfallen würden, sind vom Kläger dem FA weder konkret vorgetragen noch nachgewiesen worden. Dagegen spricht, dass aktuelle (zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung) ärztliche Bestätigungen für die Ehefrau und für den Kläger weder dem FA noch dem Gericht vorgelegt worden sind.

Neben dem Einkommen der Ehefrau verfügen der Kläger und seine Ehefrau über im Wesentlichen unbelasteten Grundbesitz. Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten 1.379 m² großen Grundstücks -möglicherweise mit einem unbewohnbaren Haus- und Miteigentümer eines 941 m² großen Bauplatzes in T. Allein der Wert dieses im hälftigen Miteigentum des Klägers stehende Bauplatz übersteigt die Steuerrückstände der Klägers um ein Vielfaches (vgl. Bodenrichtwerte, FG-Akte, Bl. 111 ff.). Hinzu kommt, dass der Kläger auf die Feststellung des …Landesamts für Steuern und des … Staatsministeriums der Finanzen, nicht erklärt hat, was aus der zunächst in Luxemburg angelegten Kapitalanlage geworden ist. Dieses Kapital hat weder wegen der Pflege der Eltern im Zeitraum 1985 bis 1991 noch durch die hohen Übernachtungskosten aufgebraucht werden können, weil 1998 noch 394.157,81 € an Kapitalvermögen vorhanden gewesen sind (vgl. FG-Akte, Bl. 114) und die hohen Übernachtungskosten vom monatlichen Einkommen der Ehefrau haben beglichen werden können. Den Hinweis seitens des …Landesamtes für Steuer und des … Staatsministeriums der Finanzen auf diese Kapitalanlage hat der Kläger unerwidert gelassen. In Anbetracht der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau ist jedenfalls durch die Entrichtung der Vermögenssteuer etc. in Höhe von 6.674,16 € zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung deren wirtschaftliche und persönlicher Existenz nicht gefährdet gewesen. Eine finanzielle Notlage hat nicht vorgelegen. Dem Gericht ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht längst seine Steuerrückstände beglichen hat. Dem Gericht ist ebenso wenig nachvollziehbar, warum der Kläger das Risiko einer Zwangsvollstreckung in sein Immobilienvermögen eingeht.

2.2. Ebenso ist die vom FA getroffene Entscheidung, keine Säumniszuschläge zu erlassen, nicht zu beanstanden. Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird (BFH-Urteile vom 24. April 2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 11, m.w.N. und vom 10. März 2016 III R 2/15, BFH/NV 2016, 1082). Im Streitfall wurden die Vermögensteuerfestsetzungen weder geändert noch aufgehoben. Eine persönliche Erlasssituation des Klägers hat das FA zutreffend verneint.

3. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 30. Juli 2016 (eingegangen per Telefax am 1. August 2016 um 22.29 Uhr) als Antrag auf Terminsverlegung auslegt, war diesem nicht zu entsprechen. Erhebliche Gründe sind vom Kläger nicht glaubhaft gemacht worden. Bereits in der Ladung vom 7. Juli 2016 war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Gründe für eine Terminsverlegung glaubhaft zu machen sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), dessen Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist, gehört nach seinen Angaben dem Volk der Palästinenser an und lebt seit 1992 in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Er war im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis, die mehrfach verlängert wurde. Bis Mai 2004 war er erwerbstätig.

2

Im Juli 2000 beantragte der Kläger Kindergeld für seine vier Kinder. Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte den Antrag ab, der Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Im anschließenden Klageverfahren erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2007, er habe bereits seit Mai 2004 keinen Kontakt mehr zum Kläger und wisse auch nicht, wo sich dieser aufhalte. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für drei Kinder des Klägers für den Zeitraum Juli 1997 bis Mai 2004 und für ein weiteres Kind für den Zeitraum Mai 1998 bis Mai 2004 zu gewähren, im Übrigen wies es die Klage ab. Es war der Ansicht, nach dem Wortlaut des § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes bestehe zwar kein Anspruch auf Kindergeld. Die Vorschrift sei jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass der Ausschluss von Ausländern von der Kindergeldberechtigung nicht für solche Eltern gelte, die --wie der Kläger-- auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könnten und die sich seit mindestens einem Jahr ununterbrochen in der Bundesrepublik aufhielten.

4

Zur Begründung der Revision trägt die Familienkasse vor, die Neuregelung der Kindergeldberechtigung von Ausländern sei verfassungsrechtlich unbedenklich.

5

Sie beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht der Klage zum Teil stattgegeben, vielmehr hätte es sie als unzulässig verwerfen müssen, weil sie nicht den Anforderungen des § 65 Abs. 1 FGO genügt.

8

Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage u.a. den Kläger bezeichnen. Hierzu gehört auch die Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Januar 1997 VII R 33/96, BFH/NV 1997, 585, und vom 11. Dezember 2001 VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 2009  2 BvL 4/07, BFH/NV 2010, 153; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 65 FGO Rz 7; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 65 FGO Rz 44; Gräber/v. Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 65 Rz 25; Stöcker in Beermann/Gosch, FGO, § 65 Rz 37). Ein Kläger hat im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht dafür Sorge zu tragen, dass er durch die Angabe seines tatsächlichen Wohnortes und Lebensmittelpunktes für das Gericht stets erreichbar bleibt. Die Sachentscheidungsvoraussetzung der ausreichenden Bezeichnung des Klägers muss grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 118/88, BFHE 162, 534, BStBl II 1991, 242). Im Streitfall konnte der Klägervertreter bis zu diesem Zeitpunkt keine Anschrift benennen, er wies vielmehr darauf hin, dass ihm der Aufenthalt des Klägers nicht bekannt sei und er keinen Kontakt mehr zu ihm habe. Die Klage ist somit unzulässig.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer seinen Wohnsitz oder seinen Sitz nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Geschieht dies nicht, so gilt eine Sendung mit der Aufgabe zur Post als zugestellt, selbst wenn sie als unbestellbar zurückkommt.

(1) Ein Schriftstück kann den in § 173 Absatz 2 Genannten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(2) Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann auch durch Telekopie erfolgen. Die Übermittlung soll mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet werden und die absendende Stelle, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Justizbediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(3) Die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen.

(4) Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a) an das Gericht gesandt werden.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Der Klage soll eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gilt § 56 entsprechend.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Köln vom 1. Juni 2015  10 V 506/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erließ nach vorangegangener Außenprüfung und einer im gerichtlichen Klageverfahren erzielten tatsächlichen Verständigung am 22. November 2013 gegen den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) --einen eingetragenen Verein-- geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre (2000 bis 2008). Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren in Bestandskraft erwachsenen Änderungsbescheide weisen auch Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer aus, über die das FA danach verschiedene Abrechnungsbescheide erlassen hat und von denen (nach Stand vom 29. Oktober 2014) noch 822.545,91 € offen sind. Den am 28. Januar 2014 gestellten Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge lehnte das FA ab. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage beim Finanzgericht (FG) Köln, über die dieses noch nicht entschieden hat.

2

Der Antragsteller beantragte im Hinblick auf die Säumniszuschläge beim FA die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nach Ablehnung dieses Antrags beantragte er beim FG wiederum AdV, hilfsweise den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens. Das FG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 1. Juni 2015  10 V 506/15 ab. Gegen den Beschluss richtet sich die --vom FG zugelassene-- Beschwerde des Antragstellers, der das FG nicht abgeholfen hat.

3

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

5

1. Den Antrag auf AdV der Säumniszuschläge hat das FG zu Recht als unzulässig abgelehnt. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Der Antrag kann gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 FGO schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Die AdV setzt demnach eine Anfechtungssituation voraus, das heißt einen (vollziehbaren) Verwaltungsakt, den der Steuerpflichtige zumindest mit dem außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruch) angefochten hat (vgl. Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 113), über welchen noch nicht bestandskräftig entschieden ist.

6

Eine Anfechtungssituation liegt hier nicht vor. Die Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes (§ 240 der Abgabenordnung --AO--) und können daher als solche nicht Gegenstand einer AdV sein (Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 65; Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 69 Rz 105). Soweit in den Änderungsbescheiden des FA konkrete Leistungsgebote in Bezug auf die jeweiligen Säumniszuschläge zu sehen waren, wäre insoweit zwar die Möglichkeit einer AdV in Betracht zu ziehen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 240 Rz 43). Doch sind diese Bescheide inzwischen ebenso in Bestandskraft erwachsen wie die nachfolgenden Abrechnungsbescheide. Und bei der Ablehnung des Erlassantrags (§ 227 AO) hinsichtlich der Säumniszuschläge durch das FA handelt es sich nicht um einen vollziehbaren Verwaltungsakt, der einer AdV zugänglich wäre (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. September 1970 II B 28/70, BFHE 100, 83, BStBl II 1970, 813; Gosch in Beermann/Gosch, FGO § 69 Rz 92). Für die von der Beschwerde für den Fall der Ablehnung von Billigkeitsanträgen befürwortete "teleologische Extension" des § 69 FGO besteht angesichts der Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 100, 83, BStBl II 1970, 813) kein Raum.

7

2. Den hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO hat das FG jedenfalls deshalb zu Recht abgelehnt, weil der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat (§ 114 Abs. 3 i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Die pauschale und nicht weiter belegte Behauptung, der Fortbestand des Antragstellers sei wegen Erschöpfung der Liquiditätsreserven gefährdet, reicht dafür nicht aus.

8

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(3) Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozessordnung sinngemäß.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle des § 69.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger ist verheiratet. Seine Ehefrau ist pensionierte Lehrerin.

Der Kläger und seine Ehefrau wurden letztmals für den Veranlagungszeitraum 2004 zur Einkommensteuer beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) veranlagt. Der Kläger und seine Ehefrau teilten dem FA seit ihrem Auszug aus dem Einfamilienhaus in T im Jahr 2006 trotz wiederholter Nachfrage ihre Wohnanschrift nicht mit.

Der Kläger verfügt über Grundvermögen (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 114 ff und Bl. 118 ff.):

FlNr./Gemarkung/Fläche

Grundstücksart

Eigentümer

Grundbuchrechtliche Belastung

.../4 + .../5

T / 1.379 m²

Einfamilienhaus

T, …

Str. …

Kläger

0,00 €

.../5 in T / 359 m²

unbebautes Grundstück

Kläger

0,00 €

..9/10 in T / 318 m²

Weg

Kläger

0,00 €

..2/8 in T/ 941 m²

Bauplatz

Kläger / Ehefrau zu je ½

Sicherungshypothek zg. FA über

5.717,96 €

Der Ehefrau des Klägers wurde im unbefristet geltenden Schwerbehindertenausweis vom 15. Juni 2001 ein Grad der Behinderung von 50 ohne Merkzeichen bescheinigt (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 148).

Am 5. Januar 2011 wurde auf das Ersuchen des FA eine Sicherungshypothek zu 5.717,96 € für … in das Grundbuch hinsichtlich des Bauplatzes in T eingetragen. Dem lagen damals Steuerrückstände des Klägers (überwiegend Vermögensteuer 1989 – 1993 sowie Säumniszuschläge) von 5.717,96 € zugrunde. Die Ehefrau hatte nach beantragter Aufteilung (und nach Ergehen der Aufteilungsbescheide vom 9. August 2005) ihren Anteil an der Gesamtschuld aufgrund von Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Teilbeträgen beglichen. Pfändungen beim Kläger hatten dagegen keinen Erfolg.

Beim Markt T bestanden im August 2011 Abgabenschulden des Klägers, teilweise gesamtschuldnerisch mit seiner Ehefrau, in Höhe von 1.513,28 € (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 179).

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 18. November 2011 den Erlass der Steuerrückstände. Zur Begründung trug er vor, dass er (in den Jahren 1985 bis 1991, vgl. FG-Akte, Bl. 52) langjährig seine Eltern gepflegt habe. Nun müsse er seine schwerkranke Ehefrau, der noch keine Pflegestufe zugesprochen worden sei, pflegen. Er bekomme keine Unterstützung von öffentlicher Seite, um durch Fortbildung wieder Arbeit zu finden. Er betreibe ein Studium in Österreich, um wieder eine Verlagsarbeit zu finden. Zudem müsse er sein seit 2006 unbewohnbares Haus in T grundlegend renovieren. Wegen der Unbewohnbarkeit müssten er und seine Ehefrau teure Übernachtungskosten aufwenden. Der Markt T verlange von ihm Abgaben, obwohl die Hausabwasserversorgung seit 2006 außer Betrieb sei und die Trinkwasserleitung seither abgesperrt sei. Hinzu komme, dass er an einer hochgradigen Hör- und Sehbehinderung sowie einem pflegebedingten Nierenschaden und Bluthochdruck leide.

Am 21. November 2011 bat das FA den Kläger, aktuelle Auszüge aller Konten mit laufendem Geldverkehr und Angabe des jeweiligen Kreditrahmens, eine Aufstellung der derzeitigen monatlichen Einnahmen und Ausgaben der Ehegatten mit Verdienstbescheinigungen sowie über das wesentliche Vermögen (auch soweit es sich im Ausland befinde) vorzulegen. Ferner sollte der Kläger mitteilen, was er studiere, in welchem Semester er sich befinde und seine Wohnanschrift in Österreich nennen. Ebenso sollte er die Kosten für die Renovierung seines Hauses und für die Erstellung von Außenanlagen angeben (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 26).

Der Kläger erwiderte am 15. März 2012, dass er selbst über keine Einnahmen verfüge. Er befinde sich im Anschluss an das Studium der christlichen Philosophie im dritten Semester des Diplomstudiums der Theologie. Seine Ehefrau beziehe eine Pension von monatlich netto 2.624,49 € (erhöht seit 1. März 2012, vgl. vier Ausdrucke über Kontoumsätze ohne Nennung der Bank, Stundungs- und Erlassakte, Bl. 38 ff.). Die monatlichen Ausgaben für Übernachtungen von 1.200 €, für Verpflegung von 300 €, Kleidung von 100 €, Orthopädisches Schuhwerk etc. von 30 € sowie Taxikosten von 250 € wegen Behinderung der Ehefrau, Arzneimittelkosten von 100 €, Kontoführungsgebühren von 5 €, Körperpflegekosten von 200 €, kulturelle Veranstaltungen von 100 €, Spenden für Messen etc. von 100 € sowie Studienkosten von 350 € seien durch die monatlichen Bezüge der Ehefrau gedeckt. Schulden ergäben sich aus Steuern von gegenwärtig 5.899,16 € und Kommunalabgaben von 1.261,70 € zudem für Strom seit 2007 von 150 € und für Rundfunkgebühren von 100 €. Daneben seien noch für eine nicht durch die Versicherung gedeckte Zahnbehandlung 1.000 €, für Grabgebühren 50 €, für die Kanalisationswiederherstellung 200 € und für den Rückstand der Brandversicherung 200 € zu zahlen.

Ein Kredit sei in Anbetracht der Schwerbehinderung, der Krankheit und des Alters seiner Ehefrau nicht möglich. Die teuren Unterbringungskosten infolge der Unbewohnbarkeit seines Hauses hätten sämtliche Ersparnisse trotz sparsamster Lebensführung aufgebraucht. Er habe mit seiner Ehefrau in über 100 Quartieren gewohnt. Ferienwohnungen auf der deutschen Seite seien die Notlösung. Die Kostenschätzung für sein Wohnhaus mit Außenanlage betrage lt. Angebot 20.606,14 €. Für die energetische Sanierung und die Innenrenovierung seien noch einmal Kosten von 10.000 € zu veranschlagen. Er sei entschlossen, diese Beträge durch einen Kredit bei der KfW, Eigenleistung und durch Ausübung einer Tätigkeit beim Bundesfreiwilligendienst sowie die in Aussicht gestellte Verlagsarbeit zu finanzieren.

Mit Bescheid vom 23. April 2012 (öffentlich zugestellt, vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 92) lehnte das FA den Erlassantrag des Klägers ab.

Am 9. November 2012 teilte das … Landesamt für Steuern dem Kläger mit, dass die Handlungs- und Vorgehensweise des FA hinsichtlich des Erlass offener Steuerrückstände nicht zu beanstanden sei. Hinzu komme, dass nach Aktenlage der Verbleib der Kapitalanlage aus Luxemburg (vgl. FG-Akte, Bl. 114: im Jahr 2002 mindestens noch: 284.157,51 DM), die zur Steuernachzahlung geführt habe, ungeklärt sei. Für die am 5. November 2011 eingetragene Sicherungshypothek bestehe nach Ablehnung des Erlassantrags vom 23. April 2012 kein Anlass zur Löschung. Gegenteilig sei Vollstreckungslage nach wie vor gegeben. Zudem sei der Kläger gebeten worden, sich zur Vermeidung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen mit dem FA in Verbindung zu setzen und seine aktuelle Wohnanschrift mitzuteilen.

Am 12. Mai 2013 stellte der Kläger erneut einen Erlassantrag (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 107), den das FA mit Bescheid vom 6. August 2013 ablehnte. Dagegen legte der Kläger per Telefax vom 9. September 2013 Einspruch ein.

Am 4. Februar 2014 teilte das … Staatsministerium der Finanzen dem Kläger auf seine Eingabe hin mit, dass nur in sehr wenigen Ausnahmefällen, in denen die Versagung des Billigkeitserlasses die wirtschaftliche Existenz eines redlichen Bürgers unausweichlich gefährden würde, ein Erlass gewährt werden könne. Eine solche Erlassbedürftigkeit habe der Kläger bisher nicht dargelegt. So könne der gemeinsame Lebensunterhalt des Klägers und seiner Ehefrau von deren Einkommen bestritten werden. Zudem verfüge der Kläger über Grundbesitz. Darüber hinaus habe sich der Kläger bisher nicht über den Verbleib einer Kapitalanlage in Luxemburg geäußert (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 190).

Das Schreiben des FA vom 18. Juni 2014 mit Darlegung der Sach- und Rechtslage blieb seitens des Klägers unbeantwortet. Die Rückstände des Klägers betrugen zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Vermögensteuer 1989 bis 1996 insgesamt 2.684,15 € und hinsichtlich der Säumniszuschläge insgesamt 3.990.01 €, gesamt: 6.674,16 € (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 191).

Mit Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 (zugestellt durch Einschreiben mit Rückschein am 22. August 2014) wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 19. September 2014 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt er ergänzend noch vor, dass er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben habe, um seine Eltern langjährig zu pflegen. Seine letzten Reserven lägen in dem vom FA belasteten Grundstück. Seine Ehefrau habe ihn während der Pflege, seiner Langzeitarbeitslosigkeit und seines Studiums bis zum heutigen Tag unterstützt. Es sei eine Frage der Menschenwürde, dass ihm noch etwas Eigenes verbleibe. Die Unbewohnbarkeit seines Hauses und die damit zusammenhängenden teuren Unterbringungskosten seien vom FA bei der Erlassentscheidung nicht gewürdigt worden. Er sei vom FA zudem über seine angeblichen Schulden erst im November 2011 informiert worden. Adressiert sei dieser Brief an seine Ehefrau gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 6. August 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2014 das FA zu verpflichten, den beantragten Billigkeitserlass auszusprechen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung sowie auf die Ausführungen des … Staatsministeriums der Finanzen und des … Landesamts für Steuern.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Anordnung des Gerichts vom 5. Juli 2016 und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

1. Die Klage ist mangels aktueller Angaben über den tatsächlichen Wohnort des Klägers unzulässig. Der Kläger hat bis zum Ablauf der Frist mit ausschließender Wirkung nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO keine ladungsfähige Anschrift angegeben.

Die Angabe des (tatsächlichen) Wohnorts des Klägers ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, vgl. § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Bezeichnung des Klägers gehört auch die Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift. Ist der Aufenthalt eines Klägers unbekannt, so ist die Klage unzulässig (vgl. Bundesfinanzhof -BFHUrteil vom 17. Juni 2010 III R 53/07, BFH/NV 2011, 264).

Die Angabe der Wohnanschrift war vorliegend auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Kläger über „postlagernd, …“ oder über die Caritas … auch für förmliche Zustellungen des Gerichts in Form des Einschreibens mit Rückschein gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 175 der Zivilprozessordnung erreichbar gewesen ist. Denn die Vorschriften über den notwendigen Inhalt einer Klageschrift dienen nicht nur zur Erleichterung der Zustellung, die nicht notwendig von der Angabe einer Wohnanschrift abhängt. Hinzu kommt das Interesse des Justizfiskus einen Ansatzpunkt für eine etwaige Vollstreckung zu haben (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2000 IV R 25/00, BStBl II 2001, 112, Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO, § 65 Rz. 15, m.w.N.).

Auf die Angabe der ladungsfähigen Anschrift kann zwar verzichtet werden, wenn durch die Angabe schützenswerte Interessen des Klägers gefährdet würden. Derartige schützenswerte Interessen sind im Streitfall nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Die Angabe der Anschrift kann auch bei einem Wohnungslosen fehlen (Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 15). Der Kläger ist jedoch nicht wohnungslos. Auch möblierte Zimmer oder Ferienwohnungen kommen z.B. als Wohnung in Betracht (vgl. Klein/Gersch, Abgabenordnung -AO-, § 8, Rz. 2). Nach seinen Angaben wohnt der Kläger -ohne die jeweilige Unterkunft konkret zu bezeichnen und Anschriften zu nennenseit Winter 2006 zusammen mit seiner Ehefrau in Ferienwohnungen, Pensionen oder christlichen Heimen für Studenten (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 11. April 2014, 2 K 2532/14, FG-Akte, Bl. 31). Auch wenn die angemieteten Wohnunterkünfte nur vorübergehend und jeweils höchstens drei Monate genutzt worden sein sollten -wie dies der Kläger behauptet hat, obwohl nach den von ihm vorgetragenen Lebensumständen mit seiner schwerbehinderten und pflegebedürftigen Ehefrau und dem monatlich für Unterkunft zur Verfügung stehenden Betrag von 1.200 € nur schwer vorstellbar ist, dass keine Wohnung zur dauerhaften Nutzung angemietet worden ist,- ist gegenüber dem Gericht weder die zum Zeitpunkt der Klageerhebung aktuelle Anschrift noch die gegenwärtige Anschrift (vgl. Gräber/Herbert, Kommentar zur FGO § 65 Rz. 16) in der vom Gericht gesetzten Frist mit ausschließender Wirkung mitgeteilt worden. Frau Lichtenstern vom Caritas …, hat auf telefonische Rückfrage mitgeteilt, dass der Kläger nicht im Caritas-Zentrum wohnt. Sie hat auch nicht bestätigen können, dass der Kläger obdachlos ist.

2. Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.

2.1. Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig ist.

a) Der Erlass aus Billigkeitsgründen ist gegenüber der Steuerfestsetzung ein selbstständiges Verfahren (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8. Juli 1987 1 BvR 623/86, HFR 1988, 177), das von der Rechtsanwendung zu trennen ist. Sein Zweck ist es, durch Nichtberücksichtigung einer Norm Gerechtigkeit in einem Einzelfall zu schaffen, in welchem die konkrete Steuerbelastung, insbesondere mit Rücksicht auf den Zweck der Besteuerung, nicht mehr zu rechtfertigen ist. § 227 AO ist ebenso wie § 163 AO die Rechtsgrundlage für die Abweichung von einem allgemeinen Gesetzesbefehl. Eine solche ausdrückliche Grundlage wird durch den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gefordert. Da die Wertungen des Gesetzgebers bereits bei der Auslegung des gesetzlichen Steuertatbestands und bei der Frage der Tatbestandsmäßigkeit der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen sind, kommen als sachliche Billigkeitsgründe nur solche Umstände in Betracht, die bei der Steuerfestsetzung durch Auslegung des Steuertatbestandes nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers nicht berücksichtigt werden (vgl. BFH-Urteil 21. April 2014 X R 40/12, BStBl II 2016, 117, m.w.N.).

Die Entscheidung über eine derartige Billigkeitsmaßnahme stellt eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde dar, die gerichtlich nur in den durch § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gezogenen Grenzen nachprüfbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. März 2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, vom 14. März 2008 III B 30/06, BFH/NV 2008, 985). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung des den Erlass ablehnenden Bescheides und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung demnach darauf beschränkt, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessen überschritten oder von dem eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Das Gericht darf daher in der Regel nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 Satz 2 FGO). Nur für den Fall, dass der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO, vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BStBl II 1995, 297).

Abzustellen ist für die gerichtliche Prüfung der Ermessensentscheidung der Finanzbehörde auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung als letzte Verwaltungsentscheidung (vgl. nur BFH-Urteil vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BStBl II 1997, 642, BFH-Beschluss vom 4. März 1999 VII B 315/98, BFH/NV 1999, 1223 und Gräber/Stapperfend, Kommentar zur FGO, 8. Auflage, § 102 FGO Rz. 13, m.w.N).

b) Im Streitfall war das FA weder zu einem Erlass der Vermögensteuer 1989 bis 1986, des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer 1993 und der Säumniszuschläge (vgl. im Einzelnen, Stundungs- und Erlassakte, Bl. 191) verpflichtet, noch hat es durch die Ablehnung des Erlassantrags des Klägers dessen Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung verletzt.

Da der Erlass einen Verzicht auf einen gesetzlich begründeten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis darstellt und damit einen einzelnen Steuerpflichtigen zu Lasten der Allgemeinheit begünstigt, können die Finanzbehörden von der Steuereinziehung nur dann ausnahmsweise absehen, wenn sich dies im Einzelfall aus sachlichen oder persönlichen Gründen zur Beseitigung einer unbilligen Härte rechtfertigen lässt.

aa) Sachliche Billigkeitsgründe liegen im Streitfall nicht vor.

Sachliche Billigkeitsgründe sind solche die aus dem anspruchsbegründenden Tatbestand selbst hervorgehen und von den außerhalb dieses Tatbestandes liegenden persönlichen Gründen -insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigenunabhängig sind (vgl. Loose, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 227 AO Rz. 40). Solche sachlichen Billigkeitsgründe sind dann gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichem Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage -hätte er sie geregeltim Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte oder wenn angenommen werden kann, dass die Einbeziehung den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 1486, vom 4. Februar 2010, II R 25/08, BStBl II 2010, 663 und vom 23. März 1998 II R 41/96, BStBl II 1998, 396). Dagegen rechtfertigen Umstände, die dem Besteuerungszweck entsprechen oder die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat, keine Billigkeitsmaßnahmen.

Bei der Vermögensteuer knüpft die Besteuerung ausschließlich an das Vorhandensein von Vermögen an. Die Herkunft des Vermögens spielt ebenso wenig eine Rolle wie die Absichten, die mit einer Vermögensbildung bzw. -umschichtung (zum Beispiel Umschichtung von Grundvermögen in Kapitalvermögen) verfolgt werden. Persönlichen Verhältnissen, wie für die Alterssicherung bestimmte Rücklagen und eine Behinderung im Sinn des Schwerbehindertengesetzes, hat der Gesetzgeber typisierend durch Freibeträge (§ 6 Abs. 3 des Vermögensteuergesetzes nach der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung) Rechnung getragen. Der Verzicht auf eine individuelle Berücksichtigung der Verhältnisse insoweit entspricht den Gesetzesvorgaben und widerspricht daher nicht den Wertungen des Gesetzes. Das BVerfG hat zwar mit Beschluss vom 22. Juni 1995 (2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) entschieden, dass die Bestimmungen des Vermögensteuerrechts wegen der ungleichen Behandlung von Grundvermögen und sonstigem Vermögen mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht vereinbar sind. Die Vorschriften des Vermögensteuergesetzes dürfen jedoch nach dem Beschluss des BVerfG noch bis zum 31. Dezember 1996 angewendet werden (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 30. März 1998 1 BvR 1831/97, BStBl II 1998, 422 und BFH-Beschluss vom 18.6.1997 II B 33/97, BStBl II 1997, 515). Es konnten weiterhin Vermögensteuerfestsetzungen für Stichtage vor dem 1. Januar 1997 ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1997 II R 9/95, BStBl II 1997, 635). Es besteht für die Finanzbehörden auch keine Verpflichtung zum Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei weiterer Anwendung des Vermögensteuergesetzes bis 1996 (BVerfG-Beschluss vom 1. März 1996 1 BvR 2415/95, HFR 1996, 433; vgl. auch Urteil des Niedersächsisches Finanzgericht vom 17. Dezember 1991 II 392/87, EFG 1992, 577 zur fehlenden Verpflichtung zu einem Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei bestandskräftig festgesetzten Steuern nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der der Festsetzung zugrunde liegenden Norm, und Urteil des Finanzgerichts München vom 29. Juli 2003 13 K 206/99, juris).

bb) Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen Billigkeitsgründen setzen Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit voraus. Erlassbedürftig ist der Steuerpflichtige, dessen wirtschaftliche oder persönliche Existenz im Fall der Versagung des Billigkeitserlasses ernstlich gefährdet ist. Die wirtschaftliche Existenz ist gefährdet, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann. Für die Frage, ob die Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet ist, spielt außer seinen Einkommensverhältnissen auch seine Vermögenslage eine entscheidende Rolle. Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich gehalten, zur Zahlung seiner Steuerschulden alle verfügbaren Mittel einzusetzen und auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Die Verwertung der Vermögenssubstanz darf jedoch nicht den Ruin des Steuerpflichtigen bedeuten. Alten, nicht mehr erwerbsfähigen Steuerpflichtigen ist wenigstens so viel von ihrem Vermögen zu belassen, dass sie damit für den Rest ihres Lebens eine bescheidene Lebensführung bestreiten können (vgl. BFH-Urteile vom 29. April 1981 IV R 23/78, BStBl II 1981, 726, und vom 26. Februar 1987 IV R 298/84, BStBl II 1987, 612).

Hiervon ausgehend, ist der Kläger im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht erlassbedürftig gewesen. Begehrt ein Ehegatte Billigkeitsmaßnahmen, so ist die Frage der Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts bei Eheleuten nicht ohne Berücksichtigung der Grundsätze des Familienunterhaltsrechts zu beurteilen. Bei einem Erlassantrag nicht getrennt lebender Eheleute ist danach die persönliche Erlassbedürftigkeit für die Ehegatten unter Einbeziehung ihrer gemeinsamen Einkommens- und Vermögenslage zu würdigen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Oktober 2011 VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552, BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2007 XI S 4/07 (PKH), BFH/NV 2007, 1620; vom 31. März 1982 I B 97/81, BStBl II 1982, 530, m.w.N.; vom 3. Oktober 1988 IV S 5/86, BFH/NV 1989, 411; anschließend auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1990 8 C 42/88, NJW 1991, 1073; grundlegend Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Februar 1961 1 BvR 314/60, BStBl I 1961, 63, unter B.III.).

Im Streitfall ist die wirtschaftliche und persönliche Existenz des Klägers und seiner Ehefrau nicht gefährdet gewesen. Allein die Pension der Ehefrau hat für den notwendigen Unterhalt beider Ehegatten auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Ehefrau des Klägers, insbesondere deren krankheits- und pflegebedingter Aufwand, nach den Angaben des Klägers ausgereicht (vgl. Stundungs- und Erlassakte, Bl. 50 ff.). Darüber hinaus hat das monatliche Einkommen der Ehefrau neben dem notwendigen Lebensunterhalt auch noch die hohen Übernachtungskosten und die Studienkosten des Klägers ohne weiteres abgedeckt. Umstände, dass erheblich höhere Pflegekosten für die Ehefrau in Bälde anfallen würden, sind vom Kläger dem FA weder konkret vorgetragen noch nachgewiesen worden. Dagegen spricht, dass aktuelle (zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung) ärztliche Bestätigungen für die Ehefrau und für den Kläger weder dem FA noch dem Gericht vorgelegt worden sind.

Neben dem Einkommen der Ehefrau verfügen der Kläger und seine Ehefrau über im Wesentlichen unbelasteten Grundbesitz. Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten 1.379 m² großen Grundstücks -möglicherweise mit einem unbewohnbaren Haus- und Miteigentümer eines 941 m² großen Bauplatzes in T. Allein der Wert dieses im hälftigen Miteigentum des Klägers stehende Bauplatz übersteigt die Steuerrückstände der Klägers um ein Vielfaches (vgl. Bodenrichtwerte, FG-Akte, Bl. 111 ff.). Hinzu kommt, dass der Kläger auf die Feststellung des …Landesamts für Steuern und des … Staatsministeriums der Finanzen, nicht erklärt hat, was aus der zunächst in Luxemburg angelegten Kapitalanlage geworden ist. Dieses Kapital hat weder wegen der Pflege der Eltern im Zeitraum 1985 bis 1991 noch durch die hohen Übernachtungskosten aufgebraucht werden können, weil 1998 noch 394.157,81 € an Kapitalvermögen vorhanden gewesen sind (vgl. FG-Akte, Bl. 114) und die hohen Übernachtungskosten vom monatlichen Einkommen der Ehefrau haben beglichen werden können. Den Hinweis seitens des …Landesamtes für Steuer und des … Staatsministeriums der Finanzen auf diese Kapitalanlage hat der Kläger unerwidert gelassen. In Anbetracht der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau ist jedenfalls durch die Entrichtung der Vermögenssteuer etc. in Höhe von 6.674,16 € zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung deren wirtschaftliche und persönlicher Existenz nicht gefährdet gewesen. Eine finanzielle Notlage hat nicht vorgelegen. Dem Gericht ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht längst seine Steuerrückstände beglichen hat. Dem Gericht ist ebenso wenig nachvollziehbar, warum der Kläger das Risiko einer Zwangsvollstreckung in sein Immobilienvermögen eingeht.

2.2. Ebenso ist die vom FA getroffene Entscheidung, keine Säumniszuschläge zu erlassen, nicht zu beanstanden. Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung einer Steuer aufgehoben oder geändert wird (BFH-Urteile vom 24. April 2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106, Rz 11, m.w.N. und vom 10. März 2016 III R 2/15, BFH/NV 2016, 1082). Im Streitfall wurden die Vermögensteuerfestsetzungen weder geändert noch aufgehoben. Eine persönliche Erlasssituation des Klägers hat das FA zutreffend verneint.

3. Selbst wenn man das Schreiben des Klägers vom 30. Juli 2016 (eingegangen per Telefax am 1. August 2016 um 22.29 Uhr) als Antrag auf Terminsverlegung auslegt, war diesem nicht zu entsprechen. Erhebliche Gründe sind vom Kläger nicht glaubhaft gemacht worden. Bereits in der Ladung vom 7. Juli 2016 war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Gründe für eine Terminsverlegung glaubhaft zu machen sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.