Finanzgericht Hamburg Beschluss, 17. Juni 2015 - 3 V 91/15

bei uns veröffentlicht am17.06.2015

Tatbestand

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I. Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die Versagung des Vorsteuer- und des Betriebsausgabenabzugs aus Eingangsrechnungen von Frau A rechtmäßig war.

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1. a. Der Antragsteller betrieb im Streitjahr 2012 ein Transportunternehmen, dessen Gegenstand die Containerbeförderung im Hamburger Hafen war. Der Antragsteller erbrachte seine Transportleistungen mit eigenen Lkw, u. a. mit einer Sattelzugmaschine (18t-LKW) mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX, unter Einschaltung angestellter Kraftfahrer. Diese Sattelzugmaschine hatte der Antragsteller am 04.11.2011 für netto ... € erworben (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bl. 116).

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b. Der Antragsteller verfügte weder über die für den Betrieb dieser Sattelzugmaschine im Hamburger Hafen erforderliche Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr noch war er selbst im Besitz einer Erlaubnis für das Führen von Lastkraftwagen dieser Art (FGA Bl. 2).

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c. Der Antragsteller beschäftigte ab 19.10.2011 Herrn B, der Inhaber entsprechender Erlaubnisse war, im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses für 400 € monatlich (FGA Anlagenband Bl. 3). Der Antragsteller erteilte Herrn B Prokura für sein Unternehmen; die diesbezügliche Eintragung in das Handelsregister wurde am ... 01.2012 vorgenommen (FGA Anlagenband Bl. 2).

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2. a) In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für 2012 erfasste der Antragsteller u. a. Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt ... € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von ... € (BpAA Bl. 123 ff.). Hintergrund dieser Buchungen war ein zwischen dem Antragsteller als Veräußerer und Frau A als Erwerberin, vertreten durch ihren Lebensgefährten B, geschlossener Kaufvertrag vom 06.02.2012 über die Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX, deren Kaufpreis in Höhe von netto ... € von der Erwerberin laut Darlehensvertrag vom selben Tag in Raten getilgt werden sollte (BpAA Bl. 55f.). Die Aufwendungen für den Betrieb der Sattelzugmaschine (Versicherung, Benzin, Maut und Reparaturen) verauslagte der Antragsteller und stellte diese gemeinsam mit den Kaufpreisraten der Frau A in Rechnung (BpAA Bl. 72).

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Der Antragsteller erfasste in seiner Einnahmen-Überschussrechnung für 2012 u. a. Betriebsausgaben für erbrachte Fremdleistungen in Höhe von ... € (netto) sowie Absetzungen für Abnutzung in Höhe von ... € für die Sattelzugmaschine HH-XX und ermittelte einen Gewinn in Höhe von ... €, den er in seiner am 02.08.2013 übermittelten Einkommensteuererklärung 2012 erklärte. In seiner am 31.07.2013 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2012 erklärte der Antragsteller Umsätze in Höhe von ... € und machte Vorsteuerbeträge in Höhe von ... € geltend, worin die Vorsteuer aus den Fremdleistungen von Frau A in Höhe von ... € enthalten war.

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c) Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) erteilte am 05.08.2013 seine Zustimmung zu der Umsatzsteuererklärung 2012 und setzte mit Bescheiden vom 26.11.2013 die Einkommensteuer 2012, den Gewerbesteuermessbetrag 2012 und die Gewerbesteuer 2012 erklärungsgemäß fest.

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3. In der Zeit vom 16.06.2014 bis 21.01.2015 führte das FA bei dem Antragsteller eine Außenprüfung betreffend die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer 2010 bis 2012 durch.

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a) Im Rahmen der Betriebsprüfung legte der Antragsteller der Prüferin u. a. eine Vereinbarung vom 31.01.2012, den zwischen ihm und Frau A geschlossenen Kaufvertrag über die Sattelzugmaschine vom 06.02.2012 und eine von Frau A Herrn B erteilte Vollmacht vom 29.02.2012 (BpAA Bl. 58, 56, 59) sowie Eingangsrechnungen von Frau A und Gutschriften seines Auftraggebers, der ... C (C), vor (BpAA Bl. 61 ff.).

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aa) Die Vereinbarung vom 31.01.2012, die die Unterschrift des Antragstellers sowie daneben von Herrn D und von Frau A trägt - wobei unter ihrem Namen "A" gedruckt ist -, hat folgenden Wortlaut:

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"Gemäß Telefonat vom 31.01.2012 um 15:30 Uhr wurde zwischen Herrn D und Herrn B folgendes vereinbart und gilt ab den 01.02.2012:

* Frau A meldet ihr Gewerbe ab ...02.2012 an
* Frau A eine monatliche Rechnung für seine gefahrenen Touren
* 6 Wochen lang wird der Diesel von der Firma D e.K. vorfinanziert

12

* Die Firma D e.K. stellt ebenfalls eine monatliche Rechnung in der folgendes enthalten ist:
o monatlicher Versicherungsbeitrag
o monatliche Rate für die Finanzierung des LKW´s ... €
o monatliche Mautgebühren gemäß Toll Collect-Aufstellung
o monatlich anfallende Reparaturkosten"

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bb) Der Kaufvertrag vom 06.02.2012 zwischen dem Antragsteller und Frau A über die Sattelzugmaschine mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX über ... € zzgl. ... € USt wurde auf der Käuferseite von Herrn B "i. A" unterzeichnet (BpAA Bl. 55).

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cc) In dem Darlehensvertrag zwischen Frau A und dem Antragsteller vom 06.02.2012 wurde eine Darlehnsgewährung über "... Euro als Darlehen für den Kauf der ... Sattelzugmaschine gemäß Kaufvertrag" zu einem Zinssatz von 9% p. a. vereinbart, wobei geregelt wurde, dass der Kfz-Brief bis zur vollständigen Bezahlung als Sicherheit im Besitz des Antragstellers verbleibt (BpAA Bl. 56).

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dd) Die unter dem Datum vom 29.02.2012 unterschriebene Vollmacht hat folgenden Wortlaut (BpAA Bl. 59):

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Ich, Frau A, geb. am ... in E, F, bevollmächtige Herrn B, geb. am ... geb. in G, H, mich als Unterschriftsberechtigte in allen geschäftlichen Dingen, zu vertreten.

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ee) aaa) In den vorgelegten Rechnungen von Frau A wurden die unter einzelnen Daten in einer Summe abgerechneten und mit einer sog. Belegnummer versehenen Leistungen stets nur als "Fahrten" bezeichnet. Diese Belegnummern entsprechen den Belegnummern der Gutschriften der C. Einen weitergehenden, expliziten Hinweis auf die Gutschriften enthalten die Rechnungen von Frau A nicht.

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bbb) Die Prüferin hielt zu den Rechnungen von Frau A in einem Vermerk fest (BpAA Bl. 60):

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(...) Tatsächlich sind die abgerechneten Beträge fast gleich. Der Stpfl. zahlt damit genau den Preis an die Subunternehmerin, den er selbst erhält. Der Stpfl. erklärte auf Nachfrage, dass der Fremdleisterin die Gutschriften in Kopie zugeleitet wurden, damit diese ihre Leistungen abgleichen kann.

20

Die Rechnungen enthalten keine weiteren Kontaktdaten, keine Bankverbindung und kein Zahlungsziel.

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b) Bezüglich Frau A stellte die Prüferin fest, dass sie weder über die erforderliche Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr verfügte noch selbst im Besitz einer Erlaubnis für das Führen von Lastkraftwagen war (BpAA Bl. 50) und sie in ihrer Gewinnermittlung keine Kosten für Fremdleister oder Arbeitnehmer geltend machte (BpAA Bl. 51).

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Ferner stellte die Prüferin fest, dass bei Frau A keine Unterlagen über Fahrtätigkeiten (z. B. Stundenaufzeichnungen, Transportpapiere o. ä.) vorlagen (BpAA Bl. 52). Die Arbeitsnachweise von Herrn B in Form von sog. Tageszetteln befanden sich im Original im Besitz des Antragstellers (BpAA Bl. 95 ff.).

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c) Die Prüferin stellte in ihrem Bericht vom 21.01.2015 zu den geltend gemachten Betriebsausgaben für Fremdarbeiten sowie bezüglich des Vorsteuerabzugs aus den Fremdarbeiten abschließend Folgendes fest (BpAA Bl. 13 ff.):

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"Der Steuerpflichtige hat 2012 Fremdleistungen in Höhe von ... € als Betriebsausgaben abgezogen und die dazugehörige Umsatzsteuer in Höhe von ... € als Vorsteuer geltend gemacht. Bei den Fremdleistungen soll es sich ausweislich der Rechnungen um Transportleistungen der Unternehmerin A handeln.

25

Frau A ist nach Feststellungen des Finanzamtes als Scheinselbständige zu qualifizieren. Sie hat die in Rechnung gestellten Leistungen nicht selbst erbracht und ist wirtschaftlich nicht aktiv. Es handelt sich nicht um eine Unternehmerin i. S. v. § 2 UStG. Alle im Zusammenhang mit Frau A stehenden Vorgänge, Einnahmen und Ausgaben können daher nicht anerkannt werden.

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Weniger Betriebsausgaben 2012: ... €

27

Die Leistungen wurden tatsächlich von Herrn B erbracht, der in dieser Zeit ein Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen war und mit ... € Monat entlohnt wurde. Es ist davon auszugehen, dass über diesen Arbeitslohn hinaus Betriebsausgaben für die Leistungserbringung angefallen sind. Diese werden auf ... €/Monat geschätzt.

28

Geschätzte Betriebsausgaben: ... €

    ... € weniger Betriebsausgaben 2012
./. ... € geschätzte Betriebsausgaben 2012
    ... € weniger Betriebsausgaben
        Davon ... € Betriebsausgaben netto
        Davon ... € Vorsteuer

(...).

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Frau A soll, um die Leistungen ausführen zu können, laut Kaufvertrag vom 06.02.2012 eine Sattelzugmaschine (Kennzeichen HH-XX) vom Steuerpflichtigen erworben haben, deren Kaufpreis laut Darlehensvertrag vom 06.02.2012 in Raten getilgt werden sollte. Die Kaufpreisraten sowie Kosten für Versicherung, Benzin, Maut und Reparaturen wurden von der Subunternehmerin vom Steuerpflichtigen in Rechnung gestellt.

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Hieraus erklärte der Steuerpflichtige 2012 nicht umsatzsteuerbare Einnahmen in Höhe von ... € und umsatzsteuerpflichtige Einnahmen von ... € zuzüglich ... € Umsatzsteuer.

(...)

31

Diese Einnahmen sind (...) nicht zu berücksichtigen.

32

Weniger Betriebseinnahmen 2012: ... €
Davon ... € Betriebseinnahmen netto
Davon ... € Umsatzsteuer.

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d) Das FA erließ am 09.02.2015 aufgrund der Ergebnisse dieser Außenprüfung Änderungsbescheide für 2012 und setzte die Einkommensteuer 2012 auf ... €, die Umsatzsteuer 2012 auf ... €, den Gewerbesteuermessbetrag 2012 auf ... € und die Gewerbesteuer 2012 auf ... € fest (Rechtsbehelfsakte -RbA- Bl. 17 ff.)

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e) Gegen diese Änderungsbescheide legte der Antragsteller am 19.02.2015 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (-AdV-, RbA Bl. 3). Zur Begründung trug er u. a. vor, dass die - angebliche - Aussage von Frau A gegenüber der Betriebsprüferin, wonach die Leute der Firma D die Transporte ausgeführt hätten, nicht zuträfe. Frau A habe sich gegenüber seinem Anwalt dahingehend geäußert, ihr "Freund" B habe die Transportleistungen für sie selbst erbracht (RbA Bl. 4).

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Mit Bescheid vom 27.02.2015 lehnte das FA die Gewährung von AdV ab (RbA Bl. 11). Zur Begründung führte das FA aus, Frau A sei als Scheinunternehmerin qualifiziert worden, weil sie die Leistungen nicht in eigener Person oder durch eigene Arbeitnehmer bzw. weitere Subunternehmer erbracht habe, sondern durch Herrn B, der ein Arbeitnehmer des Antragstellers gewesen sei. Frau A habe ihre Zahlungspflichten gegenüber dem Fiskus nicht erfüllt, verfüge nur über sehr schlechte Deutschkenntnisse, habe keine Aus- oder Vorbildung im Speditions- bzw. Transportgewerbe. Sie habe keine eigenen Geschäftsräume unterhalten, sei telefonisch nicht erreichbar gewesen und habe über keine Kapitalausstattung verfügt. Sie habe sich von Herrn B in allen wichtigen Geschäftsvorgängen (Lkw-Kauf, Unterzeichnung eines Darlehens, Entgegennahme von erheblichen Barzahlungen) vertreten lassen und habe ihr "Unternehmen" trotz ihrer Schwangerschaft weitergeführt. Sie sei nicht am Markt durch Werbung oder Akquise aufgetreten, sondern habe Leistungen ausschließlich gegenüber dem Antragsteller abgerechnet, von dem sie zugleich den Lkw gekauft und das erforderliche Darlehen erhalten habe. Es habe keine direkten Zahlungen von dem Antragsteller an Frau A gegeben, zudem sei - was im Transportgewerbe nicht üblich sei - bar gezahlt worden. Die Rechnungen enthielten weder Bankdaten noch ein Zahlungsziel noch eine eigene Leistungsbeschreibung. Die Preisgestaltung habe nicht plausibel erklärt werden können, Unterlagen über die Fahrtätigkeit (z. B. Stundenaufzeichnungen, Transportpapiere o. ä.) seien nicht vorhanden gewesen. Zudem seien teilweise Benzinkosten durch den Antragsteller verauslagt worden. Zwar sei die gegenüber der Betriebsprüferin getätigte Aussage von Frau A, wonach die Leute der Fa. D die Transporte durchgeführt hätten, nunmehr dahingehend geändert worden, dass Herr B für Frau A selbst tätig geworden sei. Diese geänderte Aussage sei aber insbesondere unter Einbeziehung der Tatsache, dass Frau A weder Arbeitslohn an einen Arbeitnehmer noch Werklohn an einen Subunternehmer gezahlt habe, nicht glaubhaft.

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Der Einspruch ist bisher nicht beschieden.

37

4. Der Antragsteller hat am 16.03.2015 bei Gericht AdV beantragt und trägt zur Begründung vor, dass er für Transportleistungen gegenüber seinem Kunden, der C, ab Februar 2012 Frau A als Subunternehmerin eingesetzt habe (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 1 ff.). Hintergrund dieser Geschäftsbeziehung sei gewesen, dass er seine Transporttätigkeit habe einstellen wollen, da er Aussicht auf eine interessante Anstellung gehabt habe. Diese habe er ab Januar 2013 auch angetreten und sein Unternehmen daraufhin aufgegeben.

38

Frau A habe die von ihr abgerechneten Leistungen auch tatsächlich mithilfe des bei ihr beschäftigten Lebensgefährten, Herrn B, erbracht.

39

Frau A habe zu Beginn ihrer Tätigkeit ein Gewerbe angemeldet und habe sich beim FA steuerlich registrieren lassen. Sie habe eine Steuernummer erhalten und Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht. Über ihre Transportleistungen habe sie ihm, dem Antragsteller, Rechnungen erteilt. Die Forderungen von Frau A aus ihren Rechnungen habe er, der Antragsteller, zunächst mit seinen Forderungen aus dem Verkauf der Sattelzugmaschine verrechnet und die überschüssigen Beträge in bar an Herrn B herausgegeben (FGA Bl. 2 f.). Dieser sei im Übrigen bei ihm, dem Antragsteller, seit dem 19.10.2011 nur im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses für 400 EUR monatlich beschäftigt gewesen; nicht jedoch als Lastwagenfahrer (FG Anlagenband Bl. 3).

40

Er bestreite, dass Frau A telefonisch nicht erreichbar gewesen sei. Selbstverständlich verfüge Frau A über ein Telefon.

41

Die mangelnde Kapitalausstattung, die schlechten Deutschkenntnisse, die Weiterführung des Unternehmens trotz Schwangerschaft, die Nichterfüllung von Zahlungspflichten gegenüber dem Fiskus sowie die Leistungserbringung an nur einen Auftraggeber bestreite er mit Nichtwissen.

42

Selbst wenn man Frau A als Scheinunternehmerin ansehen würde, ergäbe sich daraus nicht die Versagung des Betriebsausgabenabzugs. Er, der Antragsteller, habe sein Unternehmen mit "Fremdfahrern" betrieben, da er selbst nicht über die notwendige Fahrerlaubnis verfügt habe. Ein Unternehmer sei nicht verpflichtet, seine Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, sondern dürfe sich hierfür Dritter bedienen. Die Rechnungen von Frau A enthielten Angaben zu den einzelnen Fahrten und könnten seinen entsprechenden Ausgangsumsätzen klar und eindeutig zugeordnet werden. Es handele sich also nicht um sog. Scheinrechnungen für nicht existente Geschäftsvorgänge.

43

Auch die Versagung des Vorsteuerabzugs sei rechtswidrig. Frau A habe am 06.02.2012 unstreitig eine Sattelzugmaschine erworben; spätestens zu diesem Zeitpunkt sei sie Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geworden. Die von ihr erteilten Rechnungen seien ordnungsgemäß.

44

Die Ablehnung der AdV sei bezüglich der Versagung des Betriebsausgabenabzugs gar nicht begründet worden. Es fehle somit an der notwendigen Ermessensentscheidung. Die Ablehnung der AdV sei insofern schon rechtswidrig.

45

Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller eidesstattliche Versicherungen von Frau A und Herrn B betreffend die Leistungserbringung vorgelegt (FGA Anlagenband Bl. 37 und 38).

46

Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2012 vom 09.02.2015 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung in Höhe von ... EUR ohne Sicherheitsleistung auszusetzen,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für 2012 vom 09.02.2015 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung in Höhe von ... EUR ohne Sicherheitsleistung auszusetzen,
die Vollziehung des Gewerbesteuerbescheides für 2012 vom 09.02.2015 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung in Höhe von ... EUR ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

47

Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.

48

Das FA nimmt zur Begründung auf den Ablehnungsbescheid vom 27.02.2015 Bezug und trägt ergänzend vor:

49

Es sei keineswegs unstreitig, dass Frau A von dem Antragsteller einen Lkw erworben habe. Bislang sei lediglich der Kaufvertrag vorgelegt worden. Nachweise, welche die Erfüllung des Vertrags belegen könnten, seien nicht vorgelegt worden. In seiner Gewinnermittlung für 2012 habe der Antragsteller für den angeblich veräußerten Lkw Abschreibungen in Höhe von ... € vorgenommen. Sofern der Lkw tatsächlich im Februar an Frau A veräußert worden sein sollte, lasse sich eine Abschreibung in dieser Höhe nicht rechtfertigen.

50

Zudem sei der vorgelegte Kaufvertrag von Herrn B unterschrieben worden, welcher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bevollmächtigt gewesen sei. Die vorgelegte, am 29.02.2012 von Frau A erteilte Vollmacht sei sehr ungewöhnlich, da sie weder in notarieller Form erteilt worden noch ersichtlich sei, auf welche unternehmerische Tätigkeit sie sich beziehe. Die Art der Vollmachtserteilung und das äußere Erscheinungsbild ließen Zweifel an der Echtheit der Vollmacht aufkommen. Diese Zweifel würden noch verstärkt durch den Umstand, dass Herr B ebenfalls über Prokura für das Unternehmen des Antragstellers verfügt habe und anhand der Unterschrift "i. A." nicht sicher erkennbar sei, für wen Herr B gehandelt habe. Darüber hinaus bestehe ein erheblicher Interessenkonflikt auf Seiten des Herrn B. Ferner sei nicht erwiesen, dass Herr B überhaupt für Frau A tätig gewesen sei. Lohnausgaben o. ä. seien von Frau A nie an ihn gezahlt worden. Erwiesen sei lediglich, dass Herr B mit dem Antragsteller einen Arbeitsvertrag geschlossen habe. Es sei naheliegend, dass Herr B ausschließlich für den Antragsteller tätig geworden sei und die behauptete Beschäftigung und Ausführung von Fahrten für Frau A lediglich vorgeschoben sei. Gestärkt werde diese Vermutung durch die angebliche Abwicklung der behaupteten Vertragsbeziehung. Die behaupteten Leistungen seien in bar beglichen worden, was für das Transportgewerbe unüblich sei. In den Rechnungen von Frau A werde auf erteilte Gutschriften des Antragstellers verwiesen. Die Stundenzettel von Herrn B hätten sich nicht im Besitz von Frau A, sondern im Besitz des Antragstellers befunden. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen stünden im Widerspruch zu der Aussage von Frau A gegenüber der Betriebsprüferin, dass die Transporte von den Leuten der Fa. D durchgeführt worden seien. Es seien keine plausiblen Gründe ersichtlich, warum Frau A gegenüber der Prüferin nicht die Wahrheit gesagt haben sollte. Die eidesstattliche Versicherung von Herrn B sei wenig aussagekräftig, da dieser ein erhöhtes Eigeninteresse am Erfolg des Begehrens des Antragstellers habe.

51

Dem Gericht haben je ein Band Einkommensteuer-, Bilanz-, Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer-, Betriebsprüfungs-, Bp-Arbeits- und Rechtsbehelfsakten (zur StNr .../.../...) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Der Antrag ist zulässig.

53

a) Der Antrag, die Vollziehung des Gewerbesteuerbescheides auszusetzen, wird dahingehend ausgelegt, dass die AdV bzgl. des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag als Grundlagenbescheid beantragt wird und nicht auch bezüglich des Gewerbesteuerbescheides, der lediglich einen Folgebescheid darstellt.

54

b) Die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist erfüllt, da das FA die vom Antragsteller mit Schreiben vom 20.02.2015 beantragte AdV mit Bescheid vom 27.02.2015 abgelehnt hat.

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2. Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg. Nach Maßgabe der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung sind die Voraussetzungen für eine gerichtliche AdV nicht erfüllt. An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen keine ernstlichen Zweifel.

56

a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

57

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (BFH-Beschlüsse vom 26.09.2014 XI S 14/14, juris; vom 21.11.2013 II B 46/13, DStR 2013, 2686). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren über die AdV gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschlüsse vom 28.10.2014 V B 92/14, juris; vom 03.04.2013 V B 125/12, DStR 2013, 1025). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 03.04.2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973).

58

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung anhand der präsenten Beweismittel nicht.

59

aa) Umsatzsteuer 2012

60

aaa) Die durch den Antragsteller erhobenen Einwendungen gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs greifen nicht durch, da sie nicht das Vorliegen der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs belegen.

61

(1) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen, wenn er eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

62

(a) Dabei müssen der Rechnungsaussteller und der leistende Unternehmer grundsätzlich identisch sein (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 04.09.2003 V R 9, 10/02 BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; vom 16.08.2001 V R 67/00, UR 2002, 213; Urteil des FG Hamburg vom 20.09.2011 2 K 139/09, DStRE 2012, 1077).

63

(b) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (BFH-Urteile vom 25.04.2013, V R 28/11, BFH 242, 77, BStBl II 2013, 656; vom 12.08.2009, XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259). Leistender ist in der Regel derjenige, der die sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (BFH-Urteile vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867; vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233). ?

64

Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen (sog. "Strohmann"), aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. "Hintermann"), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des "Strohmannes" tatsächlich ausgeführt hat (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867). ?

65

(c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft gem. § 41 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nur dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d. h. wenn die Vertragsparteien - der "Strohmann" und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BFH-Beschluss vom 17.10.2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Urteile vom 17.02.2011 V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769; vom 10.11.2010, XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867; BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). ?

66

(2) Nach ständiger Rechtsprechung trägt in tatsächlicher Hinsicht der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 26.08.2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255). Demzufolge ist es seine Sache, die entscheidungserheblichen Tatsachen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht, bei der auch die Beweisnähe zu berücksichtigen ist, glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-). Weil für den Vorsteuerabzug die Beweislastgrundsätze im Hauptsacheverfahren und im Aussetzungsverfahren übereinstimmen, führen Zweifel, die sich im Hauptsacheverfahren nach Beweislastgrundsätzen zum Nachteil des Unternehmers auswirken, regelmäßig auch im Aussetzungsverfahren nicht zum Erfolg. Verbleibende Zweifel können je nach der gegebenen Sachlage eine AdV ausschließen oder rechtfertigen; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls und das Gewicht der Gründe, die Anlass zu Zweifeln geben (vgl. BFH-Beschluss vom 26.08.2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255).

67

(3) Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt das Gericht im summarischen Verfahren derzeit zu der Überzeugung, dass die Rechnungserstellerin Frau A nicht als die leistende Unternehmerin bezüglich der abgerechneten Transportleistungen anzusehen ist. Das FA hat zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen versagt, weil es sich um Schein- bzw. Abdeckrechnungen handelte, denen kein tatsächlicher Leistungsaustausch mit der Rechnungserstellerin als Leistender zugrunde liegt (vgl. zum Begriff der Abdeckrechnung Urteil des FG Hamburg vom 25.11.2014 3 K 85/14, BB 2015, 533).

68

Dafür spricht insbesondere, dass die zur Leistungsausführung benutzte Sattelzugmaschine zwar wohl von Herrn B gesteuert wurde, die hierzu von diesem als Nachweis seiner Tätigkeit erstellten Tageszettel sich jedoch im Besitz des Antragstellers befanden. Insoweit bestehen nach Aktenlage derzeit erheblich Anhaltspunkte dafür, dass Herr B seine Transportleistung, sei es als angestellter Kraftfahrer oder seinerseits selbständiger Frachtführer, nicht für die Rechnungserstellerin, Frau A, sondern direkt für den Antragsteller erbracht hat. Andernfalls hätten sich diese Tageszettel im Besitz der Rechnungserstellerin befinden müssen.

69

Als eher fernliegend dürfte auch die Möglichkeit der Übergabe der Tageszettel durch Frau A an den Antragsteller sein, da die Vorlage dieser Tageszettel zum Leistungsnachweis gegenüber dem Antragsteller schon nicht erforderlich war. Im behaupteten Auftragsverhältnis zwischen Frau A und dem Antragsteller schuldet erstere lediglich den Erfolg. Hierzu bedarf es allerdings nicht der Vorlage des Arbeitsnachweises des Fahrers der Sattelzugmaschine, sondern allenfalls eines Transportnachweises. Bezeichnenderweise sind den vorgelegten Akten solche seitens der Rechnungserstellerin nicht zu entnehmen.

70

In diesem Zusammenhang ist zudem auffällig, dass die von der C dem Antragsteller erteilten Gutschriften Frau A für einen Abgleich ihrer behaupteten Leistungen überlassen worden sind. Es ist vollkommen unüblich, dass der Auftraggeber, der die Ausführung der ihm im Verhältnis zu seinem Auftraggeber obliegenden Leistungen von einem Subunternehmer ausführen lässt, diesem den Inhalt dem ihm gegenüber erteilten Gutschriften offenlegt.

71

Darüber hinaus ist im Verhältnis zu Subunternehmern zudem eine eigene Preisgestaltung unabhängig vom Verhältnis zum "Hauptauftraggeber" unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Regelfall. Durch die vorliegende Abrechnungsgestaltung war insoweit aber eine eigene Preisgestaltung seitens Frau A überhaupt nicht vorhanden beziehungsweise erkennbar, soweit lediglich die von der C an den Antragsteller gezahlten Preise übernommen worden sind.

72

Auch vor dem Hintergrund der durch den Antragsteller beabsichtigten Betriebsaufgabe ist dieser ungewöhnliche Vorgang unschlüssig. Insbesondere erschließt sich in diesem Zusammenhang - losgelöst von der mangelnden Preisgestaltung und dem Verzicht auf eine im Verhältnis zu Subunternehmern üblichen angemessenen Preisspanne - weder der Verkauf der Sattelzugmaschine zum Einkaufspreis noch die gesamte Finanzierung des Kaufpreises sowie die Verauslagung sämtlicher Betriebskosten durch den Antragsteller. Es ist auch im Transportgewerbe im Verhältnis zu Subunternehmern unüblich, diesen ihren gesamten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Durch die gewählte Finanzierungskonstruktion trägt der Antragsteller trotz Einschaltung von Frau A als vermeintliche Subunternehmerin das gesamte wirtschaftliche Risiko aus deren behaupteter Tätigkeit. Dies ist auch vor dem Hintergrund der beabsichtigten Betriebsaufgabe nicht mehr nachvollziehbar.

73

Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch die im Übrigen im Transportgewerbe unübliche Barzahlung, die insoweit aber im Verhältnis zu den vorgenannten Zweifeln an der Leistungsausführung durch die Rechnungserstellerin nicht mehr ins Gewicht fällt.

74

Diese Annahmen werden zusätzlich auch von den übrigen Feststellungen des FA getragen, wonach Frau A darüber hinaus überhaupt nicht wirtschaftlich tätig geworden ist und keinerlei Unterlagen über ihre Fahrtätigkeit nachweisen konnte.

75

Letztlich ist auch schon der Inhalt der vermeintlichen Rahmenvereinbarung vom 31.01.2012 zweifelhaft, soweit diese ausdrücklich von einer Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und Herrn B spricht. Ein etwaiges Vertretungsverhältnis zu Frau A ist nicht ersichtlich und würde auch im Gegensatz zu der von dieser erst am 29.02.2012 erteilten Bevollmächtigung stehen. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung die Festlegung enthält, dass Frau A eine monatliche Rechnung für "seine" gefahrenen Touren erteilt (oben I.3.a)aa)), so dass sich bereits aus dieser Formulierung ergibt, dass es sich bei den Rechnungen von Frau A tatsächlich um Abdeckrechnungen handelt. Eine Veranlassung für die zusätzliche Unterschrift des Herrn D auf der Vereinbarung ist nicht nachvollziehbar, da dieser weder an der Vereinbarung beteiligt ist noch in einer offensichtlichen Beziehung zum Betrieb des Antragstellers stand.

76

Unter Berücksichtigung der zuvor dargelegten Umstände vermögen auch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Rechnungserstellerin und des B keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

77

bbb) Darüber hinaus erfüllen die streitigen Rechnungen aber auch nicht die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 14, 14a UStG.

78

(1) Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Art der sonstigen Leistung enthalten (sog. Leistungsbeschreibung). Die Rechnung muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BFH-Urteil vom 08.10.2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218). Zur Identifizierung der abgerechneten Leistung können andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden. Voraussetzung ist dabei, dass das Abrechnungsdokument selbst auf die anderen Geschäftsunterlagen verweist und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet (BFH-Urteile 16.01.2014 V R 28/13, BFH/NV 2014, 807; vom 10.11.1994 V R 45/93, BStBl II 1995, 395; BFH-Beschlüsse vom 22.07.2014 XI B 29/14, BFH/NV 2014, 1780; vom 29.11.2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518). Mit einer Bezugnahme auf andere Geschäftsunterlagen wird der Unternehmer davon entlastet, in der Rechnung selbst hinreichend detaillierte Angaben zu Art und Umfang der Leistung aufzuführen. Deshalb wird nur durch die eindeutige Bezeichnung der in Bezug genommenen anderen Unterlagen in der Rechnung sichergestellt, dass diese tatsächlich Grundlage der abgerechneten Leistung gewesen sind (so auch FG Hamburg vom 11.03.2015 2 K 231/14, juris).

79

(2) Diese Anforderungen an eine hinreichend spezifizierte Leistungsbeschreibung erfüllen die streitgegenständlichen Rechnungen nicht. An Hand der Rechnungsangaben ist eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, nicht möglich. Insbesondere kann aufgrund der Rechnungsangaben nicht ausgeschlossen werden, dass dieselbe Leistung mehrfach abgerechnet wurde. Auch ist nicht erkennbar, welche Leistung beziehungsweise welcher Warentransport von der Rechnungserstellerin erfüllt worden sein soll.

80

Den Rechnungen ist die Bedeutung der Belegnummern nicht zu entnehmen. Soweit zusätzlich unter einem bestimmten Datum "Fahrten" ausgewiesen worden sind, bleibt offen, welche konkreten Fahrten unter dem vorgenannten Datum durchgeführt sein sollen.

81

Eine Konkretisierung beziehungsweise Identifizierung der abgerechneten Leistungen kann erst unter Heranziehung der von der C dem Antragsteller erteilten Gutschriften vorgenommen werden. Erst hiernach erschließt sich, dass die in den streitgegenständlichen Rechnungen ausgewiesenen Belegnummern identisch mit den Belegnummern der einzelnen Gutschriften der C sind. Mit dem ausgewiesenen Datum handelt es sich insoweit auch nicht - wie bei isolierter Betrachtung naheliegend - um das vermeintliche Leistungsdatum für die von der Rechnungserstellerin abgerechneten Transportleistungen, sondern um das Ausstellungsdatum der dem Antragsteller von der C erteilten Gutschriften.

82

Ob diese Gutschriften ihrerseits den streitigen Rechnungen beigefügt worden sind, kann offen bleiben, da es den streitigen Rechnungen schon an einer eindeutigen Bezeichnung von in Bezug genommenen anderen Unterlagen fehlt.

83

ccc) Losgelöst von der Frage, ob die materiellen beziehungsweise formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen, steht dem Antragsteller der Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen aber auch wegen einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung nicht zu.

84

(1) Der Vorsteuerabzug ist trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ausnahmsweise zu versagen, wenn der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war (vgl. BGH-Beschluss vom 08.02.2011 1 StR 24/10, NJW 2011, 1616 und BFH-Urteile vom 19.05.2010 XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132; vom 19.04.2007 V R 48/04, BStBl II 2009, 315). Nach der neueren EuGH-Rechtsprechung (Urteile vom 13.02.2014 X-18/13, Maks Pen EOOD, HFR 2014, 380; vom 21.06.2012 C-80/11, C 142/11, Mahagebén und Dávid, UR 2012, 591) kann der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug dem Steuerpflichtigen wegen Einbindung des Umsatzes in eine Umsatzsteuerhinterziehung allerdings nur verweigert werden, wenn aufgrund der von den Steuerbehörden beigebrachten objektiven Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige hiervon wusste oder hätte wissen müssen. Der Steuerpflichtige hat keine (anlasslose) Pflicht, umfassend die wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse des Leistenden aufzuklären (vgl. EuGH-Urteil vom 18.07.2013 C-78/12, Evita-K, DStRE 2014, 167). Allerdings muss der Rechnungsempfänger alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind (EuGH-Urteile vom 21.06.2012 C-80/11, C-142/11, UR 2012, 591; vom 06.09.2012 C-324/1, Tóth, UR 2012, 851). Das FA trägt in diesem Fall die objektive Beweislast, d.h. es muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Antragsteller von seiner Einbeziehung in den Umsatzsteuerbetrug gewusst hat beziehungsweise hätte wissen müssen (vgl. FG Hamburg vom 20.10.2014 2 V 214/14, EFG 2015, 254).

85

(2) Auch von diesen Kriterien ausgehend, steht dem Antragssteller ein Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen nicht zu.

86

Der Senat ist - wie vorhergehend aufgezeigt - davon überzeugt, dass die Rechnungserstellerin nicht die tatsächlich leistende Unternehmerin war, sondern es sich bei den von ihr ausgestellten Rechnungen um sog. Abdeckrechnungen handelte, um sowohl steuerliche Belastungen zu umgehen, beziehungsweise Vorsteuerbeträge geltend machen zu können, und der Antragssteller dies auch wusste. Dies ergibt sich schon aus den unter II. 2. b)aa)aaa) vorstehend ausgeführten Einzelheiten, die für den Antragsteller nicht nur erkennbar waren, sondern von ihm auch herbeigeführt worden sind.

87

ddd) Es kann daher im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Rechnungserstellerin noch Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG ist oder als Scheinunternehmerin einzuordnen ist.

88

cc) Einkommensteuer und Gewerbesteuer 2012

89

aaa) Soweit das FA die Ablehnung der AdV des Einkommensteuerbescheids sowie des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag hinsichtlich der Versagung des Betriebsausgabenabzugs nicht begründet hat, kann sich der Antragssteller nicht schon auf eine etwaige fehlende oder fehlerhafte Ermessensentscheidung des FA berufen. Wenn und soweit das FA eine AdV abgelehnt hat, kann hiergegen sowohl Einspruch eingelegt werden als auch das Finanzgericht durch einen Antrag nach § 69 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 3 FGO angerufen werden. Das finanzgerichtliche Aussetzungsverfahren ist allerdings ein eigenständiges Rechtsschutzverfahren; es ist weder ein Rechtsbehelfs- noch ein Rechtsmittelverfahren gegen die ablehnende Entscheidung des FA. Das Finanzgericht prüft daher keine behördliche Aussetzungsentscheidung, sondern beurteilt seine Rechtmäßigkeit nur im Hinblick auf das Antragsbegehren (vgl. auch Birkenfeld, Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 69 FGO, Rn. 711).

90

bbb) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit scheiden aufgrund der vorgenannten Einzelheiten auch im Hinblick auf die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) aus.

91

(1) Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (BFH-Beschluss vom 04.07.1990, GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817). Der objektive Zusammenhang einer Aufwendung mit dem Betrieb wird regelmäßig dadurch begründet, dass die Leistung, die die Zahlung entgilt, dem Betrieb förderlich ist. Allein die Tatsache, dass eine Leistung dem Betrieb in Rechnung gestellt wird, reicht hingegen für die betriebliche Veranlassung nicht aus. Die Leistung muss auch tatsächlich von dem Rechnungsaussteller erbracht worden sein (BFH-Beschluss vom 06.10.1993, VIII B 122/92, BFH/NV 1994, 173; Beschluss des FG Hamburg vom 27.02.2014 2 V 4/14, PStR 2014, 196).

92

(2) Nach diesen Grundsätzen gehen die aufgezeigten vorgenannten Einzelheiten zu Lasten des den Betriebsausgabenabzug begehrenden Antragsteller, soweit nach summarischer Prüfung derzeit zweifelhaft ist, dass die von der Rechnungserstellerin abgerechneten Transportleistungen auch tatsächlich von ihr erbracht worden sind. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass das FA für Arbeitslohn des Herrn B insgesamt ... € an zusätzlichen Betriebsausgaben berücksichtigt hat; für einen weitergehenden Betriebsausgabenabzug, den der Senat im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) berücksichtigen könnte, besteht vorliegend kein Anlass.

93

3. Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung der Bescheide für den Antragssteller eine unbillige Härte zur Folge haben könnte, sind nicht geltend gemacht worden und aus den Akten nicht ersichtlich.

III.

94

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

95

2. Die Nichtzulassung der Beschwerde folgt aus § 128 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FGO, da Zulassungsgründe gem. § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich sind.

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(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

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(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

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(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Antragstellerin (Antragstellerin) --eine im Dezember 2007 gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer A ist-- handelte im Streitjahr 2008 mit Kraftfahrzeugen. Sie hat nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 14. Juli 2014 inzwischen ihren Sitz von … nach … verlegt.

2

Anlässlich einer die Voranmeldezeiträume Januar bis Juni 2008 umfassenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass bisher als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an eine Firma "…" (B) in Mallorca behandelte Umsätze steuerpflichtig seien, was zu Mehrsteuern in Höhe von … € führe. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung C seien die betroffenen Fahrzeuge tatsächlich nicht nach Spanien verbracht, sondern im Inland weiter vermarktet worden. Zudem seien Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D in Höhe von … € nicht abziehbar, weil es sich bei dieser Firma um eine "Scheinfirma" handele, die unter ihrer Rechnungsanschrift keinen Sitz gehabt habe.

3

Im Rahmen einer weiteren, nunmehr die Voranmeldungszeiträume Juli bis Dezember 2008 umfassenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Antragstellerin auch in diesem Zeitraum Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D in Höhe von … € geltend gemacht hatte, die ebenfalls nicht abziehbar seien.

4

Im Januar 2010 reichte die Antragstellerin ihre Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr ein, in der sie steuerpflichtige Lieferungen in Höhe von … € und steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von … € sowie --entgegen den Prüfungsfeststellungen-- steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von … € und Vorsteuerbeträge in Höhe von … € erklärte. Insgesamt ergab sich eine Umsatzsteuer von ./. … €.

5

Das vormals zuständige Finanzamt (FA) … (I) folgte den Angaben der Antragstellerin nicht und setzte die Umsatzsteuer für 2008 mit Bescheid vom 31. August 2010 entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfungen auf ./. … € fest.

6

Der Einspruch blieb ohne Erfolg; das FA I wies ihn mit Einspruchsentscheidung vom 19. November 2011 als unbegründet zurück.

7

Für das anschließende Klageverfahren gewährte das FA I mit Verfügung vom 8. Januar 2011 die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids ohne Sicherheitsleistung und unter Widerrufsvorbehalt.

8

Während des Klageverfahrens wurde der Beklagte und Antragsgegner (das FA) mit Wirkung vom 1. April 2011 für die Besteuerung der Antragstellerin zuständig.

9

Das FA widerrief mit Verfügung vom 21. November 2012 die bisher gewährte AdV, nachdem es zuvor die Antragstellerin fruchtlos aufgefordert hatte, Sicherheit zu leisten. Zur Begründung führte das FA aus, eine AdV ohne Sicherheitsleistung komme nicht in Betracht, weil sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Vermögenslage der Antragstellerin erheblich verschlechtert hätten.

10

Das Finanzgericht (FG) setzte mit Beschluss vom 11. Juli 2013  1 V 4617/12 A(U) die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids für das Streitjahr bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung im Verfahren 1 K 4566/10 U unter der Bedingung aus, dass die Antragstellerin bis zum 15. August 2013 Sicherheit in Höhe von … € leiste, und wies im Übrigen den Antrag, die Vollziehung des betreffenden Bescheids ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, ab. Es ließ die Beschwerde gegen seinen Beschluss nicht zu.

11

Die Klage hatte zu einem geringen Teil Erfolg. Das FG gab mit Urteil vom 14. März 2014  1 K 4566/10 U (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1526) der Klage statt, soweit die Lieferung eines Porsche 997 an die B (Rechnung vom 19. Februar 2008) besteuert worden war, und minderte dementsprechend die festgesetzte Umsatzsteuer für das Streitjahr um … €. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab.

12

Zur Begründung führte das FG aus, der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D sei zu versagen, weil deren Rechnungen nicht die nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erforderliche zutreffende vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten hätten. Bei der in den Rechnungen angegebenen Anschrift habe es sich um einen Briefkastensitz gehandelt, dessen Angabe die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht erfülle. Unter der betreffenden Anschrift, unter der die D lediglich postalisch erreichbar gewesen sei, habe sich eine Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins und ein Buchhaltungsbüro, das die Post der D entgegengenommen und für sie Buchhaltungsarbeiten erledigt habe, befunden. Eigene geschäftliche Aktivitäten der D hätten dort nicht stattgefunden. Es könne letztlich offenbleiben, ob ein Briefkastensitz als hinreichende Anschrift des leistenden Unternehmers in Ausnahmefällen in Betracht kommen könne. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) reiche die Angabe eines Briefkastensitzes jedenfalls bei einer GmbH, die --wie hier die D-- im großen Umfang mit Fahrzeugen handele, nicht aus (BFH-Beschluss vom 14. März 2000 V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252). Hinzu komme, dass die D ab dem 1. Oktober 2007 zwei Büroräume, eine Einbauküche, zwei Toiletten und Lagerfläche unter einer anderen Anschrift angemietet habe, und einiges dafür spreche, dass sich dort auch die von der D gehandelten Fahrzeuge befunden hätten.

13

Es komme auch nicht darauf an, ob die Antragstellerin auf die Richtigkeit der in den Rechnungen der D angegebenen Anschrift habe vertrauen dürfen. Denn § 15 UStG sehe den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vor, weshalb Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht bei der Steuerfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften des UStG, sondern ggf. nur im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163, § 227 der Abgabenordnung (AO) berücksichtigt werden könnten. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei nicht zu entnehmen, dass im Steuerfestsetzungsverfahren ein Vorsteuerabzug auch bei Angabe eines Scheinsitzes des Leistenden in Betracht kommen könne. Der Senat folge damit nicht der vom FG Münster mit Beschluss vom 12. Dezember 2013  5 V 1934/13 U (EFG 2014, 395) vertretenen Ansicht, wonach die Angabe eines Scheinsitzes in der Rechnung dem Vorsteuerabzug nicht entgegenstehe, wenn sich für den Leistungsempfänger nach den Gesamtumständen im Vorfeld der Lieferung keine Zweifel an der in der Rechnung angegebenen Anschrift hätten ergeben müssen.

14

Das FA I sei --mit Ausnahme des Porsche, wozu das FG eine Lieferung durch die Antragstellerin nicht feststellen konnte-- zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den in den Rechnungen an die B abgerechneten Umsätzen um steuerpflichtige Lieferungen gehandelt habe. Die Antragstellerin habe die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen. Die Angaben in den Verbringenserklärungen "Das Fahrzeug wird am ... von mir in das Zielland Spanien verbracht" seien insoweit nicht ausreichend, da der Bestimmungsort nicht genannt sei und nicht ohne weiteres mit der Unternehmensanschrift der B gleichgesetzt werden könne. Zwar könne sich die erforderliche Angabe des Bestimmungsorts im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gelte jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen sei, dass --was nicht vorliege-- der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert werde. An welchen Ort die streitgegenständlichen Fahrzeuge tatsächlich verbracht worden seien, sei völlig unklar. Daher stehe auch nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt seien. Die Lieferungen seien schließlich auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Die Frage des Gutglaubensschutzes stelle sich nur, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nachgekommen sei. Vorliegend fehle es an einem belegmäßigen Nachweis des Bestimmungsorts der streitigen Lieferungen.

15

Das FG hat die Revision gegen sein Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

16

Die Antragstellerin hat die Revision fristgerecht eingelegt und begründet. Über die Revision ist noch nicht entschieden worden.

17

Das FA hat einen weiteren Antrag der Antragstellerin auf AdV des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids mit Verfügung vom 8. Juli 2014 abgelehnt.

18

Zur Begründung des vorliegenden Antrags auf AdV bringt die Antragstellerin vor, selbst wenn die Steuerforderung bestünde, wäre sie aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Die Vollziehung sei ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, weil die Vorentscheidung rechtsfehlerhaft sei und für sie, die Antragstellerin, ein günstiger Prozessausgang zu erwarten sei. Zudem sei sie wirtschaftlich nicht in der Lage, Sicherheiten zu stellen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids seien nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FG (zum überwiegenden Teil) die Klage abgewiesen habe.

19

Das FA gehe unzutreffend davon aus, der EuGH habe mit Urteil vom 28. Juni 2007 C-73/06 --Planzer Luxembourg-- (Slg. 2007, I-5655, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2007, 654) entschieden, dass an eine Anschrift i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG dieselben Anforderungen wie an einen "Sitz" im Sinne der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige zu stellen seien. Eine Anschrift erfordere nur die postalische Erreichbarkeit an der angegebenen Adresse. Die Voraussetzung der Anschrift i.S. des Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem diene der Identifikation des Rechnungsausstellers. Es wäre für einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer unzumutbar, hätte er zu prüfen, inwieweit an der Anschrift über die postalische Erreichbarkeit hinaus Aktivitäten des leistenden Unternehmers stattfänden. Die D habe existiert, sei leistender Unternehmer i.S. des § 2 UStG und unter der angegebenen Anschrift auch postalisch erreichbar gewesen. Zudem seien dort die Buchhaltungsarbeiten der D vorgenommen und ihre Steuererklärungen gefertigt worden. Die in der Rechnung angegebene Anschrift werde nicht deshalb unzutreffend, weil ein Unternehmer unter weiteren Adressen erreichbar sei oder betriebliche Aktivitäten entfalte.

20

Auf die Angabe des Zielorts in den Verbringungsnachweisen komme es nicht an, weil sich dieser bereits aus den Ausgangsrechnungen ergebe, die Teile des Buch- und Belegnachweises seien.

21

Die Steuerforderung sei jedenfalls aus Billigkeitsgründen zu erlassen, weil sie, die Antragstellerin, durch Erklärungen der Finanzämter dazu bestimmt worden sei, sowohl von der betreffenden Anschrift der D als auch davon auszugehen, dass die Angabe des Ziellandes im Verbringungsnachweis unter den gegebenen Umständen ausreichend sei. Durch den Vollzug von Bescheiden über Steuerforderungen, die im Billigkeitswege zu erlassen seien, würde sie, die Antragstellerin, in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt.

22

Die Antragstellerin bringt zudem --unter Vorlage verschiedener Unterlagen-- vor, dass sie keine Möglichkeit habe, einen Geldbetrag zu zahlen oder eine Bürgschaft zu stellen, und über keine Vermögenswerte verfüge, die als Sicherheit dem FA oder einer Bank zur Erlangung eines Kredites gestellt werden könnten. Es sei unverhältnismäßig und verstoße gegen die Garantie effektiven Rechtsschutzes i.S. des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes, dem Steuerpflichtigen die AdV eines angefochtenen Steuerbescheids zu versagen, wenn seine wirtschaftlichen Verhältnisse die Leistung einer Sicherheit nicht zuließen.

23

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids vom 31. August 2010 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

24

Das FA beantragt,
den Antrag auf AdV abzulehnen, hilfsweise die AdV nur gegen Sicherheitsleistung zu gewähren.

25

Das angefochtene Urteil der Vorinstanz, das der Rechtsprechung des EuGH und BFH entspreche, enthalte keine Rechtsfehler. Ein Erlass der streitgegenständlichen Umsatzsteuerschulden sei vorliegend nicht zu prüfen, weil diesbezüglich ein eigenes Verfahren zu führen sei. Zudem bestünden für die Annahme eines Erlasses keine Anhaltspunkte.

26

Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin keine Sicherheitsleistung erbringen könne oder sie ihre Kreditlinie bereits ausgeschöpft habe. Die Vermögenslage der Antragstellerin verschlechtere sich jährlich. Es sei daher zu befürchten, dass nach Abschluss des Revisionsverfahrens die Steuerforderungen nicht mehr durchgesetzt werden könnten.

27

Dem Senat lagen die folgenden Unterlagen, die die Antragstellerin mit ihrem Antragschreiben vom 14. Juli 2014 zu den Akten gereicht hat, vor: Jahresabschluss 2013, Finanzstatus zum 31. Mai 2014, Schreiben der Sparkasse … vom 26. Juni 2014.

Entscheidungsgründe

28

II. Dem Antrag auf AdV des Umsatzsteuerbescheids für 2008 war teilweise zu entsprechen.

29

1. Der Antrag ist zulässig.

30

a) Da die Antragstellerin gegen das Urteil des FG wirksam Revision eingelegt und begründet hat, ist der BFH nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als Gericht der Hauptsache für den Antrag auf AdV zuständig (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 I S 7/11, BFH/NV 2012, 583, Rz 8; vom 18. Juli 2012 X S 19/12, BFH/NV 2012, 2008, Rz 12; vom 2. Juli 2014 XI S 8/14, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris, Rz 22).

31

b) Zudem hat das FA den erneuten Antrag auf AdV mit Verfügung vom 8. Juli 2014 abgelehnt. Die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO, die auch für Anträge auf AdV gilt, die --wie hier-- beim BFH als Gericht der Hauptsache gestellt werden (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 18. August 1998 XI S 7/98, BFH/NV 1999, 210; vom 27. März 2000 III S 6/99, BFH/NV 2000, 1129, jeweils m.w.N.), liegt damit vor.

32

2. Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

33

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 2013 XI B 41/13, BFH/NV 2013, 1647, Rz 16; vom 2. Juli 2014 XI S 8/14, n.v., juris, Rz 24, jeweils m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, Rz 12; in BFH/NV 2013, 1647, Rz 16; vom 2. Juli 2014 XI S 8/14, n.v., juris, Rz 24, jeweils m.w.N.).

34

Ist der angegriffene Steuerbescheid --wie im Streitfall-- bereits Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens, bestehen ernstliche Zweifel, wenn unter Berücksichtigung der eingeschränkten Prüfungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts ernstlich mit der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Steuerbescheids zu rechnen ist. Das bedeutet, dass bei vermutlichem Durcherkennen des BFH auf die Erfolgsaussichten des Revisionsverfahrens, bei voraussichtlicher Zurückverweisung auf die Erfolgsaussichten des dann fortgesetzten Klageverfahrens abzustellen ist. Im Fall einer Zurückverweisung bestehen ernstliche Zweifel allerdings auch dann, wenn sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht absehen lässt, ob die Klage letztlich Erfolg haben wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. März 2014 III S 22/13, BFH/NV 2014, 856, Rz 17, m.w.N.).

35

b) Nach diesen Maßgaben bestehen im Streitfall insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids, als das FA darin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der D versagt hat.

36

aa) Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht als zutreffende Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung (grundsätzlich) nicht aus (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, unter II.C.1.a; vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, unter II.3.c, und vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, unter II.1.d; BFH-Beschluss vom 5. November 2009 V B 5/09, BFH/NV 2010, 478). Gleichwohl kann nach den Umständen des Einzelfalls auch die Angabe eines "Briefkastensitzes" mit postalischer Erreichbarkeit als Anschrift, die die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt, genügen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, m.w.N.). Unter welchen besonderen Umständen die Angabe einer Anschrift mit nur postalischer Erreichbarkeit als zutreffende Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung ausreichend sein könnte, ist höchstrichterlich nur insoweit geklärt, dass es jedenfalls bei einer GmbH, die --wie hier die D-- in großem Umfang mit Kraftfahrzeugen handelt, nicht ausreicht, wenn sich unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift keine eigenen Geschäftsräume, sondern lediglich eine nicht in Anspruch genommene Telefonleitung und eine Briefempfangsstelle finden (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 1252).

37

bb) Unentschiedenheit oder Unsicherheit besteht dagegen in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11 --Mahagebén und Dávid--, BFH/NV 2012, 1404, UR 2012, 591; vom 13. Februar 2014 C-18/13 --Maks Pen EOOD--, Mehrwertsteuerrecht 2014, 197, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 380) der Leistungsempfänger zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 16. April 2014 V B 48/13, BFH/NV 2014, 1243, Rz 6).

38

Insoweit könnte die Klägerin --obgleich § 15 UStG den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vorsieht und Vertrauensschutzgesichtspunkte deshalb grundsätzlich nicht bei der Steuerfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften des UStG, sondern ggf. nur im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163, § 227 AO berücksichtigt werden können (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256, m.w.N.; FG Köln, Urteil vom 12. März 2014  4 K 2374/10, EFG 2014, 1442, Revision eingelegt, Az. des BFH: XI R 22/14)-- zum Vorsteuerabzug berechtigt sein (vgl. auch FG Münster in EFG 2014, 395, nach dem --entgegen der Vorentscheidung-- die Angabe eines Scheinsitzes dem Vorsteuerabzug nicht entgegensteht, wenn sich für den Leistungsempfänger keine Zweifel an der in der Rechnung angegeben Anschrift hätten ergeben müssen).

39

Nach Auffassung des Sächsischen FG im Beschluss vom 4. April 2014  4 V 297/13 (juris) bestehen Zweifel daran, ob der Vorsteuerabzug ausschließlich mit der Begründung versagt werden kann, dass es sich bei der angegebenen Rechnungsanschrift um einen sog. "Scheinsitz" handelt, so dass die erforderliche "zutreffende" Anschrift des leistenden Unternehmers in der Rechnung fehlt. Das FG Berlin-Brandenburg hält es für ernstlich zweifelhaft, dass allein wegen einer (objektiv) fehlerhaften Anschrift im Abrechnungsdokument der Vorsteuerabzug versagt werden kann (Beschluss vom 3. April 2014  7 V 7027/14, EFG 2014, 1445).

40

cc) Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage war die beantragte AdV zu gewähren, soweit das FA den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid versagte. Denn ist --wie hier-- die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu entscheiden; die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 V B 60/02, BFH/NV 2003, 87, unter II.3.; vom 25. November 2005 V B 75/05, BFHE 212, 176, BStBl II 2006, 484, unter II.3.b; vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, Rz 22; vom 12. Dezember 2013 XI B 88/13, BFH/NV 2014, 550, Rz 26; vom 2. Juli 2014 XI S 8/14, n.v., juris, jeweils m.w.N.).

41

Insoweit ist bei summarischer Prüfung ein Erfolg der Antragstellerin im Revisionsverfahren nicht auszuschließen.

42

c) Die Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides war ferner auszusetzen, soweit das FA eine Lieferung eines Porsche besteuert hat. Das FG vermochte --was unwidersprochen blieb-- keine entsprechende Lieferung der Klägerin festzustellen. Danach besteht Unklarheit in der Beurteilung einer entscheidungserheblichen Tatfrage.

43

d) Im Übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids keine ernstlichen Zweifel. Das Revisionsverfahren hat insoweit voraussichtlich keinen Erfolg. Bei den in den Rechnungen an die B abgerechneten Umsätzen hat es sich --mit Ausnahme des vorgenannten Porsche-- um steuerpflichtige Lieferungen gehandelt.

44

aa) Zwar kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung a.F. erforderliche Angabe des Bestimmungsorts --wie die Antragstellerin sinngemäß vorbringt-- unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben (vgl. dazu BFH-Urteile vom 7. Dezember 2006 V R 52/03, BFHE 216, 367, BStBl II 2007, 420; vom 14. November 2012 XI R 17/12, BFHE 239, 516, BStBl II 2013, 407). Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird (vgl. BFH-Urteile vom 17. Februar 2011 V R 28/10, BFHE 233, 331, UR 2011, 779; in BFHE 239, 516, BStBl II 2013, 407). Das ist hier nicht der Fall. Denn nach den Feststellungen des FG ist der Verbleib der streitgegenständlichen Fahrzeuge "völlig unklar".

45

bb) Die betreffenden Lieferungen sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt sich --wovon das FG zutreffend ausgegangen ist-- erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nachgekommen ist. Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15. Februar 2012 XI R 42/10, BFH/NV 2012, 1188, m.w.N.). Im Streitfall fehlt es an einem belegmäßigen Nachweis des Bestimmungsorts, weil dieser --wie vorstehend unter II.2.d aa ausgeführt-- nicht ohne weiteres mit der Unternehmensanschrift des B gleichgesetzt werden kann.

46

3. Die somit im Umfang des Tenors zu gewährende AdV war nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.

47

a) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient der Vermeidung von Steuerausfällen. Solche Ausfälle können vor allem dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige im Hauptsacheverfahren letztlich unterliegt und zu diesem Zeitpunkt die Durchsetzung der Steuerforderung gefährdet oder erschwert ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. November 2004 V B 78/04, BFHE 208, 93, BStBl II 2005, 535; vom 6. August 2007 VII B 108-109/06, BFH/NV 2007, 2358; vom 6. Februar 2013 XI B 125/12, BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, jeweils m.w.N.). Eine Gefährdung der umstrittenen Umsatzsteueransprüche ergibt sich vorliegend schon aus dem unwidersprochenen Vorbringen des FA, wonach sich die Vermögenslage der Antragstellerin jährlich verschlechtere. Zudem gibt die Antragstellerin selbst an, keine Sicherheitsleistung erbringen zu können.

48

b) Das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen entfällt, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. August 2011 XI B 39/11, BFH/NV 2011, 2106; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, jeweils m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

49

c) Die Anforderung einer Sicherheitsleistung darf jedoch --wie hier-- nicht erfolgen, wenn sie mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine unbillige Härte für ihn bedeuten würde, etwa weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 1988 V B 26/86, BFH/NV 1989, 403; vom 28. Juni 1994 V B 18/94, BFH/NV 1995, 515; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, jeweils m.w.N.). Lassen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine Sicherheitsleistung nicht zu, darf deshalb der Rechtsvorteil der Aussetzung bzw. der Aufhebung der Vollziehung bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids --auch bei fortlaufend veranlagten und festgesetzten Steuern wie Lohn- und Umsatzsteuer-- grundsätzlich nicht versagt werden (vgl. dazu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. September 2009  1 BvR 1305/09, HFR 2010, 70, unter IV.1.b; ferner BFH-Beschlüsse vom 19. Februar 2010 II B 122/09, BFH/NV 2010, 1144; in BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983, jeweils m.w.N.).

50

Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin nach eigenem glaubhaften und substantiiert dargelegten Bekunden weder einen Geldbetrag zahlen noch eine Bürgschaft stellen kann und über keine Vermögenswerte verfügt, die als Sicherheit gestellt werden könnten, wird von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abgesehen.

51

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist die geschiedene Ehefrau des im September 2011 verstorbenen Erblassers (E). Aufgrund eines Vermächtnisses des E erhält sie auf Lebenszeit eine monatliche Rente von 2.700 €.

2

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte für den Erwerb der Antragstellerin in Höhe von 342.015 € (Jahreswert der Rente 32.400 € x Vervielfältiger 10,556) mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 Erbschaftsteuer in Höhe von 71.000 € fest, die die Antragstellerin am 2. November 2012 entrichtete.

3

Mit dem Einspruch machte die Antragstellerin im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. September 2012 II R 9/11 (BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899) und das damit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfahren 1 BvL 21/12 die Verfassungswidrigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 --ErbStG-- (BGBl I 2008, 3018) geltend. Das Einspruchsverfahren ruht bis zu einer Entscheidung des BVerfG im Verfahren 1 BvL 21/12.

4

Die von der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA ab. Die beim Finanzgericht (FG) beantragte Aufhebung der Vollziehung wurde ebenfalls abgelehnt. Das FG führte zur Begründung aus, das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiege nicht die öffentlichen Interessen am ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug und an einer geordneten Haushaltsführung. Die festgesetzte Erbschaftsteuer belaufe sich nur auf knapp 25 % des Erwerbs. Die Antragstellerin könne etwaige finanzielle Härten durch die Wahl der Jahresversteuerung gemäß § 23 ErbStG abmildern. Die Gewährung einer Aufhebung der Vollziehung käme dagegen einem einstweiligen Außerkraftsetzen des ErbStG gleich.

5

Mit der Beschwerde rügt die Antragstellerin die Verletzung des § 69 Abs. 2 Sätze 2 und 7 sowie Abs. 3 Sätze 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) gewährleistete Garantie auf effektiven Rechtsschutz könne einem Steuerpflichtigen bei einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht dadurch faktisch entzogen werden, dass nach der Rechtsprechung des BFH dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltswirtschaft der Vorrang vor dem Interesse des Steuerpflichtigen an einer AdV eingeräumt werde (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558). Außerdem fehle eine gesetzliche Grundlage, die bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer der Besteuerung zugrunde gelegten Norm ein besonderes berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der AdV verlange. Die Ablehnung der AdV sei auch nicht damit zu rechtfertigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH (II. Senat) regelmäßig keine weitergehende Entscheidung getroffen werden könne als vom BVerfG zu erwarten sei (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807). Dies bedeute eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache, weil die fortgesetzte Vollziehung aller Erbschaftsteuerbescheide kaum rückgängig zu machen sei und damit für den einzelnen Steuerpflichtigen dauerhaft nachteilige Wirkungen habe.

6

Die Antragstellerin beantragt, die Vorentscheidung und die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 1. Oktober 2012 aufzuheben.

7

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorentscheidung und die Vollziehung des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids sind aufzuheben. Entgegen der Auffassung des FG kommt dem Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung der Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des ErbStG zu.

9

1. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids bestehen --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO.

10

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO hat das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 3. April 2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, m.w.N.). Im Falle eines bereits vollzogenen Verwaltungsaktes ist die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO).

11

b) Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG. Beim BVerfG ist unter dem Az. 1 BvL 21/12 ein Normenkontrollverfahren zu der Frage anhängig, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgehen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden (vgl. Vorlagebeschluss des BFH in BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899).

12

2. Das Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung ist gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des ErbStG vorrangig.

13

a) Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine Aufhebung der Vollziehung, die mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift begründet wird, voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht, dem der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; vom 21. Mai 2010 IV B 88/09, BFH/NV 2010, 1613; vom 9. März 2012 VII B 171/11, BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418; vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611; vom 9. Mai 2012 I B 18/12, BFH/NV 2012, 1489; vom 18. Juni 2012 II B 17/12, BFH/NV 2012, 1652; Erfordernis eines berechtigten Interesses offen gelassen: BFH-Beschlüsse vom 23. August 2007 VI B 42/07, BFHE 218, 558, BStBl II 2007, 799, und vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826).

14

Das BVerfG hat dieser Rechtsprechung im Grundsatz zugestimmt (BVerfG-Beschlüsse vom 6. April 1988  1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283; vom 3. April 1992  2 BvR 283/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1992, 726; kritisch insoweit Niedersächsisches FG, Beschluss vom 6. Januar 2011  7 V 66/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 827; Gosch in Beermann/Gosch, FGO, § 69 Rz 179 ff.; Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 113; Schallmoser, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 297 ff.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 97; Specker, Deutsche Steuer-Zeitung 2010, 800, 802 f.; einschränkend auch FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2011  12 V 12089/11, EFG 2012, 358). In neueren Entscheidungen hat das BVerfG die Frage, ob die Rechtsprechung des BFH (in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558) in jeder Hinsicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist, wegen der fehlenden Entscheidungserheblichkeit offen gelassen (BVerfG-Beschlüsse vom 24. Oktober 2011  1 BvR 1848/11, 1 BvR 2162/11, HFR 2012, 89, und vom 6. Mai 2013  1 BvR 821/13, HFR 2013, 639).

15

b) Bei der Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Aussetzung bzw. der Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids vorliegt, ist das individuelle Interesse des Steuerpflichtigen mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung auf den Gesetzesvollzug und das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; in BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418; in BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611; in BFH/NV 2012, 1489).

16

c) Allerdings hat der BFH in Fällen, in denen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen, in verschiedenen Fallgruppen dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen den Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, m.w.N.). Dazu zählt auch der Fall, dass der BFH die vom Antragsteller als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, und vom 23. April 2012 III B 187/11, BFH/NV 2012, 1328, jeweils m.w.N.).

17

Bis zur Entscheidung des BVerfG ist zwar ungewiss, ob dieses die Vorschrift als verfassungswidrig beurteilen und im Fall einer Verfassungswidrigkeit für nichtig oder (nur) für mit dem GG unvereinbar erklären wird und welche Rechtsfolge es hieraus ziehen wird. Jedoch hat der BFH vorläufigen Rechtsschutz auf der Basis seiner, der Vorlage zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu gewähren (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367, m.w.N.). Eine Einschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes bei Verfassungsverstößen, von denen das Gericht überzeugt ist, gegenüber dem bei sonstigen Rechtsverstößen zu gewährenden vorläufigen Rechtsschutz ist dem rechtsuchenden Steuerpflichtigen im Hinblick auf seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht zuzumuten (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367). Mit dem Begehren nach vorläufigem Rechtsschutz muss der Steuerpflichtige auch in Kauf nehmen, dass bei einer Erfolglosigkeit des Einspruchs oder der Klage gegen den Steuerbescheid Aussetzungszinsen nach § 237 der Abgabenordnung (AO) anfallen, die für jeden Monat ein halbes Prozent betragen (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO).

18

d) Ist --wie bei der Erbschaftsteuer-- die dem BVerfG zur Prüfung vorgelegte Vorschrift allerdings eine Tarifnorm, muss im Rahmen der Interessensabwägung auch berücksichtigt werden, dass in diesem Fall die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes praktisch zu einer einstweiligen Nichterhebung der gesamten Steuer führen kann. Die Kompetenz, den Vollzug eines Gesetzes auszusetzen, steht aber nach § 32 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht allein dem BVerfG zu, das von dieser Möglichkeit nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Gründe Gebrauch machen darf (BVerfG-Beschluss vom 22. Mai 2001  2 BvQ 48/00, BVerfGE 104, 23, 27 f.). Dennoch hat ein Steuerpflichtiger auch in einem solchen Fall Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Nur in Ausnahmefällen können überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen (vgl. BVerfG-Beschluss in StRK, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 283).

19

e) Nachdem zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG aufgrund des Vorlagebeschlusses des BFH (in BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899) ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG anhängig ist, ist die Vollziehung eines auf § 19 Abs. 1 ErbStG beruhenden Erbschaftsteuerbescheids auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen oder aufzuheben, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht. Ein berechtigtes Interesse liegt jedenfalls vor, wenn der Steuerpflichtige mangels des Erwerbs liquider Mittel (wie z.B. Bargeld, Bankguthaben, mit dem Ableben des Erblassers fällige Versicherungsforderungen) zur Entrichtung der festgesetzten Erbschaftsteuer eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss. In diesen Fällen kann der Erwerber die Erbschaftsteuer nicht bzw. nicht ohne weitere, ggf. auch verlustbringende Dispositionen aus dem Erwerb begleichen. Es ist ihm hier deshalb nicht zuzumuten, die Erbschaftsteuer vorläufig zu entrichten. Wegen des vorrangigen Interesses des Steuerpflichtigen steht der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht entgegen, dass das ErbStG als formell zustande gekommenes Gesetz bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des BVerfG Geltung beansprucht und von den Behörden und Gerichten anzuwenden ist.

20

Gehören dagegen zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb auch verfügbare Zahlungsmittel, die zur Entrichtung der Erbschaftsteuer eingesetzt werden können, fehlt regelmäßig ein vorrangiges Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Durch die Begleichung der Erbschaftsteuer vermindern sich lediglich die dem Steuerpflichtigen mit dem Erwerb zugeflossenen Zahlungsmittel, so dass die vorläufige Zahlung der Erbschaftsteuer dem Steuerpflichtigen zuzumuten ist.

21

f) Im Streitfall ist das Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug des ErbStG vorrangig.

22

aa) Die Antragstellerin konnte die mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 festgesetzte Erbschaftsteuer von 71.000 € bei Fälligkeit nicht aus den ihr zu diesem Zeitpunkt zugeflossenen Rentenzahlungen von monatlich 2.700 € entrichten. Wegen des Ansatzes der Rente nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes mit dem Kapitalwert war ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 342.015 € (Jahreswert der Rente 32.400 € x Vervielfältiger 10,556) zu besteuern. Die dafür festgesetzte Erbschaftsteuer überstieg zum Zeitpunkt der Fälligkeit die Rentenzahlungen, die die Antragstellerin bis dahin für die Zeit nach dem Ableben des E (im September 2011) erhalten hatte. Die Rentenzahlungen dienten im Übrigen --nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin im Einspruchsverfahren-- der Bestreitung ihres Lebensunterhalts, so dass die Antragstellerin den Zahlungseingang von vornherein allenfalls nur in einem hier zu vernachlässigenden Umfang zur Begleichung der Erbschaftsteuer verwenden konnte. Die Erbschaftsteuer musste überwiegend aus eigenen Mitteln der Antragstellerin entrichtet werden. Im Hinblick darauf ist derzeit ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids auch insoweit gegeben, als sie in der Zeit ab Fälligkeit der Erbschaftsteuer bis zur Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiterhin Rentenzahlungen erhalten hat. Dies schließt einen späteren Änderungsantrag nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO nicht aus.

23

bb) Der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Antragstellerin das Wahlrecht nach § 23 ErbStG hätte ausüben können.

24

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ErbStG können Steuern, die von dem Kapitalwert von Renten zu entrichten sind, nach Wahl des Erwerbers statt vom Kapitalwert jährlich im Voraus von dem Jahreswert entrichtet werden. Durch das Wahlrecht soll die unbillige Härte abgemildert werden, die sich aus der Besteuerung von Renten mit dem Kapitalwert ergibt, wenn dem Erwerber zur Begleichung der hohen Steuer die liquiden Mittel fehlen (vgl. Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 23 ErbStG Rz 1). Das Wahlrecht ist jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass die Erbschaftsteuer in diesem Fall nach der wirklichen und nicht nach der auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung beruhenden Lebensdauer erhoben wird; lebt der Berechtigte länger als es der Wahrscheinlichkeitsrechnung entspricht, so ist die Gesamtbelastung höher (vgl. Schuck, a.a.O., § 23 ErbStG Rz 16). Zudem muss auch bei Ausübung dieses Wahlrechts die Erbschaftsteuer jährlich im Voraus beglichen werden. Der Antragstellerin muss deshalb die Entscheidung überlassen bleiben, ob sie das gesetzliche Wahlrecht in Anspruch nimmt oder nicht. Allein das Bestehen des einfachgesetzlichen Wahlrechts nach § 23 ErbStG kann nicht dazu führen, das grundgesetzlich geschützte Recht der Antragstellerin auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG einzuschränken. Der Antragstellerin stehen beide Rechte gleichermaßen zu.

25

3. Soweit der Senat bisher vorläufigen Rechtsschutz versagt hat, wenn zu erwarten ist, dass das BVerfG lediglich die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG aussprechen und dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für die Zukunft aufgeben wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782; vom 11. September 1996 II B 32/96, BFH/NV 1997, 270; in BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807; vom 5. April 2011 II B 153/10, BFHE 232, 380, BStBl II 2011, 942; vom 4. Mai 2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395), wird daran im Hinblick auf die geäußerte Kritik (vgl. Seer, a.a.O., § 69 FGO Rz 96; derselbe, DStR 2012, 325, 328 f.; Gosch, a.a.O., § 69 Rz 180.1; Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz 113; Anwendung offen gelassen: BFH-Beschlüsse in BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611, und in BFH/NV 2012, 1489) nicht mehr festgehalten.

26

Es ist nicht gerechtfertigt, aufgrund einer Prognose über die Entscheidung des BVerfG vorläufigen Rechtsschutz generell auszuschließen. Ist ein qualifiziertes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorhanden, muss es im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch effektiv durchsetzbar sein und darf nicht deshalb leerlaufen, weil das BVerfG möglicherweise in einem Normenkontrollverfahren eine Weitergeltung verfassungswidriger Normen anordnet. Aus diesem Grund ist auch im Streitfall eine Aufhebung der Vollziehung unabhängig davon zu gewähren, ob das BVerfG im Verfahren 1 BvR 21/12 für den Fall, dass es zu der Überzeugung gelangt, § 19 Abs. 1 ErbStG sei mit dem GG unvereinbar, die Norm für nichtig erklärt oder wiederum eine zeitlich beschränkte Weitergeltung anordnet. Sollte das BVerfG eine solche Weitergeltungsanordnung treffen und dem Gesetzgeber eine Neuregelung aufgeben, besteht auch die Möglichkeit, dass die Neuregelung des ErbStG den Steuerpflichtigen, deren Erwerbe zeitlich von der Weitergeltungsanordnung erfasst werden, ein Wahlrecht auf Anwendung des neuen Rechts einräumt.

27

4. Die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 1. Oktober 2012 war ohne Sicherheitsleistung aufzuheben.

28

Nach § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO kann die Aufhebung der Vollziehung auch gegen Sicherheit angeordnet werden. Durch die Verknüpfung mit einer Sicherheitsleistung sollen Steuerausfälle bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang vermieden werden. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ist regelmäßig ohne Sicherheitsleistung auszusetzen, wenn seine Rechtmäßigkeit ernstlich zweifelhaft ist und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei einem Unterliegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren die Durchsetzung des Steueranspruchs gefährdet wäre (BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229, Rz 21). Im Streitfall gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Antragstellerin nicht über eine gesicherte Vermögenslage verfügt und daher die Gefahr eines Steuerausfalls besteht.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, betreibt als Franchisenehmer einer Fast-Food-Kette mehrere Schnellrestaurants. Sie lieferte ihre Produkte --Speisen und Getränke-- sowohl zum Verzehr innerhalb der Restaurants, als auch zum Verzehr außer Haus. Dabei lieferte sie auch sog. "Sparmenüs", bei denen es sich um Produktzusammenstellungen handelte, die neben Speisen wie Sandwiches und Pommes frites auch Getränke in verschiedenen Größen umfassten. Hierfür hatte der Kunde einen Pauschalpreis zu entrichten, der unter der Summe der Einzelveräußerungspreise der Menübestandteile lag. Für den Kunden war keine Aufschlüsselung der auf die einzelnen Bestandteile des Menüs entfallenen Preise erkennbar. Lediglich aus dem Kassenzettel war für den Kunden ersichtlich, dass ein Bestandteil des Pauschalpreises mit dem ermäßigten Steuersatz und einer mit dem Regelsteuersatz besteuert wurde.

2

Den Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Einzelpreise und dem Preis des "Sparmenüs" ("Rabatt") berücksichtigte die Antragstellerin ausschließlich bei dem --dem Regelsteuersatz unterliegenden-- Getränk. Dies führte im Streitjahr 2002 dazu, dass bei einem sog. mittleren Menü der Preis für das Getränk, dessen Einzelverkaufspreis sich auf ca. 27 % der Summe aller Einzelverkaufspreise des "Sparmenüs" belief, im Rahmen des "Sparmenüs" dagegen nur noch ca. 12,6 % des Menüpreises ausmachte.

3

Grundlage hierfür war insbesondere ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 4. Oktober 2004 (auf eine Anfrage einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft), wonach "... bei der Lieferung von Menüs, die Getränke einschließen, im Rahmen von Außer-Haus-Verkäufen keine einheitlichen Leistungen vorliegen, sondern mehrere Lieferungen ausgeführt werden. Der jeweilige Unternehmer kann das Gesamtentgelt auf die einzelnen Lieferbestandteile aufteilen. Diese Aufteilung darf jedoch im Hinblick auf die unterschiedlichen Steuersätze nicht missbräuchlich i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) erfolgen. Damit wird den Unternehmern keine bestimmte Art der Aufteilung des Preisnachlasses vorgeschrieben. Aufgrund der besonders hohen Aufschlagssätze bei den Getränken erscheint eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken durchaus gerechtfertigt zu sein, wenn die Preisbildung nicht missbräuchlich wird, d.h. das Entgelt kann nach Rabattgewährung noch als angemessen beurteilt werden. Die einzelnen Produkte, aus denen sich das Sparmenü zusammensetzt, können damit zwar unterschiedlich kalkuliert werden, für jedes Produkt des Sparmenüs muss jedoch ein angemessener Gewinnaufschlag verbleiben. Wird das Entgelt für das einzelne Produkt des Sparmenüs aufgrund eines zu geringen Gewinnaufschlags zu niedrig angesetzt, würde sich allerdings die Frage des Gestaltungsmissbrauchs im Sinne von § 42 AO stellen".

4

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die von der Antragstellerin vorgenommene Kaufpreisaufteilung missbräuchlich sei. Die Entgelte seien nach Einzelproduktpreisen ins Verhältnis zu setzen. Daher sei der Menüpreis in dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise der Menükomponenten "linear" aufzuteilen und so die Bemessungsgrundlagen für die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz (Getränk) einerseits und mit dem ermäßigten Steuersatz (Speisen) andererseits zu ermitteln. Das FA erließ am 8. November 2010 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2002 bis 2006.

5

Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Verfügung vom 13. Januar 2011 lehnte das FA den Antrag auf AdV der Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2006 vom 8. November 2010 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG ab.

6

Auch der beim Finanzgericht (FG) gestellte AdV-Antrag hatte keinen Erfolg. Mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2013, 172 veröffentlichten Beschluss entschied das FG, dass die Umsätze aus der Lieferung der sog. "Sparmenüs", die zu einem Pauschalpreis angeboten wurden, als "Außer-Haus-Menüs" hinsichtlich der Speisen dem ermäßigten Steuersatz und hinsichtlich des Getränks dem Regelsteuersatz unterlägen. Es sei keine einheitliche Leistung, sondern eine Mehrheit von Leistungen gegeben, die jeweils eigenständig zu beurteilen seien. Der auf die Speisen und auf die Getränke entfallende Teil des Entgelts sei unter Anwendung der einfachst möglichen Berechnungsmethode zu ermitteln. Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz bezüglich der Marktpreise sei es sachgerecht, grundsätzlich auf die jeweiligen Einzelveräußerungspreise der Menükomponenten abzustellen. Auf dieser Grundlage sei es unter geringem Ermittlungs- und Berechnungsaufwand auf einfache Weise möglich, das pauschale Entgelt für das Menü in dem Verhältnis, in welchem die Einzelveräußerungspreise der Komponenten zueinander stünden, sachgerecht aufzuteilen. Es bedürfe für diese Form der Ermittlung allein der Heranziehung der im jeweiligen Streitjahr angesetzten Verkaufspreise und des Menüpreises, so dass die Berechnung bei einem aus drei Komponenten bestehenden Menü und gleichbleibenden Verkaufspreisen leicht ermittelbar sei. Dabei entspreche es auch dem Erfordernis der Einfachheit, den Menüpreis im Verhältnis der bekannten Einzelverkaufspreise aufzuteilen und nicht etwa eine oder zwei Komponente(n) mit ihrem Einzelverkaufspreis anzusetzen und den Wert der anderen Komponenten aus der Differenz zwischen diesem Einzelverkaufspreis und dem Pauschalpreis zu ermitteln. Denn bei letzterer Vorgehensweise müsse zudem ein plausibler und sachgerechter Maßstab für die Frage gefunden werden, welche Komponente(n) als Ausgangsgröße(n) heranzuziehen wäre(n) und --wenn nur eine Komponente mit ihrem Einzelverkaufspreis herangezogen werde-- wie sich der Restbetrag auf die verbleibenden Menübestandteile verteile. Diese Problematik stelle sich bei einer Aufteilung im Verhältnis der Einzelverkaufspreise nicht.

7

Die Wahl einer Methode auf der Grundlage tatsächlicher Kosten sei dagegen mit einem nicht nur einmaligen Ermittlungs- und Berechnungsaufwand verbunden, sondern wäre bei unterjährig schwankenden Einkaufspreisen ggf. mehrfach anzupassen. Es müsste neben dem Ausgangswert des Einstandspreises zusätzlich die Streitfrage der jeweiligen Marge pro Menübestandteil geklärt werden, um zu einem konkreten Preis für die Einzelleistungen zu gelangen. Die Antragstellerin habe auch keine transparente, nachvollziehbare einheitliche Methode angewendet. Vielmehr schwankten die auf die Menübestandteile entfallenen Preise, Margen bzw. Aufschlagssätze je nach Art des Menüs und über die Streitjahre hinweg nach einem sich nicht erschließenden System. Die hiergegen vorgebrachten Argumente der Antragstellerin, dass lediglich beim Getränk hinreichend Spielraum für eine Rabattgewährung bestünde, und dass eine verhältnismäßige Rabattgewährung zu einem negativen Rohgewinnaufschlagsatz bei den Hamburgern führen könnte, griffen nicht durch. Denn der Rabatt werde ausschließlich auf das Gesamtpaket in seiner jeweiligen --unveränderbaren-- Zusammenstellung gewährt. Ob das Anbieten eines solchen Leistungspakets zum jeweiligen Pauschalpreis unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sinnvoll sei, hänge davon ab, in welchem Verhältnis die gesamten Kosten aller Menübestandteile zum pauschalen Verkaufspreis stünden. Es sei insoweit nicht ersichtlich, dass eine rein interne Zuordnung der Verkaufspreise vornehmlich auf die Speisen wirtschaftliche Vorteile für die Antragstellerin habe. Durch die interne "Verschiebung" der Bemessungsgrundlagen werde weder der Gesamtaufwand für die Menükomponenten noch die Summe des eingenommenen Geldes verändert. Es sei nicht erkennbar, weshalb es sich --bei insgesamt gleichbleibenden Kosten und Einnahmen-- als wirtschaftlich ungünstig erweisen sollte, wenn bei der internen Zuordnung der auf einzelne (untrennbare) Menükomponenten entfallene Rohgewinnaufschlag negativ würde.

8

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom FG zugelassenen Beschwerde. Die Kunden hätten die Kaufpreisaufteilung der Antragstellerin akzeptiert. Die Wahl des Aufteilungsmaßstabes unterliege der Privatautonomie. Es bestehe Preisbestimmungsautonomie. Aufgrund der hohen Aufschläge könne eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken gerechtfertigt sein. Es entspreche betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Grundsätzen der Preisbildung, die Preisermäßigung auf den Produktteil mit dem höchsten Kalkulationsaufschlag zu gewähren. Den Vorgaben des BMF sei zu folgen. Im Hinblick auf die hohen Margen bei den Getränken sei der Rabatt bei deren Lieferung vorrangig zu berücksichtigen gewesen. Es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor. Zumindest sei Vertrauensschutz zu gewähren. Zu berücksichtigen sei auch die Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung.

9

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2006 vom 8. November 2010 auszusetzen.

10

Das FA beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

12

1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809, unter II.1.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809, unter II.1.; vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, unter II.2.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809, unter II.1.).

13

2. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Antragstellerin im Rahmen des "Sparmenüs" zwei Lieferungen, die des Getränks und die der Speise ausgeführt hat. Offen bleiben kann im Streitfall, ob das FA im Hinblick auf die Lieferung der Speise zu Recht von einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit einer in der Anlage zum UStG genannten Position des Zolltarifs ausgegangen ist. Denn wie das FG zutreffend entschieden hat, bestehen keinerlei ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom FA vorgenommenen Rabattaufteilung.

14

a) Im summarischen Verfahren geht der Senat --ohne darüber abschließend zu entscheiden-- zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass die Speisenlieferung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und die Antragstellerin Gegenstände geliefert hat, die teils dem ermäßigten Steuersatz und teils --als Getränk-- dem Regelsteuersatz unterliegen.

15

Wie das FG zutreffend entschieden hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, kommt es durch die Zusammenfassung von Speise und Getränk im Rahmen eines zum Mitnehmen bestimmten "Sparmenüs" umsatzsteuerrechtlich nicht zu einer einzigen Lieferung; es ist vielmehr bei der gebotenen summarischen Prüfung von zwei selbständigen Lieferungen auszugehen.

16

b) Ist somit im summarischen Verfahren von zwei unterschiedlich zu besteuernden Lieferungen auszugehen, ist der einheitliche Preis für das Menü in zwei Entgeltbestandteile aufzuteilen.

17

aa) Wie der EuGH in seinem Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP (Slg. 1999, I-973 Rdnr. 31) unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 22. Oktober 1998 C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin (Slg. 1998, I-6229) entschieden hat, ist, wenn "Kunden trotz des einheitlichen Preises aus ihrer Sicht zwei gesonderte Dienstleistungen erwerben, nämlich eine Versicherungsdienstleistung und eine Kartenregistrierungsdienstleistung, ... der Teil des einheitlichen Preises, der sich auf die Versicherungsdienstleistung bezieht und jedenfalls von der Steuer befreit bliebe, herauszurechnen". Dabei ist die "einfachstmögliche Berechnung- oder Bewertungsmethode" zu verwenden. Nach dieser Rechtsprechung, der sich der BFH angeschlossen hat (BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658, unter II.1.d, und vom 7. Oktober 2010 V R 12/10, BFHE 231, 349, BStBl II 2011, 303, unter II.4.b), ist ein einheitliches Entgelt, das für zwei unterschiedlich zu besteuernde Leistungen entrichtet wird, zum einen aufzuteilen, wobei zum anderen die Aufteilungsmethode zu verwenden ist, die "einfachstmöglich" ist.

18

bb) Der Senat hat dabei im Streitfall nicht zu entscheiden, ob die danach erforderliche Entgeltaufteilung nach der "einfachstmöglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode" jegliches Ermessen des Unternehmers hinsichtlich der Aufteilung ausschließt oder ob für den Unternehmer entsprechend dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 UStG die Befugnis zu einer sachgerechten Schätzung besteht. Denn sachgerecht in diesem Sinne ist die vom FA vorgenommene "lineare" Verteilung des Rabattbetrags für das "Sparmenü" nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise, nicht aber die von der Antragstellerin erstrebte Aufteilung nach den Kosten der beiden Lieferungen, die bereits nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin zu einer komplexen Berechnung zur Aufteilung des Gesamtpreises zwingt, wie das FG zutreffend --insbesondere unter Hinweis auf unterjährige Kostenschwankungen-- entschieden hat.

19

cc) Ob eine hiervon abweichende Beurteilung dann in Betracht kommen könnte, wenn die lineare Aufteilung des Gesamtverkaufspreises nach Maßgabe der Einzelverkaufspreise für eine der im Rahmen des "Sparmenüs" erfolgten Einzellieferungen zu einem Entgelt unter dem Nettoeinkaufspreis führt, ist im Streitfall, dem eine derartige Fallgestaltung weder im Hinblick auf Getränke noch im Hinblick auf die von der Antragstellerin zubereiteten Speisen zugrunde liegt, nicht zu entscheiden.

20

dd) Dem von der Antragstellerin als maßgeblich angesehenen Gesichtspunkt der Preisbestimmungs- und Preisaufteilungsautonomie kommt keine Bedeutung zu. Die Antragstellerin hat ihre Preisbestimmungsautonomie durch die Bildung des von ihr gewählten Gesamtpreises ausgeübt. Eine weiter gehende Preisaufteilungsautonomie im Sinne einer Entscheidungsfreiheit über die sich hieraus ergebenden steuerrechtlichen Rechtsfolgen besteht nicht.

21

ee) Schließlich kann sich die Antragstellerin für die von ihr erstrebte Berücksichtigung des Rabatts bei der Getränkelieferung nicht mit Erfolg auf das von ihr zitierte BMF-Schreiben vom 4. Oktober 2004 berufen, in dem auf einen Beschluss der "Abteilungsleiter" verwiesen wird. Für die dort vertretene Auffassung, wonach aufgrund "der besonders hohen Aufschlagssätze bei den Getränken ... eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken durchaus gerechtfertigt zu sein [erscheint]", ist eine --mit der EuGH-Rechtsprechung vereinbare-- Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Die dort vertretene Rechtsauffassung ist für die Gerichte im finanzgerichtlichen Verfahren zudem ebenso unbeachtlich, wie eine amtlich veröffentlichte Verwaltungsanweisung, der nur norminterpretierender Charakter zukommt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. November 2011 V R 34/10, BFH/NV 2012, 803, m.w.N.). Sie ist daher nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) handelt mit PKWs und verkaufte im Streitjahr 2004 zwei PKWs an eine in Luxemburg ansässige GmbH (GmbH). Sie ging davon aus, dass die Lieferung der beiden Fahrzeuge als innergemeinschaftliche Lieferung nach Luxemburg steuerfrei sei.

2

Die Klägerin hatte die beiden PKWs im Internet zum Verkauf angeboten. Die Geschäftsanbahnung erfolgte über eine Person, die sich als KP und damit als Geschäftsführer der GmbH ausgab und nach den Angaben in ihrem Personalausweis in E im Inland ansässig war. Der dem Vertragsschluss vorausgegangene Kontakt erfolgte über ein Mobiltelefon und ein Telefaxgerät mit jeweils deutscher Vorwahl. Bei Vertragsschluss lagen der Klägerin ein Auszug aus dem Handels- und Gesellschaftsregister für die GmbH mit Hinweis auf KP als Geschäftsführer sowie ein Schreiben mit Briefkopf der GmbH mit folgendem handschriftlichen Hinweis vor: "Vollmacht. Bitte Herrn L Kfz-Brief und Schlüssel aushändigen. Herr L. hat Kaufpreis in bar dabei." Das Schreiben war mit einer der Unterschrift auf dem Personalausweis für KP ähnlichen Unterschrift unterzeichnet. Mit dieser Unterschrift war weiter eine auf L ausgestellte Vollmacht ohne Datum unterzeichnet. Die Klägerin verfügte auch über Kopien des auf KP ausgestellten Personalausweises. Das Bundesamt für Finanzen bestätigte der Klägerin auf ihre Anfrage die Gültigkeit der für die GmbH erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die Klägerin übergab die beiden Fahrzeuge an L. Auf den Rechnungsdoppeln versicherte L mit Unterschrift, die beiden PKWs nach Luxemburg zu befördern. L entrichtete den Kaufpreis bar. Der tatsächliche Verbleib der beiden PKWs ist nicht bekannt.

3

Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die beiden Fahrzeuglieferungen steuerpflichtig seien. Die GmbH sei bereits durch Gesellschafterbeschluss vom 18. September 1996 aufgelöst worden. Die tatsächliche Identität der beiden Personen, die sich als KP und L ausgaben, könne nicht festgestellt werden, da die beiden der Klägerin vorgelegten Personalausweise gefälscht gewesen seien. Da der tatsächliche Abnehmer nicht feststehe, seien die beiden Lieferungen steuerpflichtig. Der Einspruch gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid 2004 hatte keinen Erfolg.

4

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 279 veröffentlichten Urteil der Klage statt, da die Lieferung der beiden PKWs steuerfrei sei. Die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) seien nicht erfüllt. Zwar habe die Klägerin die formellen Nachweispflichten erfüllt. Es sei jedoch unstreitig, dass die GmbH die beiden PKWs nicht gekauft habe. Der tatsächliche Erwerber könne nicht festgestellt werden, da die für den Erwerber handelnden Personen gefälschte Personalausweise vorgelegt hätten. Gleichwohl sei die Lieferung nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Die Klägerin habe die Fälschungen der Personalausweise nicht erkennen können. Die Abweichungen hinsichtlich der Unterschriften seien bei laienhafter Prüfung gleichfalls nicht erkennbar gewesen. Im Hinblick auf die ihr vorliegenden Unterlagen habe die Klägerin auch keine weiter gehenden Erkundigungen über die GmbH einziehen müssen.

5

Hiergegen wendet sich die Revision des FA, mit der es Verletzung materiellen Rechts rügt. Es fehle an einer Bevollmächtigung für die Person, die sich als KP ausgegeben habe. Die Belegunterlagen seien nicht schlüssig. Die Unterschriften auf den Rechnungen wichen von der auf dem Personalausweis ab. Das Gültigkeitsdatum auf dem Ausweis der KP sei erkennbar unzutreffend. Wer tatsächlicher Abnehmer gewesen sei, habe nicht ermittelt werden können.

6

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Wie das FG zutreffend festgestellt habe, habe sie gutgläubig gehandelt. Dem Lieferanten dürfe nicht generell das Risiko von Betrugshandlungen des Erwerbers auferlegt werden. Ein kollusives Zusammenwirken mit dem Abnehmer liege nicht vor. Dem Verkäufer könne zwar die Steuerfreiheit versagt werden, wenn er nicht seinen Nachweispflichten nachkomme oder er wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft gewesen sei und der Verkäufer nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um eine eigene Beteiligung an dieser Steuerhinterziehung zu verhindern. Dabei seien aber auch Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit zu beachten. Sie habe aber den Beleg- und Buchnachweis vollständig erbracht, ohne dass sich aus den Beleg- und Buchangaben Unstimmigkeiten oder Hinweise auf eine Umsatzsteuerhinterziehung durch den Erwerber ergeben hätten. Es stelle sich die Frage, welche weiteren Pflichten sie zu erfüllen habe. Maßnahmen ins Blaue hinein könnten vernünftigerweise nicht verlangt werden. Um den Sorgfaltspflichten zu genügen, müsse es ausreichen, sich von der Unternehmereigenschaft durch Nachweis der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu überzeugen. Daher sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren. Sie habe auch keine weiteren Maßnahmen treffen können, aufgrund derer sie festgestellt hätte, dass keine Bestellungen der GmbH vorlagen. Dies gelte nicht nur für die mittlerweile übliche Kommunikation durch email, sondern auch für die Kontaktaufnahme durch Telefon oder Telefax, da sich Rufumleitungen unproblematisch einrichten ließen. Gleiches gelte für eine Kontaktaufnahme auf dem Postweg. International tätige Unternehmen böten zudem häufig eine Kommunikation über eine lokale Telefonnummer an. KP sei als Geschäftsführer im Inland ansässig gewesen. Es sei unverhältnismäßig, von ihr den Beweis der tatsächlichen Existenz des Geschäftspartners zu verlangen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Lieferungen der Klägerin sind nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.

10

1. Innergemeinschaftliche Lieferungen können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG steuerfrei sein.

11

a) Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

12

"1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung."

13

Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind unter den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen danach

14

"die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem Beginn des Versandes oder der Beförderung der Gegenstände handelt".

15

b) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

16

c) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, ist die Lieferung gemäß § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG gleichwohl steuerfrei, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

17

Für diese Vorschrift besteht zwar keine ausdrückliche Grundlage in der Richtlinie 77/388/EWG. Sie entspricht jedoch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). Danach sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn sich die Beweise als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-409/04, Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, dritter Leitsatz).

18

d) Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen den objektiven Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG, den gemäß § 6a Abs. 3 UStG bestehenden Nachweispflichten und der Steuerfreiheit aufgrund der Gewährung von Vertrauensschutz im Hinblick auf unrichtiger Angaben des Abnehmers gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Folgendes:

19

aa) Der Unternehmer kann die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch nehmen, wenn er die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten erfüllt (BFH-Urteil vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b).

20

bb) Kommt der Unternehmer demgegenüber den Nachweispflichten nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen; trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, unter II.B.2.b, und vom 12. Mai 2011 V R 46/10, BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, unter II.1.c).

21

cc) Hat der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten ihrer Art nach erfüllt, kommt schließlich auch eine Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG in Betracht. Voraussetzung ist hierfür insbesondere die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt (BFH-Urteile vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81, Leitsatz 2, und in BFHE 234, 436, BStBl II 2011, 957, unter II.4.b).

22

2. Im Streitfall ist die Lieferung der beiden PKWs nicht als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.

23

a) Die Steuerfreiheit kann nicht aufgrund eines Beleg- und Buchnachweises nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV in Anspruch genommen werden, da die Beleg- und Buchangaben hinsichtlich der dort als Abnehmer aufgeführten GmbH unzutreffend sind. Die GmbH hat die beiden Fahrzeuge nicht er-worben, da keine für sie handlungsbefugte Person, sondern ein Unbekannter unter ihrem Namen tätig war, der sich als Ge-schäftsführer der GmbH ausgab.

24

b) Es steht auch nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind, da der Verbleib der beiden Fahrzeuge ungeklärt ist.

25

c) Schließlich kommt entgegen dem Urteil des FG auch nicht die Gewährung von Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG in Betracht. Die Klägerin hat zwar auf unrichtige Abnehmerangaben vertraut. Sie hat aber nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt.

26

aa) Die Person des Abnehmers und damit des Leistungsempfängers bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach dem der Lieferung oder sonstigen Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a aa, und BFH-Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10, BFHE 236, 242, BStBl II 2012, 441, unter II.3.b). Dieses Rechtsverhältnis kann vertraglicher oder gesetzlicher Art sein (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Im Fall einer Vertretung ohne Vertretungsmacht, die auch im Fall einer Identitätstäuschung vorliegen kann und zur entsprechenden Anwendung von §§ 177, 179 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) führt (vgl. z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 3. März 1966 II ZR 18/64, BGHZ 45, 193, unter I., und vom 11. Mai 2011 VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346, unter II.1.a), bestimmt sich die Person des Abnehmers nach dem Rechtsverhältnis, das gemäß § 179 BGB zum vollmachtlosen Vertreter besteht. Abnehmer war daher die Person, die sich als KP ausgab.

27

Somit liegen unrichtige Angaben des Abnehmers vor, auf denen die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit durch die Klägerin beruhte, da die Person, die sich als KP ausgab, eine Lieferung an die GmbH unter der dieser Gesellschaft in Luxemburg erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vortäuschte.

28

bb) Die Klägerin hat nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt.

29

(1) Nach dem EuGH-Urteil vom 6. September 2012 C-273/11, Mecsek-Gabona (Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 796 Rdnrn. 48 ff.) muss der Lieferer in gutem Glauben handeln und alle Maßnahmen ergreifen, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Rdnr. 48), ist es, wenn eine Steuerhinterziehung der Erwerberin vorliegt, gerechtfertigt, das Recht der Verkäuferin auf Mehrwertsteuerbefreiung von ihrer Gutgläubigkeit abhängig zu machen (Rdnr. 50) und sind alle Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände der Rechtssache umfassend zu beurteilen, um festzustellen, ob der Lieferer in gutem Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die von ihm vernünftigerweise verlangt werden konnten, um sicherzustellen, dass er sich aufgrund des getätigten Umsatzes nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat (Rdnr. 53). Nichts anderes ergibt sich aus der BFH-Rechtsprechung, soweit diese darauf abstellt, dass der Unternehmer "Nachforschungen bis zur Grenze der Zumutbarkeit" durchführt (BFH-Urteil vom 14. November 2012 XI R 17/12, Deutsches Steuerrecht 2013, 753, unter II.3.c bb), da das nationale Recht richtlinienkonform und dabei die EuGH-Rechtsprechung beachtend auszulegen ist.

30

Danach kann sich die zur Steuerpflicht führende Bösgläubigkeit auch aus Umständen ergeben, die nicht mit den Beleg- und Buchangaben zusammenhängen. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass ungewöhnliche Umstände wie z.B. ein Barverkauf hochwertiger Wirtschaftsgüter mit "Beauftragten" ohne Überprüfung der Vertretungsmacht nicht bereits für sich allein die Anwendung von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ausschließen, sondern bei der Würdigung zu berücksichtigen sind, ob der Unternehmer mit der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat (BFH-Urteil in BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511, Rz 69).

31

(2) Im Streitfall wurde der Kontakt zum Abschluss der Kaufverträge, die den beiden Lieferungen zugrunde lagen, nicht über den Geschäftssitz der GmbH angebahnt. Insoweit lag auch kein sonstiger Bezug zu dem Mitgliedstaat der Ansässigkeit der GmbH vor. Der Kontakt zum Abnehmer erfolgte vielmehr auf der Abnehmerseite ausschließlich über ein Mobiltelefon und ein Telefaxgerät mit jeweils deutscher Vorwahl. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte die Klägerin aufgrund dieser Umstände am Vorliegen einer Geschäftsbeziehung zu einer in Luxemburg ansässigen Gesellschaft zweifeln müssen. Ohne dass im Streitfall darüber zu entscheiden ist, welche Anforderungen hieran im Einzelnen zu stellen sind, hätte die Klägerin nur dann mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt, wenn sie bei Anbahnung einer erstmaligen Geschäftsbeziehung zur GmbH zumindest auch den Kontakt über deren Geschäftssitz in Luxemburg gesucht hätte. Hierfür bestand auch im Hinblick auf das Vorliegen von Bargeschäften über hochwertige Wirtschaftsgüter Veranlassung. Da die GmbH aufgrund ihrer Liquidation keinen Geschäftsbetrieb unterhielt, hätte die Klägerin feststellen können, dass keine Bestellungen der GmbH vorlagen. Auf die Frage, ob die Klägerin die Fälschung der beiden Personalausweise und von Unterschriften erkennen konnte, kam es somit nicht mehr an.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ im Anschluss an eine von 1996 --mit Unterbrechung-- bis 2000 durchgeführte Zoll- und Steuerfahndungsprüfung unter dem 13. Dezember 2001 die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 gegenüber dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Einzelunternehmer. Den Bescheiden liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgender Sachverhalt zu Grunde:

2

Im Rahmen der vorgenannten Zoll- und Steuerfahndungsprüfung war der Prüfer zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger bzw. seine … 1970 geborene Tochter, die Beigeladene, in den Streitjahren in erheblichem Umfang mit Branntweinen und Maische bzw. Obsterzeugnissen gehandelt hatten, ohne dies gewerberechtlich und steuerrechtlich angemeldet zu haben. Es wurden Rechnungen aus den Jahren 1992 bis 1994 an die Firma … GmbH (L-GmbH) und aus den Jahren 1992/93 an die Firma … (AB) sowie eine Reihe von geringfügigeren Rechnungen aus den Jahren 1990 bis 1994 sichergestellt. Alle Rechnungen wiesen Umsatzsteuer aus.

3

Rechnungsausstellerin war die Beigeladene. Die Verkaufserlöse wurden überwiegend auf das Konto "XY" bei der Volksbank … eingezahlt, über das auch der Kläger verfügen konnte.

4

Nach Eingang des Schlussberichts des Steuerfahndungsprüfers vom 4. Januar 2001 erließ das FA am 1. März 2001 Bescheide über Umsatzsteuer 1992 bis 1994 gegenüber der "…" (GdbR), weil der Kläger die betreffenden Umsätze zusammen mit der Beigeladenen im Rahmen einer GbR getätigt habe.

5

Während des Einspruchsverfahrens gab der Kläger am 17. September 2001 gegenüber dem damals zuständigen Sachgebietsleiter des FA folgende schriftlich aufgenommene Erklärung ab:

6

"Der auf die Tochter … angemeldete Gewerbebetrieb ist in 1988 abgemeldet worden. Die Konzession, die noch auf die Tochter läuft, ruht seitdem. Die nach 1988 getätigten Geschäfte wurden von mir als Patron veranlasst und unter meiner Ägide ausgeführt. Was die Geldverwaltung angeht, so hat diese die Tochter in meinem Auftrag erledigt. In praxi wurde meine Tochter quasi als 'Strohmann' eingesetzt."

7

Daraufhin hob das FA die gegenüber der GdbR erlassenen Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1994 auf und erließ die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide. Der Einspruch blieb erfolglos.

8

Mit der Klage machte der Kläger geltend, seine Erklärung sei falsch; er habe seine Tochter damit schützen wollen. Außer einigen Gefälligkeitsfahrten habe er mit den Branntweinlieferungen nichts zu tun gehabt.

9

Das FG wies die Klage ab. Bei der Umsatzsteuer gelte zwar das Offenkundigkeitsprinzip. Eine Ausnahme könne aber trotz selbstständigen Auftretens im Außenverhältnis eingreifen, wenn im Innenverhältnis --wie hier-- der Fall eines weisungsabhängigen Strohmannes vorliege. Danach sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer und Steuerschuldner der auf den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer.

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Als Unternehmer sei nur derjenige anzusehen, der bei einem Leistungsaustausch nach außen hin aufgetreten sei. Das FG habe dagegen ausgeführt, dass demjenigen, der in eigenem Namen auftrete, Umsätze dann nicht zugerechnet werden könnten, wenn er sich in abhängiger Stellung befinde. Dies entspreche zwar dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. September 1994 XI R 56/93 (BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275), stehe aber im Widerspruch zu der jüngeren Rechtsprechung des V. Senats des BFH, die ausschließlich auf das Außenverhältnis zwischen dem Strohmann und dem Leistungsempfänger abstelle.

11

Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992, 1993 und 1994, jeweils vom 13. Dezember 2001, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2003 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Es macht geltend, der Kläger sei selbst als Unternehmer aufgetreten bzw. den Kunden und Lieferanten sei bekannt gewesen, dass die Beigeladene nur vorgeschoben gewesen sei und nicht beabsichtigt habe, eigene Leistungen zu besteuern. Der Kläger sei somit auch nach der Rechtsprechung des V. Senats als Unternehmer anzusehen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht seine Entscheidung, hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte sei nicht die Beigeladene, sondern der Kläger Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen.

15

1. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2010, 388 unter Verweis auf BFH-Urteile vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr (als sog. "Strohmann"; hier evtl. die Beigeladene) im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der --aus welchen Gründen auch immer-- nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. "Hintermann"; hier evtl. der Kläger), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Entsprechende Grundsätze gelten für den "Strohmann" als Leistungsempfänger (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd).

18

b) Die gegenteilige Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168) hat der --seinerzeit für die Umsatzsteuer ausschließlich zuständige-- V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b). Diese Rechtsprechungsänderung betrifft auch das vom FG angeführte Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876, unter II.2.a dd). Der nunmehr erneut ebenfalls für die Umsatzsteuer zuständige erkennende Senat folgt der Rechtsprechung des V. Senats (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 259, HFR 2010, 388).

19

Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung) nur dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien --der "Strohmann" und der Leistungsempfänger (hier u.a. die L-GmbH und AB)-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

20

2. Die Vorentscheidung, die von den überholten Rechtsgrundsätzen in dem BFH-Urteil in BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275 ausgegangen ist, wonach demjenigen, der in eigenem Namen auftritt, Umsätze dann nicht zugerechnet werden können, wenn er sich in abhängiger Stellung befindet, war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das FG zu verweisen.

21

Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob bzw. inwieweit nach der oben unter II.1. dargestellten Rechtsprechung die Beigeladene oder der Kläger hinsichtlich der streitbefangenen Branntweingeschäfte Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG gewesen sind. Zwar hat das FG ausgeführt, dass Rechnungsausstellerin die Beigeladene gewesen sei und dass nach außen hin förmlich in ihrem Namen gehandelt worden sei. Das schließt aber nicht aus, dass den jeweiligen Geschäftspartnern erkennbar war, dass nicht die Beigeladene, sondern der Kläger aus den Verträgen berechtigt und verpflichtet sein sollte. Zu den vom FA im Revisionsverfahren dafür angeführten Umständen enthält das FG-Urteil keine Feststellungen.

22

Auch aus der Erklärung des Klägers vom 17. September 2001 ergibt sich hierfür nichts.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Tatbestand

1

A. Zwischen den Beteiligten streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der Fa. A GmbH (A) im Streitjahr 2010.

I.

2

1. Die klagende GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... 2006 gegründet und am ... 2007 ins Handelsregister eingetragen. Gesellschafter sind ... B-1 und B-2 (Akte Allgemeines, Bl. 5). Geschäftsführer ist Herr B-2 (Akte Allgemeines, Bl. 7). Herr B-1 ist der technische Leiter der Klägerin (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 90). Gegenstand des Unternehmens sind allgemeine Hochbauarbeiten und der Handel mit Waren aller Art, ausgenommen erlaubnispflichtige, sowie die Vermittlung von Gerüstbau, Planenarbeiten, Transport und Autovermietung (Betriebsprüfungsarbeitsakte -BpAA- Bl. 13).

3

Die Klägerin hat nach ihrer Gründung zunächst keine wirtschaftlichen Aktivitäten am Markt ausgeführt. Seit dem ... 2010 erbrachte sie erstmals Leistungen, zum einen als Subunternehmerin, zum anderen als direkter Auftragnehmer bei überwiegend öffentlichen Aufträgen von Bauvorhaben im gesamten Bundesgebiet. Dabei griff die Klägerin bei der Ausführung dieser Bauvorhaben auf Subunternehmer zurück.

4

Die Fa. A stellte der Klägerin in 2010 insgesamt 37 Rechnungen über Leistungen (insbesondere Kalkzement auffüllen und Gerüstauf- und -abbau) in Höhe von insgesamt 152.847,65 € zzgl. 29.041,06 € Umsatzsteuer.

5

2. Die Klägerin erklärte in ihrer am 17.02.2011 übermittelten Umsatzsteuervoranmeldung für das IV. Quartal 2010 steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 254.684,00 € und Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 46.907,97 €, darin enthalten die in den Rechnungen der Fa. A ausgewiesene Vorsteuer, und ermittelte auf diese Weise eine Zahllast von 1.481,86 €.

II.

6

1. Das beklagte Finanzamt (FA) führte ab dem ... 2011 eine Umsatzsteuersonderprüfung betreffend das 4. Quartal 2010 bei der Klägerin durch (BpAA Bl. 3).

7

a) Der Prüfer ordnete einen Teil der erklärten Erlöse einzelnen Bauvorhaben zu. Im Einzelnen:

(...)

8

b) Dem Prüfer wurden die 37 Eingangsrechnungen der Fa. A vorgelegt. Im Einzelnen enthielten die Rechnungen folgende Angaben zur Rechnungsnummer, der Leistungszeit, der Leistung und dem Leistungsort:

(...)

9

c) Der Prüfer hielt bezüglich der Vorsteuern aus Fremdleistungen der Fa. A in seinem Aktenvermerk vom 15.04.2011 Folgendes fest (BpAA Bl. 80):

10

"Die in den Rechnungen angegebenen Bauvorhaben, idR öffentliche Aufträge der Länder für den Bau von Kliniken etc., wurden offenbar auch tatsächlich von der Fa. B [der Klägerin] durchgeführt. Insofern wäre die Einschaltung von Subunternehmern durchaus erklärbar.

11

Neben der Lieferung von Kalkzementputz in großen Mengen und dem "Auffüllen von Kalkzementputz" (Abrechnung nach Stunden) wurden von der A meist folgende Leistungen abgerechnet:
- Transport (pauschal)
- Arbeitskräfte (Anzahl)
- Gerüstanbau (Fläche)
- Gerüstabbau (Fläche)

12

Für die von der Stpfl. [der Klägerin] erbrachten Leistungen (Innenputzarbeiten) stellt sich hier die Frage, warum für entsprechende Arbeiten innerhalb der Gebäude ständig von einer Fremdfirma Baugerüste auf- und wieder abgebaut werden müssen, die im allgemeinen außerhalb des Gebäudes anzubringen sind. Auch die Ermittlung der Mengen/Flächen, z. B. 339,221 qm a 6,50 €, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie die Leistungen "Kalkzement auffüllen" (z. B. 118,278 Stunden a 25,00 €).

13

Bei Erkundungen des Prüfers am selben Tag wurde zudem festgestellt, dass sich unter dem angegebenen Firmensitz der A "X-Straße ..., C", ein ... befindet, jedoch keine Baufirma, geschweige denn Lager- oder Abstellflächen für Gerüste oder Kraftfahrzeuge. Eine LUNA-Abfrage hat ergeben, dass im ... 2010 die Geschäftsführung gewechselt hat und seitdem keine USt-Voranmeldungen mehr abgegeben wurden. Sämtliche, vorgefundenen Rechnungen datieren von Oktober bis Dezember, die Zeiträume der Leistungsausführung sollen zwischen Juni und Dezember 2010 gelegen haben. Weitere Abrechnungspapiere (Stundenzettel, Aufmaße etc.) wurden beim StB angefordert, können vermutlich aber nicht nachgereicht werden.

14

Außerdem konnte innerhalb der Buchführung keine einzige Zahlung an die A festgestellt werden, weder - wie in der Branche häufig vorzufinden - in bar, noch per Überweisung. Erfahrungsgemäß werden derart hohe Beträge direkt nach Rechnungserteilung angefordert, um die eingesetzten Arbeitskräfte (offiziell oder inoffiziell) bezahlen zu können. Offenbar werden hier aber keinerlei Ansprüche seitens der A gestellt, so dass sämtliche Gelder innerhalb der Fa. der Stpfl. [der Klägerin] verblieben sind. (...)"

15

d) aa) Im Verlauf der Prüfung legte die Klägerin dem Prüfer den mit der Fa. A geschlossenen Nachunternehmerrahmenvertrag vom ... 2010, zwei Bestätigungen der Fa. A vom 03.01.2011 und 14.02.2011 sowie in der Zeit zwischen dem ... 2011 und dem ... 2011 erstellte Abnahmeprotokolle für die Bauvorhaben XX in D, Schule-1 E, ..., Klinik-1 in F, Institut für ... in G und die Klinik-2 in H ein (BpAA Bl. 135f., 137 ff., 148 ff.). Sie erklärte dazu, die Fa. A habe ihren Sitz in der X-Straße ... und in der Y-Straße ... Die Rechnungen seien sämtlich erst im Februar und März 2011 bar gezahlt worden. Dies könne durch Quittungen belegt werden. Nach dem Rahmenvertrag seien Zahlungen erst nach Abnahme der einzelnen Bauleistungen zu leisten. Aufgrund des abgeschlossenen Rahmenvertrags seien die abgerechneten Leistungen in den Rechnungen nur sehr kurz beschrieben. Die Aufstellung von Gerüsten sei notwendig bei hohen Decken, um über eine durchgängig hohe Arbeitsplattform zu verfügen.

16

bb) Die Bescheinigung der Fa. A vom 14.02.2011 lautet auszugsweise wie folgt (BpAA Bl. 135):

(...) hiermit bestätigen wir Ihnen schriftlich, dass wir unsere Leistungen gemäß unseres Rahmenvertrages vom ... 2010 einwandfrei und Zeit- und Fristgerecht abgegeben haben.
Wir bestätigen ebenfalls unsere Abschlagsrechnungen und Schlussrechnungen erhalten zu haben. (...)

17

cc) Der Nachunternehmervertrag vom ... 2010 enthält folgende Ausführungen zum Vertragsgegenstand (BpAA Bl. 137):

18

Der Auftraggeber [die Klägerin] beauftragt den Nachunternehmer für die Durchführung mehrerer Bauvorhaben mit den Ausführungen von Auffüllungsarbeiten KZM auf Quadratmeter Basis. (...)"

19

dd) Der Prüfer teilte der Klägerin mit, die vorgelegten Unterlagen könnten keinen Aufschluss darüber geben, welche Leistungen konkret ausgeführt worden seien. Die Abnahmeprotokolle beträfen lediglich die Abnahme von Putz- und Fugenarbeiten, enthielten jedoch keine weitergehende Angabe zur Flächenberechnung. Die äußerst dürftigen und allgemein gehaltenen Angaben in den Abnahmeprotokollen seien als die Rechnungen ergänzende Unterlagen vollkommen ungeeignet. Sollten von der Fa. A tatsächlich Kalkzementputz- und Fugenarbeiten erbracht worden seien, handele es sich insoweit um Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG, für die der Leistungsempfänger die Steuer gem. § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG schulde. Der Vorsteuerabzug sei nur gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG bei gleichzeitiger Versteuerung der Leistungen möglich (BpAA Bl. 154).

20

ee) Daraufhin reichte die Klägerin dem Betriebsprüfer Bautagebücher ein (BpAA Bl. 157 ff.) und erklärte, die Fa. A habe Arbeitnehmer gestellt, die unter ihrer, der Klägerin, Bauaufsicht tätig geworden seien. Bei der Gestellung von Personal handele es sich nicht um Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG. Es seien keine Abschlagsrechnungen gestellt worden.

21

e) Am ... 2011 erfuhr der Prüfer anlässlich einer bei der Fa. A in der Y-Straße ... durchgeführten Umsatzsteuernachschau gem. § 27b Umsatzsteuergesetz (UStG), dass die Buchhaltungsunterlagen der Fa. A bis einschließlich 1. Quartal 2011 vom Zoll beschlagnahmt worden waren (vgl. Vermerk vom ... 2011 Rechtsbehelfsakte -RbA- Bl. 80). Daraufhin führte der Prüfer am ... 2011 beim Hauptzollamt Hamburg -1 eine Umsatzsteuersonderprüfung der Fa. A für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2010 - März 2011 durch. Dabei stellte er Folgendes fest (Bericht vom 16.08.2011 RbA Bl. 81 ff.):

22

"(...) Die dort vorgefundenen FIBU-Unterlagen betrafen fast ausschließlich den Zeitraum vom 01.01.10 bis zum 31.07.10. Zwar lag auch eine vorläufige Bilanz nebst Gewinn und Verlustrechnung auf den 31.12.10 vor, die Ausdrucke stammen aber bereits vom 19.08.10. Seit dem 01.08.10 wurden keine Buchungen mehr vorgenommen und auch keine USt-Voranmeldungen mehr abgegeben, obwohl die Forma durchgehend wirtschaftlich aktiv war und Aufträge für Bauvorhaben im gesamten Bundesgebiet bis Mitte 2011 vorgelegen haben. Für den vorgesehenen Prüfungszeitraum wurden zwar vereinzelte Unterlagen (Nachunternehmerverträge, Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Lohnabrechnungen etc.) vorgefunden, eine vollständige und in sich schlüssige Buchführung lag jedoch nicht vor. (...).

23

Die A GmbH erbringt in erster Linie Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG in den Gewerken Betonstahl-, Eisenflecht- und Abbrucharbeiten. Als verantwortlicher Bauleiter ist Herr J (...), der offenbar über langjährige Kontakte verfügt und für sämtliche Aufträge verantwortlich zeichnet, seit dem ... 2010 angestellt. Die Gesellschaft wird von Frau K, (...), als Geschäftsführerin seit dem ... 2010 vertreten. Die Aufträge werden überwiegend von wechselnden Arbeitskräften aus ... ausgeführt, die sowohl als nicht selbständige Arbeitnehmer, als auch als selbständige Kleinunternehmer tätig wurden. Der Wohn- und Geschäftssitz dieser Personen befindet sich in der X-Straße ..., C. Insgesamt hat die Firma bis zu 20 Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigt.

24

Aufgrund der im Rahmen der USt-Sonderprüfung gewonnenen Erkenntnisse hat die Stpfl. im Prüfungszeitraum nicht unerhebliche, steuerpflichtige Umsätze an die Fa. L GmbH (...) ausgeführt. (...).

25

Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 liegen aufgrund einer Kontrollmitteilung insgesamt 37 Rechnungen vor, in denen steuerpflichtige Leistungen an die Fa B GmbH (...) abgerechnet wurden. (...). Die Rechnungen sind nicht fortlaufend nummeriert und wurden in der Buchhaltung auch nicht erfasst, die ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge wurden bisher nicht angemeldet. Es wurden auch keinerlei Rechnungen über den Einkauf von Kalkzementputz oder sonstigem Baumaterial vorgefunden, die eine Lieferung und Ausführung entsprechender Arbeiten als leistende Subunternehmer überhaupt erst möglich erscheinen lassen. Da die Firma nach Überprüfung der vorhandenen Unterlagen auch keine eigenen oder gemieteten Baugerüste besitzt, wäre eine Beauftragung der Stpfl. als Subunternehmer für Gerüstbauarbeiten weder plausibel, noch wirtschaftlich nachvollziehbar. Letztendlich konnten im Prüfungszeitraum auch keine Zahlungseingänge von der Fa. B GmbH, weder per Banküberweisung, noch in bar festgestellt werden, so dass ein steuerbarer Leistungsaustausch (Leistungsausführung gegen Entgelt) zwischen den beteiligten Unternehmen offenbar nicht stattgefunden hat. (...).

26

f) aa) In seinem Bericht vom 19.08.2011 stellte der Prüfer fest, dass der Vorsteuerabzug aus den insgesamt 37 Rechnungen der Fa. A zu versagen sei (BpAA Bl. 226 ff.).

27

bb) Die Klägerin reichte daraufhin dem Prüfer die Kopie einer von dem FA Hamburg- 2 der Fa. A am 08.02.2010 erteilten Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen sowie der Fa. A von der Versicherung-1 M und der N Bau erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigungen ein und erklärte, sie habe als ordentlicher Kaufmann alles dafür getan, um sicherzustellen, dass der Auftragnehmer seinen Verpflichtungen ordentlich und gewissenhaft nachkomme (BpAA Bl. 238 ff.).

28

g) In dem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das IV. Quartal 2010 vom 27.10.2011 versagte das FA den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. A in Höhe von 29.040,57 € (RbA Bl. 8).

III.

29

1. Dagegen hat die Klägerin am 30.11.2011 Einspruch eingelegt (RbA Bl. 3). Zur Begründung führte sie aus, von der Fa. A und dem Baustellenleiter Herrn J seien Leistungen auf den Baustellen erbracht worden. Dies ergebe sich aus den Baustellenprotokollen, die sie, die Klägerin, nunmehr bei der Fa. A angefordert habe und dem FA sogleich nach Erhalt aushändigen werde. Bei insgesamt 8 Rechnungen handele es sich um Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG (Rg Nr. 2, 4, 18, 21, 23, 28, 29, 32), so dass sie, die Klägerin, insoweit die Umsatzsteuer schulde und ihr ein Vorsteuererstattungsanspruch gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG zustehe (RbA Bl. 67 ff.).

30

2. Aufgrund der am 10.01.2012 eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärung für 2010 setzte das FA nach der Anpassung der erklärten Beträge an die Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung mit Bescheid vom 22.04.2013 die Umsatzsteuer für 2010 auf 41.819,08 € fest (Umsatzsteuerakte -UStA- Bl. 16 ff., RbA Bl. 11).

31

3. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.03.2014 wies das FA den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 22.04.2013, der den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 27.10.2011 über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 4. Quartal 2010 ersetzt hat, als unbegründet zurück (RbA Bl. 74 ff.).

32

Zur Begründung führte es aus:

33

Die Rechnungen entsprächen nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 UStG. Es sei keine fortlaufende Rechnungsnummer gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG verwendet worden und die Leistungsbeschreibung entspreche nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG. Zudem fehle entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG bei fünf Rechnungen der Zeitpunkt der Lieferung vollständig und sei bei der Vielzahl der übrigen Rechnungen mit 2 oder mehr Monaten nicht genau angegeben. Im Übrigen seien in 2 Fällen Rechnungen von der Fa. A doppelt erstellt und dementsprechend die Vorsteuer von der Klägerin doppelt geltend gemacht worden (Rechnungen vom 15.10.2010 und 17.12.2010).

34

Die vorgelegten Stundenzettel enthielten Unstimmigkeiten, so solle z. B. der Arbeitnehmer O am 30.09.2010 von 08:00 bis 11:00 Uhr auf der Baustelle in G und von 08:00 bis 12:00 Uhr beim Bauvorhaben Schule-2 tätig gewesen sein. Auch die vorgetragenen Zahlungsmodalitäten ließen Zweifel an der tatsächlichen Ausführung der abgerechneten Leistungen aufkommen. Kein Subunternehmer könne es sich leisten, Materiallieferungen und seine eigenen Arbeitnehmer monatelang vorzufinanzieren.

35

Sofern die Fa. A die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht habe, handele es sich dabei ausschließlich um Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG, so dass die Klägerin gem. § 13b Abs. 2 Nr. 4 und 5 UStG die Umsatzsteuer schulde.

IV.

36

Dagegen hat die Klägerin am 10.04.2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor:

37

Die doppelt erfassten Rechnungen EE-...-05-001und RR-...-01-001 seien nur einmal zu berücksichtigen. Der Umstand, dass die Fa. A keine Umsätze oder Umsätze erst später versteuert habe, bedeute nicht automatisch, dass keine Umsätze ausgeführt worden seien. Der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger sei nicht davon abhängig, dass oder ob der Leistende seine Umsätze korrekt versteuert.

38

Als Rechnungsnummer in den Rechnungen könnten auch beliebige Rechnungskreise gewählt werden. Dies sei vorliegend der Fall. Mit Art. 226 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystem-Richtlinie -MwStSystRL-) sei die Forderung nach einer fortlaufend lückenlosen numerisch aneinander anschließenden Rechnungsnummer nicht vereinbar. Art. 167 der MwStSystRL lasse das Recht des Vorsteuerabzugs nur vom Entstehen des Anspruchs abhängig sein und nicht von der Voraussetzung, dass die diesbezügliche Rechnung in der Auslegung des erkennenden Fachgerichts korrekt sei. Daher sei dem EuGH nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Frage vorzulegen, ob unter einer einmaligen Vergabe einer fortlaufenden Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen zur Identifizierung der Rechnung eine lückenlose numerisch aneinanderreihende anschließende Zahlenvergabe zu verstehen sei.

39

Alle Rechnungen bis auf vier Rechnungen, mit denen die Lieferung von Zement abgerechnet worden sei, enthielten eine Abgabe zum Leistungszeitraum. Bei den vier Rechnungen finde sich der Leistungszeitpunkt in den Lieferpapieren wieder. Dies sei nach dem Gesetz ausreichend. Dem EuGH sei insoweit nach Art. 267 AEUV die Frage vorzulegen, ob das Lieferdatum bzw. das Leistungsdatum immer gesondert zu nennen sei, selbst wenn das Datum mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch sei.

40

Die Finanzverwaltung trage nach der neueren EuGH-Rechtsprechung, der sich z. B. das Finanzgericht Münster angeschlossen habe, die Beweislast bzgl. der Versagung des Vorsteueranspruchs, weil ansonsten ein effektiver Vorsteuerabzug nicht möglich sei. Dem EuGH sei insoweit die Frage vorzulegen, ob in einem Mitgliedstaat der Vorsteuerabzug eines Unternehmers davon abhängig gemacht werden dürfe, dass dieser nachzuweisen habe, dass der Leistende alle Voraussetzungen für eine Rechnungsstellung im Sinne von Art. 226 MwStSystRL erfüllt habe, insbesondere auch die Frage der fortlaufenden Rechnungsnummer.

41

Schließlich sei dem EuGH die Frage vorzulegen, ob Art 226 Nr. 6 MwStSystRL verlange, dass in der Rechnung die einzelnen Arbeitsschritte der Art und des Umfanges der erbrachten Dienstleistung detailliert beschrieben werden müssten oder nicht allgemein gängige Typenbezeichnungen (z. B. Verputzarbeiten; Gerüstbauarbeiten etc.) ausreichend seien und jede für den Vorsteuerabzug verlangte unpraktische Detailangabe der Leistungen bis ins kleinste Detail ein Hindernis für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr seien und insoweit den Vorsteuerabzug im Ergebnis unwirksam machten.

42

Zum Nachweis der Zahlungen der einzelnen Rechnungen an die Fa A hat die Klägerin Kopien von Quittungen zu folgenden Rechnungen vorgelegt:

(...)

43

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 22.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.03.2014 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Vorsteuern in Höhe von 27.262,09 € berücksichtigt werden.

44

Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.

45

Es nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor, im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Fa. A sei unter Benennung maßgeblicher Gründe festgestellt worden, dass eine Beauftragung dieser Firma, der A, als Subunternehmerin für Gerüstbauarbeiten weder plausibel noch wirtschaftlich nachvollziehbar sei.

V.

46

1. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.09.2014 der Einzelrichterin übertragen (FGA Bl. 72).

47

2. Es wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins vom 19.09.2014 (FGA Bl. 57 ff.) und der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2014 (FGA Bl. 87 ff.) sowie auf die oben angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der FGA und den folgenden Steuerakten zur St.-Nr.: .../.../...:
     - Umsatzsteuerakte
     - Betriebsprüfungsakte
     - Betriebsprüfungsarbeitsakte
     - Akte Allgemeines
     - Rechtsbehelfsakte.

Entscheidungsgründe

48

B. Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Einzelrichterin.

I.

49

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

50

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das FA hat die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der A zu Recht nicht zum Abzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zugelassen. Die vorliegenden Rechnungen der Fa. A enthalten nicht die gesetzlichen Pflichtangaben des § 14 Abs. 4 UStG (1.). Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. A steht der Klägerin darüber hinaus auch wegen einer Beteiligung der Klägerin an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem nicht zu (2.). Schließlich steht der Klägerin auch ein (isolierter) Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG nicht zu (3.).

51

Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuerbeträge die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Dabei trägt er die Feststellungslast (objektive Beweislast) für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs (BFH-Urteile vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259; vom 04.09.2003 V R 9 und 10/02, BFH/NV 2004, 149; BFH-Beschluss vom 03.08.2007 V B 73/07, BFH/NV 2007, 2368).

52

1. Die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG).

53

a) Eine nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung liegt vor, wenn sie die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthält. Die Pflichtangaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 9 UStG verfolgen das Ziel, die Erhebung der Umsatzsteuer und seine Überprüfung sicherzustellen (BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen die Rechnungsangaben daher eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695; BFH-Beschluss vom 06.04.2006 V B 22/06, HFR 2006, 1023). Dies bedeutet auch, dass der zutreffende Voranmeldungszeitraum leicht und einfach zu erkennen sein muss (BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432).

54

Fehlen die erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger grundsätzlich kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (EuGH-Urteile vom 15.07.2010 C-368/09 -Pannon Gép-, Amtliche Sammlung von Entscheidungen des EuGH -Slg.- 2010, I-7467, DStR 2010, 1475; vom 01.03.2012 C-280/10 -Polski Trawertyn-, UR 2012, 366; BFH-Urteile vom 15.05.2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836; vom 02.09.2010 V R 55/09, BFHE 231, 332, BStBl II 2011, 235).

55

b) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG muss eine Rechnung u. a. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen enthalten, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung sowie nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 UStG den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teil des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt.

56

c) Die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen, aus denen sie ihr Recht aus Vorsteuerabzug ableitet, genügen den Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG nicht.

57

Im Einzelnen:

58

aa) Die in den Rechnungen enthaltene Rechnungsnummer entspricht nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4, Art. 226 Nr. 2 MwStSystRL.

59

Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG, Art. 226 Nr. 2 MwStSystRL muss die Rechnung eine fortlaufende Nummer enthalten, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer).

60

Eine lückenlose zahlenmäßige Abfolge der ausgestellten Rechnungsnummern ist grundsätzlich nicht zwingend, da es um die Einmaligkeit der erteilten Rechnungsnummer geht (Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 14 Rn. 271). Es ist bei der Erstellung der Rechnungsnummer zulässig, eine oder mehrere Zahlen- oder Buchstabenreihen zu verwenden und auch eine Kombination von Ziffern mit Buchstaben ist möglich. Bei der Erstellung der Rechnungsnummer bleibt es dem Rechnungsaussteller überlassen, wie viele und welche separaten Nummernkreise geschaffen werden, in denen eine Rechnungsnummer jeweils einmalig vergeben wird. Dabei sind Nummernkreise für zeitlich, geographisch oder organisatorisch abgegrenzte Bereiche zulässig, z. B. für Bestandsobjekte. Es muss jedoch gewährleistet sein (z. B. durch Vergabe einer bestimmten Klassifizierung für einen Nummernkreis), dass die jeweilige Rechnung leicht und eindeutig dem jeweiligen Nummernkreis zugeordnet werden kann und die Rechnungsnummer einmalig ist.

61

aaa) Vorliegend sind - in zulässiger Weise - Rechnungskreise für jedes einzelne Bauobjekt eingeführt worden. Dies ist regelmäßig durch einen Buchstabencode (z. B. XX für XX) und die Postleitzahl der Belegenheit der Baustelle geschehen. Allerdings ist - in unzulässiger Weise - daneben zusätzlich noch ein weiterer Rechnungskreis (Rg Nr. 2, 4, 18, 21, 23, 28, 29 und 32 "YY ...") geführt worden, über den Leistungen bei den Baustellen in D (XX), in F, in P, in H und in G abgerechnet wurden. Durch das Nebeneinander von Rechnungskreisen für dieselbe Baustelle ist es unmöglich, die jeweilige Rechnung dem jeweiligen Rechnungskreis, hier also der einzelnen Baustelle, eindeutig zuzuordnen.

62

bbb) Die verwendeten Rechnungsnummern entsprechen aufgrund ihres zahlenmäßigen Aufbaus und der nicht systematisch vorgenommenen Ergänzungen nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG an eine fortlaufende Nummer. Auch wenn die Abfolge der Rechnungsnummern nicht zwingend lückenlos sein muss, so ist es unzulässig, die Rechnungsnummer durch immer weitere Zahlen-Zusätze so unübersichtlich zu gestalten, dass nur durch eine aufwändige Prüfung festgestellt werden kann, ob die Rechnungsnummer einmalig vergeben wurde. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass das Gebot der fortlaufenden Rechnungsnummer zumindest auch der Interessenlage der Finanzverwaltung und der vollständigen Erfassung der Umsätze des leistenden Unternehmens dient (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG § 14 Rn. 360).

63

Vorliegend enthalten die Rechnungsnummern nach dem Buchstabencode und der Postleitzahl (z. B. "XX-...") nach einem Bindestrich eine laufende Nummer zwischen 01 und 11, wobei lediglich bei dem o. g. Extra-Rechnungskreis "YY-..." die 11 mit dem Ausstellungsmonat November übereinstimmt. Die Wahl der jeweiligen Nummer auf den übrigen Rechnungen lässt sich nicht nachvollziehen. Nach dieser zweistelligen Nummer folgt nach einem Bindestrich eine dreistellige Nummer (in der Regel 001). Daran schließt sich ein Bindestrich an, dem eine einzelne Zahl folgt (1 bis 9). Im Regelfall folgt darauf noch einmal eine weitere einstellige Zahl (z. B. XX-...-06-001-2-2).

64

Durch diese Aneinanderreihung von Zahlen und Bindestrichen wird die Prüfung der Einmaligkeit der Rechnung in unzulässiger Weise erschwert (z. B. gibt es die Rechnungen XX-...-06-001-3 und XX-...-06-001-3-1), zumal kein vernünftiger Grund für die Rechnungsausstellerin ersichtlich ist, in der beschriebenen Weise zu verfahren.

65

Hinzu kommt, dass in unzulässiger Weise innerhalb eines Rechnungskreises zum Teil mehrere fortlaufende Rechnungsnummern existieren: Für das Bauvorhaben XX wurde z. B. am 26.11.2010 eine Rechnung mit der Nummer XX-...-06-001-2-1 (Nr. 5) und eine mit der Nummer XX-...-06-001-3 (Nr. 6) geschrieben. Am 30.11.2010 wurden für dieselbe Baustelle zwei Rechnungen geschrieben, die jeweils beide die Rechnungsnummern vom 26.11.2010 fortsetzten (XX-...-06-001-3-1 (Nr. 7) und XX-...-06-001-2-2 (Nr. 8)).

66

ccc) Da auch nach Ansicht des entscheidenden Gerichts eine lückenlose zahlenmäßige Abfolge der ausgestellten Rechnungsnummern grundsätzlich nicht zwingend ist (oben aaa)), bedarf es der von der Klägerin angeregten EuGH-Vorlage zur Klärung der Frage, ob unter einer einmaligen Vergabe einer fortlaufenden Nummer eine lückenlose numerisch aneinanderreihende anschließende Zahlenvergabe zu verstehen ist, nicht.

67

ddd) Die Rechnungsnummern EE-...-05-001 (Nr. 24 und 25) sowie RR-...-01-001 (Nr. 35 und 36) wurden unstreitig jeweils zweimal vergeben. Insoweit scheidet ein doppelter Vorsteuerabzug von Vornherein aus.

68

bb) Die in den Rechnungen enthaltene Leistungsbeschreibung entspricht in der Mehrzahl der Fälle nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG.

69

aaa) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten, also Angaben tatsächlicher Art, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 18.02.2013 XI B 117/11, BFH/NV 2013, 981; FG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2012 2 V 264/12, juris). Lediglich allgemeine Bezeichnungen wie "Fliesenarbeiten" oder "Außenputzarbeiten" genügen den Anforderungen ohne nähere Konkretisierung nicht (BFH-Urteil vom 15.05.2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836).

70

Ein Rechnungsaussteller kann grundsätzlich, statt die Leistungshandlung zu beschreiben, mit Angaben tatsächlicher Art den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg der Leistungshandlung bezeichnen. Wird daher als Leistungsgegenstand "geleistete Ein- und Ausschalarbeiten in der Zeit v. ...", "für geleistete Montagearbeiten" oder "Montage von Einbauschränken" bezeichnet und kommt kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht als entweder die Ausführung dieser Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für die entsprechenden Tätigkeiten, ist dies für die Angabe des Leistungsgegenstandes ausreichend (BFH-Urteile vom 12.12.1996 V R 16/96, BFH/NV 1997, 717; vom 24.09.1987 V R 125/86, BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694; vom 24.09.1987 V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688; BGH-Beschluss vom 12.02.2003 5 StR 165/02, HFR 2003, 806). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitnehmer für die Herstellung bestimmter Gewerke überlassen werden und diese Gewerke auch erstellt haben (BFH-Urteil vom 21.01.1993 V R 30/88, BFHE 170, 283, BStBl II 1993, 384).

71

bbb) Soweit die Rechnungen vorliegend die Leistungsbeschreibung "Putzarbeiten" (Nr. 2, 29), "Fugenarbeiten" (Nr. 4, 18, 21), Kalkzement auffüllen" (Nr. 6, 7, 9-17, "Kalkzementputz" (Nr. 28, 32) sowie "Estricharbeiten" (Nr. 23) sowie "Gerüstan- und -abbau" (Nr. 1, 20, 22, 24-27, 30, 32-37) enthalten, entsprechen diese Leistungsbeschreibungen nicht den obigen Vorgaben, da sie - neben der Angabe der abgerechneten Stunden bzw. m2 - keine weitere Angaben z. B. zu der genauen Örtlichkeit zur Identifizierung der abgerechneten Leistung enthalten, so dass nicht festgestellt werden kann, welche Leistung konkret abgerechnet wurde und ob ggf. eine Leistung mehrfach abgerechnet wurde. So wurde z. B. bei dem Bauvorhaben XX mit insgesamt 11 Rechnungen der Leistungsgegenstand "Kalkzement auffüllen" und mit Rechnungen vom 19.10.2010 und 22.10.2010 (Nr. 26 und 27) bei dem Bauvorhaben Klinik-2 H zwei Mal identische Gerüstbauarbeiten (jeweils 339,221 m2 Gerüstan- und -abbau) abgerechnet, ohne dass eine andere Leistungszeit/ein anderer konkreter Leistungsort angegeben wurde.

72

cc) Die Rechnungen enthalten in der Mehrzahl der Fälle keine den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG genügende Angabe zum Leistungszeitpunkt.

73

aaa) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG muss eine Rechnung den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, enthalten.

74

Der Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist - entgegen der bis zum 19.12.2006 geltenden Fassung - insofern eindeutig, als danach der Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung stets in der Rechnung anzugeben ist. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Tag der Leistung mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt (vgl. Begründung zur Gesetzesänderung "redaktionelle Änderung" BT-Drucksache 16/2712 S. 76).

75

bbb) Die Rechnungen vom 15.10.2010, 19.11.2010, 26.11.2010, 30.11.2010, 20.12.2010 (Nr. 3, 5, 8, 19 und 31) sind bereits deshalb nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 14 Abs. 4 UStG, da sie entgegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG keine Angabe des Leistungszeitpunkts enthalten.

76

ccc) Die Rechnungen, die einen Leistungszeitraum von mehreren Monaten enthalten (Nr. 1, 6, 7, 9 - 17, 20, 22, 25 - 26 und 36), entsprechen ebenfalls nicht den Vorgaben des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6. Da diese Rechnungen einen langen Leistungszeitraum von mehreren Monaten enthalten, ist für die Finanzverwaltung nicht mehr ersichtlich, in welchem Voranmeldungszeitraum die hiermit zusammenhängende Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden sind.

77

ddd) Der von der Klägerin beantragten EuGH-Vorlage zur Klärung der Frage, ob das Lieferdatum bzw. das Leistungsdatum immer gesondert zu nennen ist, selbst wenn das Datum mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist, bedarf es nicht. Das Gericht hat keine Zweifel, dass der deutsche Gesetzgeber insoweit die MwStSystRL zutreffend umgesetzt hat. Art. 226 Nr. 7 MwStSystRL enthält bezüglich der Leistungszeit die Vorgabe, dass die Rechnung das Datum enthalten muss, "an dem die Gegenstände geliefert werden oder die Dienstleistung erbracht bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung im Sinne des Artikels 220 Nummern 4 und 5 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist". Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich das Gericht anschließt und die der Gesetzgeber auch ausdrücklich in den Wortlaut der Norm aufgenommen hat (oben II.1.c)cc)aaa)), bezieht sich der letzte Halbsatz ("sofern dieses Datum...") ausschließlich auf die Vorauszahlungen (BFH-Urteil vom 17.12.2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432, zweifelnd FG Nürnberg, Urteil vom 02.07.2013 2 K 360/11 EFG 2013, 1531).

78

Im Übrigen hat der EuGH in seinem Urteil vom 15.07.2010 (C-368/09 - Pannon Gép Centrum kft, UR 2010, 693) bereits ausdrücklich entschieden, dass in der Rechnung nach Art. 226 Nr. 7 MwStSystRL der Tag, an dem die Leistung ausgeführt wurde, genau anzugeben ist. Einen Vorbehalt, dass diese Angabe entfällt, wenn das Leistungsdatum mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt, enthält die Entscheidung nicht.

79

2. Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. A steht der Klägerin auch wegen einer Beteiligung der Klägerin an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem nicht zu.

80

a) Der Vorsteuerabzug ist trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen ausnahmsweise zu versagen, wenn der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war (BGH-Beschluss vom 08.02.2011 1 StR 24/10, NJW 2011, 1616; BFH-Urteile vom 19.05.2010 XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132; vom 19.04.2007 V R 48/04 BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315). Nach der neueren EuGH-Rechtsprechung (Urteile vom 13.02.2014 X-18/13, Maks Pen EOOD, HFR 2014, 380; vom 21.06.2012 C-80/11, C 142/11, Mahagebén und Dávid, UR 2012, 591) kann der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug dem Steuerpflichtigen wegen Einbindung des Umsatzes in eine Umsatzsteuerhinterziehung allerdings nur verweigert werden, wenn aufgrund der von den Steuerbehörden beigebrachten objektiven Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige hiervon wusste oder hätte wissen müssen. Der Steuerpflichtige hat keine (anlasslose) Pflicht, umfassend die wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse des Leistenden aufzuklären (vgl. EuGH-Urteil vom 18.07.2013 C-78/12, Evita-K, DStRE 2014, 167). Allerdings muss der Rechnungsempfänger alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind (EuGH-Urteile vom 21.06.2012 C-80/11, C-142/11, UR 2012, 591; vom 06.09.2012 C-324/1, Tóth, UR 2012, 851).

81

b) Handelt es sich bei dem Unternehmer um eine GmbH, ist dieser im Rahmen der Prüfung, ob sie von der Einbindung des Umsatzes in eine Umsatzsteuerhinterziehung wusste oder dies wissen konnte, nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 GmbHG, sondern auch das Wissen ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen (BFH-Urteil vom 19.05.2010 XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132).

82

c) Ausgehend von diesen Kriterien steht der Klägerin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. A nicht zu.

83

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Fa. A nicht der tatsächlich leistende Unternehmer war, sondern es sich bei den Rechnungen der Fa. A um sog. Abdeckrechnungen handelte, um sowohl steuerliche Belastungen zu umgehen bzw. Vorsteuerbeträge geltend machen zu können als auch Schwarzlohnzahlungen zu vertuschen (aa)), und die Klägerin dies wusste (bb)).

84

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kommt der Anspruch auf Vorsteuerabzug nur dann in Betracht, wenn der Rechnungsaussteller bzw. der Empfänger der Gutschrift und der leistende Unternehmer im Sinne von § 2 UStG, der die in der Rechnung bezeichnete Lieferung oder sonstige Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, identisch sind (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 04.09.2003 V R 9, 10/02 BStBl. II 2004, 627; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; vom 16.08.2001 V R 67/00, UR 2002, 213; Urteil des FG Hamburg vom 20.09.2011 2 K 139/09, juris).

85

aaa) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (BFH-Urteile vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867; vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233).

86

bbb) Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr (sog. "Strohmann") im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. "Hintermann"), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des "Strohmannes" tatsächlich ausgeführt hat (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867).

87

Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft (vgl. § 41 Abs. 2 AO) nur dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d. h. wenn die Vertragsparteien - der "Strohmann" und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. BFH-Beschluss vom 17.10.2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Urteile vom 17.02.2011 V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769; vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867; BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622).

88

ccc) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Fa. A nicht als der leistende Unternehmer bezüglich der streitgegenständlichen Rechnungen anzusehen. Die Fa. A beschäftigte zwar nach den Feststellungen des Betriebsprüfers eigene Arbeitnehmer (oben II.1.e)) und ist deshalb nicht als reines Scheinunternehmen zu qualifizieren. Gleichwohl ist das Gericht aufgrund der im Folgenden aufgeführten Besonderheiten bei der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin davon überzeugt, dass die Fa. A die abgerechneten Leistungen nicht selbst erbracht hat:

89

(1) Die Fa. A hatte keine eigenen Gerüste, ein Wareneinkauf von Kalkzementputz bzw. sonstigen Baumaterial ist in der Buchhaltung der Fa. A nicht festzustellen.

90

(2) Die Fa. A hat die fraglichen Rechnungen nicht zu ihren Buchhaltungsunterlagen genommen.

91

(3) Die Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der Fa. A soll laut den Angaben von B-1 über Herrn J zustande gekommen sein. Der mit der Fa. A geschlossene Nachunternehmervertrag datiert auf den ... 2010 - einen Zeitpunkt, als Herr J noch gar nicht bei der Fa. J angestellt war (oben II.1.e)). Herr J war im Übrigen kein offizieller, d. h. im Handelsregister eingetragener, Vertreter der Fa. A.

92

(4) Die abgerechneten Leistungen wurden seit Juni 2010 erbracht, abgerechnet wurde erstmals ab Oktober 2010. Ein Grund hierfür wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, zumal die abgerechneten Leistungen regelmäßig nur von geringem Umfang waren und sich die Rechnungssummen durchgängig auf einen geringen bis mittleren vierstelligen Betrag beliefen. Es ist wirtschaftlich nicht zu erklären, weshalb z. B. häufig die erbrachte Leistung "Gerüstan- und -abbau" erst nach 4 bzw. 2 Monaten abgerechnet wurde (z. B. bei dem Bauvorhaben Klinik-2 in H 4 und 2 Monate, Rechnungen HH-...-06-001 bzw. HH-...-01-001 und bei dem Bauvorhaben Halle-1 R 2 Monate, Rechnung RR-...-01-001), obwohl die Güte der abgerechneten Leistung sofort nach ihrer Erbringung zu erkennen ist und insbesondere nach Abbau des Gerüstes kein Grund ersichtlich ist, der es rechtfertigen würde, dass der Leistende, der seinerseits seine Arbeitnehmer entlohnen muss, 2 bis 4 Monate mit der Abrechnung und damit auf die Geltendmachung seines Zahlungsanspruchs wartet. Insoweit trägt auch nicht die von Herrn B-1 in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Begründung, die Abnahme der einzelnen Leistungen der Fa. A sei hinausgezögert worden im Hinblick auf die Abnahmen der Leistung der Klägerin durch die jeweiligen Auftraggeber. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Abnahme der Leistung "Gerüstauf- und -abbau" von der Leistungsabnahme der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch ihren Auftraggeber abhängig sein sollte. Im Übrigen datieren die vorgelegten Abnahmeprotokolle auf Daten im Januar und Februar 2011, also auf Zeitpunkte nach der Rechnungserstellung. Die Abnahme hatte somit für die Abrechnung durch die Fa. A keine unmittelbare Bedeutung.

93

(5) Die Leistungsbezeichnungen sind insofern unüblich, als erbrachte Stunden mit 3 Stellen hinter dem Komma abgerechnet werden, wobei z. T. unterschiedliche Stundenzahlen zur identischen Rechnungssumme führen (Rechnung 17 Menge 118,274 Stunden und Rechnung 16 Menge 118,278 Stunden, Rechnungssumme in beiden Fällen 2.956,84 €) und die abgerechneten Leistungen trotz der sekundengenauen Abrechnung in einigen Fällen identisch sind (Rechnung 9, 13 und 16, 10 und 11 sowie 7 und 12).

94

(6) Die Rechnungen der Fa. A wurden nicht zeitnah bezahlt; schriftliche Stundungs-Vereinbarungen existieren nicht. Eine überzeugende Begründung für die verspätete Zahlung hat die Klägerin nicht dargelegt und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Der Hinweis von Herrn B-1 auf die leere Kasse vermag im Hinblick auf die Bauvorhaben, Klinik-2 H, Halle-1 R, XX, D, Neubau einer Bibliothek mit ..., Schule-1 E, Klinik-1 F sowie Institut für ... G, XX nicht zu überzeugen, da die Klägerin insoweit selbst gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern abgerechnet hat (oben II.1.a)) und auch Zahlungen erhalten hat, die ihr zur Weitergabe an die Fa. A zur Verfügung gestanden hätten.

95

(7) Die Barzahlung von sämtlichen Rechnungen aus Oktober bis Dezember 2010 wurde an drei Tagen im März 2011 quittiert. Ein Zahlungseingang bei der Fa. A war nicht festzustellen. Die Angaben von Herrn B-2 zu den Bargeldübergaben in der mündlichen Verhandlung waren nicht glaubhaft. Nach Vorhalt der Quittungskopien erklärte er erst nach reiflicher Überlegung, die Rechnungen bezahlt zu haben. An genauere Umstände der Zahlung konnte er sich zunächst nicht erinnern, erst nach Einwürfen von Herrn B-1 machte Herr B-2 zögernd einzelne Angaben zu Zahlungsempfänger und -ort.

96

(8) Die von Herrn B-1 geschilderte Abwicklung der Zahlungen war im Übrigen auch widersprüchlich. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich das Geld für 2 - 3 Rechnungen in einem Umschlag befunden haben soll und dann akribisch für jede einzelne Rechnung eine Quittung mit Cent-Beträgen ausgestellt wurde.

97

(9) Die Fa. A bestätigte bereits mit Schreiben vom 14.02.2011, "Abschlagszahlungen und Schlussrechnungen erhalten zu haben" (oben II.1.d)bb)), obwohl die Bezahlung laut der vorgelegten Quittungskopien erst im März 2011 stattfand.

98

(10) Die Existenz der "doppelten" Rechnungen, wobei zumindest die Zahlung der Rechnung EE-...-05-001 auch doppelt quittiert wurde (oben IV.; wobei durch die unterschiedliche Angabe der Rechnungsnummer EE-...-05-001 bzw. ...-05-001 ausgeschlossen ist, dass lediglich eine Quittung zweifach kopiert eingereicht wurde). Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich insoweit nicht um eine bloß versehentlich doppelte Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Bei den Rechnungen handelt es sich nämlich nicht um vollkommen identische Exemplare. Zudem wurde zumindest in einem Fall die (doppelte) Bezahlung durch Quittung dokumentiert. Diese Unterschiede im Rechnungswortlaut und die Quittungen belegen, dass nicht der tatsächliche Leistungserbringer eine Rechnung versehentlich doppelt ausgedruckt und an den Leistungsempfänger herausgegeben hat. In diesem Fall wäre dem Leistungsempfänger spätestens bei der Bezahlung aufgefallen, dass es sich um eine doppelt abgerechnete Leistung handelt. Vielmehr zeigt sich, dass die Rechnungen nur für den Zweck erstellt wurden, als sog. Abdeckrechnungen in die Buchhaltung der Klägerin einzufließen.

99

bb) Danach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin wusste, dass die Fa. A nicht die tatsächliche Leistungserbringerin war und es sich bei den Rechnungen um sog. Abdeckrechnungen handelte. Dies ergibt sich einerseits aus den vorstehenden Einzelheiten, die für die Klägerin mit Ausnahme der Umstände (1) und (2) auch erkennbar waren, und dem Umstand, dass Herr B-1, der den Kontakt zu der Fa. A für die Klägerin hergestellt und gehalten hat, sich nach eigenen Angaben nicht über die Funktion des Herrn J und seinen Befugnissen/Vollmachten erkundigt hat.

100

Darüber hinaus ist von besonderer Bedeutung, dass Empfänger/Verwender von Abdeckrechnungen naturgemäß vorsätzlich eine Umsatzsteuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) begehen, indem sie die Abdeckrechnungen zum Vorsteuerabzug verwenden, die nicht von dem tatsächlichen Leistenden ausgestellt wurden, sondern die von ihnen, den Verwendern, gerade zu dem Zweck beschafft wurden, um die Zahlungen an die tatsächlich Leistenden, die in der Regel "schwarz" entlohnt werden, in der Buchhaltung "abzudecken".

101

3. Ein (isolierter) Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Fa. A steht der Klägerin auch nicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG zu. Nach dieser Vorschrift kann der Unternehmer die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 und 2 UStG, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob und ggf. in welchem Umfang die von der Fa. A abgerechneten Leistungen Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 und 2 UStG darstellen, denn der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug nur bei gleichzeitiger Anmeldung der nach § 13b Abs. 5 UStG für diese Umsätze geschuldeten Umsatzsteuer geltend machen, was die Klägerin vorliegend unstreitig nicht getan hat.

II.

102

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

103

2. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor. Zwar sind nach Ansicht des BFH die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei einem der Leistungsbeziehung zu Grunde liegenden Strohmannverhältnis unter Berücksichtigung der jüngeren Rechtsprechung des EuGH vom 21.06.2012 (C-80/11 Mahagebén und David) und vom 13.02.2014 (C-18/13 Maks Pen EOOD) noch nicht abschließend geklärt (BFH-Beschluss vom 16.04.2014 V B 48/13, BFH/NV 2014, 1423), soweit der Leistungsempfänger auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen. Vorliegend hat die Würdigung jedoch ergeben, dass die Klägerin wusste, dass es sich bei den Rechnungen der Fa. A um Abdeckrechnungen handelte.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsrechnungen der Klägerin.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand unter anderem Containerentladung und Kommissionierung ist. In dem Streitzeitraum 2012 und I. und II. Quartal 2013 war alleinige Auftraggeberin die A ... GmbH (im Folgenden A GmbH), mit der die Klägerin im ... 2012 einen Werkvertrag über das Be- und Entladen von Containern, LKWs und Waggons, dem Verbringen der Ware in die Lagerhallen oder aus diesen in die Lageeinheiten, Kommission, Display- und Kitbau sowie alle dazugehörigen Tätigkeiten abgeschlossen hatte. In diesem Rahmenvertrag wurde unter anderem vereinbart, dass die Weitergabe eines Auftrags oder eines Teilauftrags der Klägerin nur mit schriftlicher Zustimmung der A GmbH gestattet war.

3

Die Klägerin stellte die gegenüber der A GmbH erbrachten Leistungen in zeitlichen Abständen jeweils unter Beifügung von Berichten über die "Tagesarbeit Container/LKW-Entladung, A GmbH" (im Folgenden Tagesberichte) in Rechnung. Auf den Tagesberichten wird neben der Angabe des Ortes und des Datums jeweils die Klägerin als das Unternehmen genannt, das die Entladung durchgeführt hat. Darüber hinaus geben die Tagesberichte jeweils die Containernummern, den Inhalt, das Gewicht (kg) sowie die Kubikmeter und die Größe der einzelnen Container an. Die Tagesberichte werden jeweils von dem Lagermeister der A GmbH unterzeichnet.

4

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte der Beklagte am 27.02.2014 die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. und II. Quartal 2013 und setzte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das I. Quartal 2013 auf 8.626,79 € und für das II. Quartal 2013 auf 7.635,24 € fest. Mit Bescheid vom 27.05.2014 änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012 auf 11.859,58 €. Nach dem Sonderprüfungsbericht enthielten die einzeln aufgeführten Eingangsrechnungen der Firmen B GmbH, C, D GmbH und E GmbH eine unzureichende Leistungsbeschreibung und erfüllten deshalb nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Darüber hinaus verfüge die Steuerverwaltung über eindeutige Erkenntnisse, dass es sich bei den Firmen B GmbH und E GmbH um Scheinunternehmen handle.

5

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung reichte sie die beanstandeten Rechnungen der genannten Unternehmen erneut unter Beifügung von "entsprechenden Protokollen" ein. Hierbei handelte es sich um die von der A GmbH erstellten Tagesberichte. Bezugnehmend auf diese Arbeitsnachweise führte die Klägerin aus, dass daraus konkrete Daten zur Identifizierung der erbrachten Leistungen zu entnehmen seien und damit die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erfüllt würden. Die Tagesberichte seien Bestandteil der Abrechnungen gewesen. Zwar sei nach der vertraglichen Vereinbarung mit der A GmbH eine schriftliche Zustimmung für den Einsatz von Subunternehmern vorgesehen gewesen, diese sei jedoch nicht von der Auftraggeberin eingefordert worden.

6

Mit Entscheidung vom 17.07.2014 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide als unbegründet zurück.

7

Am 20.08.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass in den beanstandeten Rechnungen unter Heranziehung der Tagesberichte Art und Umfang der erbrachten Leistungen hinreichend konkret bezeichnet worden seien. Denn aus der Zusammenschau dieser beiden Dokumente lasse sich genau nachvollziehen, welche Arbeiten abgerechnet worden seien. Die Rechnungen enthielten das Leistungsdatum, die Containergröße und die Menge in Tonnen (to). Die Tagesberichte wiesen darüber hinaus die Containernummern aus, so dass eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglicht werde. Es sei auch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistung weitere Erkenntnismittel heranzuziehen, sofern sie eindeutig bezeichnet worden seien. Das sei hier der Fall. Die Tagesberichte der A GmbH seien den Rechnungen nunmehr angeheftet und damit eindeutig zugeordnet. Zuvor seien sie gesondert gesammelt und abgelegt worden. Auch wenn in den Rechnungen nicht ausdrücklich auf die Tagesberichte verwiesen werde, so sei eine Zuordnung durch die darin enthaltenen Angaben, wie z. B. Datum und der verwendeten technischen Hilfsmittel, wie Gabelstapler, gewährleistet. Mehrfachabrechnungen seien bei den vorliegenden Angaben faktisch unmöglich. Die Rechnungen seien auch tatsächlich bezahlt worden, so dass trotz zwischenzeitlicher Insolvenz der Subunternehmer der Vorsteuerabzug zuzulassen sei. Es handele sich dabei auch nicht um Scheinunternehmen. Diese Behauptung des Beklagten sei nicht nachgewiesen. Im Zeitpunkt der Leistungserbringung seien die Unternehmen wirtschaftlich tätig gewesen und hätten ihre Existenz durch entsprechende Unterlagen (Steueranmeldungen, Freistellungsbescheide, Bescheid der Sozialversicherungsträger) belegt.

8

Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 27.05.2014 und die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. und II. Kalendervierteljahr 2013 vom 27.02.2014 sowie die Einspruchsentscheidung vom 17.07.2014 in der Weise zu ändern, dass weitere Vorsteuern in 2012 in Höhe von 13.073,26 €, im I. Kalendervierteljahr 2013 in Höhe von 7.271,14 € und im II. Kalendervierteljahr 2013 in Höhe von 6.863,15 € berücksichtigt und die Umsatzsteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

9

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen bereits aus formalen Gründen zu versagen sei, denn die Rechnungen enthielten unzureichende Leistungsbeschreibungen. Zwar könnten zur Identifizierung der abgerechneten Leistung andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden, jedoch nur, wenn das Abrechnungsdokument selbst auf diese verweise und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichne. Diese Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Keineswegs sei es ausreichend, dass die Geschäftsunterlagen nunmehr den Rechnungen angeheftet worden seien. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen des Gerichts in dem Beschluss vom 08.07.2014 (2 V 151/14) in dem vorangegangenen Aussetzungsverfahren Bezug genommen. Darüber hinaus lägen ihm, dem Beklagten, Erkenntnisse vor, dass es sich bei den Subunternehmern der Klägerin um Scheinfirmen handele, die tatsächlich keine Leistungen erbracht, sondern Scheinrechnungen erstellt hätten. Auf die zum Beleg eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.

11

Die Beteiligten haben am 15.01.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

12

Dem Gericht haben drei Bände Bp-Arbeitsakten und die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die streitgegenständlichen Rechnungen und Tagesberichte, sowie das Protokoll über den Erörterungstermin vom 15.01.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Die Entscheidung konnte gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen.

II.

14

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen versagt.

15

Die streitigen Rechnungen erfüllen bereits nicht die formellen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer.

16

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystemRL, vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG). Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.

17

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Es ist jedoch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in dem Abrechnungsdokument selbst eindeutig bezeichnet werden (BFH, Urteil vom 10.11.1994, V R 45/93, BStBl II 1995, 395; Urteil vom 21.01.1993, V R 30/88, BStBl II 1993, 385; Urteil vom 24.09.1987, V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691 f.; Beschluss vom 29.11.2002, V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; Beschluss vom 14.10.2002, V B 9/02, BFH/NV 2003, 213; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005, 6 V 2616/05, juris). Die weiteren Unterlagen müssen der Rechnung hingegen nicht beigefügt sein (BFH-Urteil vom 16.01.2014, V R 28/13, BFH/NV 2014, 807).

18

Diese Anforderungen an eine hinreichend spezifizierte Leistungsbeschreibung erfüllen die streitgegenständlichen Rechnungen nicht.

19

In den Rechnungen der B GmbH und der E GmbH wird die Art der Leistung mit "Container Be- und Entladen" bezeichnet. Im Weiteren wird in den Rechnungen jeweils ein konkreter Tag als Leistungszeitraum angegeben, eine Mengenangabe in "to" sowie Angaben, die sich auf die Containergröße beziehen, wie "5x20 Ft." oder "2x40 Ft." oder "20 FT x 08". Darüber hinaus enthalten die Rechnungen selbst keine weitere Konkretisierung der erbrachten Ladeleistung. Im Ergebnis ähnliche Angaben enthält die Rechnung der C, während in den Rechnungen der D GmbH ein Hinweis auf die Art der Leistung gänzlich fehlt. Diese Rechnungen beschränken sich auf die Angaben eines Leistungsdatums, die Containergröße und die Menge in to.

20

Diese Art der Leistungsbeschreibung ist jedoch auch in der Zusammenschau nicht ausreichend, um eine leichte und eindeutige Feststellung hinsichtlich der abgerechneten Leistungen zu treffen. Denn sie ermöglichen nicht eine Zuordnung der konkret abgerechneten Ent- oder Beladeleistung und eine Überprüfung dahingehend, ob die Leistung nicht bereits zuvor abgerechnet wurde. Allein auf Grund der Containergröße, des Leistungstags und der insgesamt bewegten Menge ist eine Kontrolle mehrfacher Abrechnung erbrachter Ladetätigkeit nicht möglich. Entsprechendes gilt für die in etlichen Rechnungen der B GmbH und der D GmbH aufgeführten Positionen "Zulagen für Stapelfahrer" oder "Zulage für Lagereinheiten", die nur durch eine Stückzahl spezifiziert werden. Auch in der Gesamtschau mit dem Tag der Leistungserbringung und der Stückzahl ist die abgerechnete Leistung nicht eindeutig und leicht identifizierbar.

21

Zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen können nicht die Tagesberichte der A GmbH herangezogen werden, die die Klägerin im Einspruchsverfahren ergänzend zusammen mit den Rechnungen vorgelegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung andere Geschäftsunterlagen herangezogen werden, wenn das Abrechnungsdokument selbst darauf verweist und diese eindeutig bezeichnet. Ob der Verweis auf andere Geschäftsunterlagen hinreichend eindeutig ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 22.07.2014, XI B 29/14, BFH/NV 2014, 1780; Urteil vom 16.01.2014, V R 28/13, BFH/NV 2014, 807). Mit einer Bezugnahme auf andere Geschäftsunterlagen wird der Unternehmer davon entlastet, in der Rechnung selbst hinreichend detaillierte Angaben zu Art und Umfang der Leistung aufzuführen. Deshalb wird nur durch die eindeutige Bezeichnung der in Bezug genommenen anderen Unterlagen in der Rechnung sichergestellt, dass diese tatsächlich Grundlage der abgerechneten Leistung gewesen sind.

22

In allen Abrechnungsdokumenten der B GmbH, der C, der D GmbH und der E GmbH wird auf die Tagesberichte in keiner Weise Bezug genommen, so dass schon aus diesem Grunde die Heranziehung dieser Unterlagen zur Konkretisierung der Art der Leistung ausscheidet. Allein die Übereinstimmung zwischen dem Datum der Leistung in der Rechnung und auf den Tagesberichten stellte keine eindeutige Bezugnahme auf weitere Geschäftsunterlagen dar.

23

Die eindeutige Bezeichnung der in Bezug genommenen anderen Geschäftsunterlagen in der Rechnung erweist sich auch gerade dann als unabdingbar, wenn es - wie hier - zweifelhaft ist, ob die Tagesberichte tatsächlich eine von den Rechnungsausstellern erbrachte Leistung bezeichnen. Denn den Tagesberichten kann kein Hinweis darauf entnommen werden, dass es sich um Berichte über Arbeitsleistungen der Subunternehmer der Klägerin handelt, also um Geschäftsunterlagen aus den Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihren Auftragnehmern. Denn in diesen Tagesberichten ist nur die Klägerin als das Unternehmen aufgeführt, dass Ent- oder Beladeleistungen erbracht hat. Dass Subunternehmer in die Leistungserbringung eingebunden gewesen sind, wird an keiner Stelle ersichtlich. Zudem waren dieselben Tagesberichte den Ausgangsrechnungen der Klägerin an die A GmbH beigefügt. Schließlich ist wiederholt festzustellen, dass die Rechnungen teilweise andere Angaben zu Containergröße oder die Abrechnung von Zulagen enthalten als die den Rechnungen nunmehr beigefügten Tagesberichte.

24

Erfüllen die streitgegenständlichen Rechnungen danach bereits nicht die formalen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG, bedarf es keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei den genannten Subunternehmern um Scheinfirmen handelt und ob den Rechnungen tatsächlich eine Leistung zugrunde gelegen hat.

25

Die Klage ist insgesamt abzuweisen.

26

Die Klägerin hat nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 24/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
Jedenfalls dann, wenn derjenige, für den eine Lieferung ausgeführt wird, weiß,
dass diese Teil eines auf Hinterziehung von Umsatzsteuer angelegten Systems
ist, so ist er hinsichtlich dieser Lieferung nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG
tätig. Macht er dennoch die in einer Rechnung für diese Lieferung ausgewiesene
Umsatzsteuer nach § 15 UStG als Vorsteuer geltend, begeht er eine Steuerhinterziehung.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10 - LG Hamburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung
zu 2.: versuchter Steuerhinterziehung
zu 3.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 4.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 5.: Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 12. August 2009 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Verfahrensgegenstand sind Steuerdelikte (Hinterziehung von Umsatzsteuer ), die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 im Rahmen von „zwei groß angelegten und gut organisierten sowie auf Verschleierung ausgerichteten Steuerhinterziehungssystemen“ begangen (System „B. “, B. GmbH & Co. KG in S. ; Steuerverkürzung durch unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 10 Mio. €) oder versucht (System „H. “, H. AG & Co. KG; vergebliche unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuer in Höhe von etwa 4,8 Mio. €) wurden. Die in näher festgestellter Weise hieran beteiligten Angeklagten wurden, differenziert nach Art und Maß ihrer Beteiligung, wegen vollendeten und/oder versuchten Steuerhinterziehungen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Ihre auf eine von allen Angeklagten erhobene Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revisionen bleiben erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.



3
Mit der Verfahrensrüge wird geltend gemacht, der in der am 5. November 2008 begonnenen Hauptverhandlung häufig als alleiniger Urkundsbeamter der Geschäftsstelle (Protokollführer) eingesetzte Justizfachangestellte K. sei zuvor entgegen § 153 Abs. 5 GVG nicht mit dieser Aufgabe betraut worden; daher sei insoweit die Hauptverhandlung entgegen § 226 Abs. 1 StPO ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt worden (§ 338 Nr. 5 StPO).
4
1. Folgendes liegt zu Grunde:
5
Der Justizfachangestellte K. war nach Bestehen der entsprechenden Prüfung seit 2004 am Verwaltungsgericht Hamburg tätig und dort 2006 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut worden. Zum 15. September 2008 wechselte er zum Landgericht Hamburg. Mit Verfügung vom 22. September 2008 übertrug ihm die Personalleiterin die Aufgaben eines Angestellten in Serviceeinheiten. Mit Schreiben vom 11. August 2009 (dem Tag vor der Verkündung des angefochtenen Urteils) betraute ihn der Geschäftsleiter des Landgerichts im Auftrag der Präsidentin des Landgerichts mit Wirkung vom 15. September 2008 mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Landgericht.
6
2. Eine Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle muss erfolgen, bevor der Betraute diese Aufgabe wahrnimmt (OLG Hamburg, MDR 1984, 337; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 153 GVG Rn. 3), sie ist also nicht rückwirkend möglich. Wäre sie erst am 11. August 2009 erfolgt, wären zuvor bezüglich des Justizfachangestellten K. die Voraussetzungen des § 153 Abs. 5 GVG nicht erfüllt gewesen.
7
3. Der Senat entnimmt jedoch die entsprechende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit genügender Klarheit der genannten Verfügung der Personalleiterin vom 22. September 2008.
8
a) Unter den Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG hier in Verbindung mit § 8 der Allgemeinen Verfügung Nr. 22 (AV 22) der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. Dezember 2004 (HmbJVBl 2004, 95 f.) können Angestellte mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden. Es handelt sich dabei um ein Geschäft der Justizverwaltung i.S.v. § 22 Satz 1 HmbAGGVG, das den Gerichtspräsidenten zugewiesen ist. Diese können gemäß § 22 Satz 2 HmbAGGVG zur Erledigung ihnen zugewiesener Justizverwaltungsgeschäfte die ihrer Dienstaufsicht unterstellten Justizangehörigen heranziehen. Die Personalleiterin untersteht der Dienstaufsicht der Präsidentin des Landgerichts. Sie ist, wie sich aus der ergänzenden Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft im Einzelnen ergibt, unter anderem mit der Entscheidung über den Einsatz von Angestellten im Geschäftsbereich des Landgerichts betraut. Einen Grundsatz, wonach insoweit eine Einschränkung gelte, weil die Betrauung mit der Aufgabe eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durch den Präsidenten selbst erfolgen müsse, gibt es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1985 - 1 StR 18/85, StV 1985, 492;allgemein zur Möglichkeit , diese nicht an eine bestimmte Form gebundene Betrauung zugleich mit der Zuweisung weiterer Aufgaben an den Angestellten zu verbinden, vgl. OLG Bremen StV 1984, 109; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 153 Rn. 22).
9
b) Die Voraussetzungen von § 153 Abs. 5 GVG liegen hier vor. Bei Einführung dieser Bestimmung (Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19. Dezember 1979, BGBl. I 2306) war die Ausbildung von Justizangestellten nicht auf eine Tätigkeit als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ausgerichtet (BT-Drucks. 8/2024, S. 10, 14). Daher sollte sichergestellt werden, dass nur geeignete Angestellte (BT-Drucks. aaO S. 14) nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall mit dieser Aufgabe betraut wurden (vgl. Kissel/Mayer aaO). Inzwischen umfasst die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten auch das Führen von Hauptverhandlungsprotokollen in Strafsachen (vgl. § 3 Nr. 8 und § 4 der - bundeseinheitlichen - VO über die Berufsausbildung zum/zur Justizfachangestellten vom 26. Januar 1998 i.V.m. Nr. 8b der Anlage zu § 4 JFangAusbV). Wer die Abschlussprüfung als Justizfachangestellter bestanden hat (§ 8 JFangAusbV), bietet daher grundsätzlich die Gewähr für die gebotene Sachkunde bei der Protokollführung in Strafsachen. Dies deckt sich mit dem von der Revision vorgelegten Schreiben der Präsidentin des Landgerichts vom 19. November 2009, wonach ein Justizfachangestellter nach bestandener Prüfung als zur Protokollführung befähigt angesehen wird.
10
c) Dementsprechend ist auch in der Stellenbeschreibung - die die objektiven Kriterien bestimmt, die man erfüllen muss, um für die Übertragung des Dienstpostens in Betracht zu kommen (allgemein zum Rechtscharakter von Stellenbeschreibungen vgl. BAG AP GG Art. 33 Nr. 59; BAG NZA 2005, 1185, 1187) - , die der Einstellung des Justizfachangestellten K. zu Grunde lag, die Protokollführung in Strafsachen als ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt genannt; auf sie entfallen 30 % der Arbeitszeit. Dem entsprechend lautet die Funktionsbezeichnung dieser Stelle „Geschäftsstellenverwaltung mit Protokollführung in einer … Strafkammer“. Dem entspricht, dass eine Tätigkeit als Protokollführer in Strafsachen ein Tätigkeitsmerkmal ist, das dazu führt, dass die Stelle - wie hier - in die Vergütungsgruppe VIb BAT eingruppiert ist, während im übrigen vergleichbare, aber nicht mit Protokollführung in Strafsachen verbundene Stellen regelmäßig in die Vergütungsgruppe VII BAT eingruppiert sind, also niedriger besoldet werden.

11
d) Die ihm vorgelegten nachträglichen Erläuterungen der Justizverwaltung versteht der Senat insgesamt dahin, dass die in der Verfügung vom 22. September 2008 liegende Betrauung des Justizfachangestellten K. mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit dem genannten Schreiben vom 11. August 2009 ausdrücklich auch schriftlich zum Ausdruck gebracht werden sollte. Der Senat bemerkt jedoch, dass ein von Beginn an klar dokumentiertes, nicht auslegungsbedürftiges Verwaltungshandeln das Verfahren entlastet hätte.

II.


12
Auch die Sachrügen bleiben erfolglos.
13
1. Die abgeurteilten Taten (vor I) beruhten auf folgendem Hinterziehungssystem :
14
a) Es wurden zum Schein Fakturierungsketten aufgebaut, die den Firmen B. und H. den Abzug von in Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuer als Vorsteuer ermöglichen sollten. Zu diesem Zweck wurden jeweils mindestens zwei Gesellschaften vorgeschaltet, deren Aufgabe im Wesentlichen darin bestand, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Irgendeinen Spielraum hatten sie dabei nicht, die Rechnungen waren ihnen zuvor von den Angeklagten samt Lieferpapieren übersandt worden. Die Rechnungssummen waren dabei planmäßig so gewählt, dass ein „Umsatzsteuergewinn“ erwirtschaftet wurde, der verschleiert an Firmen im Ausland transferiert werden konnte.
15
b) Im Einzelnen wurde folgende Vorgehensweise gewählt:
16
Die jeweils erste Firma der Kette „erwarb“ die Waren aufgrund einer innergemeinschaftlichen Lieferung umsatzsteuerfrei von Unternehmern aus anderen EU-Staaten. Diese erste Firma „veräußerte“ sie dann an eine andere in Deutschland ansässige Firma. Der Nettoausgangsrechnungsbetrag wurde gegenüber dem Nettoeingangsrechnungsbetrag um gut 100 % „aufgepreist“. Die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde von der ersten Gesellschaft der jeweiligen Kette weder angemeldet noch abgeführt. Die dann in der Kette nachfolgende Gesellschaft fakturierte die Waren mit geringem Aufpreis - direkt oder unter Einschaltung einer dritten Gesellschaft - an die Firma B. oder die Firma H. weiter. Die in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer wurde angemeldet und abgeführt. Damit sollten sich die Umsätze der Firmen B. und H. gegenüber den Finanzbehörden als unauffällig darstellen. Diese Firmen generierten den „Umsatzsteuergewinn“, indem sie die in den an sie gerichteten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machten. Die Waren wurden umsatzsteuerfrei an Firmen im europäischen Ausland - jedenfalls auf dem Papier - weitergeleitet.
17
2. Obwohl die Firmen B. und H. danach keinen Anspruch auf Abzug oder Erstattung von Vorsteuer hatten, haben die Angeklagten den Abzug der in den jeweiligen Eingangsrechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer veranlasst und so durch unrichtige Erklärungen Steuern verkürzt oder dies versucht.
18
Hier kommt allein eine Vorsteuererstattung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in Betracht. Eine Vorsteuererstattung setzt voraus, dass in Rechnungen (§ 14 UStG) für Lieferungen eines anderen Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG) an den Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, gesondert Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Die in den Fakturierungsketten den Firmen B. bzw. H. vorgeschalteten Gesellschaften waren hier jedoch in diesem Sinne keine Unternehmer, sondern nicht als Unternehmer einzustufende Strohmänner.
19
Bei der Entscheidung darüber, ob umsatzsteuerrechtlich ein Unternehmer vorliegt, ist die Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls den Umständen gegenüber zu stellen, unter denen gewöhnlich eine entsprechend vergleichbare wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 1996, C-230/94, Rechtssache Enkler, Rn. 28, 30; vgl. hierzu Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl., § 2 Rn. 7). Entscheidend ist daher, ob die jeweils hier den Firmen B. oder H. vorgeschaltete Firma als Teil der Lieferkette wie ein typischer Händler gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, NStZ 2004, 578, 579 mwN; BFH BStBl II 1987, 752; Heidner aaO).
20
Dies ist zu verneinen. Das „Bild des Handels“ ist durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Sinne eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten gekennzeichnet (vgl. auch BFH HFR 2010, 21). Im hier in Rede stehenden Zusammenhang hatten die vorgeschalteten Firmen weder ein Kapital- noch ein Abnahmerisiko zu tragen. Sie hatten vielmehr ohne eigenen Spielraum im Wesentlichen nur vorgegebene Rechnungen auszustellen. Es liegen sog. Strohmanngeschäfte vor, da die vorgeschalteten Firmen nicht im Rahmen eines Geschäftes, das wechselseitige Rechte und Pflichten begründen sollte, eigene Interessen wahrnahmen. Vielmehr waren sich die Beteiligten dieser Geschäfte darüber einig, dass die vorgeschalteten Firmen ohne sonstige eigene Rechte oder Pflichten als im Lager der Firmen B. oder H. stehende Hilfspersonen ausschließlich der Durchsetzung von deren Interesse dienten (vgl. BGH aaO; Heidner aaO Rn. 13 jew. mwN).
21
Da nach alledem die vorgeschalteten Firmen hier nicht als Unternehmer tätig waren, waren die Firmen B. und H. gemäß § 15 UStG nicht zum Vorsteuerabzug im Hinblick auf die von diesen Firmen ausgestellten Rechnungen berechtigt und hatten dementsprechend auch keinen Anspruch auf Erstattung der in diesen Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer. Durch die gleichwohl auf dieser Grundlage vorgenommenen Umsatzsteuervoranmeldungen haben die Angeklagten (zumindest konkludent) für die Firmen B. und/oder H. eine Vorsteuerabzugsberechtigung behauptet und durch diese unrichtigen Erklärungen (täterschaftlich) ungerechtfertigte Steuervorteile für diese beiden Firmen erlangt oder zu erlangen versucht (vgl. auch BGH aaO). Am Vorsatz besteht kein Zweifel.
22
3. Unabhängig davon tragen die Feststellungen auch noch aus einem anderen Grunde die Schuldsprüche. Sowohl dem Angeklagten L. (Geschäftsführer Firma B. ) als auch den Angeklagten P. und Be. (jeweils Vorstand der H. ) war nämlich bekannt, dass sich diese Firmen durch den (zumindest auf dem Papier erfolgten) Erwerb der in den Lieferketten fakturierten Waren an Umsätzen beteiligten, die in Umsatzsteuerhinterziehungen einbezogen waren. Auch deshalb waren die Firmen B. und H. - ebenso wie die in den Lieferketten vorgeschalteten Unternehmer - hier nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig. Die in diesem Zusammenhang wesentlichen Tatsachen - Vorsteuerabzug (bzw. der entsprechende Versuch) durch die Fir- men B. und H. , obwohl Verantwortliche dieser Firmen von der vorangegangenen Umsatzsteuerhinterziehung wussten - waren auch den übrigen Angeklagten bekannt und sie machten sie sich bei ihrer Beteiligung am Tatgeschehen zu eigen; sie sind daher auch ihnen zuzurechnen.
23
a) Der Wertung, dass die Firmen B. und H. hinsichtlich der hier getätigten Geschäfte nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG tätig waren, liegt eine Auslegung dieser Bestimmung zu Grunde, wie sie (auch) gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der „Sechste(n) Richtlinie 77/388 EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage“ (ABl. Nr. L 145 S. 1; nachfolgend Sechste Richtlinie) darf der Steuerpflichtige (Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie; vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen auch EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 41 mwN) „die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer“ (unter anderem) „für Gegenstände“ abziehen, „die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden ...“. Der Anspruch auf diesen Vorteil entfällt jedoch, wenn er in betrügerischer Weise geltend gemacht wird, da eine betrügerische oder sonst missbräuchliche Berufung (auch) auf Gemeinschaftsrecht verboten ist. Die Sechste Richtlinie soll auch das Ziel fördern, Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und damit vergleichbare sonstige Missbräuche zu bekämpfen. Ein derartiger betrügerischer Missbrauch liegt jedenfalls vor, wenn sich der Steuerpflichtige bewusst an einem in eine Mehrwert- bzw. Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz beteiligt: dabei kommt es nicht darauf an, ob er auch schon die (frühere) Umsatzsteuerhinterziehung selbst begangen hat, sondern es genügt, wenn ihm diese bekannt ist (vgl. EuGH aaO Rn. 54 ff., 61 mwN; die Auffassung der Revision, dass diese Entscheidung „mittlerweile durch neuere Entscheidun- gen [des EuGH] überholt sein dürfte“, teilt der Senat nicht, vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2010, C-285/09, Rechtssache R Rn. 52 ff.).
24
b) Unter diesen Umständen können auch die Firmen B. und H. nach Auffassung des Senats nicht als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG angesehen werden. Das Vorliegen eines Unternehmers i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, bei solcher wirtschaftlicher Betätigung zu verneinen, die sich durch bewusste Beteiligung an und bewusste Ausnutzung von anderweitigen Steuerstraftaten steuerrechtliche Vorteile verschafft, wie etwa hier „Umsatzsteuergewinne“ auf der Grundlage von Umsatzsteuerhinterziehungen , die innerhalb einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen Lieferkette begangen wurden. Die sonstigen Voraussetzungen von § 370 AO liegen, wie dargelegt, vor.
25
c) Da nach alledem hier die Firmen B. und H. schon nicht i.S.d. § 15 UStG als Unternehmer tätig waren, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Recht zum Vorsteuerabzug auch mit der Begründung zu verneinen sein könnte, dass unter den gegebenen Umständen (trotz möglicherweise durchgeführter Warenbewegung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG) auch keine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen , zum Vorsteuerabzug berechtigenden Sinne vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang BFHE 217, 94; BFH/NV 2011, 81; vgl. auch Muhler wistra 2009, 1, 5).
26
d) Soweit das Revisionsvorbringen in diesem Zusammenhang dahin zu verstehen ist, dass gegen die der genannten Begründung - Umsatzsteuerhinterziehung auch deshalb, weil die Firmen B. und H. wegen bewusster Beteiligung an einem in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogenen Umsatz keine vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer sind - zu Grunde liegende Aus- setzung des Gesetzes unter dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) Bedenken bestehen, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
27
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs bestehen an der hinreichenden Bestimmtheit von § 370 AO selbst keine Zweifel (vgl. nur BVerfGE 37, 201; BGH, Urteil vom 19. Dezember 1990 - 3 StR 90/90, BGHSt 37, 266 ff.). Insoweit hat der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell hinreichend bestimmt über die Strafbarkeit entschieden. Es gibt keinen Steueranspruch des Staates, der nach dem Willen des Gesetzes nicht gegen eine rechtswidrige und schuldhafte Verkürzung strafrechtlich geschützt sein soll. Dies gilt umso mehr, als das materielle Steuerrecht selbst aufgrund seines Eingriffscharakters dem allgemeinen, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot unterliegt (Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, vgl. Tipke/Lang Steuerrecht, 20. Aufl., § 4 Rn. 150 ff.).
28
bb) Nach Auffassung des Senats bestehen auch hinsichtlich der Auslegung von § 15 UStG im vorgenannten Sinne mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz keine Bedenken. Sie ist nicht nur, wie dargelegt, ohne weiteres mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren, sondern sie entspricht auch dem Normzusammenhang und der Zwecksetzung des Umsatzsteuerrechts. Letztlich soll der Endverbraucher die Umsatzsteuer tragen, der Unternehmer soll dagegen vollständig von der im Rahmen seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Umsatzsteuer entlastet werden. Dies gewährleistet die Neutralität der umsatzsteuerlichen Belastung aller ihrerseits der Umsatzsteuer unterliegenden wirtschaftlichen Tätigkeiten, unabhängig von den Zwecken und (oder) Ergebnissen dieser Tätigkeiten (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, C-439/04, C-440/04, Rechtssache Kittel u.a. Rn. 48 mwN). Jeden- falls für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes - ausschließlich Unternehmer , die auf Grund von Ausbildung und (oder) praktischer Erfahrung über das einschlägige Fachwissen verfügen - ist dieser Normzusammenhang, als zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm, ohne weiteres erkennbar. Sie sind als regelmäßig dazu im Stande anzusehen, den Regelungsgehalt dieses Gesetzes zu verstehen und ihm konkrete Verhaltensanweisungen zu entnehmen (vgl. BVerfGE 48, 48, 56 f. mwN; BVerfG wistra 2010, 396, 404). Deswegen haben sie - über den Wortlaut der Vorschrift hinaus - auch insoweit die Möglichkeit, das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusehen.
29
Die geschilderte Generierung von „Umsatzsteuergewinnen“ verstößt gegen das dargelegte Prinzip der Umsatzsteuerneutralität. Der Staat erstattet Vorsteuer, die er zuvor nicht in Form der Umsatzsteuer erhalten hat. Die anderen Marktteilnehmer, die derartige illegale „Umsatzsteuergewinne“ nicht generieren , haben dadurch Wettbewerbsnachteile. Die hiermit verbundene Verletzung der Gerechtigkeitsprinzipien des Umsatzsteuergesetzes und die daraus resultierenden strafrechtlichen Konsequenzen sind nach Auffassung des Senats für jedermann, jedenfalls aber für die Adressaten des Umsatzsteuergesetzes , zu denen die Angeklagten zählen, erkennbar.
30
4. Auch im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Nack Wahl Hebenstreit RiBGH Prof. Dr. Jäger ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift verhindert. Nack Sander

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit dem Bau einer Produktionshalle.

2

Die Antragstellerin bearbeitet ... und vertreibt diese. Zur Erfüllung von Zertifizierungsauflagen benötigte sie eine neue Fertigungshalle. Ein entsprechender Bauauftrag wurde über das Architekturbüro ... ausgeschrieben. Das günstigste Angebot zu Fertigung der Halle reichte die A GmbH (A) ein. Die Antragstellerin schloss mit der A am ... 2011 einen Generalunternehmervertrag/Bauvertrag über den Bau einer Produktionshalle mit Büro und Personalräumen in der X-Straße ... ab. Der Vertragspreis wurde mit ... € brutto vereinbart. Als Vertragsgrundlagen vereinbart wurden unter anderem ein Angebot der A, ein Zahlungsplan nach Baufortschritt sowie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nachzureichende Bauantragszeichnungen des Architekten B und ein noch zu erstellender Terminplan der A. Das Bauvorhaben wurde vom Architekten B verantwortlich begleitet, der auch eine entsprechende Baubeschreibung fertigte.

3

Mit insgesamt zehn Rechnungen rechnete die A im Zeitraum von Mai 2011 bis Februar 2012 über erbrachte Bauleistungen gegenüber der Antragstellerin ab. Dabei stellte sie für das Jahr 2011 ... € brutto sowie für 2012 ... € brutto in Rechnung. Die Antragstellerin brachte die entsprechenden Vorsteuerbeträge (... € für 2011 sowie ... € für 2012) im Rahmen ihrer Umsatzsteuerjahreserklärungen zum Abzug.

4

Als die Antragstellerin aufgrund drohender Insolvenz der A das Bauvorhaben gefährdet sah, beauftragte sie die am ... 2012 im Handelsregister erstmals eingetragene C Bau GmbH (C) mit der Fertigstellung der Halle. Der zwischen der Antragstellerin und der C geschlossene Vertrag datiert vom ... 2012. Als Vergütung vereinbarten die Vertragsparteien einen Pauschalpreis i. H. v. ... € brutto. Vertragsbestandteile des Bauvertrags sollten u. a. das Angebot der C vom ... 2012, ein Zahlungsplan nach Baufortschritt, ein Terminplan der C sowie die Ausführungsplanung und die Leistungsverzeichnisse des Architekten B sein.

5

Mit insgesamt zwölf Rechnungen rechnete die C im Jahr 2013 über Bauleistungen für mehr als ... Euro ab. Die daraus resultierende Vorsteuer machte die Antragstellerin bei ihren monatlich abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen als abzugsfähige Vorsteuer geltend (insgesamt ... €).

6

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2013 gelangte der Antragsgegner zu der Einschätzung, dass der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A und der C zu versagen sei. Die Rechnungen seien bereits formell nicht ordnungsgemäß im Sinn der §§ 14, 14a des Umsatzsteuergesetzes (UStG), da sie keinen Leistungszeitraum benennen würden, die Leistungsbeschreibung unzulänglich sei und Unregelmäßigkeiten bei einzelnen Rechnungsnummern und Daten bestünden. Überdies handele es sich um Scheinrechnungen, da die Leistungen in Wirklichkeit von einem Bauunternehmer D und nicht von der A oder C erbracht worden seien.

7

Auf Grundlage des Prüfungsberichts vom ... 2014 erließ der Antragsgegner am 19.06.2014 unter anderem geänderte Bescheide über Umsatzsteuer für 2011 sowie geänderte Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar, Februar, April und Juni 2013, wobei er die von der Antragstellerin geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der A und C nicht berücksichtigte.

8

Gegen alle geänderten Bescheide legte die Antragstellerin am 26.06.2014 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung, welche der Antragsgegner mit Bescheid vom 23.07.2014 ablehnte. Der Einspruch ist bisher nicht beschieden.

9

Am 30.07.2014 hat die Antragstellerin beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Am 07.10.2014 hat sie Unterlagen zur Rechnungsberichtigung der Rechnungen der C bei Gericht eingereicht.

10

Zur Begründung ihres Antrags führt sie aus, dass die vom Antragsgegner behaupteten formellen Mängel nicht vorlägen oder nach unionsrechtlichen Maßstäben die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht rechtfertigten. Alle Rechnungen basierten auf den geschlossenen Bauverträgen mit den dort festgelegten, sowohl dem Gericht als auch dem Antragsgegner vorliegenden Zeitplänen und Fälligkeiten der Zahlungen, so dass die nur nach nationalem Recht zu fordernde Verknüpfung zwischen Rechnung und weiteren Abrechnungspapieren gegeben sei. Dieses gelte insbesondere für die bemängelte Angabe des Leistungszeitpunktes. Selbst nach dem für den Antragsgegner bindenden Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) sei es nach Abschnitt 15.11 Abs. 3 Satz 6 ausreichend, wenn der Unternehmer diesen anhand sonstiger Geschäftsunterlagen ergänze oder nachweise. Dies sei durch Vorlage der mit der A und der C geschlossenen Bauverträge mit Termin- und Zahlungsplan nach Baufortschritt erfolgt. Auch die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen sei hinreichend konkret. Vor dem Hintergrund eines durch einen Generalunternehmer anhand einer Baubeschreibung ausgeführten Bauvorhabens zu einem Pauschalpreis seien an die Leistungsbeschreibung keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere sei keine "atomisierte" Leistungsbeschreibung zu fordern. Wie man verschiedenen Musterverträgen entnehmen könne, sei die Vereinbarung eines Pauschalhonorars bei Leistungen eines Generalunternehmers nicht unüblich. Auch nach diesen Musterverträgen seien die vom Antragsgegner geforderten Stundenzettel, Bautagebücher und Abnahmeprotokolle zum Nachweis des Leistungsbezugs entbehrlich. Diese Nachweise seien auch deshalb nicht zu fordern, weil sich der Antragsgegner im Rahmen der Betriebsprüfung von der tatsächlichen Durchführung des Bauvorhabens überzeugt habe. Eine etwaig unzutreffende Rechnungsnummerierung sei auch nach Verwaltungsauffassung für den Vorsteuerabzug unschädlich, da der Leistungsempfänger diese regelmäßig nicht überprüfen könne. Jedenfalls nach Einreichung berichtigter Rechnungen der C sei insoweit ein Vorsteuerabzug nicht zu versagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei eine rückwirkende Rechnungskorrektur möglich; jedenfalls sei vor diesem Hintergrund die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

11

Bei den Rechnungen handele es sich auch nicht um Scheinrechnungen. Diesbezügliche Annahmen des Antragsgegners beruhten auf reiner Spekulation. Nach der Rechtsprechung des EuGH obliege den Steuerbehörden bei Versagung des Vorsteuerabzugs der Nachweis objektiver Umstände, dass der in Rede stehende Umsatz in eine vom Leistungserbringer oder einem Dritten - auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe - begangenen Steuerhinterziehung einbezogen war und der Steuerpflichtige dies hätte zumindest wissen müssen. Diesen Nachweis habe der Antragsgegner nicht erbracht. Zudem könne dieser nicht verlangen, dass die Antragstellerin zu prüfen habe, ob ihr Geschäftspartner Steuerpflichtiger sei und seinen Umsatzsteuerverpflichtungen stets nachgekommen sei. Im Übrigen habe die C in einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht ... die Behauptung der Finanzverwaltung entkräften können, bei ihr handele es sich nicht um eine Unternehmerin.

12

Schließlich sei bei Vollzug der Bescheide die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin unmittelbar gefährdet, da sie die Vorsteuerbeträge vorfinanziert habe und die ihr eingeräumte Finanzierung nur den Nettorechnungsbetrag umfasse.

13

Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Bescheide vom 19.06.2014 über Umsatzsteuer für 2011 i. H. v. ... €, über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar 2013 i. H. v. ... €, für Februar 2013 i. H. v. ... €, für April 2013 i. H. v. ... € und für Juni 2013 i. H. v. ... € auszusetzen.

14

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.

15

Er vertritt die Ansicht, bereits aufgrund formell mangelhafter Rechnungen sei der Vorsteuerabzug zu versagen. Die in den Rechnungen vorgenommenen Leistungsbezeichnungen seien unzureichend, da sie die Identifizierung und Prüfung des Leistungsgegenstandes vor dem Hintergrund doppelter Abrechnung nicht ermöglichten. Begriffe wie "Dacharbeiten", "Malerarbeiten", "Rohbauarbeiten", "Elektriker", teilweise mit einer Prozentzahl versehen, ließen eine Kontrolle der einzelnen Leistungen nicht zu. Soweit die Antragstellerin zur Leistungsbeschreibung auf weitere Dokumente wie die Bauverträge verweise, sei dies unerheblich, da eine ausdrückliche Bezugnahme in den Rechnungen auf diese Dokumente fehle. Für einzelne Bauvorgänge seien solche Bezugsdokumente auch gar nicht vorhanden. Ferner fehle es an einer Bezugnahme auf Aufmaße, Stundenzettel und Abnahmeprotokolle, die auch im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung nicht vorgelegt worden seien. Es komme zudem nicht darauf an, dass sich der Betriebsprüfer im Rahmen der Prüfung von der tatsächlichen Durchführung des Hallenbaus überzeugt habe.

16

Auch die in den einzelnen Rechnungen fehlenden Angaben hinsichtlich des Leistungszeitraums ließen sich nicht den im Rahmen der Prüfung vorgelegten weiteren Dokumenten entnehmen, da es sich lediglich um Planungsdaten handele, denen der tatsächliche Zeitraum der Leistungserbringung nicht zu entnehmen sei.

17

Tatsächlich habe ein Leistungsaustausch mit der A bzw. der C gar nicht stattgefunden. Diese hätten die Leistungen nur fakturiert. Tatsächlich Leistender sei Bauunternehmer D gewesen, was durch zeugenschaftliche Vernehmung der Steuerfahndungsprüferin nachgewiesen werden könne und sich zudem aus dem in Auszügen vorgelegten Bericht des Finanzamtes für Prüfdienste und Strafsachen über steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen u. a. den Bauunternehmer D ergebe.

18

Dem Gericht haben jeweils Band I der Rechtsbehelfsakten und der Betriebsprüfungsakten, zwei Bände Bp-Arbeitsakten sowie Band II der Umsatzsteuerakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

19

II. Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet, soweit er den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C betrifft; im Übrigen ist er unbegründet.

20

Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschlüsse vom 03.02.2005, I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 03.02.1993, I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20.03.2002, IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.).

21

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen nur, soweit der Antragstellerin der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C versagt wurde. Der Antraggegner hat hingegen zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A versagt.

22

a) Die Rechnungen der A erfüllen bei summarischer Prüfung bereits nicht die formellen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer.

23

aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG muss in der Rechnung zudem der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung genannt sein. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSysRL - vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Sechste Richtlinie). Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.

24

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Es ist jedoch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig bezeichnet werden (BFH-Urteile vom 10.11.1994, V R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 21.01.1993, V R 30/88, BStBl II 1993, 385; vom 24.09.1987, V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691 f.; Beschlüsse vom 29.11.2002, V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 14.10.2002, V B 9/02, BFH/NV 2003, 213; vom 22.07.2014, XI B 29/14, juris; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005, 6 V 2616/05, juris).

25

bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen der A bei summarischer Prüfung bereits deshalb formell mangelhaft, weil sie den Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht nennen. Unentschieden bleiben kann dabei die Frage, ob zum Nachweis des Leistungszeitraums durch Vorlage von Bezugsdokumenten diese einzeln in den Rechnungen - entsprechend § 31 Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) und der oben genannten Rechtsprechung zur Leistungsbeschreibung - aufgeführt werden müssen (zweifelnd wohl BFH, Urteil vom 17.12.2008, XI R 62/07, BStBl II 2009, 432) oder ob - der in Abschnitt 15.11 Abs. 3 Satz 6 UStAE niedergelegten Verwaltungsauffassung folgend - die bloße Vorlage dieser Dokumente genügen kann. Denn auch die Bauverträge und die in diesen genannten Bezugsdokumente, soweit sie dem Gericht vorliegen, sind hinsichtlich der Bestimmung des Leistungszeitpunkts unergiebig. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin lassen sich die einzelnen Leistungszeitpunkte insbesondere nicht den eingereichten Terminplänen entnehmen.

26

Für Leistungen der A liegt lediglich ein mit "Kostenaufstellung und Terminplan" überschriebenes, undatiertes Dokument vor, welches auf einen Neubau einer Produktionshalle als Auftrag verweist. Terminpläne enthalten regelmäßig Aussagen über geplante, d. h. "Soll"-Leistungszeitpunkte. Diese weichen jedoch erfahrungsgemäß gerade in der Baubranche aufgrund zahlreicher äußerer Faktoren in der Bauphase teilweise erheblich vom tatsächlichen Baufortschritt ab, so dass solchen Dokumenten, die vor Baubeginn erstellt wurden, nicht mit hinreichender Gewissheit der tatsächliche Leistungszeitpunkt einzelner Bauleistungen zu entnehmen ist. Bei summarischer Prüfung ist auch nicht davon auszugehen, dass der undatierte Terminplan der A nach Leistungserbringung erstellt wurde und damit den jeweiligen "Ist"-Leistungszeitpunkt enthält. Dagegen spricht die Aufnahme von Leistungen wie "Fenster", "Sanitär/Heizung" u. a., die nicht mehr von der A erbracht wurden. Überdies können die in den Rechnungen teilweise beschriebenen Leistungen wie "Bodengutachten", "Entwurfsplanung", "Statik", "Energieberechnungsarbeiten" und "Schurfarbeiten" nicht eindeutig den im Terminplan genannten - anderslautenden - Leistungen zugeordnet werden.

27

Soweit die A gegenüber der Antragstellerin Leistungen die "energetische Sanierung der alten Lager & Produktionshalle" betreffend, in Rechnung stellt, liegt dem Gericht bereits kein Terminplan vor.

28

cc) Die Rechnungen der A enthalten bei summarischer Prüfung zudem keine leicht nachprüfbaren Leistungsbeschreibungen, die eine leichte und eindeutige Kontrolle der abgerechneten Leistung durch den Antragsgegner zur Vermeidung einer mehrfachen Abrechnung derselben Leistung ermöglicht.

29

Als Leistungsbeschreibung finden sich in den Rechnungen lediglich Begriffe wie "Bodengutachten", "Entwurfsplanung", "Statik", "Abbrucharbeiten", "Gerüstbauarbeiten", "Maurerarbeiten", "Dacharbeiten", "Dachdeckerarbeiten", "Rohbauarbeiten", "Pfahlgründungsarbeiten" und "Malerarbeiten". Oftmals versehen sind diese Begriffe mit einer Prozentzahl, z. B. 50 %. Selbst im Zusammenhang mit der teilweise in den Rechnungen enthaltenen Adresse sowie einer Gewerksbeschreibung ist der Leistungsgegenstand nicht so hinreichend konkret beschrieben, dass aus Sicht des Antragsgegners leicht überprüfbar eine doppelte Abrechnung von Leistungen ausgeschlossen werden kann. Dies gilt z. B. für die Rechnungen vom 24.05.2011 und 13.07.2011, mit denen jeweils über "Bodengutachten, Entwurfsplanung, Statik und Energieberechnungsarbeiten" zu jeweils einer Pauschalsumme abgerechnet wird. Es ist bei Betrachtung allein der Rechnungen nicht ausgeschlossen, dass zweimal über den gleichen Leistungsgegenstand abgerechnet wurde. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass sich die einzelnen Leistungsgegenstände unter Zuhilfenahme des Generalunternehmervertrags, der Baubeschreibung des Architekten sowie der Kostenaufstellung und dem Terminplan der A hinreichend konkret entnehmen ließen. Insoweit fehlt es an der zu fordernden Bezugnahme und eindeutigen Bezeichnung dieser Dokumente in den Rechnungen. Soweit Leistungen im Zusammenhang mit der Sanierung von bereits bestehenden Hallen erbracht wurden, liegen bereits keinerlei Bezugsdokumente vor. Unerheblich ist zudem, dass der Neubau der Produktionshalle letztlich abgeschlossen wurde. Eine konkretere Leistungsbeschreibung war bereits vor dem Hintergrund zu fordern, dass der Bau lediglich von der A begonnen und der C beendet wurde und dem Antragsgegner eine eindeutige Zuordnung der erbrachten Leistung zu den beiden Leistungserbringern bereits anhand der Rechnungen ermöglicht werden musste.

30

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen hingegen, soweit der Antragsgegner den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C wegen formeller Mängel versagt hat. Zwar weisen die ursprünglichen Rechnungen der C die gleichen Mängel wie die Rechnungen der A hinsichtlich des Leistungszeitpunkts und des Leistungsgegenstands auf. Jedoch hat die C diese Rechnungen entsprechend berichtigt. Dies wirkt jedenfalls bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück.

31

aa) Die ursprünglichen Rechnungen der C nennen keine Leistungszeitpunkte. Diese ergeben sich auch nicht unter Zuhilfenahme des von der Antragstellerin eingereichten Terminplans der C. Dieser enthält aufgrund seines Datums vom ... 2012 für Leistungen, die in der Zeit von September 2012 bis März zu erbringen waren, ebenfalls nur geplante Leistungszeitpunkte, nicht aber den tatsächlichen Zeitpunkt der Leistungsausführung. So widersprechen auch die Rechnungen der C teilweise dem Terminplan. Unter der Rechnungsnummer ... wird als korrigierte Rechnung vom 01.11.2012 über "60 % Metall und Stahlbauarbeiten" sowie "90 % Trockenbauarbeiten" abgerechnet. Dabei waren für die Metall- und Stahlbauarbeiten erst sieben der geplanten 19 Wochen, für die Trockenbauarbeiten lediglich drei von geplanten zehn Wochen verstrichen. Überdies finden sich Rechnungspositionen wie "Baustelleneinrichtung, Materiallieferung für Maurer und Stahlbeton" (Rechnungsnummer ...), die keinerlei Entsprechung im Terminplan haben.

32

Ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Vertragsangebot, Generalunternehmervertrag sowie Baubeschreibung sind auch die von der C in ihren Rechnungen verwendeten Leistungsbeschreibungen wie "Maurer- und Stahlbetonarbeiten", "Tischlerarbeiten/Fensterbau", "Elektroarbeiten", "Heizung, Lüftung Sanitär" u. ä. unzureichend.

33

bb) Die C hat die streitgegenständlichen Rechnung jedoch bei summarischer Prüfung mit Schreiben und Anlagenkonvolut vom 06.10.2014 insbesondere hinsichtlich des Leistungszeitpunktes und der Leistungsbeschreibung berichtigt.

34

Gemäß § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 UStDV kann eine fehlerhafte Rechnung durch Übermittlung eines Dokuments berichtigt werden, wenn es spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist. Dabei braucht es nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben enthalten. Diesem ist die C in ausreichendem Maße dadurch nachgekommen, dass sie in tabellarischer Form unter Bezugnahme auf die jeweiligen Rechnungen mit Datum und Rechnungsnummer nunmehr hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ausdrücklich auf den Bauvertrag, die Leistungsbeschreibung des Architekten sowie das Angebot der C vom ... 2012 Bezug nimmt. Der Leistungszeitraum wird ausreichend durch die Nennung des Monats der Leistung beschrieben, vgl. § 31 Abs. 4 UStDV.

35

cc) Die einschlägige Rechtsprechung des EuGH in Sachen Pannon Gép (EuGH-Urteil vom 15.07.2010, C-368/09, Pannon Gép, Slg. 2010, I-7467) und Petroma Transports (EuGH-Urteil vom 08.05.2013, C-271/12, BB 2013, 1365) lässt jedenfalls bei summarischer Prüfung eine Rückwirkung dieser Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zu.

36

Das EuGH-Urteil in Sachen Pannon Gép wurde von Teilen der Literatur und einigen Finanzgerichten dahingehen verstanden, dass der EuGH eine rückwirkende Rechnungsberichtigung für den Fall zulassen wollte, in dem den Steuerbehörden vor Erlass des (ablehnenden) Steuerbescheids die berichtigte Rechnung bereits vorgelegen hat (FG Nürnberg, Beschluss vom 07.10.2010, 2 V 802/2009, EFG 2011, 1113; FG Saarland, Beschluss vom 16.02.2012, 2 V 1343/11, EFG 2012, 1115; Martin, BFH/PR 2010, 388; Sterzinger, UR 2010, 700; Wäger, DStR 2010, 1478; Wagner, UVR 2010, 311).

37

Teilweise wird hingegen davon ausgegangen, dass einer Rechnungsberichtigung auch unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils Pannon Gép keine Rückwirkung zukomme, da sich der EuGH nicht ausdrücklich zur Frage der Rückwirkung geäußert habe (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.10.2010, 5 K 425/08, DStRE 2011, 1337; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2011, 5 V 5004/11, EFG 2011, 1295; FG Köln, Urteil vom 13.07.2011, 2 K 2695/10, juris; FG Hamburg, Beschluss vom 06.12.2011, 2 V 149/11, DStRE 2013, 93; Huschens, UVR 2010, 333; Meurer, DStR 2010, 2442). Es wird darauf hingewiesen, dass nach der Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2004 in Sachen Terra-Baubedarf (Urteil vom 29.04.2004, C-152/02, DStRE 2004, 830), der Vorsteuerabzug davon abhängig ist, dass dem Steuerpflichtigen eine ordnungsgemäße Rechnung mit Umsatzsteuerausweis vorliegt. Obgleich die Ausführungen des EuGH in Sachen Pannon Gép im Ergebnis eine rückwirkende Anerkennung des Vorsteuerabzugs in dem konkreten Fall bedeuteten, sei damit keine generelle Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, insbesondere in Sachen Terra Baubedarf, verbunden, da er sich dafür mit Art. 179 MwStSystRL bzw. Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie sowie seiner Entscheidung in Sachen Pannon Gép hätte auseinandersetzen müssen (FG Hamburg, Beschluss vom 06.12.2011, 2 V 149/11, DStRE 2013, 93).

38

Der BFH hat in Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz unter Würdigung der EuGH-Entscheidungen Terra Baubedarf und Pannon Gép ernstliche Zweifel geäußert, ob der Vorsteuerabzug aus einer zunächst fehlerhaften Rechnung auch dann versagt werden kann, wenn diese Rechnung später berichtigt wird, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt (BFH-Beschlüsse vom 20.07.2012, V B 82/11, BStBl II 2012, 809 und vom 10.01.2013, XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783).

39

Mit der Entscheidung Petroma Transports (EuGH-Urteil vom 08.05.2013, C-271/12, BB 2013, 1365) hat der EuGH nunmehr seine Ausführungen zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung im Urteil Pannon Gép präzisiert. Rn. 34 und 35 dieses Urteils lassen jedenfalls für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz den Schluss zu, dass der EuGH tatsächlich die rückwirkende Berichtigung anerkennen wollte (so auch Niedersächsisches FG, Beschluss vom 01.10.2013, 5 V 217/13, EFG 2013, 2049; Prätzler, jurisPR-SteuerR 26/2013 Anm. 5; Grune/AktStR 2013, 467 f.; Streit/Rust, BB 2014, 1239, 1249; Bunjes/Leonard, UStG, 13. Auflage 2013, § 13 Rz. 9a). Denn er verweist auf die Rn. 43 bis 45 des Urteils Pannon Gép und wiederholt die Aussage, dass einem Steuerpflichtigen bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs und Einreichung einer korrigierten Rechnung bei der Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung der Vorsteuerabzug nicht mit Hinweis auf die ursprünglich fehlerhafte Rechnung versagt werden kann. Eine Berichtigung oder Ergänzung von Rechnungsangaben nach diesem Zeitpunkt reicht dagegen nicht aus.

40

Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung scheidet vorliegend jedenfalls im summarischen Verfahren auch nicht deshalb aus, weil die Rechnungsberichtigung auch den Leistungsgegenstand und damit eventuell eine Mindestanforderung an eine Rechnung im Sinn der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 20.07.2012, V B 82/11, BStBl II 2012, 809, ebenso Niedersächsisches FG, Beschluss vom 01.10.2013, 5 V 217/13 EFG 2013, 2049) betrifft. Zumindest für den vorliegenden Fall, in dem der Leistungsgegenstand in der ursprünglichen Rechnung rudimentär umrissen wurde und mit der Rechnungsberichtigung lediglich die ausdrückliche Nennung von Bezugsdokumenten zur Präzisierung nachgeholt wird, ist eine solche Einschränkung nicht geboten. Es handelt sich nicht um einen Fall einer fehlenden Rechnung. Dieses ergibt sich wiederum aus dem EuGH-Urteil Petroma Transports. Berichtigt wurde in diesem Fall gerade die unzureichende Bezeichnung des Leistungsgegenstands im weiteren Sinn. Eine Einschränkung hinsichtlich der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung machte der EuGH indes nicht.

41

Die Rechnungsberichtigung erfolgte vorliegend auch "vor Erlass" der Behördenentscheidung, da das Einspruchsverfahren beim Antragsgegner noch nicht abgeschlossen ist. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen summarische Betrachtung ist das Urteil Petroma Transports des EuGH dahingehend auszulegen, dass zumindest kein Zeitpunkt vor Erlass der Einspruchsentscheidung gemeint ist, da die Behörde bis zu diesem Zeitpunkt als Herrin des Verfahrens die ursprünglichen Rechnungen und Rechnungsberichtigungen auf die Richtigkeit hin überprüfen kann (ebenso Widmann in Schwarz, UStG, § 14 Rz. 156b; weitergehender Sterzinger, UR 2014, 596, 597).

42

c) Nach summarischer Prüfung auf Grundlage der dem Gericht vorliegenden Akten scheidet der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Rechnungen der C entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht deshalb aus, weil es sich um Scheinrechnungen handelt, denen kein tatsächlicher Leistungsaustausch mit dem Rechnungsersteller als Leistenden zugrunde liegt.

43

aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn das andere Unternehmen auch tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat (FG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2012, 2 V 264/12, UStB 2013, 114).

44

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist das Recht der Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems; als integraler Bestandteil ist es grundsätzlich nicht einschränkbar (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 23, 24 m. w. N.). Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und Verhinderung einer betrügerischen oder missbräuchlichen Berufung auf das Unionsrecht können nationale Behörden und Gerichte den Vorsteuerabzug jedoch versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 26; vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 42; vom 6. Dezember 2012, C-285/11, Bonik, DStRE 2013, 199, Rn. 35 bis 37). Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Steuerhinterziehung einbezogen war (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 27; vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 45).

45

Allein der Umstand, dass eine erbrachte Leistung nicht tatsächlich von dem in den Rechnungen angegebenen Leistenden oder dessen Subunternehmern bewirkt worden sein soll, weil diese nicht über das erforderliche Personal sowie die erforderlichen Sachmittel und Vermögenswerte verfügt hätten, die Kosten ihrer Leistung in ihrer Buchführung nicht dokumentiert worden seien oder die Unterschrift der Personen, die bestimmte Dokumente als Leistende unterzeichnet hätten, sich als falsch erwiesen habe, ist für sich genommen nicht ausreichen, um das Abzugsrecht auszuschließen (EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., Rn. 31).

46

Für die Frage, ob der Steuerpflichtige von der Einbeziehung des Umsatzes in eine Steuerhinterziehung hätte wissen müssen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu beachten, dass der Steuerpflichtige bei Anhaltspunkten für Unregelmäßigkeiten nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein kann, über seinen Leistungserbringer Auskünfte einzuholen, um sicherzustellen, dass keine Steuerhinterziehung auf vorhergehenden Umsatzstufen vorliegt. Die Steuerverwaltung kann jedoch vom Steuerpflichtigen nicht verlangen, zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung überhaupt Steuerpflichtiger ist, die fraglichen Gegenstände liefern bzw. die vereinbarte Dienstleistung erbringen konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und der Abführung der Umsatzsteuer nachgekommen ist. Kontrolle der Steuerpflichtigen sowie Aufdeckung und Ahndung von Unregelmäßigkeiten ist vornehmlich Sache der Steuerbehörden. Bei der Beweiswürdigung durch die nationalen Gerichte muss sichergestellt sein, dass nicht indirekt diese Kontrollaufgaben auf die Steuerpflichtigen übertragen werden (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, Rn. 61 ff.).

47

Jedenfalls für den Fall, dass die Anforderungen an den Vorsteuerabzug des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG formal erfüllt sind, weil eine Leistung von einem Unternehmer tatsächlich erbracht wurde und eine formal ordnungsgemäße Rechnung vorliegt, trägt jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Betrachtung bei Anwendung dieser EuGH-Rechtsprechung für die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht der Steuerpflichtige (so aber bisher BFH, Urteil vom 27. Juni 1996, V R 51/93, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007, V R 48/04, BStBl II 2009, 315), sondern das Finanzamt die objektive Feststellungslast; es muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Steuerpflichtige von seiner Einbeziehung in den Umsatzsteuerbetrug gewusst hat bzw. hätte wissen müssen (ebenso FG Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013, 5 V 1934/13 U, EFG 2014, 395) Einen echten "Negativbeweis" dahingehend, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden bzw. die Leistung hatte, muss der Steuerpflichtige nicht erbringen (FG Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013, 5 V 1934/13 U, EFG 2014, 395; Grube, MwStR 2013, 8; Stapperfend, UR 2013, 321).

48

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG jedenfalls rein formal erfüllt. Unstreitig wurde die bestellte Produktionshalle errichtet. Anhand des dem Gericht vorliegenden mit der C geschlossenen Bauvertrags, dem Vertragsangebot und sonstiger Unterlagen ist bei summarischer Prüfung festzustellen, dass diese durch die C als Unternehmerin errichtet wurde, selbst wenn die C nur als Strohmann für den dahinter stehenden Bauunternehmer D fungiert haben sollte. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der nicht selbst als Berechtigter oder Verpflichteter in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der Strohmann aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dementsprechend sind auch diesem die Leistungen zuzurechnen, die der so genannte Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011, V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; vom 7. Juli 2005, V R 60/03, BFH/NV 2006, 139). Entsprechende - berichtigte - Rechnungen der C liegen vor.

49

Zwar ergeben sich bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung des in Auszügen eingereichten Steuerfahndungsberichts Anhaltspunkte dafür, dass der Bauunternehmer D die C lediglich zur Fakturierung zwischen sich und die Antragstellerin geschaltet hat, um der Antragstellerin durch die Rechnungserteilung den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, die Abführung der geschuldeten Umsatzsteuer an den Antragsgegner aber zu vermeiden, sowie durch den Einsatz von Scheinfirmen als Subunternehmer Schwarzarbeit zu verdecken und dennoch Betriebsausgaben und Vorsteuern zu generieren.

50

Jedoch ist im summarischen Verfahren unter Berücksichtigung der dargestellten Regelungen zur Feststellungslast ernstlich zweifelhaft, dass die Antragstellerin von dieser Vorgehensweise wusste bzw. hätte wissen müssen.

51

Soweit der Antragsgegner vorträgt, die Antragstellerin hätte schon deswegen Nachforschungen anstellen müssen, weil über das Bauvorhaben immer nur mit dem Bauunternehmer D und nicht mit der A bzw. C verhandelt und die C nur zur Durchführung dieses einen Bauvorhabens gegründet worden sei, so ist dem nicht zu folgen. Nach den eigenen Ausführungen der Steuerfahndung ist davon auszugehen, dass der Bauunternehmer D mit entsprechenden Generalvollmachten ausgestattet war. Zudem ist die Zwischenschaltung einer GmbH zwecks Haftungsabschirmung auch für nur ein Bauvorhaben und ohne große Personalausstattung nicht so ungewöhnlich, dass Nachforschungen geboten sind, zumal der Geschäftsführer der Antragstellerin mit dem für die Gesellschaft handelnden Bauunternehmer bereits in einem vergangenen Bauprojekt offenbar gute Erfahrung gemacht hatte.

52

Die ernstlichen Zweifel an der Kenntnis der Antragstellerin konnte der Antragsgegner auch nicht durch Vorlage des Steuerfahndungsberichts ausräumen. In diesem wird zwar dargestellt, dass - nach der Steuerfahndung vorliegenden Aufzeichnungen und Vertragsvereinbarungen - der Bauunternehmer D persönlich bereits im März 2011 den Auftrag beim Geschäftsführer der Antragstellerin akquiriert und mit diesem bereits am ... 2011 den eigentlichen Bauvertrag abschlossen habe und die anderen Verträge mit der A und der C nur zum Schein aufgesetzt worden seien. Dabei habe es im Fall der C sogar zwei unterschiedliche Fassungen gegeben. Aus weiteren handschriftlichen Aufzeichnungen des Geschäftsführers der Antragstellerin und Abrechnungsunterlagen ergebe sich zudem, dass die tatsächlich vereinbarten Baukosten weit hinter den zum Schein vereinbarten Beträgen zurück blieben. Ob dieser Vortrag zutreffend ist und damit für ein kollusives Zusammenwirken des Geschäftsführers der Antragstellerin mit dem Bauunternehmer D spricht, ist für das Gericht mangels Vorlage dieser Aufzeichnungen jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Im summarischen Verfahren geht dies zu Lasten des Antragsgegners.

53

Soweit sich der Antragsgegner auf das Zeugnis der Steuerfahndungsprüferin E beruft, hätte es der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung bedurft, weil die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nur auf Grundlage des durch präsente Beweismittel belegten Sachverhalts ergeht.

54

2. Eine - weitergehende - Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte ist nicht geboten.

55

Eine unbillige Härte kann vorliegen, wenn der Antragstellerin durch die Zahlung Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wiedergutzumachen wären oder wenn durch die Vollziehung die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin gefährdet würde (vgl. BFH-Beschluss vom 02.04.2009, II B 157/08, BFH/NV 2009, 1146). Beides hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan. Allein der Verweis auf die der Antragstellerin gewährten Finanzierung der Baukosten, welche nur die Nettokosten umfasse, ist unzureichend.

56

3. Da die Antragstellerin nur teilweise obsiegt hat, waren die Kosten verhältnismäßig zu teilen, § 136 Abs. 1 FGO. Obwohl die Antragstellerin berichtigte Rechnungen erst im gerichtlichen Verfahren eingereicht hat, waren ihr die Kosten dennoch nicht nach § 137 FGO vollständig aufzuerlegen. Die ggf. verspätete Handlung der Antragstellerin war nicht kausal für die Kosten. Der Antragsgegner hat seine ablehnende Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung zusätzlich zu den formellen Mängeln der Rechnungen darauf gestützt, dass es sich vollumfänglich um Scheingeschäfte handelte. Selbst bei Vorlage berichtigter Rechnungen im Verwaltungsverfahren war damit nicht mit einer stattgebenden Entscheidung zu rechnen.

57

4. Die Beschwerde war nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung zuzulassen.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Gründe

I.

1

Antragssteller (Ast) und Antragsgegner (Ag) streiten darüber, ob die der Ast von ihren Subunternehmern in Rechnung gestellten Bauleistungen zum Betriebsausgabenabzug berechtigen.

2

Die Ast sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 2007 bis 2009 zunächst erklärungsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ast'in betrieb bis zum 31.12.2010 ein Einzelunternehmen für Maurer- und Betonbauerhandwerk. Für die Streitjahre wurde sie zunächst erklärungsgemäß zur Gewerbesteuer veranlagt. Alle Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

3

In der Zeit vom 18.05.2011 bis zum 06.12.2011 führte der Ag eine Außenprüfung bei der Ast durch. Anhand der von der Ast'in vorgelegten Rechnungen und Quittungen wurde festgestellt, dass die Ast'in die von ihr geschuldeten Bauleistungen überwiegend durch Subunternehmer ausführen ließ. Insgesamt lagen für die Streitjahre Rechnungen von 21 Subunternehmern - acht Gesellschaften sowie 13 Einzelunternehmern - für an die Ast erbrachte Bauleistungen wie folgt vor:

4
        

2007   

2008   

2009   

A GmbH

 19.291,80 €

                 

B ... GmbH

 310.518,36 €

  134.360,09 €

        

C GmbH

 69.684,74 €

                 

D Bau GmbH

        

 138.921,14 €

  269.649,09 €

E Bau GmbH

        

 90.198,10 €

        

F ... GmbH

                 

 160.040,18 €

G ...GmbH

                 

 21.700,00 €

H Bau GmbH

                 

 187.214,71 €

gesamt

 401.501,90 €

 363.479,33 €

 638.603,98 €

                                   

Einzelunternehmen (gesamt)

 18.434,92 €

 143.837,41 €

 403.483,70 €

5

Diese Bauleistungen wurden ganz überwiegend von der Ast'in bar bezahlt. Nachdem die Ast geforderte weitere Nachweise über die tatsächliche Bauausführung durch ihre Subunternehmer - Werkverträge, Stundenzetteln und Abnahmeprotokolle - nicht erbracht hatte, erging am 04.11.2011 ein Benennungsverlangen gemäß § 160 AO, die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen für die von den Gesellschaften erbrachten Subunternehmerleistungen zu benennen. Die Ast'in erklärte daraufhin, Verträge nur mündlich geschlossen zu haben. Abnahmeprotokolle seien nicht erstellt worden und Stundenzettel bzgl. der bezogenen Eingangsleistungen nicht vorhanden, da im Akkord gearbeitet worden sei. Empfänger ihrer Zahlungen seien die auf den Quittungen genannten Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaften gewesen.

6

Die Bp kam zu dem Ergebnis, dass die Ast'in im Rahmen des Benennungsverlangen nicht die wahren Empfänger ihrer Zahlungen benannte habe, es sich bei den Rechnungen vielmehr um Scheinrechnungen handele und verweigerte mit Hinweis auf § 160 AO den Betriebsausgabenabzug für die von den Gesellschaften bezogenen Eingangsleistungen. Der Abzug der Betriebsausgaben bzgl. der durch die Einzelunternehmer erbrachten Eingangsleistungen blieb unangetastet. Neben der auch für die Baubranche unüblichen fehlenden Dokumentation der tatsächlichen Bauausführung seien umfangreichen Barzahlungen erfolgt. Zu den einzelnen Gesellschaften wurden zudem folgende Feststellungen getroffen:

7

Hinsichtlich der A GmbH (A GmbH) wiesen alle Rechnungen einen Geschäftsführer aus, der zu keinem Zeitpunkt als solcher im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Die A GmbH sei an einem Bauprojekt beteiligt gewesen, bei dem die Ast lediglich 61.131 kg Stahlverlegearbeiten gegenüber ihrem Auftraggeber abgerechnet, jedoch Eingangsleistungen über 111.877 kg bezogen habe, was den Leistungsbezug insgesamt unglaubhaft mache. Bei den Unterschriften auf den Quittungen über die Barzahlungen handele es sich zudem nicht um die Unterschrift des im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers, dem die Ast'in aber das Bargeld ausgehändigt haben wolle.

8

Bei der B ... GmbH (B GmbH) seien von den in Rechnung gestellten 340.052,83 € lediglich 53.253,09 € überwiesen, der Rest in bar beglichen worden. Ein Großteil der Rechnungen sei vom Steuerberater der Ast'in erst nachträglich am Jahresende verbucht worden. Teilweise wiesen die Rechnungen einen Geschäftsführer der B GmbH aus, der bereits nicht mehr im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Datum und Rechnungsnummer seien so vergeben worden, dass die Rechnungen nicht fortlaufend nummeriert worden seien, was für nachträglich erstellte Rechnungen spreche. Anfang 2008 seien die Gesellschaftsanteile an der B GmbH veräußert worden. Die neuen Gesellschafter und Geschäftsführer hätten bei Befragungen erklärt, mit der B GmbH nicht aktiv tätig gewesen zu sein. Dann könne die Ast auch keine Leistungen von der B bezogen haben.

9

Von der C GmbH (C GmbH) existierten zwei Rechnungstranchen mit unterschiedlichen Rechnungsnummernsystemen und unterschiedlichen Firmenstempeln. Alle Rechnungen seien bar bezahlt worden. Die Quittungen würden unterschiedliche Unterschriften aufweisen, obwohl das Bargeld immer an die Geschäftsführerin übergeben worden sein solle. Die Geschäftsführerin habe zudem zu einem Zeitpunkt den Erhalt von Geldern quittiert, zu dem sie bereits als Geschäftsführerin abberufen war. Auch sei die C GmbH an drei Bauvorhaben beteiligt gewesen, bei denen die Ast'in ihren Auftraggebern deutlich weniger Stahlverlegearbeiten (kg) in Rechnung gestellt habe, als sie Eingangsleistungen bezogen haben wolle.

10

Bei der D Bau GmbH (D GmbH) wiesen die Rechnungen teilweise eine bereits abberufene Geschäftsführerin aus. 172.730,04 € hätten bar gezahlt worden sein sollen. Die Geschäftsführerin solle auch nach Abberufung den Erhalt von Geldern quittiert haben. Dabei seien die Unterschriften auf den Quittungen nicht identisch mit den notariell beglaubigten Unterschriften auf den Handelsregisteranmeldungen. Auch habe die Geschäftsführerin in einer Befragung bestritten, nach ihrer Abberufung irgendwelche Unterschriften für die D GmbH geleistet zu haben. Teilweise seien von der D GmbH bzgl. bestimmter Projekte über Zeiträume abgerechnet worden, die nach der Schlussrechnungsstellung über das Projekt durch die Ast'in lägen. Auch habe der bereits strafrechtlich belangte J gegenüber dem Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen erklärt, dass die D GmbH als sogenannte "Servicefirma" lediglich Scheinrechnungen in Dienstleistungsketten ausgestellt habe.

11

Die E Bau GmbH (E GmbH) habe wie die D GmbH teilweise über Zeiträume abgerechnet, die nach der Schlussrechnungsstellung über das jeweilige Projekt durch die Ast'in gelegen hätten. Alle Rechnungsbeträge seien bar vereinnahmt worden. Für den Rechnungszeitraum sei J Geschäftsführer der E GmbH gewesen. Nach den Feststellungen des Landgerichts ... im Strafverfahren gegen J (Az. ...) sei erwiesen, dass die E GmbH als wirtschaftlich nicht tätiges Unternehmen lediglich Scheinrechnungen ausgestellt habe.

12

Mit Rechnungen der F ... GmbH (F GmbH) sei teilweise über Bauleistungen abgerechnet worden, bei denen die Ast'in mehr für ihre Eingangsleistungen bezahlt habe als sie selbst als Ausgangsleistung in Rechnung gestellt habe. Die gesamten Rechnungsbeträge von über 160.000 € seien bar bezahlt worden. Auf einer Rechnung sei ein Geschäftsführer ausgewiesen, der bereits abberufen gewesen sei. Der Geschäftsführer habe zudem in einer Befragung ausgesagt, niemals in der Form - wie auf einigen Rechnungen und Quittungen ersichtlich - unterschrieben zu haben. Außerdem habe die F GmbH lediglich einen Auftraggeber - nicht die Ast'in - gehabt.

13

Bei der G ... GmbH (G GmbH) handele es sich nach der Aussage des J gegenüber dem Finanzamt für Prüfdienste und Strafsachen um eine inaktive Servicegesellschaft, die lediglich Scheinrechnungen ausgestellt habe.

14

Bei der H Bau GmbH (H GmbH) sei ausweislich der Feststellungen des Landgerichts ... in dem Verfahren gegen J (Az. ...) dieser faktischer Geschäftsführer einer Servicegesellschaft und die im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer nur Strohleute gewesen. Deren Unterschriften unter Rechnungen und Quittungen seien nicht mit den amtlich beglaubigten Unterschriften aus der Handelsregisteranmeldung identisch. Auch seien alle Rechnungen der H GmbH dem Steuerberater der Ast'in auf einmal am Jahresende zur Verbuchung vorgelegt worden.

15

Wegen der weiteren Feststellungen der Betriebsprüfung wird auf den Prüfungsbericht vom 09.12.2011 verwiesen.

16

Auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen wurde mit Verweis auf § 160 AO der Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2007 um 399.494,90 € auf 511.849,62 €; für 2008 um 339.327,78 € auf 476.499,06 € und für 2009 um 614.452,43 € auf 692.293,57 € erhöht. Am 13.02.2012 ergingen für die Streitjahre insoweit geänderte Bescheide u. a. über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag.

17

Gegen diese Bescheide richteten sich die Einsprüche der Ast - mit gleichzeitigem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) - vom 10.03.2012. Zur Begründung führten sie aus, dass alle in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbracht worden seien. Der Ag könne sich nicht auf § 160 AO berufen. Da alle Subunternehmer, deren Eingangsleistungen streitig seien, der Ast'in eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgelegt hätten, sei ein Benennungsverlangen nach § 160 AO aufgrund der § 48 b Abs. 5 i. V. m § 48 Abs. 4 EStG ausgeschlossen und damit rechtswidrig. Der Ag könne nicht zunächst bestimmten Unternehmen eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EStG erteilen und damit deren steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigen und sodann gegenüber der Ast'in darauf verweisen, dass sich diese Unternehmen steuerlich unredlich verhielten. Im Übrigen seien mit den Geschäftsführern der einzelnen Gesellschaften auch die tatsächlichen Zahlungsempfänger benannt worden.

18

Mit Bescheid vom 23.3.2012 gewährte der Ag die beantragte AdV befristet bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung.

19

Während des Einspruchsverfahrens beanstandete der Ag auch den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der von den Einzelunternehmern der Ast'in in Rechnung gestellten Leistungen und kündigte unter Androhung der Verböserung der Bescheide (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO) an, auch diese Betriebsausgaben nicht mehr zum Abzug zuzulassen. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass diesen tatsächlich erbrachte Leistungen zugrunde liegen würden. Am 23.09.2013 forderte der Ag die Ast'in zudem auf, hinsichtlich der bezogenen Bauleistungen von zehn Einzelunternehmern die Zahlungsempfänger zu benennen. Die Ast trugen daraufhin vor, sich nicht mehr im Einspruchsverfahren äußern zu wollen. Das Benennungsverlangen des Ag sei rechtswidrig, die Zahlungsempfänger mit den Namen der Einzelunternehmer hinreichend benannt.

20

Am 17.10.2013 wies der Ag die Einsprüche der Ast zurück und änderte zugleich die streitbefangenen Bescheide zum Nachteil der Ast dergestalt, dass auch die von zehn Einzelunternehmern in Rechnung gestellten Bauleistungen nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen wurden. So wurde der Gewinn für die Streitjahre um nicht abziehbare Betriebsausgaben in Höhe von 18.434,92 € auf 530.284,54 € (2007); in Höhe von 163.824,23 € auf 640.323,29 € (2008) und in Höhe von 361.908,18 € auf 1.054.201,75 € (2009) erhöht. Die Bezahlung in bar, die fehlende Dokumentation der Leistungserbringung (Werkverträge, Abnahmeprotokolle, Stundenzettel) würden auch bei den Einzelunternehmern gegen eine tatsächliche Leistungserbringung sprechen. Zudem wiesen Rechnungen der Einzelunternehmer Mängel auf, die einen tatsächlichen Leistungsbezug zweifelhaft erscheinen ließen. Auch hätten einige der Einzelunternehmer Leistungen in einem Umfang erbracht, den sie ihrerseits nicht ohne Subunternehmer hätten bewältigen können. Als Subunternehmer hätten sie sich wiederum gegenseitig beschäftigt, was für eine Dienstleistungskette ohne tatsächlich erbrachte Leistung spreche. Das Benennungsverlangen nach § 160 AO sei rechtmäßig. Die vorgelegten Freistellungsbescheinigungen der Subunternehmer seien unerheblich. Die Sperrwirkung § 48 b Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG greife nicht, da tatsächlich keinerlei Bauleistungen vorgelegen hätten.

21

Die Ast haben am 11.11.2013 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (2 K 278/13).

22

Am 12.11.2013 beantragten die Ast beim Ag, die sich aufgrund der verbösernden Einspruchsentscheidung ergebenden weiteren Einkommen- und Gewerbesteuerbeträge von der Vollziehung auszusetzen. Auch das Benennungsverlangen hinsichtlich der Einzelunternehmer sei aufgrund der vorgelegten Freistellungsbescheinigungen rechtswidrig. Unstreitig seien Bauleistungen erbracht worden, die Bauwerke seien für jedermann zu sehen. § 48 b Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 4 Nr. 1 EStG sei daher vom Ag missachtet worden.

23

Mit Bescheiden vom 05.12.2013 setzte der Ag die Vollziehung insoweit aus, als die zu zahlenden Steuern auf dem versagten Betriebsausgabenabzug für die von den Einzelunternehmern bezogenen Leistungen beruhten. Er lehnte die AdV jedoch im Hinblick auf die nicht anerkannten Betriebsausgaben für die durch die Gesellschaften in Rechnung gestellten Eingangsleistungen ab.

24

Am 04.01.2014 haben die Ast unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen bei Gericht vollumfänglich AdV der Einkommen- und Gewerbesteuermessbescheide 2007 bis 2009 beantragt.

25

Die Ast beantragen sinngemäß,

26

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 13.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 um weitere 131.661,00 € auszusetzen,

27

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2008 vom 13.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 um weitere 95.350,00 € auszusetzen,

28

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2009 vom 13.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 um weitere 177.721,00 € auszusetzen.

29

Die Ast'in zu 2. beantragt sinngemäß,

30

die Vollziehung des Bescheids für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 20.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 in Höhe von weiteren 19.975,00 € auszusetzen,

31

die Vollziehung des Bescheids für 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 20.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 in Höhe von weiteren 11.623,00 € auszusetzen,

32

die Vollziehung des Bescheids für 2009 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 20.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2013 in Höhe von weiteren 21.256,00 € auszusetzen.

33

Der Ag beantragt,

34

die Anträge abzulehnen.

35

Neben der Rechtmäßigkeit des Benennungsverlangens nach § 160 AO, dem die Ast'in nicht nachgekommen sei, sei der Betriebsausgabenabzug bereits aufgrund der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln zu versagen. Die darlegungs- und beweisbelastete Ast'in hätte nicht nachgewiesen, dass die in Rechnung gestellten Leistungen auch tatsächlich von den Rechnungserstellern erbracht worden seien, wie dies aber im Rahmen des § 4 Abs. 4 EStG zu fordern sei.

36

Dem Gericht haben die Einkommensteuerakte (Bd. I), die Gewerbesteuerakte (Bd. I), die Bilanzakte, die Umsatzsteuerakte, die Akte Allgemeines, die Rechtsbehelfsakten zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer und AdV (7 Bände) sowie die Bp-Arbeitsakte (Bd. I bis V) vorgelegen.

II.

37

Der Antrag auf AdV ist zulässig, aber unbegründet.

38

1. Der Antrag wird dahingehend ausgelegt, dass die Ast die AdV nur bezüglich der Einkommensteuerbescheide und - die Ast'in - bzgl. der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag als Grundlagenbescheide beantragen und nicht auch bezüglich der Zinsbescheide, der Bescheide über den Solidaritätszuschlag oder der Gewerbesteuerbescheide, die lediglich Folgebescheide darstellen.

39

2. Der so ausgelegte Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllt. Danach ist ein gerichtlicher Aussetzungsantrag grundsätzlich nur zulässig, wenn die Behörde zuvor einen Antrag auf AdV ganz oder zum Teil abgelehnt hat.

40

Auf Antrag der Ast gewährte der Ag zunächst AdV in dem Umfang, als Eingangsleistungen der Gesellschaften als Subunternehmer nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen wurden. Noch vor Ablauf der Befristung der AdV nach ergangener Einspruchsentscheidung beantragten die Ast auch hinsichtlich des verbösernden Teils - Betriebsausgabenabzug bzgl. der Einzelunternehmerleistungen - AdV. In diesem Antrag ist zugleich das Begehren enthalten, hinsichtlich aller steuererhöhenden Feststellungen AdV zu erlangen. Über dieses Begehren hat der Ag vollumfänglich dergestalt entschieden, dass er in Abkehr der ursprünglichen AdV-Gewährung die Vollziehung nicht mehr im Hinblick auf Bauleistungen der Gesellschaften, sondern nur noch bzgl. der Bauleistungen der Einzelunternehmer gewährt hat.

41

3. a) Der Antrag auf AdV ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine gerichtliche AdV nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 bis 6 FGO sind nicht erfüllt.

42

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tatsachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatsachen oder eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (z. B. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 27.10.2000, VIII B 77/00, BStBl. II 2000, 16). Der Erfolg des Rechtsbehelfs muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Tz. 89). Dabei tritt in dem summarischen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Interesse einer Beschleunigung und mit Rücksicht auf die vorläufige Natur der im Verfahren der AdV zu treffenden Entscheidung der sonst das finanzgerichtliche Verfahren beherrschende Untersuchungsgrundsatz zurück. Der Entscheidung über die AdV können mithin in der Regel nur solche Tatsachen zugrunde gelegt werden, die sich aus dem angefochtenen Verwaltungsakt oder dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beteiligten ergeben. (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Tz. 122).

43

b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung anhand der präsenten Beweismittel nicht.

44

aa) Im Streitfall setzen ernstliche Zweifel an den angefochtenen Bescheiden voraus, dass eine Ungewissheit darüber besteht, ob bei der Ermittlung des Gewinns der Ast'in aus ihrer gewerblichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Baugewerbes auch die von den Gesellschaften in Rechnung gestellten Bauleistungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Dabei kann es für das summarische Verfahren dahinstehen, ob der Ag auf Grundlage eines rechtmäßigen Benennungsverlangens nach § 160 AO, dem die Ast gegebenenfalls nicht hinreichend nachgekommen ist, den Betriebsausgabenabzug versagt hat.

45

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit scheiden bereits nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast im Hinblick auf den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG aus. Die grundsätzliche Prüfung eines Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 4 EStG ist nicht durch ein Benennungsverlangen nach § 160 AO gesperrt. Ein Betriebsausgabenabzug ist überhaupt nur möglich, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 EStG vorliegen. Liegen diese bereits nicht vor, kommt es auf die Rechtmäßigkeit eines Benennungsverlangens nach § 160 AO nicht mehr an (vgl. BFH, Beschluss vom 18.09.2013, X B 257/12, BFH/NV 2014, 3 f.)

46

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind auch im Aussetzungsverfahren die Regeln über die Verteilung der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu beachten (vgl. BFH, Beschlüsse vom 24.05.1993, V B 33/93, BFH/NV 1994, 133; vom 26.08.2004, V B 243/03, BFH/NV 2005, 43). Die objektive Beweislast für das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des Betriebsausgabenabzugs trägt der den Betriebsausgabenabzug begehrende Steuerpflichtige. Dies entspricht dem im Steuerrecht allgemein geltenden Grundsatz, dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast für alle steuerbefreienden oder steuermindernden Tatsachen trägt. Weil für den Betriebsausgabenabzug die Beweislastgrundsätze im Hauptsacheverfahren und im Aussetzungsverfahren übereinstimmen, führen Zweifel, die sich im Hauptsacheverfahren nach Beweislastgrundsätzen zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken, regelmäßig auch im Aussetzungsverfahren nicht zum Erfolg. Demzufolge ist es Sache der Antragsteller, die entscheidungserheblichen Tatsachen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i. V. m. § 294 ZPO). Die gebotene Berücksichtigung der objektiven Beweislast führt allerdings nicht generell dazu, im Aussetzungsverfahren ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verweigerung des Betriebsausgabenabzugs zu verneinen. Entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalles und das Gewicht der Gründe, die Anlass zum Zweifel geben. Dementsprechend kann je nach der gegebenen Sachlage eine AdV gerechtfertigt oder abzulehnen sein (vgl. FG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2012, 1 V 1652/12 A (E), juris).

47

Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (BFH, Beschluss vom 04.07.1990, GrS 2-3/88, BStBl. II 1990, 817 m. w. N.). Der objektive Zusammenhang einer Aufwendung mit dem Betrieb wird regelmäßig dadurch begründet, dass die Leistung, die die Zahlung entgilt, dem Betrieb förderlich ist. Allein die Tatsache, dass eine Leistung dem Betrieb in Rechnung gestellt wird, reicht hingegen für die betriebliche Veranlassung nicht aus. Die Leistung muss auch tatsächlich von dem Rechnungsaussteller erbracht worden sein (BFH, Beschluss vom 06.10.1993, VIII B 122/92, BFH/NV 1994, 173).

48

bb) Nach diesen Grundsätzen ist nach summarischer Prüfung auf Grundlage der vorliegenden Akten zweifelhaft, dass die von den Gesellschaften in Rechnung gestellten Bauleistungen tatsächlich von diesen ausgeführt worden sind. Dem Gericht liegen als Nachweis der tatsächlichen Leistungserbringung lediglich Rechnungskopien sowie Quittungen über erhaltene Barzahlungen vor. Das Gericht teilt insoweit die vom Ag geäußerten generellen Zweifel bzgl. aller Gesellschaften im Hinblick auf die nahezu ausschließlichen Barzahlungen der Ast'in, die fehlenden Werkverträge und die nicht vorhandene sonstige Leistungsdokumentation.

49

Bargeschäfte in Höhe mehrerer Zehntausend Euro im Gesamtvolumen von über einer Millionen Euro, wie sie die Ast'in getätigt haben will, sind im gewöhnlichen Geschäftsverkehr die absolute Ausnahme. Dies gilt auch in der Baubranche. Zudem war auf den Rechnungen eine Kontonummer angegeben, so dass auch vor diesem Hintergrund eine Barzahlung nicht notwendig erscheint. Oftmals erfolgten zudem Rechnungserstellung und Zahlung an einem Tag, zumeist über ungerade Beträge (z. B. Rechnung der B GmbH und Quittung vom 30.08.2007 über 4.399,35 €,). Es ist wenig glaubhaft, dass ein Auftraggeber solche Beträge bei Rechnungsaushändigung passend in bar begleichen kann. Nach Aktenlage lässt dies einen tatsächlichen Leistungsbezug vom Rechnungsaussteller zweifelhaft erscheinen.

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Gegen einen Leistungsbezug von den Rechnungsausstellern spricht auch maßgeblich, dass Verträge über die Bauausführung nicht vorgelegt werden konnten, da sie mündlich geschlossen worden seien; zudem waren Dokumentationen über die Bauausführung nicht vorhanden. Auch dies ist im allgemeinen Geschäftsverkehr - auch in der Baubranche - unüblich. Dem Gericht erschließt sich insoweit nicht, wie die Ast'in ohne schriftlich fixiertes Aufmaß zur Leistungsbeschreibung der von ihren Subunternehmern geforderten Leistungen, ohne Stundenzettel und ohne Abnahmeprotokolle den Leistungsumfang ihrer Subunternehmer definiert, überwacht und abgerechnet haben will. Ohne eine solche Dokumentation können auch kaum Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden. Ebenso wenig konnte die Ast'in ohne eine solche Dokumentation die eingereichten Rechnungen auf Richtigkeit hin überprüfen, wenn ihr z. B. das Verlegen von 29,329 Tonnen Rundstahl in Rechnung gestellt wurde (z. B. Rechnung der B und Quittung vom 30.08.2007). Dies gilt umso mehr, als die Ast'in gegenüber ihren Auftraggebern teilweise unter Einreichung von Stundenzetteln, in denen auch ihre Subunternehmer benannt sind, abgerechnet hat.

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Diese Zweifel des Gerichts werden zudem durch die detaillierten und in sich schlüssigen Einzelfeststellungen des Ag zu den jeweiligen Gesellschaften verstärkt:

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Die Unstimmigkeiten in den dem Gericht vorliegenden Rechnungs- und Quittungskopien sprechen bei summarischer Prüfung gegen tatsächlich ausgeführte Bauleistungen. So ist nicht einsichtig, warum Rechnungen einiger der Gesellschaften Geschäftsführer ausweisen, die niemals oder nicht mehr als solche im Handelsregister eingetragen sind. Auch lassen Unterschriften von Geschäftsführern auf Quittungen und Rechnungen, die bereits abberufen wurden, Zweifel an der Richtigkeit der in Rechnung gestellten Leistungen aufkommen. Gleiches gilt für Rechnungen, die keine fortlaufende Datierung bzw. Nummerierung aufweisen, bzw. graphisch unterschiedlich gestaltet sind und unterschiedliche Rechnungsnummernsysteme und Firmenstempel enthalten und teilweise erst am Ende des Jahres auf einmal in der Buchhaltung der Ast erfasst wurden.

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Zweifel an einer tatsächlichen Leistungserbringung werden auch durch die Feststellungen der Ag bestärkt, dass die Ast'in bei einigen Projekten weit mehr Eingangsleistungen für einzelne Bauvorhaben bezogen haben will, als sie selbst ihren Auftraggebern berechnet hat. Wirtschaftlich nachvollziehbare Gründe gibt es dafür nicht. Gleiches gilt für Eingangsleistungen für ein Projekt, mit denen die Ast'in einen Verlust erwirtschaftete und für Eingangsrechnungen der Subunternehmer für Leistungszeiträume, die nach Schlussrechnungserstellung durch die Ast'in liegen. Die Ast'in hat sich lediglich zu dem Verlust-Projekt geäußert und darauf verwiesen, dass sich in einem schwierigen Marktumfeld einige Projekte nur mit Verlust realisieren lassen. Konkrete Angaben, warum dies für das in Rede stehende Projekt der Fall gewesen sein soll, blieb die Ast'in schuldig, so dass Zweifel insoweit weiterhin bestehen.

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Auch die Feststellungen des Landgerichts ... im Strafverfahren gegen den (faktischen) Geschäftsführer der E GmbH und der H GmbH, J, bestärken Zweifel an einer tatsächlichen Leistungserbringung durch diese Gesellschaften. Das Landgericht ... gelangte in seinem Urteil auf Grundlage des Geständnisses des J zu der Überzeugung, dass es sich bei den genannten Gesellschaften lediglich um wirtschaftlich nicht oder wenig aktive Servicegesellschaften handele, die vornehmlich Scheinrechnungen ausstellten.

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Gleiches gilt für die D GmbH und die G GmbH aufgrund zweier in den Akten des Ag befindlichen Protokolle einer Aussage des J gegenüber dem Finanzamt für Prüfdienste und Strafsachen. Danach bestand in der Baubranche ein etabliertes Netz an Servicefirmen. Die D GmbH und die G GmbH seien reine Servicegesellschaften, die einzig Scheinrechnungen verkauften. Jedenfalls nach Aktenlage im Rahmen der summarischen Prüfung bestehen daher Bedenken an einem tatsächlichen Leistungsbezug der Ast'in von diesen Gesellschaften.

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Diese Zweifel haben die Ast nicht erschüttern können. Sie haben sich lediglich pauschal darauf berufen, dass die angeforderten Unterlagen zur tatsächlichen Leistungserbringung nicht vorgelegt werden könnten, man jedoch an den fertig gestellten Objekten erkennen könne, dass tatsächlich Leistungen erbracht worden seien. Diese pauschalen Aussagen sind angesichts der detaillierten Feststellungen der Betriebsprüfung und der dargestellten Ungereimtheiten nicht dazu geeignet, einen tatsächlichen Leistungsbezug von den Gesellschaften annehmen zu können.

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c) Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung der Bescheide für die Ast eine unbillige Härte zur Folge haben könnte, sind nicht geltend gemacht worden und aus den Akten nicht ersichtlich.

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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.