Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA), mit der LED-Leuchtmittel in die Position 8541 KN, hilfsweise 8539 KN eingereiht werden.

2

Die Klägerin beantragte am 10.12.2013 beim Beklagten eine vZTA, mit der drei LED-Leuchtmittel (Artikelnummern ...-1, ...-2 und ...-3), die als Ersatz für konventionelle Glühlampen im Wohnbereich dienen, in die Position 8539 1000 90 0 eingereiht werden sollten. Die LED-Leuchtmittel werden mit einer Spannung von 230 Volt und einer Leistung von 4 W bzw. 10 W betrieben. Sie bestehen aus einer matten Kunststoffabdeckung in Birnen-, Kerzen- oder Tropfenform nach der Art einer herkömmlichen Glühlampe und einem Schraubsockel (E14- bzw. E27-Gewinde). Auf einer mit weiteren elektrischen Bauelementen bestückten Schaltung befinden sich mehrere Leuchtdioden, die mit Kabeln über ein Kondensatornetzteil mit dem Schraubsockel verbunden sind (im Folgenden: LED-Leuchtmittel).

3

Der Beklagte erteilte für diese Waren unter dem 20.01.2014 die vZTA-Nr. DE ...-1, mit der die LED-Leuchtmittel in die Taric-Warennummer 8543 7090 99 0 als andere elektrische Maschinen, Apparate und Geräte, mit eigener Funktion, im Kap. 85 KN anderweitig weder genannt noch inbegriffen, eingereiht wurden.

4

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 31.01.2014 Einspruch ein. Aus der beantragten Position lasse sich wenigstens die Zugehörigkeit zu Leuchtmitteln ableiten, was bei der Einreihung, die der Beklagte vorgenommen habe, nicht der Fall sei.

5

Auf der Grundlage einer Stellungnahme des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) München vom 19.02.2014 legte der Beklagte mit Schreiben vom 06.03.2014 seine Auffassung dar: Mit Ausnahme der Maschinen, Apparate und Geräte, die in Kap. 84 KN einzureihen seien, würden alle elektrischen Maschinen, Apparate und Geräte sowie deren Teile von Kap. 85 KN erfasst, sofern sie nicht vom Abschnitt XVI KN ausgenommen seien. Damit sei jedes elektrische Erzeugnis, das namentlich nicht genannt, oder dessen Funktion in einer Position des Kap. 85 KN aufgeführt sei, zolltarifrechtlich eine Maschine i. S. v. Kap. 85 KN. Die LED-Leuchtmittel seien aus elektrischen Komponenten zusammengesetzt und arbeiteten elektrisch, d. h. ihre Arbeitsweise beruhe auf den Eigenschaften und Wirkungen der Elektrizität. Sie seien nicht nach Anm. 1 zu Abschnitt XVI KN und Anm. 1 zu Kap. 85 KN vom Abschnitt XVI KN bzw. vom Kap. 85 KN ausgenommen. Auch wenn sie als Ersatz für herkömmliche Glühlampen dienten, die in der Position 8539 KN namentlich genannt seien, könnten sie nicht in diese Position eingereiht werden, da sie von ihrem Wortlaut nicht erfasst seien. Da sie jedoch in ihrer Funktion mit den Glühlampen der Position 8539 KN vergleichbar seien, handele es sich um "elektrische Geräte mit eigener Funktion". Weil sie nicht durch die Anm. 1 zu Abschnitt XVI KN oder die Anm. 1 zu Kap. 85 KN aus dem Kap. 85 KN ausgewiesen würden, bliebe nur, sie als elektrische Geräte mit eigener Funktion der Position 8543 KN zuzuweisen. Im Hinblick darauf, dass sie keiner der anderen Unterposition zuzuordnen seien, seien sie in die Position 8543 7090 99 0 einzureihen.

6

Unter Hinweis darauf, dass Konkurrenten mit einer anderen Zolltarifnummer verzollen könnten, erhielt die Klägerin ihren Einspruch aufrecht.

7

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.06.2014 wies der Beklagte unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 06.03.2014 den Einspruch zurück. Sofern andere Wirtschaftsbeteiligte vermeintlich gleichartige Waren unter Verwendung andere Zolltarifposition verzollen könnten, würde dies nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

8

Mit der am 09.07.2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt nunmehr vor, dass die LED-Leuchtmittel zumindest in die Position 8541 4010 KN einzureihen seien. Die vom Beklagten ausgewählte Zolltarifposition enthalte keinerlei Hinweis auf LED-Leuchtmittel. Es handele sich nicht um elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion, sondern um Leuchtmittel, die ohne Verbindung mit anderen Gerätschaften keine eigene Funktion hätten. Da sie herkömmliche Glühbirnen ersetzten, seien sie in dieselbe Position einzureihen. Es stelle außerdem eine Ungleichbehandlung dar, dass die Firma A LED-Leuchtmittel unter der Zolltarifposition 8539 einführen könne.

9

Die Klägerin legte eine Einfuhranmeldung vor, nach der das Hauptzollamt B am 13.11.2013 LED-Leuchtmittel unter der Unterposition 8541 4010 00 KN abgefertigt habe. Würde die Argumentation des Beklagten zutreffen, müssten auch Kompaktleuchtstofflampen (sog. Energiesparlampen) ebenfalls der Position 8543 KN zugewiesen werden. Tatsächlich würden diese aber von der Unterposition 8539 31 KN als "Glühkathoden-Leuchtstofflampen" erfasst.

10

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der vZTA Nr. DE ...-1 vom 20.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.06.2014 zu verpflichten, ihr eine vZTA zu erteilen, mit der die LED-Leuchtmittel in die Unterposition 8541 4010 KN, hilfsweise in die Taric-Warennummer 8539 1000 90 0 eingereiht werden.

11

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

12

Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: Die LED-Leuchtmittel seien nicht als Leuchtdioden in die Position 8541 KN einzureihen. In dieser Position würden ausdrücklich vier durch Semikolons getrennte Warengruppen unterschieden, wobei nur die lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente (Unterposition 8541 40 KN) aus Modulen oder Tafeln bestehen könnten. Da die anderen Warengruppen nicht mit diesem Zusatz versehen seien, könnten die anderen erwähnten Bauelemente, also auch die Leuchtdioden aus der dritten Warengruppe, nur dann in diese Position eingereiht werden, wenn sie einzeln eingeführt würden. Leuchtdioden seien elektronische Halbleiterbauelemente mit zwei elektrischen Anschlüssen (Kathode und Anode), die nur in eine Richtung (sog. Durchlassrichtung) Strom durchließen und den sog. Lumineszenz-Effekt aufwiesen. Hiermit werde die Umwandlung von elektrischer Energie in (sichtbare und unsichtbare) Strahlungsenergie bezeichnet. Sie unterschieden sich demnach grundlegend von den lichtempfindlichen Halbleiterbauelementen (Fotoelementen) aus der zweiten Warengruppe der Position 8541 KN, die Licht aufnähmen. Aufgrund ihrer Zusammensetzung seien die LED-Leuchtmittel keine einzelnen Halbleiterbauelemente. Da sie keiner anderen Position in Kap. 85 KN zuzuordnen seien, müssten sie in die Auffangposition 8543 KN eingereiht werden. Dies sei innerhalb der Europäischen Union unstreitig. Dies ergebe sich aus gültigen britischen, niederländischen, französischen, polnischen und österreichischen vZTAen. Hinsichtlich der von der Klägerin genannten Einfuhr von LED-Leuchtmitteln, die zunächst unter der Unterposition 8541 4010 KN abgefertigt worden seien, sei zwischenzeitlich ein Einreihungsgutachten zu einem Ergebnis gekommen, dass die Ware der Unterposition 8543 7090 99 0 zugeordnet werden müsse. Eine abweichende Einreihungspraxis bei anderen Einführern sei dem Beklagten nicht bekannt.

13

Das Gericht nimmt weiter Bezug auf das vorgelegte Einspruchsheft sowie das Protokoll des Erörterungstermins.

Entscheidungsgründe

14

I. Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 90 Abs. 2 FGO) und durch den Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3, 4 FGO).

II.

15

Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Ablehnung der beantragten vZTA ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO), weil sie keinen Anspruch auf antragsgemäße Erteilung der vZTA gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. EG L 302/1; Zollkodex - ZK) hat.

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der Kombinierten Nomenklatur (KN) festgelegt sind (EuGH, Urt. v. 20.11.2014, Rs. C-666/13, Rn. 24; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 29 m. w. N.; BFH, Beschl. v. 28.04.2014, VII R 48/13, Rn. 29; Urt. v. 04.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris). Darüber hinaus sind die Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) und zur KN ein maßgebendes, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (st. Rspr., siehe nur: EuGH, Urt. v. 20.11.2014 Rs. C-666/13, Rn. 25; Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-480/13, Rn. 30 m. w. N.; BFH, Urt. v. 04.11.2003, VII R 58/02, Rn. 9; Urt. v. 30.07.2003, VII R 40/01, Rn. 12 - jeweils zitiert nach juris). Unter Anwendung dieser Grundsätze hat die Klägerin weder einen Anspruch auf Einreihung der LED-Leuchtmittel in die Unterposition 8541 4010 KN gemäß Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif vom 23.07.1987 (ABl. EG L 256/1) in der im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BFH, Urt. v. 06.08.2013, VII R 15/12, juris, Rn. 10; Lange, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, 226. EL, Febr. 2014, § 101 FGO, Rn. 25 m. w. N.) geltenden Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 vom 16.10.2014 (ABl. EU L 312/1) noch in die hilfsweise geltend gemachte Warennummer 8539 1000 90 0 des Integrierten Tarifs der Europäischen Gemeinschaften (Taric) gemäß Art. 2 VO (EWG) Nr. 2658/87 (dazu 2.). Der Beklagte hat die Ware zutreffend in die Taric-Warennummer 8543 7090 99 0 eingereiht (dazu 3.).

17

1. Die LED-Leuchtmittel sind nicht der Unterposition 8541 4010 KN zuzuordnen, da sie vom Wortlaut dieser Unterposition nicht erfasst sind. Die Position 8541 KN lautet:
Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden; gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle:
Von den vier, jeweils durch Semikolons abgetrennten Produktgruppen, kommt vorliegend lediglich die dritte Gruppe ("Leuchtdioden") in Betracht, die in der Unterposition 8541 40 KN enthalten ist. Sie lautet:
8541 40         lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden:
8541 40 10      - - Leuchtdioden, einschließlich Laserdioden
8541 40 90      - - andere

18

Da nach ihrem Wortlaut in der Unterposition 8541 40 KN nur lichtempfindliche Halbleiterbauelemente auch in Form von Modulen oder Tafeln enthalten sind, folgt im Umkehrschluss, dass Leuchtdioden nur einzeln, in sog. diskreter Form, von der Unterposition 8541 4010 KN erfasst sind (so bereits FG Hamburg, Urt. v. 18.07.2014, 4 K 3/13, juris, Rn. 36 f.; FG Sachsen, Urt. v. 22.05.2014, 7 K 728/13, juris, Rn. 28, vgl. auch FG Freiburg, Urt. v. 15.12.2009, 11 K 188/05, juris, Rn. 21). Bei den LED-Leuchtmitteln handelt es sich nicht um diskrete Leuchtdioden. Ihr Aufbau ist viel komplexer, da sie mehrere andere funktionsrelevante Bauteile enthalten. Zunächst verfügen die LED-Leuchtmittel über einen Schraubsockel. Hierüber wird der Strom zu den Leuchtdioden geleitet, die auf einer Platine angeordnet sind. Zwischen Schraubsockel und Leuchtdioden befindet sich ein Kondensatornetzteil, das den Strom gleichrichtet und auf die von den LEDs benötigte Voltzahl heruntertransformiert. Ohne diese Bauteile könnte das LED-Leuchtmittel nicht eingesetzt werden. An diesem Ergebnis ändert auch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1037/2014 vom 25.09.2014 (ABl. EU L 287/9) nichts, mit der vier verschiedene LED-Module in die Unterposition 8541 4010 KN eingereiht wurden. Sie ist weder direkt (dazu 1.1) noch analog (dazu 1.2) auf die LED-Leuchtmittel anwendbar.

19

1.1 Die Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 ist nicht direkt anwendbar. Einreihungsverordnungen gelten nur für Waren, die mit den Waren, die Anlass zu der Verordnung gegeben haben, identisch sind (EuGH, Urt. v. 13.07.2006, Rs. C-14/05, juris, Rn. 29; BFH, Beschl. v. 10.02.2014, VII R 39/12, juris, Rn. 25; FG München, Urt. v. 04.12.2014, 14 K 2827/11, juris, Rn. 32). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Wie oben dargestellt, bestehen die LED-Leuchtmittel neben der Platine, auf der LEDs angeordnet sind, aus weiteren funktionsrelevanten Bauteilen.

20

1.2 Die LED-Leuchtmittel sind nicht im Lichte der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 unter die Unterposition 8541 4010 KN zu fassen, weil die Verordnung auch nicht analog anzuwenden ist. Eine analoge Anwendung einer Tarifierungsverordnung ist grundsätzlich möglich, um eine kohärente Auslegung der KN und die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer zu erreichen (EuGH, Urt. v. 13.07.2006, C-14/05, juris, Rn. 32; Urt. v. 04.03.2004, C-130/02, juris, Rn. 35). Es darf allerdings nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer Tarifierungsverordnung kommen, soweit die Verordnung hierfür keine Hinweise enthält (EuGH, Urt. v. 17.07.2014, Rs. C-472/12, juris, Rn. 57; Urt. v. 18.04.2002, Rs. C-290/00, juris, Rn. 21 m. w. N.). Eine Analogie setzt in der Sache voraus, dass die Produkte, die nach der Einreihungsverordnung tarifiert werden sollen, denjenigen entsprechen, die der Einreihungsverordnung zugrunde lagen (EuGH, Urt. v. 13.07.2006, Rs. C-14/05, juris, Rn. 32; Urt. v. 04.03.2004, Rs. C-130/02, juris, Rn. 35). Hierzu muss deren Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmen (FG München, Urt. v. 04.12.2014, 14 K 2827/11, juris, Rn. 32). Maßgeblich sind nur die einreihungsrelevanten Merkmale (vgl. EuGH, Urt. v. 13.07.2006, C-14/05, juris, Rn. 34). Nach diesen Grundsätzen kommt eine analoge Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 nicht in Betracht. Möglicherweise ist die Platine mit den einzelnen LEDs, die sich in den LED-Leuchtmitteln befindet, mit den von der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 erfassten LED-Modulen vergleichbar. Dies kann jedoch dahinstehen, weil die LED-Leuchtmittel über mehrere einreihungsrelevante technische Bauteile verfügen, die sie deutlich von den LED-Modulen der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 unterscheiden. Zum einen gibt der Schraubsockel, der die LED-Leuchtmittel nicht nur mit einer Leuchte verbindet, sondern auch für die Stromversorgung sorgt, den LED-Leuchtmitteln ein besonderes Gepräge. Er definiert nämlich ihren Einsatzbereich. Sie können (nur) als Ersatz für herkömmliche Glühbirnen in eine Leuchte mit einem E14- bzw. E27-Gewinde eingeschraubt werden. Die LEDs der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014 können dagegen nicht in einem Schraubsockel eingeschraubt werden. Ferner verfügen die LED-Leuchtmittel über ein Transformatorennetzteil, das den Anschluss an das Hausstromnetz ermöglicht. Auch dies ist bei den LEDs der Verordnung (EU) Nr. 1037/2014, bei denen es sich um Bauteile handelt, nicht der Fall.

21

2. Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Die LED-Leuchtmittel sind nicht der Taric-Warennummer 8539 1000 90 0 (innenverspiegelte Scheinwerferlampen, andere als für zivile Luftfahrzeuge) zuzuordnen. Die Position 8539 KN erfasst elektrische Glühlampen und Entladelampen, die Unterposition 8539 1000 KN innenverspiegelte Scheinwerferlampen (sealed beam lamp units). Die TARIC-Unterpositionen hierzu lauten:
8539 1000 10 0    - - für zivile Luftfahrzeuge
8539 1000 90 0    - - andere

22

Die LED-Leuchtmittel können nicht in die Taric-Warennummer 8539 1000 90 0 eingereiht werden, weil es sich nicht um Glühlampen handelt. Bei einer Glühlampe fließt elektrischer Strom durch einen Wolframdraht, der erhitzt wird und so sichtbare elektromagnetische Strahlung emittiert. Die LED-Leuchtmittel dagegen sind Halbleiterdioden und arbeiten elektrisch, d. h. ihre Arbeitsweise beruht auf den Eigenschaften und Wirkungen der Elektrizität. Auch wenn im Ergebnis beide Leuchtmittel sichtbares Licht emittieren, unterscheiden sich Glühlampen und LED-Leuchtmittel fundamental in ihrer Wirkungsweise, so dass eine Einreihung in die Position 8539 KN nicht in Betracht kommt.

23

3. Der Beklagte hat die Ware zutreffend in die Taric-Warennummer 8543 7090 99 0 eingereiht. Die Position 8543 KN ist eine Auffangposition für elektrische Maschinen, Apparate und Geräte mit eigener Funktion, die in Kapitel 85 KN weder genannt noch inbegriffen sind. Da die LED-Leuchtmittel - wie oben dargelegt - weder in die Position 8539 KN, 8541 KN noch in eine sonstige Position des Kap. 85 KN einzureihen sind, und ihre Arbeitsweise auf den Eigenschaften und Wirkungen der Elektrizität beruht, unterfallen sie der Position 8543 KN. Da sie keiner der in der Auffangunterposition 8543 7090 KN genannten Produkte zuzuordnen sind, sind sie als andere elektrische Maschinen einzureihen.

24

Diese Einreihungsauffassung bestätigt eine Avise zum Harmonisierten System. Derartige Avisen stellen eine wichtige Auslegungshilfe dar (EuGH, Beschluss v. 19.01.2005, Rs. C-206/03, juris, Rn. 24). Nach dieser Avise, die der Ausschuss für das Harmonisierte System der Weltzollorganisation (WZO) bei seiner 53. Sitzung im März 2014 angenommen hat und die innerhalb der Europäischen Union ab dem 07.10.2014 gilt (ABl. EU C 352/1), werden LED-Leuchtmittel, die als Ersatz für herkömmliche Glühlampen dienen, in die Unterposition 8543 70 HS eingereiht. Die streitgegenständlichen Produkte sind bauartgleich mit den Waren, die Grundlage für die Avise sind.

25

Die Auffassung des Beklagten wird zuletzt dadurch untermauert, dass die WZO mit Wirkung vom 1. Januar 2017 die neue Unterposition 8539.50 (Light-emitting diode [LED] lamps) ins Harmonisierte System eingefügt hat (WZO-Dok. NG0212B1, Amendments to the nomenclature appended as an annex to the Convention accepted pursuant to the Recommendation of 27 June 2014 of the Customs Co-operation Council). Damit wird nämlich deutlich, dass es bisher keine spezielle Zolltarifposition für LED-Leuchtmittel gibt.

III.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

27

Die Revision war nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, weil es im vorliegenden Fall um die Anwendung einer gefestigten Rechtsprechung auf einen konkreten Sachverhalt geht.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

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Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spr

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Der Vorsitzende kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid (§ 90a) entscheiden. Dagegen ist nur der Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides gegeben.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ in den Jahren 2010 und 2011  96 Sendungen Warensortimente mit Ursprung in den USA in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Zugleich beantragte sie die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 des Zollkodex (ZK) und meldete die Waren unter der Unterpos. 6109 10 10 der Kombinierten Nomenklatur (KN) für T-Shirts an. Die Zollstelle nahm die Anträge an und fertigte die Waren antragsgemäß ab. Bei stichprobenhaften Beschaffenheitsbeschauen, die u.a. auch die hier zu beurteilenden Sendungen erfassten, hatte das Zollamt keine anderen Waren als T-Shirts festgestellt.

2

Eine Zollprüfung des Prüfungsdienstes des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) im Jahr 2012 bei der Klägerin ergab, dass die Sendungen als "Nylon Tricot Legging", "Nylon Tricot High-Waist Legging", "Printet Nylon Legging", "Shiny Legging" und "Shiny High-Waist Legging" bezeichnete Waren enthielten.

3

Bei diesen Waren handelte es sich um Bekleidungsstücke, die zu 100 % aus synthetischen Chemiefasern gewirkt waren. Die in Größen für Erwachsene konfektionierten Bekleidungsstücke waren hosenähnlich und wiesen knöchellange Beine ohne Fußteile auf. Sie hatten einen die Taille abschließenden elastischen Bund in unterschiedlicher Breite (2,5 bis 12,7 cm). An den Kleidungsstücken waren vorn weder eine Öffnung noch ein Verschluss, aber Nähte an den Innenseiten der Beine vorhanden. Merkmale, die auf einen bestimmten Trägerkreis hinwiesen, waren nicht feststellbar. Die Bekleidungsstücke konnten ohne Weiteres als eine lange, den Unterkörper bedeckende Hose getragen werden.

4

Der Prüfungsdienst reihte diese Waren in die Unterpos. 6104 63 00 KN ein und stellte fest, dass sich daraus neben dem Zollsatz von 12 % ein Zusatzzoll von weiteren 15 % ergebe. Das HZA folgte den Feststellungen und erhob von der Klägerin Einfuhrabgaben nach, in welchen --neben hier unstreitigen, auf fehlerhaften Zollwerten beruhenden, zu- und abgerechneten Zollbeträgen-- ein Zusatzzoll enthalten war.

5

Einspruch und Klage, mit welchen die Klägerin die Einreihung der Leggings in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise in die Unterpos. 6115 21 KN beanspruchte und geltend machte, der auf der Verordnung (EG) Nr. 673/2005 (VO Nr. 673/2005) des Rates vom 25. April 2005 zur Einführung zusätzlicher Zölle auf die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 110/1) beruhende Zusatzzoll sei auf die zutreffende Tarifposition nicht anwendbar, im Übrigen sei bei einer Einreihung auf Antrag nach Art. 81 ZK nur die Anwendung des in der KN vorgesehenen höchsten Zollsatzes gestattet, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der für die Nacherhebung der Zollschuld nach Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK maßgebliche Zollsatz ergebe sich nach Art. 20 Abs. 1 ZK aus dem Zolltarif, im Streitfall aus der VO Nr. 673/2005 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 317/2009 (VO Nr. 317/2009) der Kommission vom 17. April 2009 (ABlEU Nr. L 100/6), einer sonstigen Gemeinschaftsregelung i.S. des Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK, die für Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN einen Zusatzzoll von 15 % des Wertes der eingeführten Waren vorsehe. Bei den streitgegenständlichen Leggings handele es sich um lange Hosen, aus Gewirken und Gestricken, für Frauen und Mädchen, die in die Pos. 6104 KN und innerhalb dieser Position aufgrund der synthetischen Spinnstoffe, aus denen sie bestehen, in die Unterpos. 6104 63 00 KN einzureihen seien.

6

Sie seien nicht als Waren der Pos. 6406 KN oder der Pos. 6115 KN einzureihen. Unter die Pos. 6406 KN fielen --u.a.-- Gamaschen und ähnliche Waren, aber keine hosenähnlichen Waren. Das ergebe sich auch aus den für die Auslegung maßgeblichen französischen und englischen Fassungen. Nach den Warenbezeichnungen in französischer Sprache handelt es sich bei "guêtres" um Gamaschen und Halbgamaschen, und bei "jambières" um Beinschienen, Beinschützer, Beinschutz, Gamaschen, sog. Legwarmer und Stulpen. In der englischen Fassung fänden sich neben "gaiters", das sind Stulpen oder Gamaschen, zwar "leggings and similar articles". Auch diese Bezeichnungen ließen aber nicht erkennen, dass die darunter fallenden Waren hosenähnlich sein dürften, nämlich ein zwei miteinander verbundenes, beide Beine und den Unterkörper bedeckendes Kleidungsstück sein könnten. Der Begriff "leggings" habe im Englischen zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichne er gamaschenähnliche Kleidungsstücke, zum anderen sehr eng geschnittene Hosen für Frauen und Kinder. Letztere würden aber nicht von der Pos. 6406 KN erfasst. Dies ergebe sich aus dem Vergleich mit den übrigen, von der Position erfassten Waren. Auch die Entwicklung der Pos. 6406 KN bestätige diese Auslegung. Vor dem Beitritt Großbritanniens sei die heutige Pos. 6406 in den Tarifnummern 64.05 für Schuhteile und 64.06 für Gamaschen, Schienbeinschützer und ähnliche Waren sowie Teile davon (Verordnung (EWG) Nr. 950/68 --VO Nr. 950/68-- des Rates vom 28. Juni 1968 über den gemeinsamen Zolltarif, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 172/1) erfasst gewesen; auf Französisch "Guêtres, jambières, molletières, protège-tibias et articles similaires et leurs parties". Die inhaltlich unveränderten Tarifnummern seien dann in der englischen Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs (VO (EWG) Nr. 1/73 des Rates vom 19. Dezember 1972, ABlEG Nr. L 1/1) als "Gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof" übersetzt worden. Eine inhaltliche Änderung der Tarifnummer mit dem Ziel der Einbeziehung von Damenhosen sei damit nicht verbunden gewesen, unter Leggings seien nur Kleidungsstücke zu verstehen, die ein Bein ganz oder teilweise bedeckten, aber nicht miteinander verbunden seien.

7

Auch in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zu Pos. 6406 KN Rz 14.0 würden die in der Klammer als Leggings bezeichneten Waren als Beinlinge, also nicht als Hosen oder hosenähnliche Kleidungsstücke beschrieben.

8

Bei den als Leggings bezeichneten Waren handele es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN. Eine Strumpfhose sei eine aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte Unterleibsbekleidung. Dazu gehörten die streitgegenständlichen Waren jedoch nicht.

9

Das HZA sei auch berechtigt gewesen, in dem der Klägerin auf ihren Antrag bewilligten Verfahren nach Art. 81 ZK die Zollbelastung für alle Sendungen nach der höchsten Einfuhrabgabenbelastung, also mit dem Zusatzzoll nach der VO Nr. 673/2005 zu ermitteln. Die Klägerin hätte die in ihrem eigenen Warenwirtschaftssystem zutreffend unter der Unterpos. 6104 63 00 KN erfassten Leggings gesondert anmelden können.

10

Von der Nacherhebung könne auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abgesehen werden. Es habe keine Warenbeschau gegeben, auf Grund derer die Klägerin davon habe ausgehen können, für die Leggings falle kein Zusatzzoll an.

11

Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin vor: Die Leggings seien als "ähnliche Waren" wie Gamaschen in die Unterpos. 6406 90 90 KN, hilfsweise als "Strumpfhosen" in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

12

Für die Einreihung in die Pos. 6406 KN spreche die Verwendung des Begriffs "legging" in der englischen Sprachfassung und auch für das französische Wort "jambières" werde in Wörterbüchern als Synonym der Begriff "leggings" angegeben. Angesichts dieser eindeutigen Wortlaute habe das FG seine Auslegung nicht auf einen systematischen Vergleich der Ware mit den übrigen von der Position erfassten Waren stützen dürfen. Auf die Entwicklung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG dürfe zur Auslegung der KN nicht zurückgegriffen werden, da die KN nicht auf der VO Nr. 950/68, sondern auf dem Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren beruhe und sich im Übrigen --wie der gegenüber der Tarifnummer 64.06 ("gaiters, spats, leggings, puttees, cricet pads, shin-guards and similar articles, and parts thereof") verkürzte Wortlaut der Pos. 6406 KN ("gaiters, leggings and similar articles, and parts thereof") zeige-- die zolltarifliche Rechtslage gegenüber dem Gemeinsamen Zolltarif geändert habe.

13

Den Klammerzusatz "leggings" zum Begriff Beinlinge in den ErlHS zu Pos. 6406 Rz 14.0 interpretiere das FG falsch, er sei als Ausweitung des Begriffs "Beinlinge" auf hosenähnliche Beinkleider zu verstehen.

14

Hilfsweise seien die Leggings als Strumpfhosen in die Unterpos. 6115 21 KN einzureihen.

15

Die Klägerin hält im Übrigen die Anwendung des Zusatzzolls der VO Nr. 673/2005 gemäß Art. 81 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK auf sämtliche Waren der jeweiligen Sendung nicht für gerechtfertigt. Das FG verkenne, dass sich die VO Nr. 673/2005 und Art. 81 ZK widersprächen. Gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 finde der Zusatzzoll ausschließlich auf die in Anhang I genannten Waren Anwendung. Nur so sei gewährleistet, dass die zusätzlichen Zölle 72 % der jährlichen Auszahlungen der USA aus vereinnahmten Antidumping- und Ausgleichszöllen an die geschädigten US-amerikanischen Unternehmen nicht übersteigen, was nach der Entscheidung des Schiedsgerichts der World Trade Organisation (WTO) vom 31. August 2004 (WT/DS217/ARB/EEC) Bedingung für die Erhebung der zusätzlichen Zölle sei. Die bei Anwendung des Art. 81 ZK sich ergebende Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren, führe zu einer Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags. Bei der gebotenen völkerrechtskonformen Auslegung von Unionsrecht müsse der Zusatzzoll bei der Ermittlung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung der Waren einer Sendung nach Art. 81 ZK außer Betracht bleiben.

16

Außerdem sei die Zulassung der vereinfachten Einreihung nach Art. 81 ZK rechtswidrig gewesen, weil Aufwand und Kosten der Einzelanmeldungen angesichts der hohen Zollsätze für Textilien nicht außer Verhältnis zur Höhe der Einfuhrabgaben stünden. Auch deshalb sei die Anwendung der höchsten Einfuhrabgabenbelastung rechtswidrig.

17

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Einfuhrabgabenbescheid vom 16. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

18

Das HZA schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

20

Die Revision ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil des FG entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

21

Für die in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten in 96 Sendungen zusammengefassten Warensortimente ist, da die Abfertigung zum höchsten Zollsatz nach Art. 81 ZK antragsgemäß bewilligt war, eine Zollschuld entstanden, die wegen der in den Sendungen enthaltenen Leggings zu einem Zollsatz von 12 % und gemäß Art. 2 VO Nr. 673/2005 i.V.m. Unterpos. 6104 63 00 KN zu einem Zusatzzoll von 15 % führt. Da der entsprechende Abgabenbetrag für die streitigen Einfuhren seinerzeit nicht buchmäßig erfasst wurde, ist er gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben.

22

1. Die Voraussetzungen einer vereinfachten Einfuhrabgabenerhebung gemäß Art. 81 ZK liegen vor. Die Klägerin hat die in den Einfuhrsendungen enthaltenen Waren einheitlich als solche angemeldet, auf die der jeweils höchste Abgabensatz entfällt, und diese Zollanmeldungen sind angenommen worden. Daran muss sie sich festhalten lassen. Die Voraussetzungen für eine Ungültigerklärung der Zollanmeldungen gemäß Art. 66 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 251 der Zollkodex-Durchführungsverordnung sind schon hinsichtlich der dort vorgesehenen Antragsfristen nicht erfüllt.

23

2. Bei der Ermittlung der auf die Waren des jeweiligen Sortiments entfallenden höchsten Einfuhrabgabenbelastung war auch der Zusatzzoll aus der VO Nr. 673/2005 zu berücksichtigen, sofern eine der Waren von einer im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Tarifbezeichnungen erfasst war. Die Vereinfachungsvorschrift des Art. 81 ZK betrifft (nur) die Einfuhrabgaben i.S. des Art. 4 Nr. 10 ZK (vgl. Weymüller in Dorsch, Zollrecht, Art. 81 ZK Rz 38), also nach dem hier maßgeblichen Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK "Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren". Darunter fällt auch der Zusatzzoll gemäß der VO Nr. 673/2005. Denn der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst nach Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK die sonstigen zolltariflichen Maßnahmen der Union, also auch die sog. Retorsionszölle, die im Fall von Handelsstreitigkeiten festgelegt werden, wie es mit der VO Nr. 673/2005 geschehen ist (so auch Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 20 ZK Rz 33).

24

Mit ihrem Einwand, die Anwendung der unter Einbeziehung des Zusatzzolls ermittelten höchsten Abgabenbelastung auf alle Waren einer Sendung führe zu einer Erstreckung der Zusatzzölle auf andere als in der VO Nr. 673/2005 gelistete Waren und damit zu einer von der Genehmigung der Zusatzzölle durch das Schiedsgericht der WTO nicht mehr gedeckten Überschreitung des zulässigen Kompensationsbetrags, macht die Klägerin keine Verletzung eines eigenen subjektiv-öffentlichen Rechts geltend, auf welches allein sie die Anfechtung der Nacherhebung stützen kann. Da Art. 81 ZK den Begriff Einfuhrabgabenbelastung verwendet und damit nach den Definitionen der Art. 4 Nr. 10 und Art. 20 Abs. 3 Buchst. g ZK sonstige zolltarifliche Maßnahmen der Gemeinschaft bzw. Abgaben mit gleicher Wirkung wie Zölle einbezieht, sind Zusatzzölle wie solche des Streitfalls bei der Ermittlung der "höchsten Einfuhrabgabenbelastung" i.S. des Art. 81 ZK nicht ausgenommen. Anderenfalls ließen sich mithilfe dieses für Sammelsendungen unterschiedlicher Waren vorgesehenen vereinfachten Einreihungsverfahrens Zusatzzölle für bestimmte in solchen Sendungen enthaltene Einfuhren umgehen.

25

Trotz der seitens der Kommission mit Schreiben vom 27. September 2013, auf das sich die Revision beruft, geäußerten Rechtsmeinung hält der Senat in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des Art. 81 ZK sowie des Art. 4 Nr. 10 Anstrich 1 ZK die Auslegung jener Vorschrift auch im Hinblick auf die mit der VO Nr. 673/2005 verfolgten Ziele für zweifelsfrei und sieht keinen Grund, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.

26

Ist das vereinfachte Einreihungsverfahren gemäß Art. 81 ZK beantragt und bewilligt, tritt die gesetzliche Folge ein, dass der für bestimmte in der Sendung enthaltene Waren vorgesehene höchste Einfuhrabgabensatz --und damit ebenso der für solche Waren zu erhebende Strafzoll-- auch auf Waren anzuwenden ist, für die eigentlich kein Strafzoll, sondern ein geringerer Abgabensatz gilt. Hätte der Unionsgesetzgeber diese Rechtsfolge für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren vermeiden wollen, hätte es nahe gelegen, in dieser Verordnung die Anwendung des Art. 81 ZK auszuschließen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Unionsgesetzgeber mit Art. 3 VO Nr. 673/2005 eine andere Regelung zur Einhaltung des vorgesehenen Kompensationsbetrags vorgesehen. Es kommt daher nicht in Betracht, für von der VO Nr. 673/2005 nicht erfasste Waren die Rechtsfolge des Art. 81 ZK trotz Vorliegens seiner Voraussetzungen nicht eintreten zu lassen mit der Folge, dass die Erhebung des Zusatzzolls auch für in der Einfuhrsendung enthaltene Waren der VO Nr. 673/2005 unterbleibt.

27

3. Dem Einwand der Klägerin, es sei unverhältnismäßig, die gesamte Warenmenge mit dem Zusatzzoll zu belegen, ist nicht zu folgen (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1989 VII R 10/87, BFHE 158, 200, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1990, 48, zu § 79 Abs. 2 des Zollgesetzes 1961). Der Anmelder kann Einfuhrwaren mit besonders hoher Abgabenbelastung ausschließen, indem er diese Waren getrennt anmeldet, oder er kann für eine Warengruppe angeben, dass bestimmte Waren in dieser nicht enthalten sind (vgl. Weymüller in Dorsch, a.a.O., Art. 81 ZK Rz 37).

28

4. Auf die streitgegenständlichen Waren ("Leggings") entfällt der Zusatzzoll nach Art. 2 VO Nr. 673/2005 (für die Einfuhren des Jahres 2009 i.d.F. der VO Nr. 317/2009) i.V.m. deren Anhang I auf Waren der Unterpos. 6104 63 00 KN.

29

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. November 2012 C-558/11, ZfZ 2013, 41, Rz 29, m.w.N.) ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (s. Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der KN 1 und 6).

30

a) Von der Unterpos. 6104 63 00 KN werden u.a. lange Hosen aus Gewirken und Gestricken aus synthetischen Chemiefasern für Frauen oder Mädchen erfasst.

31

aa) Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den in Warensendungen enthaltenen Leggings um Kleidungsstücke aus zwei miteinander verbundenen Beinteilen, die beide Beine und den Unterkörper bedecken, mit Nähten an den Innenseiten der Beinteile, einem breiten Bund und ohne Fußteile, und die ohne Weiteres als lange, den Unterkörper bedeckende Hosen getragen werden können. Diese tatrichterliche Wertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sie erscheint vielmehr durchaus nachvollziehbar. Die Klägerin setzt ihr auch lediglich ihre eigene --abweichende-- Wertung entgegen, die Leggings seien als Oberbekleidung nicht geeignet.

32

bb) Die Leggings fallen auch nicht unter die Anmerkung 1 Buchst. n zu Abschn. XI, wonach Gamaschen und ähnliche Waren des Kapitels 64 aus diesem Abschnitt ausgewiesen sind.

33

Von der Pos. 6406 KN sind in der deutschen Sprachfassung erfasst "Schuhteile ...; Einlegesohlen, Fersenstücke und ähnliche herausnehmbare Waren; Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon". Leggings sind nicht genannt. Zwar taucht dieser Begriff in den ErlHS zu Pos. 6406 unter "II) Gamaschen und ähnliche Waren sowie Teile davon" in Rz 14.0 als Synonym für Beinlinge ("Leggings") auf, die den sog. Beinschützern ähnlichen Waren --wie Wadengamaschen (einschließlich Wickelgamaschen), Stutzen, Trachtenstrümpfe usw., ohne Fußteil und mit oder ohne Steg-- zugeordnet werden. Es ist allerdings offensichtlich und bedarf keiner näheren Begründung, dass die von der Klägerin eingeführten Leggings keine diesen Kleidungsstücken ähnliche Waren sind. Aus der englischen Sprachfassung der Pos. 6406 KN folgt nichts anderes.

34

b) Bei den als Leggings bezeichneten Waren handelt es sich auch nicht um Strumpfhosen der Pos. 6115 KN.

35

Weder aus dem Wortlaut der Positionen der KN noch aus den Anmerkungen ergeben sich Definitionen oder klare Abgrenzungskriterien für Strumpfhosen und lange Hosen.

36

Gleichwohl tragen diese Waren ihre Definition in sich. Sie ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.

37

Strumpfhosen sind eng an Fuß, Bein und Unterleib anliegende, gewirkte oder gestrickte Hosen (besonders für Frauen und Kinder), die wie ein Strumpf angezogen werden. Dementsprechend hat das FG zutreffend herausgearbeitet, dass Strumpfhosen aus zwei sich überlagernden Strümpfen gefertigte, typischerweise --wie Strümpfe-- rundgewebte Unterleibsbekleidungen sind. Strumpfhosen weisen eine besondere, machartbedingte Passform auf, sie passen sich eng anliegend der Körperform an.

38

Dieser Definition entsprechen die streitigen Kleidungsstücke schon nicht, weil sie keinen Strumpf, d.h. keinen den Fuß umhüllenden Teil aufweisen. Auf die übrigen vom FG zur Unterscheidung von Hosen und Strumpfhosen herangezogenen Merkmale --wie Längsnähte an den Innenseiten oder fehlende Angaben zur Feinheit der verwendeten Garne-- braucht daher nicht eingegangen zu werden.

39

5. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK sind nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im FG-Urteil Bezug genommen.

40

6. Ist das Urteil nach alledem revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) und in der Sache insbesondere darum, ob es sich bei den streitgegenständlichen Waren um Leuchtdioden oder Laser oder Teile bzw. Zubehör von Druckapparaten handelt.

2

1. Die Klägerin stellte unter dem 17.05.2010 den Antrag auf Erteilung von vZTA für sogenannte Laserdiodenmodule der Typen ... "A" und "B" (im Folgenden als "Apparate" bezeichnet). Den Anträgen waren eine Warenbeschreibung und weitere Produktinformationen beigefügt (Verwaltungsvorgang - VV - Bl. 11f, 13, 64 - 114).

3

In der beigefügten Warenbeschreibung heißt es u. a.:

4

"Die Laserdiodenmodule des Herstellers C (...) ... enthalten als wesentlichen Funktionsbestandteil ein Array aus 20 High-Power Halbleiter-Laserdioden. ... Es handelt sich hierbei um Violett-Laserdioden mit einer nominalen emittierten Wellenlänge von 405 nm. ... Ein Lasermodul enthält im Wesentlichen die oben erwähnten 20 Halbleiter-Laserdioden, deren Leistungstreiber, einen Kühlkörper zum Betrieb mit Wasser sowie dessen externe Wasseranschlüsse und eine elektrische Steckverbindung zur Versorgung, Steuerung und Überwachung der Laserdioden. Die Auskopplung der erzeugten Laserstrahlung erfolgt über 20 Lichtwellenleiter, die von jeweiligen Austrittsfacetten der Laserdioden kommend in einem Bündel von 650 µm Durchmesser zusammengefasst und über eine FC-Steckverbindung nach außen geführt werden. ... Das Laserdiodenmodul selbst besteht aus einem Aluminiumgehäuse mit den Abmessungen 28 mm x 224 mm x 354 mm (BxHxT) zur Montage in Einschubrahmen. ... In unserem Unternehmen sind die Module als Lichtquelle für die Bebilderung UV-lichtempfindlicher Druckplatten vorgesehen. Weitere mögliche Anwendungen liegen beispielsweise in den Bereichen Medizintechnik und Aushärtung von Photopolymeren." (VV Bl. 64)

5

Nach den für jeden der beiden Apparate beigefügten Produktinformationen schwankt die Wellenlänge der erzeugten Strahlung zwischen 400 nm und 410 nm.

6

Die beigefügte Abbildung 1 "Schematische Darstellung eines Moduls" (S. 9 der "Specification", VV Bl. 83 bzw. 95) enthält an der Stelle des Lichtaustritts die Bezeichnung "LASER emission".

7

In den Produktinformationen heißt es im Übrigen u. a.:

8

"C LD ... Module is classified in Class 4 of IEC 60825-1 and 1 CFR Part 1040.10 Safety Standards." (VV Bl. 71 und 73)

9

"Laser radiation is emitted from aperture in front panel." (S. 2 der "Specifications for C LD ... Module, Model: "A" bzw. "... Model: "B", jeweils unter "3. Operation ... (6)", VV Bl. 77, 89)

10

"The LD ... Module produces laser light. Laser light can damage the human eye and skin. Do not expose the eye or skin to any laser light directly or through any optical lens." (S. 5 der "Specifications" unter "6. Cautions", VV Bl. 79 bzw. 91)

11

In ihrem Antrag schlug die Klägerin eine Einreihung in die Code-Nr. 8541 4010 "Leuchtdioden, einschließlich Laserdioden" vor.

12

2. Der Beklagte erteilte am 01.02.2011 zwei vZTA - DE ...-1 für das Modul "A" und DE ...-2 für das Modul "B" -, mit denen er die Apparate jeweils als "Laser, keine Laserdiode, keine Ware der Unterpos. (TARIC) 9013 20 00 10 bis 9013 20 00 30" jeweils in die Pos. 9013 - TARIC Unterpos. 9013 2000 90 - einreihte.

13

3. Die Klägerin erhob hiergegen am 01.03.2011 Einspruch. In der Begründung heißt es u. a., der Beklagte sei fälschlich davon ausgegangen, die Apparate seien als Festkörperlaser einzureihen. Konstitutives Merkmal von Festkörperlasern sei ein optisches Resonanzsystem, das den Apparaten indes fehle. Wesentlich für Laserlicht sei Kohärenz und Monochromatik. Durch die Überlagerung des Lichtes der zwanzig Einzeldioden habe der Lichtstrahl der Apparate laseruntypisch eine nur kurze Kohärenzlänge und sei nicht monochromatisch. Anders als der Beklagte meine, erfasse die von der Klägerin angegebene Warennummer 8541 nicht nur diskrete (einzelne) Bauelemente, sondern auch zusammengesetzte Module wie die streitgegenständlichen Apparate.

14

4. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 04.12.2012 als unbegründet zurück. Die Apparate seien keine Festkörperlaser, sondern den verwendeten Laserdioden entsprechend Halbleiter-Laser, die das Laserlicht ohne ein (getrenntes) Resonanzsystem erzeugten. Zu Modulen zusammengesetzte Bauelemente würden von Pos. 8541 KN nach dem vier Warengruppen unterscheidenden Wortlaut nur erfasst, wenn es sich um lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (zweite Warengruppe) handele. Leuchtdioden seien indes als dritte Warengruppe genannt und, da dort der Zusatz "auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln" fehle, nur als diskrete, also einzelne Bauelemente erfasst.

15

5. Die Klägerin hat am 04.01.2013 Klage erhoben.

16

Die Klägerin behauptet, bei den streitgegenständlichen Apparaten handele es sich um lichtempfindliche Halbleiterbauelemente.

17

Die Klägerin meint weiterhin, die Apparate seien genau wie die einzelne Laserdiode einzureihen, denn es könne keinen für die Einreihung maßgeblichen Unterschied machen, ob eine Laserdiode als Einzelemitter vorliege oder mehrere kleinere Laserdioden, die elektrisch parallel betrieben würden. Funktional seien die streitgegenständlichen Apparate nichts anderes als größere Einzelemitter.

18

Die Klägerin meint, die Einreihung der Apparate durch den Beklagten unter Pos. 9013 20 00 als Laser sei deshalb unzutreffend, weil die von den streitgegenständlichen Apparaten erzeugte Strahlung nicht als Laserlicht bezeichnet werden könne. Für Laserlicht typisch sei die Kohärenz der Lichtwellen. Durch die Bündelung des von den verbauten Laserdioden erzeugten Lichtes entstehe nicht-kohärente Lichtstrahlung. Die Module dienten auch nicht dazu, Laserlicht, sondern nur ein besonders intensives Licht zu erzeugen

19

Im Hinblick auf den Zweck der Apparate, eine Druckplatte durch Auflösung und Aushärtung einzelner Bereiche für ein Reproduktionsverfahrens zu präparieren, käme auch eine Einreihung in die Pos. 8443 KN "Maschinen, Apparate und Geräte zum Drucken mittels Druckplatten ... Teile und Zubehör für diese Maschinen, Apparate oder Geräte" in Betracht.

20

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskünfte vom 01.02.2011 (DE ...-1 und -2) und der Einspruchsentscheidung vom 04.12.2012 zu verpflichten, für die Ware neue verbindliche Zolltarifauskünfte zu erteilen, in denen diese in die Unterposition 8541 4010 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht werden, hilfsweise in die Unterposition 8443 9910 der Kombinierten Nomenklatur.

21

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

22

Der Beklagte nimmt zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

23

Ergänzend führt der Beklagte aus, weder die streitgegenständlichen Apparate noch die in ihnen verbauten Laserdioden seien lichtempfindliche Halbleiterbauelemente. Lichtempfindliche Halbleiterbauelemente im Sinne der Pos. 8541 KN seien gemäß Erl. (KN) Pos. 8541 Rz. 29.0 f solche Bauelemente, in denen sichtbare oder Infrarot- oder ultraviolette Strahlen durch inneren Fotoeffekt eine Änderung des spezifischen Widerstandes hervorriefen oder eine elektromotorische Kraft erzeugten. Die Laserdioden seien indes den Leuchtdioden ähnliche Halbleiter-Laser. In ihnen werde elektrischer Strom direkt in Licht umgewandelt, das die Eigenschaften eines Laser-Strahles habe.

24

Die in der streitgegenständlichen Ware verbauten Laserdioden bestimmten indes nicht die Einreihung. Denn nach dem Wortlaut der Pos. 8541 KN dürften von den in dieser Position genannten Elementen nur die lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln aufgemacht sein; im Übrigen würden die Elemente nur als sog. diskrete Bauelemente erfasst, wenn es sich also um ein grundlegendes elektronisches, untrennbares Bauelement handele.

25

Der Beklagte macht sich die Ausführungen des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg in dem Urteil vom 28.10.2010 (1 K 1243/08, nicht veröffentlicht, vom Beklagten in anonymisierter Fassung vorgelegt) zu Eigen. Dort sei eine vergleichbare Ware ebenfalls in Pos. 9013 KN eingereiht worden.

26

6. Dem Gericht lag außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen ein Heftstreifen mit dem Verwaltungsvorgang (VV) des Beklagten vor. Die Sache ist am 07.11.2013 erörtert und am 18.07.2014 mündlich verhandelt worden; auf die Protokolle wird Bezug genommen.

27

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 06.06.2014 gemäß § 6 FGO dem Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

28

Das Gericht entscheidet gemäß § 6 FGO durch den Einzelrichter.

29

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

30

Die angefochtene vZTA ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK) des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl EG Nr. L 302/1) keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständliche Waren unter der Codenummer 8541 4010 KN oder unter der Codenummer 8443 9910 KN eingereiht wird; die Waren sind vielmehr zutreffend der Codenummer 9013 2000 90 KN zugewiesen worden.

31

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofs (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom 18.12.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99 und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).

32

2. Zwischen den Beteiligten ist die Frage im Streit, ob die streitgegenständlichen Apparate in die Pos. 9013 KN (so der Beklagte) oder in die Pos. 8541 KN oder in die Pos. 8443 KN (so die Klägerin) einzureihen sind.

33

Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Apparate führen zu der vom Beklagten vorgenommenen Einreihung in die Pos. 9013 KN.

34

3. Zum Einreihungsantrag der Klägerin, Pos. 8541 KN

35

Die Pos. 8541 KN bezeichnet "Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden; gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle".

36

a) Der Warenbezeichnung der Position unterscheidet ausdrücklich zwischen vier verschiedenen, durch Semikolon voneinander getrennten Warengruppen mit den jeweils genannten Bauelementen, wobei nur für die zweite Warengruppe der lichtempfindlichen Halbleiterbauelemente durch entsprechenden Klammerzusatz bestimmt ist, dass diese Warengruppe nicht nur die genannten Bauelemente für sich umfasst, sondern auch Fotoelemente, die zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln vorliegen, eingeschlossen sind. Aus dem Umstand, dass die anderen Warengruppen nicht mit diesem Klammerzusatz versehen sind, ist ohne weiteres zu schließen, dass die anderen in der Positionsbeschreibung erwähnten Bauelemente nur dann von der Pos. 8541 KN erfasst werden, wenn sie einzeln ("diskret") vorliegen.

37

Da allein der Wortlaut der Position für die Einreihung maßgeblich ist, kommt es, anders als Klägerin argumentiert, nicht darauf an, aus welchem Grund bei einer Ware andere Bauelemente als Fotoelemente zu einer einheitlichen Ware verbaut worden sind.

38

b) Die streitgegenständlichen Apparate sind nicht aus lichtempfindlichen Halbleiterbauelementen zusammengesetzt.

39

Als lichtempfindliche Halbleiterbauelemente gehören zur zweiten Warengruppe der Pos. 8541 KN Elemente, in denen sichtbare Strahlen, Infrarotstrahlen oder ultraviolette Strahlen durch inneren Fotoeffekt eine Änderung des spezifischen Widerstandes hervorrufen oder eine elektromotorische Kraft erzeugen, Erl. (HS) Pos. 8541 Rz. 29.0.

40

Dass die in den Apparaten verbauten Laserdioden lichtempfindliche Bauelemente im Sinne der 2. Warengruppe von Pos. 8541 KN sind, kann nicht erkannt werden und wird auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Die Laserdioden sind vielmehr von der dritten Warengruppe der Pos. 8541 KN "Leuchtdioden" umfasst, wie die Erl. (HS) Pos. 8541 zur Warengruppe der Leuchtdioden ergibt, in deren Rz. 45.0 Laser-Dioden sogar ausdrücklich erwähnt sind. Da, wie ausgeführt, Leuchtdioden nur in Form einzelner, diskreter Bauelemente von Pos. 8541 KN erfasst sind, scheidet eine Einreihung der Apparate in diese Position also aus.

41

4. Zum hilfsweisen Einreihungsantrag der Klägerin, Pos. 8443 KN

42

Die Pos. 8443 KN bezeichnet "Maschinen, Apparate und Geräte zum Drucken mittels Druckplatten, Druckformzylindern und anderen Druckformen der Position 8442; andere Drucker, Kopiergeräte und Fernkopierer, auch miteinander kombiniert; Teile und Zubehör für diese Maschinen, Apparate oder Geräte".

43

In Betracht käme hier allenfalls die dritte Warengruppe "Teile und Zubehör für Maschinen, Apparate etc. zum Drucken". Die Apparate sind indes nicht von dieser Warenbeschreibung erfasst. Denn die Apparate werden nach dem Vortrag der Klägerin, anders als Teile oder Zubehör der genannten Art, nicht "zum Drucken", nämlich beim Druckvorgang eingesetzt, sondern zum Herstellen von Druckplatten. Dabei handelt es sich um einen eigenständigen Produktionsprozess, der vor dem eigentlichen Druckvorgang und auch nicht durch die in Pos. 8443 KN aufgezählten Druckmaschinen etc. erfolgt.

44

Andernfalls würde jedenfalls aus Anm. 1 Buchst. m) zum Abschnitt XVI KN eine Ausweisung der Apparate aus Pos. 8443 KN folgen. Denn nach dieser Anmerkung gehören Waren des Kapitels 90 KN nicht zu Abschnitt XVI, von dem die Pos. 8443 KN ein Teil ist. Die Apparate sind indes Waren des Kapitels 90 KN:

45

5. Zur Einreihung durch den Beklagten in die Pos. 9013 KN

46

Die Apparate sind zutreffend als Laser in die Pos. 9013 KN einzureihen. Die Pos. 9013 KN bezeichnet "Flüssigkristallvorrichtungen, die anderweit als Waren nicht genauer erfasst sind; Laser, ausgenommen Laserdioden; andere in Kapitel 90 anderweit weder genannte noch inbegriffene optische Instrumente, Apparate und Geräte".

47

Bei den Apparaten handelt es sich um in der zweiten Warengruppe der Pos. 9013 KN erfasste "Laser".

48

a) Der in der Positionsbeschreibung enthaltene Ausweisungstatbestand - "ausgenommen Laserdioden" - ist nicht erfüllt, denn die streitgegenständliche Apparate sind keine Laserdioden, sondern enthalten lediglich Laserdioden, die zu einem Modul zusammengesetzt sind. Da Laserdioden im Sinne der Kombinierten Nomenklatur indes nur die diskreten Bauelemente selbst sind (s. o. Gliederungsnummer 3), steht der Einreihung der Apparate als Laser der Pos. 9013 KN nicht entgegen, dass in ihnen Laserdioden verbaut sind.

49

b) Zur Beantwortung der Frage, was ein "Laser" im Sinne der Pos. 9013 KN ist, kann auf die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur zurückgegriffen werden.

50

aa) Gemäß Erl. (HS) Pos. 9013 Rz. 03.0 "erzeugen oder verstärken (Laser) eine elektromagnetische Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 1 nm und 1 mm (ultravioletter, sichtbarer und infraroter Bereich des Lichts) durch stimulierte und kontrollierte Strahlungsemission."

51

Unstreitig ist insoweit, dass die in den Apparaten verbauten Laserdioden eine Strahlung, die den genannten Bedingungen entspricht, auf eben die genannte Art und Weise erzeugen. Da die streitgegenständlichen Apparate diese durch ihre Bauteile erzeugte Strahlung bündeln und emittieren, erzeugen und verstärken sie Laserlicht im Sinne der zitierten Positionsbeschreibung.

52

bb) Zu einer abweichenden Einreihung führt auch nicht die von der Klägerin weiterhin als Merkmal von Laserlicht angesprochene "Kohärenz". Die Klägerin trägt insoweit vor, dass Kohärenz typisch für Laserlicht sei. Die Laserdioden würden zwar jeweils für sich kohärentes Licht erzeugen. Das von den streitgegenständlichen Apparaten sodann gebündelt emittierte Licht sei allerdings nicht mehr kohärent - weil die Laserdioden ihr Licht nicht miteinander synchronisiert erzeugten - und somit nicht mehr als Laserlicht zu qualifizieren.

53

(1) Hinsichtlich der Eigenschaft der Kohärenz ist von Folgendem auszugehen: Kohärenz ist eine Eigenschaft von Lichtstrahlen. Dabei ist zwischen zeitlicher und räumlicher Kohärenz zu unterscheiden. Licht ist zeitlich kohärent, wenn alle Lichtwellen von gleicher Wellenlänge sind, und räumlich kohärent, wenn die Wellen parallel schwingen. Da es ein unterschiedliches Maß an Streuung sowohl hinsichtlich der Wellenlänge als auch hinsichtlich der Wellenparallelität geben kann und zudem das Verhältnis von zeitlicher und räumlicher Kohärenz eines Lichts zueinander variieren kann, gibt es graduelle Abstufungen von Kohärenz.

54

(2) Aus dem Wortlaut der Kombinierten Nomenklatur und den zur Auslegung heranzuziehenden Quellen ergibt sich nicht, dass für die Einreihung einer Ware als Laser zwingend ein bestimmtes Maß von Kohärenz des von ihr erzeugten oder verstärkten Lichts gegeben sein muss.

55

(a) Die Erl. (HS) Pos. 9013 Rz. 03.0 Satz 2 - "Wenn das Lasermedium (z. B. Kristalle, Gase, Flüssigkeiten oder chemische Erzeugnisse) entweder vom Licht einer elektrischen Lichtquelle oder durch die Reaktion einer anderen Energiequelle beeinflusst wird, werden die im Lasermedium erzeugten Lichtstrahlen derart mehrfach reflektiert und verstärkt, dass an dem einen teilweise durchlässigen Ende ein Bündel kohärenter (sichtbarer oder unsichtbarer) Lichtstrahlen austritt." - kann zwar in diesem Sinne wie von der Klägerin verstanden werden, aber auch so, dass hier lediglich ein typischer Fall beschrieben wird, bei dem Kohärenz auftritt. Bei letzterem Verständnis müsste Kohärenz nicht zwingend gegeben sein. Dass weder die Nomenklatur noch die zu ihrer Auslegung heranzuziehenden Quellen auf ein bestimmtes oder näher bestimmbares Maß an Kohärenz abstellen, spricht sehr dafür, soweit die Kohärenz gegebenenfalls nur ein Typusmerkmal der Laserstrahlung ist. Der Typus ist nicht abstrakt definiert, sondern verweist auf ein mehr oder minder konkretes "Bild"; unter einen Typus kann nicht subsumiert werden, man kann lediglich den im Einzelfall zu prüfenden Sachverhalt mit den Vorbildern vergleichen, auf die der Typus verweist (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2011, 4 V 133/11).

56

In eben diesem Sinne ist aus Erl. (HS) Pos. 9013 Rz. 06.0 - "...Maschinen und Apparate, in die ein Laser eingebaut ist, ... sind, sofern ihre Einreihung in der Nomenklatur nicht ausdrücklich bestimmt ist, so einzureihen wie die Maschinen oder Apparate, mit denen sie ihrer Funktion nach vergleichbar sind" - zu schließen, dass es für die Einreihung der Apparate als "Laser" hinreichend ist, wenn die einzureihende Ware einen oder mehrere Laser enthält und ihrer Funktion nach einem Laser vergleichbar ist.

57

(3) Vor diesem Hintergrund braucht die Frage nach der Kohärenz des mit den Apparaten erzeugten Lichtes nicht weiter aufgeklärt zu werden.

58

(a) Zum einen ist schon unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags zur Qualität des von den streitgegenständlichen Apparaten emittierten Lichts nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um Licht handelt, dass keinerlei Kohärenz mehr aufweist. Selbst die Klägerin behauptet dies nicht; in ihrer Einspruchsbegründung etwa hat sie nur von einer "laseruntypisch kurzen Kohärenzlänge" gesprochen. Damit spricht sie allerdings nur die räumliche Kohärenz an.

59

Die zeitliche Kohärenz ist nicht zweifelhaft: Sämtliche Laserdioden der streitgegenständlichen Apparate erzeugen ausweislich der Produktbeschreibung Licht derselben Wellenlänge von rund 405 nm bei einem Minimum von 400 nm und einem Maximum von 410 nm (s. o. Tatbestand). Die verhältnismäßig geringe Streuung der Wellenlänge ändert sich durch die Bündelung nicht.

60

Im Hinblick auf die räumliche Kohärenz ist zwar plausibel, dass mit wachsender Anzahl nicht synchronisierter Strahlungsquellen, deren Strahlung zu einem Strahlungsbündel zusammengefasst wird, sich das Maß der räumlichen Kohärenz des Strahlungsbündels verringert. Dass aber bereits bei der Bündelung von 20 Laserquellen, die alle Strahlung derselben Wellenlänge erzeugen, wobei die Strahlung jeder der Laserquellen für sich betrachtet eine starke räumliche Kohärenz aufweist, sich diese räumliche Kohärenz in einem Maße verringert, dass nicht mehr von Laserlicht gesprochen werden kann, hat die Klägerin nicht näher dargelegt.

61

(b) Zum anderen wäre bei den streitgegenständlichen Apparaten auch bei mangelnder Kohärenz jedenfalls die gemäß der zitierten Erläuterung hinreichende Vergleichbarkeit der Funktion der Apparate mit der eines Lasers gegeben.

62

Allgemein werden Laserstrahlen (vgl. wikipedia, Stichwort "Laser") als elektromagnetische Wellen verstanden, die sich vom Licht einer zur Beleuchtung verwendeten Lichtquelle, beispielsweise einer Glühlampe, vor allem durch die Kombination von hoher Intensität, sehr engem Frequenzbereich (monochromatisches Licht), scharfer Bündelung des Strahls und großer Kohärenzlänge unterscheiden.

63

Nach den Produktbeschreibungen der Anträge und dem insoweit unstreitigen Vortrag der Klägerin ist das von den Apparaten emittierte Licht weiterhin und infolge der Bündelung in besonderem Maße von hoher Intensität.

64

Das Vorhandensein einer "scharfen Bündelung" des emittierten Lichtes ist vor dem Hintergrund seiner Erzeugung durch die Lasererdioden und der Bündelung durch die Lichtleiter nicht zweifelhaft, ebenso wenig - wie dargelegt - der enge Frequenzbereich des emittierten Lichtes.

65

In Zusammenschau mit den anderen Kriterien wäre ein Mindermaß an räumlicher Kohärenz daher letztlich unschädlich. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass die Apparate nach dem ausdrücklichen Vortrag der Klägerin gerade dazu dienen, zur Auflösung und Aushärtung von Druckplatten ein besonders intensives - und damit lasertypisches bzw. der Funktion eines Lasers entsprechendes - Licht zu erzeugen.

66

(c) Mit ihrer bloßen Behauptung, es werde durch die Apparate kein Laserlicht emittiert, setzt sich die Klägerin zudem in Widerspruch zu den Produktbeschreibungen, die sie selbst zum Inhalt ihres Einreihungsantrags gemacht hat und aus denen sich ohne weiteres ergibt, dass die Apparate mit dem von ihnen emittierten Licht Laser sind oder zumindest die Funktion eines Lasers erfüllen.

67

(1) In ihren Produktbeschreibungen werden die Apparate ganz eindeutig so dargestellt, dass sie Laserlicht emittieren.

68

Dort heißt es ausdrücklich "laser radiation is emitted from aperture in front panel" und "the LD ... Module produces laser light". Die beigefügten Abbildungen der Apparate bezeichnen die Stelle des Lichtaustritts ausdrücklich als "LASER emission".

69

(2) Zudem wird in den Warnhinweisen der vorgelegten Unterlagen ausdrücklich auf die Gefahren hingewiesen, die von Lasern ausgehen. Dort heißt es: "Laser light can damage the human eye and skin. Do not expose the eye or skin to any laser light directly or through any optical lens." Es gibt keinen Grund, bei einer Ware auf die Gefahren hinzuweisen, die von Lasern ausgehen, wenn diese Ware kein Laser ist.

70

(3) Die Richtigkeit dieser Produktbeschreibungen, nach denen die Apparate Laserlicht emittieren, wird noch dadurch verobjektiviert, dass die Apparate laut vorgelegter Produktbeschreibungen gemäß IEC 60825-1 und nach CFR Part 1040.10 Safety Standards eindeutig als Laser klassifiziert werden:

71

Beim CFR handelt es sich um den "Code of Federal Regulations" der U.S. Food an Drug Administration, dessen Sektion 1040.10 (in Titel 21) ausdrücklich mit "Laser products" überschrieben ist.

72

Die in der Produktinformation weiterhin angesprochene IEC60825-1 ist eine Normung der IEC - der International Electrotechnical Commission, einer internationalen Normungsorganisation -, die die "Sicherheit von Laser-Einrichtungen - Teil 1: Klassifizierung von Anlagen, Anforderung und Benutzer-Richtlinien" regelt. Ihre Klasseneinteilung von Lasergeräten und -anlagen orientiert sich anhand maximal auftretender Leistungs- bzw. Energiedichten. Entsprechend der durch die Leistungs- bzw. Energiedichten bedingten Gefährlichkeit für den Menschen sind die Laser in 7 Geräteklassen aufsteigender Gefährlichkeit eingeteilt. Die Beschreibung der ersten Klasse - "Klasse 1" - lautet "Die zugängliche Laserstrahlung ist ungefährlich oder der Laser ist in einem geschlossenen Gehäuse"; die Beschreibung der siebten Klasse - "Klasse 4" - lautet "Die zugängliche Laserstrahlung ist sehr gefährlich für das Auge und gefährlich für die Haut. Auch diffus gestreute Strahlung kann gefährlich sein. Beim Einsatz dieser Laserstrahlung besteht Brand- oder Explosionsgefahr."

73

Die streitgegenständlichen Apparate sind nach den Angaben in den Produktbeschreibungen in diese höchste Klasse 4 eingereiht, was nicht angezeigt wäre, wenn es sich bei ihnen nicht um Laser handeln würde.

74

(3) Die von der Klägerin vorgelegten Produktbeschreibungen geben demnach keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass die streitgegenständlichen Apparate Laserlicht emittieren, so dass ihre Einreihung in Pos. 9013 durch den Beklagten auch insoweit zutreffend ergangen ist.

75

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).

76

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht gegeben.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist die zutreffende Einreihung sog. LED-Backlights in die Kombinierte Nomenklatur (KN)
Die Klägerin meldete am 23. Februar 2004 -- durch ihren Vertreter, die Spedition Z GmbH -- beim Zollamt (ZA) A des beklagten Hauptzollamts (HZA) 2.000 aus Y eingeführte LED-Backlights als Leuchtdioden unter der Unterposition 8541 4010 KN (Zollsatz frei) zur Überführung in den freien Verkehr an.
Die LED-Backlights bestehen jeweils aus einer mit zwei LED (Light Emitting Diods = Leuchtdioden) aus Halbleitern bestückten und mit diesen unlöslich verbundenen Kunststoffplatte (mit den Abmessungen 74 x 43 x 3 mm), zwei Anschlüssen und einer Kunststoffabdeckung. Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Klägerin dienen sie der Hintergrundbeleuchtung von LCD (Liquid Crystal Displays = Flüssigkristallanzeigen) und haben die mit den LED verbundenen Kunststoffteile einerseits die Funktion der Halterung und andererseits die Funktion der Verteilung des von den Leuchtdioden erzeugten Lichts auf die gesamte Rückseite (Backlight) von LCD.
Aufgrund eines Einreihungsgutachtens der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt X (ZPLA) vom 27. April 2004 gelangte das HZA zu der Auffassung, dass die eingeführte Ware in die Unterposition 9405 4039 KN (Zollsatz 4,7 %) einzureihen sei und erhob hiervon ausgehend mit Einfuhrabgabenbescheid vom 17. August 2004 Zoll in Höhe von 213,60 EUR nach. Im Verlauf des gegen diesen Bescheid geführten Einspruchsverfahrens hat das HZA eine Überprüfung des genannten Gutachtens bei der ZPLA veranlasst. Diese führte indessen zu keiner Änderung der Beurteilung, was das HZA der Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2005 mitgeteilt hat. Die ZPLA hatte in ihrer Stellungnahme vom 23. März 2005 (Bl. 24 f. des Aktenhefts II des HZA) ausgeführt, eine Einreihung in die Unterposition 8541 4010 KN komme deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Ware nicht um eine einzelne Leuchtdiode in einem Gehäuse, sondern um mehrere, untereinander verschaltete LED handele, die ein sog. Array bildeten; Diodenarrays würden jedoch nicht von der Position 8541 KN umfasst. Mit dieser Begründung wies das HZA den Einspruch in der Entscheidung vom 17. Mai 2005 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 09. August 2005 weiterhin eine Einreihung der LED-Backlights in die Unterposition 8541 4010 KN geltend macht. Sie ist der Auffassung, dass Sinn und Wesen des Zolltarifs eine Einreihung in das mit „Dioden, andere Halbleiterbauelemente, lichtempfindliche Halbleiterbauelemente und Leuchtdioden“ definierte Kapitel 85 KN gebiete, wohingegen eine Einreihung der Ware in Kapitel 94 KN „andere Beleuchtungskörper, aus Kunststoffen“ Sinn und Wesen des Kapitels 94 KN widerspreche. Eine nähere Betrachtung der in Kapitel 94 aufgeführten Waren lasse die Intention der Zolltarif-Verfasser erkennen, die dahin gehe, in diesem Kapitel nur Beleuchtungskörper zu erfassen, wie sie an und in Gebäuden zur Beleuchtung oder zu Reklamezwecken verwendet werden, Beleuchtungskörper, die auf der physikalischen Grundlage von Halbleiterbauelementen funktionierten, jedoch im Hinblick auf die ausdrückliche Ausweisung unter 1 f) der Anmerkungen zu Kapitel 94 KN dort gerade nicht eingereiht werden dürften. Abgesehen davon, dass die von der beklagten Behörde vorgenommene Einreihung der LED-Backlights danach unzutreffend sei, mache die darauf beruhende Erhebung eines Zolls auch gar keinen Sinn, weil es innerhalb der Europäischen Union keinen Hersteller gebe, der durch den Einfuhrzoll geschützt werden könne; insofern widerspreche die angegriffene Tarifierungsentscheidung des HZA dem Geist der EU-Verträge.
Die Klägerin beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 17. August 2004 sowie die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2005 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Wegen der Einzelheiten seiner Auffassung wird auf die Klageerwiderung vom 13. September 2005 verwiesen.
11 
In der mündliche Verhandlung hat ein Bevollmächtigter der Klägerin Aufbau und Funktionsweise eines LED-Backlights der streitbefangenen Art erläutert. Auch wurde ein Exemplar zunächst in Augenschein und sodann zu den Prozessakten genommen. Wegen aller Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den ihr als Anlage beigefügten Tonträger Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist zulässig; sie ist indessen nicht begründet.
13 
Der angefochtene Bescheid vom 17. August 2004 und die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2005 sind rechtmäßig. Das HZA hat die streitbefangenen LED-Backlights zutreffend unter der Unterposition 9405 4039 KN eingereiht und den hierfür vorgesehenen Zoll nacherhoben.
14 
1. Nach den AV 1 sind maßgeblich für die Einreihung von Waren in die KN der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und -- soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist -- die in den anderen Vorschriften der AV getroffenen Regelungen. Auf der Grundlage der AV 1 hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit sei das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln festgelegt sind (vgl. die Urteile vom 16. September 2004 C-396/02 -- DFDS --, Slg. 2004, I-8439, Rz. 27; vom 08. Dezember 2005 C-445/04 -- Possehl Erzkontor --, Slg. 2005, I-10721, Rz. 19; und vom 08. Juni 2006 C-196/05 -- Sachsenmilch -- Slg. 2006, I-0000, Rz. 22; sowie den Beschluss vom 09. Januar 2007 C-40/06 -- Juers Pharma -- Slg. 2007, I-00055 Rz. 21).
15 
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind die streitbefangenen Waren in die Unterposition 9405 4039 KN einzureihen. Denn bei den LED-Backlights handelt es sich um Beleuchtungskörper, die anderweit weder genannt noch inbegriffen sind.
16 
a) Ein LED-Backlight ist ein Beleuchtungskörper im Sinne der genannten Position. Es enthält nach dem unstreitigen und durch eine Demonstration der Funktionsweise in der mündlichen Verhandlung bestätigten Vortrag der Klägerin Lichtquellen (2 Leuchtdioden), die an Kunststoffteilen befestigt sind und zur Hintergrundbeleuchtung von LCD dienen. Damit erfüllen die LED-Backlights die Merkmale eines Beleuchtungskörpers, dessen Einreihung in die Position 9405 von weiteren positiven Voraussetzungen nicht abhängig ist. Die dortige Einreihung setzt nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS; dort 02.0) weder die Verwendung eines bestimmten Stoffes noch einer bestimmten Lichtquelle voraus.
17 
Da die in den Backlights enthaltenen Leuchtdioden elektrische Energie in Licht umwandeln, handelt es sich dabei um elektrische Beleuchtungskörper. Nachdem für diese keine derjenigen Unterpositionen zu 9405 KN einschlägig ist, die die Ware konkreter umschreiben, hat die Einreihung bei den „anderen elektrischen Beleuchtungskörpern“, und zwar unter der Unterposition 9405 4039 KN zu erfolgen.
18 
b) Die Position 9405 KN ist allerdings nach ihrem Wortlaut nur unter der weiteren Voraussetzung einschlägig, dass die einzureihende Ware „anderweit weder genannt noch inbegriffen“ ist. Sie findet dementsprechend keine Anwendung, wenn eine der in Kapitel 85 KN genannten Waren einzureihen ist (vgl. auch Anm. 1 f) zu Kap. 94 KN). Insbesondere die von der Klägerin postulierte Einreihung in Position 8541 KN würde einer Einreihung unter Position 9405 KN entgegen stehen. Die LED-Backlights werden indessen von der Position 8541 KN nicht erfasst. Sie sind dort weder genannt noch inbegriffen.
19 
Position 8541 KN gilt nach ihrem Wortlaut für folgende Waren:
20 
„Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden; gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle“. Diese Definition enthält vier Gruppen von elektrischen Waren oder Teilen davon, deren Arbeitsweise auf je verschiedenen Eigenschaften bestimmter halbleitender Materialien beruht.
21 
Die LED-Backlights gehören weder zur ersten oder zweiten noch zur vierten Gruppe (Hinweis auf die Ausführungen in den ErlHS zu Position 8541 und die dort enthaltenen beispielhaften Aufzählungen). Nach der Warenbeschreibung sowie dem -- vom beklagten HZA nicht bestrittenen -- Vortrag der Klägerin enthalten die LED-Backlights allerdings aus Halbleiterbauelementen bestehende Leuchtdioden. Das sind Waren der dritten in der Positionsbeschreibung zu 8541 KN genannten Gruppe, was eine Einreihung in die Position 8541 KN nahelegen würde. Indessen sind die LED-Backlights mit der Bezeichnung „Leuchtdioden“ nur unvollständig umschrieben. Die Leuchtdioden sind nämlich nur ein Teil der als LED-Backlight bezeichneten Ware. Diese besteht nicht nur aus Leuchtdioden, sondern auch aus einer Kunststoffplatte, auf der die Dioden befestigt sind, sowie einer Kunststoffabdeckung. Diesen Kunststoffelementen kommt nicht nur die Funktion einer Halterung oder Befestigungsmöglichkeit für die Dioden zu; sie sollen vielmehr durch ihre Formung auch den Lichtstrom lenken und das Lichtfeld begrenzen.
22 
Konnten danach die LED-Backlights nach dem Wortlaut der Position 8541 KN dort nicht eingereiht werden, sondern sind sie in Position 9405 KN einzureihen, dann war auch der für Waren dieser Position vorgesehene Zoll zu erheben, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob es innerhalb der EU tatsächlich Hersteller gibt, die durch die Erhebung eines Einfuhrzolls geschützt werden müssten.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
24 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Zulassungsgründe erfüllt ist.

Gründe

 
12 
Die Klage ist zulässig; sie ist indessen nicht begründet.
13 
Der angefochtene Bescheid vom 17. August 2004 und die diesen bestätigende Einspruchsentscheidung vom 17. Mai 2005 sind rechtmäßig. Das HZA hat die streitbefangenen LED-Backlights zutreffend unter der Unterposition 9405 4039 KN eingereiht und den hierfür vorgesehenen Zoll nacherhoben.
14 
1. Nach den AV 1 sind maßgeblich für die Einreihung von Waren in die KN der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und -- soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist -- die in den anderen Vorschriften der AV getroffenen Regelungen. Auf der Grundlage der AV 1 hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit sei das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln festgelegt sind (vgl. die Urteile vom 16. September 2004 C-396/02 -- DFDS --, Slg. 2004, I-8439, Rz. 27; vom 08. Dezember 2005 C-445/04 -- Possehl Erzkontor --, Slg. 2005, I-10721, Rz. 19; und vom 08. Juni 2006 C-196/05 -- Sachsenmilch -- Slg. 2006, I-0000, Rz. 22; sowie den Beschluss vom 09. Januar 2007 C-40/06 -- Juers Pharma -- Slg. 2007, I-00055 Rz. 21).
15 
2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind die streitbefangenen Waren in die Unterposition 9405 4039 KN einzureihen. Denn bei den LED-Backlights handelt es sich um Beleuchtungskörper, die anderweit weder genannt noch inbegriffen sind.
16 
a) Ein LED-Backlight ist ein Beleuchtungskörper im Sinne der genannten Position. Es enthält nach dem unstreitigen und durch eine Demonstration der Funktionsweise in der mündlichen Verhandlung bestätigten Vortrag der Klägerin Lichtquellen (2 Leuchtdioden), die an Kunststoffteilen befestigt sind und zur Hintergrundbeleuchtung von LCD dienen. Damit erfüllen die LED-Backlights die Merkmale eines Beleuchtungskörpers, dessen Einreihung in die Position 9405 von weiteren positiven Voraussetzungen nicht abhängig ist. Die dortige Einreihung setzt nach den Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS; dort 02.0) weder die Verwendung eines bestimmten Stoffes noch einer bestimmten Lichtquelle voraus.
17 
Da die in den Backlights enthaltenen Leuchtdioden elektrische Energie in Licht umwandeln, handelt es sich dabei um elektrische Beleuchtungskörper. Nachdem für diese keine derjenigen Unterpositionen zu 9405 KN einschlägig ist, die die Ware konkreter umschreiben, hat die Einreihung bei den „anderen elektrischen Beleuchtungskörpern“, und zwar unter der Unterposition 9405 4039 KN zu erfolgen.
18 
b) Die Position 9405 KN ist allerdings nach ihrem Wortlaut nur unter der weiteren Voraussetzung einschlägig, dass die einzureihende Ware „anderweit weder genannt noch inbegriffen“ ist. Sie findet dementsprechend keine Anwendung, wenn eine der in Kapitel 85 KN genannten Waren einzureihen ist (vgl. auch Anm. 1 f) zu Kap. 94 KN). Insbesondere die von der Klägerin postulierte Einreihung in Position 8541 KN würde einer Einreihung unter Position 9405 KN entgegen stehen. Die LED-Backlights werden indessen von der Position 8541 KN nicht erfasst. Sie sind dort weder genannt noch inbegriffen.
19 
Position 8541 KN gilt nach ihrem Wortlaut für folgende Waren:
20 
„Dioden, Transistoren und ähnliche Halbleiterbauelemente; lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (einschließlich Fotoelemente, auch zu Modulen zusammengesetzt oder in Form von Tafeln); Leuchtdioden; gefasste oder montierte piezoelektrische Kristalle“. Diese Definition enthält vier Gruppen von elektrischen Waren oder Teilen davon, deren Arbeitsweise auf je verschiedenen Eigenschaften bestimmter halbleitender Materialien beruht.
21 
Die LED-Backlights gehören weder zur ersten oder zweiten noch zur vierten Gruppe (Hinweis auf die Ausführungen in den ErlHS zu Position 8541 und die dort enthaltenen beispielhaften Aufzählungen). Nach der Warenbeschreibung sowie dem -- vom beklagten HZA nicht bestrittenen -- Vortrag der Klägerin enthalten die LED-Backlights allerdings aus Halbleiterbauelementen bestehende Leuchtdioden. Das sind Waren der dritten in der Positionsbeschreibung zu 8541 KN genannten Gruppe, was eine Einreihung in die Position 8541 KN nahelegen würde. Indessen sind die LED-Backlights mit der Bezeichnung „Leuchtdioden“ nur unvollständig umschrieben. Die Leuchtdioden sind nämlich nur ein Teil der als LED-Backlight bezeichneten Ware. Diese besteht nicht nur aus Leuchtdioden, sondern auch aus einer Kunststoffplatte, auf der die Dioden befestigt sind, sowie einer Kunststoffabdeckung. Diesen Kunststoffelementen kommt nicht nur die Funktion einer Halterung oder Befestigungsmöglichkeit für die Dioden zu; sie sollen vielmehr durch ihre Formung auch den Lichtstrom lenken und das Lichtfeld begrenzen.
22 
Konnten danach die LED-Backlights nach dem Wortlaut der Position 8541 KN dort nicht eingereiht werden, sondern sind sie in Position 9405 KN einzureihen, dann war auch der für Waren dieser Position vorgesehene Zoll zu erheben, ohne dass es hierfür darauf ankommt, ob es innerhalb der EU tatsächlich Hersteller gibt, die durch die Erhebung eines Einfuhrzolls geschützt werden müssten.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
24 
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Zulassungsgründe erfüllt ist.

Tatbestand

1

I. Für von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) eingeführte Zubehörteile für Produkte der Unterhaltungselektronik der Marke B erteilte die Oberfinanzdirektion A verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA), die die Waren als "erkennbares Zubehör für ein (tragbares) elektronisches Gesellschaftsspiel" in die Warennummer 9504 9090 00 (vZTA vom 20. Juni 2006) bzw. als "erkennbares Zubehör für Videospiele von der mit einem Fernsehempfangsgerät verwendeten Art" in die Warennummer 9504 1000 00 (vZTA vom 20. Februar 2007) einreihten.

2

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Juni 2006 für das Produkt "B-1" lautete: "Zubehör, ..., im Wesentlichen bestehend aus einem Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung. Das Zubehör dient der externen Stromversorgung eines Spielgerätes und kann aufgrund des Anschlusses erkennbar nur für das B verwendet werden."

3

Die Warenbeschreibung in der vZTA vom 20. Februar 2007 für das Produkt "B-2" lautete:
" ... Adapter (13,5 x 5,5 x 4,5 cm), der als Gleichrichter zum Umwandeln des eingehenden Wechselstroms in eine für das Videospielgerät verwendbare Gleichstromspannung dient. Neben dem Standard-Netzstecker für die externe Stromversorgung besitzt der Adapter ein Kabel mit einem speziellen Stecker, der ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bestimmt und geeignet ist."

4

Der zwischenzeitig zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) widerrief mit Bescheid vom 23. Januar 2009 --u.a.-- die vZTA vom 20. Februar 2007 und mit Bescheid vom 27. April 2009 die vZTA vom 20. Juni 2006, jeweils gemäß Art. 9 Abs. 1 des Zollkodex (in der im Streitjahr gültigen Fassung --ZK--). Zur Begründung führte er aus, die in der verbindlichen Zolltarifauskunft vertretene Tarifauffassung könne im Hinblick auf die Verordnung (EG) Nr. 1142/2008 (VO Nr. 1142/2008) der Kommission vom 13. November 2008 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 308/11) nicht mehr aufrechterhalten werden.

5

Die mit der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN eingereihte Ware ist im Anhang der Verordnung bezeichnet:
"Kabel, mit einer Länge von etwa 250 cm, ausschließlich mit einem Videospielgerät der Position 9504 verwendet.
Das Kabel ist an einem Ende mit einem spezifischen Anschluss für das Videospielgerät und am anderen Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder einem Fernsehgerät ausgestattet.
Die Daten können über das Kabel vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät übertragen und je nach Inhalt auf dem Bildschirm als Videospiel, Video oder Foto angezeigt oder als Ton wiedergegeben werden."

6

Der Begründungstext zu Einreihung dieser Ware lautet:
"Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90.
Die Einreihung in die Position 9504 als Zubehör eines Videospielgeräts ist ausgeschlossen, da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht.
Daher ist die Ware in KN-Code 8544 42 90 als elektrischer Leiter mit Anschlussstücken einzureihen."

7

Die gegen die Widerrufsbescheide eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin zunächst damit, die Kabel und Adapter seien mit ausschließlich mit den jeweiligen B-Produkten kompatiblen Anschlüssen ausgestattet. Gegen die Anwendung der Einreihungsverordnung trug sie vor, eine solche gelte stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben habe. Darüber hinaus habe die Verordnung nur für identische Waren Normcharakter und nur ausnahmsweise komme eine entsprechende Anwendung für fast identische Waren in Betracht. Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der von den vZTA erfassten Waren seien aber gänzlich anders.

8

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das FG aus, nach den Einreihungskriterien, insbesondere unter Beachtung der Anmerkung 1 Buchst. m zu Kap. 95 der Kombinierten Nomenklatur --KN-- (Spielzeuge, Spiele, Unterhaltungsartikel und Sportgeräte; Teile davon und Zubehör) sowie der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN würden die strittigen Produkte von der Pos. 9504 KN erfasst.

9

Eine Einreihung in die Pos. 8544 KN sei nach Maßgabe der AV 1 wegen Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI ausgeschlossen.

10

Die VO Nr. 1142/2008 sei nicht einschlägig. Das dort im Anhang beschriebene Kabel sei nicht mit dem B-2 identisch. Das in der Verordnung beschriebene Kabel mit Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät diene zur Übertragung von Daten vom Videospielgerät an den Monitor oder das Fernsehgerät zwecks Anzeige oder Wiedergabe der Daten als Bild oder Ton, während der B-2 mit einem Transformator und einem Stromgleichrichter und einem Anschlussstück für eine Steckdose --ausschließlich-- dem Anschluss des Videospielgeräts an eine externe Stromquelle zwecks Versorgung des Videospielgeräts mit einer für das Videospielgerät geeigneten Stromspannung diene. Entsprechendes gelte für den B-1, einem Zubehörteil für ein Videospielgerät mit Transformator und Stromgleichrichter (mit dem einzigen Unterschied, dass als zutreffende Unterpositionsnummer vorliegend wegen der Art des zugehörigen Videospiels nicht die Unterpos. 9504 10 00 KN, sondern die Unterpos. 9504 90 90 KN --Gesellschaftsspiele, andere, andere - erkennbares Zubehör für ein tragbares elektronisches Gesellschaftsspiel-- zu bestimmen sei).

11

Die gänzlich andersartige Zusammensetzung und Funktionsweise des in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabels und des streitigen Adapters schließe es auch aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen. Daran ändere auch die der Einreihungsverordnung beigegebene Begründung nichts, wonach die Einreihung des Kabels in die Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ausgeschlossen sei, weil die Pos. 8544 KN für Kabel die genauere Warenbeschreibung enthalte. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach auch die Begründung einer Einreihungsverordnung zur Bestimmung ihres Anwendungsbereichs zu berücksichtigen ist (EuGH-Urteile vom 13. Juli 2006 C-14/05; vom 4. März 2004 C-130/02; vom 17. Mai 2001 C-119/99, und vom 9. Oktober 1997 C-67/95), sei nicht einschlägig, da die vom EuGH jeweils zu beurteilende Begründung --anders als die Begründung der VO Nr. 1142/2008-- verallgemeinerungsfähige Rückschlüsse auf die Eigenschaften der von der Einreihungsverordnung erfassten Ware erlaubten. Entscheidend gegen die Heranziehung der VO Nr. 1142/2008 sei aber, dass eine Einreihung in die Pos. 8544 KN nach dem Wortlaut der Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN ausgeschlossen sei.

12

Mit seiner Revision verteidigt das HZA seine Rechtsauffassung, die Adapter seien aufgrund der VO Nr. 1142/2008 in die Pos. 8544 KN einzureihen. Bezugnehmend auf die Einleitung der Einreihungsbegründung in der Verordnung ("Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie dem Wortlaut der KN-Codes 8544, 8544 42 und 8544 42 90") meint es, die Begründung für den Ausschluss aus Pos. 9504 KN als Zubehör eines Videospielgeräts ("da die Position 8544 die genauere Warenbeschreibung enthält, die sich auf Kabel und andere elektrische Leiter bezieht") zeige, dass die Kommission die Pos. 9504 KN nicht einmal in Erwägung gezogen habe. Unabhängig von der spezifischen Beschaffenheit des Kabels bleibe die Ware nach Ansicht der Kommission ein elektrisches Kabel der Pos. 8544 KN. Sie habe deshalb auch nicht auf die Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN, nach der Waren des Kapitels 95 aus Abschnitt XVI ausgeschlossen werden, einzugehen brauchen.

13

Bei konsequenter Fortführung der Nutzung dieser Einreihungsbegründung seien auch andere Waren, die gemäß den AV 1 und 6 für die Auslegung der KN eingereiht werden, sich als Zubehör eines Videospielgeräts darstellten und in einer anderen Position genauer erfasst würden, von der Pos. 9504 KN ausgeschlossen. Die Begründung der VO Nr. 1142/2008 könne auf eine Vielzahl von Waren übertragen werden, die aufgrund spezifischer Anschlüsse erkennbar Zubehör für Videospielkonsolen seien, jedoch im Abschnitt XVI KN genauer benannt werden, wie z.B. Headsets/ Kopfhörer (Pos. 8518 KN), Stromrichter (Pos. 8504 KN), Akkumulatoren (Pos. 8507 KN).

14

Zur Stützung seiner Einreihungsauffassung verweist das HZA auf weitere vZTA, in welchen in Anlehnung an die VO Nr. 1142/2008 und deren Begründung spezielle Waren für Videospielkonsolen innerhalb der EU in die entsprechend genauere Position des Abschnitts XVI KN eingereiht worden seien und auf die Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, in welchen sich auch die Einreihungsauffassung der EU-Mitgliedstaaten, die diese Stellungnahme abgegeben haben, widerspiegele. Zubehör für Videospielkonsolen werde danach in die Position eingereiht, die die genauere Warenbeschreibung enthalte.

15

Das HZA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

16

Die Klägerin unterstützt und vertieft die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

17

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

18

Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin eingeführten Kabel in die Pos. 9504 KN und nicht in die Pos. 8544 KN einzureihen sind, und hat dementsprechend die Widerrufsentscheidungen des HZA zu Recht aufgehoben.

19

Gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK wird eine begünstigende Entscheidung widerrufen, wenn in anderen als in den in Art. 8 ZK bezeichneten Fällen eine oder mehrere Voraussetzungen für ihren Erlass nicht erfüllt waren oder nicht mehr erfüllt sind. Die vZTA, ein Unterfall der verbindlichen Auskunft i.S. des Art. 12 ZK, erfüllt die Begriffsmerkmale einer Entscheidung i.S. des Art. 4 Nr. 5 ZK. Ihre begünstigende Wirkung für den Berechtigten ergibt sich aus der Bindung der Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Union hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK). Erweist sich eine vZTA nach ihrer Erteilung als fehlerhaft, ohne dass eine Rücknahme nach Art. 8 ZK in Betracht kommt, ist die erteilende Zollbehörde verpflichtet, sie zu widerrufen, auch wenn der Antragsteller für die Unrichtigkeit der Tarifierung keine Ursache gesetzt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2013 VII R 26/11, BFHE 240, 465).

20

Die Widerrufsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Bei den Waren des Streitfalls handelt es sich jeweils um Zubehör zu einem Gesellschaftsspiel der Pos. 9504 KN, welches ausschließlich einem bestimmten Videospielgerät dient.

21

Die Zugehörigkeit des Zubehörs eines Videospielgeräts zu diesem Kap. 95 KN ergibt sich in Anwendung der AV 1. Danach sind der Wortlaut der Positionen und die Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln entscheidend für die Einreihung von Waren (vgl. dazu ständige Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 7. Februar 2002 C-276/00, Slg. 2002, I-1389, Rz 21, und des erkennenden Senats z.B. Senatsbeschluss in BFHE 240, 465; Senatsurteil vom 28. März 2006 VII R 50/04, BFHE 213, 169, m.w.N., Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2006, 293). Nach der Anmerkung 3 zu Kap. 95 KN werden Teile und Zubehör, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Waren dieses Kapitels bestimmt, wie diese Waren eingereiht.

22

Unstreitig und zweifelsfrei handelt es sich bei den Adaptern des Streitfalls um Zubehör im Sinne dieser Anmerkung. Unter Zubehör sind nach der auf Spielgeräte der vorliegenden Art übertragbaren Definition in den Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Pos. 8473 KN Rz 03.0 entweder auswechselbare Ausrüstungsgegenstände, welche die Maschinen oder Apparate, an denen sie angebracht werden, für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet machen, zu verstehen oder Vorrichtungen, die ihre Verwendungsmöglichkeiten erweitern oder mit deren Hilfe eine im Zusammenhang mit der Hauptfunktion der Maschinen oder Apparate stehende Sonderarbeit ausgeführt werden kann (EuGH-Urteil vom 20. Mai 2010 C-370/08, Slg. 2010, I-4401). Es liegt auf der Hand, dass Adapter, die der --für das Funktionieren unabdingbaren-- Versorgung des Spielgeräts mit Strom dienen, dieser Definition genügen. Unstreitig ist darüber hinaus, dass die Adapter ausschließlich zum Anschluss an eine "B-3-Konsole" bzw. an das "B" bestimmt und geeignet sind.

23

Allerdings käme nach dem Wortlaut der Pos. 8544 KN (Isolierte ... Drähte, Kabel ... und andere isolierte elektrische Leiter, auch mit Anschlussstücken; ...) auch eine Einreihung in diese Position in Betracht. Dem steht aber --auch insoweit ist dem FG zuzustimmen – Anmerkung 1 Buchst. p zu Abschnitt XVI KN (Maschinen, Apparate, Mechanische Geräte und elektronische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild-und-Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild-und-Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte) entgegen. Danach gehören Waren des Kap. 95 KN nicht zu Abschnitt XVI KN.

24

Anders als das HZA meint, folgt aus der Einreihungsverordnung VO Nr. 1142/2008 an der Zuordnung zu Pos. 9504 KN nichts anderes.

25

Nach ständiger Senatsrechtsprechung gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Das im Anhang zur VO Nr. 1142/2008 beschriebene Kabel ist nach den Feststellungen des FG nicht mit den Adaptern des Streitfalls identisch. Dieses Kabel ist an einem Ende mit fünf Anschlussstücken zur Verbindung mit einem Monitor oder Fernsehgerät und am anderen Ende mit einem Anschluss für das Videospielgerät ausgestattet und dient der Übertragung von Daten vom Videogerät an den Monitor oder das Fernsehgerät. Demgegenüber handelt es sich bei den streitigen Waren um --wie das HZA selbst formuliert-- Steckernetzteile mit einem Schukostecker am einen und einem gerätespezifischen Anschlussstecker für eine bestimmte Videokonsole am anderen Ende, die der Stromversorgung von Videospielgeräten dienen und dabei den Wechselstrom in eine für das Videospiel verwendbare Gleichstromspannung umwandeln. Diese gänzlich andersartige Zusammensetzung schließt es aus, die VO Nr. 1142/2008 als Argumentationshilfe heranzuziehen, weil es sich noch nicht einmal um eine den in Rede stehenden Adaptern ähnliche Ware handelt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2003 VII R 40/01, BFH/NV 2004, 835, ZfZ 2004, 126, mit Nachweisen zur EuGH-Rechtsprechung).

26

Deshalb gehen die Erwägungen des HZA fehl, aus der Begründung für die Einreihung der in der VO Nr. 1142/2008 beschriebenen Kabel ergebe sich eine rechtsverbindliche generelle Ausweisung von für Spielgeräte des Kap. 95 KN vorgesehene Kabel. Ist eine Ware (hier Netzkabel) in unmittelbarer Anwendung der AV 1 einer bestimmten Codenummer zuzuordnen, kann einer --vermeintlich-- "allgemeinen" anderen Zuordnung der "übergeordneten" Warengruppe ("Kabel") in der Begründung der Einreihung einer spezifisch anderen Ware dieser Gruppe (hier Übertragungskabel) keine Bedeutung zukommen.

27

Die vom HZA zur Unterstützung seiner Rechtsauffassung zitierten EuGH-Entscheidungen (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123; vom 13. Juli 2006 C-14/05, Slg. 2006, I-6763) lassen keine andere Beurteilung zu. Abgesehen davon, dass es in jenen Fällen um die Anwendung einer Einreihungsverordnung auf nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften nahezu gleiche Waren ging, hatte der EuGH es nicht mit einer ausdrücklichen Ausweisung der Ware aus dem laut Einreihungsverordnung für die Ware zutreffenden Kapitel der KN zu tun.

28

Die vom HZA ebenfalls herangezogene Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, Fachbereich Zolltarifliche und Statistische Nomenklatur, kann an der dargestellten Rechtslage ebenso wenig etwas ändern wie die zu Vergleichszwecken zitierten anderen vZTA. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des FG.

29

Die Bedeutung der Begründung zur VO Nr. 1142/2008 erschöpft sich in der Einreihung der dort konkret bezeichneten Kabel. Ob die Kommission zum Erlass dieser Einreihungsverordnung angesichts der Ausweisung ausschließlich bestimmten Spielgeräten dienender Kabel aus Kap. 85 KN berechtigt war (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-2123, m.w.N.), ist --wie das FG zu Recht erkannt hat-- im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.