Finanzgericht Hamburg Urteil, 19. Feb. 2016 - 4 K 58/14

bei uns veröffentlicht am19.02.2016

Tatbestand

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Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrabgaben.

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Die Klägerin meldete, jeweils vertreten durch die A GmbH, mit 14 Einzelzollanmeldungen im Zeitraum 04.01.2012 bis 20.06.2012 insgesamt 46 Kolli Frisch- bzw. Brauchwassertanks für den F aus B, jeweils unter der Codenummer 6815 1010 000 („Waren aus Kohlenstofffasern“) der Kombinierten Nomenklatur (Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23.07.1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. Nr. L 256/1, m. spät. Änd.)) – im Folgenden: KN – zur Überführung in den freien Verkehr an. Die Warensendungen wurden durch das Zollamt Hamburg-1 jeweils antragsgemäß unter der angemeldeten Codenummer zum Drittlandszollsatz „frei“ abgefertigt, ohne weitere Prüfungsmaßnahmen durchzuführen.

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Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Zollprüfung für den Prüfungszeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2011 wurde durch das Hauptzollamt C festgestellt, dass die Klägerin wiederholt Wasser- und Abwassertanks des Herstellers D Co. Ltd aus B bezogen und diese als Tanks aus Kohlenstofffasern unter Anwendung der Warennummer 6815 1010 000 mit dem Drittlandszollsatz „frei“ in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt hatte. Ein daraufhin durch das Hauptzollamt C unter Übersendung von technischen Zeichnungen, Abbildungen und Materialproben veranlasstes Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums (Dienstsitz Hamburg) (BWZ) vom 03.02.2012 kam zu dem Ergebnis, dass beide Arten Tanks aus einem Verbundwerkstoff aus Kunststoffen, Metall, Glasfasergeweben, Nomex und Kohlenstofffasern bestehen und die spezifisch geformten Tanks den Einbauverhältnissen des Flugzeugtyps angepasst und mit Anschlussstücken und Haltevorrichtungen versehen sind und nach den angebrachten Etiketten erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich in Flugzeuge des Typs F verbaut werden. Das BWZ befürwortete daher deren Zuweisung zur Codenummer 8803 3000 900 als Teile für Flugzeuge. Das Hauptzollamt C folgte der Einreihungsauffassung des BWZ (vgl. Prüfungsbericht vom 03.04.2012, Ziff. 3.3.1).

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Daraufhin setzte der Beklagte, der Einreihungsauffassung gemäß dem Prüfungsbericht des Hauptzollamts C und dem Gutachten des BWZ folgend, mit Einfuhrabgabenbescheid vom 19.07.2012 im Wege der Nacherhebung nach Art. 220 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. Nr. L 302/1, ber. ABl. 1993 Nr. L 79/84, ABl. 1996 Nr. L 97/38 und Nr. L 321/23, m. spät. Änd.) – im Folgenden: ZK – , Einfuhrzoll in Höhe von insgesamt 8.008,45 € fest mit der Begründung, dass die Abwasser/Wassertanks aus Kohlenstofffasern als Teile von Starrflügelflugzeugen der Codenummer 8803 3000 900 mit einem für den streitgegenständlichen Einfuhrzeitraum geltenden Drittlandszollsatz vom 2,7 % zugewiesen würden, da die spezifisch geformten und mit Anschlussstücken und Haltevorrichtungen versehenen Waren erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich in Flugzeugen des Typs F verbaut würden.

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Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17.07.2013, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin schließlich – nach anfänglicher Aufgabe zur Post am 19.07.2013 und durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Beklagten bestrittenem Zugang – mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 19.02.2014, als unbegründet zurück. Die Klägerin habe bei der Durchführung der Prüfung geäußert, dass die Kohlenstofffasern bei den streitgegenständlichen Tanks insbesondere für die Stabilität und Unverformbarkeit bei Schwankungen des Luftdrucks während des Fluges sorgten. Dies werde durch den Internetauftritt der Klägerin unterstützt, wonach diese ein Kompetenzzentrum für die Entwicklung und Herstellung von Elektronik in Flugzeugkabinen sei und sich auf die Ausstattung verschiedener Flugzeugtypen, darunter F, spezialisiert habe. Nach den Feststellungen des BWZ im Gutachten vom 03.02.3012 bestünden sowohl der Frisch- als auch der Brauchwassertank aus einem speziellen Verbundwerkstoff, der sich aus Kunststoffen, Metall, Glasfasergeweben, Nomex und Kohlenstofffasern zusammensetze. An den spezifisch geformten Tanks seien deutlich sichtbar Etiketten angebracht, auf denen neben der Seriennummer auch der Verwendungszweck, z. B. „Waste Tank“, der Montageort, z. B. „Main Deck LH“, und der Tankhersteller, D Co. Ltd, AEROSPACE Division, F, B“ angegeben seien. Die spezifisch geformten Tanks seien an die speziellen Einbauverhältnisse in verschiedenen Flugzeugen angepasst. Die streitgegenständlichen Tanks seien laut Rechnungen und Packlisten an die konstruktionsbedingten Aussparungen für die Tanks im F angepasst. Nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII seien Teile und Zubehör im Sinne der Kapitel 86 bis 88 nur Teile und Zubehör, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren der Kapitel 86, 87 oder 88 bestimmt seien. Die streitgegenständlichen Tanks seien aufgrund ihrer Konstruktion (verwendetes Material und Form) erkennbar an die baubedingten Aussparungen für Frisch- und Brauchwassertanks in Flugzeugen, Waren des Kapitels 88, angepasst. Eine anderweitige Verwendung der Tanks sei von der Klägerin nicht nachgewiesen worden. Zudem würden die Tanks bereits durch den Hersteller in den Rechnungen sowie in den Frachtpapieren als Teile für zivile Luftfahrzeuge angesprochen. Auch der relativ hohe Einzelpreis pro Tank von 3.645 bis 8.645 US Dollar lasse auf eine zumindest hauptsächliche spezialisierte Nutzung der Waren in Luftfahrzeugen schließen. Nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII i. V. m. den AV 1 und 3 seien die Tanks deshalb als Teile für Flugzeuge der Codenummer 8803 3000 900 zuzuweisen. Es komme auch nicht darauf an, ob bereits die ersten Flugzeuge mit Frisch- und Abwassertanks ausgestattet gewesen seien, vielmehr seien heutzutage viele Teile, die nicht in den ersten Flugzeugen verbaut gewesen seien, nach den Erläuterungen zu Position 8803 als wesentliche Teile eines Flugzeugs anzusehen, vgl. ErlKN zu Pos. 8803, Rz. 13.0 und 14.0. Eine Vielzahl anderer Bauteile seien aus der heutigen Luftfahrt nicht mehr wegzudenken, neben anderen modernen Bauteilen wie z. B. Radarnasen, Black-Box, Notrutschen usw. müssten auch Frisch- und Abwassertanks für Toiletten und Küchen als unabdingbare Teile eines Passagierflugzeugs angesehen werden.

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Mit ihrer am 17.03.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: In Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII sei eine abdrängende Ausweisung betreffend die Beförderungsmittel enthalten, wonach Teile, die nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren des Kapitels 88 bestimmt seien, nicht in das Kapitel 88 einzureihen seien. Ausweislich der in den Akten befindlichen Kopien der importierten Ware seien diese nicht erkennbar ausschließlich für Luftfahrzeuge bestimmt. Es sei auf den Horizont eines durchschnittlich aufmerksamen Abfertigungsbeamten abzustellen. Rechnungen, Frachtbriefe und Etiketten, sowie auch der hohe Einzelpreis pro Tank hätten bei der Frage nach der Erkennbarkeit außer Betracht zu bleiben, da sie subjektive Erklärungen und Vorstellungen der Parteien des Importgeschäfts seien. Wassertanks wie die streitgegenständlichen hätten per se keinen erkennbaren Bezug zur Luftbeförderung, sie seien schlicht große schwarze Tanks. Wassertanks aus Kohlenstoff würden auch außerhalb von Luftfahrzeugen, sogar außerhalb von Fahrzeugen verwendet. Darüber hinaus zeigten auch die explizit unter der Position 8803 aufgeführten Teile, dass Wassertanks nicht Teile von Waren der Position 8801 und 8802 seien. Die unter Position 8803 genannten Rotoren und Propeller sowie Fahrgestelle seien beispielhaft den übrigen Teilen im Sinne der Position 8803 vorangestellt und zeichneten sich dadurch aus, dass es sich um begriffsbildende Teile des Flugzeugs handele, da sie sowohl notwendig zur technischen Spezifikation eines Fortbewegungsmittels als Flugzeug seien als auch unbedingt notwendige Elemente des Flugzeugs als solches darstellten, ohne die die dem Begriff innewohnende Möglichkeit des Fliegens nicht gegeben wäre. Eine erkennbare Bestimmung von Teilen für die Verwendung in Flugzeugen komme nur in Betracht, wenn diese Teile wie diejenigen der verzeichneten Beispiele der Position 8803 für jeden ersichtlich zum Betrieb des Flugzeugs notwendig seien, was bei Wassertanks nicht der Fall sei. Erkennbarkeit beziehe sich auf eine unmittelbare Sinneswahrnehmung, ohne eine weitergehende kognitive Verknüpfungsleistung. Bestimmung impliziere eine eindeutige zweckgebundene Verwendung. Aus dem einfachen Blick auf die streitgegenständlichen Wassertanks könne damit nicht auf die konkrete Verwendung geschlossen werden, so dass eine erkennbare Bestimmung für den Luftverkehr abzulehnen sei. Auch aus der Beschaffenheit der Tanks folge nichts anderes. Die Zusammensetzung der verwendeten Materialien sei zwar geeignet, bei Luftdruckschwankungen die Stabilität der Tanks zu gewährleisten. Dies sei indes nicht der wesentliche Grund der Materialzusammensetzung. Sämtliche genannten Materialien hätten gegenüber üblichen Tanks aus Edelstahl den Vorteil, dass sie zuerst Gewicht bei gleicher Stabilität einsparen hälfen. Aus der in der heutigen Industrie nicht mehr wegzudenkenden ökologisch bedingten Ersparnis von Gewicht und damit von Energie bei jeglicher Transportleistung könne nicht auf die ausschließliche Verwendung im Flugzeugbau geschlossen werden. Die Verwendung von Kohlenstofffasern stelle eine übliche Methode der Energie- und Kostenersparnis im gesamten Bereich der Industrie dar. Zudem sei nach dem Wortlaut für die Einreihung in Position 8803 die Beschaffenheit der Ware, die die rein stoffliche Ausprägung des einzureihenden Gutes, und nicht deren Haltevorrichtungen oder andere Bestandteile meine, zolltariflich maßgeblich, so dass eine Einreihung in Position 8803 wegen des Fehlens einer spezifischen Flugbeschaffenheit der Tanks nicht in Betracht komme, sondern wegen des Bestehens aus Kohlefaserverbundwerkstoffen eine Einreihung als Kohlenfaserwerkstoff. Schließlich gebiete auch die funktionelle Einordnung der Wassertanks keine Einreihung in Position 8803. Wassertanks seien keine zur Begriffsbildung des Flugzeugs wesentliche Teile. Angesichts der bewussten Auflistung nur wesentlicher Teile der Flugzeuge unter Position 8803 habe der Gesetzgeber eine ausdrückliche Beschränkung auf die wesentlichen Teile des Flugzeugs vorgenommen. Für eine ausweitende Analogie bestehe kein Platz. Das Abstellen auf die passgenaue Ausgestaltung einzelner Wassertanks für eine ausschließliche Verwendung der Tanks in Flugzeugen sei ein Zirkelschluss. Die Möglichkeit des Verbauens der Tanks in besonderen Positionen in einzelnen Flugzeugen sei nur eine denkbare Verwendung der Tanks, aus der nicht zu schließen sei, dass keine weiteren Verwendungen der Tanks neben der Luftfahrtindustrie gegeben seien. Danach seien die eingeführten Waren als Waren aus Kohlenstofffasern in die Position 6815 1010 als die ähnlichste Warenposition nach AV 4 einzureihen.

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Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 19.07.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2013 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung nimmt er auf die Gründe der Einspruchsentscheidung Bezug. Die Einreihung als Teile für Flugzeuge in die Codenummer 8803 3000 900 sei zutreffend erfolgt. Er betont, dass es für die Einreihung letztlich darauf ankomme, ob es sich bei den eingeführten Tanks um Teile für Luftfahrzeuge im Sinne der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII handele, wobei es sich dafür um Teile, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren des Kapitels 86, 87 oder 88 bestimmt seien, handeln müsse. Aus einer danach gegebenenfalls lediglich hauptsächlichen Verwendung ergebe sich begriffsnotwendig, dass es auch noch andere Verwendungsmöglichkeiten gebe, denen allerdings gegenüber dem Hauptverwendungszweck nur eine untergeordnete Bedeutung zuzumessen sei. Dadurch, dass im Wortlaut der Anmerkung geregelt sei, dass eine hauptsächliche Verwendung in Luftfahrzeugen ausreichend sei, habe der Gesetzgeber diese weiteren untergeordneten Verwendungszwecke daher ausdrücklich in Kauf genommen und festgelegt, dass sie zolltariflich unbeachtlich seien. Sämtliche Ausführungen der Klägerin, die allein auf eine nicht ausschließliche Verwendung der Tanks in Luftfahrzeugen abzielten, gingen damit fehl. Streitentscheidend sei vielmehr allein der objektiv erkennbare hauptsächliche Verwendungszweck, wobei sich die Erkennbarkeit nicht schon aus einer bloßen Inaugenscheinnahme ergeben müsse. Anders als zum Beispiel bei der Anmerkung 2 a) 3) zu Kapitel 59 enthalte die Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII nämlich keine Beschränkung auf ein bestimmtes Erkenntnismittel oder eine bestimmte Form der Sinneswahrnehmung. Die streitgegenständlichen Frisch- und Brauchwassertanks seien erkennbar hauptsächlich zur Verwendung in Luftfahrzeugen bestimmt. Die diesbezüglichen Angaben in den Zollanmeldungen, die mit den Angaben in den vorgelegten Rechnungen und Frachtunterlagen korrespondierten, seien im Rahmen der nachträglichen Zollprüfung bestätigt worden, indem auf die für den Einbau in Luftfahrzeugen unabdingbaren Materialeigenschaften hingewiesen worden sei. Die Einreihung als Teile von Flugzeugen sei auch nicht im Hinblick auf die für das Fliegen an sich nicht erforderliche Funktion oder die nicht namentliche Erwähnung der Frisch- und Brauchwassertanks im Zolltarif bzw. den Erläuterungen ausgeschlossen. Vielfach werde im Zolltarif, gerade auch bei Teilen, auf eine lediglich beispielhafte Aufzählung oder die Verwendung von Sammelbegriffen zugrückgegriffen. Auch die Aufzählung der Teile von Luftfahrzeugen in den Erläuterungen zu Position 8803, Rz. 13.0 ff. sei ausdrücklich nur beispielhaft und enthalte zudem auch Verkleidungen, Füllungen, Zwischenwände und Gepäckablagen. Auch diese Teile seien weder unabdingbar für das Fliegen an sich noch in den ersten Flugzeugen vorhanden gewesen, so dass es auf diese Kriterien nicht ankomme. Dessen ungeachtet wäre ohnehin zumindest auf das konkrete Flugzeug, für dessen Verwendung das Teil erkennbar bestimmt sei, und dessen bestimmungsgemäße Nutzung abzustellen. Zumindest für ein Passagierflugzeug wie den F , der für kommerzielle Langstreckenflüge konstruiert sei, seien Frisch- und Brauchwassertanks für Bordküche, Waschräume und Toiletten für die bestimmungsgemäße Nutzung notwendig. Dass Wassertanks der streitgegenständlichen Art, die von der Form und den Aussparungen her genau an die jeweiligen Einbauverhältnisse in einem Großraumflugzeug des Typs F angepasst und aus einem speziellen, sehr teuren, für die Luftfahrt besonders gut geeigneten Verbundstoff gefertigt seien, hauptsächlich anderweitig, z. B. als Regenwassertank in Haushalten, verwendet würden, erschiene hingegen lebensfremd.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

1.

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Die Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere ist die Klage innerhalb der Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. FGO erhoben worden, ausgehend von der hier - nach Bestreiten des durch den Beklagten nicht nachgewiesenen Zugangs der zuvor zur Post aufgegebenen Einspruchsentscheidung - allein maßgeblichen Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung durch die sodann erfolgte Zustellung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 19.02.2014, vgl. § 122 Abs. 2, Abs. 5 AO, §§ 3, 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG, §§ 177, 182 ZPO.

2.

12

Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 19.07.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

a)

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Der Beklagte hat zu Recht Drittlandszoll für die eingeführten Waren nacherhoben.

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aa)
Rechtsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 ZK. Danach hat die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nachzuerhebenden Restbetrages zu erfolgen, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst ist. Für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zollnacherhebung ist der Beklagte beweisbelastet (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2005, IV 337/02, in: juris).

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bb)
Vorliegend ist in der Person der Klägerin gem. Art. 201 Abs. 1 Buchst. a), Abs. 2 und 3, Unterabs. 1 Satz 1 ZK mit Annahme der jeweiligen Zollanmeldungen eine entsprechende Zollschuld entstanden. Die Voraussetzungen für eine Erhebung eines Drittlandszolls von 2,7 % lagen bei allen dem streitgegenständlichen Nacherhebungsbescheid zugrunde liegenden Einfuhrvorgängen vor. Zwischen den Beteiligten ist insoweit allein streitig die Frage der Tarifierung der eingeführten Waren. Der Beklagte ist von der zutreffenden Einreihung der Waren in die Unterposition 8803 3000 900 (in der zum streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung der Kombinierten Nomenklatur: „andere Teile von Hubschraubern oder Starrflügelflugzeugen (ausgenommen Segelflugzeuge), andere “) ausgegangen. Die Klägerin hingegen will die Waren in die Unterposition 6815 1010 000 („Kohlenstofffasern und Waren aus Kohlenstofffasern“) einreihen.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, Rs. C-121/95, EuGHE 1996, I-3047 Rn. 13; BFH, Urteile vom 18.12.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98, und vom 23.07.1998, VII R 36/97, jeweils in: juris) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System (HS) Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, Rs. C-143/96, EuGHE 1997, I-7039 Rn. 14, und vom 19.05.1994, Rs. C-11/93, EuGHE 1994, I-1945 Rn. 11 und 12). Daneben werden "Nationale Entscheidungen und Hinweise" (NEH) zur Kombinierten Nomenklatur und zum Harmonisierten System veröffentlicht, die jedoch lediglich Verwaltungsanweisungen sind, die den deutschen Zollstellen bei Schwierigkeiten mit der Einordnung von Waren eine Tarifierungshilfe geben sollen und nur unverbindlichen Charakter haben (BFH, Urteil vom 09.05.2000, VII R 14/99, in: juris). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/99, und vom 05.10.1999, VII R 42/98, jeweils in: juris; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02, in: juris).

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Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der eingeführten Waren sprechen dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und der Anmerkungen zu Abschnitt XVII, der die Kapitel 86 bis 89 (Beförderungsmittel) umfasst, folgend sowie unter Berücksichtigung der Erläuterungen zu Position 8803 (HS), die zur Auslegung der in Position 8830 und den dazu gehörigen Unterpositionen verwendeten Begriffe heranzuziehen sind, nach Überzeugung des Gerichts für eine Einreihung in die vom Beklagten angesprochene Unterposition 8803 3000 900. Dies ergibt sich aus Folgendem:

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Maßgeblich entscheidend für die streitige Einreihungsfrage ist, ob die streitgegenständlichen Waren als Teile oder Zubehör eines Beförderungsmittels, hier allein in Betracht kommend: eines Luftfahrzeugs im Sinne des Kapitels 88 (Luftfahrzeuge und Raumfahrzeuge, Teile davon), anzusehen sind und damit der Position 8803, Unterposition 8803 3000 900, mit der gegenüber der Position 6815 genaueren Warenbezeichnung zuzuordnen sind, vgl. AV 3 a); nur wenn sie nicht als Teile oder Zubehör eines Luftfahrzeugs anzusehen wären, wären sie nach ihrer Materialbeschaffenheit unter Berücksichtigung des Kohlenstoffs als der Stoff, der der Waren ihren wesentlichen Charakter verleiht, vgl. AV 3 b), als Waren aus Kohlenstofffasern der von der Klägerin angesprochenen Unterposition 6815 1010 000 zuzuordnen.

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Übereinstimmend und zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die streitgegenständlichen Tanks jedenfalls nicht nach Anmerkung 2 zu Abschnitt XVII, wonach die dort unter a) bis l) genannten Waren, auch wenn sie erkennbar für Waren des Abschnitts XVII bestimmt sind, nicht als „Teile“ oder als „Zubehör“ einzureihen sind, von einer Einreihung als Teil oder Zubehör eines Beförderungsmittels ausgewiesen sind.

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Maßgeblich entscheidend ist damit Satz 1 der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII, wonach „Teile“ und „Zubehör“ im Sinne der Kapitel 86 bis 88 nur Teile und Zubehör sind, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren des Kapitels 86, 87 oder 88 bestimmt sind. Dies bedeutet vorliegend, dass die streitgegenständlichen Wasser- bzw. Abwassertanks dann als Teile oder Zubehör von Starrflügelflugzeugen in die Unterposition 8803 30 einzureihen sind, wenn sie – erstens – als Teil oder Zubehör anzusehen sind und – zweitens – sie erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Luftfahrzeuge, hier konkret Starrflügelflugzeuge, bestimmt sind.

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Dass – erstens – die streitgegenständlichen Wasser- bzw. Abwassertanks Teile eines Luftfahrzeuges sind, ist nicht ernsthaft zweifelhaft. Die Kombinierte Nomenklatur enthält weder im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen noch in den Anmerkungen eine Definition für die Begriffe „Teile“ und „Zubehör“ im Sinne des Kapitels 88. Ebenso wenig enthalten die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur eine solche Definition. Nach der in Bezug auf Teile und Zubehör von Maschinen, Apparaten, Geräte oder Instrumenten ergangenen Rechtsprechung setzt der diesbezügliche Teilebegriff voraus, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktion dieses Teil unabdingbar ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16.06.2011, C-152/10, in: juris). Dies lässt sich auf den Teilebegriff für Beförderungsmittel in Kapitel 86 bis 88 übertragen (vgl. auch die, allerdings erst nach dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Erläuterungen zu AV 1 (NEH), Rz. 02.0 eingefügte und als bloße Verwaltungsanweisung unverbindliche Auslegung des Begriffs „Teil“, wonach ein Teil sich beim Zerlegen eines Ganzen ergibt, bei der Herstellung von vollständigen und fertigen Waren durch gesonderte Herstellungsprozesse/Fertigungstechniken hergestellt wird, und dadurch gekennzeichnet ist, dass, wird von einer vollständigen und fertigen Ware ein Teil entfernt, diese Hauptware nicht mehr voll funktionsfähig ist). Sowohl die Frisch- als auch die Abwassertanks sind, was auch zwischen den Beteiligten insoweit unstreitig ist, aufgrund ihrer den beim Fliegen auftretenden Druckverhältnissen standhaltenden und zudem gewichtsparenden Materialbeschaffenheit, ihrer konkreten an die räumlichen Verhältnisse des Flugzeugkörpers angepassten Formgebung und ihrer konkreten Ausgestaltung mit passgenau normierten Anschlussvorrichtungen bzw. Einfüll- bzw. Austrittsöffnungen für den Einbau in ein Luftfahrzeug, zudem eines bestimmten Typs, objektiv geeignet und auch dafür bestimmt. Damit stellen sie sich als ein unabdingbares Teil eines Ganzen, nämlich eines mit den Funktionen der Frischwasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung ausgestatteten Flugzeugs dar.

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Entgegen der Ansicht der Klägerin setzt der Teilebegriff des Kapitels 88 hingegen nicht voraus, dass sind nur solche Teile eines Flugzeugs als Teile im Sinne des Kapitels 88 anzusehen sind, die in einem eingeschränkten Sinne funktionsnotwendig für das Fliegen als solches, nämlich für die reine Fortbewegung in der Luft, sind. Dafür ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen des Kapitels 88 noch aus den zu deren Auslegung heranzuziehenden Erläuterungen entsprechende Anhaltspunkte. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass es sich in Anlehnung an die in den in den der Unterposition 8803 30 vorgenannten Unterpositionen 8803 10 (Propeller und Rotoren, Teile davon) und 8803 20 (Fahrgestelle und Teile davon) auch bei der Unterposition 8803 30 um ein für das Fliegen als solches funktionsnotwendiges Teil eines Luftfahrzeugs handeln müsse. Dieser Schluss ist nicht zwingend. Zwar sind in den vorgenannten Unterpositionen 8803 10 und 8803 20 solche Teile genannt, die funktionsnotwendig sind, damit ein Flugzeug überhaupt fliegen kann. Es handelt sich dabei aber um eine eigenständige Aufzählung bestimmter Teile innerhalb der Position 8803, die nicht näher auf eine für das Fliegen als solches funktionsnotwendig eingegrenzte „Teilen von Waren der Position 8801 oder 8802“ umfasst. Die Unterposition 8803 30 stellt damit eine Auffangposition für sämtliche sonstigen denkbaren Teile von – insoweit allerdings näher durch die Eingrenzung auf Hubschrauber und Starrflügelflugzeug (ausgenommen Segelflugzeuge) bestimmten – Luftfahrzeugen dar, wie sodann übrigens auch die weitere Unterposition 8803 90 eine Auffangposition für sonstige denkbare Teil von (anderen als in der Unterposition 8803 30 genannten) Waren der Position 8801 oder 8802 ist. Diese Auslegung wird auch durch die Erläuterungen zu Position 8803 (HS), Rz. 13.0 bis 22.0, bestätigt. Hierin sind beispielhaft Teile von Luftfahrzeugen aufgeführt. Darunter genannt sind neben für das Fliegen – inklusive Start- und Landevorgang - als solches eindeutig funktionsnotwendigen Teilen, wie z. B. Rümpfe, Tragflächen, Leitwerke, Fahrgestelle, Propeller, gerade auch zahlreiche Teile, die nicht zwingend für das Fliegen als solches funktionsnotwendig sind, wie z. B. bestimmte Außen- oder Innenteile des Rumpfes, wie u. a. Verkleidungen, Füllungen, Zwischenwände, Gepäckablagen, Böden, Rahmen, Türen, Notrutschen, unter Rz. 14.0, oder abwerfbare Kraftstoffzusatzbehälter, unter Rz. 22.0. Frischwasser- und Abwassertanks stellen den dort genannten nicht zwingend für das Fliegen als solches erforderlichen, aber für den Einsatz des Flugzeugs z. B. als Passagierfahrzeug unverzichtbaren oder zumindest sinnvollen Teilen vergleichbare Teile dar, so dass sie auch unter Berücksichtigung der Erläuterungen vom Teilebegriff umfasst sind.

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Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass man entgegen der vorstehenden Ausführungen nur solche Teile eines Flugzeugs als Teile im Sinne des Kapitels 88 ansehen wollte, die in einem eingeschränkten Sinne funktionsnotwendig für das Fliegen als solches erforderlich sind, die Frisch- bzw. Abwassertanks aufgrund ihrer besonderen Materialeigenschaften, ihrer besonderen Ausformung und Ausstattung sowie der von ihnen im Zusammenhang mit dem Einsatz in einem Passagierflugzeug auszuübenden Funktion jedenfalls als Zubehör für ein Luftfahrzeug im Sinne des Kapitels 88 anzusehen wären (vgl. zu dem Begriff des Zubehörs EuGH, Urteil vom 16.06.2011, C-152/10, in: juris, sowie die, allerdings erst nach dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Erläuterungen zu AV 1 (NEH), Rz. 03.0 eingefügte und als bloße Verwaltungsanweisung unverbindliche Auslegung des Begriffs „Zubehör“, wonach es sich um Waren handelt, die eine funktionelle Eigenständigkeit aufweisen und eine vollständige und fertige Ware ergänzen, aber nicht zum Bestandteil derselben werden und eine bessere Verwendung der Hauptware ermöglichen oder dessen Nutzungsmöglichkeiten erweitern).

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Darüber hinaus sind – zweitens – die streitgegenständlichen Tanks auch erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Luftfahrzeuge (als Waren des Kapitels 88) bestimmt.

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Wie die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 17.10.2006, VII R 41/05; Beschluss vom 12.03.2008, VII B 137/07, jeweils in: juris) zu der der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII vergleichbaren Anmerkung 2 b) zu Kapitel 90, wonach Teile und Zubehör, wenn zu erkennen ist, dass sie ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine, einen bestimmten Apparat oder ein bestimmtes Gerät oder Instrument bestimmt sind, der Position für diese Maschinen, Apparate, Geräte oder Instrumente zuzuweisen sind, klar gestellt hat, ist nicht hierbei nicht auf den Verwendungszweck abzustellen, den der Zollbeteiligte seiner Ware beimisst oder für den er sie bestimmt hat, sondern ist vielmehr auch insoweit die objektive Beschaffenheit der Ware aufgrund der an ihr feststellbaren Merkmale und Eigenschaften maßgeblich, die im Zeitpunkt der Zollabfertigung die ausschließliche bzw. hauptsächliche Bestimmung der Ware als Teil oder Zubehör für eine bestimmte Maschine, etc. erkennbar machen muss; die Beschaffenheitsmerkmale der Ware, die den Teile- bzw. Zubehörcharakter begründen, müssen bei der Zollabfertigung, mithin für die Beamten der abfertigenden Zollstelle, erkennbar sein, weshalb keine besondere, sondern lediglich eine durchschnittliche Sachkunde für die Erkennbarkeit der Zubehöreigenschaft vorauszusetzen ist. Zwar müssen im Zeitpunkt der Zollabfertigung die objektiven Beschaffenheitsmerkmale und Eigenschaften von Waren, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind, nicht in jedem Fall offensichtlich sein, anders verhält es sich jedoch, wenn – wie mit der in Rede stehenden Anmerkung – ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass eine bestimmte Wareneigenschaft „zu erkennen“ sein muss, denn diese besondere Tarifierungsvoraussetzung hätte keine Funktion, wenn die Teile- bzw. Zubehöreigenschaft ggf. auch durch eine spätere sachverständige Warenbeschau festgestellt werden könnte.

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In Anwendung dieser Maßstäbe ist sowohl für die Frischwasser- als auch für die Abwassertanks die Eigenschaft als Teile eines Luftfahrzeugs erkennbar im Sinne der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII.

27

Zunächst ist festzuhalten, dass, da die Teile erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren des Kapitels 86, 87 oder 88 bestimmt sein müssen, die Erkennbarkeit einer etwaigen anderweitigen Verwendungseignung als für Waren des Kapitels 86, 87 oder 88 unschädlich ist, solange die Tanks jedenfalls hauptsächlich für Waren des Kapitels 86, 87 oder 88 erkennbar bestimmt sind. Auch wenn es aufgrund der speziellen, an die Einbauverhältnisse im Flugzeug angepasste Ausformung der Tanks, insbesondere der nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung beschriebenen konischen Form, nicht naheliegend ist, dass die Tanks zu anderweitigen Zwecken als zum Einbau in das vorgesehene Beförderungsmittel, hier konkret in ein Flugzeug des Typs F, verwendet werden, da sie aufgrund dieser besonderen Formgebung nicht ohne weiteres im Freien oder in Räumlichkeiten, in denen Tanks benötigt werden könnten, ohne Haltevorrichtungen frei aufgestellt oder leicht und sicher befestigt werden können, ist eine derartige anderweitige Nutzung gleichwohl theoretisch denkbar und nicht gänzlich ausgeschlossen. Da jedoch vorliegend die Tanks jedenfalls hauptsächlich für den Einbau in ein Flugzeug und damit in eine Ware des Kapitels 88 erkennbar bestimmt ist – wie sogleich noch näher auszuführen sein wird –, ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unschädlich, dass die streitgegenständlichen Tanks grundsätzlich auch zur Aufnahme von Frisch- bzw. Abwasser außerhalb von Beförderungsmitteln theoretisch geeignet sind und verwendet werden können.

28

Die hauptsächliche Bestimmung der streitgegenständlichen Frisch- bzw. Abwassertanks als Teile eines Flugzeugs ist anhand der folgenden objektiven Merkmalen und Eigenschaften erkennbar, die jedenfalls in ihrer Zusammenschau für einen durchschnittlich sachkundigen Betrachter erkennbar werden lassen, dass die Tanks für den Einbau in Luftfahrzeugen bestimmt sind:

29

Zum einen zeigt die Materialbeschaffenheit der Tanks, dass diese jedenfalls nicht vorrangig für herkömmliche Zwecke, für die eine einfache Beschaffenheit aus Kunststoff oder Metall ausreichend wäre, sondern für eine besondere Verwendung vorgesehen sind. Die Materialbeschaffenheit ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Frisch- und Abwassertanks identisch bis auf die innere Schicht, die ausweislich der unbestrittenen Feststellung des Prüfungsberichts des Hauptzollamts C vom 03.04.2012, Ziff. 3.3.1, zu vergleichbaren Tanks bei den Frischwassertanks aus Kunststoff und bei den Abwassertanks aus Edelstahlblech gefertigt ist. Wie sich aus der vorgelegten Warenprobe eines Teilstücks eines Frischwassertanks ergibt, stellt sich das Material auch allein von der Außenseite betrachtet durch die versetzt gitterförmig angebrachten Kohlenstofffasern als mehrschichtiges, insgesamt leichtes und gleichzeitig stabiles Material dar. Die Verwendung eines speziellen, insgesamt leichten und gleichzeitig stabilen Verbundwerkstoffes lässt erkennen, dass die Tanks für eine besondere Verwendung bestimmt sind. Dabei liegt die Verwendung in der Luftfahrtindustrie auch für einen durchschnittlich sachkundigen Betrachter durchaus nahe, da allgemein bekannt ist, dass gerade beim Flugzeugbau in besonderem Maße Gewicht eingespart werden muss und zudem Materialien hinreichend stabil sein müssen, um den Druckverhältnissen während des Fluges standzuhalten.

30

Auch die weiteren objektiven Beschaffenheitsmerkmale der streitgegenständlichen Tanks sprechen für eine erkennbare Verwendung im Flugzeugbau.

31

Die Tanks haben eine spezielle, an den Flugzeugkörper angepasste Form. Nach den Darstellungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung sind die Abwassertanks stark konisch geformt, um sie im Bereich des Flügelkastens einbauen zu können, und die Frischwassertanks haben eine leicht konische Form, um sie an den Seiten des Flugzeugs einbauen zu können. Auch wenn für sich betrachtet ohne nähere Sachkunde allein aufgrund der Formgebung nicht zwingend auf einen Einbau in ein Flugzeug geschlossen werden kann, lässt die die Ausformung der Tanks dennoch zumindest erkennen, dass die Tanks zum Einbau in eine bestimmte räumliche Umgebung und mithin für eine spezielle Verwendung vorgesehen sind.

32

Gleiches gilt für die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung näher beschriebenen Einfüllöffnungen der Tanks mit so genannten zölligen Fittings als in der Luftfahrt, aber auch im Eisenbahnbau und im Schiffsbau, normierten Einfüllvorrichtungen und – bei den Abwassertanks – zusätzlich speziellen Befestigungsvorrichtungen in Form von Metall-“Ohren“.

33

Während die vorstehenden Merkmale und Eigenschaften für sich betrachtet ohne besondere Sachkunde nicht zwingend auf eine Verwendung im Flugzeugbau schließen lassen, so wird allerdings durch ein weiteres Merkmal der streitgegenständlichen Waren auch für den nur durchschnittlich sachkundigen Betrachter erkennbar, dass es sich bei den Tanks speziell um Tanks für den Einbau in ein Luftfahrzeug handeln muss. Auf den Tanks befinden sich fest angebrachte Etiketten, die u. a. die Funktion und die konkrete Positionierung der Tanks bezeichnen - ausweislich der bei der Sachakte befindlichen Abbildungen beispielsweise „Waste Tank - Main Deck, LH“ - und ferner den Hinweis auf den Hersteller (D Co., Ltd.) mit dem Zusatz „Aerospace Division“ enthalten. Dabei handelt es sich nicht um eine beigefügte Beschreibung oder Gebrauchsanweisung der Ware, vielmehr dienen die fest angebrachten Etiketten offenkundig zur näheren Spezifizierung der Tanks, um einen korrekten Einbau innerhalb des Flugzeugs sicherzustellen und stellen sich damit als ein Bestandteil der Ware dar. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass vergleichbare Etiketten mit der Herstellerangabe und zur notwendigen Präzisierung der Einbauposition sowohl auf den streitgegenständlichen Abwasser- als auch auf den streitgegenständlichen Frischwassertanks vorhanden waren. Aufgrund dieser an der Ware selbst angebrachten Hinweisetiketten drängt sich geradezu auf, dass die Tanks für die spezielle Verwendung in einem Beförderungsmittel und namentlich in einem Luftfahrzeug bestimmt sind. Der Begriff „Main Deck“ umschreibt den räumlichen Abschnitt typischerweise eines Schiffes oder eines Luftfahrzeugs und stellt damit einen unmittelbaren Bezug zu einem Beförderungsmittel her. Der Hinweis auf den Hersteller unter der Angabe „Aerospace Division“ wiederum verdichtet die Verwendungsbestimmung auf einen Einsatz des Tanks in einem Luftfahrzeug. Dass, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu bedenken gegeben hat, aus dem auf den Waren angebrachten Herstellerhinweis nicht zwingend gefolgert werden könne, dass das Produkt zur Verwendung in der Luftfahrt bestimmt sei, überzeugt nicht. Zwar mag der Klägerin zuzugeben sein, dass der Hersteller möglicherweise durchaus auch andere Waren als Flugzeugteile produziert. Dass aber der Hersteller die weitere Spezifikation „Aerospace Division“ auf produzierten Teilen anbringt, die für eine Verwendung außerhalb der Luftfahrt bestimmt sind, erscheint äußerst lebensfremd und drängt sich daher einem durchschnittlich sachkundigen Betrachter nicht auf. Dies gilt umso mehr in Zusammenschau mit den auf dem Etikett enthaltenen Angaben zur Positionierung (Main Deck, LH), bei denen, wie ausgeführt, gerade auch für ein Flugzeug passende Begriffe verwendet werden.

34

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass - worauf es angesichts der anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware nach obigen Ausführungen bereits erkennbaren Verwendungsbestimmung der streitgegenständlichen Tanks aber ohnehin nicht ankommt - zur Erkennbarkeit der Verwendungsbestimmung entgegen der Auffassung des Beklagten weder auf die Bezeichnung der Tanks als Einbauteile für Flugzeuge der zivilen Luftfahrt („Civil Aircraft Part“) in den Frachtpapieren und Rechnungen noch auf den aus den Rechnungen ersichtlichen hohen Preis der Tanks als möglicher Anhaltspunkt für deren ausschließliche Verwendung in der Luftfahrtindustrie abgestellt werden kann. Denn hierbei handelt es sich nicht um objektive Eigenschaften und Merkmale der Ware selbst, sondern nur um – nach der oben dargestellten Rechtsprechung außer Betracht zu bleibende – bloße Angaben oder Hinweise zum Verwendungszweck, den der Zollbeteiligte seiner Ware beimisst oder für den er sie bestimmt hat. Daran, dass derartige Angaben und Hinweise außer Betracht bleiben müssen, ändert auch der Hinweis des Beklagten darauf, dass die Erkennbarkeit im Sinne der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII nicht durch weitere einschränkende Vorgaben, wie z. B. bei Anmerkung 2 a) 3) zu Kapitel 59, wonach bestimmte Wareneigenschaften eines Gewebes „mit bloßem Auge wahrnehmbar“ sein müssen, definiert wird, nichts (vgl. zum Merkmal der Wahrnehmbarkeit mit bloßem Auge EuGH, Urteil vom 30.09.1982, C-317/81; BFH, Urteil vom 26.07.1983, VII K 6/77, jeweils in: juris). Die im vorliegenden Fall zu beachtende Anmerkung 3 zu Abschnitt XVII stellt zwar nicht auf eine Wahrnehmbarkeit mit bloßem Auge, jedoch gleichwohl auf eine Erkennbarkeit anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware selbst ab, so dass der Rückgriff auf bloße Angaben oder Hinweise zum Verwendungszweck gerade nicht zulässig ist.

35

Damit sind die streitgegenständlichen Tanks in die Position 8803, und dort – da eine Zuordnung zur Unterposition 8803 3000 100 („für zivile Luftfahrzeuge“) mit der Folge einer Zollbefreiung nach den dafür erforderlichen und im vorliegenden Fall unstreitig nicht erfüllten festgelegten Voraussetzungen für die zollamtliche Überwachung der Endverwendung dieser Waren nicht in Betracht kommt – in die Unterposition 8803 3000 900 einzureihen.

cc)

36

Schließlich ist auch die Festsetzungsfrist des Art. 221 Abs. 3 ZK, nach der die Erhebung nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen darf, gewahrt.

b)

37

Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Einfuhrabgabenschuld drängen sich dem Gericht keine Bedenken auf, auch die Klägerin macht solche nicht geltend.

II.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 182 Zustellungsurkunde


(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418. (2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:1.die Bezeichnung der Person, der

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde


(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. (2) Für di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 177 Ort der Zustellung


Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird.

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 7 Zustellung an Bevollmächtigte


(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte best

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Bundesfinanzhof Urteil, 23. Okt. 2018 - VII R 19/17

bei uns veröffentlicht am 23.10.2018

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 19. Februar 2016  4 K 58/14 aufgehoben.

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(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.

(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.

(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.

Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird.

(1) Zum Nachweis der Zustellung nach den §§ 171, 177 bis 181 ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen. Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418.

(2) Die Zustellungsurkunde muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Person, der zugestellt werden soll,
2.
die Bezeichnung der Person, an die der Brief oder das Schriftstück übergeben wurde,
3.
im Falle des § 171 die Angabe, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat,
4.
im Falle der §§ 178, 180 die Angabe des Grundes, der diese Zustellung rechtfertigt und wenn nach § 181 verfahren wurde, die Bemerkung, wie die schriftliche Mitteilung abgegeben wurde,
5.
im Falle des § 179 die Erwähnung, wer die Annahme verweigert hat und dass der Brief am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde,
6.
die Bemerkung, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist,
7.
den Ort, das Datum und auf Anordnung der Geschäftsstelle auch die Uhrzeit der Zustellung,
8.
Name, Vorname und Unterschrift des Zustellers sowie die Angabe des beauftragten Unternehmens oder der ersuchten Behörde.

(3) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle in Urschrift oder als elektronisches Dokument unverzüglich zurückzuleiten.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.