Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 18. Sept. 2014 - 1 K 1422/11

ECLI:ECLI:DE:FGST:2014:0918.1K1422.11.0A
bei uns veröffentlicht am18.09.2014

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine für Zwecke der Investitionszulage erteilte verbindliche Auskunft aufgehoben werden durfte.

2

Die Klägerin ist im Bereich der Produktion von Biogas tätig. Sie beabsichtigte in A. einen Betrieb für die Produktion von Bioerdgas zu errichten, in dem durch ein biochemisches Verfahren Methangas mit einem Gehalt an CH4 von über 96% (Bioerdgas) hergestellt werden soll.

3

Mit verschiedenen Schreiben, zuletzt vom 15. Oktober 2009 stellte die Klägerin beim Beklagten Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 Abgabenordnung (AO), ob die geplante Gasproduktion als produzierendes bzw. verarbeitendes Gewerbe den Kennziffern 15 bis 37 der einschlägigen Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) zuzuordnen und damit nach dem Investitionszulagengesetz (InvZulG) 2010 investitionszulagenbegünstigt ist.

4

Die Oberfinanzdirektion (OFD) kontaktierte zu dieser Frage das Statistische Bundesamt, nach dessen Auskunft vom 13. Oktober 2009 die Herstellung von Methangas mit einem CH4-Gehalt von mehr als 96% der Unterklasse 19.20.0 der WZ 2008 - Mineralölverarbeitung - zuzuordnen ist (zugehörig zu Abschnitt C - Verarbeitendes Gewerbe).

5

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2009 erteilte der Beklagte daher die verbindliche Auskunft, dass im Hinblick auf die Einordnung des Betriebes der Klägerin durch das Statistische Bundesamt in die Unterklasse 19.20.0 der WZ 2008 - Mineralölverarbeitung - bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen das geplante Erstinvestitionsvorhaben für die Kalenderjahre 2010 und 2011 nach dem Investitionszulagengesetz 2010 förderfähig ist. Zur Bindungswirkung verwies er auf Tz. 3.6ff. des BMF-Schreibens vom 11. Dezember 2007 (BStBl I 2007, 830).

6

Mit weiterem Schreiben des Statistischen Bundesamtes an die OFD vom 12. November 2009 teilte dieses mit, dass der Sachverhalt erneut gründlich geprüft worden und die bisherige Einordnung zu korrigieren sei. Aufgrund der Bezeichnung des Wirtschaftszweigs in Unterklasse 19.20.0 WZ 2008 sowie den Erläuterungen zu dieser, wonach explizit auf die Herstellung von flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen aus Rohöl, bituminösen Mineralien und deren Fraktionierungsprodukten abgestellt werde, also auf Tätigkeiten von Raffinerien, könne die Tätigkeit der Klägerin nicht hierunter gefasst werden, sondern diese gehöre vielmehr zur Unterklasse 35.21.3 der WZ 2008 - Gaserzeugung - (zugehörig zu Abschnitt D - Energieversorgung).

7

Mit Bescheid vom 17. November 2009, zugestellt am 19. November 2009, teilte der Beklagte der Klägerin das Ergebnis der Überprüfung durch das Statistische Bundesamt mit und hob die verbindliche Auskunft gemäß § 2 Abs. 3 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) vom 30. November 2007 (BGBl I 2783) mit Wirkung für die Zukunft auf. Der Beklagte erläuterte, dass dies notwendig sei, um die gesetzliche Vorgabe umzusetzen, dass nur die Steuerpflichtigen Investitionszulage erhielten, die hierauf einen Anspruch hätten.

8

Am 8. Dezember 2009 legte die Klägerin dagegen Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 4. November 2011 zurückgewiesen wurde. In der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte aus, dass dem Vertrauensschutz ausreichend Rechnung getragen worden sei, weil eine Aufhebung lediglich für die Zukunft erfolgt sei. Im Hinblick auf die im Zeitraum des Bestands der Auskunft vom 28. Oktober bis 19. November 2009 von der Klägerin getätigten Dispositionen, nämlich den am 3. November 2009 abgeschlossenen Rahmenvertrag, überwiege nicht das Vertrauen der Klägerin, weil der Vertrag nicht anzuerkennen sei, da bei Vertragsschluss kein Betriebsgrundstück vorhanden gewesen sei und verschiedene Genehmigungen (Entwurfs- und Genehmigungsplanung, Baugenehmigung, u.a.) noch nicht vorgelegen hätten, und weil hierdurch keine Bestellung i.S.d. Investitionszulagenrechts erfolgt sei, da Wirtschaftsgüter nicht konkret benannt worden seien.

9

Am 2. Dezember 2011 ist Klage erhoben worden.

10

Die Klägerin meint, der Widerruf der verbindlichen Auskunft sei gemäß § 91 AO unzulässig, weil sie zuvor nicht angehört wurde. Zudem stünde der Vertrauensschutz dem Widerruf entgegen. Die Klägerin habe der OFD  alle wesentlichen Verträge übermittelt. Daraus werde deutlich, dass die Errichtung einer Industrieanlage einen erheblichen Planungs- und Entwicklungszeitraum benötige. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse mündeten zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine Gesamtentscheidung, ob das geplante Objekt durchführbar sei. Der Vorlauf für das Projekt A. für Planung und Entwicklung bis zur Entscheidungsreife habe mindestens sechs Monate betragen. In diesem Zeitraum seien eine Vielzahl von Verträgen verhandelt, als Vorverträge fixiert und auch als Optionsverträge bindend vereinbart worden. Zu nennen seien hier der Grundstücksoptionsvertrag, Kreditvorverträge der finanzierenden Banken sowie Substratlieferverträge aus der Landwirtschaft.

11

Für die gesicherte Finanzierung und damit die Realisierung sei die Gewährung der Investitionszulage zwingend notwendig, was auch die Kreditvorverträge aufzeigten. Die Erteilung der verbindlichen Auskunft als Kulminationspunkt hätte die Auftragsfreigabe zur Bestellung der Industrieanlage am 2. November 2009 zur Folge gehabt. Erst mit der verbindlichen Zusage einer Förderung konnten alle vertraglichen Verpflichtungen eingegangen werden.

12

Zudem könne eine verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft korrigiert werden, wenn sich herausstelle, dass die Auskunft unrichtig war. Die Auskunft sei aber zutreffend, denn sie erzeuge Gas nicht aus landwirtschaftlichen Nebenprodukten. Auch veräußere sie ihr Gas an Händler und wisse nicht, zu welchem Zweck es verwandt werde. Ggf. sei sie daher der Unterklasse 20.11.0 der WZ 2008 - Herstellung von Industriegasen - (zugehörig zu Abschnitt C - Verarbeitendes Gewerbe) zuzuordnen.

13

Sollte vor dem Hintergrund der geänderten Sichtweise des Statistischen Bundesamtes aus heutiger Sicht die ursprünglich erteilte Auskunft möglicherweise fehlerhaft sein, sei eine Korrektur aufgrund der eingegangenen vertraglichen Bindungen und der entstandenen Kosten ermessensfehlerhaft.

14

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 17. November 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. November 2011 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Der Beklagte meint, die fehlende Anhörung sei unbeachtlich, da diese zumindest im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nachgeholt worden sei. Der Vertrauensschutz sei insoweit gewahrt, als die verbindliche Auskunft nur für die Zukunft aufgehoben wurde und für Maßnahmen im Zeitraum vom 28. Oktober bis 19. November 2009 die Schutzwirkung bestehe. In diesem Zeitraum sei aber keine relevante vertraglich bindende Vereinbarung abgeschlossen worden. Der am 3. November 2009 abgeschlossene Rahmenvertrag über die Lieferung einer Biogasanlage enthalte noch nicht alle Elemente, das Betriebsgrundstück sei noch nicht erworben, die Baugenehmigung noch nicht beantragt und die Umweltsverträglichkeitsuntersuchung nicht durchgeführt worden.

17

Dem Senat haben ein Ordner Unterlagen zum Investitionszulagenverfahren, die Investitionszulagen- und die Rechtsbehelfsakten vorgelegen. Auf den Akteninhalt sowie die gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Aufhebung der verbindlichen Auskunft gemäß § 2 Abs. 3 StAuskV erfolgte rechtmäßig. Ermessensfehler, die vom Finanzgericht im Rahmen des § 102 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) überprüft werden, sind nicht zu erkennen.

19

1. Gemäß § 89 Abs. 2 AO kann der Steuerpflichtige aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit eine verbindliche Auskunft (Zusage) darüber verlangen, wie ein in der Zukunft liegender Besteuerungstatbestand steuerlich zu beurteilen ist; es handelt sich bei einer positiven verbindlichen Auskunft um einen Verwaltungsakt nach § 118 Satz 1 AO, der die für die betreffende Steuerart verbindliche Feststellung über eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung des der Auskunft zugrundeliegenden Sachverhalts enthält (BFH-Urteile vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996; vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, BStBl II 2012, 651, BFHE 237, 9; vom 16. Mai 2013 V R 23/12, BStBl II 2014, 325, BFHE 241, 242).

20

Nach § 2 Abs. 1 StAuskV, der ab dem 8. Dezember 2007 geltenden Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO, ist die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nur dann nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

21

Gemäß § 2 Abs. 3 StAuskV kann das Finanzamt die Auskunft allerdings ex nunc bzw. für die Zukunft aufheben oder ändern, sofern sich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt, (BFH-Urteile vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391; vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, BFHE 237, 9, BStBl II 2012, 651; vom 16. Mai 2013 V R 23/12, BStBl II 2014, 325, BFHE 241, 242).

22

Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung ist zu überprüfen, ob das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Einhaltung der verbindlichen Zusage größeres Gewicht hat als der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der die Durchsetzung des richtigen Rechts verlangt (BFH-Urteil vom 2. September 2010 VI R 3/09, BStBl II 2011, 233, BFHE 230, 500, m.w.N.). Nach dem BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2007 (BStBl I 2007, 830) ist aus Billigkeitsgründen von einem Widerruf der verbindlichen Auskunft abzusehen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw. unter beträchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu lösen vermag.

23

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen erfolgte die Aufhebung der verbindlichen Auskunft zu Recht.

24

a) Die verbindliche Auskunft war materiell-rechtlich unzutreffend, soweit die Klägerin darin der Unterklasse 19.20.0 - Mineralölverarbeitung - der WZ 2008 zugeordnet war. Zutreffend ist vielmehr die Zuordnung zur Unterklasse 35.21.3 - Gaserzeugung - der WZ 2008, wie sich aus der Stellungnahme des Statistischen Bundesamtes vom 12. November 2009 ergibt.

25

In einem Rechtsstreit über die Frage, ob ein Betrieb zum verarbeitenden Gewerbe gehört, kann das Finanzgericht bei der Auslegung der Klassifikation und der Einordnung wirtschaftlicher Tätigkeiten auf das Expertenwissen der Statistikämter zurückgreifen, darf aber eine fehlerhafte statistische Einordnung nicht übernehmen, da eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf offensichtliche Fehler der Statistikämter den individuellen Rechtsschutz in einer mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbaren Weise schmälern würde (BVerfG-Beschluss vom 31. Mai 2011 1 BvR 857/07, HFR 2011, 903).

26

Nach Ansicht des Senats ist die Zuordnung, die das Statistische Bundesamt vorgenommen hat, zutreffend. Denn nach der Erläuterung zur Unterklasse 35.21 - Gaserzeugung - der WZ 2008 erfasst diese auch die Tätigkeiten der Erzeugung von Gas für Versorgungszwecke durch Verkokung von Kohle, aus landwirtschaftlichen Nebenerzeugnissen oder aus Reststoffen sowie die Erzeugung von gasförmigen Brennstoffen mit einem spezifischen Heizwert aus Gasen verschiedenen Ursprungs (einschließlich Erdgas) durch Reinigung, Mischung und andere Verfahren.

27

Die Tätigkeiten der Klägerin, wie sie in der Anlagenbeschreibung vom 26. August 2009 enthalten sind (Investitionszulagenakte ab Bl. 58), sind hiervon erfasst. Zur Biogasherstellung werden danach Feststoffe aus der lokalen Landwirtschaft (Pflanzen und Pflanzenteile) und flüssige Rohstoffe (danach Gülle, laut Vortrag in der mündlichen Verhandlung Wasser) verwandt.

28

Nach dieser Beschreibung soll das erzeugte Biomethan zur Einspeisestation geführt, dort an die geforderten Brennwertparameter angepasst werden und anschließend eingespeist werden. Der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, das erzeugte Methangas werde an Händler veräußert und die weitere Verwendung sei nicht bekannt, deckt sich offensichtlich mit dieser Beschreibung insoweit nicht, als dort explizit auf die Anpassung an geforderte Brennwertparameter abgestellt wird, und ist daher nicht glaubhaft. Der Senat geht daher davon aus, dass das produzierte Gas - wie beschrieben - ausschließlich zur Energieversorgung verwandt wird.

29

Damit ist Ziel des beschriebenen Prozesses allein die von der Unterklasse 35.21.3 der WZ 2008 erfasste Tätigkeit der Erzeugung von Gas für Versorgungszwecke bzw. zur Energieversorgung.

30

Es kommt nach Auffassung des Senats auch nicht darauf an, ob statt landwirtschaftlichen Nebenerzeugnissen landwirtschaftliche Haupterzeugnisse zur Gaserzeugung verwandt werden. Dass in der Erläuterung nur landwirtschaftliche Nebenerzeugnisse, also landwirtschaftliche Abfälle wie beispielsweise Getreidestroh, Zuckerrübenblätter oder zum Verzehr bzw. Füttern unbrauchbare Kartoffeln aufgeführt werden, liegt nach Ansicht des Senats vielmehr daran, dass im Zeitpunkt der Erstellung dieser Erläuterung die Gaserzeugung zu Versorgungszwecken aus landwirtschaftlichen Hauptprodukten unwirtschaftlich war und daher nicht vorkam.

31

Die weitere Veredlung des erzeugten Biogases zu Bioerdgas wiederum unterfällt der Reinigung, da nach der Anlagenbeschreibung im Wesentlichen entschwefelt (Grob und Feinentschwefelung sowie Polizeifilter) bzw. gewaschen (chemische Gaswäsche bzw. Aminwäsche) wird.

32

Eine näherliegende Zuordnung zu anderen Klassen der WZ ist hingegen nicht erkennbar, insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass landwirtschaftliche Haupterzeugnisse als Rohstoff zum Einsatz kommen

33

Die Zuordnung zur Unterklasse 19.20.0 der WZ 2008 - Mineralölverarbeitung - scheidet zweifelsfrei aus, da diese nach ihren Erläuterungen die Herstellung von flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen aus Rohöl, bituminösen Mineralen und deren Fraktionierungsprodukten erfasst, also Tätigkeiten, die von der Klägerin erkennbar nicht ausgeführt werden.

34

Die Zuordnung zur Unterklasse 20.11.0 der WZ 2008 - Herstellung von Industriegasen - kann ebenfalls nicht erfolgen. Die dort aufgeführten Industriegase wie technische und medizinische Flüssig- und Druckgase, Elementargase, gasförmige Kühlmittel, Isoliergase etc. produziert die Klägerin nicht. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung eine Kopie der Unterklasse überreicht hat, auf der die Elementargase markiert waren, bleibt nur festzustellen, dass Gase dann elementar sind, wenn sie sich nicht weiter zerlegen lassen, wie die im Periodensystem der Elemente aufgeführten Gase. Biomethangas fällt nicht darunter.

35

b) Im Rahmen des § 102 Satz 1 FGO überprüfbare Ermessensfehler sind nicht zu erkennen. Die vom Beklagten getroffene Entscheidung, der Gesetzmäßigkeit Vorrang vor dem Vertrauensschutz zu geben, ist vielmehr die einzig zutreffende.

36

aa) Die von der Klägerin dem Beklagten übersandten Unterlagen zeigen, dass die Klägerin im Zeitraum der Geltung der verbindlichen Auskunft vom 28. Oktober bis 19. November 2009 keine Dispositionen getroffen hat, denen sie sich nicht ohne weitere Nachteile wieder hätte entziehen können.

37

Die Rahmenverträge zum jährlichen Substratliefervertrag datieren auf den 29. Mai, 18. Juni, 5. August, 07. und 09. September, 3., 10., 25., 27. und 30. November 2009 und wurden damit überwiegend außerhalb des Geltungszeitraums der verbindlichen Auskunft abgeschlossen. Zudem stehen sie allesamt unter der aufschiebenden Bedingung des Baubeginns des Bioerdgasparks.

38

Der Rahmenvertrag über die Lieferung einer Biogasanlage mit Biogasaufbereitung vom 3. November 2009, auf den die Klägerin hier insbesondere deswegen hinweist, weil dieser im Geltungszeitraum der verbindlichen Auskunft abgeschlossen wurde, steht ebenfalls unter einer aufschiebenden Bedingung, nämlich der Finanzierungszusage für die Lieferung und den Bau der Biogasanlage. Eine Finanzierungszusage erfolgte nach den vorliegenden Unterlagen im Geltungszeitraum der verbindlichen Auskunft nicht.

39

Auch die weiteren Vorgänge liegen außerhalb des hier interessierenden Zeitraums. So datiert die Bauvoranfrage auf den 18. Mai 2009 und der Vertrag zum Erwerb des Geschäftsgrundstücks auf den 17. Dezember 2009.

40

bb) Da sich die Klägerin ohne erhebliche Schwierigkeiten von den eingegangenen Verpflichtungen lösen konnte, entsprach es pflichtgemäßem Ermessen der Gesetzmäßigkeit den Vorrang einzuräumen.

41

Die Investitionszulage ist eine staatliche Beihilfe i.S.d. § 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV (früherer Art. 87 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV), welcher den Wettbewerb auf dem Europäischen Binnenmarkt vor Verfälschungen schützen soll und daher ein grundsätzliches Verbot von staatlichen Beihilfen konstituiert, allerdings Ausnahmen zulässt (Heß/Martin, InvZulG, 2009, § 2, Rz. 7).

42

Daher sind nach Auffassung des Senats in diesem Bereich an einen Vertrauensschutz erhöhte Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist zunächst, dass die ursprüngliche Einordnung in die WZ 2008 nicht offensichtlich falsch ist, und weiter muss die Investition abgeschlossen sein, weil sich in diesem Fall der Anspruch auf Investitionszulage mit einem eventuellen Anspruch auf Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in der Höhe decken dürften.

43

Der Senat neigt zwar zu der Auffassung, dass eine Einordnung der klägerischen Tätigkeit in die Unterklasse 19.20.0 - Mineralölverarbeitung - WZ 2008 offensichtlich falsch ist, weil die Klägerin keine flüssige oder gasförmige Brennstoffe aus Rohöl, bituminösen Mineralen und deren Fraktionierungsprodukten herstellt. Gleichwohl dürfte die Offensichtlichkeit hier noch ausscheiden, weil sich das für die Einordnung zuständige Statistikamt zumindest zeitweilig nicht sicher war. Das kann aber dahinstehen, da das Investitionsvorhaben im Zeitpunkt der Aufhebung der verbindlichen Zusage jedenfalls noch nicht abgeschlossen war.

44

c) Zum Einwand der fehlenden Anhörung vor Aufhebung der verbindlichen Auskunft sei auf § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO hingewiesen. Die Klägerin wurde im Rahmen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gehört, der Fehler ist damit geheilt. Im Übrigen muss hierbei auch bedacht werden, dass die fehlende Anhörung im Interesse der Klägerin lag, schnellstmöglich über die geänderte Auffassung des Beklagten informiert zu werden und nicht noch weitere Dispositionen im vermeintlichen Vertrauen zu tätigen.

45

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


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(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers oder in den Fällen des § 1 Absatz 4 für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

(2) Eine nach § 1 Absatz 3 erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung aller Beteiligten einheitlich bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem Sachverhalt, der der Auskunft zugrunde gelegt wurde, nicht oder nur unwesentlich abweicht. Widerspricht die einheitlich erteilte verbindliche Auskunft dem geltenden Recht und beruft sich mindestens ein Beteiligter hierauf, entfällt die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft einheitlich gegenüber allen Beteiligten.

(3) Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden.

(4) Unbeschadet der §§ 129 bis 131 der Abgabenordnung kann eine verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass die erteilte Auskunft unrichtig war.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers oder in den Fällen des § 1 Absatz 4 für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

(2) Eine nach § 1 Absatz 3 erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung aller Beteiligten einheitlich bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem Sachverhalt, der der Auskunft zugrunde gelegt wurde, nicht oder nur unwesentlich abweicht. Widerspricht die einheitlich erteilte verbindliche Auskunft dem geltenden Recht und beruft sich mindestens ein Beteiligter hierauf, entfällt die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft einheitlich gegenüber allen Beteiligten.

(3) Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden.

(4) Unbeschadet der §§ 129 bis 131 der Abgabenordnung kann eine verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass die erteilte Auskunft unrichtig war.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) entnahm im Wirtschaftsjahr 2006/2007 aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zwei Grundstücke. Im Juli 2009 beantragte er eine verbindliche Auskunft beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zu folgender Rechtsfrage:

a) Stellt die Bestellung des Erbbaurechts an den beiden genannten Grundstücken eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar, wobei das Kaufangebot vom Kläger erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist angenommen wird?

b) Unterliegt der Veräußerungsgewinn nach Annahme des Kaufangebots nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG beim Kläger als Veräußerer nicht der Einkommensteuer?

2

Hierzu trug der Kläger folgenden geplanten Sachverhalt vor: Er beabsichtige, je eine Teilfläche aus den beiden Grundstücken zu Gunsten eines Dritten, einer gewerblichen Grundstücksentwicklungs GmbH, mit einem Erbbaurecht zu belasten. Der jährliche Erbbauzins solle 2,50 €/qm betragen. Der Erbbauberechtigte solle berechtigt sein, auf diesen Flächen einen Kreisverkehr zur Erschließung des geplanten Gewerbegebiets zu errichten. Das Erbbaurecht solle mit der Eintragung im Grundbuch beginnen und bis zum 31. Dezember 2017 befristet sein. Der Erbbaurechtsvertrag solle nicht sofort zustande kommen, vielmehr wolle der Kläger dem Dritten gegenüber vorerst nur ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages abgeben. Voraussetzung für die Annahme des Angebots solle sein, dass der Kreisverkehrsplatz rechts- und bestandskräftig genehmigt worden sei. Gleichzeitig solle der Dritte ein notariell beurkundetes Kaufangebot gegenüber dem Kläger für die Grundstücke, für die das Erbbaurecht bestellt werde, abgeben. Außerdem solle sich das Kaufangebot auch auf die Restfläche eines Grundstücks erstrecken. Der Kläger solle das Kaufangebot nur annehmen können, wenn vorher der Erbbaurechtsvertrag mit dem Dritten zustande gekommen sei. Das Kaufangebot könne frühestens am 1. Juli 2017 und spätestens bis zum 31. Dezember 2017 angenommen werden. Würde das Kaufangebot nicht bis zum 31. Dezember 2017 angenommen, solle es erlöschen. Das Erbbaurecht würde sich aber um weitere 50 Jahre verlängern, wobei der Erbbauzins ab 1. Januar 2018 entsprechend der Veränderung des Verbraucherindexes anzupassen sei.

3

Nach der Rechtsauffassung des Klägers sollte die Bestellung des Erbbaurechts noch keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen, das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück mit der Bestellung des Erbbaurechts noch nicht auf den Erbbauberechtigten übergehen.

4

Das FA stimmte dem nicht zu. Einspruch und Klage waren erfolglos.

5

Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1034 veröffentlichten Urteil, der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf Erteilung des spezifischen Inhalts der von ihm begehrten verbindlichen Auskunft. Insoweit habe das FA sein Auswahlermessen zutreffend ausgeübt. Ermessensfehlerhaft handele es nur dann, wenn es (1) den vorgetragenen, künftigen Sachverhalt falsch interpretiere oder (2) ohne Begründung oder mit erkennbaren Mängeln dem Rechtsstandpunkt des Klägers nicht folge oder zu folgen bereit sei oder (3) wenn sich die Finanzbehörde sehenden Auges gegen eine höchstrichterliche Rechtsprechung wende. Die Eckpunkte für das Handeln im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens verpflichteten eine Finanzbehörde nicht, in Zweifelsfragen für den Steuerpflichtigen zu entscheiden. Würde aber ohne ausreichende Begründung von einer herrschenden Auffassung oder der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, liege ein Ermessensfehler vor. Im Streitfall habe das FA den geschilderten Sachverhalt zutreffend interpretiert und hierauf die Rechtsprechung des BFH in vertretbarer Weise angewandt (vgl. Urteil vom 18. August 1977 VIII R 7/74, BFHE 123, 176, BStBl II 1977, 796). Insbesondere werde mit der Genehmigung von Straße und Kreisverkehr sowie der anschließenden Bebauung das Grundstück derart verändert, dass dem Kläger keinerlei eigene --andere-- Nutzungsmöglichkeit mehr verbleibe. Die Einschätzung des FA, dass die Rückübertragung der Herrschaftsgewalt hinsichtlich dieser beiden Grundstücke praktisch auf nicht absehbare Zeit als ausgeschlossen angesehen werden müsse, erscheine akzeptabel. Dem Kläger verbleibe die Möglichkeit, für seine Rechtsauffassung im Veranlagungszeitraum der Besteuerung des Sachverhalts ggf. mit Rechtsbehelfen gegen den Einkommensteuerbescheid zu streiten.

6

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der dieser die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die erteilte Auskunft sei inhaltlich voll auf ihre Richtigkeit überprüfbar und in der Sache falsch. Die Widmung zum Gemeingebrauch führe nicht dazu, dass der Grundstückseigentümer das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück verliere. Dadurch werde nicht für immer eine anderweitige Nutzung für den Grundstückseigentümer ausgeschlossen. Der Kläger könne völlig frei darüber entscheiden, ob er das Kaufangebot annehme oder nicht.

7

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des FG und den Bescheid des FA vom 24. November 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2010 aufzuheben sowie das FA zu verpflichten, dem Kläger eine verbindliche Auskunft dahingehend zu erteilen, dass die Bestellung des Erbbaurechts an den beiden streitbefangenen Grundstücken keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellt, wenn das Kaufangebot vom Kläger erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist angenommen wird, und dass der Veräußerungsgewinn nach Annahme des Kaufangebots nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG beim Kläger als Veräußerer nicht der Einkommensteuer unterliegt.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Im Ergebnis zutreffend hat das FG einen Anspruch des Klägers auf eine verbindliche Auskunft mit dem von ihm begehrten Inhalt abgelehnt.

10

1. a) Gemäß § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) kann der Steuerpflichtige aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit eine verbindliche Auskunft (Zusage) darüber verlangen, wie ein in der Zukunft liegender Besteuerungstatbestand steuerlich zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt nach § 118 Satz 1 AO (dazu eingehend BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, m.w.N.).

11

Daraus, dass auch die sog. Negativauskunft die Zusicherung einer bestimmten künftigen steuerlichen Behandlung enthält und es sich damit um einen Verwaltungsakt handelt, folgt zunächst nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Statthaftigkeit von Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.2., 3.a; Schmitz in Schwarz, AO, § 89 Rz 78; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 89 AO Rz 59; Ax/Große/Melchior/Lotz/ Ziegler, Finanz und Steuern Band 4, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 20. Aufl., Rz 1008a; Roser in Beermann/Gosch, AO § 89 Rz 75; a.A. --fehlende Beschwer bzw. Klagebefugnis-- Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 89 AO Rz 304, 309; Wagner in: Kühn/v.Wedelstädt, 20. Aufl., AO, § 89 Rz 16).

12

b) Die gerichtliche Kontrolldichte hängt jedoch primär von der Regelungsaussage dieses Verwaltungsakts ab (dies verkennend Krumm, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2429, 2434). Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle einer verbindlichen Auskunft ist nur ihre Regelung (für eine Qualitätskontrolle der Auskunft mit Verweis auf deren Gebührenpflicht etwa Seer in Tipke/Kruse, a.a.O.; a.A. --keinerlei Inhaltskontrolle-- Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 89 Rz 77). Entsprechend der Funktion der verbindlichen Auskunft im Besteuerungsverfahren, dem Steuerpflichtigen Planungs- und Entscheidungssicherheit, d.h. Rechtssicherheit hinsichtlich der Einschätzung eines geplanten Sachverhalts bzw. Vertragsmodells durch die Finanzbehörde zu verschaffen (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.3.), regelt die verbindliche Auskunft lediglich, wie die Finanzbehörde eine ihr zur Prüfung gestellte hypothetische Gestaltung gegenwärtig beurteilt, nicht aber trifft sie die --dem Steuerbescheid vorbehaltene-- endgültige Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung.

13

c) Die Frage nach der Art der finanzgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle einer Negativauskunft stellt sich damit als Frage nach den materiell-rechtlichen Anforderungen dar, die das FA bei der Auskunftserteilung zu wahren hat. Diese ergeben sich wiederum aus deren Zwecksetzung - der Wortlaut von § 89 Abs. 2 AO ist insoweit unergiebig.

14

aa) Während die behördliche Rechtmäßigkeitsprüfung im Steuerfestsetzungsverfahren rechtswidrige Steuereingriffe vermeiden soll, stellt die verbindliche Auskunft eine Leistung für den Steuerpflichtigen dar, um ihn bei der Planung zukünftiger Gestaltungen zu unterstützen, insbesondere ihm eine Risikoabschätzung im Vorfeld eines etwaigen Besteuerungsverfahrens zu erleichtern. Insbesondere kann er aus einer verbindlichen Auskunft schlussfolgern, inwieweit er im Besteuerungsverfahren, will er eine bestimmte Gestaltung steuergünstig umsetzen, den Rechtsweg zu beschreiten haben wird.

15

bb) Andererseits hat eine erteilte verbindliche Auskunft den Anforderungen eines fairen rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zu genügen. Das FA hat den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an jegliches behördliches Handeln sowie den aus § 89 Abs. 2 AO i.V.m. §§ 1, 2 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) folgenden Vorgaben gerecht zu werden. Es hat zunächst den zur Prüfung gestellten Sachverhalt zutreffend zu erfassen. Die Funktion der verbindlichen Auskunft, dem Steuerpflichtigen Planungssicherheit zu verschaffen, bedingt weiter, dass die Behörde keine Auskunft erteilen darf, deren Beständigkeit im Festsetzungsverfahren von vornherein in Frage steht. Dies bedeutet, dass die rechtliche Einordnung des zu beurteilenden Sachverhalts in sich schlüssig sein muss und nicht evident rechtsfehlerhaft sein darf. Anhand dieses Maßstabes hat das FG die sachliche Richtigkeit einer erteilten Auskunft zu prüfen.

16

d) Unzutreffend geht das FG im Zusammenhang mit der reduzierten finanzgerichtlichen Inhaltskontrolle freilich von Auswahlermessen aus (vgl. auch Krumm, DStR 2011, 2429, 2430 f.). Das FA hat keine Wahl zwischen mehreren Auskunftsalternativen. Inhalt der Auskunft muss die seiner Auffassung nach richtige Beurteilung des zur Prüfung gestellten geplanten Sachverhalts sein.

17

e) Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verlangt keine strenge Rechtmäßigkeitsbindung der eine verbindliche Auskunft erteilenden Behörde und entsprechend keine umfassende gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle im Vorfeld der Steuerfestsetzung.

18

Die verbindliche Auskunft entfaltet keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung, wenn sie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StAuskV). Um dies überprüfen zu lassen, steht dem Steuerpflichtigen der Rechtsweg gegen den Steuerbescheid offen. Dies genügt den Anforderungen effektiven Rechtsschutzes (i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG). Die materielle Richtigkeit der Auskunft wird im Besteuerungsverfahren ggf. im Rahmen der Anfechtung des Steuerbescheids vom FG umfassend geprüft. Zwar dient die verbindliche Auskunft der Planungssicherheit des Steuerpflichtigen, dies aber nur insoweit, als er die Rechtsauffassung der Finanzbehörde zur Grundlage seiner Entscheidung machen und ggf. absehen kann, inwieweit er die gewünschte steuerliche Behandlung im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes durchsetzen will. Nicht aber soll das Institut der verbindlichen Auskunft einen Prozess im Besteuerungsverfahren vermeiden und insoweit den Steuerpflichtigen das Prozessrisiko abnehmen.

19

f) Auch die Bindung der Verwaltung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) und der damit korrespondierende Untersuchungsgrundsatz (§ 88 AO) erfordern keine vollinhaltliche Rechtmäßigkeitskontrolle einer verbindlichen Auskunft. Denn die Behörde trifft mit der verbindlichen Auskunft nur eine Aussage über ihre gegenwärtige Einschätzung zur steuerlichen Behandlung eines geplanten Sachverhalts im Vorfeld einer etwaigen Besteuerung dieses Sachverhalts. Sie kann diese Einschätzung, sofern sich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt, im Besteuerungsverfahren ex nunc aufheben oder ändern (§ 2 Abs. 3 StAuskV; dazu BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391). Vertrauensschutz in die materielle Richtigkeit einer erteilten verbindlichen Auskunft genießt der Steuerpflichtige danach grundsätzlich nur vorbehaltlich der behördlichen Erkenntnis der Rechtswidrigkeit einer Auskunft, während die Korrekturvorschriften der Abgabenordnung (§§ 172 ff. AO) für die Beseitigung der Bestandskraft von Steuerbescheiden weit engere Grenzen vorsehen. Parallel hierzu ist auch die Kontrolldichte der gerichtlichen Überprüfung einer verbindlichen Auskunft gegenüber der eines Steuerbescheids geringer.

20

g) Daraus, dass § 42e EStG einem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf eine inhaltlich richtige Anrufungsauskunft gibt (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996), folgt nichts anderes. Denn die maßgebliche Rechtfertigung für diesen dem Lohnsteuerverfahren vorgelagerten Rechtsschutz erwächst daraus, dass die Anrufungsauskunft den Arbeitgeber gerade in der Wahrnehmung seiner Funktion der Steuererhebung für den Staat unterstützt und es vor diesem besonderen Hintergrund mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens schwerlich vereinbar wäre, dem vom Fiskus in die Pflicht genommenen Arbeitgeber, der mit dem Inhalt einer Anrufungsauskunft nicht einverstanden ist, anheim zu stellen, die Lohnsteuer zunächst (rechtswidrig) einzubehalten und abzuführen, den einschlägigen Rechtsschutz jedoch erst später durch Anfechtung entsprechender Lohnsteuer- bzw. Haftungsbescheide zu suchen (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.4.a.E.).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zutreffend die streitbefangene Auskunft des FA nicht beanstandet.

22

Die vom FA zu der von ihm zutreffend erfassten geplanten Gestaltung vertretene Rechtsauffassung, dass der Erbbauberechtigte bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages wirtschaftlicher Eigentümer werde, realistischerweise nicht von einer Rückübertragung des Grundstücks auszugehen sei und der Kläger hinsichtlich der Annahme des Kaufangebots nicht völlig frei sei, ist in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte im Streitzeitraum entgeltliche Leistungen durch die Nutzungsüberlassung sog. Floating-Tanks. Diese enthielten konzentrierte Salzwasserlösungen, so dass beim sog. Floaten die Last des eigenen Körpergewichts entfiel und sich Muskeln entspannen konnten. Die Tanks waren schallisoliert, wodurch der "sensorische Input" auf ein Minimum reduziert wurde. Die durchschnittliche Dauer einer Anwendung betrug 50 bis 60 Minuten.

2

Die Methode wurde zur Entspannung im Wellnessbereich sowie zu therapeutischen Zwecken wie z.B. zur Heilung stressbedingter Erkrankungen und Bluthochdruck, in der Orthopädie, Dermatologie und Sportmedizin eingesetzt. Es handelte sich --eine medizinische Indikation vorausgesetzt-- um eine physikalische Therapieform.

3

Auf Antrag vom 11. Dezember 2007 hatte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs am 23. Januar 2008 eine verbindliche Auskunft erteilt, nach der die Floating-Leistungen der Klägerin dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) unterliegen. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 widerrief das FA die verbindliche Auskunft. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, über den das FA noch nicht entschieden hat.

4

In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung I/2009 meldete die Klägerin Umsätze in Höhe von ... € an und beantragte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Das FA lehnte dies ab und setzte mit Bescheid vom 25. September 2009 die Umsatzsteuer auf die Floating-Leistungen nach dem Regelsteuersatz fest.

5

Hiergegen erhob die Klägerin Sprungklage zum Finanzgericht (FG) nach § 45 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der das FA mit Schreiben vom 17. Juli 2009 zustimmte.

6

Während des FG-Verfahrens änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid I/2009 durch Bescheid vom 6. Juli 2009, der gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens wurde, da die verbindliche Auskunft noch für Januar 2009 Wirkung entfaltet habe und minderte die Umsatzsteuer entsprechend.

7

Mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 2323 veröffentlichten Urteil wies das FG die Klage ab, da die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass das Floating als medizinische Heilbehandlung genutzt werde und damit ein Heilbad vorliege.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie biete Salzwasser-Schwebebäder in speziellen Kapseln (sog. Floating-Tanks). Dabei handele es sich um einen wannenartigen Behälter, in dem der Kunde in einer natürlichen Sole aus Wasser und Salz schwebe. Dies habe positive Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. So werde z.B. die Wirbelsäule entlastet, hoher Blutdruck gesenkt oder Stress reduziert. Hierzu habe sie dem FG zahlreiche Stellungnahmen namhafter Experten vorgelegt. Hieraus ergebe sich, dass ihre Kunden das Floating als medizinische Heilbehandlung nutzten und ein Heilbad i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG vorliege. Die gegenteilige Auffassung des FG entspreche nicht der bisherigen Rechtsprechung. Sie habe auch Nachweise durch Kundenbefragungen erbracht.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den Bescheid zur Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung I/2009 vom 6. Juli 2009 dahingehend abzuändern, dass die Vorauszahlung auf ... € festgesetzt wird.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Während des Revisionsverfahrens erging der Umsatzsteuer-Jahressteuerbescheid 2009 vom 5. September 2012.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

13

1. Das Urteil des FG war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der während des Revisionsverfahrens ergangene Umsatzsteuer–Jahresbescheid für 2009 vom 5. September 2012 gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/2009, über dessen Rechtmäßigkeit das FG entschieden hat, ersetzt hat und nunmehr Gegenstand des Verfahrens geworden ist (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2005 V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337, unter II.1., und vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07, BFHE 224, 156, BStBl II 2009, 434, unter II.1.). Da das FG über einen nicht mehr existenten Bescheid entschieden hat, kann das Urteil keinen Bestand haben.

14

Auch wenn der Änderungsbescheid den Streitstoff nicht berührt hat, wie die Klägerin mitgeteilt hat, scheidet im Streitfall eine Sachentscheidung des BFH aus, weil das Urteil an einem Verfahrensmangel leidet. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO)

15

2. Verfahrensfehlerhaft hat das FG das Verfahren über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt, bis über den Einspruch gegen den Widerruf der verbindlichen Auskunft abschließend entschieden ist, denn die Entscheidung über die Wirksamkeit des Widerrufs der am 23. Januar 2008 erteilten Zusage ist vorgreiflich für die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2009.

16

a) Unterlässt das FG eine gebotene Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO, liegt darin ein Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes gegen die Grundordnung des Verfahrens (BFH-Entscheidungen vom 17. Dezember 2003 I R 47/02, BFH/NV 2004, 771; vom 9. Februar 2005 X R 52/03, BFH/NV 2005, 1235; vom 16. November 2006 XI B 156/05, BFH/NV 2007, 401, und vom 31. Mai 2010 X B 162/09, BFH/NV 2010, 2011, jeweils m.w.N.), der von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 9. September 2010 IV R 31/08, BFH/NV 2011, 413; vom 14. Februar 2008 IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156, m.w.N.).

17

b) Voraussetzung für die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO ist, dass die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Eine Abhängigkeit zwischen zwei anhängigen Verfahren in diesem Sinne besteht, wenn der Ausgang des einen (möglicherweise auszusetzenden) Rechtsstreits (hier des Verfahrens gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung für 2009) von dem anderen (möglicherweise vorgreiflichen) Verfahren (hier dem Einspruchsverfahren gegen den Widerruf einer bereits erteilten Zusage in Bezug auf die dem geänderten Umsatzsteuerbescheid zugrunde liegende Streitfrage, ob auf die Floating-Leistungen der Klägerin der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden ist) in der Sache beeinflusst werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn ein Verfahren, in dem über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer erteilten verbindlichen Auskunft gestritten wird, ist wegen der Bindung an eine erteilte Auskunft --anders als ein Verfahren über einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (Negativbescheid)-- i.S. des § 74 FGO vorgreiflich für das entsprechende Festsetzungsverfahren.

18

aa) Nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) kann der Steuerpflichtige aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit eine verbindliche Auskunft (Zusage) darüber verlangen, wie ein in der Zukunft liegender Besteuerungstatbestand steuerrechtlich zu beurteilen ist. Nach § 2 Abs. 1 der ab dem 8. Dezember 2007 geltenden Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO (Steuer-Auskunftsverordnung --StAuskV--) ist die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nur dann nicht bindend, wenn sie --anders als im Streitfall, in dem das FA zugunsten der Klägerin zugesagt hat, dass die Floating-Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterlägen -- zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

19

bb) Die positive verbindliche Auskunft ist ein Verwaltungsakt und enthält die für die betreffende Steuerart verbindliche Feststellung über eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung des der Auskunft zugrundeliegenden Sachverhalts (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996 zur Anrufungsauskunft nach § 42e des Einkommensteuergesetzes). Das FA kann die Auskunft, insbesondere sofern sich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt, im Besteuerungsverfahren zwar nach § 2 Abs. 3 StAuskV ex nunc aufheben oder ändern (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391; vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, BFHE 237, 9, BStBl II 2012, 651 zu den Kriterien für die Ermessensentscheidung). Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt dann nach § 2 Abs. 2 StAuskV ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden. Liegen diese Voraussetzungen aber nicht vor, bindet die erteilte Auskunft, wenn sie wie --im Streitfall-- zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt, bei identischem Sachverhalt selbst dann, wenn sie dem geltenden Recht widerspricht. Dem FA ist daher in Bezug auf diese positive Feststellung in der Auskunft eine Rechtmäßigkeitsprüfung im Rahmen der entsprechenden Steuerfestsetzung verwehrt. Ist aber bei einer verwaltungsaktbezogenen Klage die Prüfung der Rechtmäßigkeit ausgeschlossen, besteht insoweit eine Abhängigkeit i.S. des § 74 FGO (z.B. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 8/86, BFHE 158, 205, BStBl II 1990, 177; BFH-Beschluss vom 11. März 2011 II B 152/10, BFH/NV 2011, 1008).

(1) Die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers oder in den Fällen des § 1 Absatz 4 für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

(2) Eine nach § 1 Absatz 3 erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung aller Beteiligten einheitlich bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem Sachverhalt, der der Auskunft zugrunde gelegt wurde, nicht oder nur unwesentlich abweicht. Widerspricht die einheitlich erteilte verbindliche Auskunft dem geltenden Recht und beruft sich mindestens ein Beteiligter hierauf, entfällt die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft einheitlich gegenüber allen Beteiligten.

(3) Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden.

(4) Unbeschadet der §§ 129 bis 131 der Abgabenordnung kann eine verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass die erteilte Auskunft unrichtig war.

(1) Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.

(2) Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die Finanzbehörde, die bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts örtlich zuständig sein würde. Bei Antragstellern, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach den §§ 18 bis 21 keine Finanzbehörde zuständig ist, ist auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, abweichend von Satz 2 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig; in diesem Fall bindet die verbindliche Auskunft auch die Finanzbehörde, die bei der Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zuständig ist. Über den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft soll innerhalb von sechs Monaten ab Eingang des Antrags bei der zuständigen Finanzbehörde entschieden werden; kann die Finanzbehörde nicht innerhalb dieser Frist über den Antrag entscheiden, ist dies dem Antragsteller unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrages auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zur Reichweite der Bindungswirkung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich zu erteilen ist und welche Finanzbehörde in diesem Fall für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Versicherungsteuer betrifft.

(3) Für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach Absatz 2 wird eine Gebühr erhoben. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben; in diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldner der Gebühr. Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten. Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen.

(4) Die Gebühr wird nach dem Wert berechnet, den die verbindliche Auskunft für den Antragsteller hat (Gegenstandswert). Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft darlegen. Die Finanzbehörde soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt.

(5) Die Gebühr wird in entsprechender Anwendung des § 34 des Gerichtskostengesetzes mit einem Gebührensatz von 1,0 erhoben. § 39 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes ist entsprechend anzuwenden. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 Euro, wird keine Gebühr erhoben.

(6) Ist ein Gegenstandswert nicht bestimmbar und kann er auch nicht durch Schätzung bestimmt werden, ist eine Zeitgebühr zu berechnen; sie beträgt 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit. Beträgt die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben.

(7) Auf die Gebühr kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Gebühr kann insbesondere ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor Bekanntgabe der Entscheidung der Finanzbehörde zurückgenommen wird.

(1) Die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Abgabenordnung zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers oder in den Fällen des § 1 Absatz 4 für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

(2) Eine nach § 1 Absatz 3 erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung aller Beteiligten einheitlich bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem Sachverhalt, der der Auskunft zugrunde gelegt wurde, nicht oder nur unwesentlich abweicht. Widerspricht die einheitlich erteilte verbindliche Auskunft dem geltenden Recht und beruft sich mindestens ein Beteiligter hierauf, entfällt die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft einheitlich gegenüber allen Beteiligten.

(3) Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden.

(4) Unbeschadet der §§ 129 bis 131 der Abgabenordnung kann eine verbindliche Auskunft mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass die erteilte Auskunft unrichtig war.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) entnahm im Wirtschaftsjahr 2006/2007 aus seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zwei Grundstücke. Im Juli 2009 beantragte er eine verbindliche Auskunft beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) zu folgender Rechtsfrage:

a) Stellt die Bestellung des Erbbaurechts an den beiden genannten Grundstücken eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar, wobei das Kaufangebot vom Kläger erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist angenommen wird?

b) Unterliegt der Veräußerungsgewinn nach Annahme des Kaufangebots nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG beim Kläger als Veräußerer nicht der Einkommensteuer?

2

Hierzu trug der Kläger folgenden geplanten Sachverhalt vor: Er beabsichtige, je eine Teilfläche aus den beiden Grundstücken zu Gunsten eines Dritten, einer gewerblichen Grundstücksentwicklungs GmbH, mit einem Erbbaurecht zu belasten. Der jährliche Erbbauzins solle 2,50 €/qm betragen. Der Erbbauberechtigte solle berechtigt sein, auf diesen Flächen einen Kreisverkehr zur Erschließung des geplanten Gewerbegebiets zu errichten. Das Erbbaurecht solle mit der Eintragung im Grundbuch beginnen und bis zum 31. Dezember 2017 befristet sein. Der Erbbaurechtsvertrag solle nicht sofort zustande kommen, vielmehr wolle der Kläger dem Dritten gegenüber vorerst nur ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages abgeben. Voraussetzung für die Annahme des Angebots solle sein, dass der Kreisverkehrsplatz rechts- und bestandskräftig genehmigt worden sei. Gleichzeitig solle der Dritte ein notariell beurkundetes Kaufangebot gegenüber dem Kläger für die Grundstücke, für die das Erbbaurecht bestellt werde, abgeben. Außerdem solle sich das Kaufangebot auch auf die Restfläche eines Grundstücks erstrecken. Der Kläger solle das Kaufangebot nur annehmen können, wenn vorher der Erbbaurechtsvertrag mit dem Dritten zustande gekommen sei. Das Kaufangebot könne frühestens am 1. Juli 2017 und spätestens bis zum 31. Dezember 2017 angenommen werden. Würde das Kaufangebot nicht bis zum 31. Dezember 2017 angenommen, solle es erlöschen. Das Erbbaurecht würde sich aber um weitere 50 Jahre verlängern, wobei der Erbbauzins ab 1. Januar 2018 entsprechend der Veränderung des Verbraucherindexes anzupassen sei.

3

Nach der Rechtsauffassung des Klägers sollte die Bestellung des Erbbaurechts noch keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellen, das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück mit der Bestellung des Erbbaurechts noch nicht auf den Erbbauberechtigten übergehen.

4

Das FA stimmte dem nicht zu. Einspruch und Klage waren erfolglos.

5

Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1034 veröffentlichten Urteil, der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf Erteilung des spezifischen Inhalts der von ihm begehrten verbindlichen Auskunft. Insoweit habe das FA sein Auswahlermessen zutreffend ausgeübt. Ermessensfehlerhaft handele es nur dann, wenn es (1) den vorgetragenen, künftigen Sachverhalt falsch interpretiere oder (2) ohne Begründung oder mit erkennbaren Mängeln dem Rechtsstandpunkt des Klägers nicht folge oder zu folgen bereit sei oder (3) wenn sich die Finanzbehörde sehenden Auges gegen eine höchstrichterliche Rechtsprechung wende. Die Eckpunkte für das Handeln im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens verpflichteten eine Finanzbehörde nicht, in Zweifelsfragen für den Steuerpflichtigen zu entscheiden. Würde aber ohne ausreichende Begründung von einer herrschenden Auffassung oder der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen, liege ein Ermessensfehler vor. Im Streitfall habe das FA den geschilderten Sachverhalt zutreffend interpretiert und hierauf die Rechtsprechung des BFH in vertretbarer Weise angewandt (vgl. Urteil vom 18. August 1977 VIII R 7/74, BFHE 123, 176, BStBl II 1977, 796). Insbesondere werde mit der Genehmigung von Straße und Kreisverkehr sowie der anschließenden Bebauung das Grundstück derart verändert, dass dem Kläger keinerlei eigene --andere-- Nutzungsmöglichkeit mehr verbleibe. Die Einschätzung des FA, dass die Rückübertragung der Herrschaftsgewalt hinsichtlich dieser beiden Grundstücke praktisch auf nicht absehbare Zeit als ausgeschlossen angesehen werden müsse, erscheine akzeptabel. Dem Kläger verbleibe die Möglichkeit, für seine Rechtsauffassung im Veranlagungszeitraum der Besteuerung des Sachverhalts ggf. mit Rechtsbehelfen gegen den Einkommensteuerbescheid zu streiten.

6

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der dieser die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die erteilte Auskunft sei inhaltlich voll auf ihre Richtigkeit überprüfbar und in der Sache falsch. Die Widmung zum Gemeingebrauch führe nicht dazu, dass der Grundstückseigentümer das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück verliere. Dadurch werde nicht für immer eine anderweitige Nutzung für den Grundstückseigentümer ausgeschlossen. Der Kläger könne völlig frei darüber entscheiden, ob er das Kaufangebot annehme oder nicht.

7

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des FG und den Bescheid des FA vom 24. November 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juli 2010 aufzuheben sowie das FA zu verpflichten, dem Kläger eine verbindliche Auskunft dahingehend zu erteilen, dass die Bestellung des Erbbaurechts an den beiden streitbefangenen Grundstücken keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG darstellt, wenn das Kaufangebot vom Kläger erst nach Ablauf der Zehnjahresfrist angenommen wird, und dass der Veräußerungsgewinn nach Annahme des Kaufangebots nach Ablauf der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG beim Kläger als Veräußerer nicht der Einkommensteuer unterliegt.

8

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Im Ergebnis zutreffend hat das FG einen Anspruch des Klägers auf eine verbindliche Auskunft mit dem von ihm begehrten Inhalt abgelehnt.

10

1. a) Gemäß § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) kann der Steuerpflichtige aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit eine verbindliche Auskunft (Zusage) darüber verlangen, wie ein in der Zukunft liegender Besteuerungstatbestand steuerlich zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt nach § 118 Satz 1 AO (dazu eingehend BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, m.w.N.).

11

Daraus, dass auch die sog. Negativauskunft die Zusicherung einer bestimmten künftigen steuerlichen Behandlung enthält und es sich damit um einen Verwaltungsakt handelt, folgt zunächst nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Statthaftigkeit von Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.2., 3.a; Schmitz in Schwarz, AO, § 89 Rz 78; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 89 AO Rz 59; Ax/Große/Melchior/Lotz/ Ziegler, Finanz und Steuern Band 4, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 20. Aufl., Rz 1008a; Roser in Beermann/Gosch, AO § 89 Rz 75; a.A. --fehlende Beschwer bzw. Klagebefugnis-- Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 89 AO Rz 304, 309; Wagner in: Kühn/v.Wedelstädt, 20. Aufl., AO, § 89 Rz 16).

12

b) Die gerichtliche Kontrolldichte hängt jedoch primär von der Regelungsaussage dieses Verwaltungsakts ab (dies verkennend Krumm, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2429, 2434). Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle einer verbindlichen Auskunft ist nur ihre Regelung (für eine Qualitätskontrolle der Auskunft mit Verweis auf deren Gebührenpflicht etwa Seer in Tipke/Kruse, a.a.O.; a.A. --keinerlei Inhaltskontrolle-- Schmitz in Schwarz, a.a.O., § 89 Rz 77). Entsprechend der Funktion der verbindlichen Auskunft im Besteuerungsverfahren, dem Steuerpflichtigen Planungs- und Entscheidungssicherheit, d.h. Rechtssicherheit hinsichtlich der Einschätzung eines geplanten Sachverhalts bzw. Vertragsmodells durch die Finanzbehörde zu verschaffen (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.3.), regelt die verbindliche Auskunft lediglich, wie die Finanzbehörde eine ihr zur Prüfung gestellte hypothetische Gestaltung gegenwärtig beurteilt, nicht aber trifft sie die --dem Steuerbescheid vorbehaltene-- endgültige Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung.

13

c) Die Frage nach der Art der finanzgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle einer Negativauskunft stellt sich damit als Frage nach den materiell-rechtlichen Anforderungen dar, die das FA bei der Auskunftserteilung zu wahren hat. Diese ergeben sich wiederum aus deren Zwecksetzung - der Wortlaut von § 89 Abs. 2 AO ist insoweit unergiebig.

14

aa) Während die behördliche Rechtmäßigkeitsprüfung im Steuerfestsetzungsverfahren rechtswidrige Steuereingriffe vermeiden soll, stellt die verbindliche Auskunft eine Leistung für den Steuerpflichtigen dar, um ihn bei der Planung zukünftiger Gestaltungen zu unterstützen, insbesondere ihm eine Risikoabschätzung im Vorfeld eines etwaigen Besteuerungsverfahrens zu erleichtern. Insbesondere kann er aus einer verbindlichen Auskunft schlussfolgern, inwieweit er im Besteuerungsverfahren, will er eine bestimmte Gestaltung steuergünstig umsetzen, den Rechtsweg zu beschreiten haben wird.

15

bb) Andererseits hat eine erteilte verbindliche Auskunft den Anforderungen eines fairen rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zu genügen. Das FA hat den allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen an jegliches behördliches Handeln sowie den aus § 89 Abs. 2 AO i.V.m. §§ 1, 2 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) folgenden Vorgaben gerecht zu werden. Es hat zunächst den zur Prüfung gestellten Sachverhalt zutreffend zu erfassen. Die Funktion der verbindlichen Auskunft, dem Steuerpflichtigen Planungssicherheit zu verschaffen, bedingt weiter, dass die Behörde keine Auskunft erteilen darf, deren Beständigkeit im Festsetzungsverfahren von vornherein in Frage steht. Dies bedeutet, dass die rechtliche Einordnung des zu beurteilenden Sachverhalts in sich schlüssig sein muss und nicht evident rechtsfehlerhaft sein darf. Anhand dieses Maßstabes hat das FG die sachliche Richtigkeit einer erteilten Auskunft zu prüfen.

16

d) Unzutreffend geht das FG im Zusammenhang mit der reduzierten finanzgerichtlichen Inhaltskontrolle freilich von Auswahlermessen aus (vgl. auch Krumm, DStR 2011, 2429, 2430 f.). Das FA hat keine Wahl zwischen mehreren Auskunftsalternativen. Inhalt der Auskunft muss die seiner Auffassung nach richtige Beurteilung des zur Prüfung gestellten geplanten Sachverhalts sein.

17

e) Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verlangt keine strenge Rechtmäßigkeitsbindung der eine verbindliche Auskunft erteilenden Behörde und entsprechend keine umfassende gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle im Vorfeld der Steuerfestsetzung.

18

Die verbindliche Auskunft entfaltet keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung, wenn sie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 StAuskV). Um dies überprüfen zu lassen, steht dem Steuerpflichtigen der Rechtsweg gegen den Steuerbescheid offen. Dies genügt den Anforderungen effektiven Rechtsschutzes (i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG). Die materielle Richtigkeit der Auskunft wird im Besteuerungsverfahren ggf. im Rahmen der Anfechtung des Steuerbescheids vom FG umfassend geprüft. Zwar dient die verbindliche Auskunft der Planungssicherheit des Steuerpflichtigen, dies aber nur insoweit, als er die Rechtsauffassung der Finanzbehörde zur Grundlage seiner Entscheidung machen und ggf. absehen kann, inwieweit er die gewünschte steuerliche Behandlung im Wege gerichtlichen Rechtsschutzes durchsetzen will. Nicht aber soll das Institut der verbindlichen Auskunft einen Prozess im Besteuerungsverfahren vermeiden und insoweit den Steuerpflichtigen das Prozessrisiko abnehmen.

19

f) Auch die Bindung der Verwaltung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) und der damit korrespondierende Untersuchungsgrundsatz (§ 88 AO) erfordern keine vollinhaltliche Rechtmäßigkeitskontrolle einer verbindlichen Auskunft. Denn die Behörde trifft mit der verbindlichen Auskunft nur eine Aussage über ihre gegenwärtige Einschätzung zur steuerlichen Behandlung eines geplanten Sachverhalts im Vorfeld einer etwaigen Besteuerung dieses Sachverhalts. Sie kann diese Einschätzung, sofern sich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt, im Besteuerungsverfahren ex nunc aufheben oder ändern (§ 2 Abs. 3 StAuskV; dazu BFH-Urteil vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391). Vertrauensschutz in die materielle Richtigkeit einer erteilten verbindlichen Auskunft genießt der Steuerpflichtige danach grundsätzlich nur vorbehaltlich der behördlichen Erkenntnis der Rechtswidrigkeit einer Auskunft, während die Korrekturvorschriften der Abgabenordnung (§§ 172 ff. AO) für die Beseitigung der Bestandskraft von Steuerbescheiden weit engere Grenzen vorsehen. Parallel hierzu ist auch die Kontrolldichte der gerichtlichen Überprüfung einer verbindlichen Auskunft gegenüber der eines Steuerbescheids geringer.

20

g) Daraus, dass § 42e EStG einem Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf eine inhaltlich richtige Anrufungsauskunft gibt (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996), folgt nichts anderes. Denn die maßgebliche Rechtfertigung für diesen dem Lohnsteuerverfahren vorgelagerten Rechtsschutz erwächst daraus, dass die Anrufungsauskunft den Arbeitgeber gerade in der Wahrnehmung seiner Funktion der Steuererhebung für den Staat unterstützt und es vor diesem besonderen Hintergrund mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens schwerlich vereinbar wäre, dem vom Fiskus in die Pflicht genommenen Arbeitgeber, der mit dem Inhalt einer Anrufungsauskunft nicht einverstanden ist, anheim zu stellen, die Lohnsteuer zunächst (rechtswidrig) einzubehalten und abzuführen, den einschlägigen Rechtsschutz jedoch erst später durch Anfechtung entsprechender Lohnsteuer- bzw. Haftungsbescheide zu suchen (BFH-Urteil in BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996, unter II.4.a.E.).

21

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zutreffend die streitbefangene Auskunft des FA nicht beanstandet.

22

Die vom FA zu der von ihm zutreffend erfassten geplanten Gestaltung vertretene Rechtsauffassung, dass der Erbbauberechtigte bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages wirtschaftlicher Eigentümer werde, realistischerweise nicht von einer Rückübertragung des Grundstücks auszugehen sei und der Kläger hinsichtlich der Annahme des Kaufangebots nicht völlig frei sei, ist in sich schlüssig und nicht evident rechtsfehlerhaft.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte im Streitzeitraum entgeltliche Leistungen durch die Nutzungsüberlassung sog. Floating-Tanks. Diese enthielten konzentrierte Salzwasserlösungen, so dass beim sog. Floaten die Last des eigenen Körpergewichts entfiel und sich Muskeln entspannen konnten. Die Tanks waren schallisoliert, wodurch der "sensorische Input" auf ein Minimum reduziert wurde. Die durchschnittliche Dauer einer Anwendung betrug 50 bis 60 Minuten.

2

Die Methode wurde zur Entspannung im Wellnessbereich sowie zu therapeutischen Zwecken wie z.B. zur Heilung stressbedingter Erkrankungen und Bluthochdruck, in der Orthopädie, Dermatologie und Sportmedizin eingesetzt. Es handelte sich --eine medizinische Indikation vorausgesetzt-- um eine physikalische Therapieform.

3

Auf Antrag vom 11. Dezember 2007 hatte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs am 23. Januar 2008 eine verbindliche Auskunft erteilt, nach der die Floating-Leistungen der Klägerin dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) unterliegen. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 widerrief das FA die verbindliche Auskunft. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, über den das FA noch nicht entschieden hat.

4

In ihrer Umsatzsteuervoranmeldung I/2009 meldete die Klägerin Umsätze in Höhe von ... € an und beantragte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Das FA lehnte dies ab und setzte mit Bescheid vom 25. September 2009 die Umsatzsteuer auf die Floating-Leistungen nach dem Regelsteuersatz fest.

5

Hiergegen erhob die Klägerin Sprungklage zum Finanzgericht (FG) nach § 45 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der das FA mit Schreiben vom 17. Juli 2009 zustimmte.

6

Während des FG-Verfahrens änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid I/2009 durch Bescheid vom 6. Juli 2009, der gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens wurde, da die verbindliche Auskunft noch für Januar 2009 Wirkung entfaltet habe und minderte die Umsatzsteuer entsprechend.

7

Mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 2323 veröffentlichten Urteil wies das FG die Klage ab, da die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, dass das Floating als medizinische Heilbehandlung genutzt werde und damit ein Heilbad vorliege.

8

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie biete Salzwasser-Schwebebäder in speziellen Kapseln (sog. Floating-Tanks). Dabei handele es sich um einen wannenartigen Behälter, in dem der Kunde in einer natürlichen Sole aus Wasser und Salz schwebe. Dies habe positive Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. So werde z.B. die Wirbelsäule entlastet, hoher Blutdruck gesenkt oder Stress reduziert. Hierzu habe sie dem FG zahlreiche Stellungnahmen namhafter Experten vorgelegt. Hieraus ergebe sich, dass ihre Kunden das Floating als medizinische Heilbehandlung nutzten und ein Heilbad i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG vorliege. Die gegenteilige Auffassung des FG entspreche nicht der bisherigen Rechtsprechung. Sie habe auch Nachweise durch Kundenbefragungen erbracht.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den Bescheid zur Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung I/2009 vom 6. Juli 2009 dahingehend abzuändern, dass die Vorauszahlung auf ... € festgesetzt wird.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Während des Revisionsverfahrens erging der Umsatzsteuer-Jahressteuerbescheid 2009 vom 5. September 2012.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

13

1. Das Urteil des FG war aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil der während des Revisionsverfahrens ergangene Umsatzsteuer–Jahresbescheid für 2009 vom 5. September 2012 gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/2009, über dessen Rechtmäßigkeit das FG entschieden hat, ersetzt hat und nunmehr Gegenstand des Verfahrens geworden ist (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. November 2005 V R 63/02, BFHE 212, 161, BStBl II 2006, 337, unter II.1., und vom 17. Dezember 2008 XI R 79/07, BFHE 224, 156, BStBl II 2009, 434, unter II.1.). Da das FG über einen nicht mehr existenten Bescheid entschieden hat, kann das Urteil keinen Bestand haben.

14

Auch wenn der Änderungsbescheid den Streitstoff nicht berührt hat, wie die Klägerin mitgeteilt hat, scheidet im Streitfall eine Sachentscheidung des BFH aus, weil das Urteil an einem Verfahrensmangel leidet. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO)

15

2. Verfahrensfehlerhaft hat das FG das Verfahren über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt, bis über den Einspruch gegen den Widerruf der verbindlichen Auskunft abschließend entschieden ist, denn die Entscheidung über die Wirksamkeit des Widerrufs der am 23. Januar 2008 erteilten Zusage ist vorgreiflich für die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2009.

16

a) Unterlässt das FG eine gebotene Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO, liegt darin ein Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes gegen die Grundordnung des Verfahrens (BFH-Entscheidungen vom 17. Dezember 2003 I R 47/02, BFH/NV 2004, 771; vom 9. Februar 2005 X R 52/03, BFH/NV 2005, 1235; vom 16. November 2006 XI B 156/05, BFH/NV 2007, 401, und vom 31. Mai 2010 X B 162/09, BFH/NV 2010, 2011, jeweils m.w.N.), der von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 9. September 2010 IV R 31/08, BFH/NV 2011, 413; vom 14. Februar 2008 IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156, m.w.N.).

17

b) Voraussetzung für die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO ist, dass die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Eine Abhängigkeit zwischen zwei anhängigen Verfahren in diesem Sinne besteht, wenn der Ausgang des einen (möglicherweise auszusetzenden) Rechtsstreits (hier des Verfahrens gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung für 2009) von dem anderen (möglicherweise vorgreiflichen) Verfahren (hier dem Einspruchsverfahren gegen den Widerruf einer bereits erteilten Zusage in Bezug auf die dem geänderten Umsatzsteuerbescheid zugrunde liegende Streitfrage, ob auf die Floating-Leistungen der Klägerin der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden ist) in der Sache beeinflusst werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn ein Verfahren, in dem über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer erteilten verbindlichen Auskunft gestritten wird, ist wegen der Bindung an eine erteilte Auskunft --anders als ein Verfahren über einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (Negativbescheid)-- i.S. des § 74 FGO vorgreiflich für das entsprechende Festsetzungsverfahren.

18

aa) Nach § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) kann der Steuerpflichtige aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit eine verbindliche Auskunft (Zusage) darüber verlangen, wie ein in der Zukunft liegender Besteuerungstatbestand steuerrechtlich zu beurteilen ist. Nach § 2 Abs. 1 der ab dem 8. Dezember 2007 geltenden Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO (Steuer-Auskunftsverordnung --StAuskV--) ist die von der nach § 89 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nur dann nicht bindend, wenn sie --anders als im Streitfall, in dem das FA zugunsten der Klägerin zugesagt hat, dass die Floating-Leistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterlägen -- zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

19

bb) Die positive verbindliche Auskunft ist ein Verwaltungsakt und enthält die für die betreffende Steuerart verbindliche Feststellung über eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung des der Auskunft zugrundeliegenden Sachverhalts (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07, BFHE 225, 50, BStBl II 2010, 996 zur Anrufungsauskunft nach § 42e des Einkommensteuergesetzes). Das FA kann die Auskunft, insbesondere sofern sich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt, im Besteuerungsverfahren zwar nach § 2 Abs. 3 StAuskV ex nunc aufheben oder ändern (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 2009 I R 20/09, BFH/NV 2010, 391; vom 29. Februar 2012 IX R 11/11, BFHE 237, 9, BStBl II 2012, 651 zu den Kriterien für die Ermessensentscheidung). Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt dann nach § 2 Abs. 2 StAuskV ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden. Liegen diese Voraussetzungen aber nicht vor, bindet die erteilte Auskunft, wenn sie wie --im Streitfall-- zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt, bei identischem Sachverhalt selbst dann, wenn sie dem geltenden Recht widerspricht. Dem FA ist daher in Bezug auf diese positive Feststellung in der Auskunft eine Rechtmäßigkeitsprüfung im Rahmen der entsprechenden Steuerfestsetzung verwehrt. Ist aber bei einer verwaltungsaktbezogenen Klage die Prüfung der Rechtmäßigkeit ausgeschlossen, besteht insoweit eine Abhängigkeit i.S. des § 74 FGO (z.B. BFH-Urteil vom 20. September 1989 X R 8/86, BFHE 158, 205, BStBl II 1990, 177; BFH-Beschluss vom 11. März 2011 II B 152/10, BFH/NV 2011, 1008).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war zunächst Mitglied der Zusatzversorgungskasse (ZVK) der Stadt X. Mit der Mitgliedschaft verfolgte sie den Zweck, ihren Arbeitnehmern beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis einen zusätzlichen Versorgungsanspruch zu verschaffen. Entsprechend einer am 10. Januar 2001 abgeschlossenen Vereinbarung übernahm die Y Zusatzversorgungskasse Z (YZVK) das Vermögen der ZVK. Die bisherigen Mitglieder der ZVK wurden mit Wirkung ab 1. Januar 2001 Mitglieder der YZVK. Sie hatten an die YZVK zum Ausgleich der mit der Übernahme für die YZVK verbundenen Nachteile eine Ausgleichszahlung zu leisten. Der Nachteilsausgleich belief sich für die Klägerin auf 49 Mio. DM. Der Betrag war ab 2001 in 15 gleichen Raten zu zahlen. Die Klägerin behandelte die Zahlungen des Nachteilsausgleichs als erhöhte Umlage und erhob die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz gemäß § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Soweit die Zahlungen die Pauschalierungsgrenze überstiegen, unterwarf die Klägerin die entsprechenden Beträge dem Regelbesteuerungsverfahren.

2

Im Anschluss an die Entscheidung des Senats vom 14. September 2005 VI R 148/98 (BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532) teilte die Klägerin dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 mit, dass sie eine "Stornierung der zu Unrecht versteuerten geldwerten Vorteile aus Nachteilsausgleichszahlungen der Jahre 2002 - 2005" beabsichtige. Sie beantragte eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) dahingehend, dass die von ihr beabsichtigte Rückabwicklung der zu Unrecht erfolgten Besteuerung der Nachteilsausgleichszahlungen rechtmäßig sei. Dazu teilte sie unter 3. ihres Schreibens ihre Absicht mit, die Versteuerung der Zahlungen im laufenden Kalenderjahr dergestalt rückgängig zu machen, dass die stornierten Beträge als negative Einnahmen vom Arbeitslohn abgesetzt würden. Die in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2004 zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfenen Beträge sollten in den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006 als negative Einnahmen behandelt werden. Den nicht mehr bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern werde sie auf Wunsch eine Bescheinigung über die zu Unrecht versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen ausstellen. Der Erstattungsanspruch, der für die in den Jahren 2002 bis 2005 fälschlicherweise pauschal versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen entstanden sei, solle mit entsprechenden Zahlungen im kommenden Anmeldungszeitraum verrechnet werden.

3

Das FA erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Juni 2006 die erbetene Anrufungsauskunft. Darin heißt es, bezugnehmend auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30. Mai 2006 IV C 5 -S 2333- 53/06 I u.a.: "...

Danach unterliegen also lediglich o.g. Sonderzahlungen, die bis einschließlich 31.12.2005 vom Arbeitgeber geleistet wurden, nicht dem Lohnsteuerabzug.

Der in Ihrem Schreiben vom 05.12.2006 unter Punkt 3 geplanten Vorgehensweise stimme ich daher grundsätzlich zu ...".

4

Am 20. September 2006 widerrief das FA seine Zustimmung zu der von der Klägerin geplanten und unter 3. des Schreibens vom 6. Dezember 2005 mitgeteilten Vorgehensweise "für die Zukunft". Zur Begründung heißt es:

"Nach einer mündlichen Auskunft von Herrn G (Lohnsteuer-Referat ...) stellen die von Ihren Arbeitnehmern überzahlten Individualsteuerbeträge keine negativen Arbeitslöhne im Zeitpunkt der angeblichen Rückzahlung in 2006 dar, da überhaupt kein Abfluss i.S. von § 11 Abs. 2 EStG vorliegt."

5

Mit Schreiben vom 29. September 2006 bekräftigte das FA seine Auffassung, dass negativer Arbeitslohn nur angenommen werden könne, wenn tatsächlich eine Zahlung aus dem Versorgungssystem zurückfließe oder aber der betroffene Arbeitnehmer sein Bezugsrecht ersatzlos verliere. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Insbesondere seien die bisher besteuerten Sonderzahlungen nicht zurückgezahlt worden.

6

Das FA verwarf den gegen den Widerruf gerichteten Einspruch der Klägerin als unzulässig, weil es sich bei der Anrufungsauskunft nicht um einen Verwaltungsakt handele.

7

Die Klägerin erhob gegen die Einspruchsentscheidung erfolglos Klage. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, dass die von der Klägerin in erster Linie erhobene Anfechtungsklage unzulässig sei. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei zulässig, die Feststellungsklage sei jedoch unbegründet. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 347 veröffentlicht.

8

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

9

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, den Verwaltungsakt des FA vom 20. September 2006 (Widerruf der Anrufungsauskunft) und die Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise (unter Aufhebung der Vorentscheidung) festzustellen, dass der Widerruf vom 20. September 2006 rechtswidrig ist.

10

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und des angefochtenen Verwaltungsakts vom 20. September 2006.

12

1. Die von der Klägerin erhobene --auf Aufhebung eines Verwaltungsakts gerichtete-- Anfechtungsklage (§ 40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist zulässig. Sowohl die Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) als auch deren Aufhebung stellen Verwaltungsakte i.S. des § 118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) dar. Zwar hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner früheren Rechtsprechung der Anrufungsauskunft nach § 42e EStG lediglich den Charakter einer bloßen Wissenserklärung zuerkannt. Der Senat hat diese Rechtsprechung jedoch mit Urteil vom 30. April 2009 VI R 54/07 (BFHE 225, 50) aufgegeben und die Anrufungsauskunft als feststellenden Verwaltungsakt qualifiziert. Zur Begründung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zitierte Entscheidung verwiesen. Dabei ist nach Ansicht des Senats auch unbeachtlich, dass das FA die Anrufungsauskunft lediglich "grundsätzlich" erklärt hat. Angesichts des Wortlauts von § 42e EStG ("hat auf Anfrage... Auskunft zu geben, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind") ist eine Beschränkung der Regelungswirkung entgegen der Auffassung des FG nicht möglich.

13

2. Die Klage ist auch begründet. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der erteilten Anrufungsauskunft liegen nicht vor.

14

a) § 42e EStG enthält für die Aufhebung bzw. Änderung einer Anrufungsauskunft keine eigene Korrekturbestimmung. Demgegenüber eröffnet der die Außenprüfung betreffende § 207 Abs. 2 AO die Möglichkeit, eine verbindliche Zusage mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben oder zu ändern. Eine Einschränkung ergibt sich lediglich aus dem Umstand, dass die Maßnahme in das Ermessen des Finanzamts gestellt ist (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 207 AO Rz 10). Vergleichbares gilt gemäß § 89 Abs. 2 AO i.V.m. § 2 Abs. 3 der Steuer-Auskunftsverordnung für nach dem 12. September 2006 erteilte verbindliche Auskünfte. Der Senat sieht in dem Fehlen einer Korrekturvorschrift für die Lohnsteueranrufungsauskunft eine Gesetzeslücke, die durch entsprechende Anwendung des § 207 Abs. 2 AO zu schließen ist (gl.A. Schulze Grotthoff, Betriebs-Berater 2009, 2123; a.A. Heuermann, Die steuerliche Betriebsprüfung 2009, 275).

15

Der Senat hat, wie im Urteil in BFHE 225, 50 ausgeführt, seine Rechtsprechung zur Rechtsnatur der Anrufungsauskunft mit der Rechtsentwicklung im Bereich der verbindlichen Zusage (und verbindlichen Auskunft) und der Vermeidung von ansonsten auftretenden Wertungswidersprüchen zwischen diesem Institut und der Anrufungsauskunft begründet. Wenn der Gesetzgeber Steuerpflichtigen aus Gründen der Planungs- und Entscheidungssicherheit Rechtsschutz in Form von Zusagen bereits vor der eigentlichen Steuerfestsetzung gewährt, so darf der Rechtsschutz im Bereich des § 42e EStG für den Arbeitgeber, der zudem Entrichtungsempfänger ist und für Lohnsteuerzwecke vom Fiskus in Anspruch genommen wird, nicht schwächer ausfallen. Die vom Senat damit angesprochene Wertungsgleichheit zwischen der Zusage und der Anrufungsauskunft ist nicht auf die Frage des Rechtsschutzes beschränkt, sondern erfordert auch einen Gleichklang im Bereich der Korrekturmöglichkeiten. Denn die Gründe, die den Gesetzgeber veranlasst haben, im Fall einer verbindlichen Zusage wegen der Vorverlagerung des Verwaltungshandelns von einer minderen Verbindlichkeit auszugehen und deshalb die Korrekturmöglichkeiten zu erleichtern, gelten auch für die Anrufungsauskunft. Da die verbindliche Zusage in die Zukunft wirkt, sind das Dispositionsinteresse des Steuerpflichtigen und die Fundamentalprinzipien der Gesetz- und Gleichmäßigkeit der Besteuerung in angemessener Weise sachgerecht auszugleichen. Dabei hat es der Gesetzgeber für richtig erachtet, der Finanzbehörde zu ermöglichen, sich von einer eingegangenen Selbstverpflichtung ex nunc wieder lösen zu können. Dies gilt wegen des Gebots der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns insbesondere dann, wenn die verbindliche Zusage ohne Rechtsgrundlage oder unter Verstoß gegen materielles Recht erteilt wurde. Die Korrekturvorschriften des § 130 und § 131 AO werden dem Erfordernis, im Fall eines vorverlagerten Verwaltungshandelns eine erleichterte Korrekturmöglichkeit zu eröffnen, nicht gerecht.

16

Das Bedürfnis nach einer eigenständigen Korrekturmöglichkeit für die Lohnsteueranrufungsauskunft gemäß § 42e EStG ist zwar erst durch die genannte Änderung der Rechtsprechung im BFH-Urteil in BFHE 225, 50 entstanden. Nach Überzeugung des Senats hätte der Gesetzgeber jedoch die dadurch offenbar gewordene Regelungslücke sachgerecht durch eine am Inhalt des § 207 Abs. 2 AO orientierte Norm geschlossen (s. dazu Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 351).

17

b) Kann danach entsprechend § 207 Abs. 2 AO auch eine Anrufungsauskunft unter erleichterten Bedingungen für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, so bedeutet dies nicht, dass die Behörde grundsätzlich ohne jede weitere Voraussetzung zur Aufhebung oder Änderung befugt ist. § 207 Abs. 2 AO stellt die Aufhebung oder Änderung der verbindlichen Zusage in das Ermessen der Behörde ("kann"). Die Vorschrift stellt also die Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsakts für die Zukunft nicht generell frei; sie macht die Entscheidung vielmehr von sachgerechten Erwägungen der Behörde abhängig. Abzuwägen ist insbesondere, ob das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Einhaltung der verbindlichen Zusage größeres Gewicht hat als der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der die Durchsetzung des "richtigen Rechts" verlangt (Schick in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 207 AO Rz 21, 26 ff.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 207 AO Rz 10 ff.).

18

c) Nach den genannten Grundsätzen hätte somit das FA entsprechend § 207 Abs. 2 AO eine Ermessensentscheidung treffen müssen. Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen lassen (§ 102 Satz 1 FGO), muss die Ermessensentscheidung der Verwaltung begründet werden (vgl. § 121 Abs. 1 AO). Dabei müssen die bei der Ausübung des Verwaltungsermessens angestellten Erwägungen aus der Entscheidung erkennbar sein (BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579, m.w.N.).

19

Im Streitfall hat das FA weder im angefochtenen Aufhebungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung den Widerruf begründet und insbesondere keine Abwägung der für und gegen eine Aufhebung sprechenden Umstände vorgenommen (s. dazu BFH-Urteil in BFHE 225, 50). Aus den behördlichen Entscheidungen geht nicht einmal hervor, dass sich das FA des ihm eingeräumten Ermessens bewusst war (s. zum Ermessensnichtgebrauch Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 5 AO Rz 40).

20

Die in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter des FA geäußerte Erwägung, die Auskunft habe sich als rechtswidrig erwiesen und sei allein deshalb (zu Recht) widerrufen worden, kann nicht mehr berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei nicht um eine Ergänzung der Ermessenserwägungen, sondern um deren nicht zulässige Nachholung (BFH-Urteil in BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.