Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Ablehnung des Beklagten vom 28. Mai 2010, dem Kläger eine Bescheinigung über die Freistellung vom Lohnsteuerabzug gemäß § 39 d Abs. 3 Satz 4 EStG in Verbindung mit § 39 b Abs. 6 EStG zu erteilen, und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 rechtswidrig waren.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigen zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 Euro kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit vom Lohnsteuerabzug freizustellen sind.
Der Kläger erzielte im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem Arbeitsverhältnis mit der B GmbH. Sein Familienwohnsitz (Hauptwohnsitz) befindet sich in X/Österreich. Der Kläger unterhält ferner einen Zweitwohnsitz in „Y/Frankreich“, zu der er in der Regel nach der Arbeit im Inland zurückkehrt.
Am 12. März 2010 reichte er bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA) einen Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 39 Abs. 6 EStG als Grenzgänger nach Frankreich ein.
Das FA lehnte mit Bescheid vom 28. Mai 2010 den Antrag, die inländischen Einkünfte vom Lohnsteuerabzug freizustellen, ab, da das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat anzuwenden sei, indem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen befinde. Dies sei, weil sich der Familienwohnsitz des Klägers in Österreich befinde, das DBA Deutschland-Österreich. Danach stehe nach dem Quellenstaatprinzip Deutschland das Besteuerungsrecht zu.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 9. Juni 2010 beim FA eingegangene Einspruch vom 7. Juni 2010. Mit dem Einspruch begehrte der Kläger das DBA Deutschland-Frankreich vorrangig anzuwenden, da er wegen seiner doppelten Ansässigkeit sowohl in Bezug auf das DBA Deutschland-Österreich als auch in Bezug auf das DBA Deutschland-Frankreich abkommensberechtigt sei und damit befugt sei, das DBA Deutschland-Frankreich in Anspruch zu nehmen. Wegen der im Streitfall vorliegenden Dreieckskonstellation und der Abkommensberechtigung sowohl in Bezug auf das DBA Deutschland-Frankreich als auch das DBA Deutschland-Österreich könne der Kläger das für ihn günstigere Abkommen wählen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies es darauf hin, dass abkommensberechtigt auf das DBA Deutschland-Frankreich, das DBA Deutschland-Österreich und das DBA Österreich-Frankreich jeweils die in einem oder in beiden Vertragsstaaten ansässigen Personen seien. Die relevante Ansässigkeit bestimme sich bei Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten durch Fiktion. So gelte in allen genannten DBA bei doppelter Ansässigkeit „die Person als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfüge. Verfüge sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gelte sie in dem Vertragsstaat als ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen).“ Diese durch Fiktion definierte Ansässigkeit räume dem Staat, indem sich bei doppelter Ansässigkeit der Mittelpunkt der Lebensinteressen befinde, Priorität ein. In Bezug auf die im Streitfall tangierten Doppelbesteuerungsabkommen ergäbe sich daraus folgendes:
1. DBA Frankreich-Deutschland:
Nach Art. 13 Abs.1 i. V. m. Abs. 5 seien die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Frankreich zu versteuern, sofern die Grenzgängereigenschaft gegeben sei.
        
        
2. DBA Deutschland-Österreich:
Nach Art. 15 Abs. 1 seien die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, weil hier die Grenzgängereigenschaft nicht gegeben sei, in Deutschland als Quellenstaat zu versteuern.
        
        
3. DBA Frankreich-Österreich:
Wegen des sich in Österreich befindlichen Mittelpunkts der Lebensführung, der (kraft Fiktion) zur dortigen (alleinigen) Ansässigkeit führe, lägen Einkünfte aus Drittstaaten vor.
Keines der DBA enthalte ein Wahlrecht des jeweiligen Abkommensberechtigten bei mehrfacher Abkommensberechtigung durch unterschiedliche DBA.
Im hier zu entscheidenden Dreieckssachverhalt sei zudem auch keine Regelungslücke für ein Wahlrecht erkennbar, da alle drei tangierten DBA sich entsprechende Regelungen zur Lösung des Ansässigkeitskonflikts (Tie-Breaker-Rule) hätten. Das Netz der hier zu beachtenden DBA sei im Hinblick auf die Gleichheit der jeweiligen, wenn auch nur bilateral vereinbarten Tie-Breaker-Regelungen einheitlich und, die tangierten DBA betreffend, übergreifend zu sehen.
10 
Im Übrigen würden auch inländische Gesetze bei Dreieckssachverhalten kein Wahlrecht für Steuerpflichtige zu Gunsten eines bestimmten DBA vorsehen.
11 
Die Anwendung dieser Grundsätze führe im Streitfall dazu, dass im Verhältnis zu dem DBA Deutschland-Frankreich das DBA Deutschland-Österreich vorrangig anzuwenden sei mit der Folge, dass die vom Kläger im Inland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Deutschland als dem Quellenstaat zu versteuern seien.
12 
Mit der am 1. März 2011 erhobenen Verpflichtungsklage wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen im Rechtsbehelfsverfahren.
13 
Mit Schreiben vom 4. Mai 2011 (AS. 28) ist das FA der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung entgegen getreten.
14 
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. August 2011 (AS. 43) legte der Kläger Unterlagen zum Nachweis dafür vor, dass er im Streitjahr 2010 (auch) in Frankreich besteuert wurde.
15 
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 18. Januar 2012 einen Erörterungstermin durchgeführt und die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die im Streitfall gegebene Kollision von mehreren, in einfaches Recht transformierten Doppelbesteuerungsabkommen seiner Auffassung nach unter Anwendung allgemeiner Auslegungsregeln aufzulösen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (AS. 69).
16 
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigen vom 28. Januar 2012 (AS. 71) legte der Kläger Reisekostenabrechnungen für das Streitjahr 2010, eine Auswertung über die Anzahl der Nichtrückkehrtage sowie verschiedene Nachweise bezüglich seiner Wohnungen in X und Y vor und ließ mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24. Februar 2012 (AS. 110) vortragen, dass er sein Klageziel nunmehr auf dem Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erreichen wolle, aber den bisherigen Verpflichtungsantrag als Hilfsantrag aufrecht erhalte.
17 
Das FA führte in der Folgezeit bei dem Arbeitgeber des Klägers eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch und trug mit Schreiben vom 13. März 2012 (AS. 43) und vom 28. Juni 2012 (AS. 124) vor, dass die erhobene unzulässige Verpflichtungsklage nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden könne. Denn die begehrte Freistellung vom Lohnsteuerabzug sei nur bis zum Abschluss des Lohnkontos möglich. Nach § 41 b EStG sei das Lohnkonto am Ende des Kalenderjahres, spätestens bis zum 28. Februar der Folgejahres (Übermittlung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung) abzuschließen. Nach Abschluss des Lohnkontos könne über die Freistellung als Grenzgänger nur noch in einem besonderen Erstattungsverfahren nach Art. 25 b Abs. 1 Satz 2 DBA Deutschland-Frankreich entschieden werden. Im Übrigen könne die Kollision mehrerer Doppelbesteuerungsabkommen im Streitfall nicht allein dadurch gelöst werden, dass allein das sich aus Art. 13 Abs. 5 DBA-Deutschland-Frankreich ergebende Merkmal der „ständigen Wohnstätte“ für die Zuweisung des Besteuerungsrechts relevant sein solle. Es seien vielmehr keine Kriterien erkennbar, welche geeigneter als die Ansässigkeit wären, um die bestehende Kollision aufzulösen. Es sei nicht erkennbar, weshalb die ständige Wohnstätte besser geeignet sein solle, als der Rückgriff auf eine analoge Anwendung der Tie-Breaker-Regelung. Es gelte zu bedenken, dass Dreieckskonstellationen auch in Fällen ohne Grenzgängerregelung denkbar seien. Ein Rückgriff auf eine ständige Wohnstätte könne in diesen Fällen nicht erfolgen, wohingegen die Ansässigkeit in jedem Abkommen zu bestimmen sei. Im Hinblick darauf könnten bzw. müssten Steuerpflichtige, die Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten beziehen, unter Umständen für jede Einkunftsart ein anderes Doppelbesteuerungsabkommen anwenden. Dabei müsste getrennt für jede Abkommensregelung ein Rückgriff auf ein gesondertes Merkmal erfolgen, beispielsweise die Wohnstätte mit täglicher Rückkehr bei der Grenzgängerregelung und die Ansässigkeit bei Dividenden.
18 
Bei einem Rückgriff auf die Ansässigkeit würde sich dagegen die Besteuerung eines Steuerpflichtigen bei Dreieckskonstellationen immer nur nach einem Abkommen richten, und zwar nach demjenigen, das der Quellenstaat mit dem (vorrangigen) Ansässigkeitsstaat vereinbart hat. Im Übrigen verfüge der Kläger sowohl in Frankreich als auch in Österreich über eine ständige Wohnstätte. Die weiteren Einschränkungen im Rahmen der Grenzgängerregelung dürften eher im Hinblick auf die Ansässigkeit zu sehen sein.
19 
Selbst wenn man zum Ergebnis käme, dass das DBA Deutschland-Frankreich vorrangig anwendbar sei, sei nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Kläger die Grenzgängereigenschaft nicht erfülle. In Anlehnung an die im Verfahren wegen Lohnsteuerermäßigung für das Jahr 2011 geltend gemachten Familienheimfahrten nach Österreich und die im Klageverfahren vorgetragenen (unstreitigen) Dienstreisen sei davon auszugehen, dass die schädliche Grenze von 45 Tagen überschritten worden sei.
20 
Der Kläger vertrat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16. April 2012 (AS. 116), vom 20. Juli 2012 (AS. 133) und vom 24. August 2012 die Auffassung, dass eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann statthaft sei, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt oder ein Verpflichtungsbegehren schon vor der Klageerhebung erledigt habe. Im Übrigen habe der BFH in seiner erst jetzt veröffentlichten Entscheidung vom 21. Oktober 2011 I R 70/08 (BStBl. II 2012, 493) ausdrücklich bestätigt, dass ein Arbeitnehmer einen Erstattungsanspruch in analoger Anwendung des § 50 d Abs. 1 Satz 2 EStG habe, wenn eine Zahlung des Arbeitgebers zu Unrecht dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde, weil die Besteuerung der Zahlung abkommensrechtlich dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers zugewiesen ist.
21 
Zu den Familienheimfahrten sei zu sagen, dass der Kläger die 45-Tages-Grenze eindeutig eingehalten habe.
22 
Der Kläger beantragt, (Schriftsatz vom 24. Februar 2012, AS. 110) festzustellen, dass die Ablehnung des Beklagten vom 28. Mai 2010, dem Kläger eine Bescheinigung über die Freistellung vom Lohnsteuerabzug gemäß § 39 d Abs. 3 Satz 4 EStG in Verbindung mit § 39 b Abs. 6 EStG zu erteilen, und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 rechtswidrig waren; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 28. Mai 2010 und unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 17. Februar 2011 eine Bescheinigung über die Steuerbefreiung des ihm im Jahre 2010 gezahlten Arbeitslohns zu erteilen.
23 
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
24 
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Lohnsteuerakten Bezug genommen.
25 
Am 26. September 2012 hat vor dem Senat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht unstreitig gestellt haben, dass bei dem Kläger alle Tatbestandsmerkmale des Art. 13 Abs.1 i. V. m. Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich vorliegen, dieser also Grenzgänger im Sinne der genannten Vorschrift ist. Auf die Sitzungsniederschrift wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26 
I. Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO).
27 
Die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage wäre nunmehr unzulässig, weil sich die beantragte Freistellungsbescheinigung mit Ablauf der Frist für die Änderung des Lohnsteuerabzugs erledigt hatte. Gemäß § 41 c Abs. 3 EStG darf der Lohnsteuerabzug nach Ablauf des Kalenderjahres nur bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung geändert werden. Da die Lohnsteuerbescheinigung spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahres zu übermitteln ist (§ 41 b Abs. 1 EStG), kann das abgeschlossene Lohnsteuerkonto des Klägers nicht mehr geändert werden.
28 
Der Kläger hat sowohl unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie als auch der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 EStG (BFH-Urteil vom 11. Juli 2012 I R 76/11, BFH/NV 2012, 1966).
29 
Soweit das FA darauf hingewiesen hat, dass eine unzulässige Verpflichtungsklage nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden könne, hat es nicht beachtet, dass die Klageschrift vom 25. Februar 2011 datiert.
30 
II. Die zulässige Klage ist auch begründet.
31 
Das FA war verpflichtet, dem Kläger eine Freistellungsbescheinigung nach § 39 b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2010) i. V. m. Art. 13 Abs. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959, BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 342 (DBA Deutschland-Frankreich) zu erteilen. Das Besteuerungsrecht für die von dem Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit steht Frankreich zu.
32 
1. Der mit Zweitwohnsitz in Frankreich wohnende Kläger ist in Deutschland mit seinen inländischen Einkünften aus seiner hier ausgeübten nichtselbständigen Arbeit gemäß § 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig.
33 
Der Kläger genießt den Abkommensschutz des DBA Deutschland-Frankreich, denn dieses ist gemäß Art. 1 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich sachlich und persönlich auf ihn anwendbar. Der Kläger ist unstreitig (auch) in Frankreich ansässig, denn er ist dort nach französischem Recht auf Grund seines (dortigen) Wohnsitzes steuerpflichtig (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a DBA Deutschland-Frankreich). Frankreich hat von seinem Besteuerungsrecht auch Gebrauch gemacht.
34 
2. Entgegen der Auffassung des FA führen die Regelungen des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 DBA Deutschland-Frankreich, insbesondere die Fiktion einer Ansässigkeit (nur) in dem Vertragsstaat, indem der Steuerpflichtige den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b DBA Deutschland-Frankreich) nicht dazu, dass dem Kläger der Abkommensschutz des DBA-Frankreich (insgesamt) versagt werden könnte. Denn das DBA Deutschland-Frankreich gilt nur bilateral zwischen Deutschland und Frankreich. In Bezug auf die beiden Vertragsstaaten hat der Kläger keine doppelte Ansässigkeit, denn er ist in Deutschland unstreitig nicht ansässig.
35 
Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass Art. 1 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich im Falle einer doppelten Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten das Ziel verfolgen würde, den Steuerpflichtigen dem Schutz des Abkommens insgesamt zu entziehen, wenn dieser den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Deutschland hätte. Die Geltung für Personen mit Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten wird zwar (anders als in Art. 1 Abs. 1 OECD-Musterabkommen - MA -) nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber selbstverständlich (Kramer in Debatin/Wassermayer Frankreich, Stand: August 2012, Art. 1 Rz 4). Die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b DBA Deutschland-Frankreich geregelte Fiktion schließt deshalb die Anwendung des DBA nicht aus, sondern führt erst auf der Ebene der Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen) - soweit es abkommensrechtlich auf das Merkmal der Ansässigkeit ankommt - zum Vorrang eines Vertragsstaats.
36 
Der Umstand, dass der Kläger unstreitig auch den Abkommensschutz des DBA Deutschland-Österreich genießt, führt nach der Rechtsauffassung des Senats nicht dazu, dass bereits auf der Stufe der persönlichen Abkommensberechtigung(en) zu entscheiden wäre, ob und ggf. welches der beiden Abkommen vorrangig anzuwenden ist. Denn der zunächst abstrakte Befund, dass der Kläger in Bezug auf mehrere Doppelbesteuerungsabkommen abkommensberechtigt ist, besagt nicht zwangsläufig, dass die jeweiligen Abkommen bei einem Sachverhalt, bei dem mehr als zwei Staaten betroffen sind (so genannter Dreieckssachverhalt), das Besteuerungsrecht nicht ein und demselben Vertragsstaat zuweisen. Dass Dreieckssachverhalte schwierig zu lösen sind, ergibt sich aus der Natur von bilateralen Abkommen und musste den Vertragssaaten bei Abschluss der Doppelbesteuerungsabkommen bewusst gewesen sein.
37 
Die Problematik stellt sich nach der Rechtsauffassung des Senats erst auf der Ebene der Anwendung von einzelnen abkommensrechtlichen Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen), die festlegen, welche Besteuerungsverzichte die Vertragsstaaten jeweils leisten müssen. Kommt es bei der Anwendung konkreter Zuteilungsregeln dazu, dass das eine Abkommen das Besteuerungsrecht einem anderen Staat zuweist als das andere Abkommen (Kollision), ist zu klären, ob und ggf. welche der beiden Regelungen vorrangig anzuwenden ist.
38 
Soweit das FA meint, dass der von ihm verfolgte Lösungsweg schon deshalb vorzugwürdig sei, weil er sich auch auf andere Einkunftsarten übertragen lasse, übersieht es, dass die maßgeblichen Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen) häufig auf andere Kriterien abstellen als das Merkmal der Ansässigkeit. Es hat weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die Vertragsstaaten der Ansässigkeit die ihm von dem FA angenommene  Bedeutung beigemessen hätten (Nichtanwendung ganzer Doppelbesteuerungsabkommen in Fällen doppelter oder mehrfacher Ansässigkeit). Auch wenn es zu den anerkannten Regeln der Gesetzesanwendung - auch im Steuerrecht - gehört, unbewusste und planwidrige Gesetzeslücken durch Gesetzesanalogie oder Rechtsanalogie zu schließen (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 50/01, BStBl II 2002, 575 m. w. Rechtsprechungsnachweisen), fehlt es hier an einer Gesetzeslücke, die nicht auf einer gesetzgeberischen Absicht beruht. Deutschland und die anderen Vertragsstaaten haben vielmehr bewusst den Weg vieler bilateraler und nicht nur eines multilateralen Abkommens gewählt.
39 
3. Die Anwendung des DBA Deutschland-Frankreich führt im Streitfall dazu, dass Frankreich das Besteuerungsrecht zusteht.
40 
Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Deutschland-Frankreich steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Quellenstaat (hier: Deutschland) zu. Abweichend hiervon bestimmt Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben (Grenzgänger), nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Der Kläger erfüllt unstreitig alle Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm. Dies haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt.
41 
4. Die sog. Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich ist entgegen der Auffassung des FA nicht durch das DBA Deutschland-Österreich gesperrt.
42 
Das FA geht zutreffend davon aus, dass Art. 15 Abs. 1 DBA des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000, BGBl. 2002 II S. 2435, BStBl. 2002 I S. 958 (DBA Deutschland-Österreich) das Besteuerungsrecht für Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, Deutschland als Quellenstaat zuweist, wenn die Arbeit - wie im Streitfall - im Inland ausgeübt wird.
43 
Damit liegen im Streitfall kollidierende Zuteilungsregeln vor.
44 
5. Wie ein DBA-Dreieckssachverhalt in der im Streitfall gegebenen Konstellation zu lösen ist, wurde bisher - soweit ersichtlich - durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden. Sinn und Zweck beider Abkommen ist es, zu verhindern, dass die in einem der Vertragsstaaten ansässige Person doppelt zu Steuern herangezogen wird. Es ergibt sich aus der Natur der bilateralen Abkommen, dass sie aufgrund ihrer bloß zweiseitigen Ausrichtung eine derartige Situation nur unzureichend regeln. Hierzu werden in der Literatur im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Die eine Ansicht nimmt eine Günstigerprüfung vor und wendet zugunsten des Steuerpflichtigen stets das für ihn günstigere DBA an, d.  h. hier im Ergebnis das DBA Deutschland-Frankreich. Eine andere Auffassung möchte dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zubilligen mit der Folge, dass der Kläger im Streitfall das für ihn günstigere DBA Deutschland-Frankreich wählen könnte. Beide Ansichten kommen einhellig zu dem Ergebnis, dass im Streitfall das Besteuerungsrecht Frankreich zusteht.
45 
Das FA wendet insoweit zutreffend ein, dass von einem Wahlrecht nur dann ausgegangen werden kann, wenn dieses dem Kläger gesetzlich eingeräumt worden ist. Hierfür bieten beide Abkommen keinerlei Anhaltspunkte. Ebenso wenig enthalten sie Regelungen, aus denen sich ein Meistbegünstigungsprinz ableiten lässt. Mit den Doppelbesteuerungsabkommen verzichten die beteiligten Staaten nur in den dort geregelten Fällen zu Gunsten des anderen Vertragsstaats auf ihr Besteuerungsrecht.
46 
Nach Auffassung des Senats ist die Kollision der beiden Normen nach den allgemeinen Regeln aufzulösen, die die Rechtsprechung für Fälle der Normenkonkurrenz entwickelt hat.
47 
Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung werden in Deutschland nur mittelbar über Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in Form des jeweiligen Zustimmungsgesetzes angewendet. Sie erhalten dadurch innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes.
48 
Kollidieren zwei Regelungen im Rang eines einfachen Bundesgesetzes und enthält sich der Gesetzgeber - wie hier - einer eindeutigen Entscheidung, welche der beiden Normen vorrangig anzuwenden ist, ist die Normenkonkurrenz durch die Gerichte im Wege der Auslegung aufzulösen.
49 
a. Eine Auslegung nach Maßgabe des jeweiligen Wortlauts führt im Streitfall nicht weiter.
50 
Anknüpfungspunkt für eine einschränkende Auslegung der Grenzgängerregelung in  Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich könnte allenfalls das Tatbestandsmerkmal „ihre ständige Wohnstätte ... haben“ sein. Aus der vergleichbaren Regelung in Art. 16 Abs. 6 Nr. 1 DBA Deutschland-Österreich, „ihren Wohnsitz... haben“, haben die Finanzverwaltungen geschlossen, dass die Grenzgängerregelung des DBA Deutschland-Österreich nur anwendbar sei, wenn der Grenzgänger nur einen Wohnsitz hat (Lang/Stefaner Debatin/Wassermayer Österreich, Stand: August 2012, Art. 15 Rz 16). Allerdings wurde eingeschränkt, dass diese Verständigungsvereinbarung nicht überzogen angewendet werden darf. Entsprechende Verständigungsvereinbarungen in Bezug auf die Grenzgängerregelung existieren jedoch - soweit ersichtlich - zwischen Deutschland und Frankreich nicht.
51 
Eine derart einschränkende Auslegung lässt sich nach Auffassung des Senats dem Wortsinn des Possessivpronomens „ihre“ nicht entnehmen, das bei Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich lediglich die Zugehörigkeit der ständigen Wohnstätte zu der Person bezeichnet. Es muss sich um seine und nicht um die Wohnstätte einer anderen Person handeln. Der Verwendung des Possessivpronomens kann nicht entnommen werden, dass die Person nur eine einzige Wohnstätte hat.
52 
Das Abkommen stellt im Übrigen in Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich nicht auf den abkommensrechtlichen Begriff der Ansässigkeit (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) DBA Deutschland-Frankreich) ab, sondern setzt eine ständige Wohnstätte voraus, zu der die Person in der Regel jeden Tag zurückkehrt. Der von den Vertragsstaaten in Kenntnis der Tragweite dieses Begriffs vereinbarte klare Abkommenswortlaut begrenzt damit ein ausweitendes Verständnis des Begriffs „ihre ständige Wohnstätte“. Gemeint sind danach alle Räumlichkeiten, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind. Die Wohnstätte ist eine "ständige" i. S. des Abkommensrechts, wenn der Steuerpflichtige diese längerfristig nutzen kann und tatsächlich auch nutzt; eine ständige Wohnstätte setzt nicht ein ständiges Bewohnen der Wohnung oder ein Mindestmaß an Nutzung in jedem Veranlagungszeitraum voraus. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b) DBA Deutschland-Frankreich erfordert aber, dass die natürliche Person über eine ständige Wohnstätte "verfügt". Jemand verfügt über eine ständige Wohnstätte, wenn er die Möglichkeit hat, jederzeit (rechtmäßig) die Räumlichkeiten als Wohnstätte zu nutzen und sie tatsächlich nutzt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BStBl II 1999, 207; FG Hamburg, Urteile vom 12. Juni 2008 5 K 81/06, EFG 2008, 1558 und vom 11. September 2012 2 K 23/12, Juris). Eine ständige Wohnstätte setzt nicht voraus, dass sie der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen ist (Wassermayer in Debatin/Wassermayer MA, Stand: August 2012, Art. 4 Rz 33).
53 
Die Anwendung der Grenzgängerregelung scheitert somit nicht daran, dass der Kläger Wohnstätten in zwei Staaten hat (so auch zum DBA Schweiz BFH-Urteil vom 26. Oktober 1995 I B 205/94, BFH/NV 1996, 298).
54 
b. Es ist mit der Rechtsnatur der Abkommen als völkerrechtlichen Verträgen grundsätzlich unvereinbar, die Normenkollision nach dem Rechtsgrundsatz „lex posterior derogat legi priori“ (Vorrang des späteren vor dem früheren Gesetz) zu lösen.
55 
Nach inländischem Recht wurde bisher nach der wohl überwiegenden Rechtsauffassung der unilaterale „Bruch“ des völkervertragsrechtlich Vereinbarten (das sogenannte treaty overriding) zwar rechtstechnisch für möglich erachtet (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09, BFH/NV 2012, 1056 m. w. H.), weil völkerrechtliche Verträge der Bundesrepublik Deutschland innerstaatlich nur in Form des jeweiligen Zustimmungsgesetzes zu verbindlichem Recht werden, das durch spätere entgegenstehende gesetzliche Regelungen grundsätzlich geändert werden kann. Erforderlich ist hierbei jedoch, dass der Gesetzgeber bei dem Erlass des späteren Gesetzes eindeutig kenntlich gemacht hat, dass er sich über die Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens hinwegsetzen will (Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Stand: November 2012, § 2 Rz. 2 mit umfangreichen Nachweisen). Fehlt - wie im Streitfall - eine spezielle, das DBA Deutschland-Frankreich bewusst derogierende Vorschrift, so ist (auch) das DBA Deutschland-Frankreich anzuwenden. Die Bundesrepublik Deutschland ist im Übrigen völkerrechtlich beiden Vertragspartnern in gleicher Weise zur Einhaltung der Abkommen verpflichtet.
56 
Sinn und Zweck beider Abkommen ist es, zu verhindern, dass die in einem der Vertragsstaaten ansässige Person doppelt zu Steuern herangezogen wird. Keines der Abkommen enthält Bestimmungen, wie bei Dreieckssachverhalten zu verfahren ist. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass sich der Gesetzgeber mit dem neueren Abkommen über Regelungen in dem älteren Abkommen im Sinne eines Treaty Overriding hinwegsetzen wollte. Andernfalls hätte der Gesetzgeber einen von ihm gewollten Vorrang des einen vor einem anderen Abkommen deutlich zum Ausdruck gebracht.
57 
c. In derartigen Fällen der Gesetzeskonkurrenz kann eine der Normen einen weiteren (generellen) Anwendungsbereich haben als die konkurrierende speziellere Norm. Gemeinhin wird dann die Kollision nach dem Prinzip "lex specialis derogat legi generali" (Vorrang des spezielleren vor dem allgemeineren Gesetz) aufgelöst.
58 
In diesem Sinne ist unter systematischen Gesichtspunkten die Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich eine Ausnahmevorschrift von der in beiden Doppelbesteuerungsabkommen normierten Grundregel, dass das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Quellenstaat zusteht (vgl. Art. 13 Abs. 1 DBA Deutschland-Österreich und Art. 15 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich). In Ihren Grundsätzen stimmen beide Abkommen mit Art. 15 des OECD MA 2008 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen überein, das den allgemeinen Grundsatz enthält, dass Einkünfte aus unselbständiger Arbeit von dem Staat besteuert werden, in dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird (Tätigkeitsstaat). Beide Doppelbesteuerungsabkommen enthalten jedoch eine Grenzgängerregelung (vgl. Art. 15 Abs. 6 DBA Deutschland-Österreich und Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich). Hierbei handelt es sich um Sonderregelungen, die sich u. a. insoweit unterscheiden, als das DBA Deutschland-Österreich auf Personen abstellt, die „in dem einen Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben“), während das DBA Deutschland-Frankreich von Personen spricht, die „im Grenzgebiet eines Vertragsstaats arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Staates haben“. Beide Regelungen beruhen auf dem Prinzip der Besteuerung des Grenzgängers nur im Ansässigkeitsstaat. Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich geht den Abs. 1, 3 und 4 vor. Indem er als selbständige Rechtsfolge die Besteuerung von Arbeitnehmern im Wohnsitzstaat bestimmt, schließt er das Quellenstaatsprinzip aus. Dies gilt nach Wortlaut und Sinn der Regelung auch dann, wenn ein weiterer betroffener Staat - hier Österreich - zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu Gunsten von Deutschland auf ein ihm zustehendes Besteuerungsrecht verzichtet hat. Das DBA Deutschland-Frankreich enthält keinen Hinweis, dass die Grenzgängerregelung nicht angewandt werden soll, wenn der Steuerpflichtige auch in einem Drittstaat eine Wohnstätte hat bzw. dort ansässig ist.
59 
Entgegen der Auffassung des FA ist die Regelung in Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich geeignet, zu einer eindeutigen Bestimmung des Vertragsstaates zu führen, dem das Besteuerungsrecht zusteht. Denn es ist nicht vorstellbar, dass ein Steuerpflichtiger jeden Tag zu mehreren „ständigen Wohnstätten“ in unterschiedlichen Staaten zurückkehrt.
60 
Deutschland hat sich im Streitfall damit aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages seines Besteuerungsrechts begeben.
61 
Es wurde von dem FA weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die Begründung eines Zweitwohnsitzes in Frankreich ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO darstellt.
62 
Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, erübrigt sich eine Entscheidung über den Hilfsantrag.
63 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
64 
Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO.
65 
Der Kläger beantragt, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren liegt ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen ist. Der Kläger durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Gründe

26 
I. Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO).
27 
Die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage wäre nunmehr unzulässig, weil sich die beantragte Freistellungsbescheinigung mit Ablauf der Frist für die Änderung des Lohnsteuerabzugs erledigt hatte. Gemäß § 41 c Abs. 3 EStG darf der Lohnsteuerabzug nach Ablauf des Kalenderjahres nur bis zur Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigung geändert werden. Da die Lohnsteuerbescheinigung spätestens bis zum 28. Februar des Folgejahres zu übermitteln ist (§ 41 b Abs. 1 EStG), kann das abgeschlossene Lohnsteuerkonto des Klägers nicht mehr geändert werden.
28 
Der Kläger hat sowohl unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie als auch der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 EStG (BFH-Urteil vom 11. Juli 2012 I R 76/11, BFH/NV 2012, 1966).
29 
Soweit das FA darauf hingewiesen hat, dass eine unzulässige Verpflichtungsklage nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden könne, hat es nicht beachtet, dass die Klageschrift vom 25. Februar 2011 datiert.
30 
II. Die zulässige Klage ist auch begründet.
31 
Das FA war verpflichtet, dem Kläger eine Freistellungsbescheinigung nach § 39 b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2010) i. V. m. Art. 13 Abs. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959, BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 342 (DBA Deutschland-Frankreich) zu erteilen. Das Besteuerungsrecht für die von dem Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit steht Frankreich zu.
32 
1. Der mit Zweitwohnsitz in Frankreich wohnende Kläger ist in Deutschland mit seinen inländischen Einkünften aus seiner hier ausgeübten nichtselbständigen Arbeit gemäß § 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig.
33 
Der Kläger genießt den Abkommensschutz des DBA Deutschland-Frankreich, denn dieses ist gemäß Art. 1 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich sachlich und persönlich auf ihn anwendbar. Der Kläger ist unstreitig (auch) in Frankreich ansässig, denn er ist dort nach französischem Recht auf Grund seines (dortigen) Wohnsitzes steuerpflichtig (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a DBA Deutschland-Frankreich). Frankreich hat von seinem Besteuerungsrecht auch Gebrauch gemacht.
34 
2. Entgegen der Auffassung des FA führen die Regelungen des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 DBA Deutschland-Frankreich, insbesondere die Fiktion einer Ansässigkeit (nur) in dem Vertragsstaat, indem der Steuerpflichtige den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b DBA Deutschland-Frankreich) nicht dazu, dass dem Kläger der Abkommensschutz des DBA-Frankreich (insgesamt) versagt werden könnte. Denn das DBA Deutschland-Frankreich gilt nur bilateral zwischen Deutschland und Frankreich. In Bezug auf die beiden Vertragsstaaten hat der Kläger keine doppelte Ansässigkeit, denn er ist in Deutschland unstreitig nicht ansässig.
35 
Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass Art. 1 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich im Falle einer doppelten Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten das Ziel verfolgen würde, den Steuerpflichtigen dem Schutz des Abkommens insgesamt zu entziehen, wenn dieser den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Deutschland hätte. Die Geltung für Personen mit Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten wird zwar (anders als in Art. 1 Abs. 1 OECD-Musterabkommen - MA -) nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber selbstverständlich (Kramer in Debatin/Wassermayer Frankreich, Stand: August 2012, Art. 1 Rz 4). Die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b DBA Deutschland-Frankreich geregelte Fiktion schließt deshalb die Anwendung des DBA nicht aus, sondern führt erst auf der Ebene der Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen) - soweit es abkommensrechtlich auf das Merkmal der Ansässigkeit ankommt - zum Vorrang eines Vertragsstaats.
36 
Der Umstand, dass der Kläger unstreitig auch den Abkommensschutz des DBA Deutschland-Österreich genießt, führt nach der Rechtsauffassung des Senats nicht dazu, dass bereits auf der Stufe der persönlichen Abkommensberechtigung(en) zu entscheiden wäre, ob und ggf. welches der beiden Abkommen vorrangig anzuwenden ist. Denn der zunächst abstrakte Befund, dass der Kläger in Bezug auf mehrere Doppelbesteuerungsabkommen abkommensberechtigt ist, besagt nicht zwangsläufig, dass die jeweiligen Abkommen bei einem Sachverhalt, bei dem mehr als zwei Staaten betroffen sind (so genannter Dreieckssachverhalt), das Besteuerungsrecht nicht ein und demselben Vertragsstaat zuweisen. Dass Dreieckssachverhalte schwierig zu lösen sind, ergibt sich aus der Natur von bilateralen Abkommen und musste den Vertragssaaten bei Abschluss der Doppelbesteuerungsabkommen bewusst gewesen sein.
37 
Die Problematik stellt sich nach der Rechtsauffassung des Senats erst auf der Ebene der Anwendung von einzelnen abkommensrechtlichen Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen), die festlegen, welche Besteuerungsverzichte die Vertragsstaaten jeweils leisten müssen. Kommt es bei der Anwendung konkreter Zuteilungsregeln dazu, dass das eine Abkommen das Besteuerungsrecht einem anderen Staat zuweist als das andere Abkommen (Kollision), ist zu klären, ob und ggf. welche der beiden Regelungen vorrangig anzuwenden ist.
38 
Soweit das FA meint, dass der von ihm verfolgte Lösungsweg schon deshalb vorzugwürdig sei, weil er sich auch auf andere Einkunftsarten übertragen lasse, übersieht es, dass die maßgeblichen Zuteilungsregeln (Verteilungsnormen) häufig auf andere Kriterien abstellen als das Merkmal der Ansässigkeit. Es hat weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die Vertragsstaaten der Ansässigkeit die ihm von dem FA angenommene  Bedeutung beigemessen hätten (Nichtanwendung ganzer Doppelbesteuerungsabkommen in Fällen doppelter oder mehrfacher Ansässigkeit). Auch wenn es zu den anerkannten Regeln der Gesetzesanwendung - auch im Steuerrecht - gehört, unbewusste und planwidrige Gesetzeslücken durch Gesetzesanalogie oder Rechtsanalogie zu schließen (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 50/01, BStBl II 2002, 575 m. w. Rechtsprechungsnachweisen), fehlt es hier an einer Gesetzeslücke, die nicht auf einer gesetzgeberischen Absicht beruht. Deutschland und die anderen Vertragsstaaten haben vielmehr bewusst den Weg vieler bilateraler und nicht nur eines multilateralen Abkommens gewählt.
39 
3. Die Anwendung des DBA Deutschland-Frankreich führt im Streitfall dazu, dass Frankreich das Besteuerungsrecht zusteht.
40 
Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Deutschland-Frankreich steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Quellenstaat (hier: Deutschland) zu. Abweichend hiervon bestimmt Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben (Grenzgänger), nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Der Kläger erfüllt unstreitig alle Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm. Dies haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt.
41 
4. Die sog. Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich ist entgegen der Auffassung des FA nicht durch das DBA Deutschland-Österreich gesperrt.
42 
Das FA geht zutreffend davon aus, dass Art. 15 Abs. 1 DBA des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000, BGBl. 2002 II S. 2435, BStBl. 2002 I S. 958 (DBA Deutschland-Österreich) das Besteuerungsrecht für Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, Deutschland als Quellenstaat zuweist, wenn die Arbeit - wie im Streitfall - im Inland ausgeübt wird.
43 
Damit liegen im Streitfall kollidierende Zuteilungsregeln vor.
44 
5. Wie ein DBA-Dreieckssachverhalt in der im Streitfall gegebenen Konstellation zu lösen ist, wurde bisher - soweit ersichtlich - durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden. Sinn und Zweck beider Abkommen ist es, zu verhindern, dass die in einem der Vertragsstaaten ansässige Person doppelt zu Steuern herangezogen wird. Es ergibt sich aus der Natur der bilateralen Abkommen, dass sie aufgrund ihrer bloß zweiseitigen Ausrichtung eine derartige Situation nur unzureichend regeln. Hierzu werden in der Literatur im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Die eine Ansicht nimmt eine Günstigerprüfung vor und wendet zugunsten des Steuerpflichtigen stets das für ihn günstigere DBA an, d.  h. hier im Ergebnis das DBA Deutschland-Frankreich. Eine andere Auffassung möchte dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht zubilligen mit der Folge, dass der Kläger im Streitfall das für ihn günstigere DBA Deutschland-Frankreich wählen könnte. Beide Ansichten kommen einhellig zu dem Ergebnis, dass im Streitfall das Besteuerungsrecht Frankreich zusteht.
45 
Das FA wendet insoweit zutreffend ein, dass von einem Wahlrecht nur dann ausgegangen werden kann, wenn dieses dem Kläger gesetzlich eingeräumt worden ist. Hierfür bieten beide Abkommen keinerlei Anhaltspunkte. Ebenso wenig enthalten sie Regelungen, aus denen sich ein Meistbegünstigungsprinz ableiten lässt. Mit den Doppelbesteuerungsabkommen verzichten die beteiligten Staaten nur in den dort geregelten Fällen zu Gunsten des anderen Vertragsstaats auf ihr Besteuerungsrecht.
46 
Nach Auffassung des Senats ist die Kollision der beiden Normen nach den allgemeinen Regeln aufzulösen, die die Rechtsprechung für Fälle der Normenkonkurrenz entwickelt hat.
47 
Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung werden in Deutschland nur mittelbar über Art. 59 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in Form des jeweiligen Zustimmungsgesetzes angewendet. Sie erhalten dadurch innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes.
48 
Kollidieren zwei Regelungen im Rang eines einfachen Bundesgesetzes und enthält sich der Gesetzgeber - wie hier - einer eindeutigen Entscheidung, welche der beiden Normen vorrangig anzuwenden ist, ist die Normenkonkurrenz durch die Gerichte im Wege der Auslegung aufzulösen.
49 
a. Eine Auslegung nach Maßgabe des jeweiligen Wortlauts führt im Streitfall nicht weiter.
50 
Anknüpfungspunkt für eine einschränkende Auslegung der Grenzgängerregelung in  Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich könnte allenfalls das Tatbestandsmerkmal „ihre ständige Wohnstätte ... haben“ sein. Aus der vergleichbaren Regelung in Art. 16 Abs. 6 Nr. 1 DBA Deutschland-Österreich, „ihren Wohnsitz... haben“, haben die Finanzverwaltungen geschlossen, dass die Grenzgängerregelung des DBA Deutschland-Österreich nur anwendbar sei, wenn der Grenzgänger nur einen Wohnsitz hat (Lang/Stefaner Debatin/Wassermayer Österreich, Stand: August 2012, Art. 15 Rz 16). Allerdings wurde eingeschränkt, dass diese Verständigungsvereinbarung nicht überzogen angewendet werden darf. Entsprechende Verständigungsvereinbarungen in Bezug auf die Grenzgängerregelung existieren jedoch - soweit ersichtlich - zwischen Deutschland und Frankreich nicht.
51 
Eine derart einschränkende Auslegung lässt sich nach Auffassung des Senats dem Wortsinn des Possessivpronomens „ihre“ nicht entnehmen, das bei Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich lediglich die Zugehörigkeit der ständigen Wohnstätte zu der Person bezeichnet. Es muss sich um seine und nicht um die Wohnstätte einer anderen Person handeln. Der Verwendung des Possessivpronomens kann nicht entnommen werden, dass die Person nur eine einzige Wohnstätte hat.
52 
Das Abkommen stellt im Übrigen in Art. 13 Abs. 5 Buchst. a) DBA Deutschland-Frankreich nicht auf den abkommensrechtlichen Begriff der Ansässigkeit (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a) DBA Deutschland-Frankreich) ab, sondern setzt eine ständige Wohnstätte voraus, zu der die Person in der Regel jeden Tag zurückkehrt. Der von den Vertragsstaaten in Kenntnis der Tragweite dieses Begriffs vereinbarte klare Abkommenswortlaut begrenzt damit ein ausweitendes Verständnis des Begriffs „ihre ständige Wohnstätte“. Gemeint sind danach alle Räumlichkeiten, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind. Die Wohnstätte ist eine "ständige" i. S. des Abkommensrechts, wenn der Steuerpflichtige diese längerfristig nutzen kann und tatsächlich auch nutzt; eine ständige Wohnstätte setzt nicht ein ständiges Bewohnen der Wohnung oder ein Mindestmaß an Nutzung in jedem Veranlagungszeitraum voraus. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b) DBA Deutschland-Frankreich erfordert aber, dass die natürliche Person über eine ständige Wohnstätte "verfügt". Jemand verfügt über eine ständige Wohnstätte, wenn er die Möglichkeit hat, jederzeit (rechtmäßig) die Räumlichkeiten als Wohnstätte zu nutzen und sie tatsächlich nutzt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1998 I R 40/97, BStBl II 1999, 207; FG Hamburg, Urteile vom 12. Juni 2008 5 K 81/06, EFG 2008, 1558 und vom 11. September 2012 2 K 23/12, Juris). Eine ständige Wohnstätte setzt nicht voraus, dass sie der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen ist (Wassermayer in Debatin/Wassermayer MA, Stand: August 2012, Art. 4 Rz 33).
53 
Die Anwendung der Grenzgängerregelung scheitert somit nicht daran, dass der Kläger Wohnstätten in zwei Staaten hat (so auch zum DBA Schweiz BFH-Urteil vom 26. Oktober 1995 I B 205/94, BFH/NV 1996, 298).
54 
b. Es ist mit der Rechtsnatur der Abkommen als völkerrechtlichen Verträgen grundsätzlich unvereinbar, die Normenkollision nach dem Rechtsgrundsatz „lex posterior derogat legi priori“ (Vorrang des späteren vor dem früheren Gesetz) zu lösen.
55 
Nach inländischem Recht wurde bisher nach der wohl überwiegenden Rechtsauffassung der unilaterale „Bruch“ des völkervertragsrechtlich Vereinbarten (das sogenannte treaty overriding) zwar rechtstechnisch für möglich erachtet (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09, BFH/NV 2012, 1056 m. w. H.), weil völkerrechtliche Verträge der Bundesrepublik Deutschland innerstaatlich nur in Form des jeweiligen Zustimmungsgesetzes zu verbindlichem Recht werden, das durch spätere entgegenstehende gesetzliche Regelungen grundsätzlich geändert werden kann. Erforderlich ist hierbei jedoch, dass der Gesetzgeber bei dem Erlass des späteren Gesetzes eindeutig kenntlich gemacht hat, dass er sich über die Bestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens hinwegsetzen will (Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Stand: November 2012, § 2 Rz. 2 mit umfangreichen Nachweisen). Fehlt - wie im Streitfall - eine spezielle, das DBA Deutschland-Frankreich bewusst derogierende Vorschrift, so ist (auch) das DBA Deutschland-Frankreich anzuwenden. Die Bundesrepublik Deutschland ist im Übrigen völkerrechtlich beiden Vertragspartnern in gleicher Weise zur Einhaltung der Abkommen verpflichtet.
56 
Sinn und Zweck beider Abkommen ist es, zu verhindern, dass die in einem der Vertragsstaaten ansässige Person doppelt zu Steuern herangezogen wird. Keines der Abkommen enthält Bestimmungen, wie bei Dreieckssachverhalten zu verfahren ist. Es erscheint daher ausgeschlossen, dass sich der Gesetzgeber mit dem neueren Abkommen über Regelungen in dem älteren Abkommen im Sinne eines Treaty Overriding hinwegsetzen wollte. Andernfalls hätte der Gesetzgeber einen von ihm gewollten Vorrang des einen vor einem anderen Abkommen deutlich zum Ausdruck gebracht.
57 
c. In derartigen Fällen der Gesetzeskonkurrenz kann eine der Normen einen weiteren (generellen) Anwendungsbereich haben als die konkurrierende speziellere Norm. Gemeinhin wird dann die Kollision nach dem Prinzip "lex specialis derogat legi generali" (Vorrang des spezielleren vor dem allgemeineren Gesetz) aufgelöst.
58 
In diesem Sinne ist unter systematischen Gesichtspunkten die Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich eine Ausnahmevorschrift von der in beiden Doppelbesteuerungsabkommen normierten Grundregel, dass das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Quellenstaat zusteht (vgl. Art. 13 Abs. 1 DBA Deutschland-Österreich und Art. 15 Abs. 1 DBA Deutschland-Frankreich). In Ihren Grundsätzen stimmen beide Abkommen mit Art. 15 des OECD MA 2008 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen überein, das den allgemeinen Grundsatz enthält, dass Einkünfte aus unselbständiger Arbeit von dem Staat besteuert werden, in dem die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird (Tätigkeitsstaat). Beide Doppelbesteuerungsabkommen enthalten jedoch eine Grenzgängerregelung (vgl. Art. 15 Abs. 6 DBA Deutschland-Österreich und Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich). Hierbei handelt es sich um Sonderregelungen, die sich u. a. insoweit unterscheiden, als das DBA Deutschland-Österreich auf Personen abstellt, die „in dem einen Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben“), während das DBA Deutschland-Frankreich von Personen spricht, die „im Grenzgebiet eines Vertragsstaats arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Staates haben“. Beide Regelungen beruhen auf dem Prinzip der Besteuerung des Grenzgängers nur im Ansässigkeitsstaat. Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich geht den Abs. 1, 3 und 4 vor. Indem er als selbständige Rechtsfolge die Besteuerung von Arbeitnehmern im Wohnsitzstaat bestimmt, schließt er das Quellenstaatsprinzip aus. Dies gilt nach Wortlaut und Sinn der Regelung auch dann, wenn ein weiterer betroffener Staat - hier Österreich - zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu Gunsten von Deutschland auf ein ihm zustehendes Besteuerungsrecht verzichtet hat. Das DBA Deutschland-Frankreich enthält keinen Hinweis, dass die Grenzgängerregelung nicht angewandt werden soll, wenn der Steuerpflichtige auch in einem Drittstaat eine Wohnstätte hat bzw. dort ansässig ist.
59 
Entgegen der Auffassung des FA ist die Regelung in Art. 13 Abs. 5 DBA Deutschland-Frankreich geeignet, zu einer eindeutigen Bestimmung des Vertragsstaates zu führen, dem das Besteuerungsrecht zusteht. Denn es ist nicht vorstellbar, dass ein Steuerpflichtiger jeden Tag zu mehreren „ständigen Wohnstätten“ in unterschiedlichen Staaten zurückkehrt.
60 
Deutschland hat sich im Streitfall damit aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrages seines Besteuerungsrechts begeben.
61 
Es wurde von dem FA weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die Begründung eines Zweitwohnsitzes in Frankreich ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO darstellt.
62 
Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat, erübrigt sich eine Entscheidung über den Hilfsantrag.
63 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
64 
Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO.
65 
Der Kläger beantragt, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren liegt ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen ist. Der Kläger durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

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(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1)1Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden auf Veranlassung des Arbeitnehmers Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet (§ 39a Absatz 1 und 4, § 39e Absatz 1 in Verbindung mit § 39e Absatz 4 Satz 1 und nach § 39e Absatz 8).2Soweit Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht nach § 39e Absatz 1 Satz 1 automatisiert gebildet werden oder davon abweichend zu bilden sind, ist das Finanzamt für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach den §§ 38b und 39a und die Bestimmung ihrer Geltungsdauer zuständig.3Für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale sind die von den Meldebehörden nach § 39e Absatz 2 Satz 2 mitgeteilten Daten vorbehaltlich einer nach Satz 2 abweichenden Bildung durch das Finanzamt bindend.4Die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 179 Absatz 1 der Abgabenordnung, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.5Die Bildung und die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Arbeitnehmer bekannt zu geben.6Die Bekanntgabe richtet sich nach § 119 Absatz 2 der Abgabenordnung und § 39e Absatz 6.7Der Bekanntgabe braucht keine Belehrung über den zulässigen Rechtsbehelf beigefügt zu werden.8Ein schriftlicher Bescheid mit einer Belehrung über den zulässigen Rechtsbehelf ist jedoch zu erteilen, wenn einem Antrag des Arbeitnehmers auf Bildung oder Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht oder nicht in vollem Umfang entsprochen wird oder der Arbeitnehmer die Erteilung eines Bescheids beantragt.9Vorbehaltlich des Absatzes 5 ist § 153 Absatz 2 der Abgabenordnung nicht anzuwenden.

(2)1Für die Bildung und die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach Absatz 1 Satz 2 des nach § 1 Absatz 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers ist das Wohnsitzfinanzamt im Sinne des § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung und in den Fällen des Absatzes 4 Nummer 5 das Betriebsstättenfinanzamt nach § 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zuständig.2Ist der Arbeitnehmer nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln oder beschränkt einkommensteuerpflichtig, ist das Betriebsstättenfinanzamt für die Bildung und die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale zuständig.3Ist der nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandelnde Arbeitnehmer gleichzeitig bei mehreren inländischen Arbeitgebern tätig, ist für die Bildung der weiteren Lohnsteuerabzugsmerkmale das Betriebsstättenfinanzamt zuständig, das erstmals Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet hat.4Bei Ehegatten, die beide Arbeitslohn von inländischen Arbeitgebern beziehen, ist das Betriebsstättenfinanzamt des älteren Ehegatten zuständig.

(3)1In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 hat der Arbeitnehmer den Antrag für die erstmalige Zu-teilung einer Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) beim Wohnsitzfinanzamt und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 beim Be-triebsstättenfinanzamt zu stellen.2Die Zuteilung einer Identifikationsnummer kann auch der Arbeitgeber beantragen, wenn ihn der Arbeitnehmer dazu nach § 80 Absatz 1 der Abgabenordnung bevollmächtigt hat.3Ist dem Arbeitnehmer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 und 2 bereits eine Identifikations-nummer zugeteilt worden, teilt das zuständige Finanzamt diese auf Anfrage des Arbeitnehmers mit.4Eine Anfrage nach Satz 3 kann auch der Arbeitgeber im Namen des Arbeitnehmers stellen.5Wird einem Arbeitnehmer in den Fällen des Satzes 1 keine Identifikationsnummer zugeteilt, gilt § 39e Absatz 8 sinngemäß.

(4) Lohnsteuerabzugsmerkmale sind

1.
Steuerklasse (§ 38b Absatz 1) und Faktor (§ 39f),
2.
Zahl der Kinderfreibeträge bei den Steuerklassen I bis IV (§ 38b Absatz 2),
3.
Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39a),
4.
Höhe der monatlichen Beiträge
a)
für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung eines nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Zuschusses für diese Beiträge vorliegen,
b)
für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1,
5.
Mitteilung, dass der von einem Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Lohnsteuer freizustellen ist, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt.

(4a)1Das Versicherungsunternehmen als mitteilungspflichtige Stelle hat dem Bundeszentralamt für Steuern nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung die in Absatz 4 Nummer 4 genannten Beiträge unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten zu übermitteln, soweit der Versicherungsnehmer dieser Übermittlung nicht gegenüber dem Versicherungsunternehmen widerspricht; das Bundeszentralamt für Steuern bildet aus den automatisiert übermittelten Daten die entsprechenden Lohnsteuerabzugsmerkmale.2Abweichend von § 93c Absatz 1 Nummer 1 der Abgabenordnung sind die Daten bis zum 20. November des Vorjahres, für das die Beiträge maßgeblich sind, zu übermitteln.3Bei unterjährigen Beitragsänderungen sind die Daten dem Bundeszentralamt für Steuern zeitgleich mit der Mitteilung der Beitragsänderung an den Versicherungsnehmer zu übermitteln.4Ändern sich die nach Satz 2 übermittelten Daten infolge von Beitragsvorausleistungen, sind die geänderten Daten bis zum letzten Tag des Monats Februar des laufenden Jahres dem Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.

(5)1Treten bei einem Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine für ihn ungünstigere Steuerklasse oder geringere Zahl der Kinderfreibeträge ein, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Finanzamt dies mitzuteilen und die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge umgehend ändern zu lassen.2Dies gilt insbesondere, wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende, für die die Steuerklasse II zur Anwendung kommt, entfallen.3Eine Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Abweichung einen Sachverhalt betrifft, der zu einer Änderung der Daten führt, die nach § 39e Absatz 2 Satz 2 von den Meldebehörden zu übermitteln sind.4Kommt der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nach, ändert das Finanzamt die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge von Amts wegen.5Unterbleibt die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale, hat das Finanzamt zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern, wenn diese 10 Euro übersteigt.

(6)1Ändern sich die Voraussetzungen für die Steuerklasse oder für die Zahl der Kinderfreibeträge zu Gunsten des Arbeitnehmers, kann dieser beim Finanzamt die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale beantragen.2Die Änderung ist mit Wirkung von dem ersten Tag des Monats an vorzunehmen, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen.3Ehegatten können im Laufe des Kalenderjahres beim Finanzamt die Änderung der Steuerklassen beantragen.4Dies gilt unabhängig von der automatisierten Bildung der Steuerklassen nach § 39e Absatz 3 Satz 3 sowie einer von den Ehegatten gewünschten Änderung dieser automatisierten Bildung.5Das Finanzamt hat eine Änderung nach Satz 3 mit Wirkung vom Beginn des Kalendermonats vorzunehmen, der auf die Antragstellung folgt.6Für eine Berücksichtigung der Änderung im laufenden Kalenderjahr ist der Antrag nach Satz 1 oder 3 spätestens bis zum 30. November zu stellen.

(7)1Wird ein unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer beschränkt einkommensteuerpflichtig, hat er dies dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen.2Das Finanzamt hat die Lohnsteuerabzugsmerkmale vom Zeitpunkt des Eintritts der beschränkten Einkommensteuerpflicht an zu ändern.3Absatz 1 Satz 5 bis 8 gilt entsprechend.4Unterbleibt die Mitteilung, hat das Finanzamt zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern, wenn diese 10 Euro übersteigt.

(8) Ohne Einwilligung des Arbeitnehmers und soweit gesetzlich nichts anderes zugelassen ist, darf der Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale nur für die Einbehaltung der Lohn- und Kirchensteuer verarbeiten.

(9) (weggefallen)

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Bei unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 durchzuführen.

(2)1Für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn hat der Arbeitgeber die Höhe des laufenden Arbeitslohns im Lohnzahlungszeitraum festzustellen und auf einen Jahresarbeitslohn hochzurechnen.2Der Arbeitslohn eines monatlichen Lohnzahlungszeitraums ist mit zwölf, der Arbeitslohn eines wöchentlichen Lohnzahlungszeitraums mit360/7und der Arbeitslohn eines täglichen Lohnzahlungszeitraums mit 360 zu vervielfältigen.3Von dem hochgerechneten Jahresarbeitslohn sind ein etwaiger Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) und Altersentlastungsbetrag (§ 24a) abzuziehen.4Außerdem ist der hochgerechnete Jahresarbeitslohn um einen etwaigen als Lohnsteuerabzugsmerkmal für den Lohnzahlungszeitraum mitgeteilten Freibetrag (§ 39a Absatz 1) oder Hinzurechnungsbetrag (§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 7), vervielfältigt unter sinngemäßer Anwendung von Satz 2, zu vermindern oder zu erhöhen.5Der so verminderte oder erhöhte hochgerechnete Jahresarbeitslohn, vermindert um

1.
den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) oder bei Versorgungsbezügen den Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b) und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) in den Steuerklassen I bis V,
2.
den Sonderausgaben-Pauschbetrag (§ 10c Satz 1) in den Steuerklassen I bis V,
3.
eine Vorsorgepauschale aus den Teilbeträgen
a)
für die Rentenversicherung bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert oder von der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch befreit sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn 50 Prozent des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen entspricht,
b)
für die Krankenversicherung bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, den ermäßigten Beitragssatz (§ 243 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und den Zusatzbeitragssatz der Krankenkasse (§ 242 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) dem Arbeitnehmeranteil eines pflichtversicherten Arbeitnehmers entspricht,
c)
für die Pflegeversicherung bei Arbeitnehmern, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze und den bundeseinheitlichen Beitragssatz dem Arbeitnehmeranteil eines pflichtversicherten Arbeitnehmers entspricht, erhöht um den Beitragszuschlag des Arbeitnehmers nach § 55 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen,
d)
für die Krankenversicherung und für die private Pflege-Pflichtversicherung bei Arbeitnehmern, die nicht unter Buchstabe b und c fallen, in den Steuerklassen I bis V in Höhe der dem Arbeitgeber mitgeteilten Beiträge im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3, etwaig vervielfältigt unter sinngemäßer Anwendung von Satz 2 auf einen Jahresbetrag, vermindert um den Betrag, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, den ermäßigten Beitragssatz und den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie den bundeseinheitlichen Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung dem Arbeitgeberanteil für einen pflichtversicherten Arbeitnehmer entspricht, wenn der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers zu leisten;
Entschädigungenim Sinne des § 24 Nummer 1 sind bei Anwendung der Buchstaben a bis c nicht zu berücksichtigen; mindestens ist für die Summe der Teilbeträge nach den Buchstaben b und c oder für den Teilbetrag nach Buchstabe d ein Betrag in Höhe von 12 Prozent des Arbeitslohns, höchstens 1 900 Euro in den Steuerklassen I, II, IV, V, VI und höchstens 3 000 Euro in der Steuerklasse III anzusetzen,
4.
den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für ein Kind (§ 24b Absatz 2 Satz 1) in der Steuerklasse II,
ergibt den zu versteuernden Jahresbetrag.6Für den zu versteuernden Jahresbetrag ist die Jahreslohnsteuer in den Steuerklassen I, II und IV nach § 32a Absatz 1 sowie in der Steuerklasse III nach § 32a Absatz 5 zu berechnen.7In den Steuerklassen V und VI ist die Jahreslohnsteuer zu berechnen, die sich aus dem Zweifachen des Unterschiedsbetrags zwischen dem Steuerbetrag für das Eineinviertelfache und dem Steuerbetrag für das Dreiviertelfache des zu versteuernden Jahresbetrags nach § 32a Absatz 1 ergibt; die Jahreslohnsteuer beträgt jedoch mindestens 14 Prozent des zu versteuernden Jahresbetrags, für den 12 485 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags höchstens 42 Prozent, für den 31 404 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags 42 Prozent und für den 222 260 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags 45 Prozent.8Für die Lohnsteuerberechnung ist die als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilte oder die nach § 39c Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 39e Absatz 5a oder Absatz 6 Satz 8 anzuwendende Steuerklasse maßgebend.9Die monatliche Lohnsteuer ist1/12, die wöchentliche Lohnsteuer sind7/360und die tägliche Lohnsteuer ist1/360der Jahreslohnsteuer.10Bruchteile eines Cents, die sich bei der Berechnung nach den Sätzen 2 und 9 ergeben, bleiben jeweils außer Ansatz.11Die auf den Lohnzahlungszeitraum entfallende Lohnsteuer ist vom Arbeitslohn einzubehalten.12Das Betriebsstättenfinanzamt kann allgemein oder auf Antrag zulassen, dass die Lohnsteuer unter den Voraussetzungen des § 42b Absatz 1 nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ermittelt wird, wenn gewährleistet ist, dass die zutreffende Jahreslohnsteuer (§ 38a Absatz 2) nicht unterschritten wird.13Darüber hinaus kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag zulassen, dass bei nach § 1 Absatz 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern mit Steuerklasse VI und ohne Freibetrag nach § 39a, die bei dem Arbeitgeber gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt werden und deren Dauer der Beschäftigung 24 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt, der während der Beschäftigung erzielte Arbeitslohn auf einen Jahresbetrag hochgerechnet und die sich ergebende Lohnsteuer auf den Lohnabrechnungszeitraum zurückgerechnet wird, wobei als Lohnabrechnungszeitraum der Zeitraum vom Beginn des Kalenderjahres bis zum Ende der Beschäftigung gilt.14Bei Anwendung des Satzes 13 sind auch der im Kalenderjahr in etwaigen vorangegangenen und beendeten weiteren Dienstverhältnissen in der Steuerklasse VI bezogene Arbeitslohn und die darauf erhobene Lohnsteuer einzubeziehen, soweit dort bereits Satz 13 angewandt wurde.15Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens nach Satz 13 ist zudem, dass der Arbeitnehmer vor Aufnahme der Beschäftigung
1.
unter Angabe seiner Identifikationsnummer gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich zustimmt,
2.
mit der Zustimmung den nach Satz 14 einzubeziehenden Arbeitslohn und die darauf erhobene Lohnsteuer erklärt und
3.
mit der Zustimmung versichert, dass ihm der Pflichtveranlagungstatbestand nach § 46 Absatz 2 Nummer 2 und 3a bekannt ist.
16Die Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers ist zum Lohnkonto zu nehmen.

(3)1Für die Einbehaltung der Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug hat der Arbeitgeber den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug festzustellen.2Hat der Arbeitnehmer Lohnsteuerbescheinigungen aus früheren Dienstverhältnissen des Kalenderjahres nicht vorgelegt, so ist bei der Ermittlung des voraussichtlichen Jahresarbeitslohns der Arbeitslohn für Beschäftigungszeiten bei früheren Arbeitgebern mit dem Betrag anzusetzen, der sich ergibt, wenn der laufende Arbeitslohn im Monat der Zahlung des sonstigen Bezugs entsprechend der Beschäftigungsdauer bei früheren Arbeitgebern hochgerechnet wird.3Der voraussichtliche Jahresarbeitslohn ist um den Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) und den Altersentlastungsbetrag (§ 24a), wenn die Voraussetzungen für den Abzug dieser Beträge jeweils erfüllt sind, sowie um einen etwaigen als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilten Jahresfreibetrag zu vermindern und um einen etwaigen Jahreshinzurechnungsbetrag zu erhöhen.4Für den so ermittelten Jahresarbeitslohn (maßgebender Jahresarbeitslohn) ist die Lohnsteuer nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 5 bis 7 zu ermitteln.5Außerdem ist die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung des sonstigen Bezugs zu ermitteln.6Dabei ist der sonstige Bezug um den Versorgungsfreibetrag und den Altersentlastungsbetrag zu vermindern, wenn die Voraussetzungen für den Abzug dieser Beträge jeweils erfüllt sind und soweit sie nicht bei der Steuerberechnung für den maßgebenden Jahresarbeitslohn berücksichtigt worden sind.7Für die Lohnsteuerberechnung ist die als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilte oder die nach § 39c Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 39e Absatz 5a oder Absatz 6 Satz 8 anzuwendende Steuerklasse maßgebend.8Der Unterschiedsbetrag zwischen den ermittelten Jahreslohnsteuerbeträgen ist die Lohnsteuer, die vom sonstigen Bezug einzubehalten ist.9Die Lohnsteuer ist bei einem sonstigen Bezug im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 2 und 4 in der Weise zu ermäßigen, dass der sonstige Bezug bei der Anwendung des Satzes 5 mit einem Fünftel anzusetzen und der Unterschiedsbetrag im Sinne des Satzes 8 zu verfünffachen ist; § 34 Absatz 1 Satz 3 ist sinngemäß anzuwenden.10Ein sonstiger Bezug im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 4 ist bei der Anwendung des Satzes 4 in die Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale nach Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 einzubeziehen.

(4) (weggefallen)

(5)1Wenn der Arbeitgeber für den Lohnzahlungszeitraum lediglich Abschlagszahlungen leistet und eine Lohnabrechnung für einen längeren Zeitraum (Lohnabrechnungszeitraum) vornimmt, kann er den Lohnabrechnungszeitraum als Lohnzahlungszeitraum behandeln und die Lohnsteuer abweichend von § 38 Absatz 3 bei der Lohnabrechnung einbehalten.2Satz 1 gilt nicht, wenn der Lohnabrechnungszeitraum fünf Wochen übersteigt oder die Lohnabrechnung nicht innerhalb von drei Wochen nach dessen Ablauf erfolgt.3Das Betriebsstättenfinanzamt kann anordnen, dass die Lohnsteuer von den Abschlagszahlungen einzubehalten ist, wenn die Erhebung der Lohnsteuer sonst nicht gesichert erscheint.4Wenn wegen einer besonderen Entlohnungsart weder ein Lohnzahlungszeitraum noch ein Lohnabrechnungszeitraum festgestellt werden kann, gilt als Lohnzahlungszeitraum die Summe der tatsächlichen Arbeitstage oder Arbeitswochen.

(6)1Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder auf der Grundlage der Absätze 2 und 3 einen Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der Lohnsteuer aufzustellen und bekannt zu machen.2Im Programmablaufplan kann von den Regelungen in den Absätzen 2 und 3 abgewichen werden, wenn sich das Ergebnis der maschinellen Berechnung der Lohnsteuer an das Ergebnis einer Veranlagung zur Einkommensteuer anlehnt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für eine in einem evangelischen Kindergarten als angestellte Erzieherin arbeitende und in Frankreich wohnende sog. Grenzgängerin für 2009 (Streitjahr) eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen ist.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine deutsche Staatsangehörige, hatte im Streitjahr ihren Wohnsitz in Frankreich. Der Wohnsitz befand sich innerhalb der sog. Grenzgänger-Zone gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich-- (i.V.m. dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 1. Juli 1985, BStBl I 1985, 310, für Besteuerungssachverhalte nach dem 1. Januar 2010: § 5 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 20. Dezember 2010, BGBl I 2010, 2138, BStBl I 2011, 104, dort Anlage 2). Die Klägerin arbeitete im Streitjahr als Erzieherin in einem konfessionellen Kindergarten in X, einer deutschen Stadt, die ebenfalls zum Grenzgebiet i.S. des Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich zählt. Arbeitgeberin war die Evangelische Kirche ….

3

Die Klägerin beantragte in 2009 die Freistellung vom Lohnsteuerabzug aufgrund der Grenzgänger-Regelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich für das Streitjahr. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Es sei Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich anzuwenden, da es sich bei der Protestantischen Kirchengemeinde um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele (Art. 140 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--). Die beim Finanzgericht (FG) zunächst als Verpflichtungsklage erhobene und später als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführte Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Oktober 2011  6 K 2558/09, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 182).

4

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung vom Lohnsteuerabzug vom 20. August 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2009 rechtswidrig waren.

5

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Weigerung des FA, der Klägerin eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen, nicht rechtswidrig war.

7

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO), weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung hat. Das berechtigte Interesse der Klägerin besteht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr (vgl. allgemein Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juni 1989 X R 12/84, BFHE 157, 370, BStBl II 1989, 976; Senatsurteil vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390).

8

2. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, dass das FA nicht verpflichtet war, der Klägerin eine Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) i.V.m. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich zu erteilen. Das Besteuerungsrecht für die von der Klägerin erzielten Einkünfte steht nicht Frankreich, sondern der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) zu.

9

a) Die in Frankreich wohnende Klägerin ist in Deutschland mit ihren inländischen Einkünften aus ihrer hier ausgeübten nichtselbständigen Arbeit gemäß § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2009 beschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Abweichend hiervon bestimmt Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Die Klägerin erfüllt zwar diese Voraussetzungen. Die sog. Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich ist aber durch die Sonderregelung des Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich ausgeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 5. September 2001 I R 88/00, BFH/NV 2002, 623; in BFH/NV 2009, 390; s.a. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich).

10

b) Nach Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen sowie Ruhegehälter, die einer der Vertragsstaaten, ein Land oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts dieses Staates oder Landes an in dem anderen Staat ansässige natürliche Personen für gegenwärtige oder frühere Dienstleistungen in der Verwaltung oder in den Streitkräften zahlt, grundsätzlich nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden. Diese Regelung greift im Streitfall ein.

11

aa) Die Evangelische Kirche … ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Folge, dass die von ihr gezahlten Arbeitsvergütungen dem Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich unterfallen. Eine Einschränkung des in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich zur Abgrenzung des objektiven Anwendungsbereichs verwendeten Begriffs kann weder aus dem Abkommenstext noch dem Abkommenszusammenhang oder einem üblichen Verständnis eines sog. Kassenstaatsprinzips abgeleitet werden.

12

aaa) Der Abkommenstext erfasst u.a. eine "juristische Person des öffentlichen Rechtes dieses Staates oder Landes". Da der Begriff in dem Abkommen nicht ausdrücklich bestimmt wurde, ist ihm die Bedeutung beizumessen, die ihm nach der Rechtsordnung des sog. Anwenderstaats zukommt (Art. 2 Abs. 2 DBA-Frankreich). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist eine Einrichtung, die als selbständiger Verwaltungsträger wirkt, aber außerhalb der durch die Behörden repräsentierten unmittelbaren Staatsgewalt steht (Wallenhorst in Wallenhorst/ Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Rz A 76). Die Religionsgesellschaften sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts besonderer Art anerkannt; dabei wird ihr besonderer Auftrag als öffentliche Aufgabe der Erfüllung staatlicher Aufgaben gleichgestellt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; s.a. Wallenhorst, ebenda, Rz A 88). Dass die Evangelische Kirche … als Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland nach diesem Maßstab eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, unterliegt keinem weiter gehenden Zweifel (s.a. BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 38/97, BFHE 186, 42, BStBl II 1998, 509, m.w.N.).

13

bbb) Der von den Vertragsstaaten in Kenntnis der Tragweite dieses Begriffs vereinbarte klare Abkommenswortlaut begrenzt sowohl ein ausweitendes als auch ein einengendes Verständnis des Begriffs der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Auch die auf der Grundlage der Kirchenverträge besondere Rechtsstellung einer Kirche kann auf dieser Grundlage eine abkommensrechtliche Sonderbehandlung nicht erzwingen. Die Vertragsstaaten haben zwar offensichtlich eine Differenzierungsnotwendigkeit gesehen, diese aber abschließend in Art. 14 Abs. 3 DBA—Frankreich niedergelegt. Insoweit sind nur Zahlungen für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer auf Gewinnerzielung gerichteten gewerblichen Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, ausgeschlossen.

14

Der Betrieb eines Kindergartens erfüllt diese Voraussetzungen nicht; und zwar unabhängig von der Frage, ob kirchliche Kindergärten wegen ihrer Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag (sog. pastorale Aufgabenwahrnehmung) dem öffentlichen oder dem sog. Hoheitsbereich jener Körperschaft zugeordnet werden können (so z.B. Oberfinanzdirektion Hannover, Verfügung vom 12. Oktober 2004, Der Betrieb 2004, 2612). Denn es ist weder ersichtlich noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der hier in Rede stehende Kindergarten im Streitjahr Gegenstand einer von Gewinnerzielungsabsicht getragenen gewerblichen Tätigkeit der Evangelischen Kirche … gewesen ist.

15

ccc) Die mit dem "üblichen Verständnis" des sog. Kassenstaatsprinzips begründeten Einwände der Klägerin gegen die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich greifen nicht durch.

16

Ein Ausschluss von Kirchen aus dem sachlichen Anwendungsbereich einer entsprechenden Abkommensregelung ist nicht begriffsnotwendig vorgegeben, auch wenn das sog. Kassenstaatsprinzip (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich; Art. 19 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development --OECD-MustAbk--) seine Rechtfertigung darin findet, das Besteuerungsrecht dem Vertragsstaat zuzuweisen, der Vergütungen für in seinem öffentlichen Dienst erbrachte Leistungen erbringt (z.B. Nr. 1 des Kommentars zum OECD-MustAbk --Mustkomm-- zu Art. 19; Wassermeyer in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 19 Rz 1; Waldhoff in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 19 Rz 2, 6 f.; Haase in Haase, AStG/DBA, MA Art. 19 Rz 2; Rupp in Gosch/Kroppen/ Grotherr, DBA, Art. 19 OECD-MA Rz 1). Denn die konkrete Ausgestaltung der Regelungen unterliegt der Vereinbarung der Vertragsstaaten. Insoweit weist das DBA-Frankreich nicht unerhebliche Abweichungen von dem (später formulierten) Art. 19 OECD-MustAbk auf (z.B. Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 14 Rz 2). Die Vertragspartner des DBA-Frankreich haben für ihr Kassenstaatsprinzip insbesondere den Kreis der Zahlungsverpflichteten durch die Einbeziehung der juristischen Person des öffentlichen Rechts, auch wenn ein Beschäftigungsverhältnis insoweit keinen staatlichen öffentlichen Dienst im engeren Sinne begründet, weiter gefasst (s. insoweit auch den Vorbehalt Frankreichs gegen die Fassung des Art. 19 OECD-MustAbk in Nr. 13 Mustkomm; Parallelregelungen z.B. in Art. 11 DBA-Niederlande 1959 und in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971). Die Vertragsstaaten haben auch den sachlichen Gegenstand auf Bezüge, die aus der gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt werden, ausgeweitet (s. Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 DBA-Frankreich). Sie haben damit --wie es später in Nr. 13 Mustkomm zu Art. 19 OECD-MustAbk umschrieben wurde-- zum Ausdruck gebracht, dass die Identität der zahlenden Stelle weniger bedeutsam ist als der öffentliche Charakter der Einkünfte. Einen auf dieser Grundlage notwendigen expliziten Ausschluss der Kirchen aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Regelung haben sie nicht vereinbart (s. insoweit auch zum DBA-Niederlande z.B. Mick in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Niederlande Art. 11 Rz 14). Damit ist auch nicht entscheidungserheblich, dass die Vergütungen der kirchlichen Angestellten durch Kirchensteuereinnahmen finanziert sind und letztlich keine staatlichen Ausgaben darstellen.

17

bb) Die Klägerin erhält ihren Lohn von der Evangelischen Kirche für "gegenwärtige Dienstleistungen in der Verwaltung".

18

Das Tatbestandsmerkmal "in der Verwaltung" erfordert nach dem Senatsurteil in BFH/NV 2009, 390, an dem festzuhalten ist, eine gewisse Einbindung des Dienstleistenden in eine Gebietskörperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts und grenzt einmalige oder gelegentliche Leistungen von selbständig oder gewerblich Tätigen für die Verwaltung aus dem Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich aus. Ferner fordert es eine Dienstleistung für die Gebietskörperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts. Eine weitere Abgrenzung danach, ob mit den Dienstleistungen unmittelbar öffentliche Aufgaben verwirklicht werden, ist nicht vorzunehmen. Vielmehr können auch Dienstleistungen, die z.B. im Bereich der Vermögensverwaltung oder auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, unter Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich fallen. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmung, der mehrere Deutungsmöglichkeiten zulässt; es ergibt sich jedoch aus dem Aufbau des Art. 14 DBA-Frankreich.

19

Art. 14 Abs. 3 DBA-Frankreich, nach dem Zahlungen für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer auf Gewinnerzielung gerichteten gewerblichen Tätigkeit stehen, nicht unter Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich fallen, wäre überflüssig, wenn bereits nach Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich alle Tätigkeiten, die nicht der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienten, von der Geltung des Kassenstaatsprinzips ausgeschlossen wären. Dies spricht dafür, dass Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich allein an die öffentlich-rechtliche Rechtsform des Dienstherrn anknüpft und alle Aufwendungen für Arbeitnehmer oder Personen mit arbeitnehmerähnlicher Einbindung in die Verwaltung --verstanden als Tätigkeit innerhalb eines der öffentlichen Hand (im weiteren Sinne) zuordenbaren Verwaltungsbereichs bzw. im Zusammenhang mit übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben-- erfassen will (Senatsbeschluss vom 7. April 2004 I B 196/03, BFH/NV 2004, 1377; s.a. Senatsurteil in BFH/NV 2002, 623; FG Münster, Urteil vom 12. November 2004  11 K 2330/03 E, EFG 2005, 252; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 14 Rz 11; Rupp in Gosch/Kroppen/ Grotherr, a.a.O., Art. 14 DBA-Frankreich Rz 6; Kessler/Sinz/ Achilles-Pujol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich, 2007, Art. 14 Anm. A.). Eine verwaltende Tätigkeit (im tatsächlichen Sinne) wird nicht vorausgesetzt. Nur dann, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts wie ein Privatrechtssubjekt eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit ausübt, wird das Kassenstaatsprinzip durch Art. 14 Abs. 3 DBA-Frankreich weiter eingeschränkt. Für weitere Einzelheiten wird --um Wiederholungen zu vermeiden-- auf das Senatsurteil in BFH/NV 2009, 390 Bezug genommen.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

Tenor

Die Einkommensteuer-Bescheide für die Jahre 2005 bis 2008, jeweils vom 15. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 werden geändert und die Einkommensteuer 2005 auf ... €, ... festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 52 % und der Beklagte zu 48 %.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist - soweit der Klage stattgegeben wurde - wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Teilnahme des Klägers und einer Begleitperson an Kreuzfahrten auf der MS A in den Jahren 2005 bis 2008 als steuerpflichtiger Sachbezug im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen ist.

2

Der Kläger erzielte als Angestellter der Reederei laut Lohnsteuerbescheinigung im Jahr 2005 einen Bruttoarbeitslohn von ... EUR und in den Jahren 2006 bis 2008 in Höhe von ... EUR.

3

Die Reederei gewährte ihren Mitarbeitern aufgrund einer reedereiinternen Regelung in den Streitjahren kostenlose bzw. stark verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen bzw. von dieser bereederten Schiffen. Auf dieser Grundlage unternahm der Kläger in den Zeiträumen ... 2005 (Reise 1), vom ... 2006 (Reise 2), vom 2006 (Reise 3), vom ... 2007 (Reise 4) und vom ... 2008 (Reise 5) in Begleitung seiner Lebensgefährtin jeweils Reisen mit dem Schiff MS A. Für die Reisen 1 und 3 leistete der Kläger eine Zuzahlung von jeweils 375,00 EUR, für die Reise 4 eine Zuzahlung in Höhe von 1.380,00 EUR und für die Reise 5 eine Zuzahlung in Höhe von 900,00 EUR.

4

Im Rahmen der Lohnabrechnung wurden diese Reisen vom Arbeitgeber des Klägers nicht als Sachbezug deklariert. In seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen, die der Kläger für die Jahre 2005, 2006 und 2008 jeweils in dem dem Veranlagungszeitraum nachfolgenden Jahr und für das Jahr 2007 im Januar 2009 einreichte, wurden insoweit auch vom Kläger keine Sachbezüge bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angegeben. Der Kläger wurde jeweils erklärungsgemäß veranlagt.

5

Gegen den Kläger wurde am 17. Januar 2011 ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen ESt-Hinterziehung für die Jahre 2005 bis 2008 eingeleitet und bekannt gegeben. Nach dem Bericht über steuerliche Feststellungen vom 16. Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt stelle die verbilligte oder kostenlose Gewährung der oben genannten Reisen beim Kläger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der bislang nicht versteuert worden sei. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung habe der Umfang der Vergünstigungen neben der kostenlosen Reise des Angestellten und einer verbilligten Mitnahme eines Lebenspartners  teilweise kostenfreie Charter- und Zubringerflüge sowie kostenfreie bzw. für die Mitreisenden zum Einkaufspreis zu vergütende Halbtags- und Ganztagsausflüge beinhaltet. An Bord des Kreuzfahrtschiffes sei ein Rabatt von 20 % auf die verköstigten Getränke gewährt worden. Unter Berücksichtigung eines gemäß § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) auf 96 % geminderten Wertes der Reisen sowie Ansatz eines Mittelwertes der Kosten für die auf Deck 4 und 5 befindlichen Außenkabinen der Kategorien E und H abzüglich eines Teils der geleisteten Zuzahlungen nahm die Steuerfahndungsstelle folgende beim Kläger anzusetzende geldwerte Vorteile an:

6

Reise 1

11.178,00 EUR

Reise 2

2.479,00 EUR

Reise 3

10.926,00 EUR

Reise 4

15.071,00 EUR

Reise 5

16.721,00 EUR

7

Der übliche Endpreis am Abgabeort bestimme sich hierbei nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt der Lieferung (R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der Lohnsteuerrichtlinien 2009).

8

Zuzahlungen wurden für die Reise 4 nur in Höhe von 500,00 EUR und für die Reise 5 nur in Höhe von 425,00 EUR berücksichtigt. Aufgrund der um die geldwerten Vorteile erhöhten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von nunmehr ... EUR im Jahr 2005, ... EUR im Jahr 2006, ... EUR im Jahr 2007 und ... EUR im Jahr 2008 erhöhte das Finanzamt die ESt mit Bescheiden vom 15. Juni 2011 wie folgt:

9

ESt 2005 von ... EUR auf ... EUR

...

10

Mit seinem gegen diese Bescheide fristgerecht eingelegten Einspruch machte der Kläger zunächst geltend, jede Reise habe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gestanden und es könne somit von Urlaubsreisen keine Rede sein. Sie hätten dazu gedient, sich Produktkenntnisse anzueignen, Gespräche mit Verantwortlichen (Kapitän, Hoteldirektor, F&B-Manager, F&B-Controller, Purser, Crew-Purser und Leiter Touristik) zu führen und sich über Abläufe an Bord zu informieren, daneben seien auch Bargeldtransporte für das Cashbook getätigt worden. Selbstverständlich habe der Besuch an Bord auch zur Qualitätssicherung gehört, wozu nach Ende der Reise ein Bericht erstellt und an die Geschäftsführung gegeben worden sei.

11

Im Übrigen habe eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit angetreten werden können, es habe sich um eine Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent gehandelt.

12

Als Mitarbeiter habe man auch keinen Passagierstatus innegehabt und es haben weitere Einschränkungen bestanden, z.B. habe das Restaurant „C“ nicht besucht werden dürfen, bei mangelnder Platzkapazität habe kein Anspruch auf einen festen Platz im Restaurant „B“ bestanden. Die Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen sei nur bei vorhandenen Restplätzen möglich gewesen. Es hätten nur unverkaufte Kabinen genutzt werden können, so dass es auch keine Wahlmöglichkeiten gegeben hätte.

13

Der Katalogpreis für eine Reise sei kein Festpreis. Er sei in der Regel nur teilweise erzielt worden. Notwendiges Preismanagement sei in der Kreuzfahrtbranche üblich, um eine auskömmliche Auslastung des Schiffes zu erzielen und einer geringeren Nachfrage, die unter anderem aus der Routenführung, witterungs- oder naturbedingten Umständen, politischer Situation in Zielgebieten usw. entstehen könne, entgegenzuwirken. Auch dies führe dazu, dass der Katalogpreis kein Bewertungsmaßstab sei. Darüber hinaus hätte sich der Katalogpreis um Treuerabatte reduziert, so dass der Kunde bereits ab der zweiten Reise einen Preisnachlass von 2 % erhalten habe, der sich bis zu 10 % aus weiteren Buchungen erhöht habe.

14

Im Übrigen sei aus Wettbewerbskreisen zu hören, dass auch andere Reedereien Mitarbeitern die Teilnahme an Reisen ihres Unternehmens ermöglicht hätten. Es hätten häufig Sonderkonditionen gegolten, die sich am niedrigsten Kabinenpreis mit entsprechenden Abschlägen von 30-50 % orientiert hätten.

15

Hinsichtlich der Reise 2 habe es sich um eine Mitarbeiterreise gehandelt, es dürfe lediglich die Mitreise der Begleitung in Ansatz gebracht werden.

16

Der steuerliche Ansatz für die Reise 5 sei zu vermindern, da er nur 18 Tage anstelle der gesamten 20 Tage an Bord verbracht habe. Im Übrigen seien auch die Zuzahlungsbeträge falsch angesetzt: die Zuzahlung für die Reise 4 belaufe sich auf 1.380,00 EUR anstelle der angesetzten 500,00 EUR, die Zuzahlung für die Reise 5 habe 900,00 EUR statt der berücksichtigten 425,00 EUR betragen.

17

Außerdem habe das Finanzamt einen Rabattfreibetrag von 1.080,00 EUR pro Jahr unberücksichtigt gelassen. Dieser sei zu gewähren, da die Reederei durch die Bereederung, die sie für die Schifffahrtsgesellschaft leiste, maßgeblich beteiligt sei und ohne diese Leistung (Marketing und Vertrieb, Bemannung, Gestaltung und Durchführung des Fahrplans und des Rahmenprogramms wie z.B. Hotellerie, Entertainment, Ausflüge) das Produkt „Kreuzfahrtreise“ gar nicht existieren würde. Im Übrigen handele es sich bei den Gesellschaften nicht um „fremde“ Unternehmen, sondern um eine einheitliche Unternehmensgruppe, die  in diesem Fall sogar durch den Bereederungsvertrag existentiell verbunden sei.

18

In seiner Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 berücksichtigte das Finanzamt die Einwendungen des Klägers zum Teil, indem es den bisher vorgenommenen Abschlag bei den geldwerten Vorteilen von 4 % auf insgesamt 30 % erhöhte, den Wertansatz für die Reise 5 um den Wert für zwei Tage verminderte und für die Reise 2 den dienstlichen Charakter anerkannte. Daraus ergab sich ein geldwerter Vorteil in Höhe von 8.150,63 EUR für das Jahr 2005, ein geldwerter Vorteil in Höhe von 8.870,31 EUR für das Jahr 2006, von 10.989,27 EUR für das Jahr 2007 und von 10.941,88 EUR für das Jahr 2008. Aufgrund der Einspruchsentscheidung wurde die ESt 2005 auf ... EUR herabgesetzt.

19

Die geltend gemachten höheren Zuzahlungen berücksichtigte das Finanzamt nicht, da sie zwar durch Kontoauszüge nachgewiesen seien, aber nicht ersichtlich sei, für welche konkrete Gegenleistung sie geleistet worden seien. Ohne weitere Nachweise sei nicht nachvollziehbar, ob es sich um Zuzahlungen zumindest teilweise für im Voraus gebuchte Spar-Angebote oder Zuzahlungen für Charter- und Zubringerflüge gehandelt habe. Eine Anrechnung auf derartige in Anspruch genommene Leistungen könne nicht erfolgen, da diese auch nicht steuererhöhend vom Finanzamt in Ansatz gebracht worden seien. Im Übrigen seien durch die nun höheren Abschläge von jeweils 30 % auf die Werte laut Katalogpreis der mittleren Kategorie etwaige Komforteinbußen und Unsicherheiten bei der Bemessung der Wertansätze ausreichend berücksichtigt worden. Weitere Verminderungen kämen nicht in Betracht. Der Ausschluss gewisser Leistungen an Bord konkurriere mit den dem gegenüberstehenden Vergünstigungen aufgrund der Mitarbeiterreisekonditionen. Man habe aus Vereinfachungsgründen lediglich die Wertansätze für die Reisen als lohnsteuerpflichtige Sachbezüge qualifiziert, jedoch Ermäßigungen auf Getränke, Spar-Angebote, Freiflüge und Ermäßigungen auf Landausflüge nicht steuererhöhend in Ansatz gebracht. Ob und inwiefern einem Mitarbeiter das Sitzen am Kapitänstisch verwehrt gewesen sei oder dieser gar nachrangig am Buffet hätte stehen müssen, sei für die Bemessung des geldwerten Vorteils unerheblich. Die mitreisende Begleitung des Klägers habe jedenfalls keiner der angeführten Restriktionen unterlegen. Im Übrigen sei kein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme des Klägers an den Reisen ersichtlich. Eine permanente Ansprechbarkeit für alle Teilnehmer sowie das Führen fachlicher Gespräche mit anderen Reiseteilnehmern oder Mitarbeitern führe nicht schon dazu, dass der sich ergebende Vorteilscharakter der Reise gegenüber den betrieblichen Zwecken zurücktrete. Hierfür müssten vielmehr Aufzeichnungen oder ähnliche Dokumente vorgelegt werden, die geeignet seien, den Umfang und die Häufigkeit der Inanspruchnahme für betriebliche Zwecke während der durchgeführten Reise zweifelsfrei zu belegen und die private Veranlassung in den Hintergrund treten zu lassen. Solche Dokumente gebe es jedoch nicht. Dienstreiseanträge seien - mit Ausnahme für die Reise 2 - nicht vorhanden, Urlaubsanträge für die anderen Reisen seien rechtzeitig gestellt und genehmigt worden. In der Regel seien die Genehmigungen der Anträge auch innerhalb von wenigen Tagen erfolgt, bis auf den Antrag vom ... 2006, der vermutlich wegen der Urlaubszeit und des Jahreswechsels später genehmigt worden sei. Nach den ab 2004 geltenden Mitarbeiterreisekonditionen sei ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens sechs Wochen vor Reisebeginn zu stellen gewesen. Von einem Last-Minute-Kontingent sei daher nicht zwangsläufig auszugehen. Im Übrigen seien für die Zeiträume der Reisen auch parallel Urlaubsanträge gestellt und genehmigt worden, was den privaten Charakter der Reisen unterstreiche.

20

Eine entsprechende Anwendung des Erlasses des Finanzministeriums Baden-Württemberg, aufgrund dessen ein Ansatz von 60 % für vergünstigte Flugreisen erfolgen könne, sei nicht möglich. Anders als Flugzeuge dienten Kreuzfahrtschiffe nicht lediglich dem Personentransport von einem zum anderen Ort. Die Fahrt beinhalte ein umfangreiches Erlebnis-, Wellness-, Ausflugs- und Entertainmentprogramm sowie diverse kulinarische Genüsse, die mit einem Linienflug nicht zu vergleichen seien. Außerdem seien je nach Buchungsstand in dem vom Kläger zitierten Erlass Wertansätze von 60-80 % festgelegt. Der gewählte Wertansatz von 70 % stelle, obwohl eine Vergleichbarkeit zu Linienflügen gerade nicht bestünde, einen Mittelwert dar.

21

Der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG geltend gemachte steuerfreie Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080,00 EUR sei nicht zu gewähren. Der Rabattfreibetrag beziehe sich ausschließlich auf Waren und Dienstleistungen des Arbeitgebers. Der Kläger sei jedoch Angestellter der Reederei, während die Vergünstigungen durch die Schifffahrtsgesellschaft gewährt worden seien, die ebenfalls zur ...-Unternehmensgruppe gehöre. Eine Verbindung der Unternehmen bestehe durch den Bereederungsvertrag. Aus lohnsteuerrechtlicher Sicht handele es sich jedoch um unterschiedliche Unternehmen, deren Arbeitgeber im Sinne des EStG lediglich derjenige sei, mit dem ein Arbeitsverhältnis auf vertraglicher Grundlage begründet worden sei.

22

Am 26. Januar 2012 hat der Kläger gegen die Entscheidung des Finanzamts Klage erhoben. Seine Klage begründet er weiter wie folgt:

23

Der Steuerbescheid für das Jahr 2005 sei nicht mehr änderbar, da die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Eine Anwendung der auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist käme nicht in Betracht. Die verlängerte Festsetzungsfrist setze voraus, dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorlägen. Zwar sei mit Schreiben vom 17. Januar 2011 das Steuerstrafverfahren eingeleitet worden, es handele sich beim beigefügten Vermerk vom 15. Juli 2010 jedoch lediglich um einen zusammenfassenden Aktenvermerk ohne konkreten Bezug auf den Kläger. Feststellungen zum subjektiven Tatbestand fehlten vollständig. Der Kläger bestreite, wissentlich und willentlich Steuern verkürzt zu haben. Die Feststellungslast hierfür liege beim Beklagten.

24

Soweit der Beklagte meine, er könne dieses Wissen aufgrund der E-Mail vom 10. September 2007 unterstellen, sei dies unzutreffend. Die vom Beklagten angeführte E-Mail sei nicht an den Kläger gerichtet gewesen, der Kläger sei lediglich unter „CC“ aufgeführt gewesen. Die E-Mail sei dem Kläger unbekannt.

25

Der Kläger sei in 2004 als ... eingestellt worden. Seine Aufgabe ... .

26

Das externe Rechnungswesen und damit der Bereich der Steuer habe dem kaufmännischen Leiter und dem Leiter des Rechnungswesens oblegen. Erst ... viel später nach 2008 nach dem Ausscheiden des bis dahin tätigen kaufmännischen Leiters und des Leiters des Finanz- und Rechnungswesens sei dem Kläger diese Verantwortung kommissarisch übertragen worden. Vor diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger mit der externen Rechnungslegung und den steuerlichen Aspekten nicht beschäftigt, schon weil es nicht zu seinen Aufgaben gehört habe.

27

Bei der Höhe des Sachbezuges sei auf den Endpreis abzustellen, der von einem Dritten gezahlt würde. Vergleichspreis sei dabei grundsätzlich der günstigste Preis am Markt. Wie schon im Rahmen der Einspruchsbegründung vorgetragen, hätten die Mitarbeiter der Reederei nur an Reisen teilnehmen können, wenn Kabinen nicht anderweitig durch Kunden belegt worden seien. Zu diesen Kunden hätten auch sämtliche Mitarbeiter von allen denkbaren Reiseunternehmen in Deutschland gehört. Jeder Mitarbeiter eines Reiseunternehmens, egal in welcher Position, hätte an den Kreuzfahrten teilnehmen können und hätte dafür pro Tag in den Jahren bis einschließlich 2006 einen Betrag von 51,00 EUR und ab 2007 einen Betrag von 100,00 EUR zahlen müssen. Nach Angabe der Arbeitsagentur für Arbeit hätten beispielsweise im Jahr 2005 73.600 Personen bei deutschen Reisebüros und Reiseveranstaltern gearbeitet, im Jahr 2008 seien es 73.959 Mitarbeiter gewesen. Dieses seien nur die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Die inhabergeführten Reisebüros und Reiseveranstalter seien in der Aufzählung noch nicht mit inbegriffen. Bereits aus der Zahl der möglichen Mitarbeiter, die jeder einzeln die Möglichkeit gehabt hätten, jede Reise für einen Betrag von 51,00 EUR pro Tag zu buchen, und davon sei reichhaltig Gebrauch gemacht worden, folge seiner Auffassung nach, dass es sich bei dem Betrag von 51,00 EUR bzw. 100,00 EUR pro Tag um einen Marktpreis handele, zu dem die Reise am Markt angeboten worden sei. Dieser Wert sei als Sachbezug allenfalls zu Grunde zu legen. Insoweit werde auf den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 29. März 2012 zum Aktenzeichen 5 V 200/11 verwiesen.

28

Soweit das Finanzamt behaupte, die Mitarbeiterreisen hätten nicht typische Eigenschaften einer Last-Minute-Reise gehabt, seien diese Ausführungen nicht richtig. Gemäß der Mitreiseregelung hätte eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit von Kabinen angetreten werden können, es habe sich somit um eine Restplatzverwertung gehandelt, die auch Dritten gegenüber mit Sonderpreisen angeboten worden sei. Ein genehmigter Mitreiseantrag habe jederzeit von der Geschäftsleitung widerrufen werden können. Das sei auch häufig vorgekommen. In diesen Fällen sei der Mitarbeiter mündlich oder telefonisch kurz vor der Abreise informiert worden. In den Mitarbeiterreiseordnern fänden sich dazu natürlich keine Dokumentationen, weil der Mitreiseantrag sich dann nicht mehr im Mitreiseordner befände, da es nicht zur Mitreise gekommen sei. Als Zeugen hierfür würden benannt: ... beide zu laden über die Reederei.

29

Selbstverständlich seien auch die Reisen, auf denen die Mitarbeiter „gebucht gewesen seien“, nach dem Antrag der Mitarbeiter weiter verkauft worden bzw. es sei versucht worden, sie weiter zu verkaufen. Soweit dies erfolgreich gewesen sei, seien natürlich lieber Fremdkunden als Mitarbeiter mitgenommen worden, und die Mitarbeiter hätten entsprechend zu Hause bleiben müssen. Insoweit sei der von dem Beklagten konstruierte Vorteil eines Mitarbeiters gegenüber einem Last-Minute-Reisenden nicht gegeben. Tatsächlich stehe der Mitarbeiter schlechter dar. Der Last-Minute-Reisende hätte Planungssicherheit. Wenn er die Reise gebucht hätte, wisse er auch, dass er sie durchführen könne. Beim Mitarbeiter hingegen habe bis zum Abfahrtstag Ungewissheit bestanden, ob er für normale Gäste Platz machen müsse. Im Übrigen zeige sich aus der vorgelegten Aufstellung dass die Reise 1 auch an Mitarbeiter des für 1.518,00 EUR, die Reise 2 für 350,00 EUR verkauft worden sei, die Reise 3 für 1.547,00 EUR, die Reise 4 für 2.447,00 EUR und die Reise 5 für 2.543,00 EUR. Nach Auffassung des Klägers seien allenfalls diese Bemessungsgrundlagen abzüglich der vom Kläger gezahlten Zuzahlungen zu berücksichtigen.

30

Nach den Mitreiseregelungen hätten Mitarbeiter einen Bericht über die Reise abzugeben gehabt. Dies habe der Qualitätssicherung und der Beurteilung des Standards dienen sollen. Nunmehr würden vom Beklagten die zum großen Teil positiven Bewertungen des Klägers aus dem Zusammenhang gerissen und sollten isoliert als Beweis dafür stehen, dass es für die Mitarbeiter keine Einschränkungen im Passagierstatus gegeben haben solle. Geschrieben worden seien die Berichte vom Kläger allerdings aus der Sicht des Gastes, dessen Blickweise er doch schließlich hätte einnehmen sollen, und er habe die aus der Sicht des Gastes zu gewinnenden Eindrücke wiedergeben sollen.

31

Soweit der Beklagte vortrüge, die Preispolitik der Reederei sei darauf bedacht gewesen, die Family & Friends-Angebote nicht allzu sehr öffentlich zu machen, sei dies lediglich Makulatur gewesen. Damit habe nach außen hin ein gewisser Anschein gewahrt werden sollen. Die Reisen hätten sich nicht auf Familienmitglieder bezogen, sondern auch auf Freunde, so dass eine Ausbreitung von vornherein gegeben gewesen sei und nicht auf einen bestimmten Kreis beschränkt gewesen sei. Auch Freunde von Freunden und deren Freunde seien als Gäste mitgenommen worden. So sei auch die E-Mail zu verstehen, die sich als Anlage 5 ausdrücklich auf Bekannte beziehe. Im Übrigen ergebe sich, dass es bei der Preisgestaltung auch in den Streitjahren Sonderpreise (also abweichende Katalogpreise) gegeben habe. Dazu seien insbesondere auch die Kombi-Angebote mit 50 %igem Preisnachlass anzuführen.

32

Der Kläger beantragt, die Einkommensteuer-Bescheide für die Jahre 2005 bis 2008, jeweils vom 15. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 zu ändern und den geldwerten Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in allen Jahren i. H. v. 30 % des vom Finanzamt zugrunde gelegten Katalogpreises, abzüglich der geleisteten Zuzahlungen i. H. v. jeweils 375 € (2005 und 2006), 950 € (2007)  bzw. 900 € (2008) zu erfassen.

33

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

34

In seiner Erwiderung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, für das Kalenderjahr 2005 komme die verlängerte Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) zur Anwendung. Dieser unterscheide zwischen einer verlängerten Frist von zehn Jahren und von fünf Jahren, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden sei. Objektiv sei die Steuer verkürzt worden, da die gebotene Erfassung der geldwerten Vorteile in zu geringer Höhe festgesetzt worden sei. Der Kläger selbst sei in Prozesse der Abstimmung zur Handhabung der Versteuerung der bei der Reederei gewährten geldwerten Vorteile eingebunden gewesen und sich der steuerrechtlichen Auswirkung bewusst gewesen. In der E-Mail vom 10. September 2007 werde „… das steuerliche Risiko als zu hoch“ angesehen. Aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten sei davon auszugehen, dass der Kläger mindestens leichtfertig im Sinne einer erheblichen Fahrlässigkeit gehandelt habe, denn die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber habe auch die Auseinandersetzung mit steuerrechtlichen Fragen bedingt. Er selbst sei mit der internen Regelung der Mitarbeiterreisen befasst gewesen und sich der damit verbundenen steuerlichen Problematik bewusst gewesen. Soweit der Kläger vortrage, die E-Mail vom 10. September 2007 sei ihm nur als „CC“ bekannt gemacht worden, sei nicht nachvollziehbar, dass er davon keine Kenntnis genommen hätte. Im heutigen E-Mail-Verkehr stelle „CC“ eine Funktion zum Versenden von Kopien an weitere Empfänger dar. Sowohl der eigentliche Empfänger wie auch die unter „CC“ eingetragenen Adressaten sähen üblicherweise die anderen Empfänger der jeweiligen E-Mail und könnten somit davon ausgehen, dass diese den gleichen Kenntnisstand hätten. Gängig sei die Verwendung von „CC“ zur Differenzierung von E-Mail-Adressaten dergestalt, dass den unter „CC“ eingeordneten Empfängern der Inhalt meist zur Kenntnisnahme übersandt würde. Aufgrund der Adressierung sei der Inhalt der E-Mail durchaus für den Kläger bestimmt gewesen, auch wenn er in der persönlichen Ansprache im Schreiben selbst ungenannt geblieben wäre. Auch wenn sich der Kläger an diese E-Mail nicht mehr erinnern würde, sei sie dennoch Bestandteil seines durch die Steuerfahndung sichergestellten E-Mail-Kontos und ihm somit zuzurechnen. Da es sich hierbei um eine E-Mail im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis handele, sei aufgrund der Sorgfaltspflichten eines Arbeitnehmers auch davon auszugehen, dass er zu dem damaligen Zeitpunkt den Inhalt zur Kenntnis genommen habe.

35

Darüber hinaus sei in der E-Mail vom 11. September 2007 neben einer Ablaufplanung zum Verfahren bei der Beantragung von Mitarbeiterreisen ein Vorschlag für eine Gesprächsrunde, an der auch der Kläger hätte teilnehmen sollen, enthalten gewesen sei. Es habe das Verfahren mit der Vergabe verschiedener Agenturnummern zur Unterscheidung von Dienstreisen, Mitarbeiterreisen, Normalkunden etc. etabliert werden sollen. Danach hätten Normalkunden unter der Agenturnummer 1 gebucht werden sollen, Mitarbeiter unter der Agenturnummer 11, Family & Friends unter der Agenturnummer 3.

36

Aus den E-Mails vom 8. und 9. Oktober 2007 ergebe sich die Erstellung einer Liste über Mitarbeiterreisen (Agenturnummer 11) unter dem Gesichtspunkt des günstigsten offiziellen Marktpreises im Verhältnis zu dem Preis für den Mitarbeiter, wobei hierbei nicht zwingend darauf abgestellt worden sei, dass der günstigste offizielle Marktpreis für die tatsächlich in Anspruch genommene Kategorie aufgeführt worden sei. Aus der E-Mail vom 9. Oktober 2007 ergebe sich, dass der Kläger diese Tabelle inhaltlich zur Kenntnis genommen habe, in welcher auch eine seiner eigenen Reisen aufgeführt sei.

37

Im Übrigen ergebe sich aus weiteren E-Mails, dass sich der Kläger bereits in den Kalenderjahren 2005 und 2006 regelmäßig mit Fragen aus dem Bereich der Steuern im Rahmen seiner Tätigkeit auseinandergesetzt habe. Daher werde der Zweifel am Vorliegen des subjektiven Tatbestandes nicht geteilt.

38

Der Ansatz des geldwerten Vorteils sei der Höhe nach angemessen. Es habe auf dem regulären Markt kein Rabatt erreicht werden können, der über dem vom Finanzamt berücksichtigten Abschlag in Höhe von 30 % gelegen habe. Im Übrigen habe das Finanzamt im Rahmen der Ermittlung des geldwerten Vorteils lediglich den Katalogpreis der Reise einbezogen. Es sei darauf verzichtet worden, weitere Vergünstigungen in Form von Rabatten bzw. die kostenlose Gewährung von Dienstleistungen, Verpflegung und Getränke sowie Zusatzleistungen wie Ausflüge zu ermitteln und in Ansatz zu bringen. Diese Begünstigungen seien wie der gewährte Abschlag in Höhe von 30 % bereits zu Gunsten des Klägers als Sicherheitsabschlag mindernd berücksichtigt worden.

39

Außerdem lägen Unterlagen vor, aus denen sich ergebe, dass der übliche Verkauf zu Katalogpreisen auch nach Genehmigung der Mitarbeiterreisen noch fortgesetzt worden sei (s. Anlagen 2 und 3 der Klageerwiderung des Finanzamts vom 29. Juni 2012). Zwar seien bei verschiedenen Kunden noch Nachlässe gewährt worden. Die geringfügige Höhe dieser Rabatte (3 % Treue in Anlage 2 und 10 % Treuebonus in Anlage 3) stünden jedoch in keiner Relation zu den Beträgen, auf welche der Kläger Bezug nehme.

40

Dem Hinweis auf die rund 80.000 Personen aus der Reisebranche, die zu vergünstigten Preisen von 51,00 EUR bzw. 100,00 EUR täglich an Reisen der Reederei hätten teilnehmen können, fehle die Angabe, dass es sich bei dieser Personengruppe bei einer Bevölkerungszahl von über 80 Mio. in der Bundesrepublik Deutschland gerade um 0,1 % der Bevölkerung handele. Dieser Anteil entspreche jedoch nicht im Mindesten dem Anteil der Bevölkerung, der entsprechende Reisen nachfrage und buche. Ein Marktpreis ergebe sich jedoch nach Definition der Wirtschaftswissenschaften aus dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf einem Markt und dem sich dadurch bildenden Preis. Insoweit sei auch auf die Begründung des zum Aktenzeichen 5 V 200/11 ergangenen Beschlusses verwiesen, denn das Finanzgericht habe dort ausgeführt, dass es sich dabei um Sonderkonditionen für einen von vornherein beschränkten Personenkreis handele, bei dem die Rabattgewährung an die Erfüllung bestimmter Kriterien der Kunden geknüpft werde, die mithin nicht von allen am Markt Teilnehmenden gebucht werden könnten.

41

Dies gelte auch für den den Mitarbeitern des ... gewährten Preis, der nur einem fest umrissenen Personenkreis zur Verfügung gestanden hätte.

42

Was die vom Kläger übersandten Reiseauswertungen angehe, so fehlten in diesen diverse Informationen, die das Zustandekommen der jeweiligen Preise erläuterten. Man könne beispielhaft anhand bestimmter Unterlagen für einzelne Passagiere das Zustandekommen der Preise erläutern, die zum Teil abzüglich einer Gutschrift oder eines Abschlages in Höhe von 10 % wegen mehrfacher Teilnahme an Kreuzfahrten zustande gekommen seien. Gebuchte Passagiere unter der Agenturnummer 3 seien Freunde und Verwandte von Mitarbeitern. Hierbei handele es sich um das Reedereiprogramm „Family & Friends“, eine interne Last-Minute-Verwertung von Reisen, welche kurz vor Reisetermin nicht ausreichend ausgelastet seien. Hierbei gebe die Reederei kurzfristig vor Reisetermin die jeweilige Reise für „Family & Friends“ frei und lege hier beschränkte Sonderpreise fest. In den Genuss dieses Angebotes kämen lediglich Personen, welche über die Reederei bzw. ihre Mitarbeiter von diesem Angebot informiert würden und dann über diese direkt buchten. Hier würden nicht nur Kabinen günstiger Kategorien angeboten, dennoch seien auf der Reise 2 von Kabinen unterschiedlicher Kategorien gleiche Preise erzielt worden. Es sei insbesondere auf den Inhalt der E-Mail vom 29. August 2008 zu verweisen, welche die dieses Angebot Nutzenden zu Stillschweigen verpflichte und im Fall von Zuwiderhandlungen die Nachforderung der Differenz von Sonderpreis zu Normalpreis androhe. Es sei insbesondere die in Bezug auf das Family & Friends-Angebot geltende Vertraulichkeit zu beachten und die Androhung, bei Verstößen geltenden Differenzpreis zwischen Sonderpreis und Normalpreis nachzubessern. Beispielsweise sei in der E-Mail vom 13. September 2006 von einer Mitarbeiterin an eine Außenstehende besonders die vertrauliche Anrede mit dem eindringlichen Hinweis auf Vertraulichkeit zu beachten.

43

Zu beachten sei auch, dass die Family & Friends – Angebote ausdrücklich nicht für Mitarbeiter vorgesehen gewesen seien, da für diese die eigenständige Agenturnummer 11 geführt worden sei.

44

Erst Anfang 2010 habe sich die Reederei dem Last-Minute-Segment zugewendet (siehe hierzu Vermerk vom 27. Januar 2010). Auch weiterer Schriftverkehr bestätige diese Handhabe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Arbeitgeber großen Wert auf eine gleichmäßige Preisgestaltung für alle Kunden, unabhängig vom Buchungsdatum, gelegt.

45

Im Übrigen handele es sich nach der vom Finanzamt ermittelten Genehmigungspraxis bei den Mitarbeiterreisen nach der typischen Definition laut Deutschem Reiseverband (Last-Minute-Reise = Anreisetag innerhalb der nächsten 14 Tage) schon gar nicht um Last-Minute-Reisen. Dem Kläger sei es außerdem möglich gewesen, aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin zu wählen und zu gegebener Zeit einen Mitreiseantrag zu stellen. Ihm habe somit ein breites Spektrum an möglichen Reisen zur Verfügung gestanden, weshalb er dem klassischen Last-Minute-Urlauber gegenüber im Vorteil gewesen sei, da er üblicherweise sein Reiseziel kurzfristig danach wählen müsse, was zu seinem Urlaubszeitpunkt noch verfügbar sei.

46

Aus den insgesamt vorgelegten Belegen ergebe sich jedenfalls, dass für den Zeitraum der Streitjahre 2005 bis 2008 keine Last-Minute-Angebote von der Reederei existiert hätten. Der widersprüchliche Ausweis der Agenturnummer 3 (laut Belegen Family & Friends) als Last-Minute mit der hiermit verbundenen Nennung der erst nach den Streitjahren auftretenden, neu gegründeten Reederei ... weise darauf hin, dass es insoweit zu einer nachträglichen Änderung ursprünglicher Datensätze gekommen sei. Eine wahrscheinliche Erklärung hierfür sei, dass die neu gegründete Reederei ... als Nachfolgerin der ... Reederei mit den vorhandenen Daten und Programmen weitergearbeitet habe. Aufgrund der genannten Neuaufnahme von Last-Minute-Angeboten sei 2010 die bestehende Agenturnummer 3 Family & Friends umbenannt worden. Aufgrund von bestehenden Funktionen, welche bei einer Einbuchung dieser Agenturnummer automatisch den aktuellen der Agenturnummer entsprechenden Klartext ausweise, seien daraufhin nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für die Streitjahre, Buchungen als Last-Minute dargestellt worden.

47

Es werde vom Finanzamt im Übrigen nicht in Abrede gestellt, dass in den Streitjahren Preismodifikationen möglich gewesen seien. Es ergäben sich aus den Unterlagen der Reederei mehrere Varianten, mit denen sie außerhalb des regulären Marktes Reiseplätze vergeben habe, siehe das Protokoll Touristik Meeting vom 20. Dezember 2007):

48

Closed-Shop-Aktion: zu beachten sei das nur an einen geschlossenen Kreis zu offerierende Angebot und das hiermit verbundene Stillschweigeabkommen, Family & Friends-Angebot, Angebot für Expis (Expedienten).

49

Daneben weise dieses Protokoll auch ein Beispiel für die angewandte Preisgestaltung bei bewerbungswürdigen Reisen durch Anreicherung anstelle von Preisreduzierung aus. Bei den erwähnten Sonderpreisen habe es sich jeweils um Einzelmaßnahmen für speziell ausgewählte Reisen gehandelt und sie seien regelmäßig, wie sich aus den diversen beigefügten Belegen ergebe, mit Stillschweigevereinbarungen an bestimmte, geschlossene Gruppen angeboten worden. Diese Sonderpreise könnten daher nicht in die Wertermittlung einbezogen werden, da sie gezielt so angeboten worden seien, dass sie keinen Einfluss auf den als Marktpreis gültigen Katalogpreis hatten, der bis zum Zeitpunkt bzw. kurz vor Zeitpunkt des Reisebeginns für normale Kunden maßgeblich gewesen sei, und nicht auf dem freien Markt hätte erlangt werden können.

50

Darüber hinaus habe es Kombi-Tarife gegeben, bei welchen die Reederei Passagieren, welche zwei direkt aufeinander folgende Reisen gebucht hätten, Nachlässe geboten habe. Auch die Gewährung von Vergünstigungen auf den Reisepreis einer zweiten Person auf der gleichen Reise sei nicht unüblich gewesen. Diese Rabattierung sei in der Regel in Höhe von 50 % auf den Katalogpreis des zweiten Passagiers erfolgt. Da diese Preisminderung nicht ohne den zugehörigen ersten Passagier hätte gewährt werden können, sei für Zwecke der Vergleichbarkeit mit dem Streitfall der Rabatt auf beide Passagiere aufzuteilen, wodurch sich ein Durchschnittsrabatt in Höhe von 25 % ergebe.

51

Soweit ein ungewöhnlich hoher Rabatt von ca. 38,75 % angeboten worden sei, beruhe dieser auf einem Sonderfall. Dieser resultiere aus einer Zusammenarbeit zwischen der Reederei und einem einvernehmlich ausgeschiedenen ehemaligen Mitarbeiter der Reederei sowie dreier namentlich benannter Freundeskreise. Hinsichtlich dieser besonderen Zusammenarbeit werde auf die zu Grunde liegende Vereinbarung sowie die sich aus den Kontakten ergebende besondere Zusammenarbeit mit Sonderkonditionen verwiesen.

52

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Einschränkungen sei zu bedenken, dass aus den von der Steuerfahndung beschlagnahmten Unterlagen hervorgehe, dass für den Kläger die Reisen mit sehr positiven Erlebnissen einhergegangen sei und keine Einschränkungen für den Mitarbeiter als Gast erkennbar seien: Insbesondere sei keine Einbindung des reisenden Mitarbeiters zu Hilfszwecken erkennbar gewesen, die Sauna habe beispielsweise auch an Regentagen, d.h. bei hoher Ausnutzung dieses Angebots durch reguläre Gäste, besucht werden dürfen, der Kläger habe beispielsweise auch einen Tisch im Restaurant ... buchen können. Es könne davon ausgegangen werden, dass bei der Teilnahme an fünf Reisen in vier aufeinander folgenden Kalenderjahren die Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen negativ beeinträchtigt hätten, dass der Kläger von Wiederholungen abgesehen habe.

53

Was die Genehmigungspraxis der Mitreiseanträge angehe, seien nach den Erkenntnissen des Finanzamts weniger als fünf Mitreiseanträge bekannt, welche nicht genehmigt worden seien. Soweit vereinzelt tatsächlich dem Mitreisewunsch eines Mitarbeiters nicht hätte gefolgt werden können, hätte bei zunächst erfolgter Zusage jedoch eine Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert werden müssen. Nach Kenntnissen des Finanzamts hätte die den Mitarbeitern zustehende einmalige Mitreise pro Jahr regelmäßig stattfinden können.

54

Alle durch den Kläger beantragten und durch die Reederei genehmigten Reisen seien tatsächlich durchgeführt worden. Aus diesen tatsächlichen Erfahrungen des Klägers ließe sich keine Unsicherheit hinsichtlich der beabsichtigten Reisen erkennen, sobald einmal eine Genehmigung durch die Geschäftsleitung erfolgt sei. Das System der Mitarbeiterreisen stelle eine Vergünstigung für die Mitarbeiter dar, auf welche zwar kein Rechtsanspruch bestanden habe, mit der die Mitarbeiter jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten rechnen können. Insofern sei von einem Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auszugehen. Die Gewährung solcher Vorteile hätten für den Arbeitgeber Mittel dargestellt, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen und hätten in der Regel die positive sowie auch beabsichtigte Auswirkung der beispielsweise besseren Arbeitsleistung und Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber. Hätte tatsächlich die vom Kläger nicht belegte Praxis häufige, kurzfristige Absagen von genehmigten Mitreisen umfasst, hätte dies den positiven Nutzen für das Unternehmen beeinträchtigt. Die Annahme, ein Mitarbeiter, dessen Urlaub aufgrund der kurzfristigen Absage seiner Urlaubsreise und dem wahrscheinlichen Fehlen einer zum gleichen Termin erlangbaren adäquaten Alternative abgewertet worden sei, kehre mit ungeminderter Arbeitsfreude in das Unternehmen zurück, sei unwahrscheinlich.

55

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 4. September 2013 wurde der Kläger persönlich angehört. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

56

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zum Teil begründet.

58

Das Finanzamt hat in den Streitjahren die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Grunde nach zu Recht um den geldwerten Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen erhöht. Der Wert des gewährten Vorteils ist jedoch vom Finanzamt zu hoch geschätzt worden und war auf 40 % des Katalogpreises unter Berücksichtigung der beantragten Zuzahlungen zu verringern. Insoweit sind die angefochtenen Verwaltungsakte rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO) (I.). Der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG kann aber nicht gewährt werden (II.). Im Übrigen war auch für das Streitjahr 2005 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten (III.).

59

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Vorteile, die dem Kläger durch seine Teilnahme und die Teilnahme seiner Lebensgefährtin an den Reisen zugeflossen sind, als Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG anzusehen sind. Der eigene Reiseanteil des Klägers an der Reise 2 ist inzwischen nicht mehr einbezogen, da der Kläger nachweisen konnte, dass es sich um eine Dienstreise handelte.

60

Umstritten ist hingegen der Wert des Sachbezuges.

61

I. Wert des gewährten Vorteils

62

Gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG erfolgt die Bewertung geldwerter Vorteile, für die keine amtlichen Werte festgesetzt und die nicht nach § 8 Abs. 2 S. 2-5 EStG und § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind, mit dem um die üblichen Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe. Der Endpreis ist der tatsächliche Preis (Marktpreis), der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern tatsächlich für die identische Ware oder Dienstleistung gezahlt wird. Ein unentgeltlicher Sachbezug ist nur insoweit gegeben, als ein objektiver Beobachter im konkreten Fall aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil im Sinne einer objektiven Bereicherung annehmen würde. Lässt sich der übliche Preis nicht feststellen, ist er zu schätzen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 VI R 123/00, BStBl II 2002, 230; Schmidt/Krüger, EStG 32. Aufl. § 8 Rz 36, 37; LStH 13 R 8.1 (2)).

63

Maßgebend für die Bewertung ist der Endpreis im Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahme (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl. § 8 Rz 39 m. w. N.).

64

Der übliche Preis für die dem Kläger zugewendeten Reiseleistungen ist zu schätzen, da für die dem Kläger konkret überlassene Dienstleistung kein Marktpreis festzustellen ist (2.). Maßgebender Bewertungszeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt des Reiseantritts (1.).

65

1. Maßgebender Bewertungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Reiseantritts oder kurz zuvor. Die nicht in Geldes Wert bestehende Einnahme konnte erst zu diesem Zeitpunkt zufließen, da bis dahin unsicher war, ob der Kläger tatsächlich an der Reise teilnehmen konnte.

66

Das Finanzamt geht hingegen vom Endpreis am Bestelldatum aus, welches es mit dem Zeitpunkt der Beantragung/Genehmigung der Mitarbeiterreise gleichsetzt (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom 23. Juni 2011).

67

Für die Annahme des Zuflusses bei Reiseantritt bzw. kurz zuvor spricht schon der im Mitreiseantrag enthaltene Vorbehalt der Verfügbarkeit einer Kabine. Darüber hinaus wurde in der Mitteilung über die erfolgte Genehmigung erneut auf den Vorbehalt der Kabinenvakanz hingewiesen.

68

Zwar wurden – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen hat – von den Mitarbeitern nur solche Reisen ausgewählt, bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Mitreise bestand. Welche Reisen dies waren, konnte durch Abruf des Buchungsstatus festgestellt werden, so dass besonders beliebte Reisen, z. B. die Weihnachtsreisen gar nicht erst in Frage kamen.

69

Es kann aus Sicht des Gerichts dahingestellt bleiben, in wie vielen Fällen die Reise tatsächlich nicht angetreten werden konnte. Es kommt daher nicht darauf an, dass der Kläger vorträgt, allein ihm seien drei Fälle bekannt, in denen die schon genehmigte Reise storniert worden sei, und im Übrigen seien Anträge zu nicht durchgeführten Mitarbeiterreisen naturgemäß nicht mehr im Mitarbeiterreiseordner enthalten. Ebenso wenig kommt es auf den Einwand des Finanzamtes an, es seien weniger als 5 Mitreiseanträge bekannt, welche nicht genehmigt worden seien. Alle durch den Kläger beantragten und durch die Reederei genehmigten Reisen seien durchgeführt worden. Im Übrigen sei zu bedenken, dass eine vom Kläger nicht belegte Praxis häufiger, kurzfristiger Absagen von genehmigten Mitreisen jeglichen positiven Nutzen der Mitarbeiterreise, die zur Steigerung der Zufriedenheit hätte führen sollen, beeinträchtigt hätte.

70

Soweit das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung zur Bekräftigung seiner Auffassung, eine Unsicherheit habe nicht bestanden, auf die durchschnittliche Auslastung der MS A zwischen rund 70 und 80 % in den Streitjahren verwies, ist dem nach Auffassung des Gerichts der Kläger mit dem überzeugenden Hinweis entgegengetreten, dass diese Auslastungszahl nur die Paxe im Verhältnis zur Kapazität widerspiegele und somit nicht aussagekräftig sei, da beispielsweise selbst bei einer 100 % Kabinenbelegung eine geringere Auslastung zustande komme, weil – wie bei der MS A häufiger der Fall – Doppelkabinen durch Einzelpersonen belegt seien.

71

Nach Auffassung des Senats ist entscheidend, dass bei jeder konkreten Reise die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestand. Dies ergibt sich aus dem im Mitreiseantrag sowie dem im Genehmigungsschreiben enthaltenen Vorbehalt der Verfügbarkeit einer Kabine. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des jeweiligen Mitarbeiters zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. Genehmigung, d. h. auf die ex-ante Sicht. Dass das Risiko der Absage im Nachhinein ex-post betrachtet über die Jahre und gemessen an der Zahl der tatsächlich durchgeführten Mitarbeiterreisen nicht sehr groß war, ist für die Betrachtung nicht erheblich. Der einzelne Mitarbeiter und damit auch der Kläger musste jedenfalls konkret damit rechnen, dass eine Absage möglich war und ihm selbst bei einer Genehmigung oder „Buchungsbestätigung“ anders als regulär zahlenden Reisenden kein einklagbarer Anspruch oder gar bei Nichtdurchführung  ein Ersatzanspruch zustand. Dass der Kläger – wie das Finanzamt vorträgt - aufgrund seiner Erfahrung mit einer Genehmigung rechnen konnte, ändert daran nichts. Trotz der Genehmigung der Reise war die Durchführung nicht sicher. Im Übrigen hat das Finanzamt nicht konkretisiert, ab welchem Jahr es von einem solchen Erfahrungswert ausgehen will. Soweit das Finanzamt  vorträgt, bei einer Absage der Reise seitens des Arbeitgebers trotz zunächst erfolgter Zusage müsste eine Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert sein, erscheint dies dem Senat nicht unbedingt zwingend, da der jeweilige Mitarbeiter seinen schon genehmigten Urlaub auch anderweitig verbringen konnte.

72

Anzumerken bleibt, dass in den Wochen nach Stellung des Mitreiseantrags und der Genehmigung durch die Geschäftsleitung vor Reiseantritt schlecht gebuchte Reisen in der Regel und auch die vom Kläger konkret unternommenen Reisen noch intensiver im Rahmen von Sonderaktionen, z. B. family und friends, oder durch Reiseanreicherung durch besondere Zusatzleistungen, angeboten wurden (s. die vom Kläger vorgelegten Übersichten, die unter der Agenturnummer 3 die aufgrund des family-und-friends Angebotes mitreisenden Personen ausweist, bzw. für die Reise 1 das Angebot). Dadurch stieg gerade das Risiko der Nichtverfügbarkeit einer Kabine trotz der bis zur Antragstellung noch nicht ausreichenden Auslastung noch. Dass sich durch die Sonderaktionen die Auslastung noch deutlich verbesserte, kann man schon den zitierten Übersichten entnehmen, die einen erheblichen Anteil an family-und-friends Buchungen erkennen lassen. Diese Tatsache hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zudem ausdrücklich hervorgehoben und auch das Finanzamt ist dem nicht entgegengetreten.

73

Für die Annahme des Zuflusses im Zeitpunkt des Reiseantritts oder kurz davor spricht darüber hinaus die Überlegung, dass bei tatsächlichem Nichtantritt der Reise der Ansatz des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Antragstellung oder Genehmigung zu einer Erfassung und Versteuerung führen würde, ohne dass ein Vorteil vom Mitarbeiter tatsächlich erlangt worden wäre.

74

Soweit das Finanzamt unter Hinweis auf R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der Lohnsteuerrichtlinien 2009 davon ausgeht, dass sich der übliche Endpreis am Abgabeort nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt der Lieferung bestimme (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom 23. Juni 2011 und Einspruchsentscheidung), kann dies nach Ansicht des Senats nur eine Rolle spielen, wenn aufgrund der Bestellung ein gesicherter Anspruch auf Lieferung der Ware oder Dienstleistung besteht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

75

2. Die vom Kläger in Anspruch genommene konkrete Reiseleistung war am Markt nicht zu erlangen. Die konkrete Reiseleistung entsprach nicht den Katalogleistungen. Die konkrete Reiseleistung zeichnete sich vielmehr dadurch aus, dass es verschiedene Einschränkungen insbesondere hinsichtlich der Nutzung der an Bord vorhandenen Restaurants, der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen und der Kabinenauswahl, aber andererseits auch als besondere Vergünstigung einen Rabatt von 20 % auf die an Bord konsumierten Getränke gab. Darüber hinaus blieb der Mitarbeiter bis zum Reisezeitpunkt im Unsicheren, ob er die Reise tatsächlich antreten konnte oder nicht. Diese konkrete Dienstleistung wurde in keinem Katalog angeboten, ihr Wert ist daher im Schätzwege zu ermitteln.

76

Im Rahmen der Wertermittlung des geldwerten Vorteils durch Schätzung sind nach Auffassung des Senats folgende Gesichtspunkte zu beurteilen: neben der Gegenüberstellung von wertmindernden und werterhöhenden Umständen muss abgewogen werden, welchen  Einfluss die Tatsache auf den Wert des Vorteils hat, dass die Reiseleistung Bestandteil einer Restplatzverwertung  gewesen ist.

77

Vorweg bleibt festzuhalten, dass die vergünstigten Reisepreise, die Mitarbeitern von Reisebüros oder Mitarbeitern des ... gewährt wurden, nach Ansicht des Senats nicht zugrunde gelegt werden können. Es handelt sich hierbei um Sonderkonditionen, die einem von vorneherein durch bestimmte Kriterien abgrenzbaren Kundenkreis ohne Bezug zu einer Restplatzverwertung gewährt werden. Sie können daher auch nicht als Bezugspunkt im Rahmen der Abwägung einfließen.

78

Genauso verhält es sich mit den Last Minute Angeboten, die es nach Aktenlage erst ab dem Jahr 2010 gab und die daher nicht für die Streitjahre relevant seien können. Den widersprüchlichen Ausweis der Agenturnummer 3 in den vom Kläger vorgelegten Übersichten als Last Minute Angebote konnte das Finanzamt nach Einschätzung des Senats schlüssig damit erklären, dass die neu gegründete Reederei ... als Nachfolgerin der ... Reederei mit vorhandenen Daten weiterarbeitete, es wegen Umbenennung der Agenturnummern wegen Aufnahme von Last Minute Angeboten im Jahr 2010 nachträglich zur Änderung der ursprünglichen Datensätze gekommen ist.

79

Auch die family und friends Preise können nicht zugrunde gelegt werden. Zwar handelt es sich bei den durch dieses Angebot angesprochenen Personen anders als bei den Angeboten für Reisebüromitarbeiter oder die ...-Mitarbeiter nicht mehr um einen Personenkreis, der nach ganz konkreten Kriterien abgrenzbar wäre. Einziges gemeinsames Merkmal ist, dass eine Person einen Reedereimitarbeiter kennen musste. Davon abgesehen hätte jeder Bekannte eines Bekannten unter Vermittlung des Namens eines Reedereimitarbeiters grundsätzlich das Angebot in Anspruch nehmen können. Auch wenn dieses Angebot hinsichtlich des Adressatenkreises schon in die Nähe eines auf dem Markt erhältlichen Angebotes rückt, war es ebenso wie die anderen Angebote eben nicht offiziell an alle Marktteilnehmer gerichtet. Außerdem war durch eine Stillschweigevereinbarung, deren Bruch damit sanktioniert war, dass die Differenz zum Katalogpreis nachgefordert werden konnte, abgesichert, dass regulär zahlende Gäste von der Vergünstigung nichts erfuhren.

80

a. Wertmindernd sind tatsächliche Einschränkungen zu berücksichtigen, die der Kläger und seine Begleiterin gegenüber regulär zahlenden Gästen erfahren haben.

81

Die vom Kläger und seiner Begleiterin in Anspruch genommene Reiseleistung war im Vergleich zur Reiseleistung nach Katalog in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Diese Tatsache wird vom Finanzamt auch grundsätzlich nicht bestritten. Zwar trägt das Finanzamt vor, dass aus den beschlagnahmten Unterlagen (die Reiseberichte in Form der „Internen Notiz“ für die Geschäftsführer) und der Teilnahme an fünf Reisen in vier aufeinanderfolgenden Jahren hervorgehe, dass die Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen negativ beeinträchtigt hätten, dass insgesamt von Wiederholungen abgesehen worden wäre. Hieraus ergibt sich, dass das Finanzamt durchaus das Vorhandensein von Einschränkungen erkennt, diese jedoch als nicht erheblich ansieht, weil es unterstellt, dass der Kläger sie in einer konkreten Situation nicht als solche erlebt habe oder sie auch wiederholt akzeptiert habe. Aus Sicht des Senats enthält dies eine Wertung, die für die Frage, ob es tatsächlich Einschränkungen gegeben hat, nicht relevant ist.

82

Der Kläger konnte die Reise erst in etwa vier bis sechs Wochen vor Reisebeginn beantragen. Das Finanzamt trägt vor, dass sich aus den Mitarbeiterreisekonditionen ergäbe, dass ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens 6 Wochen vor Reisebeginn zu stellen war, und  dies im Interesse der Reederei an rechtzeitiger Planung gewesen sei. Daher habe das Finanzamt nicht von einem „Last Minute“-Kontingent ausgehen können. Die tatsächliche Praxis zeigt jedoch, dass Mitarbeiterreiseanträge auch noch in etwa 4 Wochen vor Reisebeginn gestellt werden konnten. Dies belegt nach Ansicht des Senats eher die Vermutung, dass auch durch die Mitreise von Mitarbeitern eine Art Restplatzverwertung stattfand.

83

Der Kläger konnte nicht - wie das Finanzamt vorträgt - aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin wählen, oder jedenfalls nur theoretisch. Das Finanzamt sieht den Kläger insofern gegenüber dem klassischen Last Minute Urlauber, der nur noch nach Verfügbarkeit wählen kann, im Vorteil. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, machte es aber nur Sinn, sich Reisen mit bis zur Antragstellung nicht ausreichender Auslastung auszuwählen, da nur dann eine Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass man die Reise auch durchführen konnte. Die Auswahl war gerade auch nach Verfügbarkeit beschränkt, was wiederum für die Annahme einer Restplatzverwertung spricht.

84

Der Kläger konnte zudem seine Kabine nicht frei wählen und erhielt diese erst kurz vor Reiseantritt oder an Bord zugeteilt.

85

Die Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogramm war nur bei vorhandenen Restplätzen möglich. Somit konnte er sich - anders als andere Teilnehmer - nicht durch rechtzeitige Buchung die Teilnahme an Ausflügen sichern. Zwar war es bei nur beschränkt vorhandenen Plätzen auch nicht für jeden zahlenden Passagier möglich, an bestimmten Ausflügen oder Programmen teilzunehmen. Zahlende Mitreisende hatten jedoch jedenfalls die Möglichkeit, sich durch rechtzeitige Buchung einen Platz zu verschaffen.

86

Bei der Teilnahme an Fitnessprogrammen musste der Kläger ebenso zurückstehen. Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, dass er in einer internen Notiz berichtete, die Sauna an einem Regentag genutzt zu haben. Der Kläger trägt nicht vor, dass die Nutzung wegen der Einschränkung nicht möglich war. Es ist durchaus vorstellbar, dass selbst an Tagen, an denen man eine höhere oder vollständige Auslastung durch reguläre Gäste vermuten würde, freie Plätze vorhanden waren und der Kläger das Angebot daher nutzen konnte. Etwas Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der zitierten Notiz. Genauso verhält es sich mit der Aussage des Klägers, er „habe häufig selbst am Programm teilgenommen“.

87

Auch die Nutzung der Restaurants war eingeschränkt. Laut Mitreiseantrag war der Besuch des Restaurants C den regulär gebuchten Gästen vorbehalten, Ausnahmegenehmigungen würden nur von der Geschäftsleitung erteilt. Der Hinweis des Finanzamtes, es seien Ausnahmeregelungen somit möglich gewesen und im Übrigen hätten auch nicht alle regulären Gäste im auf 104 Plätze beschränkten Restaurant C Platz gefunden, spricht nicht gegen die tatsächlich vorhandene Einschränkung. Reguläre Gäste hatten ohne weiteres die Möglichkeit sich durch rechtzeitige Reservierung einen Platz zu sichern.

88

Weiter bestand bei mangelnder Platzkapazität kein Anspruch auf einen festen Platz im Restaurant „B“. Soweit das Finanzamt vorträgt, dagegen spräche, dass der Kläger einen Tisch in diesem Restaurant reserviert hätte, bleibt festzuhalten, dass zum einen nicht feststeht, ob der Kläger tatsächlich den gewünschten Platz erhalten hat, zum anderen der geäußerte Reservierungswunsch nicht gegen die Feststellung spricht, dass bei entsprechender Auslastung kein Anspruch auf diesen Platz bestand.

89

Auch wenn die mitreisende Begleitung keiner der angeführten Restriktionen unterlag, ist doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass bei einer gemeinsam unternommenen Reise der Großteil der Zeit gemeinsam verbracht wird, Unternehmungen oder die Teilnahme an Essen gemeinsam erfolgen. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass die Lebensgefährtin beispielsweise das Restaurant C besuchen würde, während der Kläger am Buffet teilnahm. Gemeinschaftliche Unternehmungen waren somit trotz der für die Reisebegleitung theoretisch nicht vorhandenen Einschränkungen tatsächlich doch eingeschränkt.

90

Weiter hatte der Kläger einen Reisebericht nach der Reise abzugeben, für den er sich bestimmte Notizen schon während der Reise machte. Auf zwei Reisen führte er Bargeldtransporte durch, damit Personal teilweise bar vor Ort bezahlt werden konnte. Der Senat wertet diese Verpflichtungen des Klägers jedoch nicht als erhebliche Einschränkungen, da der Kläger und seine Begleiterin durch diese Aufgaben allenfalls unwesentlich daran gehindert worden sind, an der Reise wie andere zahlende Reiseteilnehmer teilzunehmen.

91

Gleiches gilt für den vom Kläger geltend gemachten Umstand, dass er durch die Bekanntschaft mit weiteren Mitarbeitern an Bord selbst gegenüber anderen Gästen häufig als Mitarbeiter der Reederei erkennbar war und Auskünfte hinsichtlich der Verhältnisse an Bord oder zum Unternehmen geben musste.

92

b. Werterhöhend sind im Rahmen der Abwägung Vergünstigungen zu berücksichtigen, die dem Kläger und seiner Begleiterin gegenüber den regulär zahlenden Gästen gewährt wurden. Diese bestanden einerseits in einem Abschlag von 20 % auf Getränke. Es ist davon auszugehen und unstreitig, dass der Kläger tatsächlich diese Vergünstigung in Anspruch genommen hat.

93

Weitere Vergünstigungen - so das Finanzamt - bestünden „in der Preisfreiheit etwaiger Halb- oder Ganztagsausflüge bzw. lediglich der Entrichtung des Einkaufspreises der Teilnahme für eine etwaige Begleiterin“. Darüber hinaus würden “etwaige für die An- und Abreise vorhandene freie Charterplätze auf Flügen und auch teilweise Zubringerflüge an die Mitarbeiter kostenlos weitergegeben“ (Bericht über steuerliche Feststellungen vom 16. Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt; s. auch zusammenfassender Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle vom 15. Juli 2010). Da die Katalogpreise jedoch die Charterflüge umfassten (siehe auch Buchungen regulärer Kunden, bei denen nur Anschlussflüge oder Direktflüge mit einem Aufpreis i. H. v. 50 € separat berechnet wurden), kann die kostenlose Weitergabe von vorhandenen Charterplätzen sich nicht werterhöhend auswirken. Soweit der Kläger mangels vorhandener Kapazität Linienflüge buchen musste, wurden diese auch entsprechend separat abgerechnet (s. für die Reise 3). Ebenfalls wurden Anschlussflüge separat abgerechnet (für die Reise 4), wobei mangels vergleichbarer Unterlagen für regulär zahlende Gäste nicht festgestellt werden kann, ob der dort genannte Sondertarif nicht auch diesen gewährt wurde. Somit kann eine Begünstigung des Klägers hinsichtlich der Mitreise auf Flügen im Vergleich zu regulär zahlenden Gästen nicht festgestellt werden.

94

Inwieweit der Kläger und seine Begleiterin an Ausflügen, die sie anders als reguläre Gäste nicht vorher buchen konnten (vergleiche auch die tatsächlichen Buchungen des Klägers und die regulären Buchungen) teilgenommen haben, ist aus den Unterlagen nicht konkret erkennbar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Teilnahme pro Reise in jedem Fall erfolgte, da diese vom Arbeitgeber gewünscht war und in dem geforderten Reisebericht beschrieben werden sollte (siehe beispielsweise Mitteilung über die Genehmigung des Mitreiseantrags). Die Erwähnung eines Ausfluges findet sich in der „Internen Notiz“ des Klägers über die Reise 1 an die Geschäftsführer auch wieder. Insoweit muss dieser Vorteil als zusätzliche Vergünstigung in die Abwägung miteinbezogen werden. Der Vorteil wird auch nicht dadurch gemindert, dass der Kläger vom Arbeitgeber zur Teilnahme an mindestens einem Ausflug quasi verpflichtet wurde und er über diesen berichten musste.

95

Ob sich diese Wertung schon aus der vom Finanzamt zitierten Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 4. August 1994 VI R 24/94 BStBl. II 1994, 954) ergibt, nach der sich bei der Bewertung des Vorteils die vom Arbeitnehmer anlässlich der Vorteilsgewährung tatsächlich erbrachten Dienstleistungen nicht wertmindernd auswirken, kann dahinstehen. Der dem zitierten Urteil zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich vom Streitfall, da die dort vom Mitarbeiter erbrachten Dienstleistungen nicht während der Urlaubszeit, sondern während seiner Arbeitszeit erbracht wurden.

96

Jedenfalls geht der Senat davon aus, dass die Teilnahme an einem Ausflug tatsächlich einen geldwerten Vorteil darstellt. Weder der vom Arbeitgeber geäußerte Wunsch oder gegebenenfalls die Verpflichtung, an einem Ausflug teilzunehmen, noch die Verpflichtung zur Erstellung eines Berichtes darüber führt zu der Wertung, dass ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme am Ausflug bestand und es sich insoweit um eine dienstliche Verpflichtung handelte. Darüber hinaus ist, soweit man, was der Senat bezweifelt, eine Beeinträchtigung des Klägers durch die Verpflichtung zur Teilnahme oder zur Berichtsverfassung überhaupt annehmen kann, diese jedenfalls als so geringfügig anzusehen, dass eine Wertminderung nicht angenommen werden kann.  Im Übrigen wurde ihm kein bestimmter Ausflug vorgeschrieben, sondern er hatte – vorbehaltlich verfügbarer Plätze – eine gewisse Wahlmöglichkeit, mit der er eigene Vorlieben realisieren konnte.

97

Soweit das Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 28. März 2013 weitere Vergünstigungen erwähnt (kostenlose Gewährung von Dienstleistungen und Verpflegung), hat es diese nicht ausreichend konkretisiert, so dass sie nicht in die Abwägung einbezogen werden können.

98

c. Weiter ist im Rahmen der Abwägung zu beachten, dass es sich bei der Gewährung der Mitarbeiterreisen in der konkreten Ausgestaltung um eine Art Restplatzverwertung handelte. Außerdem brachte die Reederei durchaus auch in den Streitjahren Angebote auf den Markt, die ganz erhebliche Abschläge auf den Katalogpreis bei Leistungen laut Katalog vorsahen. Es fragt sich, welchen Reisepreis ein Reisender zum Bewertungszeitpunkt für die dem Kläger gewährte Reiseleistung am Markt bezahlt hätte.

99

Das Finanzamt trägt zur Bekräftigung seiner Annahme, dass grundsätzlich von den Katalogpreisen auszugehen sei, vor, dass nach Antragstellung und Genehmigung der Mitarbeiterreise der Verkauf zu Katalogpreisen fortgesetzt wurde und Buchungen auch für den Zeitpunkt von etwa 5-6 Wochen vorher belegt sind. Die Bewertung zu Katalogpreisen müsse auch bei Bewertung der Reise zu einem Zeitpunkt kurz vor oder direkt vor Reisebeginn vorgenommen werden, da die Reederei in den Streitjahren darauf geachtet habe, dass der Katalogpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung für jeden Reisenden maßgeblich war. Zum einen ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Buchungen zu Katalogpreisen weit zuvor erfolgte (s. Übersichten, aus denen sich Buchungsdaten von rund 18 Monaten bis zu 6 Monaten vor Reiseantritt ergeben). Es ist aus Sicht des Gerichts fraglich und auch nicht belegt, ob Buchungen zum Bewertungszeitpunkt zum Katalogpreis noch erfolgt sind. Weiter ist es aus Sicht des Gerichts eher unwahrscheinlich, dass ein zahlender Gast zu diesem Zeitpunkt für einen Restplatz mit den genannten Einschränkungen und Vergünstigungen ohne Wahlmöglichkeit der Kabine den Katalogpreis gezahlt hätte.

100

Es kann nach Auffassung des Senats nicht - wie das Finanzamt meint - davon ausgegangen werden, dass die Reederei in den Streitjahren darauf geachtet hat, dass der Katalogpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung für jeden Reisenden maßgeblich war. Das mag die nach außen vertretene Preispolitik und das unternehmerische Ziel gewesen sein, allein die Anzahl der vorgelegten Unterlagen über diverse verschieden ausgestaltete Angebote für den offiziellen Markt sowie auch die Häufigkeit der family und friends Angebote sprechen dagegen.

101

Es gab in den Streitjahren und auch schon im Jahr 2005 am Markt Angebote, die schon regulär zu einem Abschlag von 25 % insgesamt bezogen auf den Preis pro Personen für die Teilnahme von 2 Personen führten (sogenannte Kombiangebote). Zwar konnte der Kläger kein solches Angebot für eine von ihm angetretene Reise vorweisen, es zeigt jedoch, dass keineswegs bis zum Zeitpunkt des Reiseantritts nur Katalogpreise am Markt angeboten wurden. Für die Reise 1 war immerhin ein besonderes Angebot auch am Markt vorhanden, das die An- und Abreise sowie die Reiserücktrittsversicherung einschloss.

102

Dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssen, ergibt sich für das Gericht - wie schon oben unter 2.a. dargestellt - daraus, dass die Reise tatsächlich nur zu einem gewissen Zeitpunkt etwa 4-6 Wochen vor Reisebeginn und nur bei mangelnder Auslastung beantragt werden und nur in diesem Fall auch mit einer Genehmigung und der tatsächlichen Mitreise gerechnet werden konnte.

103

Parallel dazu wurde in nennenswertem Umfang eine Restplatzverwertung durch family und friends Angebote initiiert, die vom Zeitpunkt mit der Beantragung der Mitarbeiterreisen in den Jahren 2006 bis 2008 fast übereinstimmt. Im Vergleich zu den vom Kläger beantragten Mitreisen erfolgte die Freigabe des family und friends Angebots beispielsweise bei der Reise 3 6 Tage nach Genehmigung des Mitreiseantrags des Klägers, bei der Reise 5 über 19 Tage vor Genehmigung des Mitreiseantrags.

104

Daraus ergibt sich, dass die Reederei nicht etwa zunächst die Mitarbeiterbuchungen abwartete, um nach Berücksichtigung der interessierten Mitarbeiter vorhandene Restplätze noch günstig zu verkaufen. Vielmehr wurden Mitarbeiter neben anderen Programmen der Restplatzverwertung – nachrangig – berücksichtigt.

105

Der Senat geht zwar gerade nicht davon aus, dass der family und friends Preis einen Marktpreis im Sinne eines offiziellen Angebotes darstellt. Es stellt sich aber die Frage, ob er nicht zumindest einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Wert der Reise im Sinne einer Restplatzverwertung geben kann. Dabei umfasste dieses Angebot die Katalogleistungen ohne Einschränkungen und war etwa zu dem gleichen Zeitpunkt wie die Mitarbeiterreisen erhältlich; anders als für die Mitarbeiterreisen bestand aufgrund einer family und friends Buchung auch noch ein fester Anspruch auf Mitreise.

106

Der family und friends Preis bietet somit eine (interne) Werteinschätzung der verfügbaren Reisen etwa 6 Wochen vor Reiseantritt, der Wert zu einem späteren Zeitpunkt müsste eher darunter liegen. Da es sich jedoch um einen internen Preis handelt, geht der Senat davon aus, dass ein offizieller Preis im Rahmen einer Restplatzverwertung am Markt in den Streitjahren auch bei Berücksichtigung deutlicher Abschläge wohl nicht unter den family und friends Preisen gelegen hätte. Dafür spricht insbesondere, dass es in den Streitjahren ausdrückliche last Minute Angebote nicht gab.

107

Der family und friends Preis lag im Vergleich zu dem bei Bewertung des Vorteils für den Kläger durch das Finanzamt zugrunde gelegten Katalogpreis bei 28,25% des Katalogpreises für die Reise 2, bei 23,15 % für die Reise 3, bei 43,44 % für die Reise 4 und bei 50 % für die Reise 5, durchschnittlich bei 36,21 %.

108

Auch wenn nach außen offiziell eine andere Preispolitik verfolgt wurde, zeigt das family und friends Angebot, dass der tatsächliche Wert eines Restplatzes deutlich unter dem Katalogpreis einzuschätzen war. Ob der Katalogpreis zu Reisebeginn den tatsächlichen Wert der Reise widerspiegelt und tatsächlich noch zu erzielen war, scheint dem Senat zweifelhaft. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass aus dem Vorhandensein von zwar nicht offiziellen, aber doch häufigen und an eine relativ uneingegrenzte Anzahl von Personen gerichteten Angeboten zur Restplatzverwertung geschlossen werden kann, dass auch der tatsächliche Wert der Reise und damit der tatsächliche Preis im Sinne eines Marktpreises wesentlich unter den Katalogpreisen anzusetzen ist. Dass die Reederei allgemein auch nicht in den Streitjahren bis zuletzt nur Katalogpreise angeboten hat, ergibt sich aus der Existenz verschiedener besonderer Angebote, die sich ganz offiziell an den Markt richteten und nicht einmal zur Restplatzverwertung eingesetzt wurden. Dass die Reederei das family und friends Angebot mit einer Stillschweigeverpflichtung verbunden hat, um sicherzustellen, dass Stammkunden an Bord, die regulär gezahlt hatten, nicht verärgert wurden, spricht nicht gegen die Annahme eines gegenüber dem Katalogpreis vermindert anzusetzenden Wertes.

109

Außerdem wäre bei der Wertermittlung grundsätzlich zu berücksichtigen, dass im Rahmen der üblichen Rabatte bei mehrfacher Teilnahme an Reisen regulär Abschläge auf eine weitere Reise vorgenommen wurden, die sich mit zunehmender Anzahl der Reisen erhöhten. Da die Mehrfahrerrabatte aber nach Aktenlage nur regulär zahlenden Kunden zugute kamen oder im Rahmen von Sonderpreisen, die bestimmt abgrenzbaren Kundenkreisen gewährt wurden, berücksichtigt wurden, sie sich bei der Restplatzverwertung indessen nicht wiederfinden, lässt der Senat diese Vergünstigung im Rahmen der pauschalen Bewertung außer Betracht. Soweit man jedoch - wie das Finanzamt - eine Bewertung ausgehend von den Katalogpreisen vornehmen wollte, wäre nicht einzusehen, warum die Mehrfahrerrabatte bei der Bewertung der Reisen des Klägers und seiner Begleitung nicht auch Berücksichtigung finden sollten.

110

In Abwägung aller angeführten Umstände, insbesondere der vorhandenen Einschränkungen und Vorteile sowie der Tatsache, dass eine Restplatzverwertung auf dem Markt im Allgemeinen und auch konkret durch die Arbeitgeberin des Klägers durch offizielle und interne Angebote zu erheblichen Abschlägen führt bzw. geführt hat,  kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Bewertung des geldwerten Vorteils pauschal mit 40 % des Katalogpreises für jedes Jahr angemessen ist.

111

Zwar liegt der durchschnittliche Wert der internen Restplatzverwertung für die vom Kläger unternommenen Reisen nur bei rund 36 %. Da aber im Rahmen der internen Restplatzverwertung durch die Reederei für Reisen, an denen der Kläger teilgenommen hat, auch höhere Werte als 40 % existieren (für die Reisen 4 und 5), scheint es gerechtfertigt, im Wege der Schätzung einen pauschalen Mittelwert für alle Jahre i. H. v. 40 % anzusetzen.

112

Als Zuzahlungen sind 950 € anstelle der anerkannten 500 € für die Reise 4 (gezahlt 1.390 €, davon auf die Reise selbst 950 €) und 900 € anstelle der anerkannten 425 € für die Reise 5 zu berücksichtigen:

113

Bei der Ermittlung des Wertes der Reise 5 war zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Begleiterin 2 Tage weniger und somit nur 18 Tage an Bord waren.

114

Somit ergeben sich folgende Werte (in €):

115

Jahr   

Geldwerter Vorteil

Einkünfte nach § 19 EStG

Festzusetzende  ESt

2005   

4.439 

...     

...     

2006   

4.850 

...     

...     

2007   

5.538 

..    

...     

2008   

5.530 

...     

...     

116

II. Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG

117

Der so ermittelte Arbeitslohn ist nicht bis zur Höhe von 1.080 € nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei, da Arbeitgeber des Klägers in den Streitjahren die Reederei war, die Reiseleistung selbst jedoch vom Reiseveranstalter, der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“ erbracht wurde. Diese Tatsache ergibt sich u.a. schon aus den Buchungsbestätigungen: „Buchungsbestätigung und Rechnungslegung erfolgen im Namen und Auftrag der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“, die in Rechnung gestellten Zuzahlungen waren auch „auf das Konto der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“ zu überweisen und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

118

Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die Arbeitgeberin durch die Übernahme der für die Schifffahrtsgesellschaft geleisteten Bereederung maßgeblich an der Erstellung des durch die Schifffahrtsgesellschaft angebotenen Produkts „Kreuzfahrtreise“  beteiligt war und beide Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe gehörten. Der BFH hat im Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 (BStBl II 1993, 356) jedoch den § 8 Abs. 3 EStG unter systematischer, teleologischer und historischer Interpretation dahin ausgelegt, dass nur Preisnachlässe auf solche Waren, Lieferungen und Dienstleistungen begünstigt sind, die im Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und dass die Vorschrift weder Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften noch einen überbetrieblichen Belegschaftshandel steuerlich begünstigen soll. Darüber hinaus hat der BFH im genannten Urteil zutreffend ausgeführt, dass diese Auslegung und Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Daher unterfällt der nicht vom Arbeitgeber des Klägers, sondern von der MS „A“ auf die Reisen gewährte Vorteil nicht der den Arbeitnehmer begünstigenden (Personalrabatt-)Regelung des § 8 Abs. 3 EStG (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 7. Februar 1997 VI R 17/94 BStBl II 97, 363; FG Münster vom 29. Juni 2011, EFG 2011, 1886; aA wohl Schmidt/Krüger, EStG, 32. Auflage, § 8 Rz. 66).

119

III. Verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO

120

Das Finanzamt war auch berechtigt, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 zu ändern. Die Festsetzungsfrist war beim Erlass des Einkommensteuerbescheides noch nicht abgelaufen, da der Kläger die Einkommensteuer für das Jahr 2005 leichtfertig verkürzt hat.

121

Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist fünf Jahre, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden ist. Die fünfjährige Frist begann nach Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2005 im Jahre 2006 mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2011, so dass der Einkommensteuerbescheid vom 15. Juni 2011 vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen wurde.

122

Unstreitig ist, dass dem Kläger im Jahr 2005 ein geldwerter Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen zugeflossen ist, den er im Rahmen seiner Steuererklärung nicht angegeben hat. Durch die Nichtangabe des geldwerten Vorteils hat der Kläger objektiv Steuern verkürzt. Dies geschah auch leichtfertig im Sinne des § 378 Abs. 1 S. 1 AO. Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (Jäger in Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 378 Rz. 20 mit weiteren Nachweisen). Dabei kommt es nicht auf die Einsichtsfähigkeit eines Durchschnittsbürgers, sondern auf die des betreffenden Täters an (BFH - Beschluss vom 22.8.2011 III B 4/10, BFH/NV 2011, 2092 mit Rechtsprechungsnachweisen).

123

Dem Kläger musste sich nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen aufdrängen, dass die Fahrten mit der MS A, für die er keine oder nur geringfügige Zuzahlungen erbringen musste, einen nicht in Geld bestehenden Vorteil darstellten, der steuerrechtliche Relevanz haben könnte. Es musste sich ihm aufdrängen, dass durch die fehlende Angabe dieses Vorteils in der Steuererklärung eine Steuerverkürzung eintreten würde. Der Senat ist davon überzeugt, dass es dem Kläger als ausgebildetem Bilanzbuchhalter unter Anwendung der sich für ihn ergebenden Sorgfalt möglich gewesen wäre, sich um die korrekte steuerrechtliche Behandlung zu kümmern. Zumindest hätte er den Sachverhalt dem Finanzamt gegenüber angeben müssen. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass sein Arbeitgeber die steuerrechtlichen Konsequenzen ziehen würde, zumal ihm, der kein steuerlicher Laie war, die fehlende Erfassung auf seiner Lohnsteuerkarte hätte auffallen müssen.

124

Darüber hinaus ergibt sich aus diversen Unterlagen (vgl. die E-Mails), dass sich der Kläger auch konkret mit der Problematik der Agenturnummern und den dazugehörigen Listen befasst hat. Nach der Überzeugung des Senats ist daraus ersichtlich, dass ihm auch die dieser Problematik zugrundeliegende Fragestellung der steuerlichen Erfassung und Behandlung der geldwerten Vorteile bekannt gewesen sein muss. Die konsequente Erfassung der mitreisenden Mitarbeiter ab 2007 war gerade durch das Erfordernis einer zu verändernden steuerlichen Behandlung (jedenfalls mit-) veranlasst. Es ist im Übrigen schwer vorstellbar, dass der Kläger als Verantwortlicher für das Buchungs- und Erfassungssystem, in dem die geänderten Agenturnummern erfasst werden mussten, nicht über sämtliche (auch die steuerrechtlichen) Hintergründe der Änderung informiert gewesen sein soll.

125

Auf die Kenntnis des Klägers der E-Mail vom 10. September 2007 kommt es daher nicht an.

126

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, 151 FGO.

127

Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

(2) Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Bei unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 durchzuführen.

(2)1Für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom laufenden Arbeitslohn hat der Arbeitgeber die Höhe des laufenden Arbeitslohns im Lohnzahlungszeitraum festzustellen und auf einen Jahresarbeitslohn hochzurechnen.2Der Arbeitslohn eines monatlichen Lohnzahlungszeitraums ist mit zwölf, der Arbeitslohn eines wöchentlichen Lohnzahlungszeitraums mit360/7und der Arbeitslohn eines täglichen Lohnzahlungszeitraums mit 360 zu vervielfältigen.3Von dem hochgerechneten Jahresarbeitslohn sind ein etwaiger Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) und Altersentlastungsbetrag (§ 24a) abzuziehen.4Außerdem ist der hochgerechnete Jahresarbeitslohn um einen etwaigen als Lohnsteuerabzugsmerkmal für den Lohnzahlungszeitraum mitgeteilten Freibetrag (§ 39a Absatz 1) oder Hinzurechnungsbetrag (§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 7), vervielfältigt unter sinngemäßer Anwendung von Satz 2, zu vermindern oder zu erhöhen.5Der so verminderte oder erhöhte hochgerechnete Jahresarbeitslohn, vermindert um

1.
den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) oder bei Versorgungsbezügen den Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b) und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) in den Steuerklassen I bis V,
2.
den Sonderausgaben-Pauschbetrag (§ 10c Satz 1) in den Steuerklassen I bis V,
3.
eine Vorsorgepauschale aus den Teilbeträgen
a)
für die Rentenversicherung bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert oder von der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch befreit sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn 50 Prozent des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen entspricht,
b)
für die Krankenversicherung bei Arbeitnehmern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, den ermäßigten Beitragssatz (§ 243 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) und den Zusatzbeitragssatz der Krankenkasse (§ 242 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) dem Arbeitnehmeranteil eines pflichtversicherten Arbeitnehmers entspricht,
c)
für die Pflegeversicherung bei Arbeitnehmern, die in der sozialen Pflegeversicherung versichert sind, in den Steuerklassen I bis VI in Höhe des Betrags, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze und den bundeseinheitlichen Beitragssatz dem Arbeitnehmeranteil eines pflichtversicherten Arbeitnehmers entspricht, erhöht um den Beitragszuschlag des Arbeitnehmers nach § 55 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen,
d)
für die Krankenversicherung und für die private Pflege-Pflichtversicherung bei Arbeitnehmern, die nicht unter Buchstabe b und c fallen, in den Steuerklassen I bis V in Höhe der dem Arbeitgeber mitgeteilten Beiträge im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 3, etwaig vervielfältigt unter sinngemäßer Anwendung von Satz 2 auf einen Jahresbetrag, vermindert um den Betrag, der bezogen auf den Arbeitslohn unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, den ermäßigten Beitragssatz und den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie den bundeseinheitlichen Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung dem Arbeitgeberanteil für einen pflichtversicherten Arbeitnehmer entspricht, wenn der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet ist, Zuschüsse zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen des Arbeitnehmers zu leisten;
Entschädigungenim Sinne des § 24 Nummer 1 sind bei Anwendung der Buchstaben a bis c nicht zu berücksichtigen; mindestens ist für die Summe der Teilbeträge nach den Buchstaben b und c oder für den Teilbetrag nach Buchstabe d ein Betrag in Höhe von 12 Prozent des Arbeitslohns, höchstens 1 900 Euro in den Steuerklassen I, II, IV, V, VI und höchstens 3 000 Euro in der Steuerklasse III anzusetzen,
4.
den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für ein Kind (§ 24b Absatz 2 Satz 1) in der Steuerklasse II,
ergibt den zu versteuernden Jahresbetrag.6Für den zu versteuernden Jahresbetrag ist die Jahreslohnsteuer in den Steuerklassen I, II und IV nach § 32a Absatz 1 sowie in der Steuerklasse III nach § 32a Absatz 5 zu berechnen.7In den Steuerklassen V und VI ist die Jahreslohnsteuer zu berechnen, die sich aus dem Zweifachen des Unterschiedsbetrags zwischen dem Steuerbetrag für das Eineinviertelfache und dem Steuerbetrag für das Dreiviertelfache des zu versteuernden Jahresbetrags nach § 32a Absatz 1 ergibt; die Jahreslohnsteuer beträgt jedoch mindestens 14 Prozent des zu versteuernden Jahresbetrags, für den 12 485 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags höchstens 42 Prozent, für den 31 404 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags 42 Prozent und für den 222 260 Euro übersteigenden Teil des zu versteuernden Jahresbetrags 45 Prozent.8Für die Lohnsteuerberechnung ist die als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilte oder die nach § 39c Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 39e Absatz 5a oder Absatz 6 Satz 8 anzuwendende Steuerklasse maßgebend.9Die monatliche Lohnsteuer ist1/12, die wöchentliche Lohnsteuer sind7/360und die tägliche Lohnsteuer ist1/360der Jahreslohnsteuer.10Bruchteile eines Cents, die sich bei der Berechnung nach den Sätzen 2 und 9 ergeben, bleiben jeweils außer Ansatz.11Die auf den Lohnzahlungszeitraum entfallende Lohnsteuer ist vom Arbeitslohn einzubehalten.12Das Betriebsstättenfinanzamt kann allgemein oder auf Antrag zulassen, dass die Lohnsteuer unter den Voraussetzungen des § 42b Absatz 1 nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ermittelt wird, wenn gewährleistet ist, dass die zutreffende Jahreslohnsteuer (§ 38a Absatz 2) nicht unterschritten wird.13Darüber hinaus kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag zulassen, dass bei nach § 1 Absatz 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmern mit Steuerklasse VI und ohne Freibetrag nach § 39a, die bei dem Arbeitgeber gelegentlich, nicht regelmäßig wiederkehrend beschäftigt werden und deren Dauer der Beschäftigung 24 zusammenhängende Arbeitstage nicht übersteigt, der während der Beschäftigung erzielte Arbeitslohn auf einen Jahresbetrag hochgerechnet und die sich ergebende Lohnsteuer auf den Lohnabrechnungszeitraum zurückgerechnet wird, wobei als Lohnabrechnungszeitraum der Zeitraum vom Beginn des Kalenderjahres bis zum Ende der Beschäftigung gilt.14Bei Anwendung des Satzes 13 sind auch der im Kalenderjahr in etwaigen vorangegangenen und beendeten weiteren Dienstverhältnissen in der Steuerklasse VI bezogene Arbeitslohn und die darauf erhobene Lohnsteuer einzubeziehen, soweit dort bereits Satz 13 angewandt wurde.15Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens nach Satz 13 ist zudem, dass der Arbeitnehmer vor Aufnahme der Beschäftigung
1.
unter Angabe seiner Identifikationsnummer gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich zustimmt,
2.
mit der Zustimmung den nach Satz 14 einzubeziehenden Arbeitslohn und die darauf erhobene Lohnsteuer erklärt und
3.
mit der Zustimmung versichert, dass ihm der Pflichtveranlagungstatbestand nach § 46 Absatz 2 Nummer 2 und 3a bekannt ist.
16Die Zustimmungserklärung des Arbeitnehmers ist zum Lohnkonto zu nehmen.

(3)1Für die Einbehaltung der Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug hat der Arbeitgeber den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug festzustellen.2Hat der Arbeitnehmer Lohnsteuerbescheinigungen aus früheren Dienstverhältnissen des Kalenderjahres nicht vorgelegt, so ist bei der Ermittlung des voraussichtlichen Jahresarbeitslohns der Arbeitslohn für Beschäftigungszeiten bei früheren Arbeitgebern mit dem Betrag anzusetzen, der sich ergibt, wenn der laufende Arbeitslohn im Monat der Zahlung des sonstigen Bezugs entsprechend der Beschäftigungsdauer bei früheren Arbeitgebern hochgerechnet wird.3Der voraussichtliche Jahresarbeitslohn ist um den Versorgungsfreibetrag (§ 19 Absatz 2) und den Altersentlastungsbetrag (§ 24a), wenn die Voraussetzungen für den Abzug dieser Beträge jeweils erfüllt sind, sowie um einen etwaigen als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilten Jahresfreibetrag zu vermindern und um einen etwaigen Jahreshinzurechnungsbetrag zu erhöhen.4Für den so ermittelten Jahresarbeitslohn (maßgebender Jahresarbeitslohn) ist die Lohnsteuer nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 5 bis 7 zu ermitteln.5Außerdem ist die Jahreslohnsteuer für den maßgebenden Jahresarbeitslohn unter Einbeziehung des sonstigen Bezugs zu ermitteln.6Dabei ist der sonstige Bezug um den Versorgungsfreibetrag und den Altersentlastungsbetrag zu vermindern, wenn die Voraussetzungen für den Abzug dieser Beträge jeweils erfüllt sind und soweit sie nicht bei der Steuerberechnung für den maßgebenden Jahresarbeitslohn berücksichtigt worden sind.7Für die Lohnsteuerberechnung ist die als Lohnsteuerabzugsmerkmal mitgeteilte oder die nach § 39c Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 39e Absatz 5a oder Absatz 6 Satz 8 anzuwendende Steuerklasse maßgebend.8Der Unterschiedsbetrag zwischen den ermittelten Jahreslohnsteuerbeträgen ist die Lohnsteuer, die vom sonstigen Bezug einzubehalten ist.9Die Lohnsteuer ist bei einem sonstigen Bezug im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 2 und 4 in der Weise zu ermäßigen, dass der sonstige Bezug bei der Anwendung des Satzes 5 mit einem Fünftel anzusetzen und der Unterschiedsbetrag im Sinne des Satzes 8 zu verfünffachen ist; § 34 Absatz 1 Satz 3 ist sinngemäß anzuwenden.10Ein sonstiger Bezug im Sinne des § 34 Absatz 1 und 2 Nummer 4 ist bei der Anwendung des Satzes 4 in die Bemessungsgrundlage für die Vorsorgepauschale nach Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 einzubeziehen.

(4) (weggefallen)

(5)1Wenn der Arbeitgeber für den Lohnzahlungszeitraum lediglich Abschlagszahlungen leistet und eine Lohnabrechnung für einen längeren Zeitraum (Lohnabrechnungszeitraum) vornimmt, kann er den Lohnabrechnungszeitraum als Lohnzahlungszeitraum behandeln und die Lohnsteuer abweichend von § 38 Absatz 3 bei der Lohnabrechnung einbehalten.2Satz 1 gilt nicht, wenn der Lohnabrechnungszeitraum fünf Wochen übersteigt oder die Lohnabrechnung nicht innerhalb von drei Wochen nach dessen Ablauf erfolgt.3Das Betriebsstättenfinanzamt kann anordnen, dass die Lohnsteuer von den Abschlagszahlungen einzubehalten ist, wenn die Erhebung der Lohnsteuer sonst nicht gesichert erscheint.4Wenn wegen einer besonderen Entlohnungsart weder ein Lohnzahlungszeitraum noch ein Lohnabrechnungszeitraum festgestellt werden kann, gilt als Lohnzahlungszeitraum die Summe der tatsächlichen Arbeitstage oder Arbeitswochen.

(6)1Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder auf der Grundlage der Absätze 2 und 3 einen Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der Lohnsteuer aufzustellen und bekannt zu machen.2Im Programmablaufplan kann von den Regelungen in den Absätzen 2 und 3 abgewichen werden, wenn sich das Ergebnis der maschinellen Berechnung der Lohnsteuer an das Ergebnis einer Veranlagung zur Einkommensteuer anlehnt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für eine in einem evangelischen Kindergarten als angestellte Erzieherin arbeitende und in Frankreich wohnende sog. Grenzgängerin für 2009 (Streitjahr) eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen ist.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine deutsche Staatsangehörige, hatte im Streitjahr ihren Wohnsitz in Frankreich. Der Wohnsitz befand sich innerhalb der sog. Grenzgänger-Zone gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich-- (i.V.m. dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 1. Juli 1985, BStBl I 1985, 310, für Besteuerungssachverhalte nach dem 1. Januar 2010: § 5 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 20. Dezember 2010, BGBl I 2010, 2138, BStBl I 2011, 104, dort Anlage 2). Die Klägerin arbeitete im Streitjahr als Erzieherin in einem konfessionellen Kindergarten in X, einer deutschen Stadt, die ebenfalls zum Grenzgebiet i.S. des Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich zählt. Arbeitgeberin war die Evangelische Kirche ….

3

Die Klägerin beantragte in 2009 die Freistellung vom Lohnsteuerabzug aufgrund der Grenzgänger-Regelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich für das Streitjahr. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag ab. Es sei Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich anzuwenden, da es sich bei der Protestantischen Kirchengemeinde um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele (Art. 140 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. Art. 137 Abs. 5 der Weimarer Reichsverfassung --WRV--). Die beim Finanzgericht (FG) zunächst als Verpflichtungsklage erhobene und später als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführte Klage blieb erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. Oktober 2011  6 K 2558/09, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 182).

4

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung vom Lohnsteuerabzug vom 20. August 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2009 rechtswidrig waren.

5

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Weigerung des FA, der Klägerin eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen, nicht rechtswidrig war.

7

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO), weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung hat. Das berechtigte Interesse der Klägerin besteht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr (vgl. allgemein Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juni 1989 X R 12/84, BFHE 157, 370, BStBl II 1989, 976; Senatsurteil vom 23. September 2008 I R 57/07, BFH/NV 2009, 390).

8

2. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, dass das FA nicht verpflichtet war, der Klägerin eine Freistellungsbescheinigung nach § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) i.V.m. Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich zu erteilen. Das Besteuerungsrecht für die von der Klägerin erzielten Einkünfte steht nicht Frankreich, sondern der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) zu.

9

a) Die in Frankreich wohnende Klägerin ist in Deutschland mit ihren inländischen Einkünften aus ihrer hier ausgeübten nichtselbständigen Arbeit gemäß § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG 2009 beschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Abweichend hiervon bestimmt Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie in der Regel jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Die Klägerin erfüllt zwar diese Voraussetzungen. Die sog. Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich ist aber durch die Sonderregelung des Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich ausgeschlossen (vgl. Senatsurteile vom 5. September 2001 I R 88/00, BFH/NV 2002, 623; in BFH/NV 2009, 390; s.a. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich).

10

b) Nach Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen sowie Ruhegehälter, die einer der Vertragsstaaten, ein Land oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts dieses Staates oder Landes an in dem anderen Staat ansässige natürliche Personen für gegenwärtige oder frühere Dienstleistungen in der Verwaltung oder in den Streitkräften zahlt, grundsätzlich nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden. Diese Regelung greift im Streitfall ein.

11

aa) Die Evangelische Kirche … ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Folge, dass die von ihr gezahlten Arbeitsvergütungen dem Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich unterfallen. Eine Einschränkung des in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich zur Abgrenzung des objektiven Anwendungsbereichs verwendeten Begriffs kann weder aus dem Abkommenstext noch dem Abkommenszusammenhang oder einem üblichen Verständnis eines sog. Kassenstaatsprinzips abgeleitet werden.

12

aaa) Der Abkommenstext erfasst u.a. eine "juristische Person des öffentlichen Rechtes dieses Staates oder Landes". Da der Begriff in dem Abkommen nicht ausdrücklich bestimmt wurde, ist ihm die Bedeutung beizumessen, die ihm nach der Rechtsordnung des sog. Anwenderstaats zukommt (Art. 2 Abs. 2 DBA-Frankreich). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist eine Einrichtung, die als selbständiger Verwaltungsträger wirkt, aber außerhalb der durch die Behörden repräsentierten unmittelbaren Staatsgewalt steht (Wallenhorst in Wallenhorst/ Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Rz A 76). Die Religionsgesellschaften sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts besonderer Art anerkannt; dabei wird ihr besonderer Auftrag als öffentliche Aufgabe der Erfüllung staatlicher Aufgaben gleichgestellt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV; s.a. Wallenhorst, ebenda, Rz A 88). Dass die Evangelische Kirche … als Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland nach diesem Maßstab eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, unterliegt keinem weiter gehenden Zweifel (s.a. BFH-Urteil vom 19. Februar 1998 IV R 38/97, BFHE 186, 42, BStBl II 1998, 509, m.w.N.).

13

bbb) Der von den Vertragsstaaten in Kenntnis der Tragweite dieses Begriffs vereinbarte klare Abkommenswortlaut begrenzt sowohl ein ausweitendes als auch ein einengendes Verständnis des Begriffs der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Auch die auf der Grundlage der Kirchenverträge besondere Rechtsstellung einer Kirche kann auf dieser Grundlage eine abkommensrechtliche Sonderbehandlung nicht erzwingen. Die Vertragsstaaten haben zwar offensichtlich eine Differenzierungsnotwendigkeit gesehen, diese aber abschließend in Art. 14 Abs. 3 DBA—Frankreich niedergelegt. Insoweit sind nur Zahlungen für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer auf Gewinnerzielung gerichteten gewerblichen Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, ausgeschlossen.

14

Der Betrieb eines Kindergartens erfüllt diese Voraussetzungen nicht; und zwar unabhängig von der Frage, ob kirchliche Kindergärten wegen ihrer Nähe zum kirchlichen Verkündigungsauftrag (sog. pastorale Aufgabenwahrnehmung) dem öffentlichen oder dem sog. Hoheitsbereich jener Körperschaft zugeordnet werden können (so z.B. Oberfinanzdirektion Hannover, Verfügung vom 12. Oktober 2004, Der Betrieb 2004, 2612). Denn es ist weder ersichtlich noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der hier in Rede stehende Kindergarten im Streitjahr Gegenstand einer von Gewinnerzielungsabsicht getragenen gewerblichen Tätigkeit der Evangelischen Kirche … gewesen ist.

15

ccc) Die mit dem "üblichen Verständnis" des sog. Kassenstaatsprinzips begründeten Einwände der Klägerin gegen die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich greifen nicht durch.

16

Ein Ausschluss von Kirchen aus dem sachlichen Anwendungsbereich einer entsprechenden Abkommensregelung ist nicht begriffsnotwendig vorgegeben, auch wenn das sog. Kassenstaatsprinzip (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich; Art. 19 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development --OECD-MustAbk--) seine Rechtfertigung darin findet, das Besteuerungsrecht dem Vertragsstaat zuzuweisen, der Vergütungen für in seinem öffentlichen Dienst erbrachte Leistungen erbringt (z.B. Nr. 1 des Kommentars zum OECD-MustAbk --Mustkomm-- zu Art. 19; Wassermeyer in Debatin/ Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 19 Rz 1; Waldhoff in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 19 Rz 2, 6 f.; Haase in Haase, AStG/DBA, MA Art. 19 Rz 2; Rupp in Gosch/Kroppen/ Grotherr, DBA, Art. 19 OECD-MA Rz 1). Denn die konkrete Ausgestaltung der Regelungen unterliegt der Vereinbarung der Vertragsstaaten. Insoweit weist das DBA-Frankreich nicht unerhebliche Abweichungen von dem (später formulierten) Art. 19 OECD-MustAbk auf (z.B. Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 14 Rz 2). Die Vertragspartner des DBA-Frankreich haben für ihr Kassenstaatsprinzip insbesondere den Kreis der Zahlungsverpflichteten durch die Einbeziehung der juristischen Person des öffentlichen Rechts, auch wenn ein Beschäftigungsverhältnis insoweit keinen staatlichen öffentlichen Dienst im engeren Sinne begründet, weiter gefasst (s. insoweit auch den Vorbehalt Frankreichs gegen die Fassung des Art. 19 OECD-MustAbk in Nr. 13 Mustkomm; Parallelregelungen z.B. in Art. 11 DBA-Niederlande 1959 und in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971). Die Vertragsstaaten haben auch den sachlichen Gegenstand auf Bezüge, die aus der gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt werden, ausgeweitet (s. Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 DBA-Frankreich). Sie haben damit --wie es später in Nr. 13 Mustkomm zu Art. 19 OECD-MustAbk umschrieben wurde-- zum Ausdruck gebracht, dass die Identität der zahlenden Stelle weniger bedeutsam ist als der öffentliche Charakter der Einkünfte. Einen auf dieser Grundlage notwendigen expliziten Ausschluss der Kirchen aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Regelung haben sie nicht vereinbart (s. insoweit auch zum DBA-Niederlande z.B. Mick in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Niederlande Art. 11 Rz 14). Damit ist auch nicht entscheidungserheblich, dass die Vergütungen der kirchlichen Angestellten durch Kirchensteuereinnahmen finanziert sind und letztlich keine staatlichen Ausgaben darstellen.

17

bb) Die Klägerin erhält ihren Lohn von der Evangelischen Kirche für "gegenwärtige Dienstleistungen in der Verwaltung".

18

Das Tatbestandsmerkmal "in der Verwaltung" erfordert nach dem Senatsurteil in BFH/NV 2009, 390, an dem festzuhalten ist, eine gewisse Einbindung des Dienstleistenden in eine Gebietskörperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts und grenzt einmalige oder gelegentliche Leistungen von selbständig oder gewerblich Tätigen für die Verwaltung aus dem Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich aus. Ferner fordert es eine Dienstleistung für die Gebietskörperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts. Eine weitere Abgrenzung danach, ob mit den Dienstleistungen unmittelbar öffentliche Aufgaben verwirklicht werden, ist nicht vorzunehmen. Vielmehr können auch Dienstleistungen, die z.B. im Bereich der Vermögensverwaltung oder auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, unter Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich fallen. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmung, der mehrere Deutungsmöglichkeiten zulässt; es ergibt sich jedoch aus dem Aufbau des Art. 14 DBA-Frankreich.

19

Art. 14 Abs. 3 DBA-Frankreich, nach dem Zahlungen für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer auf Gewinnerzielung gerichteten gewerblichen Tätigkeit stehen, nicht unter Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich fallen, wäre überflüssig, wenn bereits nach Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich alle Tätigkeiten, die nicht der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienten, von der Geltung des Kassenstaatsprinzips ausgeschlossen wären. Dies spricht dafür, dass Art. 14 Abs. 1 DBA-Frankreich allein an die öffentlich-rechtliche Rechtsform des Dienstherrn anknüpft und alle Aufwendungen für Arbeitnehmer oder Personen mit arbeitnehmerähnlicher Einbindung in die Verwaltung --verstanden als Tätigkeit innerhalb eines der öffentlichen Hand (im weiteren Sinne) zuordenbaren Verwaltungsbereichs bzw. im Zusammenhang mit übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben-- erfassen will (Senatsbeschluss vom 7. April 2004 I B 196/03, BFH/NV 2004, 1377; s.a. Senatsurteil in BFH/NV 2002, 623; FG Münster, Urteil vom 12. November 2004  11 K 2330/03 E, EFG 2005, 252; Kramer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Frankreich Art. 14 Rz 11; Rupp in Gosch/Kroppen/ Grotherr, a.a.O., Art. 14 DBA-Frankreich Rz 6; Kessler/Sinz/ Achilles-Pujol, DBA-Kommentar Deutschland/Frankreich, 2007, Art. 14 Anm. A.). Eine verwaltende Tätigkeit (im tatsächlichen Sinne) wird nicht vorausgesetzt. Nur dann, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts wie ein Privatrechtssubjekt eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit ausübt, wird das Kassenstaatsprinzip durch Art. 14 Abs. 3 DBA-Frankreich weiter eingeschränkt. Für weitere Einzelheiten wird --um Wiederholungen zu vermeiden-- auf das Senatsurteil in BFH/NV 2009, 390 Bezug genommen.

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Absatz 4) sind

1.
Einkünfte aus einer im Inland betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14);
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17),
a)
für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist,
b)
die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen inländischen und von inländischen zu ausländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Inland erstreckenden Beförderungsleistungen,
c)
die von einem Unternehmen im Rahmen einer internationalen Betriebsgemeinschaft oder eines Pool-Abkommens, bei denen ein Unternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland die Beförderung durchführt, aus Beförderungen und Beförderungsleistungen nach Buchstabe b erzielt werden,
d)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 3 und 4 gehören, durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen,
e)
die unter den Voraussetzungen des § 17 erzielt werden, wenn es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat,
bb)
bei deren Erwerb auf Grund eines Antrags nach § 13 Absatz 2 oder § 21 Absatz 2 Satz 3 Nummer 2 des Umwandlungssteuergesetzes nicht der gemeine Wert der eingebrachten Anteile angesetzt worden ist oder auf die § 17 Absatz 5 Satz 2 anzuwenden war oder
cc)
deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen,
f)
die, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des Buchstaben a gehören, durch
aa)
Vermietung und Verpachtung oder
bb)
Veräußerung
von inländischem unbeweglichem Vermögen, von Sachinbegriffen oder Rechten im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechten, Markenrechten oder Sortenrechten, die im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte oder anderen Einrichtung erfolgt, erzielt werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.3§ 23 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.4Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft im Sinne des § 2 Nummer 1 des Körperschaftsteuergesetzes erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes vergleichbar ist.5Zu den Einkünften aus der Veräußerung von inländischem unbeweglichem Vermögen im Sinne dieses Buchstabens gehören auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, oder
g)
die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler als solchen im Inland vertraglich zu verpflichten; dies gilt nur, wenn die Gesamteinnahmen 10 000 Euro übersteigen;
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder für die im Inland eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte unterhalten wird;
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die
a)
im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist,
b)
aus inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, ohne dass ein Zahlungsanspruch gegenüber der inländischen öffentlichen Kasse bestehen muss; dies gilt nicht, wenn das Dienstverhältnis im Tätigkeitsstaat oder einem anderen ausländischen Staat begründet wurde, der Arbeitnehmer keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines vorangegangenen vergleichbaren Dienstverhältnisses aufgegeben hat und mit dem Tätigkeitsstaat kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht,
c)
als Vergütung für eine Tätigkeit als Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstandsmitglied einer Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland bezogen werden,
d)
als Entschädigung im Sinne des § 24 Nummer 1 für die Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben,
e)
an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird;
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des
a)
§ 20 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 6 und 9, wenn
aa)
der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat,
bb)
in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 der Emittent der Aktien Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder
cc)
es sich um Fälle des § 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb handelt;
dies gilt auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen,
b)
(weggefallen)
c)
§ 20 Absatz 1 Nummer 5 und 7, wenn
aa)
das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.2Ausgenommen sind Zinsen aus Anleihen und Forderungen, die in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen oder über die Sammelurkunden im Sinne des § 9a des Depotgesetzes oder Teilschuldverschreibungen, soweit es sich nicht um Wandelanleihen oder Gewinnobligationen handelt, ausgegeben sind, oder
bb)
das Kapitalvermögen aus Genussrechten besteht, die nicht in § 20 Absatz 1 Nummer 1 genannt sind,
d)
§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe a, Nummer 9 und 10 sowie Satz 2, wenn sie von einem Schuldner oder von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem inländischen Wertpapierinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b einem anderen als einem ausländischen Kreditinstitut oder einem ausländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder einem ausländischen Wertpapierinstitut
aa)
gegen Aushändigung der Zinsscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und die Teilschuldverschreibungen nicht von dem Schuldner, dem inländischen Kreditinstitut, dem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut oder dem inländischen Wertpapierinstitut verwahrt werden oder
bb)
gegen Übergabe der Wertpapiere ausgezahlt oder gutgeschrieben werden und diese vom Kreditinstitut weder verwahrt noch verwaltet werden.
2§ 20 Absatz 3 gilt entsprechend;
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne der Nummern 1 bis 5 gehören, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Sinne des § 21 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder sonstige Rechte, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte, im Inland belegen oder in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte oder in einer anderen Einrichtung verwertet werden.2Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von Satz 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt oder der Besteuerung der Einkünfte die Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der ihre Anwendung regelnden Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen;
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a, die von den inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern, der inländischen landwirtschaftlichen Alterskasse, den inländischen berufsständischen Versorgungseinrichtungen, den inländischen Versicherungsunternehmen oder sonstigen inländischen Zahlstellen gewährt werden; dies gilt entsprechend für Leibrenten und andere Leistungen ausländischer Zahlstellen, wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden;
8.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 2, soweit es sich um private Veräußerungsgeschäfte handelt, mit
a)
inländischen Grundstücken oder
b)
inländischen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen;
8a.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4;
9.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 3, auch wenn sie bei Anwendung dieser Vorschrift einer anderen Einkunftsart zuzurechnen wären, soweit es sich um Einkünfte aus inländischen unterhaltenden Darbietungen, aus der Nutzung beweglicher Sachen im Inland oder aus der Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, handelt, die im Inland genutzt werden oder worden sind; dies gilt nicht, soweit es sich um steuerpflichtige Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 8 handelt;
10.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 5; dies gilt auch für Leistungen ausländischer Zahlstellen, soweit die Leistungen bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen zu Einkünften nach § 22 Nummer 5 Satz 1 führen würden oder wenn die Beiträge, die den Leistungen zugrunde liegen, nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 ganz oder teilweise bei der Ermittlung der Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
11.
Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland hat oder in ein inländisches Register eingetragen ist, soweit diese Einkünfte
a)
in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, aufgrund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft keiner Besteuerung unterliegen,
b)
nicht bereits als Einkünfte im Sinne der Nummern 1 bis 10 einer Besteuerung unterliegen und
c)
in keinem anderen Staat einer Besteuerung unterliegen.
2Satz 1 gilt nur, wenn dem Beteiligten allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes, die keiner unbeschränkten Steuerpflicht im Inland nach § 1 Absatz 1 oder nach § 1 des Körperschaftsteuergesetzes unterliegen, mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Kapital unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind oder unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder des Liquidationserlöses der Personengesellschaft oder Gemeinschaft zusteht; eine Beteiligung in diesem Sinne setzt nicht die Stellung als Gesellschafter oder Gemeinschafter voraus.3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn es sich bei der Personengesellschaft oder Gemeinschaft um einen Altersvorsorgevermögensfonds im Sinne des § 53 des Investmentsteuergesetzes handelt oder die Einkünfte auch bei einer nicht vom deutschen Recht abweichenden Behandlung der Personengesellschaft oder Gemeinschaft im ausländischen Staat keiner Besteuerung unterliegen würden.4Die Besteuerung nach den vorstehenden Sätzen erfolgt ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

(2) Im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale bleiben außer Betracht, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 nicht angenommen werden könnten.

(3)1Bei Schifffahrt- und Luftfahrtunternehmen sind die Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b mit 5 Prozent der für diese Beförderungsleistungen vereinbarten Entgelte anzusetzen.2Das gilt auch, wenn solche Einkünfte durch eine inländische Betriebsstätte oder einen inländischen ständigen Vertreter erzielt werden (Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a).3Das gilt nicht in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe c oder soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt.

(4)1Abweichend von Absatz 1 Nummer 2 sind Einkünfte steuerfrei, die ein beschränkt Steuerpflichtiger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem ausländischen Staat durch den Betrieb eigener oder gecharterter Schiffe oder Luftfahrzeuge aus einem Unternehmen bezieht, dessen Geschäftsleitung sich in dem ausländischen Staat befindet.2Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass dieser ausländische Staat Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine entsprechende Steuerbefreiung für derartige Einkünfte gewährt und dass das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur die Steuerbefreiung nach Satz 1 für verkehrspolitisch unbedenklich erklärt hat.

Tenor

Die Einkommensteuer-Bescheide für die Jahre 2005 bis 2008, jeweils vom 15. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 werden geändert und die Einkommensteuer 2005 auf ... €, ... festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 52 % und der Beklagte zu 48 %.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist - soweit der Klage stattgegeben wurde - wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Teilnahme des Klägers und einer Begleitperson an Kreuzfahrten auf der MS A in den Jahren 2005 bis 2008 als steuerpflichtiger Sachbezug im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen ist.

2

Der Kläger erzielte als Angestellter der Reederei laut Lohnsteuerbescheinigung im Jahr 2005 einen Bruttoarbeitslohn von ... EUR und in den Jahren 2006 bis 2008 in Höhe von ... EUR.

3

Die Reederei gewährte ihren Mitarbeitern aufgrund einer reedereiinternen Regelung in den Streitjahren kostenlose bzw. stark verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen bzw. von dieser bereederten Schiffen. Auf dieser Grundlage unternahm der Kläger in den Zeiträumen ... 2005 (Reise 1), vom ... 2006 (Reise 2), vom 2006 (Reise 3), vom ... 2007 (Reise 4) und vom ... 2008 (Reise 5) in Begleitung seiner Lebensgefährtin jeweils Reisen mit dem Schiff MS A. Für die Reisen 1 und 3 leistete der Kläger eine Zuzahlung von jeweils 375,00 EUR, für die Reise 4 eine Zuzahlung in Höhe von 1.380,00 EUR und für die Reise 5 eine Zuzahlung in Höhe von 900,00 EUR.

4

Im Rahmen der Lohnabrechnung wurden diese Reisen vom Arbeitgeber des Klägers nicht als Sachbezug deklariert. In seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen, die der Kläger für die Jahre 2005, 2006 und 2008 jeweils in dem dem Veranlagungszeitraum nachfolgenden Jahr und für das Jahr 2007 im Januar 2009 einreichte, wurden insoweit auch vom Kläger keine Sachbezüge bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit angegeben. Der Kläger wurde jeweils erklärungsgemäß veranlagt.

5

Gegen den Kläger wurde am 17. Januar 2011 ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der vorsätzlichen ESt-Hinterziehung für die Jahre 2005 bis 2008 eingeleitet und bekannt gegeben. Nach dem Bericht über steuerliche Feststellungen vom 16. Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt stelle die verbilligte oder kostenlose Gewährung der oben genannten Reisen beim Kläger steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der bislang nicht versteuert worden sei. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung habe der Umfang der Vergünstigungen neben der kostenlosen Reise des Angestellten und einer verbilligten Mitnahme eines Lebenspartners  teilweise kostenfreie Charter- und Zubringerflüge sowie kostenfreie bzw. für die Mitreisenden zum Einkaufspreis zu vergütende Halbtags- und Ganztagsausflüge beinhaltet. An Bord des Kreuzfahrtschiffes sei ein Rabatt von 20 % auf die verköstigten Getränke gewährt worden. Unter Berücksichtigung eines gemäß § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) auf 96 % geminderten Wertes der Reisen sowie Ansatz eines Mittelwertes der Kosten für die auf Deck 4 und 5 befindlichen Außenkabinen der Kategorien E und H abzüglich eines Teils der geleisteten Zuzahlungen nahm die Steuerfahndungsstelle folgende beim Kläger anzusetzende geldwerte Vorteile an:

6

Reise 1

11.178,00 EUR

Reise 2

2.479,00 EUR

Reise 3

10.926,00 EUR

Reise 4

15.071,00 EUR

Reise 5

16.721,00 EUR

7

Der übliche Endpreis am Abgabeort bestimme sich hierbei nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt der Lieferung (R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der Lohnsteuerrichtlinien 2009).

8

Zuzahlungen wurden für die Reise 4 nur in Höhe von 500,00 EUR und für die Reise 5 nur in Höhe von 425,00 EUR berücksichtigt. Aufgrund der um die geldwerten Vorteile erhöhten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von nunmehr ... EUR im Jahr 2005, ... EUR im Jahr 2006, ... EUR im Jahr 2007 und ... EUR im Jahr 2008 erhöhte das Finanzamt die ESt mit Bescheiden vom 15. Juni 2011 wie folgt:

9

ESt 2005 von ... EUR auf ... EUR

...

10

Mit seinem gegen diese Bescheide fristgerecht eingelegten Einspruch machte der Kläger zunächst geltend, jede Reise habe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gestanden und es könne somit von Urlaubsreisen keine Rede sein. Sie hätten dazu gedient, sich Produktkenntnisse anzueignen, Gespräche mit Verantwortlichen (Kapitän, Hoteldirektor, F&B-Manager, F&B-Controller, Purser, Crew-Purser und Leiter Touristik) zu führen und sich über Abläufe an Bord zu informieren, daneben seien auch Bargeldtransporte für das Cashbook getätigt worden. Selbstverständlich habe der Besuch an Bord auch zur Qualitätssicherung gehört, wozu nach Ende der Reise ein Bericht erstellt und an die Geschäftsführung gegeben worden sei.

11

Im Übrigen habe eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit angetreten werden können, es habe sich um eine Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent gehandelt.

12

Als Mitarbeiter habe man auch keinen Passagierstatus innegehabt und es haben weitere Einschränkungen bestanden, z.B. habe das Restaurant „C“ nicht besucht werden dürfen, bei mangelnder Platzkapazität habe kein Anspruch auf einen festen Platz im Restaurant „B“ bestanden. Die Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen sei nur bei vorhandenen Restplätzen möglich gewesen. Es hätten nur unverkaufte Kabinen genutzt werden können, so dass es auch keine Wahlmöglichkeiten gegeben hätte.

13

Der Katalogpreis für eine Reise sei kein Festpreis. Er sei in der Regel nur teilweise erzielt worden. Notwendiges Preismanagement sei in der Kreuzfahrtbranche üblich, um eine auskömmliche Auslastung des Schiffes zu erzielen und einer geringeren Nachfrage, die unter anderem aus der Routenführung, witterungs- oder naturbedingten Umständen, politischer Situation in Zielgebieten usw. entstehen könne, entgegenzuwirken. Auch dies führe dazu, dass der Katalogpreis kein Bewertungsmaßstab sei. Darüber hinaus hätte sich der Katalogpreis um Treuerabatte reduziert, so dass der Kunde bereits ab der zweiten Reise einen Preisnachlass von 2 % erhalten habe, der sich bis zu 10 % aus weiteren Buchungen erhöht habe.

14

Im Übrigen sei aus Wettbewerbskreisen zu hören, dass auch andere Reedereien Mitarbeitern die Teilnahme an Reisen ihres Unternehmens ermöglicht hätten. Es hätten häufig Sonderkonditionen gegolten, die sich am niedrigsten Kabinenpreis mit entsprechenden Abschlägen von 30-50 % orientiert hätten.

15

Hinsichtlich der Reise 2 habe es sich um eine Mitarbeiterreise gehandelt, es dürfe lediglich die Mitreise der Begleitung in Ansatz gebracht werden.

16

Der steuerliche Ansatz für die Reise 5 sei zu vermindern, da er nur 18 Tage anstelle der gesamten 20 Tage an Bord verbracht habe. Im Übrigen seien auch die Zuzahlungsbeträge falsch angesetzt: die Zuzahlung für die Reise 4 belaufe sich auf 1.380,00 EUR anstelle der angesetzten 500,00 EUR, die Zuzahlung für die Reise 5 habe 900,00 EUR statt der berücksichtigten 425,00 EUR betragen.

17

Außerdem habe das Finanzamt einen Rabattfreibetrag von 1.080,00 EUR pro Jahr unberücksichtigt gelassen. Dieser sei zu gewähren, da die Reederei durch die Bereederung, die sie für die Schifffahrtsgesellschaft leiste, maßgeblich beteiligt sei und ohne diese Leistung (Marketing und Vertrieb, Bemannung, Gestaltung und Durchführung des Fahrplans und des Rahmenprogramms wie z.B. Hotellerie, Entertainment, Ausflüge) das Produkt „Kreuzfahrtreise“ gar nicht existieren würde. Im Übrigen handele es sich bei den Gesellschaften nicht um „fremde“ Unternehmen, sondern um eine einheitliche Unternehmensgruppe, die  in diesem Fall sogar durch den Bereederungsvertrag existentiell verbunden sei.

18

In seiner Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 berücksichtigte das Finanzamt die Einwendungen des Klägers zum Teil, indem es den bisher vorgenommenen Abschlag bei den geldwerten Vorteilen von 4 % auf insgesamt 30 % erhöhte, den Wertansatz für die Reise 5 um den Wert für zwei Tage verminderte und für die Reise 2 den dienstlichen Charakter anerkannte. Daraus ergab sich ein geldwerter Vorteil in Höhe von 8.150,63 EUR für das Jahr 2005, ein geldwerter Vorteil in Höhe von 8.870,31 EUR für das Jahr 2006, von 10.989,27 EUR für das Jahr 2007 und von 10.941,88 EUR für das Jahr 2008. Aufgrund der Einspruchsentscheidung wurde die ESt 2005 auf ... EUR herabgesetzt.

19

Die geltend gemachten höheren Zuzahlungen berücksichtigte das Finanzamt nicht, da sie zwar durch Kontoauszüge nachgewiesen seien, aber nicht ersichtlich sei, für welche konkrete Gegenleistung sie geleistet worden seien. Ohne weitere Nachweise sei nicht nachvollziehbar, ob es sich um Zuzahlungen zumindest teilweise für im Voraus gebuchte Spar-Angebote oder Zuzahlungen für Charter- und Zubringerflüge gehandelt habe. Eine Anrechnung auf derartige in Anspruch genommene Leistungen könne nicht erfolgen, da diese auch nicht steuererhöhend vom Finanzamt in Ansatz gebracht worden seien. Im Übrigen seien durch die nun höheren Abschläge von jeweils 30 % auf die Werte laut Katalogpreis der mittleren Kategorie etwaige Komforteinbußen und Unsicherheiten bei der Bemessung der Wertansätze ausreichend berücksichtigt worden. Weitere Verminderungen kämen nicht in Betracht. Der Ausschluss gewisser Leistungen an Bord konkurriere mit den dem gegenüberstehenden Vergünstigungen aufgrund der Mitarbeiterreisekonditionen. Man habe aus Vereinfachungsgründen lediglich die Wertansätze für die Reisen als lohnsteuerpflichtige Sachbezüge qualifiziert, jedoch Ermäßigungen auf Getränke, Spar-Angebote, Freiflüge und Ermäßigungen auf Landausflüge nicht steuererhöhend in Ansatz gebracht. Ob und inwiefern einem Mitarbeiter das Sitzen am Kapitänstisch verwehrt gewesen sei oder dieser gar nachrangig am Buffet hätte stehen müssen, sei für die Bemessung des geldwerten Vorteils unerheblich. Die mitreisende Begleitung des Klägers habe jedenfalls keiner der angeführten Restriktionen unterlegen. Im Übrigen sei kein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme des Klägers an den Reisen ersichtlich. Eine permanente Ansprechbarkeit für alle Teilnehmer sowie das Führen fachlicher Gespräche mit anderen Reiseteilnehmern oder Mitarbeitern führe nicht schon dazu, dass der sich ergebende Vorteilscharakter der Reise gegenüber den betrieblichen Zwecken zurücktrete. Hierfür müssten vielmehr Aufzeichnungen oder ähnliche Dokumente vorgelegt werden, die geeignet seien, den Umfang und die Häufigkeit der Inanspruchnahme für betriebliche Zwecke während der durchgeführten Reise zweifelsfrei zu belegen und die private Veranlassung in den Hintergrund treten zu lassen. Solche Dokumente gebe es jedoch nicht. Dienstreiseanträge seien - mit Ausnahme für die Reise 2 - nicht vorhanden, Urlaubsanträge für die anderen Reisen seien rechtzeitig gestellt und genehmigt worden. In der Regel seien die Genehmigungen der Anträge auch innerhalb von wenigen Tagen erfolgt, bis auf den Antrag vom ... 2006, der vermutlich wegen der Urlaubszeit und des Jahreswechsels später genehmigt worden sei. Nach den ab 2004 geltenden Mitarbeiterreisekonditionen sei ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens sechs Wochen vor Reisebeginn zu stellen gewesen. Von einem Last-Minute-Kontingent sei daher nicht zwangsläufig auszugehen. Im Übrigen seien für die Zeiträume der Reisen auch parallel Urlaubsanträge gestellt und genehmigt worden, was den privaten Charakter der Reisen unterstreiche.

20

Eine entsprechende Anwendung des Erlasses des Finanzministeriums Baden-Württemberg, aufgrund dessen ein Ansatz von 60 % für vergünstigte Flugreisen erfolgen könne, sei nicht möglich. Anders als Flugzeuge dienten Kreuzfahrtschiffe nicht lediglich dem Personentransport von einem zum anderen Ort. Die Fahrt beinhalte ein umfangreiches Erlebnis-, Wellness-, Ausflugs- und Entertainmentprogramm sowie diverse kulinarische Genüsse, die mit einem Linienflug nicht zu vergleichen seien. Außerdem seien je nach Buchungsstand in dem vom Kläger zitierten Erlass Wertansätze von 60-80 % festgelegt. Der gewählte Wertansatz von 70 % stelle, obwohl eine Vergleichbarkeit zu Linienflügen gerade nicht bestünde, einen Mittelwert dar.

21

Der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG geltend gemachte steuerfreie Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080,00 EUR sei nicht zu gewähren. Der Rabattfreibetrag beziehe sich ausschließlich auf Waren und Dienstleistungen des Arbeitgebers. Der Kläger sei jedoch Angestellter der Reederei, während die Vergünstigungen durch die Schifffahrtsgesellschaft gewährt worden seien, die ebenfalls zur ...-Unternehmensgruppe gehöre. Eine Verbindung der Unternehmen bestehe durch den Bereederungsvertrag. Aus lohnsteuerrechtlicher Sicht handele es sich jedoch um unterschiedliche Unternehmen, deren Arbeitgeber im Sinne des EStG lediglich derjenige sei, mit dem ein Arbeitsverhältnis auf vertraglicher Grundlage begründet worden sei.

22

Am 26. Januar 2012 hat der Kläger gegen die Entscheidung des Finanzamts Klage erhoben. Seine Klage begründet er weiter wie folgt:

23

Der Steuerbescheid für das Jahr 2005 sei nicht mehr änderbar, da die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Eine Anwendung der auf zehn Jahre verlängerten Festsetzungsfrist käme nicht in Betracht. Die verlängerte Festsetzungsfrist setze voraus, dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorlägen. Zwar sei mit Schreiben vom 17. Januar 2011 das Steuerstrafverfahren eingeleitet worden, es handele sich beim beigefügten Vermerk vom 15. Juli 2010 jedoch lediglich um einen zusammenfassenden Aktenvermerk ohne konkreten Bezug auf den Kläger. Feststellungen zum subjektiven Tatbestand fehlten vollständig. Der Kläger bestreite, wissentlich und willentlich Steuern verkürzt zu haben. Die Feststellungslast hierfür liege beim Beklagten.

24

Soweit der Beklagte meine, er könne dieses Wissen aufgrund der E-Mail vom 10. September 2007 unterstellen, sei dies unzutreffend. Die vom Beklagten angeführte E-Mail sei nicht an den Kläger gerichtet gewesen, der Kläger sei lediglich unter „CC“ aufgeführt gewesen. Die E-Mail sei dem Kläger unbekannt.

25

Der Kläger sei in 2004 als ... eingestellt worden. Seine Aufgabe ... .

26

Das externe Rechnungswesen und damit der Bereich der Steuer habe dem kaufmännischen Leiter und dem Leiter des Rechnungswesens oblegen. Erst ... viel später nach 2008 nach dem Ausscheiden des bis dahin tätigen kaufmännischen Leiters und des Leiters des Finanz- und Rechnungswesens sei dem Kläger diese Verantwortung kommissarisch übertragen worden. Vor diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger mit der externen Rechnungslegung und den steuerlichen Aspekten nicht beschäftigt, schon weil es nicht zu seinen Aufgaben gehört habe.

27

Bei der Höhe des Sachbezuges sei auf den Endpreis abzustellen, der von einem Dritten gezahlt würde. Vergleichspreis sei dabei grundsätzlich der günstigste Preis am Markt. Wie schon im Rahmen der Einspruchsbegründung vorgetragen, hätten die Mitarbeiter der Reederei nur an Reisen teilnehmen können, wenn Kabinen nicht anderweitig durch Kunden belegt worden seien. Zu diesen Kunden hätten auch sämtliche Mitarbeiter von allen denkbaren Reiseunternehmen in Deutschland gehört. Jeder Mitarbeiter eines Reiseunternehmens, egal in welcher Position, hätte an den Kreuzfahrten teilnehmen können und hätte dafür pro Tag in den Jahren bis einschließlich 2006 einen Betrag von 51,00 EUR und ab 2007 einen Betrag von 100,00 EUR zahlen müssen. Nach Angabe der Arbeitsagentur für Arbeit hätten beispielsweise im Jahr 2005 73.600 Personen bei deutschen Reisebüros und Reiseveranstaltern gearbeitet, im Jahr 2008 seien es 73.959 Mitarbeiter gewesen. Dieses seien nur die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Die inhabergeführten Reisebüros und Reiseveranstalter seien in der Aufzählung noch nicht mit inbegriffen. Bereits aus der Zahl der möglichen Mitarbeiter, die jeder einzeln die Möglichkeit gehabt hätten, jede Reise für einen Betrag von 51,00 EUR pro Tag zu buchen, und davon sei reichhaltig Gebrauch gemacht worden, folge seiner Auffassung nach, dass es sich bei dem Betrag von 51,00 EUR bzw. 100,00 EUR pro Tag um einen Marktpreis handele, zu dem die Reise am Markt angeboten worden sei. Dieser Wert sei als Sachbezug allenfalls zu Grunde zu legen. Insoweit werde auf den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 29. März 2012 zum Aktenzeichen 5 V 200/11 verwiesen.

28

Soweit das Finanzamt behaupte, die Mitarbeiterreisen hätten nicht typische Eigenschaften einer Last-Minute-Reise gehabt, seien diese Ausführungen nicht richtig. Gemäß der Mitreiseregelung hätte eine Mitreise nur bei Verfügbarkeit von Kabinen angetreten werden können, es habe sich somit um eine Restplatzverwertung gehandelt, die auch Dritten gegenüber mit Sonderpreisen angeboten worden sei. Ein genehmigter Mitreiseantrag habe jederzeit von der Geschäftsleitung widerrufen werden können. Das sei auch häufig vorgekommen. In diesen Fällen sei der Mitarbeiter mündlich oder telefonisch kurz vor der Abreise informiert worden. In den Mitarbeiterreiseordnern fänden sich dazu natürlich keine Dokumentationen, weil der Mitreiseantrag sich dann nicht mehr im Mitreiseordner befände, da es nicht zur Mitreise gekommen sei. Als Zeugen hierfür würden benannt: ... beide zu laden über die Reederei.

29

Selbstverständlich seien auch die Reisen, auf denen die Mitarbeiter „gebucht gewesen seien“, nach dem Antrag der Mitarbeiter weiter verkauft worden bzw. es sei versucht worden, sie weiter zu verkaufen. Soweit dies erfolgreich gewesen sei, seien natürlich lieber Fremdkunden als Mitarbeiter mitgenommen worden, und die Mitarbeiter hätten entsprechend zu Hause bleiben müssen. Insoweit sei der von dem Beklagten konstruierte Vorteil eines Mitarbeiters gegenüber einem Last-Minute-Reisenden nicht gegeben. Tatsächlich stehe der Mitarbeiter schlechter dar. Der Last-Minute-Reisende hätte Planungssicherheit. Wenn er die Reise gebucht hätte, wisse er auch, dass er sie durchführen könne. Beim Mitarbeiter hingegen habe bis zum Abfahrtstag Ungewissheit bestanden, ob er für normale Gäste Platz machen müsse. Im Übrigen zeige sich aus der vorgelegten Aufstellung dass die Reise 1 auch an Mitarbeiter des für 1.518,00 EUR, die Reise 2 für 350,00 EUR verkauft worden sei, die Reise 3 für 1.547,00 EUR, die Reise 4 für 2.447,00 EUR und die Reise 5 für 2.543,00 EUR. Nach Auffassung des Klägers seien allenfalls diese Bemessungsgrundlagen abzüglich der vom Kläger gezahlten Zuzahlungen zu berücksichtigen.

30

Nach den Mitreiseregelungen hätten Mitarbeiter einen Bericht über die Reise abzugeben gehabt. Dies habe der Qualitätssicherung und der Beurteilung des Standards dienen sollen. Nunmehr würden vom Beklagten die zum großen Teil positiven Bewertungen des Klägers aus dem Zusammenhang gerissen und sollten isoliert als Beweis dafür stehen, dass es für die Mitarbeiter keine Einschränkungen im Passagierstatus gegeben haben solle. Geschrieben worden seien die Berichte vom Kläger allerdings aus der Sicht des Gastes, dessen Blickweise er doch schließlich hätte einnehmen sollen, und er habe die aus der Sicht des Gastes zu gewinnenden Eindrücke wiedergeben sollen.

31

Soweit der Beklagte vortrüge, die Preispolitik der Reederei sei darauf bedacht gewesen, die Family & Friends-Angebote nicht allzu sehr öffentlich zu machen, sei dies lediglich Makulatur gewesen. Damit habe nach außen hin ein gewisser Anschein gewahrt werden sollen. Die Reisen hätten sich nicht auf Familienmitglieder bezogen, sondern auch auf Freunde, so dass eine Ausbreitung von vornherein gegeben gewesen sei und nicht auf einen bestimmten Kreis beschränkt gewesen sei. Auch Freunde von Freunden und deren Freunde seien als Gäste mitgenommen worden. So sei auch die E-Mail zu verstehen, die sich als Anlage 5 ausdrücklich auf Bekannte beziehe. Im Übrigen ergebe sich, dass es bei der Preisgestaltung auch in den Streitjahren Sonderpreise (also abweichende Katalogpreise) gegeben habe. Dazu seien insbesondere auch die Kombi-Angebote mit 50 %igem Preisnachlass anzuführen.

32

Der Kläger beantragt, die Einkommensteuer-Bescheide für die Jahre 2005 bis 2008, jeweils vom 15. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Dezember 2011 zu ändern und den geldwerten Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in allen Jahren i. H. v. 30 % des vom Finanzamt zugrunde gelegten Katalogpreises, abzüglich der geleisteten Zuzahlungen i. H. v. jeweils 375 € (2005 und 2006), 950 € (2007)  bzw. 900 € (2008) zu erfassen.

33

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

34

In seiner Erwiderung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, für das Kalenderjahr 2005 komme die verlängerte Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) zur Anwendung. Dieser unterscheide zwischen einer verlängerten Frist von zehn Jahren und von fünf Jahren, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden sei. Objektiv sei die Steuer verkürzt worden, da die gebotene Erfassung der geldwerten Vorteile in zu geringer Höhe festgesetzt worden sei. Der Kläger selbst sei in Prozesse der Abstimmung zur Handhabung der Versteuerung der bei der Reederei gewährten geldwerten Vorteile eingebunden gewesen und sich der steuerrechtlichen Auswirkung bewusst gewesen. In der E-Mail vom 10. September 2007 werde „… das steuerliche Risiko als zu hoch“ angesehen. Aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten sei davon auszugehen, dass der Kläger mindestens leichtfertig im Sinne einer erheblichen Fahrlässigkeit gehandelt habe, denn die von ihm ausgeübte berufliche Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber habe auch die Auseinandersetzung mit steuerrechtlichen Fragen bedingt. Er selbst sei mit der internen Regelung der Mitarbeiterreisen befasst gewesen und sich der damit verbundenen steuerlichen Problematik bewusst gewesen. Soweit der Kläger vortrage, die E-Mail vom 10. September 2007 sei ihm nur als „CC“ bekannt gemacht worden, sei nicht nachvollziehbar, dass er davon keine Kenntnis genommen hätte. Im heutigen E-Mail-Verkehr stelle „CC“ eine Funktion zum Versenden von Kopien an weitere Empfänger dar. Sowohl der eigentliche Empfänger wie auch die unter „CC“ eingetragenen Adressaten sähen üblicherweise die anderen Empfänger der jeweiligen E-Mail und könnten somit davon ausgehen, dass diese den gleichen Kenntnisstand hätten. Gängig sei die Verwendung von „CC“ zur Differenzierung von E-Mail-Adressaten dergestalt, dass den unter „CC“ eingeordneten Empfängern der Inhalt meist zur Kenntnisnahme übersandt würde. Aufgrund der Adressierung sei der Inhalt der E-Mail durchaus für den Kläger bestimmt gewesen, auch wenn er in der persönlichen Ansprache im Schreiben selbst ungenannt geblieben wäre. Auch wenn sich der Kläger an diese E-Mail nicht mehr erinnern würde, sei sie dennoch Bestandteil seines durch die Steuerfahndung sichergestellten E-Mail-Kontos und ihm somit zuzurechnen. Da es sich hierbei um eine E-Mail im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis handele, sei aufgrund der Sorgfaltspflichten eines Arbeitnehmers auch davon auszugehen, dass er zu dem damaligen Zeitpunkt den Inhalt zur Kenntnis genommen habe.

35

Darüber hinaus sei in der E-Mail vom 11. September 2007 neben einer Ablaufplanung zum Verfahren bei der Beantragung von Mitarbeiterreisen ein Vorschlag für eine Gesprächsrunde, an der auch der Kläger hätte teilnehmen sollen, enthalten gewesen sei. Es habe das Verfahren mit der Vergabe verschiedener Agenturnummern zur Unterscheidung von Dienstreisen, Mitarbeiterreisen, Normalkunden etc. etabliert werden sollen. Danach hätten Normalkunden unter der Agenturnummer 1 gebucht werden sollen, Mitarbeiter unter der Agenturnummer 11, Family & Friends unter der Agenturnummer 3.

36

Aus den E-Mails vom 8. und 9. Oktober 2007 ergebe sich die Erstellung einer Liste über Mitarbeiterreisen (Agenturnummer 11) unter dem Gesichtspunkt des günstigsten offiziellen Marktpreises im Verhältnis zu dem Preis für den Mitarbeiter, wobei hierbei nicht zwingend darauf abgestellt worden sei, dass der günstigste offizielle Marktpreis für die tatsächlich in Anspruch genommene Kategorie aufgeführt worden sei. Aus der E-Mail vom 9. Oktober 2007 ergebe sich, dass der Kläger diese Tabelle inhaltlich zur Kenntnis genommen habe, in welcher auch eine seiner eigenen Reisen aufgeführt sei.

37

Im Übrigen ergebe sich aus weiteren E-Mails, dass sich der Kläger bereits in den Kalenderjahren 2005 und 2006 regelmäßig mit Fragen aus dem Bereich der Steuern im Rahmen seiner Tätigkeit auseinandergesetzt habe. Daher werde der Zweifel am Vorliegen des subjektiven Tatbestandes nicht geteilt.

38

Der Ansatz des geldwerten Vorteils sei der Höhe nach angemessen. Es habe auf dem regulären Markt kein Rabatt erreicht werden können, der über dem vom Finanzamt berücksichtigten Abschlag in Höhe von 30 % gelegen habe. Im Übrigen habe das Finanzamt im Rahmen der Ermittlung des geldwerten Vorteils lediglich den Katalogpreis der Reise einbezogen. Es sei darauf verzichtet worden, weitere Vergünstigungen in Form von Rabatten bzw. die kostenlose Gewährung von Dienstleistungen, Verpflegung und Getränke sowie Zusatzleistungen wie Ausflüge zu ermitteln und in Ansatz zu bringen. Diese Begünstigungen seien wie der gewährte Abschlag in Höhe von 30 % bereits zu Gunsten des Klägers als Sicherheitsabschlag mindernd berücksichtigt worden.

39

Außerdem lägen Unterlagen vor, aus denen sich ergebe, dass der übliche Verkauf zu Katalogpreisen auch nach Genehmigung der Mitarbeiterreisen noch fortgesetzt worden sei (s. Anlagen 2 und 3 der Klageerwiderung des Finanzamts vom 29. Juni 2012). Zwar seien bei verschiedenen Kunden noch Nachlässe gewährt worden. Die geringfügige Höhe dieser Rabatte (3 % Treue in Anlage 2 und 10 % Treuebonus in Anlage 3) stünden jedoch in keiner Relation zu den Beträgen, auf welche der Kläger Bezug nehme.

40

Dem Hinweis auf die rund 80.000 Personen aus der Reisebranche, die zu vergünstigten Preisen von 51,00 EUR bzw. 100,00 EUR täglich an Reisen der Reederei hätten teilnehmen können, fehle die Angabe, dass es sich bei dieser Personengruppe bei einer Bevölkerungszahl von über 80 Mio. in der Bundesrepublik Deutschland gerade um 0,1 % der Bevölkerung handele. Dieser Anteil entspreche jedoch nicht im Mindesten dem Anteil der Bevölkerung, der entsprechende Reisen nachfrage und buche. Ein Marktpreis ergebe sich jedoch nach Definition der Wirtschaftswissenschaften aus dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf einem Markt und dem sich dadurch bildenden Preis. Insoweit sei auch auf die Begründung des zum Aktenzeichen 5 V 200/11 ergangenen Beschlusses verwiesen, denn das Finanzgericht habe dort ausgeführt, dass es sich dabei um Sonderkonditionen für einen von vornherein beschränkten Personenkreis handele, bei dem die Rabattgewährung an die Erfüllung bestimmter Kriterien der Kunden geknüpft werde, die mithin nicht von allen am Markt Teilnehmenden gebucht werden könnten.

41

Dies gelte auch für den den Mitarbeitern des ... gewährten Preis, der nur einem fest umrissenen Personenkreis zur Verfügung gestanden hätte.

42

Was die vom Kläger übersandten Reiseauswertungen angehe, so fehlten in diesen diverse Informationen, die das Zustandekommen der jeweiligen Preise erläuterten. Man könne beispielhaft anhand bestimmter Unterlagen für einzelne Passagiere das Zustandekommen der Preise erläutern, die zum Teil abzüglich einer Gutschrift oder eines Abschlages in Höhe von 10 % wegen mehrfacher Teilnahme an Kreuzfahrten zustande gekommen seien. Gebuchte Passagiere unter der Agenturnummer 3 seien Freunde und Verwandte von Mitarbeitern. Hierbei handele es sich um das Reedereiprogramm „Family & Friends“, eine interne Last-Minute-Verwertung von Reisen, welche kurz vor Reisetermin nicht ausreichend ausgelastet seien. Hierbei gebe die Reederei kurzfristig vor Reisetermin die jeweilige Reise für „Family & Friends“ frei und lege hier beschränkte Sonderpreise fest. In den Genuss dieses Angebotes kämen lediglich Personen, welche über die Reederei bzw. ihre Mitarbeiter von diesem Angebot informiert würden und dann über diese direkt buchten. Hier würden nicht nur Kabinen günstiger Kategorien angeboten, dennoch seien auf der Reise 2 von Kabinen unterschiedlicher Kategorien gleiche Preise erzielt worden. Es sei insbesondere auf den Inhalt der E-Mail vom 29. August 2008 zu verweisen, welche die dieses Angebot Nutzenden zu Stillschweigen verpflichte und im Fall von Zuwiderhandlungen die Nachforderung der Differenz von Sonderpreis zu Normalpreis androhe. Es sei insbesondere die in Bezug auf das Family & Friends-Angebot geltende Vertraulichkeit zu beachten und die Androhung, bei Verstößen geltenden Differenzpreis zwischen Sonderpreis und Normalpreis nachzubessern. Beispielsweise sei in der E-Mail vom 13. September 2006 von einer Mitarbeiterin an eine Außenstehende besonders die vertrauliche Anrede mit dem eindringlichen Hinweis auf Vertraulichkeit zu beachten.

43

Zu beachten sei auch, dass die Family & Friends – Angebote ausdrücklich nicht für Mitarbeiter vorgesehen gewesen seien, da für diese die eigenständige Agenturnummer 11 geführt worden sei.

44

Erst Anfang 2010 habe sich die Reederei dem Last-Minute-Segment zugewendet (siehe hierzu Vermerk vom 27. Januar 2010). Auch weiterer Schriftverkehr bestätige diese Handhabe. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Arbeitgeber großen Wert auf eine gleichmäßige Preisgestaltung für alle Kunden, unabhängig vom Buchungsdatum, gelegt.

45

Im Übrigen handele es sich nach der vom Finanzamt ermittelten Genehmigungspraxis bei den Mitarbeiterreisen nach der typischen Definition laut Deutschem Reiseverband (Last-Minute-Reise = Anreisetag innerhalb der nächsten 14 Tage) schon gar nicht um Last-Minute-Reisen. Dem Kläger sei es außerdem möglich gewesen, aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin zu wählen und zu gegebener Zeit einen Mitreiseantrag zu stellen. Ihm habe somit ein breites Spektrum an möglichen Reisen zur Verfügung gestanden, weshalb er dem klassischen Last-Minute-Urlauber gegenüber im Vorteil gewesen sei, da er üblicherweise sein Reiseziel kurzfristig danach wählen müsse, was zu seinem Urlaubszeitpunkt noch verfügbar sei.

46

Aus den insgesamt vorgelegten Belegen ergebe sich jedenfalls, dass für den Zeitraum der Streitjahre 2005 bis 2008 keine Last-Minute-Angebote von der Reederei existiert hätten. Der widersprüchliche Ausweis der Agenturnummer 3 (laut Belegen Family & Friends) als Last-Minute mit der hiermit verbundenen Nennung der erst nach den Streitjahren auftretenden, neu gegründeten Reederei ... weise darauf hin, dass es insoweit zu einer nachträglichen Änderung ursprünglicher Datensätze gekommen sei. Eine wahrscheinliche Erklärung hierfür sei, dass die neu gegründete Reederei ... als Nachfolgerin der ... Reederei mit den vorhandenen Daten und Programmen weitergearbeitet habe. Aufgrund der genannten Neuaufnahme von Last-Minute-Angeboten sei 2010 die bestehende Agenturnummer 3 Family & Friends umbenannt worden. Aufgrund von bestehenden Funktionen, welche bei einer Einbuchung dieser Agenturnummer automatisch den aktuellen der Agenturnummer entsprechenden Klartext ausweise, seien daraufhin nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend für die Streitjahre, Buchungen als Last-Minute dargestellt worden.

47

Es werde vom Finanzamt im Übrigen nicht in Abrede gestellt, dass in den Streitjahren Preismodifikationen möglich gewesen seien. Es ergäben sich aus den Unterlagen der Reederei mehrere Varianten, mit denen sie außerhalb des regulären Marktes Reiseplätze vergeben habe, siehe das Protokoll Touristik Meeting vom 20. Dezember 2007):

48

Closed-Shop-Aktion: zu beachten sei das nur an einen geschlossenen Kreis zu offerierende Angebot und das hiermit verbundene Stillschweigeabkommen, Family & Friends-Angebot, Angebot für Expis (Expedienten).

49

Daneben weise dieses Protokoll auch ein Beispiel für die angewandte Preisgestaltung bei bewerbungswürdigen Reisen durch Anreicherung anstelle von Preisreduzierung aus. Bei den erwähnten Sonderpreisen habe es sich jeweils um Einzelmaßnahmen für speziell ausgewählte Reisen gehandelt und sie seien regelmäßig, wie sich aus den diversen beigefügten Belegen ergebe, mit Stillschweigevereinbarungen an bestimmte, geschlossene Gruppen angeboten worden. Diese Sonderpreise könnten daher nicht in die Wertermittlung einbezogen werden, da sie gezielt so angeboten worden seien, dass sie keinen Einfluss auf den als Marktpreis gültigen Katalogpreis hatten, der bis zum Zeitpunkt bzw. kurz vor Zeitpunkt des Reisebeginns für normale Kunden maßgeblich gewesen sei, und nicht auf dem freien Markt hätte erlangt werden können.

50

Darüber hinaus habe es Kombi-Tarife gegeben, bei welchen die Reederei Passagieren, welche zwei direkt aufeinander folgende Reisen gebucht hätten, Nachlässe geboten habe. Auch die Gewährung von Vergünstigungen auf den Reisepreis einer zweiten Person auf der gleichen Reise sei nicht unüblich gewesen. Diese Rabattierung sei in der Regel in Höhe von 50 % auf den Katalogpreis des zweiten Passagiers erfolgt. Da diese Preisminderung nicht ohne den zugehörigen ersten Passagier hätte gewährt werden können, sei für Zwecke der Vergleichbarkeit mit dem Streitfall der Rabatt auf beide Passagiere aufzuteilen, wodurch sich ein Durchschnittsrabatt in Höhe von 25 % ergebe.

51

Soweit ein ungewöhnlich hoher Rabatt von ca. 38,75 % angeboten worden sei, beruhe dieser auf einem Sonderfall. Dieser resultiere aus einer Zusammenarbeit zwischen der Reederei und einem einvernehmlich ausgeschiedenen ehemaligen Mitarbeiter der Reederei sowie dreier namentlich benannter Freundeskreise. Hinsichtlich dieser besonderen Zusammenarbeit werde auf die zu Grunde liegende Vereinbarung sowie die sich aus den Kontakten ergebende besondere Zusammenarbeit mit Sonderkonditionen verwiesen.

52

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Einschränkungen sei zu bedenken, dass aus den von der Steuerfahndung beschlagnahmten Unterlagen hervorgehe, dass für den Kläger die Reisen mit sehr positiven Erlebnissen einhergegangen sei und keine Einschränkungen für den Mitarbeiter als Gast erkennbar seien: Insbesondere sei keine Einbindung des reisenden Mitarbeiters zu Hilfszwecken erkennbar gewesen, die Sauna habe beispielsweise auch an Regentagen, d.h. bei hoher Ausnutzung dieses Angebots durch reguläre Gäste, besucht werden dürfen, der Kläger habe beispielsweise auch einen Tisch im Restaurant ... buchen können. Es könne davon ausgegangen werden, dass bei der Teilnahme an fünf Reisen in vier aufeinander folgenden Kalenderjahren die Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen negativ beeinträchtigt hätten, dass der Kläger von Wiederholungen abgesehen habe.

53

Was die Genehmigungspraxis der Mitreiseanträge angehe, seien nach den Erkenntnissen des Finanzamts weniger als fünf Mitreiseanträge bekannt, welche nicht genehmigt worden seien. Soweit vereinzelt tatsächlich dem Mitreisewunsch eines Mitarbeiters nicht hätte gefolgt werden können, hätte bei zunächst erfolgter Zusage jedoch eine Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert werden müssen. Nach Kenntnissen des Finanzamts hätte die den Mitarbeitern zustehende einmalige Mitreise pro Jahr regelmäßig stattfinden können.

54

Alle durch den Kläger beantragten und durch die Reederei genehmigten Reisen seien tatsächlich durchgeführt worden. Aus diesen tatsächlichen Erfahrungen des Klägers ließe sich keine Unsicherheit hinsichtlich der beabsichtigten Reisen erkennen, sobald einmal eine Genehmigung durch die Geschäftsleitung erfolgt sei. Das System der Mitarbeiterreisen stelle eine Vergünstigung für die Mitarbeiter dar, auf welche zwar kein Rechtsanspruch bestanden habe, mit der die Mitarbeiter jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten rechnen können. Insofern sei von einem Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auszugehen. Die Gewährung solcher Vorteile hätten für den Arbeitgeber Mittel dargestellt, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen und hätten in der Regel die positive sowie auch beabsichtigte Auswirkung der beispielsweise besseren Arbeitsleistung und Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber. Hätte tatsächlich die vom Kläger nicht belegte Praxis häufige, kurzfristige Absagen von genehmigten Mitreisen umfasst, hätte dies den positiven Nutzen für das Unternehmen beeinträchtigt. Die Annahme, ein Mitarbeiter, dessen Urlaub aufgrund der kurzfristigen Absage seiner Urlaubsreise und dem wahrscheinlichen Fehlen einer zum gleichen Termin erlangbaren adäquaten Alternative abgewertet worden sei, kehre mit ungeminderter Arbeitsfreude in das Unternehmen zurück, sei unwahrscheinlich.

55

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 4. September 2013 wurde der Kläger persönlich angehört. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

56

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

57

Die Klage ist zum Teil begründet.

58

Das Finanzamt hat in den Streitjahren die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Grunde nach zu Recht um den geldwerten Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen erhöht. Der Wert des gewährten Vorteils ist jedoch vom Finanzamt zu hoch geschätzt worden und war auf 40 % des Katalogpreises unter Berücksichtigung der beantragten Zuzahlungen zu verringern. Insoweit sind die angefochtenen Verwaltungsakte rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO) (I.). Der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG kann aber nicht gewährt werden (II.). Im Übrigen war auch für das Streitjahr 2005 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten (III.).

59

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Vorteile, die dem Kläger durch seine Teilnahme und die Teilnahme seiner Lebensgefährtin an den Reisen zugeflossen sind, als Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG anzusehen sind. Der eigene Reiseanteil des Klägers an der Reise 2 ist inzwischen nicht mehr einbezogen, da der Kläger nachweisen konnte, dass es sich um eine Dienstreise handelte.

60

Umstritten ist hingegen der Wert des Sachbezuges.

61

I. Wert des gewährten Vorteils

62

Gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG erfolgt die Bewertung geldwerter Vorteile, für die keine amtlichen Werte festgesetzt und die nicht nach § 8 Abs. 2 S. 2-5 EStG und § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten sind, mit dem um die üblichen Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe. Der Endpreis ist der tatsächliche Preis (Marktpreis), der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern tatsächlich für die identische Ware oder Dienstleistung gezahlt wird. Ein unentgeltlicher Sachbezug ist nur insoweit gegeben, als ein objektiver Beobachter im konkreten Fall aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil im Sinne einer objektiven Bereicherung annehmen würde. Lässt sich der übliche Preis nicht feststellen, ist er zu schätzen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Mai 2001 VI R 123/00, BStBl II 2002, 230; Schmidt/Krüger, EStG 32. Aufl. § 8 Rz 36, 37; LStH 13 R 8.1 (2)).

63

Maßgebend für die Bewertung ist der Endpreis im Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahme (Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl. § 8 Rz 39 m. w. N.).

64

Der übliche Preis für die dem Kläger zugewendeten Reiseleistungen ist zu schätzen, da für die dem Kläger konkret überlassene Dienstleistung kein Marktpreis festzustellen ist (2.). Maßgebender Bewertungszeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt des Reiseantritts (1.).

65

1. Maßgebender Bewertungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Reiseantritts oder kurz zuvor. Die nicht in Geldes Wert bestehende Einnahme konnte erst zu diesem Zeitpunkt zufließen, da bis dahin unsicher war, ob der Kläger tatsächlich an der Reise teilnehmen konnte.

66

Das Finanzamt geht hingegen vom Endpreis am Bestelldatum aus, welches es mit dem Zeitpunkt der Beantragung/Genehmigung der Mitarbeiterreise gleichsetzt (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom 23. Juni 2011).

67

Für die Annahme des Zuflusses bei Reiseantritt bzw. kurz zuvor spricht schon der im Mitreiseantrag enthaltene Vorbehalt der Verfügbarkeit einer Kabine. Darüber hinaus wurde in der Mitteilung über die erfolgte Genehmigung erneut auf den Vorbehalt der Kabinenvakanz hingewiesen.

68

Zwar wurden – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen hat – von den Mitarbeitern nur solche Reisen ausgewählt, bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Mitreise bestand. Welche Reisen dies waren, konnte durch Abruf des Buchungsstatus festgestellt werden, so dass besonders beliebte Reisen, z. B. die Weihnachtsreisen gar nicht erst in Frage kamen.

69

Es kann aus Sicht des Gerichts dahingestellt bleiben, in wie vielen Fällen die Reise tatsächlich nicht angetreten werden konnte. Es kommt daher nicht darauf an, dass der Kläger vorträgt, allein ihm seien drei Fälle bekannt, in denen die schon genehmigte Reise storniert worden sei, und im Übrigen seien Anträge zu nicht durchgeführten Mitarbeiterreisen naturgemäß nicht mehr im Mitarbeiterreiseordner enthalten. Ebenso wenig kommt es auf den Einwand des Finanzamtes an, es seien weniger als 5 Mitreiseanträge bekannt, welche nicht genehmigt worden seien. Alle durch den Kläger beantragten und durch die Reederei genehmigten Reisen seien durchgeführt worden. Im Übrigen sei zu bedenken, dass eine vom Kläger nicht belegte Praxis häufiger, kurzfristiger Absagen von genehmigten Mitreisen jeglichen positiven Nutzen der Mitarbeiterreise, die zur Steigerung der Zufriedenheit hätte führen sollen, beeinträchtigt hätte.

70

Soweit das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung zur Bekräftigung seiner Auffassung, eine Unsicherheit habe nicht bestanden, auf die durchschnittliche Auslastung der MS A zwischen rund 70 und 80 % in den Streitjahren verwies, ist dem nach Auffassung des Gerichts der Kläger mit dem überzeugenden Hinweis entgegengetreten, dass diese Auslastungszahl nur die Paxe im Verhältnis zur Kapazität widerspiegele und somit nicht aussagekräftig sei, da beispielsweise selbst bei einer 100 % Kabinenbelegung eine geringere Auslastung zustande komme, weil – wie bei der MS A häufiger der Fall – Doppelkabinen durch Einzelpersonen belegt seien.

71

Nach Auffassung des Senats ist entscheidend, dass bei jeder konkreten Reise die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestand. Dies ergibt sich aus dem im Mitreiseantrag sowie dem im Genehmigungsschreiben enthaltenen Vorbehalt der Verfügbarkeit einer Kabine. Abzustellen ist dabei auf die Sicht des jeweiligen Mitarbeiters zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. Genehmigung, d. h. auf die ex-ante Sicht. Dass das Risiko der Absage im Nachhinein ex-post betrachtet über die Jahre und gemessen an der Zahl der tatsächlich durchgeführten Mitarbeiterreisen nicht sehr groß war, ist für die Betrachtung nicht erheblich. Der einzelne Mitarbeiter und damit auch der Kläger musste jedenfalls konkret damit rechnen, dass eine Absage möglich war und ihm selbst bei einer Genehmigung oder „Buchungsbestätigung“ anders als regulär zahlenden Reisenden kein einklagbarer Anspruch oder gar bei Nichtdurchführung  ein Ersatzanspruch zustand. Dass der Kläger – wie das Finanzamt vorträgt - aufgrund seiner Erfahrung mit einer Genehmigung rechnen konnte, ändert daran nichts. Trotz der Genehmigung der Reise war die Durchführung nicht sicher. Im Übrigen hat das Finanzamt nicht konkretisiert, ab welchem Jahr es von einem solchen Erfahrungswert ausgehen will. Soweit das Finanzamt  vorträgt, bei einer Absage der Reise seitens des Arbeitgebers trotz zunächst erfolgter Zusage müsste eine Stornierung des damit verbundenen Urlaubsantrages dokumentiert sein, erscheint dies dem Senat nicht unbedingt zwingend, da der jeweilige Mitarbeiter seinen schon genehmigten Urlaub auch anderweitig verbringen konnte.

72

Anzumerken bleibt, dass in den Wochen nach Stellung des Mitreiseantrags und der Genehmigung durch die Geschäftsleitung vor Reiseantritt schlecht gebuchte Reisen in der Regel und auch die vom Kläger konkret unternommenen Reisen noch intensiver im Rahmen von Sonderaktionen, z. B. family und friends, oder durch Reiseanreicherung durch besondere Zusatzleistungen, angeboten wurden (s. die vom Kläger vorgelegten Übersichten, die unter der Agenturnummer 3 die aufgrund des family-und-friends Angebotes mitreisenden Personen ausweist, bzw. für die Reise 1 das Angebot). Dadurch stieg gerade das Risiko der Nichtverfügbarkeit einer Kabine trotz der bis zur Antragstellung noch nicht ausreichenden Auslastung noch. Dass sich durch die Sonderaktionen die Auslastung noch deutlich verbesserte, kann man schon den zitierten Übersichten entnehmen, die einen erheblichen Anteil an family-und-friends Buchungen erkennen lassen. Diese Tatsache hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zudem ausdrücklich hervorgehoben und auch das Finanzamt ist dem nicht entgegengetreten.

73

Für die Annahme des Zuflusses im Zeitpunkt des Reiseantritts oder kurz davor spricht darüber hinaus die Überlegung, dass bei tatsächlichem Nichtantritt der Reise der Ansatz des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Antragstellung oder Genehmigung zu einer Erfassung und Versteuerung führen würde, ohne dass ein Vorteil vom Mitarbeiter tatsächlich erlangt worden wäre.

74

Soweit das Finanzamt unter Hinweis auf R 8.1 Abs. 2 Satz 8 der Lohnsteuerrichtlinien 2009 davon ausgeht, dass sich der übliche Endpreis am Abgabeort nach dem Bestelldatum und nicht nach dem Zeitpunkt der Lieferung bestimme (s. Vermerk der Steuerfahndungsstelle vom 23. Juni 2011 und Einspruchsentscheidung), kann dies nach Ansicht des Senats nur eine Rolle spielen, wenn aufgrund der Bestellung ein gesicherter Anspruch auf Lieferung der Ware oder Dienstleistung besteht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

75

2. Die vom Kläger in Anspruch genommene konkrete Reiseleistung war am Markt nicht zu erlangen. Die konkrete Reiseleistung entsprach nicht den Katalogleistungen. Die konkrete Reiseleistung zeichnete sich vielmehr dadurch aus, dass es verschiedene Einschränkungen insbesondere hinsichtlich der Nutzung der an Bord vorhandenen Restaurants, der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen und der Kabinenauswahl, aber andererseits auch als besondere Vergünstigung einen Rabatt von 20 % auf die an Bord konsumierten Getränke gab. Darüber hinaus blieb der Mitarbeiter bis zum Reisezeitpunkt im Unsicheren, ob er die Reise tatsächlich antreten konnte oder nicht. Diese konkrete Dienstleistung wurde in keinem Katalog angeboten, ihr Wert ist daher im Schätzwege zu ermitteln.

76

Im Rahmen der Wertermittlung des geldwerten Vorteils durch Schätzung sind nach Auffassung des Senats folgende Gesichtspunkte zu beurteilen: neben der Gegenüberstellung von wertmindernden und werterhöhenden Umständen muss abgewogen werden, welchen  Einfluss die Tatsache auf den Wert des Vorteils hat, dass die Reiseleistung Bestandteil einer Restplatzverwertung  gewesen ist.

77

Vorweg bleibt festzuhalten, dass die vergünstigten Reisepreise, die Mitarbeitern von Reisebüros oder Mitarbeitern des ... gewährt wurden, nach Ansicht des Senats nicht zugrunde gelegt werden können. Es handelt sich hierbei um Sonderkonditionen, die einem von vorneherein durch bestimmte Kriterien abgrenzbaren Kundenkreis ohne Bezug zu einer Restplatzverwertung gewährt werden. Sie können daher auch nicht als Bezugspunkt im Rahmen der Abwägung einfließen.

78

Genauso verhält es sich mit den Last Minute Angeboten, die es nach Aktenlage erst ab dem Jahr 2010 gab und die daher nicht für die Streitjahre relevant seien können. Den widersprüchlichen Ausweis der Agenturnummer 3 in den vom Kläger vorgelegten Übersichten als Last Minute Angebote konnte das Finanzamt nach Einschätzung des Senats schlüssig damit erklären, dass die neu gegründete Reederei ... als Nachfolgerin der ... Reederei mit vorhandenen Daten weiterarbeitete, es wegen Umbenennung der Agenturnummern wegen Aufnahme von Last Minute Angeboten im Jahr 2010 nachträglich zur Änderung der ursprünglichen Datensätze gekommen ist.

79

Auch die family und friends Preise können nicht zugrunde gelegt werden. Zwar handelt es sich bei den durch dieses Angebot angesprochenen Personen anders als bei den Angeboten für Reisebüromitarbeiter oder die ...-Mitarbeiter nicht mehr um einen Personenkreis, der nach ganz konkreten Kriterien abgrenzbar wäre. Einziges gemeinsames Merkmal ist, dass eine Person einen Reedereimitarbeiter kennen musste. Davon abgesehen hätte jeder Bekannte eines Bekannten unter Vermittlung des Namens eines Reedereimitarbeiters grundsätzlich das Angebot in Anspruch nehmen können. Auch wenn dieses Angebot hinsichtlich des Adressatenkreises schon in die Nähe eines auf dem Markt erhältlichen Angebotes rückt, war es ebenso wie die anderen Angebote eben nicht offiziell an alle Marktteilnehmer gerichtet. Außerdem war durch eine Stillschweigevereinbarung, deren Bruch damit sanktioniert war, dass die Differenz zum Katalogpreis nachgefordert werden konnte, abgesichert, dass regulär zahlende Gäste von der Vergünstigung nichts erfuhren.

80

a. Wertmindernd sind tatsächliche Einschränkungen zu berücksichtigen, die der Kläger und seine Begleiterin gegenüber regulär zahlenden Gästen erfahren haben.

81

Die vom Kläger und seiner Begleiterin in Anspruch genommene Reiseleistung war im Vergleich zur Reiseleistung nach Katalog in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Diese Tatsache wird vom Finanzamt auch grundsätzlich nicht bestritten. Zwar trägt das Finanzamt vor, dass aus den beschlagnahmten Unterlagen (die Reiseberichte in Form der „Internen Notiz“ für die Geschäftsführer) und der Teilnahme an fünf Reisen in vier aufeinanderfolgenden Jahren hervorgehe, dass die Einschränkungen das Reisevergnügen nicht dermaßen negativ beeinträchtigt hätten, dass insgesamt von Wiederholungen abgesehen worden wäre. Hieraus ergibt sich, dass das Finanzamt durchaus das Vorhandensein von Einschränkungen erkennt, diese jedoch als nicht erheblich ansieht, weil es unterstellt, dass der Kläger sie in einer konkreten Situation nicht als solche erlebt habe oder sie auch wiederholt akzeptiert habe. Aus Sicht des Senats enthält dies eine Wertung, die für die Frage, ob es tatsächlich Einschränkungen gegeben hat, nicht relevant ist.

82

Der Kläger konnte die Reise erst in etwa vier bis sechs Wochen vor Reisebeginn beantragen. Das Finanzamt trägt vor, dass sich aus den Mitarbeiterreisekonditionen ergäbe, dass ein Mitarbeiterreiseantrag spätestens 6 Wochen vor Reisebeginn zu stellen war, und  dies im Interesse der Reederei an rechtzeitiger Planung gewesen sei. Daher habe das Finanzamt nicht von einem „Last Minute“-Kontingent ausgehen können. Die tatsächliche Praxis zeigt jedoch, dass Mitarbeiterreiseanträge auch noch in etwa 4 Wochen vor Reisebeginn gestellt werden konnten. Dies belegt nach Ansicht des Senats eher die Vermutung, dass auch durch die Mitreise von Mitarbeitern eine Art Restplatzverwertung stattfand.

83

Der Kläger konnte nicht - wie das Finanzamt vorträgt - aus dem gesamten Angebot der Arbeitgeberin wählen, oder jedenfalls nur theoretisch. Das Finanzamt sieht den Kläger insofern gegenüber dem klassischen Last Minute Urlauber, der nur noch nach Verfügbarkeit wählen kann, im Vorteil. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, machte es aber nur Sinn, sich Reisen mit bis zur Antragstellung nicht ausreichender Auslastung auszuwählen, da nur dann eine Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass man die Reise auch durchführen konnte. Die Auswahl war gerade auch nach Verfügbarkeit beschränkt, was wiederum für die Annahme einer Restplatzverwertung spricht.

84

Der Kläger konnte zudem seine Kabine nicht frei wählen und erhielt diese erst kurz vor Reiseantritt oder an Bord zugeteilt.

85

Die Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogramm war nur bei vorhandenen Restplätzen möglich. Somit konnte er sich - anders als andere Teilnehmer - nicht durch rechtzeitige Buchung die Teilnahme an Ausflügen sichern. Zwar war es bei nur beschränkt vorhandenen Plätzen auch nicht für jeden zahlenden Passagier möglich, an bestimmten Ausflügen oder Programmen teilzunehmen. Zahlende Mitreisende hatten jedoch jedenfalls die Möglichkeit, sich durch rechtzeitige Buchung einen Platz zu verschaffen.

86

Bei der Teilnahme an Fitnessprogrammen musste der Kläger ebenso zurückstehen. Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, dass er in einer internen Notiz berichtete, die Sauna an einem Regentag genutzt zu haben. Der Kläger trägt nicht vor, dass die Nutzung wegen der Einschränkung nicht möglich war. Es ist durchaus vorstellbar, dass selbst an Tagen, an denen man eine höhere oder vollständige Auslastung durch reguläre Gäste vermuten würde, freie Plätze vorhanden waren und der Kläger das Angebot daher nutzen konnte. Etwas Gegenteiliges ergibt sich nicht aus der zitierten Notiz. Genauso verhält es sich mit der Aussage des Klägers, er „habe häufig selbst am Programm teilgenommen“.

87

Auch die Nutzung der Restaurants war eingeschränkt. Laut Mitreiseantrag war der Besuch des Restaurants C den regulär gebuchten Gästen vorbehalten, Ausnahmegenehmigungen würden nur von der Geschäftsleitung erteilt. Der Hinweis des Finanzamtes, es seien Ausnahmeregelungen somit möglich gewesen und im Übrigen hätten auch nicht alle regulären Gäste im auf 104 Plätze beschränkten Restaurant C Platz gefunden, spricht nicht gegen die tatsächlich vorhandene Einschränkung. Reguläre Gäste hatten ohne weiteres die Möglichkeit sich durch rechtzeitige Reservierung einen Platz zu sichern.

88

Weiter bestand bei mangelnder Platzkapazität kein Anspruch auf einen festen Platz im Restaurant „B“. Soweit das Finanzamt vorträgt, dagegen spräche, dass der Kläger einen Tisch in diesem Restaurant reserviert hätte, bleibt festzuhalten, dass zum einen nicht feststeht, ob der Kläger tatsächlich den gewünschten Platz erhalten hat, zum anderen der geäußerte Reservierungswunsch nicht gegen die Feststellung spricht, dass bei entsprechender Auslastung kein Anspruch auf diesen Platz bestand.

89

Auch wenn die mitreisende Begleitung keiner der angeführten Restriktionen unterlag, ist doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass bei einer gemeinsam unternommenen Reise der Großteil der Zeit gemeinsam verbracht wird, Unternehmungen oder die Teilnahme an Essen gemeinsam erfolgen. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass die Lebensgefährtin beispielsweise das Restaurant C besuchen würde, während der Kläger am Buffet teilnahm. Gemeinschaftliche Unternehmungen waren somit trotz der für die Reisebegleitung theoretisch nicht vorhandenen Einschränkungen tatsächlich doch eingeschränkt.

90

Weiter hatte der Kläger einen Reisebericht nach der Reise abzugeben, für den er sich bestimmte Notizen schon während der Reise machte. Auf zwei Reisen führte er Bargeldtransporte durch, damit Personal teilweise bar vor Ort bezahlt werden konnte. Der Senat wertet diese Verpflichtungen des Klägers jedoch nicht als erhebliche Einschränkungen, da der Kläger und seine Begleiterin durch diese Aufgaben allenfalls unwesentlich daran gehindert worden sind, an der Reise wie andere zahlende Reiseteilnehmer teilzunehmen.

91

Gleiches gilt für den vom Kläger geltend gemachten Umstand, dass er durch die Bekanntschaft mit weiteren Mitarbeitern an Bord selbst gegenüber anderen Gästen häufig als Mitarbeiter der Reederei erkennbar war und Auskünfte hinsichtlich der Verhältnisse an Bord oder zum Unternehmen geben musste.

92

b. Werterhöhend sind im Rahmen der Abwägung Vergünstigungen zu berücksichtigen, die dem Kläger und seiner Begleiterin gegenüber den regulär zahlenden Gästen gewährt wurden. Diese bestanden einerseits in einem Abschlag von 20 % auf Getränke. Es ist davon auszugehen und unstreitig, dass der Kläger tatsächlich diese Vergünstigung in Anspruch genommen hat.

93

Weitere Vergünstigungen - so das Finanzamt - bestünden „in der Preisfreiheit etwaiger Halb- oder Ganztagsausflüge bzw. lediglich der Entrichtung des Einkaufspreises der Teilnahme für eine etwaige Begleiterin“. Darüber hinaus würden “etwaige für die An- und Abreise vorhandene freie Charterplätze auf Flügen und auch teilweise Zubringerflüge an die Mitarbeiter kostenlos weitergegeben“ (Bericht über steuerliche Feststellungen vom 16. Mai 2011 der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt; s. auch zusammenfassender Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle vom 15. Juli 2010). Da die Katalogpreise jedoch die Charterflüge umfassten (siehe auch Buchungen regulärer Kunden, bei denen nur Anschlussflüge oder Direktflüge mit einem Aufpreis i. H. v. 50 € separat berechnet wurden), kann die kostenlose Weitergabe von vorhandenen Charterplätzen sich nicht werterhöhend auswirken. Soweit der Kläger mangels vorhandener Kapazität Linienflüge buchen musste, wurden diese auch entsprechend separat abgerechnet (s. für die Reise 3). Ebenfalls wurden Anschlussflüge separat abgerechnet (für die Reise 4), wobei mangels vergleichbarer Unterlagen für regulär zahlende Gäste nicht festgestellt werden kann, ob der dort genannte Sondertarif nicht auch diesen gewährt wurde. Somit kann eine Begünstigung des Klägers hinsichtlich der Mitreise auf Flügen im Vergleich zu regulär zahlenden Gästen nicht festgestellt werden.

94

Inwieweit der Kläger und seine Begleiterin an Ausflügen, die sie anders als reguläre Gäste nicht vorher buchen konnten (vergleiche auch die tatsächlichen Buchungen des Klägers und die regulären Buchungen) teilgenommen haben, ist aus den Unterlagen nicht konkret erkennbar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine Teilnahme pro Reise in jedem Fall erfolgte, da diese vom Arbeitgeber gewünscht war und in dem geforderten Reisebericht beschrieben werden sollte (siehe beispielsweise Mitteilung über die Genehmigung des Mitreiseantrags). Die Erwähnung eines Ausfluges findet sich in der „Internen Notiz“ des Klägers über die Reise 1 an die Geschäftsführer auch wieder. Insoweit muss dieser Vorteil als zusätzliche Vergünstigung in die Abwägung miteinbezogen werden. Der Vorteil wird auch nicht dadurch gemindert, dass der Kläger vom Arbeitgeber zur Teilnahme an mindestens einem Ausflug quasi verpflichtet wurde und er über diesen berichten musste.

95

Ob sich diese Wertung schon aus der vom Finanzamt zitierten Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 4. August 1994 VI R 24/94 BStBl. II 1994, 954) ergibt, nach der sich bei der Bewertung des Vorteils die vom Arbeitnehmer anlässlich der Vorteilsgewährung tatsächlich erbrachten Dienstleistungen nicht wertmindernd auswirken, kann dahinstehen. Der dem zitierten Urteil zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich vom Streitfall, da die dort vom Mitarbeiter erbrachten Dienstleistungen nicht während der Urlaubszeit, sondern während seiner Arbeitszeit erbracht wurden.

96

Jedenfalls geht der Senat davon aus, dass die Teilnahme an einem Ausflug tatsächlich einen geldwerten Vorteil darstellt. Weder der vom Arbeitgeber geäußerte Wunsch oder gegebenenfalls die Verpflichtung, an einem Ausflug teilzunehmen, noch die Verpflichtung zur Erstellung eines Berichtes darüber führt zu der Wertung, dass ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Teilnahme am Ausflug bestand und es sich insoweit um eine dienstliche Verpflichtung handelte. Darüber hinaus ist, soweit man, was der Senat bezweifelt, eine Beeinträchtigung des Klägers durch die Verpflichtung zur Teilnahme oder zur Berichtsverfassung überhaupt annehmen kann, diese jedenfalls als so geringfügig anzusehen, dass eine Wertminderung nicht angenommen werden kann.  Im Übrigen wurde ihm kein bestimmter Ausflug vorgeschrieben, sondern er hatte – vorbehaltlich verfügbarer Plätze – eine gewisse Wahlmöglichkeit, mit der er eigene Vorlieben realisieren konnte.

97

Soweit das Finanzamt in seinem Schriftsatz vom 28. März 2013 weitere Vergünstigungen erwähnt (kostenlose Gewährung von Dienstleistungen und Verpflegung), hat es diese nicht ausreichend konkretisiert, so dass sie nicht in die Abwägung einbezogen werden können.

98

c. Weiter ist im Rahmen der Abwägung zu beachten, dass es sich bei der Gewährung der Mitarbeiterreisen in der konkreten Ausgestaltung um eine Art Restplatzverwertung handelte. Außerdem brachte die Reederei durchaus auch in den Streitjahren Angebote auf den Markt, die ganz erhebliche Abschläge auf den Katalogpreis bei Leistungen laut Katalog vorsahen. Es fragt sich, welchen Reisepreis ein Reisender zum Bewertungszeitpunkt für die dem Kläger gewährte Reiseleistung am Markt bezahlt hätte.

99

Das Finanzamt trägt zur Bekräftigung seiner Annahme, dass grundsätzlich von den Katalogpreisen auszugehen sei, vor, dass nach Antragstellung und Genehmigung der Mitarbeiterreise der Verkauf zu Katalogpreisen fortgesetzt wurde und Buchungen auch für den Zeitpunkt von etwa 5-6 Wochen vorher belegt sind. Die Bewertung zu Katalogpreisen müsse auch bei Bewertung der Reise zu einem Zeitpunkt kurz vor oder direkt vor Reisebeginn vorgenommen werden, da die Reederei in den Streitjahren darauf geachtet habe, dass der Katalogpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung für jeden Reisenden maßgeblich war. Zum einen ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Buchungen zu Katalogpreisen weit zuvor erfolgte (s. Übersichten, aus denen sich Buchungsdaten von rund 18 Monaten bis zu 6 Monaten vor Reiseantritt ergeben). Es ist aus Sicht des Gerichts fraglich und auch nicht belegt, ob Buchungen zum Bewertungszeitpunkt zum Katalogpreis noch erfolgt sind. Weiter ist es aus Sicht des Gerichts eher unwahrscheinlich, dass ein zahlender Gast zu diesem Zeitpunkt für einen Restplatz mit den genannten Einschränkungen und Vergünstigungen ohne Wahlmöglichkeit der Kabine den Katalogpreis gezahlt hätte.

100

Es kann nach Auffassung des Senats nicht - wie das Finanzamt meint - davon ausgegangen werden, dass die Reederei in den Streitjahren darauf geachtet hat, dass der Katalogpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung für jeden Reisenden maßgeblich war. Das mag die nach außen vertretene Preispolitik und das unternehmerische Ziel gewesen sein, allein die Anzahl der vorgelegten Unterlagen über diverse verschieden ausgestaltete Angebote für den offiziellen Markt sowie auch die Häufigkeit der family und friends Angebote sprechen dagegen.

101

Es gab in den Streitjahren und auch schon im Jahr 2005 am Markt Angebote, die schon regulär zu einem Abschlag von 25 % insgesamt bezogen auf den Preis pro Personen für die Teilnahme von 2 Personen führten (sogenannte Kombiangebote). Zwar konnte der Kläger kein solches Angebot für eine von ihm angetretene Reise vorweisen, es zeigt jedoch, dass keineswegs bis zum Zeitpunkt des Reiseantritts nur Katalogpreise am Markt angeboten wurden. Für die Reise 1 war immerhin ein besonderes Angebot auch am Markt vorhanden, das die An- und Abreise sowie die Reiserücktrittsversicherung einschloss.

102

Dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssen, ergibt sich für das Gericht - wie schon oben unter 2.a. dargestellt - daraus, dass die Reise tatsächlich nur zu einem gewissen Zeitpunkt etwa 4-6 Wochen vor Reisebeginn und nur bei mangelnder Auslastung beantragt werden und nur in diesem Fall auch mit einer Genehmigung und der tatsächlichen Mitreise gerechnet werden konnte.

103

Parallel dazu wurde in nennenswertem Umfang eine Restplatzverwertung durch family und friends Angebote initiiert, die vom Zeitpunkt mit der Beantragung der Mitarbeiterreisen in den Jahren 2006 bis 2008 fast übereinstimmt. Im Vergleich zu den vom Kläger beantragten Mitreisen erfolgte die Freigabe des family und friends Angebots beispielsweise bei der Reise 3 6 Tage nach Genehmigung des Mitreiseantrags des Klägers, bei der Reise 5 über 19 Tage vor Genehmigung des Mitreiseantrags.

104

Daraus ergibt sich, dass die Reederei nicht etwa zunächst die Mitarbeiterbuchungen abwartete, um nach Berücksichtigung der interessierten Mitarbeiter vorhandene Restplätze noch günstig zu verkaufen. Vielmehr wurden Mitarbeiter neben anderen Programmen der Restplatzverwertung – nachrangig – berücksichtigt.

105

Der Senat geht zwar gerade nicht davon aus, dass der family und friends Preis einen Marktpreis im Sinne eines offiziellen Angebotes darstellt. Es stellt sich aber die Frage, ob er nicht zumindest einen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Wert der Reise im Sinne einer Restplatzverwertung geben kann. Dabei umfasste dieses Angebot die Katalogleistungen ohne Einschränkungen und war etwa zu dem gleichen Zeitpunkt wie die Mitarbeiterreisen erhältlich; anders als für die Mitarbeiterreisen bestand aufgrund einer family und friends Buchung auch noch ein fester Anspruch auf Mitreise.

106

Der family und friends Preis bietet somit eine (interne) Werteinschätzung der verfügbaren Reisen etwa 6 Wochen vor Reiseantritt, der Wert zu einem späteren Zeitpunkt müsste eher darunter liegen. Da es sich jedoch um einen internen Preis handelt, geht der Senat davon aus, dass ein offizieller Preis im Rahmen einer Restplatzverwertung am Markt in den Streitjahren auch bei Berücksichtigung deutlicher Abschläge wohl nicht unter den family und friends Preisen gelegen hätte. Dafür spricht insbesondere, dass es in den Streitjahren ausdrückliche last Minute Angebote nicht gab.

107

Der family und friends Preis lag im Vergleich zu dem bei Bewertung des Vorteils für den Kläger durch das Finanzamt zugrunde gelegten Katalogpreis bei 28,25% des Katalogpreises für die Reise 2, bei 23,15 % für die Reise 3, bei 43,44 % für die Reise 4 und bei 50 % für die Reise 5, durchschnittlich bei 36,21 %.

108

Auch wenn nach außen offiziell eine andere Preispolitik verfolgt wurde, zeigt das family und friends Angebot, dass der tatsächliche Wert eines Restplatzes deutlich unter dem Katalogpreis einzuschätzen war. Ob der Katalogpreis zu Reisebeginn den tatsächlichen Wert der Reise widerspiegelt und tatsächlich noch zu erzielen war, scheint dem Senat zweifelhaft. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass aus dem Vorhandensein von zwar nicht offiziellen, aber doch häufigen und an eine relativ uneingegrenzte Anzahl von Personen gerichteten Angeboten zur Restplatzverwertung geschlossen werden kann, dass auch der tatsächliche Wert der Reise und damit der tatsächliche Preis im Sinne eines Marktpreises wesentlich unter den Katalogpreisen anzusetzen ist. Dass die Reederei allgemein auch nicht in den Streitjahren bis zuletzt nur Katalogpreise angeboten hat, ergibt sich aus der Existenz verschiedener besonderer Angebote, die sich ganz offiziell an den Markt richteten und nicht einmal zur Restplatzverwertung eingesetzt wurden. Dass die Reederei das family und friends Angebot mit einer Stillschweigeverpflichtung verbunden hat, um sicherzustellen, dass Stammkunden an Bord, die regulär gezahlt hatten, nicht verärgert wurden, spricht nicht gegen die Annahme eines gegenüber dem Katalogpreis vermindert anzusetzenden Wertes.

109

Außerdem wäre bei der Wertermittlung grundsätzlich zu berücksichtigen, dass im Rahmen der üblichen Rabatte bei mehrfacher Teilnahme an Reisen regulär Abschläge auf eine weitere Reise vorgenommen wurden, die sich mit zunehmender Anzahl der Reisen erhöhten. Da die Mehrfahrerrabatte aber nach Aktenlage nur regulär zahlenden Kunden zugute kamen oder im Rahmen von Sonderpreisen, die bestimmt abgrenzbaren Kundenkreisen gewährt wurden, berücksichtigt wurden, sie sich bei der Restplatzverwertung indessen nicht wiederfinden, lässt der Senat diese Vergünstigung im Rahmen der pauschalen Bewertung außer Betracht. Soweit man jedoch - wie das Finanzamt - eine Bewertung ausgehend von den Katalogpreisen vornehmen wollte, wäre nicht einzusehen, warum die Mehrfahrerrabatte bei der Bewertung der Reisen des Klägers und seiner Begleitung nicht auch Berücksichtigung finden sollten.

110

In Abwägung aller angeführten Umstände, insbesondere der vorhandenen Einschränkungen und Vorteile sowie der Tatsache, dass eine Restplatzverwertung auf dem Markt im Allgemeinen und auch konkret durch die Arbeitgeberin des Klägers durch offizielle und interne Angebote zu erheblichen Abschlägen führt bzw. geführt hat,  kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass eine Bewertung des geldwerten Vorteils pauschal mit 40 % des Katalogpreises für jedes Jahr angemessen ist.

111

Zwar liegt der durchschnittliche Wert der internen Restplatzverwertung für die vom Kläger unternommenen Reisen nur bei rund 36 %. Da aber im Rahmen der internen Restplatzverwertung durch die Reederei für Reisen, an denen der Kläger teilgenommen hat, auch höhere Werte als 40 % existieren (für die Reisen 4 und 5), scheint es gerechtfertigt, im Wege der Schätzung einen pauschalen Mittelwert für alle Jahre i. H. v. 40 % anzusetzen.

112

Als Zuzahlungen sind 950 € anstelle der anerkannten 500 € für die Reise 4 (gezahlt 1.390 €, davon auf die Reise selbst 950 €) und 900 € anstelle der anerkannten 425 € für die Reise 5 zu berücksichtigen:

113

Bei der Ermittlung des Wertes der Reise 5 war zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Begleiterin 2 Tage weniger und somit nur 18 Tage an Bord waren.

114

Somit ergeben sich folgende Werte (in €):

115

Jahr   

Geldwerter Vorteil

Einkünfte nach § 19 EStG

Festzusetzende  ESt

2005   

4.439 

...     

...     

2006   

4.850 

...     

...     

2007   

5.538 

..    

...     

2008   

5.530 

...     

...     

116

II. Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG

117

Der so ermittelte Arbeitslohn ist nicht bis zur Höhe von 1.080 € nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei, da Arbeitgeber des Klägers in den Streitjahren die Reederei war, die Reiseleistung selbst jedoch vom Reiseveranstalter, der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“ erbracht wurde. Diese Tatsache ergibt sich u.a. schon aus den Buchungsbestätigungen: „Buchungsbestätigung und Rechnungslegung erfolgen im Namen und Auftrag der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“, die in Rechnung gestellten Zuzahlungen waren auch „auf das Konto der Schifffahrtsgesellschaft MS „A“ zu überweisen und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

118

Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die Arbeitgeberin durch die Übernahme der für die Schifffahrtsgesellschaft geleisteten Bereederung maßgeblich an der Erstellung des durch die Schifffahrtsgesellschaft angebotenen Produkts „Kreuzfahrtreise“  beteiligt war und beide Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe gehörten. Der BFH hat im Urteil vom 15. Januar 1993 VI R 32/92 (BStBl II 1993, 356) jedoch den § 8 Abs. 3 EStG unter systematischer, teleologischer und historischer Interpretation dahin ausgelegt, dass nur Preisnachlässe auf solche Waren, Lieferungen und Dienstleistungen begünstigt sind, die im Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und dass die Vorschrift weder Arbeitnehmer von Konzerngesellschaften noch einen überbetrieblichen Belegschaftshandel steuerlich begünstigen soll. Darüber hinaus hat der BFH im genannten Urteil zutreffend ausgeführt, dass diese Auslegung und Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Daher unterfällt der nicht vom Arbeitgeber des Klägers, sondern von der MS „A“ auf die Reisen gewährte Vorteil nicht der den Arbeitnehmer begünstigenden (Personalrabatt-)Regelung des § 8 Abs. 3 EStG (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 7. Februar 1997 VI R 17/94 BStBl II 97, 363; FG Münster vom 29. Juni 2011, EFG 2011, 1886; aA wohl Schmidt/Krüger, EStG, 32. Auflage, § 8 Rz. 66).

119

III. Verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO

120

Das Finanzamt war auch berechtigt, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 zu ändern. Die Festsetzungsfrist war beim Erlass des Einkommensteuerbescheides noch nicht abgelaufen, da der Kläger die Einkommensteuer für das Jahr 2005 leichtfertig verkürzt hat.

121

Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist fünf Jahre, soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden ist. Die fünfjährige Frist begann nach Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2005 im Jahre 2006 mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2011, so dass der Einkommensteuerbescheid vom 15. Juni 2011 vor Ablauf der Festsetzungsfrist erlassen wurde.

122

Unstreitig ist, dass dem Kläger im Jahr 2005 ein geldwerter Vorteil aus den gewährten Reiseleistungen zugeflossen ist, den er im Rahmen seiner Steuererklärung nicht angegeben hat. Durch die Nichtangabe des geldwerten Vorteils hat der Kläger objektiv Steuern verkürzt. Dies geschah auch leichtfertig im Sinne des § 378 Abs. 1 S. 1 AO. Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (Jäger in Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 378 Rz. 20 mit weiteren Nachweisen). Dabei kommt es nicht auf die Einsichtsfähigkeit eines Durchschnittsbürgers, sondern auf die des betreffenden Täters an (BFH - Beschluss vom 22.8.2011 III B 4/10, BFH/NV 2011, 2092 mit Rechtsprechungsnachweisen).

123

Dem Kläger musste sich nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen aufdrängen, dass die Fahrten mit der MS A, für die er keine oder nur geringfügige Zuzahlungen erbringen musste, einen nicht in Geld bestehenden Vorteil darstellten, der steuerrechtliche Relevanz haben könnte. Es musste sich ihm aufdrängen, dass durch die fehlende Angabe dieses Vorteils in der Steuererklärung eine Steuerverkürzung eintreten würde. Der Senat ist davon überzeugt, dass es dem Kläger als ausgebildetem Bilanzbuchhalter unter Anwendung der sich für ihn ergebenden Sorgfalt möglich gewesen wäre, sich um die korrekte steuerrechtliche Behandlung zu kümmern. Zumindest hätte er den Sachverhalt dem Finanzamt gegenüber angeben müssen. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass sein Arbeitgeber die steuerrechtlichen Konsequenzen ziehen würde, zumal ihm, der kein steuerlicher Laie war, die fehlende Erfassung auf seiner Lohnsteuerkarte hätte auffallen müssen.

124

Darüber hinaus ergibt sich aus diversen Unterlagen (vgl. die E-Mails), dass sich der Kläger auch konkret mit der Problematik der Agenturnummern und den dazugehörigen Listen befasst hat. Nach der Überzeugung des Senats ist daraus ersichtlich, dass ihm auch die dieser Problematik zugrundeliegende Fragestellung der steuerlichen Erfassung und Behandlung der geldwerten Vorteile bekannt gewesen sein muss. Die konsequente Erfassung der mitreisenden Mitarbeiter ab 2007 war gerade durch das Erfordernis einer zu verändernden steuerlichen Behandlung (jedenfalls mit-) veranlasst. Es ist im Übrigen schwer vorstellbar, dass der Kläger als Verantwortlicher für das Buchungs- und Erfassungssystem, in dem die geänderten Agenturnummern erfasst werden mussten, nicht über sämtliche (auch die steuerrechtlichen) Hintergründe der Änderung informiert gewesen sein soll.

125

Auf die Kenntnis des Klägers der E-Mail vom 10. September 2007 kommt es daher nicht an.

126

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, 151 FGO.

127

Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.


(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

(2) Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.