Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Sept. 2016 - 19 K 335/15
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, den Beitragsbescheid vom 03.12.2013 aufzuheben, soweit mit diesem für die Betreuung des Sohnes der Kläger für die Zeit vom 01.08.2014 bis zum 31.07.2015 Elternbeiträge festgesetzt werden.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckenden Betrages leisten.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind die Eltern der am 00.00.2009 geborenen N. und des am 00.00.2011 geborenen K. .
3N. wurde zunächst durch eine Tagespflegeperson betreut und besuchte ab Oktober 2011 die städtische Kindertageseinrichtung „J. H. X. 00“ der Beklagten im Umfang von 45 Wochenstunden, im Kindergartenjahr 2014/2015 als sog. Vorschulkind. Auch der Sohn K. wurde zunächst in der Tagespflege betreut. Er besucht seit August 2013 die städtische Kindertageseinrichtung „J. H1. X. 00“ der Beklagten im Umfang von 45 Stunden.
4Mit „verbindlicher Erklärung“ vom 07.08.2013 gaben die Eltern ihre gemeinsamen Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit (als Beamter, Soldat, Abgeordneter, Richter oder Hochschullehrer) in der Einkommensstufe über 73.626,00 Euro bis 85.897,00 Euro an.
5Mit Änderungsbescheid vom 03.12.2013 wurden die Elternbeiträge für Januar bis Juli 2013 mit monatlich 324,00 Euro (N. ), von August 2013 bis März 2014 mit monatlich 383,00 Euro (K. , U3) und von April 2014 bis Juli 2016 mit 324,00 Euro monatlich (K. , Ü3) neu festgesetzt. Dabei wurde ein gemeinsames Einkommen der Kläger von über 73.626,00 Euro bis 85.897,00 Euro zugrunde gelegt.
6Die Kläger wandten sich mit E-Mail vom 11.07.2014 an eine Mitarbeiterin der Beklagten und wiesen auf die Kostenfreiheit der Kinderbetreuung für das kommende Kindergartenjahr auf der Grundlage des zum 01.08.2014 geänderten Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz NRW) hin. Sie baten um Erläuterung, wie ab dem 01.08.2014 verfahren werden solle. Telefonisch wurde am 23.07.2014 laut Vermerk besprochen, dass die Zahlungen zunächst weiter auf der Grundlage des letzten Bescheides erfolgen sollten.
7Mit weiterer E-Mail vom 28.08.2014 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das sog. Geschwisterprivileg in die Regelungskompetenz des Satzungsgebers falle und das Landesfamilienministerium NRW über den Städtetag NRW klargestellt habe, dass mit § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW keine Geschwisterkindbefreiung für Eltern, bei denen sich Kinder im letzten Kindergartenjahr befänden, „erzwungen“ werden sollte. Das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Beklagten habe sich dafür entschieden, das Festsetzungsverfahren wie bisher fortzuführen. Es verbleibe daher bei der Beitragspflicht auch im Kindergartenjahr 2014/2015. Der begehrte Änderungsbescheid könne daher nicht erlassen werden.
8Mit Schreiben vom 11.09.2014, eingegangen bei der Beklagten am 18.09.2014, beantragten die Kläger, den Bescheid vom 03.12.2013 aufzuheben und einen neuen, korrigierten Bescheid unter Beachtung von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW rückwirkend zum 01.08.2014 zu erstellen. Zur Begründung führten sie aus, dass sie die Argumentation in der E-Mail vom 28.08.2014 für rechtswidrig hielten. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung zwingend vorgesehen, dass bei Geschwisterregelungen Kinder, deren Tagesbetreuung als Vorschulkind beitragsfrei ist, so zu berücksichtigen seien, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Das Gesetz sei als höherrangiges Recht bei der Auslegung der Beitragssatzung zwingend anzuwenden. Somit sei N. im letzten Jahr vor der Einschulung zu berücksichtigen, als wenn für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Daher greife für den Sohn K. das Geschwisterkinderprivileg mit der Folge, dass für beide Kinder keine Elternbeiträge anfielen.
9Mit Schreiben vom 26.09.2014 teilte die Beklagte mit, dass der Vorgang derzeit von vorgesetzter Stelle geprüft und man nach Abschluss dessen unaufgefordert auf die Kläger zurück kommen werde. Auf die Erinnerung der Kläger vom 07.11.2014 teilte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 17.11.2014 mit, dass eine Entscheidung weiterhin ausstehe und man sich in Gesprächen mit dem Städtetag NRW und dem Landesfamilienministerium befinde.
10Die Kläger haben am 20.01.2015 Klage erhoben.
11Sie machen zunächst geltend, dass die Klage als Untätigkeitsklage zulässig sei. Wegen der Änderung der Sach- und Rechtslage könne auch eine Abänderung des Bescheids verlangt werden. Die Regelung in der Satzung der Beklagten sei mit der zum 01.08.2014 in Kraft getretenen Regelung in § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW nicht länger vereinbar. Zwar könne sich der Satzungsgeber entscheiden, ob er eine Geschwisterregelung einführe. Wenn er sich dafür entscheide, sei er bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW mit der darin enthaltenen Leistungsfiktion für das beitragsfreie Vorschulkind gebunden. Dies entspreche auch der Intention des Gesetzgebers. Denn das Primärinstrument des KiBiz NRW, mittels einer finanziellen Anreizwirkung die Wahrnehmung von Betreuungsangeboten zu fördern, würde konterkariert, wenn man die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW lediglich als Klarstellung in Bezug auf die grundsätzliche Eröffnung des Anwendungsbereichs kommunaler Geschwisterprivilegien auffasste. Diese Rechtsauffassung werde durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18.06.2015 (Az. 24 K 6060/14) und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 07.06.2016 (Az. 12 A 1756/15) bestätigt.
12Die Kläger beantragen,
13die Beklagte zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 03.12.2013 aufzuheben, soweit mit ihm für die Betreuung ihres Sohnes in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 31.07.2015 Elternbeiträge festgesetzt werden.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie rügt zunächst die Zulässigkeit der Klage. Statthafte Klage für das Aufhebungsbegehren der Kläger sei ausschließlich die Anfechtungsklage. Diese könne nicht mehr erhoben werden, da der Bescheid vom 03.12.2013 bestandskräftig sei.
17In der Sache macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, dass der Landesgesetzgeber von der Möglichkeit, die Beitragsfreiheit auch für Geschwisterkinder selbst durch Gesetz zu regeln, abgesehen habe. Es liege daher nach wie vor in der Hand der Beklagten zu entscheiden, ob überhaupt eine Befreiung für Geschwisterkinder erfolgen solle. Eine Geschwisterregelung im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW müsse die Satzung nicht enthalten. Bereits bei der Einführung der Beitragsfreiheit für das Vorschulkind habe der Rat bei der Satzungsänderung auf der Grundlage der Beschlussvorlage beschlossen, dass in Fällen der Beitragsbefreiung des Vorschulkindes der Elternbeitrag für das verbleibende Kind mit dem dann höchsten Beitrag zu erheben sein soll. Dies entspreche dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers. Die Rechtslage habe sich auch nicht geändert, da die Änderung nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich eine gesetzliche Klarstellung sei. Die Auffassung der Beklagten werde gestützt durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10.04.2015 (Az. 8 K 154/15). Die streitgegenständliche Satzung unterscheide sich inhaltlich von der Satzung, die Gegenstand der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18.06.2015 (Az. 24 K 6060/14) und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 07.06.2016 (Az. 12 A 1756/15) gewesen sei. Denn die Geschwisterprivilegierung der Beklagten greife nur, wenn mehrere Kinder, für die grundsätzlich eine Beitragspflicht bestehe, gleichzeitig Kinderbetreuungsangebote in Anspruch nehmen würden. Dadurch sei klargestellt, dass die Geschwisterregelung keine Vorschulkinder erfasse, da diese von der Beitragspflicht von Gesetzes wegen ausgenommen seien.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage ist zulässig.
21Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist gerichtet auf die Abänderung bzw. teilweise Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der mit der Anfechtungsklage nicht mehr angegriffen werden kann. Dieses Begehren ist mit der Verpflichtungsklage zu verfolgen. Auch die Voraussetzungen von § 75 VwGO sind erfüllt. Die Beklagte hat über den Antrag der Kläger ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht sachlich entschieden.
22Die Klage ist auch begründet.
23Die Kläger haben einen Anspruch auf die Aufhebung des Elternbeitragsbescheides vom 03.12.2013, soweit darin Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 festgesetzt werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
24Anspruchsgrundlage für das Begehren der Kläger ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt ist.
25Eine solche wesentliche Änderung zugunsten der Betroffenen liegt hier vor. Es ist eine Änderung der Rechtslage eingetreten, die sich zugunsten der Kläger auswirkt.
26Die Veranlagung der Kläger zu Elternbeiträgen für die Betreuung ihrer Kinder N. und K. durch Bescheid vom 03.12.2013 beruht auf den Bestimmungen der auf der Grundlage von § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 bis 4 SGB VIII i.V.m. § 23 Abs. 1 und 5 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz – KiBiz NRW) in der Fassung vom 25.07.2011 (a.F.) ergangenen Beitragssatzung der Beklagen in der Fassung der Änderungssatzung vom 19.09.2011 (im Folgenden: Elternbeitragssatzung a.F.).
27Nach § 3 Elternbeitragssatzung a.F. sind die Kläger beitragspflichtig. Der Elternbeitrag fällt danach unter anderem für die Bereitstellung eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung an. Die Höhe des Elternbeitrages richtet sich dabei nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Höhe des Beitrages ergibt sich aus der Anlage zu § 3. In dem Zeitraum von August 2014 bis Juli 2015 wurden beide Kinder der Kläger in der Kindertageseinrichtung „J. H2. X. 00“ im Umfang von 45 Wochenstunden betreut. In der zugrunde gelegten Einkommensstufe 7 – die zwischen den Beteiligten auch nicht in Streit steht – fällt ein monatlicher Elternbeitrag in Höhe von 324,00 Euro an. Weiter heißt es in § 3 Abs. 1 der Elternbeitragssatzung a.F., dass gemäß Art. 1 Nr. 15 des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes für Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertageseinrichtungen beitragsfrei ist. Die Geschwisterregelung sieht in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. vor, dass die Beitragspflicht nur für ein Kind ausgelöst wird, wenn mehrere Kinder einer Familie, für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht, gleichzeitig Einrichtungen oder Angebote im Sinne von § 1 dieser Satzung in Anspruch nehmen. Die Beitragspflicht wird ausgelöst für dasjenige Kind, für das der höchste Beitrag zu zahlen ist.
28Auf dieser Grundlage hat die Beklagte damals rechtsfehlerfrei den Elternbeitrag in Höhe von 324,00 Euro monatlich festgesetzt und zwar für die Betreuung von K. . N. war als Vorschulkind beitragsfrei. Nach der Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. war K. nicht von der Geschwisterprivilegierung erfasst. Denn mit der Formulierung „für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ hat der Satzungsgeber erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass eine Geschwisterbefreiung nur für die Fälle in Betracht kommen soll, in denen Eltern – ohne Anwendung der satzungsrechtlich vorgesehenen Geschwisterbefreiung – für mehrere Kinder satzungsrechtlich beitragspflichtig wären. Diese Auslegung wurde ferner durch die Auswahlregelung bestätigt, die nur dann sinnvoll ist, wenn mehrere Kinder einer Familie satzungsrechtlich der Beitragspflicht unterliegen. Auch die Entstehungsgeschichte der Satzungsänderung bestätigte dies. Dort hieß es in der Beschlussvorlage wörtlich:
29„Mit Blick auf die Gleichbehandlung aller Bonner Familien schlägt die Verwaltung vor, bei Familien mit mehreren Kindern in zeitgleicher Betreuung, die bisher einen Elternbeitrag für das „Vorschulkind“ zu zahlen hatten und davon jetzt befreit werden, einen Elternbeitrag für das verbleibende Kind mit dem dann höchsten Beitrag zu erheben.“
30Die so verstandene Regelung war auch mit höherrangigem Recht, insbesondere mit der damaligen Regelung in § 23 Abs. 3 KiBiz NRW, vereinbar. Mit dieser gesetzlich angeordneten Beitragsfreistellung wollte der Gesetzgeber erkennbar erreichen, dass eine landesweite – nicht nur auf einzelne Kommunen bezogene – Beitragsfreistellung von Vorschulkindern erfolgt. Die Kommunen waren – nach dem damaligen Verständnis in der Rechtsprechung – nicht gehalten, den in § 21 Abs. 10 KiBiz NRW vorgesehenen Landeszuschuss an die Kommunen durch eine Erweiterung der bestehenden satzungsrechtlichen Beitragsbefreiungen an die Eltern in ihrem Stadtgebiet weiterzugeben. Demnach war die Beibehaltung der Geschwisterermäßigung, die eine Beitragsfreistellung nur für den Fall vorsah, dass mehrere Kinder einer Familie zeitgleich beitragspflichtig Betreuungsangebote in Anspruch nehmen, von der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers gedeckt.
31Vgl. dazu insgesamt VG Köln, Urteil vom 24.09.2012 – 19 K 6126/11 – juris; bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 24.01.2013 – 12 A 2492/12 – juris.
32Eine Satzungsänderung ist für das Kindergartenjahr 2014/2015 nicht eingetreten. Erst mit Wirkung zum 01.08.2015 ist die Elternbeitragssatzung durch die Satzung vom 23.10.2015 (zwischenzeitlich mit Wirkung zum 01.08.2016 geändert durch die 1. Änderungssatzung vom 10.05.2016) abgelöst worden.
33Eine Änderung der Rechtslage hat sich jedoch durch Artikel 1 Nr. 26 d) des Gesetzes zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze vom 17.06.2014 (GV.NRW. S. 336) ergeben. Hierdurch wurde dem § 23 Abs. 5 KiBiz NRW mit Wirkung zum 01.08.2014 (vgl. Art. 4 Abs. 1) folgender Satz angefügt: „Bei Geschwisterregelungen sind Kinder, deren Tagesbetreuung nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre.“ § 23 Abs. 3 KiBiz NRW, der unverändert bleibt, bestimmt in Satz 1, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei ist. Gemäß Satz 2 ist abweichend von Satz 1 für Kinder, die ab dem Schuljahr 2012/2013 vorzeitig in die Schule aufgenommen werden, die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege ab dem 1. Dezember für maximal 12 Monate beitragsfrei. Werden Kinder aus erheblichen gesundheitlichen Gründen nach § 35 Abs. 4 Schulgesetz NRW für ein Jahr zurückgestellt, so beträgt gemäß Satz 3 die Elternbeitragsfreiheit nach Satz 1 ausnahmsweise 2 Jahre.
34Bei Anwendung dessen entfällt für N. der Beitrag als Vorschulkind unverändert nach § 3 Abs. 1 Elternbeitragssatzung a.F. – in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 KiBiz NRW. J. Rahmen einer Geschwisterreglung ist sie nach der eingeführten gesetzlichen Regelung jedoch so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Beitrag zu leisten wäre. Der Satzungsgeber muss sie als Vorschulkind mithin im Rahmen der Geschwisterregelung so berücksichtigen, als ob sie beitragspflichtig wäre. Ein Vorschulkind im Rahmen von § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. nicht als Kind, für das „grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ anzusehen, ist demnach wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht möglich.
35Die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW ist als zwingende Handlungsanweisung für den Satzungsgeber bei der Ausgestaltung einer Geschwisterprivilegierungen in Elternbeitragssatzungen zu verstehen. Hinsichtlich des „Ob“ einer Geschwisterregelung bleibt dem Satzungsgeber – nach wie vor – der volle Entscheidungsspielraum, wie er bereits in § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW verankert war. Durch die Neuregelung hat der Landesgesetzgeber keine gesetzliche Geschwisterregelung eingeführt.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 – juris, Rn. 25.
37Entscheidet sich der Satzungsgeber einer Elternbeitragssatzung jedoch für eine Geschwisterregelung, hat er aufgrund von § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW (zwingend) zu beachten, das gesetzlich beitragsfrei gestellte Vorschulkind im Rahmen der Geschwisterregelung wie ein beitragspflichtiges Kind zu berücksichtigen.
38So im Ergebnis auch: OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 18.06.2015 – 24 K 6060/14 –, juris.
39Dieses Verständnis ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Der Wortlaut „so zu berücksichtigen, als ob ein Beitrag zu leisten wäre“ macht hinreichend deutlich, dass das beitragsfreie Vorschulkind als sog. Zahlkind zu berücksichtigen ist und mithin der Elternbeitrag – also auch eine Elternbeitragspflicht – für das Vorschulkind bei der Geschwisterregeleung zu fingieren ist. Dass es sich um eine Handlungsanweisung für den Satzungsgeber im vorstehenden Sinne handelt, wird auch durch den systematischen Zusammenhang mit § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW bestätigt.
40Nach Auffassung der Kammer kommt dieses Normverständnis auch dem Willen des Landesgesetzgebers – soweit dieser sich anhand der eher spärlichen Materialien ermitteln lässt – am Nächsten. Die in dem Gesetzesentwurf der Landesregierung vom 18.03.2014 angeführte Begründung beschränkt sich auf den Satz: „Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes.“, vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102. In der Problemstellung des Gesetzesentwurfes wird ausgeführt, dass in dem zum Kindergartenjahr 2011/2012 in Kraft getretenen Ersten KiBiz-Änderungsgesetz erhebliche Kritikpunkte am KiBiz aufgegriffen und die Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen verbessert worden seien. So seien Landesmittel für den Einsatz zusätzlichen Personals zur Verfügung gestellt und junge Familien mit kleinen Kindern durch die Elternbeitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr entlastet worden. Es bedürfe aber weiterer grundlegender Verbesserungen, um die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen zu stärken und Bildungschancen und Teilhabe für alle Kinder zu fördern (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 1). Zu dem an beiden Stellen angeführten Ersten KiBiz-Änderungsgesetz heißt es in der Einführung des Gesetzesentwurfes der Landesregierung vom 10.05.2011, dass mit dem Gesetz in einem ersten Schritt Korrekturen herbeigeführt werden sollen, die bereits zum Kindergartenjahr 2011/2012 umgesetzt werden können und die zur Verbesserung der Rahmenbedingungen dringend erforderlich seien. Dabei stünde im Vordergrund unter anderem die schrittweise Einführung der Elternbeitragsfreiheit für den Kindergarten. Damit werde in Nordrhein-Westfalen ein entscheidender Schritt zu mehr Chancengleichheit und gesellschaftlicher Teilhabe für Kinder gemacht. Zum Kindergartenjahr 2011/2012 werde zunächst die Elternbeitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung eingeführt (vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 2). In der weiteren Begründung der Einführung der ersten Stufe der Elternbeitragsfreiheit heißt es, alle Kinder müssten die Chance haben, ihre Talente zu entfalten und früh optimal gefördert zu werden. Deshalb werde der Zugang zu früher Bildung im Kindergarten schrittweise beitragsfrei. Das hieße, jedes Kind müsse die Möglichkeit haben, das Angebot an Bildung, Erziehung und Betreuung durch den Kindergarten als zentraler Institution früher Bildung wahrzunehmen (vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 41 f.).
41Diesem Bestreben wird die hier gefundene Auslegung am ehesten gerecht.
42Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 07.06.2016 – 12 A 1756/15 – juris, Rn. 26, 33.
43Die „Klarstellung“ mit der Bezugnahme auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes mag zudem darauf hindeuten, dass dessen Wille es bereits ursprünglich war, dass die Elternbeitragsfreiheit für das Vorschulkind sich in allen Fällen auszahlen sollte, eben auch bei Familien mit mehr als einem Kind und auch dann, wenn Elternbeitragssatzungen eine Geschwisterregelung vorsahen. Dies war nach der Anwendung der Regelung der Vorschulprivilegierung ohne den § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW – wie eingangs aufgeführt – jedoch in der Regel nicht der Fall. Vielmehr wirkte sich die Elternbeitragsbefreiung für Vorschulkinder für Familien mit mehr als einem Kind regelmäßig nicht aus. Die Elternbeitragssatzungen sahen weit überwiegend – jedenfalls im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Köln – Geschwisterregelungen vor, häufig mit einer Beitragsfreiheit für das zweite und jedes weitere Kind. Familien mit mehr als einem Kind bezahlten daher auch vor der Beitragsfreiheit für das Vorschulkind nur für ein Kind den Elternbeitrag, wobei meist das jüngere Kind als das Kind mit dem höheren Beitrag zugrunde gelegt wurde. Durch die Einführung der Befreiung für das Vorschulkind – sowie sie durch Kommunen und auch die Verwaltungsgerichte verstanden wurde – trat für Familien mit mehr als einem betreuten Kind demnach keine Entlastung ein. Dies mag mutmaßlich nicht dem Willen des Landesgesetzgebers entsprochen haben.
44Dagegen würde die Auslegung – wie die Beklagte sie vornimmt – bedeuten, dass der Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 keinerlei Regelung habe treffen wollen. Dann wäre die Vorschrift jedoch völlig überflüssig gewesen. Denn auch einer Klarstellung – wie der Gesetzgeber sie angenommen hat – hätte es nicht bedurft. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eingangs dargestellt wurde, war eindeutig und vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigt.
45Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 18.06.2015 – 24 K 6060/14 –, juris, Rn. 38.
46Ein solches gesetzgeberisches Vorgehen dürfte auch eher ungewöhnlich sein. Die Beklagte bringt für ein solches gesetzgeberisches Handeln auch keinerlei tragfähige Anhaltspunkte vor.
47Die der Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW entgegenstehende Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. ist demnach rechtswidrig.
48Aus der Rechtswidrigkeit der Regelung in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. folgt vorliegend die Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. ab dem 01.08.2014.
49Die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit einer Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt davon ab ob (1.) die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssacherhalts belässt und ob (2.) hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.02.2012 – 9 B 80/11 – juris, Rn. 11 (m.w.N.), und Beschluss vom 28.08.2008 – 9 B 40/08 – juris, Rn. 13 (m.w.N.).
51Dies zugrunde gelegt kommt die Annahme einer Teilnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. hier nicht in Betracht.
52Zunächst würde es weder sinnvoll sein, noch ausreichen, eine Teilnichtigkeit ausschließlich hinsichtlich des Passus „für die grundsätzlich eine Beitragspflicht besteht“ anzunehmen. Zum einen hat dieser Passus für andere Fälle – etwa wenn ein Kind eine rein private, nicht öffentlich geförderte Einrichtung besucht – durchaus einen sinnvollen und mit höherrangigem Recht vereinbaren Anwendungsbereich. Zum anderen würde sich aus der Teilnichtigkeit dieses Passus allein nicht die vollständige Beitragsfreiheit für das Vorschulkind und seiner Geschwister ergeben. Denn auch die in § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. weiter geregelte Auswahl nach dem höchsten Beitrag setzt zwei Beitragspflichten voraus. Es kommt insoweit auch keine Auslegung und Anwendung nach Maßgabe der Regelung in § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW in Betracht. Denn die dortige Regelung stellt – wie eingangs dargestellt – eine Handlungsanweisung an den Satzungsgeber dar und ist eben nicht als unmittelbare, gesetzliche Geschwisterregelung anzusehen. Einer derartigen „gesetzeskonformen“ Auslegung und Anwendung der Satzungsregelung des § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. steht im Übrigen der oben näher dargelegte ausdrückliche Wille des Satzungsgebers entgegen, wonach das erste Geschwisterkind eines Vorschulkindes von der Geschwisterprivilegierung des § 3 Abs. 2 Elternbeitragssatzung a.F. nicht erfasst werden sollte. Unabhängig davon steht einem solchen Vorgehen auch generell die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers entgegen, der nicht verpflichtet ist, überhaupt eine Geschwisterregelung vorzuhalten.
53Mit höherrangigem Recht vereinbar wäre dagegen die Elternbeitragssatzung a.F. ohne die Geschwisterregelung insgesamt, also bei Annahme einer Teilnichtigkeit hinsichtlich des gesamten Absatzes 2 des § 3 Elternbeitragssatzung a.F. Der Annahme einer dahingehenden Teilnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. steht jedoch entgegen, dass nicht hinreichend sicher ein hypothetischer Wille des Satzungsgebers angenommen werden kann, dass er in Kenntnis der Nichtigkeit der Regelung in § 3 Abs. 2 eine Elternbeitragssatzung ohne Geschwisterregelung erlassen hätte. Für einen dahingehenden Willen liegen keine Anhaltspunkte vor. Gegen einen solchen Willen spricht vielmehr, dass alle dem Gericht bekannten Elternbeitragssatzungen der Beklagten eine Geschwisterregelung enthalten, auch die aktuelle Satzung.
54Kommt eine Teilnichtigkeit nicht in Betracht, bleibt nur die Annahme der Gesamtnichtigkeit der Satzung.
55Aus der Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. folgt, dass eine Änderung der Rechtslage zugunsten der Kläger nach Erlass des Bescheides vom 03.12.2013 eingetreten ist. Denn aus der Gesamtnichtigkeit der Elternbeitragssatzung a.F. ab dem 01.08.2014 folgt, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Elternbeiträgen im Kindergartenjahr 2014/2015 fehlt.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
57Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Sept. 2016 - 19 K 335/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Sept. 2016 - 19 K 335/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Sept. 2016 - 19 K 335/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 wird aufgehoben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eltern zweier Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine von der Beklagten geförderte Kindertageseinrichtung besuchen.
3Mit Bescheid vom 15. Juli 2014 wurden unter anderem sämtliche Kinder für das Kindergartenjahr 2014/2015 beitragsfrei gestellt. Im Falle des älteren Kindes beruhte die Beitragsfreiheit auf dem Umstand, dass das Kind zum Ende des Kindergartenjahres eingeschult werden sollte (Vorschulkind). Für das jüngere Kind wurde eine Beitragsfreiheit als Geschwisterkind angenommen.
4Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2014 wurde der Elternbeitrag für das Kindergartenjahr 2014/2015 neu festgesetzt. Während es für das ältere Kind bei der Beitragsfreiheit verblieb, wurde für das jüngere Kind ein Elternbeitrag von monatlich 220 EUR festgesetzt. Dabei wurde eine Betreuungszeit bis 45 Buchungsstunden wöchentlich und ein Einkommen bis 90.000 EUR (Stufe 14) zu Grunde gelegt. Eine Beitragsfreiheit wurde für das jüngere Kind nach § 3 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen für Kinder, die Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten der Offenen Ganztagsschulen, sowie für die Inanspruchnahme von Kindertagespflege vom 26. Februar 2008 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 (Elternbeitragssatzung) verneint.
5In Bezug auf die Beitragsfreiheit enthält die Elternbeitragssatzung in § 3 folgende Regelung:
6„…
7(3) Die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 01. August des Folgejahres schulpflichtig werden, ist in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei.
8(4) Besuchen mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung für Kinder oder wird ein Geschwisterkind in Tagespflege gem. §§ 22 ff SGB VIII betreut, so wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben. Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist.
9(5) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 3 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der niedrigste Beitrag ergibt.
10(6) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 4 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der höchste Beitrag ergibt.
11(7) Liegen bei Beitragspflichtigen die Voraussetzungen für Beitragsbefreiungen sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 vor, gilt Absatz 5 entsprechend. …“
12Am 16. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung § 23 Abs. 5 S. 3 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) nicht beachtet habe. Diese Regelung sei auch für die Beklagte verbindlich. Die Beklagte könne nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz zwar nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie eine Geschwisterregelung einführe. Wenn sie sich aber für eine Geschwisterregelung entschieden habe, sei sie an die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz zwingend gebunden. Soweit sich die Beklagte auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) berufe, verkenne sie, dass sich diese Entscheidungen nicht zu dem ab 1. August 2014 geänderten Recht verhielten. Die Beklagte könne die Gesetzesbegründung zur Neuregelung nicht für ihren Standpunkt heranziehen. Der Landesgesetzgeber habe die Klarstellung in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz wegen der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommen, die der Geschwisterregelung in § 3 der Elternbeitragssatzung der Beklagten zu Grunde liege. Eine gesetzgeberische Klarstellung sei begriffsnotwendig nur dort erforderlich, wo der bisherige Status quo geändert werden solle.
13Die Kläger beantragen,
14den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie macht geltend: Die Kläger könnten sich nicht für beide Kinder auf eine Beitragsfreiheit berufen. Dem stehe § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung entgegen. Diese Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine gesetzliche Vorgabe, auch Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen, bestehe nicht. Nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, ob und in welchem Umfang eine Geschwisterregelung eingeführt werde. Mit Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung sei nur die in der Satzung vorgenommene Ausgestaltung der Geschwisterregelung vereinbar. Eine solche diene unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragsverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastungen der Eltern. Eine vollständige Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie würde im Verhältnis zu Eltern mit nur einem Kind zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung führen. Die Grundkonzeption der Geschwisterregelungen habe sich weder durch die Einführung des Vorschulprivilegs noch durch die Änderungen des KiBiz zum 1. August 2014 verändert. Der Landesgesetzgeber habe es dabei belassen, diese Regelungen ins Ermessen des Jugendamtes zu stellen. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass der Landesgesetzgeber über die Beitragsfreistellung von Vorschulkindern hinaus eine weitere Beitragsfreistellung der Geschwisterkinder nicht beabsichtigt habe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung und der Gesetzesbegründung zum neu eingefügten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz habe sich die Rechtslage durch die Neuregelung nicht geändert. In der Gesetzesbegründung werde lediglich erwähnt, dass die Änderung eine gesetzliche Klarstellung sei und dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entspreche. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber zum 1. August 2014 eine weitere zwingende Geschwisterkindbefreiung habe regeln wollen. Eine andere Auslegung führe zum Widerspruch zwischen dem S. 2 und S. 3 des § 23 Abs. 5 KiBiz. Auf der einen Seite hätten die Jugendämter das Recht, nach ihrem Ermessen über die Einführung einer Geschwisterregelung zu entscheiden. Auf der anderen Seite wären aber alle Geschwisterkinder dann immer beitragsbefreit. Von der Argumentation der Kläger ausgehend, hätte der Landesgesetzgeber eine Beitragsbefreiung nur in denjenigen Gemeinden eingeführt, die sich für eine Geschwisterregelung entschieden hätten. Dies könne aber nicht der gesetzgeberische Wille gewesen sein. Einer zwingenden Beitragsbefreiung stehe auch der Umstand entgegen, dass im Landeshaushalt kein finanzieller Ausgleich für die durch eine solche Regelung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geschaffen worden sei. Dies widerspräche dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip. Schließlich werde die Auffassung der Beklagten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 14. April 2015 – 8 K 154/15 – bestätigt. Darin habe das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage zum Ausdruck gebracht, dass eine zwingende Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern weder nach bundes- noch landesrechtlichen Vorgaben zwingend sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in eigenen Rechten, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
22Entgegen der Annahme der Beklagten sind beide, eine Kindertageseinrichtung besuchende Kinder der Kläger von der Beitragspflicht befreit.
23Für das ältere Kind folgt die Beitragsbefreiung – dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt – aus § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung. Dieser bestimmt in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht (Vorschulkinder), beitragsfrei ist. Diese Voraussetzungen liegen bei dem älteren Kind – unstreitig – vor.
24Das jüngere Kind ist nach § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung beitragsbefreit. Danach wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben, wenn mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Tageseinrichtung für Kinder besuchen. So liegt es hier.
25Im Sinne der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung wird für ein Kind, nämlich das ältere Vorschulkind, bereits ein Elternbeitrag erhoben. Denn nach dem zum 1. August 2014 in § 23 Abs. 5 KiBiz eingefügten S. 3 sind bei Geschwisterregelungen Vorschulkinder, deren Tagesbetreuung – wie hier – nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber fingiert im Falle einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch die Eltern eines Vorschulkindes. Wird aber für das Vorschulkind die Leistung eines Beitrages fingiert und stellt die Elternbeitragssatzung darauf ab, dass „nur“ für ein Kind ein Beitrag erhoben wird, dann ist dieser eine Beitrag bereits durch die fingierte Leistung für das Vorschulkind abgegolten.
26Entgegen der Annahme der Beklagten steht § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung der Beitragsbefreiung nicht entgegen. Danach wird zwar der Beitrag für ein Kind auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht aber nicht vereinbar und daher nichtig.
27Diese Satzungsbestimmung verstößt gegen § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz. Die vorgenannte Norm hat zwei Funktionen: Sie eröffnet zum einen den Anwendungsbereich der Geschwisterregelungen. Denn die Geschwisterregelungen setzen nach ihrer Zweckbestimmung voraus, dass die Beitragspflichtigen für mehrere Kinder Elternbeiträge zu leisten haben. Im Fall einer mehrfachen Leistungspflicht soll sich diese durch die Geschwisterregelung zu Gunsten der Eltern reduzieren. Wird für das Vorschulkind über die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Leistung eines Elternbeitrages fingiert, wird der Anwendungsbereich der Geschwisterregelung eröffnet. Denn nunmehr werden die Elternbeitragspflichtigen mit einem Vorschulkind und mindestens einem weiteren Kind so behandelt als ob eine Belastung mit zwei Elternbeiträgen besteht. Zum anderen steuert die Leistungsfiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Anwendung der konkreten satzungsrechtlichen Geschwisterregelung. Stellt die konkrete Geschwisterregelung – wie hier – auf die Leistung „nur“ eines Beitrages ab,
28wobei andere Ausgestaltungen wegen des dem Satzungsgeber zukommenden Ermessens nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz möglich sind und zu anderen Konsequenzen führen können,
29so hat die Fiktionswirkung die zwingende Konsequenz eines Ausschlusses weiterer Beitragsleistungen für andere Kinder der Beitragspflichtigen. Diese sich aus der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz für Geschwisterregelungen der hier vorliegenden Art zwingend ergebende Konsequenz versucht der Satzungsgeber durch § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung dadurch zu umgehen, dass der Beitrag für ein (anderes) Kind auch dann erhoben wird, falls eine Beitragsfreiheit
30– die aber wegen der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz im Rahmen der Geschwisterkindregelung wieder als aufgehoben anzusehen ist –
31für das Vorschulkind besteht. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zu der vorstehend dargelegten Funktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz.
32Das Ergebnis wird gestützt durch eine Kontrollüberlegung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Eine Differenzierung ist willkürlich, wenn kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung/Gleichbehandlung besteht. So würde es hier liegen, wenn die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung greifen würde. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz sind die Elternbeitragspflichtigen in Bezug auf Geschwisterregelungen so zu stellen, als ob für das beitragsbefreite Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz (entspricht § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung) tatsächlich ein Elternbeitrag geleistet wird. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung ist bei dieser Fallgestaltung zusätzlich für ein weiteres Kind ein weiterer Elternbeitrag zu leisten. Damit werden die Eltern in dieser Fallkonstellation (Vorschulkind/weiteres Kind) nach der Elternbeitragssatzung mit zwei zu leistenden Elternbeiträgen belastet. In allen anderen Fallkonstellationen, in denen mindestens zwei Kinder, von denen keines ein Vorschulkind ist, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden die Elternbeitragspflichtigen aufgrund der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung, für die § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung nicht gilt, hingegen nur mit der Leistung eines Elternbeitrages für ein Kind belastet. Für diese unterschiedliche Behandlung in der Beitragsbelastung ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Wegen der gesetzlichen Fiktion der Leistung eines Beitrages für das Vorschulkind in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz kann nämlich nicht darauf abgestellt werden, dass die Elternbeitragspflichtigen in der Konstellation Vorschulkinder/mindestens ein weiteres Kind in öffentlich geförderter Tagesbetreuung im Ergebnis tatsächlich keine Zahlung an die Beklagte erbringen. Denn dies ist gerade die Folge der vom Landesgesetzgeber angeordneten Leistungsfiktion für das Vorschulkind und ist von diesem so gewollt.
33Die von der Beklagten gegen dieses Auslegungsergebnis vorgebrachten Argumente verfangen nicht:
34Es trifft zwar zu, dass das KiBiz keine gesetzliche Vorgabe enthält, Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen. Denn nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz steht es im Ermessen, ob das Jugendamt ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorsieht. Wenn sich das Jugendamt indes entschließt, eine Geschwisterregelung einzuführen, dann ist es bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz mit der darin angeordneten Leistungsfiktion für das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind und Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Innerhalb dieser Grenzen ist das Jugendamt bei der Ausgestaltung der Geschwisterregelung frei. Dies kann zu unterschiedlichen Ausgestaltungen von Geschwisterregelungen in den kommunalen Satzungen führen. So sieht beispielsweise § 3 S. 2 der Satzung der Stadt E. über die Erhebung von Elternbeiträgen in Kindertageseinrichtungen und Horten in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz vor, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist. Bei einer solchen Ausgestaltung der Geschwisterregelung sind nicht – wie hier – beide Kinder der Elternbeitragspflichtigen von der tatsächlichen Zahlung des Elternbeitrages befreit. Vielmehr ist für mindestens ein Kind ein Elternbeitrag von 25 % tatsächlich zu zahlen.
35Auch Sinn und Zweck der Geschwisterregelung stehen dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Beklagte weist zutreffend unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 17. Mai 2011 – 12 A 642/11 – darauf hin, dass eine Geschwisterregelung unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastung der Eltern dient. Nach diesem Sinn und Zweck ist eine Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie nicht vorgesehen. Eine solche generelle Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie, von denen eines ein Vorschulkind ist, ordnet aber entgegen der Auffassung der Beklagten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz auch nicht an. Die Beklagte verkennt, dass durch § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz nicht alle Kinder einer Familie, die gleichzeitig eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, beitragsbefreit werden. Durch die vorgenannte Regelung wird lediglich in Anknüpfung an Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind gesetzlich fingiert, was im Rahmen der konkreten Geschwisterregelung zu berücksichtigen ist. Durch diese gesetzliche Fiktion sind die Eltern dieser Kinder rechtlich so gestellt, als ob von ihnen ein Elternbeitrag für dieses Kind geleistet wird. Damit ist aber die Konstellation gegeben, dass jedenfalls für ein Kind ein Elternbeitrag geleistet wird und das Konzept der Geschwisterregelung folgerichtig fortgeführt worden.
36Der Ausgangspunkt der Beklagten, wonach durch die Einfügung eines Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz vom Landesgesetzgeber keine generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern gewollt war, ist zutreffend. Diese Annahme rechtfertigt aber nicht den weitergehenden Schluss der Beklagten, durch die Gesetzesänderung habe sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. Eine solche Annahme lässt sich insbesondere nicht auf die Begründung der Gesetzesänderung stützen, wonach es sich bei der Änderung nur um eine gesetzliche Klarstellung handele und diese dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entsprochen habe.
37Mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz hat der Landesgesetzgeber eine Änderung der bisherigen Rechtslage in Bezug auf Geschwisterregelungen herbeigeführt.
38Vgl. Janssen, Dreier, Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand: 69. Ergänzungslieferung, KiBiz-Kommentar zu § 23 S. 42 f.; so wohl auch OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2014 – 12 A 815/14 –, juris, Rn. 72 und 73.
39Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung des OVG NRW geklärt, dass im Falle einer Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz bei einer Geschwisterregelung der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art gleichwohl ein Elternbeitrag zu erheben war, da eine solche Geschwisterregelung lediglich eine Reduzierung der Beitragsleistung auf jedenfalls einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für nur noch ein Kind vorsah.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 A 2492/12 -, juris, und Urteil vom 15. Dezember 2014 - 12 A 815/14 -, juris, insbesondere Rn. 72 und 73 zur neuen Rechtslage.
41Wenn der Landesgesetzgeber es bei dieser gefestigten und eindeutigen Rechtslage hätte belassen wollen, wäre die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz nicht erforderlich gewesen. Einer Klarstellung hätte es insoweit angesichts der eindeutigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch nicht bedurft. Die Gesetzesänderung durch den Landesgesetzgeber stellt vielmehr eine Reaktion auf die gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Bezug auf die Auslegung derartiger Geschwisterregelungen dar. Entgegen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wurde von Anfang an verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwisterregelungen im Falle der gesetzlich vorgesehenen Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz für das Vorschulkind auch kein Elternbeitrag für das andere, ebenfalls in Tagesbetreuung befindliche Kind erhoben werden konnte. In diesem Sinne wurden Geschwisterregelungen der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art von anderen Jugendämtern im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichtes auch ohne die Neuregelung angewandt. Denn nur im Falle einer solchen Interpretation der Geschwisterregelung war das bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz verfolgte Ziel, die Eltern von Elternbeiträgen zu entlasten und einen Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit für die Inanspruchnahme einer Tagesbetreuung zu schaffen, auch für diejenigen Eltern erreichbar, bei denen sich neben dem Vorschulkind mindestens ein weiteres Kind gleichzeitig in Tagesbetreuung befand, das ohne die gesetzliche Beitragsbefreiung aufgrund einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art ohnehin beitragsfrei gewesen wäre. Mit anderen Worten: Vorgenannte Eltern hatten bei einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art durch die in § 23 Abs. 3 KiBiz neu eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung keinen Vorteil, weil aufgrund der Geschwisterregelung in der ständigen Auslegung der Verwaltungsgerichte ohnehin nur ein Beitrag erhoben wurde und sich durch die eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung hieran nichts änderte. Dieses infolge der Geschwisterregelung in der Interpretation der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte herbeigeführte Ergebnis wurde vom Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz korrigiert.
42Im Übrigen kommt es auf die subjektiven Vorstellungen von am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten für die Auslegung einer Norm nicht an. Entscheidend ist vielmehr der objektive Gesetzesinhalt, wie er sich aus seinem Wortlaut und im Sinnzusammenhang ergibt.
43OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2015 – 12 A 1075/14 –, juris Rdn. 35 – 37 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 2 BvE 1/83, 2. BvE 2/83, 2 BvE 3/83, 2 BvE 4/83 –, BVerfGE 62, 1 (45).
44Weder dem Wortlaut noch dem Sinnzusammenhang des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz lässt sich entnehmen, dass keine Änderung der bisherigen Rechtslage bewirkt werden sollte.
45Vor diesem Hintergrund ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 – 8 K 154/15 – keine andere Beurteilung veranlasst. Es ist zwar richtig, dass die Neuregelung des § 23 Abs. 5 KiBiz nicht zwingend zu einer Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern führt. Ob dieser Zustand eintritt, ist allein abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Geschwisterregelung durch den Satzungsgeber. Das belegt bereits die oben angeführte Geschwisterregelung der Stadt E. . Wählt der Satzungsgeber hingegen eine Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art, wonach bei Inanspruchnahme einer öffentlich geförderten Tagesbetreuung durch mehrere Kinder von Elternbeitragspflichtigen nur ein Beitrag zu leisten ist, dann kann er eine Doppelbefreiung aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vermeiden.
46Entgegen der Auffassung der Beklagten wird durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz das verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip in § 78 Abs. 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht berührt. Denn mit der Neuregelung hat das Land keine neuen Aufgaben übertragen oder bestehende und übertragene Aufgaben verändert, die notwendigerweise zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geführt hat. Denn der Landesgesetzgeber hat mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz keine zwingende Beitragsbefreiung angeordnet. Er hat lediglich für eine Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrags für nach § 23 Abs. 3 KiBiz gesetzlich beitragsbefreite Vorschulkinder fingiert, für die im Übrigen das Land nach § 21 Abs. 10 KiBiz den örtlichen Trägern der Jugendhilfe einen pauschalen Ausgleich gewährt. Diese Neuregelung führt nicht gegen den Willen der Gemeinden und Gemeindeverbände zwingend zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass es nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz in ihrem Ermessen steht, ob sie eine Geschwisterregelung einführt. Wie zuvor ausgeführt, steht es ihr unter Beachtung von § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz und dem Gleichheitssatz auch frei, wie sie eine Geschwisterregelung näher ausgestaltet, wenn sie sich nach ihrem freien Willen zur Schaffung einer Geschwisterregelung entscheidet. Durch die Art der Ausgestaltung der Geschwisterregelung kann sie zudem auf die Höhe des Beitragsausfalls nach eigenem Ermessen Einfluss nehmen. So hat beispielsweise die Stadt E. in § 3 S. 2 ihrer Elternbeitragssatzung geregelt, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist, wenn das ältere Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 KiBiz kraft Gesetzes beitragsbefreit ist. Andere gesetzeskonforme Ausgestaltungen sind denkbar, die zu weitaus höheren tatsächlichen Zahlungen der Elternbeitragspflichtigen für weitere neben dem Vorschulkind gleichzeitig eine öffentliche Tagesbetreuung in Anspruch nehmende Kinder führen können. Hat es die Beklagte mithin selbst in der Hand, durch die Ausgestaltung ihres Satzungsrechtes die Höhe der Beitragseinnahmen festzulegen, hat sie den durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz entstehenden Einnahmeausfall bei einer nach ihrem Willen ausgestalteten Geschwisterregelung selbst zu verantworten.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Kläger haben zwei Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine in kirchlicher Trägerschaft befindliche Kindertageseinrichtung auf dem Gebiet der Beklagten besuchten. Das ältere Kind wurde im Anschluss an dieses Kindergartenjahr eingeschult.
3Mit Bescheid vom 21. Juli 2014 setzte die Beklagte auf der Grundlage ihrer Elternbeitragssatzung vom 26. Februar 2008 in der Fassung der Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 - im Folgenden: EBS - die von den Klägern zu entrichtenden Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 und die beiden folgenden Kindergartenjahre fest. Einschlägig waren insoweit vor allem § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS, nach dem der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben wird, wenn mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig eine Tageseinrichtung besuchen, und § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, nach dem ein Beitrag für ein Kind auch dann erhoben wird, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 EBS (Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung) vorzunehmen ist. Für das Kindergartenjahr 2014/2015 nahm der Bescheid für beide Kinder der Kläger im Ergebnis eine Beitragsfreiheit an (einerseits "beitragsfreies Jahr", andererseits "beitragsfrei"), ohne hierfür eine weitergehende Begründung zu geben.
4Mit Änderungsbescheid vom 28. August 2014 setzte die Beklagte den von den Klägern im Kindergartenjahr 2014/2015 für das jüngere Kind zu entrichtenden Elternbeitrag auf 504,00 € monatlich fest. Für das ältere Kind wurde erneut Beitragsfreiheit angenommen. Auch die Festsetzungen für die Kindergartenjahre 2015/2016 und 2016/2017 entsprachen den Festsetzungen im Bescheid vom 21. Juli 2014. Zur Begründung der Änderung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juli 2014 aufgrund eines Fehlers in der Datenverarbeitung fehlerhaft gewesen sei.
5Am 11. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie sinngemäß im Wesentlichen geltend gemacht haben, dass die für ihr jüngeres Kind erfolgte Beitragsfestsetzung für das Kindergartenjahr 2014/2015 rechtswidrig sei, weil nach der in der Elternbeitragssatzung enthaltenen Geschwisterregelung Beitragsfreiheit bestehe und davon abweichende Regelungen nicht mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu vereinbaren seien.
6Die Kläger haben beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die angefochtene Beitragsfestsetzung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS beruhe und die dortige Regelung auch in Ansehung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz wirksam sei, weil diese Vorschrift eine doppelte Befreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern nicht zwingend vorschreibe.
11Mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im beantragten Umfang aufgehoben.
12Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht unterstelle eine Verpflichtung gegenüber den Eltern, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts. Dementsprechend könne das Verwaltungsgericht aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch nicht schlussfolgern, dass der Gesetzgeber eine Korrektur bezüglich der finanziellen Entlastung vorgenommen habe, da es ihm mit seiner ersten Änderung nicht gelungen sei, den Vorteil an die Eltern abzugeben. Ferner habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass das Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz keine gleichzeitige Verpflichtung zu einer Geschwisterkindermäßigung durch den Satzungsgeber darstelle. Solange der Gesetzgeber es dem Träger der Jugendhilfe freistelle, eine Geschwisterkindregelung zu schaffen, verbiete sich die Annahme, das Geschwisterkindprivileg sei zwingend kumulativ mit dem Vorschulprivileg anzuwenden. Die Fiktionsregelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Aachen zu unterschiedlichen Fiktionswirkungen kämen, was den Satzungsgeber hindere, seine Satzungsautonomie rechtssicher durchzuführen, woraus eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts resultiere. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Satz 3 des § 23 Abs. 5 Kibiz eine Leistungsfiktion zuschreibe, finde diese Auslegung weder im Wortlaut der Norm noch in der bisherigen Rechtsprechung noch in der Gesetzesbegründung eine Grundlage. Die Leistungsfiktion führe zu einem erheblichen Einschnitt in das ihr (der Beklagten) durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende und generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern haben wollen, hätte er § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz ändern müssen, was nicht geschehen sei. Damit verletze das angefochtene Urteil die zuvor genannte Vorschrift. Eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Kläger sei nicht erkennbar. Die diesbezügliche Kontrollüberlegung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Tatsächlich seien die Kläger nicht mit zwei Elternbeiträgen belastet. Zu einer solchen Annahme komme man nur aufgrund einer Leistungsfiktion, die sich jedoch aus der gesetzlichen Regelung nicht ergebe. Dagegen führe das angefochtene Urteil insoweit zu einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur in Gemeinden zur Anwendung komme, die eine Geschwisterkindregelung getroffen hätten. Gerade solche Gemeinden bekämen dann Finanzierungslücken, während Gemeinden ohne Geschwisterkindregelung den finanziellen Vorteil durch die Kindpauschalen gar nicht an die Eltern abgeben müssten.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Die Kläger beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie machen sich zur Begründung ihres Antrags die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil zu eigen und treten im Übrigen dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Wesentlichen wie folgt entgegen: Darauf, was das Verwaltungsgericht Aachen entschieden habe, komme es nicht an, weil dort eine andere Satzung zu beurteilen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe zudem nicht ausgeschlossen, dass für ein Geschwisterkind ein Beitrag festgesetzt werden könne. Das angegriffene Urteil stehe ferner nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, weil diese Rechtsprechung zur alten Gesetzeslage, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz noch nicht existiert habe, ergangen sei. Mit der Einführung der zuvor genannten Vorschrift sei vom Gesetzgeber auch eine Änderung beabsichtigt gewesen dahingehend, den Kommunen die Möglichkeit zu nehmen, die Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Kosten des Landes zum Anlass zu nehmen, ihre Geschwisterkindprivilegien im beitragsfreien Jahr des Vorschulkinds einzuschränken. Im Übrigen sei der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eindeutig im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Fiktion. Diese Fiktion bewirke die Anwendbarkeit einer kommunalen Geschwisterkindregelung, die nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Beitragsfreiheit des Vorschulkinds nicht gegeben gewesen sei. Angesichts des der Beklagten zustehenden weiten Ermessens sowohl bei der Festsetzung der Beitragshöhe als auch bei der Regelung von Ermäßigungstatbeständen sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in dem hier gegebenen Fall des neben einem Vorschulkind ebenfalls beitragsbefreiten Geschwisterkinds die ihr vorgeschriebene Finanzierungsquote nicht erfüllen könne.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
21Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Diese ist begründet. Der Änderungsbescheid vom 28. August 2014 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Die Beitragsfestsetzung für das jüngere Kind der Kläger für das Kindergartenjahr 2014/2015 kann weder auf § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS gestützt werden, weil der nach dieser Vorschrift zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das ältere (Vorschul-)Kind der Kläger fingiert, noch auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, weil die dortige Regelung nichtig ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es ganz überwiegend an den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbeigeht.
23Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 - 8 K 154/15 - entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht im Widerspruch zu dem hier angegriffenen Urteil steht. Insbesondere ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen nicht, dass dieses hinsichtlich der Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine andere Auffassung als das Verwaltungsgericht Düsseldorf vertritt. Dazu, konkret welche andere Auffassung das Verwaltungsgericht Aachen haben soll, trägt die Beklagte nichts vor. Ansonsten hatte das Verwaltungsgericht Aachen der dortigen Beitragserhebung zugrunde liegende Satzungsregelungen einer anderen Kommune zu beurteilen, die mit den hier maßgeblichen nicht übereinstimmen. Soweit die Verwaltungsgerichte Aachen und Düsseldorf bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jeweils zur Überprüfung gestellten Beitragsbescheide zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, beruht dies im Wesentlichen eben darauf, dass unterschiedliche Satzungsregelungen zu beurteilen waren. Der Versuch des Beklagten, mit aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen gezogenen Schlussfolgerungen die Richtigkeit der hier angegriffenen Entscheidung in Frage zu stellen, schlägt daher fehl. Daran anschließend kommt es auch nicht darauf an, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen inzwischen nach Ablehnung des dagegen gerichteten Berufungszulassungsantrags
24- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2016- 12 A 1106/15 -
25rechtskräftig ist, zumal die Überprüfung des Urteils durch den Senat nur in den durch das Darlegungsgebot gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gesetzten Grenzen stattgefunden hat.
26Dem Berufungsvorbringen kann allenfalls insoweit gefolgt werden, als das Verwaltungsgericht Aachen sich nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt hat, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion einer Beitragsverpflichtung hinaus auch eine Leistungsfiktion enthält. Allerdings hatte es hierzu angesichts der von ihm konkret beurteilten Satzungsbestimmung auch keine Veranlassung. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es in dem Urteil an einer Stelle sinngemäß heißt, die Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz habe lediglich zur Folge, dass nunmehr auch beitragsbefreite Vorschulkinder "als beitragspflichtig gelten" und damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen komme. Den weiteren Entscheidungsgründen kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass mit dem Wort "lediglich" keine Beschränkung auf die Beitragsfiktion vorgenommen und damit zugleich konkludent die Leistungsfiktion ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr sollte mit dem "lediglich" zum Ausdruck gebracht werden, dass sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion hinaus keine Verpflichtung ergibt, ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei zu stellen. Letztlich kommt es auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Aachen ohnehin nicht an, weil es zutreffend ist, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Wege der Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch eine Leistungsfiktion angenommen hat.
27Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz unmittelbar nicht lediglich eine Fiktion darstellt oder normiert. Angesichts des Wortlauts des ersten Halbsatzes ("Bei Geschwisterregelungen sind Kinder … so zu berücksichtigen, …") handelt es sich in erster Linie um eine regelnde Vorgabe oder (Handlungs-)Anweisung für die Anwendung von Geschwisterregelungen, und zwar in (Eltern-)Beitragssatzungen, weil das Kinderbildungsgesetz selbst keine Geschwisterregelungen enthält. Mit solchen Regelungen sind offensichtlich Beitragsermäßigungen oder -befreiungen für Geschwisterkinder im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz gemeint, die im Ermessen des kommunalen Satzungsgebers stehen. Erst der Inhalt dessen, was durch den zweiten Halbsatz des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz regelnd vorgegeben wird ("… , als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre."), stellt eine Fiktion dar oder enthält inzident eine solche, weil die angesprochenen Vorschulkinder kraft Gesetzes (§ 23 Abs. 3 Kibiz) beitragsfrei sind. Auf eine insoweit gegebene Fiktion deutet auch die Verwendung des Konjunktivs ("wäre") hin.
28Welchen genauen Inhalt die durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz gemachte Vorgabe hat, d. h. welche Fiktion bei Geschwisterregelungen zu beachten ist, lässt sich allein anhand des Wortlauts der Norm nicht eindeutig beantworten. Es erscheint danach offen, ob nur die Beitragspflicht der Vorschulkinder (fiktiv) vorgegeben wird oder daneben auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung) der Eltern. Auf Letzteres deutet die Verwendung des Worts "leisten" hin, da bei einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion die Formulierung näher gelegen hätte"… , als ob sie beitragspflichtig wären.". Unabhängig vom Wortlaut spricht gegen die Annahme einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion, dass eine solche Beschränkung wenig sinnhaft erschiene, weil Beitragsverpflichtung und Beitragsleistung (Zahlung) ohnehin zusammengehören und aufeinander aufbauen. Nimmt man eine Leistungsfiktion an, schließt das die Fiktion der Beitragspflicht ein, weil die Fiktion der Leistung ohne gleichzeitige Fiktion einer entsprechenden Beitragspflicht nicht sinnvoll erscheint. Umgekehrt gilt Ähnliches, weil es inkonsequent erschiene, zwar eine Beitragsverpflichtung zu fingieren, die davon abhängige und darauf aufbauende Leistung jedoch nicht zu regeln, also nicht ebenfalls zu fingieren. Dem Gesetz selbst kann ansonsten eine Differenzierung zwischen Beitragspflicht und Leistung(spflicht) nicht entnommen werden. Wenn es eine Beitragspflicht anordnet, versteht es sich von selbst, dass der Beitrag zu erheben und vom Pflichtigen zu leisten (zahlen) ist. Besteht umgekehrt Beitragsfreiheit, versteht es sich ebenfalls von selbst, dass ein Beitrag nicht erhoben werden darf und auch nicht zu leisten (zahlen) ist. Schließlich entspricht die Annahme, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere sowohl die Beitragsverpflichtung als auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung), am ehesten dem Willen des Gesetzgebers.
29Zwar ist die dem Gesetzentwurf beigefügte Begründung für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eher dürftig und beschränkt sich auf den Satz:
30"Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes" (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102).
31Darüber, was klargestellt werden sollte, kann nur spekuliert werden, weil in der Begründung des Gesetzentwurfs nichts zu eventuellen Unklarheiten gesagt wird und das Kinderbildungsgesetz vor Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 außer der Ermächtigung in § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz keinerlei Vorgaben für Geschwisterregelungen (Ermäßigungen oder Befreiungen) enthielt, hinsichtlich derer ein Klarstellungsbedarf hätte bestehen können. Die Bezugnahme in der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes gibt für die Beantwortung der Frage, was nun mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz klargestellt werden sollte, ebenfalls nichts her. Der in Bezug genommene Wille ging im Ergebnis dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte.
32Vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 47
33Da sich daraus nicht ergibt, dass sich der Gesetzgeber des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes seinerzeit Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen die neu geschaffene Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen hat, kann aus dem Willen nichts Hinreichendes zur Konkretisierung dessen abgeleitet werden, was nun genau Gegenstand der mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz laut Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte. Äußerungen der Exekutive nach Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz sind insoweit irrelevant.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2012- 12 A 1001/12 -, juris Rn. 9.
35Weitergehender diesbezüglicher Überlegungen bedarf es jedoch nicht, weil unabhängig von dem nach dem Vorstehenden ungeklärten Gegenstand der Klarstellung der Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes einen ausreichenden Anhaltspunkt für die Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage liefert, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nun lediglich eine Fiktion der Beitragsverpflichtung beinhaltet oder auch eine Fiktion der Beitragsleistung. Wenn nämlich für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz der Wille des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes eine Rolle spielte oder sogar maßgeblich war und dieser Wille dahin ging, schrittweise eine vollständige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen, dann drängt sich die Auslegung auf, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere die Beitragsverpflichtung und die Beitragsleistung, weil vor allem bei diesem Verständnis gewährleistet ist, dass, wie vom Verwaltungsgericht aufgezeigt, neben der ohnehin durch Gesetz angeordneten Beitragsbefreiung der Vorschulkinder über Geschwisterregelungen in Form von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS auch die Geschwisterkinder beitragsbefreit sind.
36Siehe auch Janssen/Dreier/Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand September 2015, § 23 Kibiz Nr. 9.2 S. 42 f.
37Das weitere Berufungsvorbringen dringt ebenfalls nicht durch. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht unterstellt hat, dass "es eine Verpflichtung gegenüber den Eltern gibt, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben". Abgesehen davon, dass sich bereits nicht hinreichend erschließt, was damit gemeint ist und was sich daraus im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS oder die Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS ergeben sollte, lassen sich weder dem angegriffenen Urteil Ausführungen zur Weitergabe von Kindpauschalen entnehmen noch zeigt die Beklagte in verständlicher Weise auf, aus welchen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil sich das Unterstellte ergibt oder ergeben soll. Angesichts dessen kommt es auf das weitere Berufungsvorbringen nicht an, in dem sich die Beklagte, anknüpfend an ihre zuvor dargestellte eigene Unterstellung, damit auseinandersetzt, dass die ältere Rechtsprechung des Senats keine Grundlage für die Weitergabe der gewährten Pauschalen des Landes an die Kindeseltern gesehen habe und auch der Wille des Landesgesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz nicht dahin gegangen sei, die Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben.
38Weiterhin missversteht die Beklagte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, soweit dieses in der Einführung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 Kibiz eine - über eine Klarstellung hinausgehende - Gesetzesänderung gesehen hat. Der Wille des Gesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz ging, wie zuvor dargestellt, dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte. Dies hat nichts mit der (Nicht-)Weitergabe von Kindpauschalen zu tun. Ansonsten hat das Verwaltungsgericht zutreffend sinngemäß ausgeführt, dass Eltern von mehreren (Geschwister-)Kindern durch § 23 Abs. 3 Kibiz im Ergebnis im Fall von Geschwisterregelungen der auch hier vorliegenden Gestalt (§ 3 Abs. 4 Satz 1 EBS) - jedenfalls bei rechtskonformer Anwendung einer solchen Regelung - keine weitere Entlastung erfahren hatten. Ohne die oder vor der Befreiung gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz war nur ein Kind beitragspflichtig. Denn insoweit führte die Geschwisterregelung zu einer Entlastung, weil nach ihr - verkürzt - bei mehreren (beitragspflichtigen) Kindern nur für ein Kind ein Beitrag erhoben wurde. Nach der Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz war zwar das ältere (Vorschul-)Kind beitragsfrei. Eine weitere Entlastung trat jedoch nicht ein, weil nunmehr für das jüngere Kind ein Beitrag zu zahlen war, und zwar der eine Beitrag, der nach der Geschwisterregelung bei mehreren gleichzeitig den Kindergarten besuchenden Kindern erhoben wird. An dieser Stelle bewirkt nun, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Korrektur dahingehend, dass bei Anwendung der zuvor genannten Geschwisterregelung bei zwei Kindern faktisch für kein Kind ein Beitrag zu zahlen ist: Das Vorschulkind ist nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfrei, das zweite Kind ist es nach der Geschwisterregelung, weil der nach dieser Regelung zu zahlende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das Vorschulkind fingiert.
39Entgegen dem insoweit sinngemäßen Berufungsvorbringen ist das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch nicht davon ausgegangen, dass sich aus dem sog. Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz für den Satzungsgeber zugleich die Verpflichtung zu einer Geschwisterermäßigung ergibt, und hat sich dementsprechend auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats
40- vgl. u. a. Beschluss vom 24. Januar 2013
41- 12 A 2492/12 -, juris -
42gesetzt. Offensichtlich regelt § 23 Abs. 3 Kibiz lediglich die Freistellung von der Beitragspflicht im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung. Allerdings hatte die Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz, wie zuvor aufgezeigt, Auswirkungen auf die Anwendung von bestehenden Geschwisterregelungen der zuvor genannten Art. Ob der Gesetzgeber mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bewusst darauf reagiert hat oder reagieren wollte, was nun genau Gegenstand der nach der Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte und ob die Klarstellung eine Änderung der Rechtslage bewirkt hat oder nicht, bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn es ergibt sich weder aus der zuvor genannten Vorschrift selbst noch aus den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch aus den Gesetzmaterialien zur Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz, dass ein kommunaler Satzungsgeber verpflichtet ist, neben der Beitragsbefreiung für ein Vorschulkind zugleich auch eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorzusehen. Zwar ist eine solche doppelte Beitragsbefreiung, wie ausgeführt, die Folge aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz, wenn eine Geschwisterregelung in Gestalt von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS (fort-)besteht oder geschaffen wird. Indes besteht keine Verpflichtung des kommunalen Satzungsgebers, eine solche Geschwisterregelung beizubehalten oder zu schaffen.
43Gegen die Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht unter den von der Beklagten problematisierten Gesichtspunkten der hinreichenden Bestimmtheit und des Rechtsstaatsprinzips.
44Was die Bestimmtheit anbelangt, ist nach dem Vorstehenden bereits angesichts des Wortlauts eindeutig, dass die Vorschrift eine (Anwendungs-)Vorgabe für Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen macht. Soweit der Wortlaut den Inhalt der für Geschwisterregelungen vorgegebenen Fiktion nicht eindeutig erkennen lässt, ergibt sich nach den vorstehenden Ausführungen im Wege der Auslegung ein hinreichend bestimmter Inhalt. Ob die Anwendung der danach hinreichend bestimmten Vorschrift im Rahmen von Geschwisterregelungen überhaupt noch die Bestimmtheit betrifft, kann dahinstehen, weil nach den vorstehenden Ausführungen auch insoweit kein Zweifel besteht oder jedenfalls nicht verbleibt: Im Hinblick auf Geschwisterregelungen der hier in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS normierten Art führt § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zur Beitragsfreiheit des (jüngeren) Geschwisterkinds, weil der nach der Geschwisterregelung zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den die Vorschrift für das (ältere) Vorschulkind fingiert. Darüber hinaus ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz als weitere Rechtsfolge, dass alle Geschwisterregelungen in (Eltern-)Beitragssatzungen unwirksam und nichtig sind, welche die gesetzlich fingierte Beitragspflicht und -zahlung des nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfreien Vorschulkinds negieren oder missachten. Das trifft etwa auch in Fällen zu, in denen die Satzung für die von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz erfassten Fälle andere Rechtsfolgen normiert als in Fällen, in denen keine Beitragsfreiheit gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz in Rede steht. Auch dies liegt klar auf der Hand und führt letztlich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, zur Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Dass die Beklagte dieses Ergebnis für untunlich oder misslich hält, stellt die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht in Frage. Zwar mag es sein, dass die Einführung dieser Vorschrift bei Kommunen, welche Satzungsregelungen nach Art von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hatten und sich die insoweit aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende Konsequenz (doppelte Beitragsbefreiung) nicht hinnehmen woll(t)en, (Rechts-) Unsicherheit insoweit ausgelöst hat, mit welcher (neuen anderen) Satzungsregelung sich die doppelte Beitragsbefreiung vermeiden lässt. Dies berührt jedoch nicht die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Entsprechendes gilt für die sich aus der Vorschrift ergebenden Rechtsfolgen. Wie § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu verstehen und zu handhaben ist, hat das Verwaltungsgericht mit stringenter juristischer Argumentation aufgezeigt. Bei einer solchen Vorgehensweise kann auch die kommunale Satzungsautonomie "rechtssicher durchgeführt" werden.
45Zuzugeben ist der Beklagten, dass bei der vom Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommenen Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz das den Kommunen durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen ein Stück weit eingeschränkt wird. Daraus resultieren jedoch keine Bedenken an der Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Da die Beklagte selbst nicht in Abrede stellt, dass der Gesetzgeber zu einer Änderung von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz befugt wäre, ist es ihm auch nicht verwehrt, eine solche Änderung dadurch herbeizuführen, dass er eine andere Vorschrift (§ 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz) einführt, die in der Sache das durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen teilweise beschränkt. Dadurch entstehen auch nicht zwangsläufig Finanzierungslücken bei der Beklagten, da diese nicht gezwungen (gewesen) ist, an den Geschwisterregelungen in § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 EBS festzuhalten. Sollten hier Finanzierungslücken bei der Beklagten entstanden sein oder entstehen, beruht das allein darauf, dass sie- nach dem Vorstehenden unzutreffend - davon ausgegangen ist, § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS werde durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht berührt, und sie es deshalb unterlassen hat, zum Inkrafttreten von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Änderung ihrer Elternbeitragssatzung vorzunehmen, wenn sie die doppelte Beitragsbefreiung, wie sie nach dem Vorstehenden im Zusammenwirken von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS eintritt, nicht hinnehmen wollte.
46Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Kontrollüberlegung juristisch stringent in dem Sinne, dass sie die sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende - nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandende - Leistungsfiktion konsequent zur Anwendung bringt. Zwar trifft der Vortrag der Beklagten zu, dass in den Fällen, in denen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz greift, tatsächlich (faktisch) für das Vorschulkind kein Beitrag gezahlt wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe führt es jedoch zu einer Ungleichbehandlung, wenn der faktischen/tatsächlichen Nichtzahlung mit einer hierauf bezogenen Regelung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 EBS) Rechnung getragen wird. Die Nichtzahlung stellt angesichts der gesetzlichen Fiktion keinen zulässigen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar.
47Die sich angesichts des Vorstehenden stellende verfassungsrechtliche Frage, ob in der Fiktion des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz selbst eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung liegt, ist zu verneinen. Es liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, auch wenn die Fiktion im Rahmen von Geschwisterregelungen hinsichtlich der Beitragsverpflichtung und -leistung zu einer Gleichbehandlung von Vorschulkindern, die rechtlich gesehen beitragsfrei sind und für die dementsprechend tatsächlich kein Beitrag gezahlt wird, mit regulär beitragspflichtigen Kindern, für die tatsächlich Beiträge geleistet werden, zwingt. Dem Gesetzgeber steht nämlich bei der Gewährung von Befreiungen von einer grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst an der Willkürgrenze endet.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1995 - 6 B 73.95 -, juris Rn. 9, m. w. N.
49Dieser Gestaltungsspielraum ist hier eröffnet (gewesen) und nicht überschritten worden. Das grundsätzliche Bestehen einer Leistungspflicht ergibt sich daraus, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann anwendbar ist, wenn sich der kommunale Satzungsgeber gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Kibiz dazu entschlossen hat, Elternbeiträge zu erheben (und sich im Weiteren in der Satzung eine Geschwisterregelung findet). Mit anderen Worten ist der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann eröffnet, wenn aufgrund einer kommunalen Satzung grundsätzlich eine Beitrags- und Leistungspflicht besteht. Darüber hinaus stellt die Vorschrift im Ergebnis auch eine Befreiungsregelung dar. Nach den vorstehenden Ausführungen führt die Vorschrift nämlich im Rahmen von bestimmten Geschwisterregelungen zur Beitragsfreiheit eines Geschwisterkinds. Die in der Vorschrift liegende Fiktion und die damit einhergehende Ungleichbehandlung ist auch nicht willkürlich, weil der sie rechtfertigende sachliche Grund in der zulässigen bildungs- und familienpolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers liegt, eine (schrittweise vorzunehmende) völlige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen.
50Die Beklagte dringt schließlich nicht mit ihrem sinngemäßen Vorbringen durch, es führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz lediglich in den Kommunen Auswirkungen habe, die eine Geschwisterregelung entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hätten. Abgesehen davon, dass diese Überlegung nicht zur Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS führt und die Beklagte im Zusammenhang mit der Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht verpflichtet gewesen ist, § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS aufrecht zu erhalten, macht sie in der Sache eine ungleiche Beitragsbelastung der Eltern geltend, auf die sie sich jedoch von vornherein nicht berufen kann. Soweit sie sich selbst als durch entstehende Finanzierungslücken belastet ansieht, ist bereits aufgezeigt worden, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht zwingend zu Finanzierungslücken führen muss.
51Über die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinaus ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Beitragserhebung auch nicht (allein) auf § 3 Abs. 1 EBS gestützt werden kann. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn die spezielleren Beitragsregelungen für Geschwisterfälle in § 3 Abs. 4 EBS insgesamt nichtig wären, was indes nicht der Fall ist. Die hier bestehende Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS hat nicht die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS zur Folge.
52Vgl. allgemein zur Teil- und Gesamtnichtigkeit von Satzungen BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008 - 9 B 40.08 -, juris Rn. 13, m. w. N.
53Da die Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS für sich genommen wirksam ist, insbesondere nicht gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibz verstößt, in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS abhängig ist und dementsprechend einen eigenständigen und darüber hinaus sinnvollen Anwendungs-/Regelungsbereich hat, besteht unter diesen Gesichtspunkten kein Anhaltspunkt dafür, dass die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS auch § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS erfasst. Darüber hinaus stellt sich die Geschwisterregelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS als bewusste und gewollte (familienpolitische) Entscheidung des Satzungsgebers zur (Beitrags-)Entlastung von Familien mit mehreren Kindern dar. Sie existierte bereits vor der im Jahr 2013 erfolgten Einführung von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Weder aus den diesbezüglichen Satzungs(aufstellungs)vorgängen der Beklagten aus dem Jahr 2013 noch aus ihrem Vorbringen in diesem Verfahren kann geschlossen werden, dass die Geschwisterregelung zur Disposition gestanden hätte, also aufgehoben worden wäre, wenn die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS erkannt worden wäre. Vielmehr spricht der zuvor dargestellte familienpolitische Hintergrund der Geschwisterregelung für die Annahme, dass an ihr auch bei Kenntnis der Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS festgehalten worden wäre.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Fragen zur Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und von Geschwisterregelungen in kommunalen Satzungen betreffen nicht Bundesrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Kläger sind die Eltern der Kinder Chiara, geb. 30. März 2009, und Christian, geb. 23. Mai 2011. Die Kinder besuchen die Katholische Kindertageseinrichtung St. Lambertus in F. mit einer Betreuungszeit "bis zu 45 Stunden". Hierfür erhebt die Beklagte Elternbeiträge. Entsprechend den Einkommensangaben der Eltern (höchste Einkommensstufe) und der Betreuungszeit setzte die Beklagte mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 2014 den ab August 2014 zu leistenden Elternbeitrag für das Kind Christian auf 288,66 € fest. Für das Kind Chiara, das sich im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung befindet, wurde kein Elternbeitrag erhoben.
3Mit der am 23. Januar 2015 erhobenen Klage wenden sich die Eltern gegen Forderung eines Elternbeitrages für den Sohn Christian. Der Bescheid selbst sei mit formellen Mängeln behaftet. Materiell sei § 4 Abs. 3 der "Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten für Kinder in Tageseinrichtungen und in der Tagespflege im Jugendamtsbezirk F. vom 18. Dezember 2014" (im Folgenden: EBS 2014) fehlerhaft und daher unwirksam. Sie verfehle den mit dem Gesetz verfolgten Zweck. Durch das 2. KiBiz-Änderungsgesetz vom 17. Juni 2014 sei § 23 Abs. 5 KiBiz durch einen Satz 3. ergänzt worden, wonach bei Geschwisterregelungen Kinder, deren Tagesbetreuung nach Absatz 3 elternbeitragsfrei sind (Vorschulkinder), so zu berücksichtigen seien, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Ausgehend davon, dass für Geschwisterkinder grundsätzlich nur ein Beitrag zu zahlen sei, könne dies -auch nach der Intention des Gesetzgebers- nur dahingehend verstanden werden, dass der zu leistende Elternbeitrag fiktiv für das beitragsbefreite (Vorschul-)kind gezahlt werde und danach eine Inanspruchnahme der Eltern für das zweite (Geschwister-)kind ausscheide. Diese Auffassung werde auch grundsätzlich vom Ministerium geteilt, wie sich aus einem Antwortschreiben des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW an betroffene Eltern vom 5. Januar 2015 zeige.
4Die Kläger haben schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
5die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 22. Dezember 2014 zu verpflichten, die Kläger auch für den Kindergartenbesuch des Sohnes Christian beginnend ab 1. August 2014 für den Zeitraum elternbeitragsfrei zu stellen, in dem für die Tochter Chiara gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EBS 2014 kein Beitrag erhoben wird,
6sowie
7die Beklagte zu verurteilen, den Klägern bereits nach dem 1. August 2014 geleistete Elternbeiträge zu erstatten.
8Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie ist der Auffassung, dass die Satzung den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Ergänzung des § 23 Abs. 5 KiBiz durch Satz 3 sei so auszulegen, dass für (jüngere) Geschwisterkinder nach wie vor ermäßigte Beiträge auf der Grundlage des § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz erhoben werden können. Eine gesetzliche Verpflichtung zur kumulativen Geschwister- und Vorschulkindbefreiung könne aus der gesetzlichen Regelung nicht abgeleitet werden. Mit der Geschwisterregelung in § 4 EBS 2014 sei dem Willen des Gesetzgebers, finanzielle Entlastungen der Kommunen an die Familien weiterzugeben genügend Rechnung getragen. Im Übrigen bleibe darauf hinzuweisen, dass der durch die Elternbeitragsfreiheit entstehende Einnahmeausfall durch die gewährten Landesmittel nicht kompensiert würden.
11Mit Beschluss vom 9. April 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
12Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Kläger haben für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Berufung beantragt.
13Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); sie haben keinen Anspruch darauf, (auch) für den Kindergartenbesuch des Sohnes Christian in dem Zeitraum elternbeitragsfrei gestellt zu werden, in dem für die Tochter Chiara als Vorschulkind kein Elternbeitrag erhoben wird.
16a) Soweit die Kläger den Bescheid selbst wegen der Bezeichnung "Bescheid über die Festsetzung von Elternbeiträgen für die Tageseinrichtung für Kinder" für undeutlich und damit fehlerhaft ansehen, folgt die Kammer dem nicht. Die von den Klägern benannten Vorschriften des § 12 Abs. 1 Nr. 4b KAG i.V.m. § 157 AO fordern nur, dass schriftliche (Steuer-)Bescheide die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen müssen und angeben wer die Steuer schuldet. Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass dies alles bereits in der Überschrift enthalten sein muss. Der Gesamtbescheid erfüllt die Vorgaben. So ist auf Seite 2 (oben) des Bescheides ausgeführt: "Die Stadt F. erhebt von den Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit monatlich öffentlich-rechtliche Beiträge zu den Kosten der Kindertagesbetreuung." [Hervorhebung durch das Gericht]. Im vierten Absatz wird sodann der Monatsbetrag ausgewiesen. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen.
17b.) Auch soweit die Kläger rügen, dass die im Dezember 2014 beschlossene Satzung rückwirkend zum 1. August 2014 in Kraft gesetzt worden ist, und deshalb unwirksam sei, bleibt die Klage ohne Erfolg. Das In Kraft Treten der Satzung zu einem früheren Zeitpunkt als die Beschlussfassung stellt sich hier als unechte Rückwirkung dar. Eine unechte Rückwirkung liegt dann vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Eine solche unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. Jedoch können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Derartige Aspekte sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere auch deshalb, weil die Kläger sich bei Fortwirkung der Vorgängersatzung schlechter gestanden hätten als jetzt, sie hätten nämlich dann für Christian mangels beitragspflichtigem Geschwisterkind (siehe insoweit die nachfolgenden Ausführungen zu § 23 Abs. 5 KiBiz i.V.m. § 4 EBS 2011) den vollen Elternbeitrag leisten müssen und nicht nur 80 %. Schließlich rechtfertigt sich das In Kraft Setzen der Satzung (EBS 2014) zum 1. August 2014 auch daraus, dass zu diesem Zeitpunkt das 2. KiBiz-Änderungsgesetz in Kraft getreten ist.
18c.) Die Klage hat schließlich auch unter dem materiellen Aspekt der Satzungsregelung des § 4 Abs. 3 EBS 2014 keinen Erfolg.
19Den rechtlichen Rahmen für die bei der Erhebung von Elternbeiträgen einzustellenden Parameter bildet § 25 Abs. 5 KiBiz. In der bis 31. Juli 2014 geltenden Fassung lautete er:
20"Erhebt das Jugendamt Elternbeiträge für die Inanspruchnahme von Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege, hat es eine soziale Staffelung vorzusehen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern sowie die Betreuungszeit zu berücksichtigen. Es kann ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder, auch wenn sie eine Ganztagsschule im Primarbereich besuchen, vorsehen."
21Die damalige (bis 31. Juli 2014 geltende) Satzung der Beklagten vom 29. Juli 2011 (EBS 2011) enthielt in § 4 Abs. 2 folgende Geschwisterregelung:
22"Besuchen mehr als ein Kind einer nach § 1 Abs. 3 dieser Satzung beitragspflichtigen Personen gleichzeitig eine Tageseinrichtung /Tagespflege, so wird ein Betrag nur für ein Kind erhoben. Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 1 vorgenommen wurde."
23Auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen (ein beitragsbefreites Vorschulkind und ein Geschwisterkind), hätte dies bedeutet, dass ein voller Elternbeitrag, und zwar bei unterschiedlicher Höhe der höhere, hätte geleistet werden müssen und nicht "nur" 80%.
24Dem entsprach auch im Ergebnis die Rechtsprechung des OVG NRW zu § 23 Abs. 5 KiBiz in der damaligen Fassung in Verbindung mit identischen bzw. vergleichbaren Satzungsregelungen anderer Jugendhilfeträger. Das OVG NRW leitete die Verpflichtung zur Zahlung von Elternbeiträgen für ein Kind bei Vorschulbefreiung eines zweiten daraus her, dass dann keine "Geschwisterkonstellation" mehr vorliege, weil für das Vorschulkind schon keine Beitragspflicht entstehe. Hierzu hat es im
25Beschluss vom 28. Mai 2014, 12 A 715/14, eingestellt in NRW-E [www.nrwe.de]
26ausgeführt:
27" Es vermag nicht die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts zu entkräften, die streitbefangene Erhebung von Elternbeiträgen sei rechtmäßig, weil die Betreuung des jüngeren Sohnes K. der Kläger parallel zur Beitragsfreistellung des Kindertagesstättenbesuches seines Bruders C. im Zeitraum von August 2011 bis Juli 2012 nicht nach § 6 Satz 1 EBS beitragsfrei sei, sondern ein Elternbeitrag geleistet werden müsse.
28Anders als es die Kläger sehen, gibt es vorliegend mit § 23 Abs. 3 Satz 1 KiBiz und § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz i. V. m. § 6 Satz 1 EBS nicht zwei gleichwertige Beitragsbefreiungstatbestände nebeneinander, für die lediglich die Verantwortung auseinanderfällt. Vielmehr schließt § 23 Abs. 3 Satz 1 KiBiz kraft Gesetzes von vornherein und sachbezogen schon das bloße Entstehen einer Beitragspflichtigkeit der im Kindergartenjahr vor der Einschulung stattfindenden Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege aus bei Kindern, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden. Für die Eltern dieser Kinder entsteht erst gar nicht die Beitragspflichtigkeit, wie sie von § 2 EBS rein personell weiter zugeordnet wird.
29Siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 A 2492/12 -.
30Demgegenüber regelt § 6 Satz 1 EBS in Ausfüllung von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz, dass die Beitragspflichtigen von einer dem Grunde nach bestehenden Beitragspflicht kraft Ermessensentscheidung des Satzungsgebers erst in einem weiteren Schritt befreit werden, setzt also voraus, dass der Besuch der Kindertageseinrichtung ohne die Befreiungsvorschrift an sich beitragspflichtig wäre.
31Vor diesem Hintergrund ist es zutreffend und verstößt nicht gegen gültige Regeln der Auslegung, wenn das Verwaltungsgericht der einschlägigen Rechtsprechung des Senates folgt, wonach die Anwendung der Geschwisterermäßigung (hier nach § 6 Satz 1 EBS) zwingend – und auch hinreichend klar und eindeutig – voraussetzt, dass neben den öffentlich-rechtlichen Elternbeiträgen für das erste Kind auch für das zweite und jedes weitere Kind öffentlich-rechtliche Elternbeiträge aufgrund der Inanspruchnahme der Betreuungsleistung einer Kindertagesstätte entrichtet werden müssen, sonst könnten diese Beiträge für die Geschwister nämlich nicht aufgrund der getroffenen Regelung zur Geschwisterermäßigung „entfallen“.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2011,- 12 A 642/11 -, m. w. N.
33Da die „Befreiungstatbestände“ danach vorliegend nicht kumulieren, geht die darauf aufbauende Argumentation der Klägerseite ins Leere.
34Die Anfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz durch das 2. KiBiz-Änderungsgesetz führt nun dazu, dass eine bereits satzungsmäßig bestehenden Geschwisterregelung nunmehr zur Anwendung kommen oder eine solche geschaffen werden kann. Mit anderen Worten hat die Anfügung von Satz 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz lediglich zur Folge, dass nunmehr auch beitragsbefreite Vorschulkinder "als beitragspflichtig gelten" und damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen kommt. Dies mag auch Anlass für den Gesetzgeber gewesen sein, die Ergänzung des § 23 Abs. 5 KiBiz durch Satz 3 vorzunehmen, um so - gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OVG NRW - der mit dem 1. KiBiz-Änderungsgesetz eingeführten Beitragsbefreiung für Vorschulkinder nachhaltiger Wirkung zu verschaffen. Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung (Landtags-Drs. 16/5293, zu Nr. 26 (§ 23) zu Buchstabe d, Seite 102 oben). Dort heißt es:
35"Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes".
36Im 1. KiBiz-Änderungsgesetz wird die Einführung der Beitragsfreiheit für Vorschulkinder in § 23 Abs. 3 KiBiz damit begründet, dass es sich um die erste Stufe einer generellen Elternbeitragsfreiheit handele. Hierzu heißt es weiter:
37"Alle Kinder müssen die Chance haben, ihre Talente zu entfalten und früh optimal gefördert zu werden. Deshalb wird der Zugang zu früher Bildung im Kindergarten schrittweise beitragsfrei. Das heißt, jedes Kind muss die Möglichkeit haben, das Angebot an Bildung, Erziehung und Betreuung durch den Kindergarten als zentraler Institution früher Bildung wahr zu nehmen. Mit Beginn des Kindergartenjahres 2011/2012 ab 1.8.2011 entfällt die Beitragszahlung für alle Kinder, die ein Jahr später, am 1.8.2012 schulpflichtig werden."
38Möglicherweise hat der Gesetzgeber, der damals vorrangig von dem Gedanken geleitet war, Eltern einen Anreiz zu bieten, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, und sei es nur im Vorschuljahr, nicht gesehen oder sehen können, dass diese Regelung an einer anderen Stelle, nämlich der Geschwisterermäßigung Auswirkungen hat, die letztlich den Anreiz entfallen lassen. Durch das Anfügen des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 durch das 2. KiBiz-Änderungsgesetz hat er seine damalige gesetzgeberische Intention klargestellt. Der durch das 2. KiBiz-Änderungsgesetz geänderten Fassung des § 23 Abs. 5 KiBiz ist aber - auch unter Berücksichtigung des oben beschriebenen bisherigen Handelns des Gesetzgebers - keinesfalls zu entnehmen, dass ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei gestellt werdenmuss.
39Schließlich gebieten auch weder die bundesgesetzliche Regelung des § 90 SGB VIII noch die landesgesetzliche Regelung des § 23 Abs.5 KiBiz (in all ihren bisherigen Fassungen) überhaupt Geschwisterermäßigungen einzuräumen. § 90 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege festzusetzen. In § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ist bestimmt, dass Kostenbeiträge (wenn sie erhoben werden) zu staffeln sind. Kriterien für eine solche Staffelung benennt Satz 3 ("können [Hervorhebung durch das Gericht] insbesondere ……..berücksichtigt werden"), nämlich das Einkommen, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit; das (zwingende) Vorsehen einer Geschwisterermäßigung ist nicht benannt. Gleiches gilt für die landesgesetzliche Regelung. So heißt es in § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz: "Eskann [Hervorhebung durch das Gericht] ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder, ….., vorsehen." Ein ermäßigter Beitrag oder gar eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder ist also weder nach bundes- noch nach landesgesetzlichen Vorgaben zwingend.
40Im Hinblick darauf, dass gesetzlich keine Geschwisterermäßigung geboten ist, steht dem Satzungsgeber auch ein relativ weiter Spielraum bei der Gestaltung einer Geschwisterermäßigung zu. Diesen Rahmen überschreitet die Regelung der Beklagten jedenfalls nicht.
41Soweit die Kläger auf die im Schreiben vom 5. Januar 2015 geäußerte Auffassung des MFKJKS NRW verweisen, hat dies keinen Einfluss auf das vorliegende Verfahren. Zum einen ist im Schreiben selbst schon ausgeführt, dass die Ausgestaltung und Festsetzung der Elternbeiträge den Jugendämtern als Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung übertragen ist und insoweit kein Weisungsrecht des Ministeriums besteht. Sofern das Ministerium aber der Auffassung sein sollte, dass allein eine gleichzeitige Beitragsfreistellung von Vorschulkind und Geschwisterkind dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, bleibt es unbenommen, eine entsprechende (weitere) Gesetzesinitiative zur Klarstellung zu initiieren. Soweit der Kammer bekannt ist, sehen die Satzungen einer überwiegenden Zahl von Jugendhilfeträgern keine vollständige Beitragsfreistellung von Geschwisterkindern vor, wenn ein weiteres Kind als Vorschulkind beitragsfrei ist.
42Die Kammer verhehlt nicht, dass ihr eine landeseinheitliche Regelung für die Festsetzung von Elternbeiträgen - wie etwa das bis 31. Juli 2006 geltende GTK - sinnvoller erschiene als der derzeit bestehende Flickelteppich einer Vielzahl unterschiedlichster regionaler Satzungsregelungen. Einheitliche Regelungen, sowohl was die Einkommensermittlung, die Einkommensstufen, die nach jeweiliger Betreuungszeit anfallenden Elternbeiträge als auch einheitliche Regelungen über Beitragsermäßigungen und Beitragsbefreiungen betreffen, könnten zu einer gerechteren, zumindest aber gerechter empfundenen, Handhabung und damit verbunden höheren Akzeptanz führen.
43Nach derzeitiger Rechtslage jedoch hat die Klage keinen Erfolg.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 709 Satz 2,711 der Zivilprozessordnung.
45Die Kammer hat die Berufung nicht zugelassen, weil die Zulassungsgründe des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr.3 VwGO), denn die von den Klägern aufgeworfenen Fragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt. Das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 wird aufgehoben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eltern zweier Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine von der Beklagten geförderte Kindertageseinrichtung besuchen.
3Mit Bescheid vom 15. Juli 2014 wurden unter anderem sämtliche Kinder für das Kindergartenjahr 2014/2015 beitragsfrei gestellt. Im Falle des älteren Kindes beruhte die Beitragsfreiheit auf dem Umstand, dass das Kind zum Ende des Kindergartenjahres eingeschult werden sollte (Vorschulkind). Für das jüngere Kind wurde eine Beitragsfreiheit als Geschwisterkind angenommen.
4Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2014 wurde der Elternbeitrag für das Kindergartenjahr 2014/2015 neu festgesetzt. Während es für das ältere Kind bei der Beitragsfreiheit verblieb, wurde für das jüngere Kind ein Elternbeitrag von monatlich 220 EUR festgesetzt. Dabei wurde eine Betreuungszeit bis 45 Buchungsstunden wöchentlich und ein Einkommen bis 90.000 EUR (Stufe 14) zu Grunde gelegt. Eine Beitragsfreiheit wurde für das jüngere Kind nach § 3 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen für Kinder, die Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten der Offenen Ganztagsschulen, sowie für die Inanspruchnahme von Kindertagespflege vom 26. Februar 2008 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 (Elternbeitragssatzung) verneint.
5In Bezug auf die Beitragsfreiheit enthält die Elternbeitragssatzung in § 3 folgende Regelung:
6„…
7(3) Die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 01. August des Folgejahres schulpflichtig werden, ist in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei.
8(4) Besuchen mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung für Kinder oder wird ein Geschwisterkind in Tagespflege gem. §§ 22 ff SGB VIII betreut, so wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben. Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist.
9(5) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 3 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der niedrigste Beitrag ergibt.
10(6) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 4 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der höchste Beitrag ergibt.
11(7) Liegen bei Beitragspflichtigen die Voraussetzungen für Beitragsbefreiungen sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 vor, gilt Absatz 5 entsprechend. …“
12Am 16. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung § 23 Abs. 5 S. 3 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) nicht beachtet habe. Diese Regelung sei auch für die Beklagte verbindlich. Die Beklagte könne nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz zwar nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie eine Geschwisterregelung einführe. Wenn sie sich aber für eine Geschwisterregelung entschieden habe, sei sie an die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz zwingend gebunden. Soweit sich die Beklagte auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) berufe, verkenne sie, dass sich diese Entscheidungen nicht zu dem ab 1. August 2014 geänderten Recht verhielten. Die Beklagte könne die Gesetzesbegründung zur Neuregelung nicht für ihren Standpunkt heranziehen. Der Landesgesetzgeber habe die Klarstellung in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz wegen der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommen, die der Geschwisterregelung in § 3 der Elternbeitragssatzung der Beklagten zu Grunde liege. Eine gesetzgeberische Klarstellung sei begriffsnotwendig nur dort erforderlich, wo der bisherige Status quo geändert werden solle.
13Die Kläger beantragen,
14den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie macht geltend: Die Kläger könnten sich nicht für beide Kinder auf eine Beitragsfreiheit berufen. Dem stehe § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung entgegen. Diese Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine gesetzliche Vorgabe, auch Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen, bestehe nicht. Nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, ob und in welchem Umfang eine Geschwisterregelung eingeführt werde. Mit Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung sei nur die in der Satzung vorgenommene Ausgestaltung der Geschwisterregelung vereinbar. Eine solche diene unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragsverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastungen der Eltern. Eine vollständige Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie würde im Verhältnis zu Eltern mit nur einem Kind zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung führen. Die Grundkonzeption der Geschwisterregelungen habe sich weder durch die Einführung des Vorschulprivilegs noch durch die Änderungen des KiBiz zum 1. August 2014 verändert. Der Landesgesetzgeber habe es dabei belassen, diese Regelungen ins Ermessen des Jugendamtes zu stellen. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass der Landesgesetzgeber über die Beitragsfreistellung von Vorschulkindern hinaus eine weitere Beitragsfreistellung der Geschwisterkinder nicht beabsichtigt habe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung und der Gesetzesbegründung zum neu eingefügten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz habe sich die Rechtslage durch die Neuregelung nicht geändert. In der Gesetzesbegründung werde lediglich erwähnt, dass die Änderung eine gesetzliche Klarstellung sei und dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entspreche. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber zum 1. August 2014 eine weitere zwingende Geschwisterkindbefreiung habe regeln wollen. Eine andere Auslegung führe zum Widerspruch zwischen dem S. 2 und S. 3 des § 23 Abs. 5 KiBiz. Auf der einen Seite hätten die Jugendämter das Recht, nach ihrem Ermessen über die Einführung einer Geschwisterregelung zu entscheiden. Auf der anderen Seite wären aber alle Geschwisterkinder dann immer beitragsbefreit. Von der Argumentation der Kläger ausgehend, hätte der Landesgesetzgeber eine Beitragsbefreiung nur in denjenigen Gemeinden eingeführt, die sich für eine Geschwisterregelung entschieden hätten. Dies könne aber nicht der gesetzgeberische Wille gewesen sein. Einer zwingenden Beitragsbefreiung stehe auch der Umstand entgegen, dass im Landeshaushalt kein finanzieller Ausgleich für die durch eine solche Regelung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geschaffen worden sei. Dies widerspräche dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip. Schließlich werde die Auffassung der Beklagten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 14. April 2015 – 8 K 154/15 – bestätigt. Darin habe das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage zum Ausdruck gebracht, dass eine zwingende Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern weder nach bundes- noch landesrechtlichen Vorgaben zwingend sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in eigenen Rechten, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
22Entgegen der Annahme der Beklagten sind beide, eine Kindertageseinrichtung besuchende Kinder der Kläger von der Beitragspflicht befreit.
23Für das ältere Kind folgt die Beitragsbefreiung – dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt – aus § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung. Dieser bestimmt in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht (Vorschulkinder), beitragsfrei ist. Diese Voraussetzungen liegen bei dem älteren Kind – unstreitig – vor.
24Das jüngere Kind ist nach § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung beitragsbefreit. Danach wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben, wenn mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Tageseinrichtung für Kinder besuchen. So liegt es hier.
25Im Sinne der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung wird für ein Kind, nämlich das ältere Vorschulkind, bereits ein Elternbeitrag erhoben. Denn nach dem zum 1. August 2014 in § 23 Abs. 5 KiBiz eingefügten S. 3 sind bei Geschwisterregelungen Vorschulkinder, deren Tagesbetreuung – wie hier – nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber fingiert im Falle einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch die Eltern eines Vorschulkindes. Wird aber für das Vorschulkind die Leistung eines Beitrages fingiert und stellt die Elternbeitragssatzung darauf ab, dass „nur“ für ein Kind ein Beitrag erhoben wird, dann ist dieser eine Beitrag bereits durch die fingierte Leistung für das Vorschulkind abgegolten.
26Entgegen der Annahme der Beklagten steht § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung der Beitragsbefreiung nicht entgegen. Danach wird zwar der Beitrag für ein Kind auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht aber nicht vereinbar und daher nichtig.
27Diese Satzungsbestimmung verstößt gegen § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz. Die vorgenannte Norm hat zwei Funktionen: Sie eröffnet zum einen den Anwendungsbereich der Geschwisterregelungen. Denn die Geschwisterregelungen setzen nach ihrer Zweckbestimmung voraus, dass die Beitragspflichtigen für mehrere Kinder Elternbeiträge zu leisten haben. Im Fall einer mehrfachen Leistungspflicht soll sich diese durch die Geschwisterregelung zu Gunsten der Eltern reduzieren. Wird für das Vorschulkind über die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Leistung eines Elternbeitrages fingiert, wird der Anwendungsbereich der Geschwisterregelung eröffnet. Denn nunmehr werden die Elternbeitragspflichtigen mit einem Vorschulkind und mindestens einem weiteren Kind so behandelt als ob eine Belastung mit zwei Elternbeiträgen besteht. Zum anderen steuert die Leistungsfiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Anwendung der konkreten satzungsrechtlichen Geschwisterregelung. Stellt die konkrete Geschwisterregelung – wie hier – auf die Leistung „nur“ eines Beitrages ab,
28wobei andere Ausgestaltungen wegen des dem Satzungsgeber zukommenden Ermessens nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz möglich sind und zu anderen Konsequenzen führen können,
29so hat die Fiktionswirkung die zwingende Konsequenz eines Ausschlusses weiterer Beitragsleistungen für andere Kinder der Beitragspflichtigen. Diese sich aus der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz für Geschwisterregelungen der hier vorliegenden Art zwingend ergebende Konsequenz versucht der Satzungsgeber durch § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung dadurch zu umgehen, dass der Beitrag für ein (anderes) Kind auch dann erhoben wird, falls eine Beitragsfreiheit
30– die aber wegen der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz im Rahmen der Geschwisterkindregelung wieder als aufgehoben anzusehen ist –
31für das Vorschulkind besteht. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zu der vorstehend dargelegten Funktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz.
32Das Ergebnis wird gestützt durch eine Kontrollüberlegung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Eine Differenzierung ist willkürlich, wenn kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung/Gleichbehandlung besteht. So würde es hier liegen, wenn die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung greifen würde. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz sind die Elternbeitragspflichtigen in Bezug auf Geschwisterregelungen so zu stellen, als ob für das beitragsbefreite Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz (entspricht § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung) tatsächlich ein Elternbeitrag geleistet wird. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung ist bei dieser Fallgestaltung zusätzlich für ein weiteres Kind ein weiterer Elternbeitrag zu leisten. Damit werden die Eltern in dieser Fallkonstellation (Vorschulkind/weiteres Kind) nach der Elternbeitragssatzung mit zwei zu leistenden Elternbeiträgen belastet. In allen anderen Fallkonstellationen, in denen mindestens zwei Kinder, von denen keines ein Vorschulkind ist, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden die Elternbeitragspflichtigen aufgrund der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung, für die § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung nicht gilt, hingegen nur mit der Leistung eines Elternbeitrages für ein Kind belastet. Für diese unterschiedliche Behandlung in der Beitragsbelastung ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Wegen der gesetzlichen Fiktion der Leistung eines Beitrages für das Vorschulkind in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz kann nämlich nicht darauf abgestellt werden, dass die Elternbeitragspflichtigen in der Konstellation Vorschulkinder/mindestens ein weiteres Kind in öffentlich geförderter Tagesbetreuung im Ergebnis tatsächlich keine Zahlung an die Beklagte erbringen. Denn dies ist gerade die Folge der vom Landesgesetzgeber angeordneten Leistungsfiktion für das Vorschulkind und ist von diesem so gewollt.
33Die von der Beklagten gegen dieses Auslegungsergebnis vorgebrachten Argumente verfangen nicht:
34Es trifft zwar zu, dass das KiBiz keine gesetzliche Vorgabe enthält, Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen. Denn nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz steht es im Ermessen, ob das Jugendamt ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorsieht. Wenn sich das Jugendamt indes entschließt, eine Geschwisterregelung einzuführen, dann ist es bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz mit der darin angeordneten Leistungsfiktion für das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind und Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Innerhalb dieser Grenzen ist das Jugendamt bei der Ausgestaltung der Geschwisterregelung frei. Dies kann zu unterschiedlichen Ausgestaltungen von Geschwisterregelungen in den kommunalen Satzungen führen. So sieht beispielsweise § 3 S. 2 der Satzung der Stadt E. über die Erhebung von Elternbeiträgen in Kindertageseinrichtungen und Horten in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz vor, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist. Bei einer solchen Ausgestaltung der Geschwisterregelung sind nicht – wie hier – beide Kinder der Elternbeitragspflichtigen von der tatsächlichen Zahlung des Elternbeitrages befreit. Vielmehr ist für mindestens ein Kind ein Elternbeitrag von 25 % tatsächlich zu zahlen.
35Auch Sinn und Zweck der Geschwisterregelung stehen dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Beklagte weist zutreffend unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 17. Mai 2011 – 12 A 642/11 – darauf hin, dass eine Geschwisterregelung unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastung der Eltern dient. Nach diesem Sinn und Zweck ist eine Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie nicht vorgesehen. Eine solche generelle Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie, von denen eines ein Vorschulkind ist, ordnet aber entgegen der Auffassung der Beklagten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz auch nicht an. Die Beklagte verkennt, dass durch § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz nicht alle Kinder einer Familie, die gleichzeitig eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, beitragsbefreit werden. Durch die vorgenannte Regelung wird lediglich in Anknüpfung an Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind gesetzlich fingiert, was im Rahmen der konkreten Geschwisterregelung zu berücksichtigen ist. Durch diese gesetzliche Fiktion sind die Eltern dieser Kinder rechtlich so gestellt, als ob von ihnen ein Elternbeitrag für dieses Kind geleistet wird. Damit ist aber die Konstellation gegeben, dass jedenfalls für ein Kind ein Elternbeitrag geleistet wird und das Konzept der Geschwisterregelung folgerichtig fortgeführt worden.
36Der Ausgangspunkt der Beklagten, wonach durch die Einfügung eines Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz vom Landesgesetzgeber keine generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern gewollt war, ist zutreffend. Diese Annahme rechtfertigt aber nicht den weitergehenden Schluss der Beklagten, durch die Gesetzesänderung habe sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. Eine solche Annahme lässt sich insbesondere nicht auf die Begründung der Gesetzesänderung stützen, wonach es sich bei der Änderung nur um eine gesetzliche Klarstellung handele und diese dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entsprochen habe.
37Mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz hat der Landesgesetzgeber eine Änderung der bisherigen Rechtslage in Bezug auf Geschwisterregelungen herbeigeführt.
38Vgl. Janssen, Dreier, Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand: 69. Ergänzungslieferung, KiBiz-Kommentar zu § 23 S. 42 f.; so wohl auch OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2014 – 12 A 815/14 –, juris, Rn. 72 und 73.
39Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung des OVG NRW geklärt, dass im Falle einer Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz bei einer Geschwisterregelung der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art gleichwohl ein Elternbeitrag zu erheben war, da eine solche Geschwisterregelung lediglich eine Reduzierung der Beitragsleistung auf jedenfalls einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für nur noch ein Kind vorsah.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 A 2492/12 -, juris, und Urteil vom 15. Dezember 2014 - 12 A 815/14 -, juris, insbesondere Rn. 72 und 73 zur neuen Rechtslage.
41Wenn der Landesgesetzgeber es bei dieser gefestigten und eindeutigen Rechtslage hätte belassen wollen, wäre die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz nicht erforderlich gewesen. Einer Klarstellung hätte es insoweit angesichts der eindeutigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch nicht bedurft. Die Gesetzesänderung durch den Landesgesetzgeber stellt vielmehr eine Reaktion auf die gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Bezug auf die Auslegung derartiger Geschwisterregelungen dar. Entgegen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wurde von Anfang an verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwisterregelungen im Falle der gesetzlich vorgesehenen Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz für das Vorschulkind auch kein Elternbeitrag für das andere, ebenfalls in Tagesbetreuung befindliche Kind erhoben werden konnte. In diesem Sinne wurden Geschwisterregelungen der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art von anderen Jugendämtern im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichtes auch ohne die Neuregelung angewandt. Denn nur im Falle einer solchen Interpretation der Geschwisterregelung war das bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz verfolgte Ziel, die Eltern von Elternbeiträgen zu entlasten und einen Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit für die Inanspruchnahme einer Tagesbetreuung zu schaffen, auch für diejenigen Eltern erreichbar, bei denen sich neben dem Vorschulkind mindestens ein weiteres Kind gleichzeitig in Tagesbetreuung befand, das ohne die gesetzliche Beitragsbefreiung aufgrund einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art ohnehin beitragsfrei gewesen wäre. Mit anderen Worten: Vorgenannte Eltern hatten bei einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art durch die in § 23 Abs. 3 KiBiz neu eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung keinen Vorteil, weil aufgrund der Geschwisterregelung in der ständigen Auslegung der Verwaltungsgerichte ohnehin nur ein Beitrag erhoben wurde und sich durch die eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung hieran nichts änderte. Dieses infolge der Geschwisterregelung in der Interpretation der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte herbeigeführte Ergebnis wurde vom Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz korrigiert.
42Im Übrigen kommt es auf die subjektiven Vorstellungen von am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten für die Auslegung einer Norm nicht an. Entscheidend ist vielmehr der objektive Gesetzesinhalt, wie er sich aus seinem Wortlaut und im Sinnzusammenhang ergibt.
43OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2015 – 12 A 1075/14 –, juris Rdn. 35 – 37 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 2 BvE 1/83, 2. BvE 2/83, 2 BvE 3/83, 2 BvE 4/83 –, BVerfGE 62, 1 (45).
44Weder dem Wortlaut noch dem Sinnzusammenhang des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz lässt sich entnehmen, dass keine Änderung der bisherigen Rechtslage bewirkt werden sollte.
45Vor diesem Hintergrund ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 – 8 K 154/15 – keine andere Beurteilung veranlasst. Es ist zwar richtig, dass die Neuregelung des § 23 Abs. 5 KiBiz nicht zwingend zu einer Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern führt. Ob dieser Zustand eintritt, ist allein abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Geschwisterregelung durch den Satzungsgeber. Das belegt bereits die oben angeführte Geschwisterregelung der Stadt E. . Wählt der Satzungsgeber hingegen eine Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art, wonach bei Inanspruchnahme einer öffentlich geförderten Tagesbetreuung durch mehrere Kinder von Elternbeitragspflichtigen nur ein Beitrag zu leisten ist, dann kann er eine Doppelbefreiung aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vermeiden.
46Entgegen der Auffassung der Beklagten wird durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz das verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip in § 78 Abs. 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht berührt. Denn mit der Neuregelung hat das Land keine neuen Aufgaben übertragen oder bestehende und übertragene Aufgaben verändert, die notwendigerweise zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geführt hat. Denn der Landesgesetzgeber hat mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz keine zwingende Beitragsbefreiung angeordnet. Er hat lediglich für eine Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrags für nach § 23 Abs. 3 KiBiz gesetzlich beitragsbefreite Vorschulkinder fingiert, für die im Übrigen das Land nach § 21 Abs. 10 KiBiz den örtlichen Trägern der Jugendhilfe einen pauschalen Ausgleich gewährt. Diese Neuregelung führt nicht gegen den Willen der Gemeinden und Gemeindeverbände zwingend zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass es nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz in ihrem Ermessen steht, ob sie eine Geschwisterregelung einführt. Wie zuvor ausgeführt, steht es ihr unter Beachtung von § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz und dem Gleichheitssatz auch frei, wie sie eine Geschwisterregelung näher ausgestaltet, wenn sie sich nach ihrem freien Willen zur Schaffung einer Geschwisterregelung entscheidet. Durch die Art der Ausgestaltung der Geschwisterregelung kann sie zudem auf die Höhe des Beitragsausfalls nach eigenem Ermessen Einfluss nehmen. So hat beispielsweise die Stadt E. in § 3 S. 2 ihrer Elternbeitragssatzung geregelt, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist, wenn das ältere Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 KiBiz kraft Gesetzes beitragsbefreit ist. Andere gesetzeskonforme Ausgestaltungen sind denkbar, die zu weitaus höheren tatsächlichen Zahlungen der Elternbeitragspflichtigen für weitere neben dem Vorschulkind gleichzeitig eine öffentliche Tagesbetreuung in Anspruch nehmende Kinder führen können. Hat es die Beklagte mithin selbst in der Hand, durch die Ausgestaltung ihres Satzungsrechtes die Höhe der Beitragseinnahmen festzulegen, hat sie den durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz entstehenden Einnahmeausfall bei einer nach ihrem Willen ausgestalteten Geschwisterregelung selbst zu verantworten.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Kläger haben zwei Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine in kirchlicher Trägerschaft befindliche Kindertageseinrichtung auf dem Gebiet der Beklagten besuchten. Das ältere Kind wurde im Anschluss an dieses Kindergartenjahr eingeschult.
3Mit Bescheid vom 21. Juli 2014 setzte die Beklagte auf der Grundlage ihrer Elternbeitragssatzung vom 26. Februar 2008 in der Fassung der Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 - im Folgenden: EBS - die von den Klägern zu entrichtenden Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 und die beiden folgenden Kindergartenjahre fest. Einschlägig waren insoweit vor allem § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS, nach dem der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben wird, wenn mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig eine Tageseinrichtung besuchen, und § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, nach dem ein Beitrag für ein Kind auch dann erhoben wird, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 EBS (Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung) vorzunehmen ist. Für das Kindergartenjahr 2014/2015 nahm der Bescheid für beide Kinder der Kläger im Ergebnis eine Beitragsfreiheit an (einerseits "beitragsfreies Jahr", andererseits "beitragsfrei"), ohne hierfür eine weitergehende Begründung zu geben.
4Mit Änderungsbescheid vom 28. August 2014 setzte die Beklagte den von den Klägern im Kindergartenjahr 2014/2015 für das jüngere Kind zu entrichtenden Elternbeitrag auf 504,00 € monatlich fest. Für das ältere Kind wurde erneut Beitragsfreiheit angenommen. Auch die Festsetzungen für die Kindergartenjahre 2015/2016 und 2016/2017 entsprachen den Festsetzungen im Bescheid vom 21. Juli 2014. Zur Begründung der Änderung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juli 2014 aufgrund eines Fehlers in der Datenverarbeitung fehlerhaft gewesen sei.
5Am 11. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie sinngemäß im Wesentlichen geltend gemacht haben, dass die für ihr jüngeres Kind erfolgte Beitragsfestsetzung für das Kindergartenjahr 2014/2015 rechtswidrig sei, weil nach der in der Elternbeitragssatzung enthaltenen Geschwisterregelung Beitragsfreiheit bestehe und davon abweichende Regelungen nicht mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu vereinbaren seien.
6Die Kläger haben beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die angefochtene Beitragsfestsetzung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS beruhe und die dortige Regelung auch in Ansehung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz wirksam sei, weil diese Vorschrift eine doppelte Befreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern nicht zwingend vorschreibe.
11Mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im beantragten Umfang aufgehoben.
12Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht unterstelle eine Verpflichtung gegenüber den Eltern, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts. Dementsprechend könne das Verwaltungsgericht aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch nicht schlussfolgern, dass der Gesetzgeber eine Korrektur bezüglich der finanziellen Entlastung vorgenommen habe, da es ihm mit seiner ersten Änderung nicht gelungen sei, den Vorteil an die Eltern abzugeben. Ferner habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass das Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz keine gleichzeitige Verpflichtung zu einer Geschwisterkindermäßigung durch den Satzungsgeber darstelle. Solange der Gesetzgeber es dem Träger der Jugendhilfe freistelle, eine Geschwisterkindregelung zu schaffen, verbiete sich die Annahme, das Geschwisterkindprivileg sei zwingend kumulativ mit dem Vorschulprivileg anzuwenden. Die Fiktionsregelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Aachen zu unterschiedlichen Fiktionswirkungen kämen, was den Satzungsgeber hindere, seine Satzungsautonomie rechtssicher durchzuführen, woraus eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts resultiere. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Satz 3 des § 23 Abs. 5 Kibiz eine Leistungsfiktion zuschreibe, finde diese Auslegung weder im Wortlaut der Norm noch in der bisherigen Rechtsprechung noch in der Gesetzesbegründung eine Grundlage. Die Leistungsfiktion führe zu einem erheblichen Einschnitt in das ihr (der Beklagten) durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende und generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern haben wollen, hätte er § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz ändern müssen, was nicht geschehen sei. Damit verletze das angefochtene Urteil die zuvor genannte Vorschrift. Eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Kläger sei nicht erkennbar. Die diesbezügliche Kontrollüberlegung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Tatsächlich seien die Kläger nicht mit zwei Elternbeiträgen belastet. Zu einer solchen Annahme komme man nur aufgrund einer Leistungsfiktion, die sich jedoch aus der gesetzlichen Regelung nicht ergebe. Dagegen führe das angefochtene Urteil insoweit zu einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur in Gemeinden zur Anwendung komme, die eine Geschwisterkindregelung getroffen hätten. Gerade solche Gemeinden bekämen dann Finanzierungslücken, während Gemeinden ohne Geschwisterkindregelung den finanziellen Vorteil durch die Kindpauschalen gar nicht an die Eltern abgeben müssten.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Die Kläger beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie machen sich zur Begründung ihres Antrags die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil zu eigen und treten im Übrigen dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Wesentlichen wie folgt entgegen: Darauf, was das Verwaltungsgericht Aachen entschieden habe, komme es nicht an, weil dort eine andere Satzung zu beurteilen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe zudem nicht ausgeschlossen, dass für ein Geschwisterkind ein Beitrag festgesetzt werden könne. Das angegriffene Urteil stehe ferner nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, weil diese Rechtsprechung zur alten Gesetzeslage, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz noch nicht existiert habe, ergangen sei. Mit der Einführung der zuvor genannten Vorschrift sei vom Gesetzgeber auch eine Änderung beabsichtigt gewesen dahingehend, den Kommunen die Möglichkeit zu nehmen, die Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Kosten des Landes zum Anlass zu nehmen, ihre Geschwisterkindprivilegien im beitragsfreien Jahr des Vorschulkinds einzuschränken. Im Übrigen sei der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eindeutig im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Fiktion. Diese Fiktion bewirke die Anwendbarkeit einer kommunalen Geschwisterkindregelung, die nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Beitragsfreiheit des Vorschulkinds nicht gegeben gewesen sei. Angesichts des der Beklagten zustehenden weiten Ermessens sowohl bei der Festsetzung der Beitragshöhe als auch bei der Regelung von Ermäßigungstatbeständen sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in dem hier gegebenen Fall des neben einem Vorschulkind ebenfalls beitragsbefreiten Geschwisterkinds die ihr vorgeschriebene Finanzierungsquote nicht erfüllen könne.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
21Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Diese ist begründet. Der Änderungsbescheid vom 28. August 2014 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Die Beitragsfestsetzung für das jüngere Kind der Kläger für das Kindergartenjahr 2014/2015 kann weder auf § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS gestützt werden, weil der nach dieser Vorschrift zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das ältere (Vorschul-)Kind der Kläger fingiert, noch auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, weil die dortige Regelung nichtig ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es ganz überwiegend an den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbeigeht.
23Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 - 8 K 154/15 - entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht im Widerspruch zu dem hier angegriffenen Urteil steht. Insbesondere ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen nicht, dass dieses hinsichtlich der Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine andere Auffassung als das Verwaltungsgericht Düsseldorf vertritt. Dazu, konkret welche andere Auffassung das Verwaltungsgericht Aachen haben soll, trägt die Beklagte nichts vor. Ansonsten hatte das Verwaltungsgericht Aachen der dortigen Beitragserhebung zugrunde liegende Satzungsregelungen einer anderen Kommune zu beurteilen, die mit den hier maßgeblichen nicht übereinstimmen. Soweit die Verwaltungsgerichte Aachen und Düsseldorf bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jeweils zur Überprüfung gestellten Beitragsbescheide zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, beruht dies im Wesentlichen eben darauf, dass unterschiedliche Satzungsregelungen zu beurteilen waren. Der Versuch des Beklagten, mit aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen gezogenen Schlussfolgerungen die Richtigkeit der hier angegriffenen Entscheidung in Frage zu stellen, schlägt daher fehl. Daran anschließend kommt es auch nicht darauf an, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen inzwischen nach Ablehnung des dagegen gerichteten Berufungszulassungsantrags
24- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2016- 12 A 1106/15 -
25rechtskräftig ist, zumal die Überprüfung des Urteils durch den Senat nur in den durch das Darlegungsgebot gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gesetzten Grenzen stattgefunden hat.
26Dem Berufungsvorbringen kann allenfalls insoweit gefolgt werden, als das Verwaltungsgericht Aachen sich nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt hat, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion einer Beitragsverpflichtung hinaus auch eine Leistungsfiktion enthält. Allerdings hatte es hierzu angesichts der von ihm konkret beurteilten Satzungsbestimmung auch keine Veranlassung. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es in dem Urteil an einer Stelle sinngemäß heißt, die Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz habe lediglich zur Folge, dass nunmehr auch beitragsbefreite Vorschulkinder "als beitragspflichtig gelten" und damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen komme. Den weiteren Entscheidungsgründen kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass mit dem Wort "lediglich" keine Beschränkung auf die Beitragsfiktion vorgenommen und damit zugleich konkludent die Leistungsfiktion ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr sollte mit dem "lediglich" zum Ausdruck gebracht werden, dass sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion hinaus keine Verpflichtung ergibt, ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei zu stellen. Letztlich kommt es auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Aachen ohnehin nicht an, weil es zutreffend ist, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Wege der Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch eine Leistungsfiktion angenommen hat.
27Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz unmittelbar nicht lediglich eine Fiktion darstellt oder normiert. Angesichts des Wortlauts des ersten Halbsatzes ("Bei Geschwisterregelungen sind Kinder … so zu berücksichtigen, …") handelt es sich in erster Linie um eine regelnde Vorgabe oder (Handlungs-)Anweisung für die Anwendung von Geschwisterregelungen, und zwar in (Eltern-)Beitragssatzungen, weil das Kinderbildungsgesetz selbst keine Geschwisterregelungen enthält. Mit solchen Regelungen sind offensichtlich Beitragsermäßigungen oder -befreiungen für Geschwisterkinder im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz gemeint, die im Ermessen des kommunalen Satzungsgebers stehen. Erst der Inhalt dessen, was durch den zweiten Halbsatz des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz regelnd vorgegeben wird ("… , als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre."), stellt eine Fiktion dar oder enthält inzident eine solche, weil die angesprochenen Vorschulkinder kraft Gesetzes (§ 23 Abs. 3 Kibiz) beitragsfrei sind. Auf eine insoweit gegebene Fiktion deutet auch die Verwendung des Konjunktivs ("wäre") hin.
28Welchen genauen Inhalt die durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz gemachte Vorgabe hat, d. h. welche Fiktion bei Geschwisterregelungen zu beachten ist, lässt sich allein anhand des Wortlauts der Norm nicht eindeutig beantworten. Es erscheint danach offen, ob nur die Beitragspflicht der Vorschulkinder (fiktiv) vorgegeben wird oder daneben auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung) der Eltern. Auf Letzteres deutet die Verwendung des Worts "leisten" hin, da bei einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion die Formulierung näher gelegen hätte"… , als ob sie beitragspflichtig wären.". Unabhängig vom Wortlaut spricht gegen die Annahme einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion, dass eine solche Beschränkung wenig sinnhaft erschiene, weil Beitragsverpflichtung und Beitragsleistung (Zahlung) ohnehin zusammengehören und aufeinander aufbauen. Nimmt man eine Leistungsfiktion an, schließt das die Fiktion der Beitragspflicht ein, weil die Fiktion der Leistung ohne gleichzeitige Fiktion einer entsprechenden Beitragspflicht nicht sinnvoll erscheint. Umgekehrt gilt Ähnliches, weil es inkonsequent erschiene, zwar eine Beitragsverpflichtung zu fingieren, die davon abhängige und darauf aufbauende Leistung jedoch nicht zu regeln, also nicht ebenfalls zu fingieren. Dem Gesetz selbst kann ansonsten eine Differenzierung zwischen Beitragspflicht und Leistung(spflicht) nicht entnommen werden. Wenn es eine Beitragspflicht anordnet, versteht es sich von selbst, dass der Beitrag zu erheben und vom Pflichtigen zu leisten (zahlen) ist. Besteht umgekehrt Beitragsfreiheit, versteht es sich ebenfalls von selbst, dass ein Beitrag nicht erhoben werden darf und auch nicht zu leisten (zahlen) ist. Schließlich entspricht die Annahme, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere sowohl die Beitragsverpflichtung als auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung), am ehesten dem Willen des Gesetzgebers.
29Zwar ist die dem Gesetzentwurf beigefügte Begründung für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eher dürftig und beschränkt sich auf den Satz:
30"Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes" (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102).
31Darüber, was klargestellt werden sollte, kann nur spekuliert werden, weil in der Begründung des Gesetzentwurfs nichts zu eventuellen Unklarheiten gesagt wird und das Kinderbildungsgesetz vor Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 außer der Ermächtigung in § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz keinerlei Vorgaben für Geschwisterregelungen (Ermäßigungen oder Befreiungen) enthielt, hinsichtlich derer ein Klarstellungsbedarf hätte bestehen können. Die Bezugnahme in der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes gibt für die Beantwortung der Frage, was nun mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz klargestellt werden sollte, ebenfalls nichts her. Der in Bezug genommene Wille ging im Ergebnis dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte.
32Vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 47
33Da sich daraus nicht ergibt, dass sich der Gesetzgeber des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes seinerzeit Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen die neu geschaffene Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen hat, kann aus dem Willen nichts Hinreichendes zur Konkretisierung dessen abgeleitet werden, was nun genau Gegenstand der mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz laut Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte. Äußerungen der Exekutive nach Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz sind insoweit irrelevant.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2012- 12 A 1001/12 -, juris Rn. 9.
35Weitergehender diesbezüglicher Überlegungen bedarf es jedoch nicht, weil unabhängig von dem nach dem Vorstehenden ungeklärten Gegenstand der Klarstellung der Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes einen ausreichenden Anhaltspunkt für die Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage liefert, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nun lediglich eine Fiktion der Beitragsverpflichtung beinhaltet oder auch eine Fiktion der Beitragsleistung. Wenn nämlich für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz der Wille des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes eine Rolle spielte oder sogar maßgeblich war und dieser Wille dahin ging, schrittweise eine vollständige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen, dann drängt sich die Auslegung auf, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere die Beitragsverpflichtung und die Beitragsleistung, weil vor allem bei diesem Verständnis gewährleistet ist, dass, wie vom Verwaltungsgericht aufgezeigt, neben der ohnehin durch Gesetz angeordneten Beitragsbefreiung der Vorschulkinder über Geschwisterregelungen in Form von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS auch die Geschwisterkinder beitragsbefreit sind.
36Siehe auch Janssen/Dreier/Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand September 2015, § 23 Kibiz Nr. 9.2 S. 42 f.
37Das weitere Berufungsvorbringen dringt ebenfalls nicht durch. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht unterstellt hat, dass "es eine Verpflichtung gegenüber den Eltern gibt, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben". Abgesehen davon, dass sich bereits nicht hinreichend erschließt, was damit gemeint ist und was sich daraus im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS oder die Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS ergeben sollte, lassen sich weder dem angegriffenen Urteil Ausführungen zur Weitergabe von Kindpauschalen entnehmen noch zeigt die Beklagte in verständlicher Weise auf, aus welchen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil sich das Unterstellte ergibt oder ergeben soll. Angesichts dessen kommt es auf das weitere Berufungsvorbringen nicht an, in dem sich die Beklagte, anknüpfend an ihre zuvor dargestellte eigene Unterstellung, damit auseinandersetzt, dass die ältere Rechtsprechung des Senats keine Grundlage für die Weitergabe der gewährten Pauschalen des Landes an die Kindeseltern gesehen habe und auch der Wille des Landesgesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz nicht dahin gegangen sei, die Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben.
38Weiterhin missversteht die Beklagte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, soweit dieses in der Einführung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 Kibiz eine - über eine Klarstellung hinausgehende - Gesetzesänderung gesehen hat. Der Wille des Gesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz ging, wie zuvor dargestellt, dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte. Dies hat nichts mit der (Nicht-)Weitergabe von Kindpauschalen zu tun. Ansonsten hat das Verwaltungsgericht zutreffend sinngemäß ausgeführt, dass Eltern von mehreren (Geschwister-)Kindern durch § 23 Abs. 3 Kibiz im Ergebnis im Fall von Geschwisterregelungen der auch hier vorliegenden Gestalt (§ 3 Abs. 4 Satz 1 EBS) - jedenfalls bei rechtskonformer Anwendung einer solchen Regelung - keine weitere Entlastung erfahren hatten. Ohne die oder vor der Befreiung gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz war nur ein Kind beitragspflichtig. Denn insoweit führte die Geschwisterregelung zu einer Entlastung, weil nach ihr - verkürzt - bei mehreren (beitragspflichtigen) Kindern nur für ein Kind ein Beitrag erhoben wurde. Nach der Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz war zwar das ältere (Vorschul-)Kind beitragsfrei. Eine weitere Entlastung trat jedoch nicht ein, weil nunmehr für das jüngere Kind ein Beitrag zu zahlen war, und zwar der eine Beitrag, der nach der Geschwisterregelung bei mehreren gleichzeitig den Kindergarten besuchenden Kindern erhoben wird. An dieser Stelle bewirkt nun, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Korrektur dahingehend, dass bei Anwendung der zuvor genannten Geschwisterregelung bei zwei Kindern faktisch für kein Kind ein Beitrag zu zahlen ist: Das Vorschulkind ist nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfrei, das zweite Kind ist es nach der Geschwisterregelung, weil der nach dieser Regelung zu zahlende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das Vorschulkind fingiert.
39Entgegen dem insoweit sinngemäßen Berufungsvorbringen ist das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch nicht davon ausgegangen, dass sich aus dem sog. Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz für den Satzungsgeber zugleich die Verpflichtung zu einer Geschwisterermäßigung ergibt, und hat sich dementsprechend auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats
40- vgl. u. a. Beschluss vom 24. Januar 2013
41- 12 A 2492/12 -, juris -
42gesetzt. Offensichtlich regelt § 23 Abs. 3 Kibiz lediglich die Freistellung von der Beitragspflicht im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung. Allerdings hatte die Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz, wie zuvor aufgezeigt, Auswirkungen auf die Anwendung von bestehenden Geschwisterregelungen der zuvor genannten Art. Ob der Gesetzgeber mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bewusst darauf reagiert hat oder reagieren wollte, was nun genau Gegenstand der nach der Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte und ob die Klarstellung eine Änderung der Rechtslage bewirkt hat oder nicht, bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn es ergibt sich weder aus der zuvor genannten Vorschrift selbst noch aus den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch aus den Gesetzmaterialien zur Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz, dass ein kommunaler Satzungsgeber verpflichtet ist, neben der Beitragsbefreiung für ein Vorschulkind zugleich auch eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorzusehen. Zwar ist eine solche doppelte Beitragsbefreiung, wie ausgeführt, die Folge aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz, wenn eine Geschwisterregelung in Gestalt von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS (fort-)besteht oder geschaffen wird. Indes besteht keine Verpflichtung des kommunalen Satzungsgebers, eine solche Geschwisterregelung beizubehalten oder zu schaffen.
43Gegen die Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht unter den von der Beklagten problematisierten Gesichtspunkten der hinreichenden Bestimmtheit und des Rechtsstaatsprinzips.
44Was die Bestimmtheit anbelangt, ist nach dem Vorstehenden bereits angesichts des Wortlauts eindeutig, dass die Vorschrift eine (Anwendungs-)Vorgabe für Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen macht. Soweit der Wortlaut den Inhalt der für Geschwisterregelungen vorgegebenen Fiktion nicht eindeutig erkennen lässt, ergibt sich nach den vorstehenden Ausführungen im Wege der Auslegung ein hinreichend bestimmter Inhalt. Ob die Anwendung der danach hinreichend bestimmten Vorschrift im Rahmen von Geschwisterregelungen überhaupt noch die Bestimmtheit betrifft, kann dahinstehen, weil nach den vorstehenden Ausführungen auch insoweit kein Zweifel besteht oder jedenfalls nicht verbleibt: Im Hinblick auf Geschwisterregelungen der hier in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS normierten Art führt § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zur Beitragsfreiheit des (jüngeren) Geschwisterkinds, weil der nach der Geschwisterregelung zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den die Vorschrift für das (ältere) Vorschulkind fingiert. Darüber hinaus ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz als weitere Rechtsfolge, dass alle Geschwisterregelungen in (Eltern-)Beitragssatzungen unwirksam und nichtig sind, welche die gesetzlich fingierte Beitragspflicht und -zahlung des nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfreien Vorschulkinds negieren oder missachten. Das trifft etwa auch in Fällen zu, in denen die Satzung für die von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz erfassten Fälle andere Rechtsfolgen normiert als in Fällen, in denen keine Beitragsfreiheit gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz in Rede steht. Auch dies liegt klar auf der Hand und führt letztlich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, zur Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Dass die Beklagte dieses Ergebnis für untunlich oder misslich hält, stellt die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht in Frage. Zwar mag es sein, dass die Einführung dieser Vorschrift bei Kommunen, welche Satzungsregelungen nach Art von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hatten und sich die insoweit aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende Konsequenz (doppelte Beitragsbefreiung) nicht hinnehmen woll(t)en, (Rechts-) Unsicherheit insoweit ausgelöst hat, mit welcher (neuen anderen) Satzungsregelung sich die doppelte Beitragsbefreiung vermeiden lässt. Dies berührt jedoch nicht die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Entsprechendes gilt für die sich aus der Vorschrift ergebenden Rechtsfolgen. Wie § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu verstehen und zu handhaben ist, hat das Verwaltungsgericht mit stringenter juristischer Argumentation aufgezeigt. Bei einer solchen Vorgehensweise kann auch die kommunale Satzungsautonomie "rechtssicher durchgeführt" werden.
45Zuzugeben ist der Beklagten, dass bei der vom Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommenen Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz das den Kommunen durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen ein Stück weit eingeschränkt wird. Daraus resultieren jedoch keine Bedenken an der Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Da die Beklagte selbst nicht in Abrede stellt, dass der Gesetzgeber zu einer Änderung von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz befugt wäre, ist es ihm auch nicht verwehrt, eine solche Änderung dadurch herbeizuführen, dass er eine andere Vorschrift (§ 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz) einführt, die in der Sache das durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen teilweise beschränkt. Dadurch entstehen auch nicht zwangsläufig Finanzierungslücken bei der Beklagten, da diese nicht gezwungen (gewesen) ist, an den Geschwisterregelungen in § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 EBS festzuhalten. Sollten hier Finanzierungslücken bei der Beklagten entstanden sein oder entstehen, beruht das allein darauf, dass sie- nach dem Vorstehenden unzutreffend - davon ausgegangen ist, § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS werde durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht berührt, und sie es deshalb unterlassen hat, zum Inkrafttreten von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Änderung ihrer Elternbeitragssatzung vorzunehmen, wenn sie die doppelte Beitragsbefreiung, wie sie nach dem Vorstehenden im Zusammenwirken von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS eintritt, nicht hinnehmen wollte.
46Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Kontrollüberlegung juristisch stringent in dem Sinne, dass sie die sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende - nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandende - Leistungsfiktion konsequent zur Anwendung bringt. Zwar trifft der Vortrag der Beklagten zu, dass in den Fällen, in denen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz greift, tatsächlich (faktisch) für das Vorschulkind kein Beitrag gezahlt wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe führt es jedoch zu einer Ungleichbehandlung, wenn der faktischen/tatsächlichen Nichtzahlung mit einer hierauf bezogenen Regelung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 EBS) Rechnung getragen wird. Die Nichtzahlung stellt angesichts der gesetzlichen Fiktion keinen zulässigen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar.
47Die sich angesichts des Vorstehenden stellende verfassungsrechtliche Frage, ob in der Fiktion des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz selbst eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung liegt, ist zu verneinen. Es liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, auch wenn die Fiktion im Rahmen von Geschwisterregelungen hinsichtlich der Beitragsverpflichtung und -leistung zu einer Gleichbehandlung von Vorschulkindern, die rechtlich gesehen beitragsfrei sind und für die dementsprechend tatsächlich kein Beitrag gezahlt wird, mit regulär beitragspflichtigen Kindern, für die tatsächlich Beiträge geleistet werden, zwingt. Dem Gesetzgeber steht nämlich bei der Gewährung von Befreiungen von einer grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst an der Willkürgrenze endet.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1995 - 6 B 73.95 -, juris Rn. 9, m. w. N.
49Dieser Gestaltungsspielraum ist hier eröffnet (gewesen) und nicht überschritten worden. Das grundsätzliche Bestehen einer Leistungspflicht ergibt sich daraus, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann anwendbar ist, wenn sich der kommunale Satzungsgeber gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Kibiz dazu entschlossen hat, Elternbeiträge zu erheben (und sich im Weiteren in der Satzung eine Geschwisterregelung findet). Mit anderen Worten ist der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann eröffnet, wenn aufgrund einer kommunalen Satzung grundsätzlich eine Beitrags- und Leistungspflicht besteht. Darüber hinaus stellt die Vorschrift im Ergebnis auch eine Befreiungsregelung dar. Nach den vorstehenden Ausführungen führt die Vorschrift nämlich im Rahmen von bestimmten Geschwisterregelungen zur Beitragsfreiheit eines Geschwisterkinds. Die in der Vorschrift liegende Fiktion und die damit einhergehende Ungleichbehandlung ist auch nicht willkürlich, weil der sie rechtfertigende sachliche Grund in der zulässigen bildungs- und familienpolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers liegt, eine (schrittweise vorzunehmende) völlige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen.
50Die Beklagte dringt schließlich nicht mit ihrem sinngemäßen Vorbringen durch, es führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz lediglich in den Kommunen Auswirkungen habe, die eine Geschwisterregelung entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hätten. Abgesehen davon, dass diese Überlegung nicht zur Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS führt und die Beklagte im Zusammenhang mit der Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht verpflichtet gewesen ist, § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS aufrecht zu erhalten, macht sie in der Sache eine ungleiche Beitragsbelastung der Eltern geltend, auf die sie sich jedoch von vornherein nicht berufen kann. Soweit sie sich selbst als durch entstehende Finanzierungslücken belastet ansieht, ist bereits aufgezeigt worden, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht zwingend zu Finanzierungslücken führen muss.
51Über die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinaus ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Beitragserhebung auch nicht (allein) auf § 3 Abs. 1 EBS gestützt werden kann. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn die spezielleren Beitragsregelungen für Geschwisterfälle in § 3 Abs. 4 EBS insgesamt nichtig wären, was indes nicht der Fall ist. Die hier bestehende Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS hat nicht die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS zur Folge.
52Vgl. allgemein zur Teil- und Gesamtnichtigkeit von Satzungen BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008 - 9 B 40.08 -, juris Rn. 13, m. w. N.
53Da die Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS für sich genommen wirksam ist, insbesondere nicht gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibz verstößt, in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS abhängig ist und dementsprechend einen eigenständigen und darüber hinaus sinnvollen Anwendungs-/Regelungsbereich hat, besteht unter diesen Gesichtspunkten kein Anhaltspunkt dafür, dass die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS auch § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS erfasst. Darüber hinaus stellt sich die Geschwisterregelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS als bewusste und gewollte (familienpolitische) Entscheidung des Satzungsgebers zur (Beitrags-)Entlastung von Familien mit mehreren Kindern dar. Sie existierte bereits vor der im Jahr 2013 erfolgten Einführung von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Weder aus den diesbezüglichen Satzungs(aufstellungs)vorgängen der Beklagten aus dem Jahr 2013 noch aus ihrem Vorbringen in diesem Verfahren kann geschlossen werden, dass die Geschwisterregelung zur Disposition gestanden hätte, also aufgehoben worden wäre, wenn die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS erkannt worden wäre. Vielmehr spricht der zuvor dargestellte familienpolitische Hintergrund der Geschwisterregelung für die Annahme, dass an ihr auch bei Kenntnis der Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS festgehalten worden wäre.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Fragen zur Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und von Geschwisterregelungen in kommunalen Satzungen betreffen nicht Bundesrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Für die Inanspruchnahme von Angeboten
- 1.
der Jugendarbeit nach § 11, - 2.
der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 und 3 und - 3.
der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 kann der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn
- 1.
die Belastung - a)
dem Kind oder dem Jugendlichen und seinen Eltern oder - b)
dem jungen Volljährigen
- 2.
die Förderung für die Entwicklung des jungen Menschen erforderlich ist.
(3) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 sind Kostenbeiträge zu staffeln. Als Kriterien für die Staffelung können insbesondere das Einkommen der Eltern, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Betreuungszeit des Kindes berücksichtigt werden. Werden die Kostenbeiträge nach dem Einkommen berechnet, bleibt das Baukindergeld des Bundes außer Betracht. Darüber hinaus können weitere Kriterien berücksichtigt werden.
(4) Im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 wird der Kostenbeitrag auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die Eltern über die Möglichkeit einer Antragstellung nach Satz 1 bei unzumutbarer Belastung durch Kostenbeiträge zu beraten. Absatz 2 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Kläger haben zwei Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine in kirchlicher Trägerschaft befindliche Kindertageseinrichtung auf dem Gebiet der Beklagten besuchten. Das ältere Kind wurde im Anschluss an dieses Kindergartenjahr eingeschult.
3Mit Bescheid vom 21. Juli 2014 setzte die Beklagte auf der Grundlage ihrer Elternbeitragssatzung vom 26. Februar 2008 in der Fassung der Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 - im Folgenden: EBS - die von den Klägern zu entrichtenden Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 und die beiden folgenden Kindergartenjahre fest. Einschlägig waren insoweit vor allem § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS, nach dem der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben wird, wenn mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig eine Tageseinrichtung besuchen, und § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, nach dem ein Beitrag für ein Kind auch dann erhoben wird, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 EBS (Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung) vorzunehmen ist. Für das Kindergartenjahr 2014/2015 nahm der Bescheid für beide Kinder der Kläger im Ergebnis eine Beitragsfreiheit an (einerseits "beitragsfreies Jahr", andererseits "beitragsfrei"), ohne hierfür eine weitergehende Begründung zu geben.
4Mit Änderungsbescheid vom 28. August 2014 setzte die Beklagte den von den Klägern im Kindergartenjahr 2014/2015 für das jüngere Kind zu entrichtenden Elternbeitrag auf 504,00 € monatlich fest. Für das ältere Kind wurde erneut Beitragsfreiheit angenommen. Auch die Festsetzungen für die Kindergartenjahre 2015/2016 und 2016/2017 entsprachen den Festsetzungen im Bescheid vom 21. Juli 2014. Zur Begründung der Änderung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juli 2014 aufgrund eines Fehlers in der Datenverarbeitung fehlerhaft gewesen sei.
5Am 11. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie sinngemäß im Wesentlichen geltend gemacht haben, dass die für ihr jüngeres Kind erfolgte Beitragsfestsetzung für das Kindergartenjahr 2014/2015 rechtswidrig sei, weil nach der in der Elternbeitragssatzung enthaltenen Geschwisterregelung Beitragsfreiheit bestehe und davon abweichende Regelungen nicht mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu vereinbaren seien.
6Die Kläger haben beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die angefochtene Beitragsfestsetzung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS beruhe und die dortige Regelung auch in Ansehung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz wirksam sei, weil diese Vorschrift eine doppelte Befreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern nicht zwingend vorschreibe.
11Mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im beantragten Umfang aufgehoben.
12Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht unterstelle eine Verpflichtung gegenüber den Eltern, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts. Dementsprechend könne das Verwaltungsgericht aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch nicht schlussfolgern, dass der Gesetzgeber eine Korrektur bezüglich der finanziellen Entlastung vorgenommen habe, da es ihm mit seiner ersten Änderung nicht gelungen sei, den Vorteil an die Eltern abzugeben. Ferner habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass das Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz keine gleichzeitige Verpflichtung zu einer Geschwisterkindermäßigung durch den Satzungsgeber darstelle. Solange der Gesetzgeber es dem Träger der Jugendhilfe freistelle, eine Geschwisterkindregelung zu schaffen, verbiete sich die Annahme, das Geschwisterkindprivileg sei zwingend kumulativ mit dem Vorschulprivileg anzuwenden. Die Fiktionsregelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Aachen zu unterschiedlichen Fiktionswirkungen kämen, was den Satzungsgeber hindere, seine Satzungsautonomie rechtssicher durchzuführen, woraus eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts resultiere. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Satz 3 des § 23 Abs. 5 Kibiz eine Leistungsfiktion zuschreibe, finde diese Auslegung weder im Wortlaut der Norm noch in der bisherigen Rechtsprechung noch in der Gesetzesbegründung eine Grundlage. Die Leistungsfiktion führe zu einem erheblichen Einschnitt in das ihr (der Beklagten) durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende und generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern haben wollen, hätte er § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz ändern müssen, was nicht geschehen sei. Damit verletze das angefochtene Urteil die zuvor genannte Vorschrift. Eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Kläger sei nicht erkennbar. Die diesbezügliche Kontrollüberlegung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Tatsächlich seien die Kläger nicht mit zwei Elternbeiträgen belastet. Zu einer solchen Annahme komme man nur aufgrund einer Leistungsfiktion, die sich jedoch aus der gesetzlichen Regelung nicht ergebe. Dagegen führe das angefochtene Urteil insoweit zu einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur in Gemeinden zur Anwendung komme, die eine Geschwisterkindregelung getroffen hätten. Gerade solche Gemeinden bekämen dann Finanzierungslücken, während Gemeinden ohne Geschwisterkindregelung den finanziellen Vorteil durch die Kindpauschalen gar nicht an die Eltern abgeben müssten.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Die Kläger beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie machen sich zur Begründung ihres Antrags die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil zu eigen und treten im Übrigen dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Wesentlichen wie folgt entgegen: Darauf, was das Verwaltungsgericht Aachen entschieden habe, komme es nicht an, weil dort eine andere Satzung zu beurteilen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe zudem nicht ausgeschlossen, dass für ein Geschwisterkind ein Beitrag festgesetzt werden könne. Das angegriffene Urteil stehe ferner nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, weil diese Rechtsprechung zur alten Gesetzeslage, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz noch nicht existiert habe, ergangen sei. Mit der Einführung der zuvor genannten Vorschrift sei vom Gesetzgeber auch eine Änderung beabsichtigt gewesen dahingehend, den Kommunen die Möglichkeit zu nehmen, die Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Kosten des Landes zum Anlass zu nehmen, ihre Geschwisterkindprivilegien im beitragsfreien Jahr des Vorschulkinds einzuschränken. Im Übrigen sei der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eindeutig im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Fiktion. Diese Fiktion bewirke die Anwendbarkeit einer kommunalen Geschwisterkindregelung, die nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Beitragsfreiheit des Vorschulkinds nicht gegeben gewesen sei. Angesichts des der Beklagten zustehenden weiten Ermessens sowohl bei der Festsetzung der Beitragshöhe als auch bei der Regelung von Ermäßigungstatbeständen sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in dem hier gegebenen Fall des neben einem Vorschulkind ebenfalls beitragsbefreiten Geschwisterkinds die ihr vorgeschriebene Finanzierungsquote nicht erfüllen könne.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
21Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Diese ist begründet. Der Änderungsbescheid vom 28. August 2014 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Die Beitragsfestsetzung für das jüngere Kind der Kläger für das Kindergartenjahr 2014/2015 kann weder auf § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS gestützt werden, weil der nach dieser Vorschrift zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das ältere (Vorschul-)Kind der Kläger fingiert, noch auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, weil die dortige Regelung nichtig ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es ganz überwiegend an den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbeigeht.
23Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 - 8 K 154/15 - entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht im Widerspruch zu dem hier angegriffenen Urteil steht. Insbesondere ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen nicht, dass dieses hinsichtlich der Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine andere Auffassung als das Verwaltungsgericht Düsseldorf vertritt. Dazu, konkret welche andere Auffassung das Verwaltungsgericht Aachen haben soll, trägt die Beklagte nichts vor. Ansonsten hatte das Verwaltungsgericht Aachen der dortigen Beitragserhebung zugrunde liegende Satzungsregelungen einer anderen Kommune zu beurteilen, die mit den hier maßgeblichen nicht übereinstimmen. Soweit die Verwaltungsgerichte Aachen und Düsseldorf bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jeweils zur Überprüfung gestellten Beitragsbescheide zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, beruht dies im Wesentlichen eben darauf, dass unterschiedliche Satzungsregelungen zu beurteilen waren. Der Versuch des Beklagten, mit aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen gezogenen Schlussfolgerungen die Richtigkeit der hier angegriffenen Entscheidung in Frage zu stellen, schlägt daher fehl. Daran anschließend kommt es auch nicht darauf an, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen inzwischen nach Ablehnung des dagegen gerichteten Berufungszulassungsantrags
24- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2016- 12 A 1106/15 -
25rechtskräftig ist, zumal die Überprüfung des Urteils durch den Senat nur in den durch das Darlegungsgebot gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gesetzten Grenzen stattgefunden hat.
26Dem Berufungsvorbringen kann allenfalls insoweit gefolgt werden, als das Verwaltungsgericht Aachen sich nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt hat, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion einer Beitragsverpflichtung hinaus auch eine Leistungsfiktion enthält. Allerdings hatte es hierzu angesichts der von ihm konkret beurteilten Satzungsbestimmung auch keine Veranlassung. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es in dem Urteil an einer Stelle sinngemäß heißt, die Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz habe lediglich zur Folge, dass nunmehr auch beitragsbefreite Vorschulkinder "als beitragspflichtig gelten" und damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen komme. Den weiteren Entscheidungsgründen kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass mit dem Wort "lediglich" keine Beschränkung auf die Beitragsfiktion vorgenommen und damit zugleich konkludent die Leistungsfiktion ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr sollte mit dem "lediglich" zum Ausdruck gebracht werden, dass sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion hinaus keine Verpflichtung ergibt, ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei zu stellen. Letztlich kommt es auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Aachen ohnehin nicht an, weil es zutreffend ist, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Wege der Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch eine Leistungsfiktion angenommen hat.
27Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz unmittelbar nicht lediglich eine Fiktion darstellt oder normiert. Angesichts des Wortlauts des ersten Halbsatzes ("Bei Geschwisterregelungen sind Kinder … so zu berücksichtigen, …") handelt es sich in erster Linie um eine regelnde Vorgabe oder (Handlungs-)Anweisung für die Anwendung von Geschwisterregelungen, und zwar in (Eltern-)Beitragssatzungen, weil das Kinderbildungsgesetz selbst keine Geschwisterregelungen enthält. Mit solchen Regelungen sind offensichtlich Beitragsermäßigungen oder -befreiungen für Geschwisterkinder im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz gemeint, die im Ermessen des kommunalen Satzungsgebers stehen. Erst der Inhalt dessen, was durch den zweiten Halbsatz des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz regelnd vorgegeben wird ("… , als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre."), stellt eine Fiktion dar oder enthält inzident eine solche, weil die angesprochenen Vorschulkinder kraft Gesetzes (§ 23 Abs. 3 Kibiz) beitragsfrei sind. Auf eine insoweit gegebene Fiktion deutet auch die Verwendung des Konjunktivs ("wäre") hin.
28Welchen genauen Inhalt die durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz gemachte Vorgabe hat, d. h. welche Fiktion bei Geschwisterregelungen zu beachten ist, lässt sich allein anhand des Wortlauts der Norm nicht eindeutig beantworten. Es erscheint danach offen, ob nur die Beitragspflicht der Vorschulkinder (fiktiv) vorgegeben wird oder daneben auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung) der Eltern. Auf Letzteres deutet die Verwendung des Worts "leisten" hin, da bei einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion die Formulierung näher gelegen hätte"… , als ob sie beitragspflichtig wären.". Unabhängig vom Wortlaut spricht gegen die Annahme einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion, dass eine solche Beschränkung wenig sinnhaft erschiene, weil Beitragsverpflichtung und Beitragsleistung (Zahlung) ohnehin zusammengehören und aufeinander aufbauen. Nimmt man eine Leistungsfiktion an, schließt das die Fiktion der Beitragspflicht ein, weil die Fiktion der Leistung ohne gleichzeitige Fiktion einer entsprechenden Beitragspflicht nicht sinnvoll erscheint. Umgekehrt gilt Ähnliches, weil es inkonsequent erschiene, zwar eine Beitragsverpflichtung zu fingieren, die davon abhängige und darauf aufbauende Leistung jedoch nicht zu regeln, also nicht ebenfalls zu fingieren. Dem Gesetz selbst kann ansonsten eine Differenzierung zwischen Beitragspflicht und Leistung(spflicht) nicht entnommen werden. Wenn es eine Beitragspflicht anordnet, versteht es sich von selbst, dass der Beitrag zu erheben und vom Pflichtigen zu leisten (zahlen) ist. Besteht umgekehrt Beitragsfreiheit, versteht es sich ebenfalls von selbst, dass ein Beitrag nicht erhoben werden darf und auch nicht zu leisten (zahlen) ist. Schließlich entspricht die Annahme, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere sowohl die Beitragsverpflichtung als auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung), am ehesten dem Willen des Gesetzgebers.
29Zwar ist die dem Gesetzentwurf beigefügte Begründung für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eher dürftig und beschränkt sich auf den Satz:
30"Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes" (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102).
31Darüber, was klargestellt werden sollte, kann nur spekuliert werden, weil in der Begründung des Gesetzentwurfs nichts zu eventuellen Unklarheiten gesagt wird und das Kinderbildungsgesetz vor Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 außer der Ermächtigung in § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz keinerlei Vorgaben für Geschwisterregelungen (Ermäßigungen oder Befreiungen) enthielt, hinsichtlich derer ein Klarstellungsbedarf hätte bestehen können. Die Bezugnahme in der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes gibt für die Beantwortung der Frage, was nun mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz klargestellt werden sollte, ebenfalls nichts her. Der in Bezug genommene Wille ging im Ergebnis dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte.
32Vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 47
33Da sich daraus nicht ergibt, dass sich der Gesetzgeber des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes seinerzeit Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen die neu geschaffene Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen hat, kann aus dem Willen nichts Hinreichendes zur Konkretisierung dessen abgeleitet werden, was nun genau Gegenstand der mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz laut Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte. Äußerungen der Exekutive nach Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz sind insoweit irrelevant.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2012- 12 A 1001/12 -, juris Rn. 9.
35Weitergehender diesbezüglicher Überlegungen bedarf es jedoch nicht, weil unabhängig von dem nach dem Vorstehenden ungeklärten Gegenstand der Klarstellung der Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes einen ausreichenden Anhaltspunkt für die Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage liefert, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nun lediglich eine Fiktion der Beitragsverpflichtung beinhaltet oder auch eine Fiktion der Beitragsleistung. Wenn nämlich für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz der Wille des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes eine Rolle spielte oder sogar maßgeblich war und dieser Wille dahin ging, schrittweise eine vollständige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen, dann drängt sich die Auslegung auf, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere die Beitragsverpflichtung und die Beitragsleistung, weil vor allem bei diesem Verständnis gewährleistet ist, dass, wie vom Verwaltungsgericht aufgezeigt, neben der ohnehin durch Gesetz angeordneten Beitragsbefreiung der Vorschulkinder über Geschwisterregelungen in Form von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS auch die Geschwisterkinder beitragsbefreit sind.
36Siehe auch Janssen/Dreier/Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand September 2015, § 23 Kibiz Nr. 9.2 S. 42 f.
37Das weitere Berufungsvorbringen dringt ebenfalls nicht durch. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht unterstellt hat, dass "es eine Verpflichtung gegenüber den Eltern gibt, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben". Abgesehen davon, dass sich bereits nicht hinreichend erschließt, was damit gemeint ist und was sich daraus im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS oder die Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS ergeben sollte, lassen sich weder dem angegriffenen Urteil Ausführungen zur Weitergabe von Kindpauschalen entnehmen noch zeigt die Beklagte in verständlicher Weise auf, aus welchen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil sich das Unterstellte ergibt oder ergeben soll. Angesichts dessen kommt es auf das weitere Berufungsvorbringen nicht an, in dem sich die Beklagte, anknüpfend an ihre zuvor dargestellte eigene Unterstellung, damit auseinandersetzt, dass die ältere Rechtsprechung des Senats keine Grundlage für die Weitergabe der gewährten Pauschalen des Landes an die Kindeseltern gesehen habe und auch der Wille des Landesgesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz nicht dahin gegangen sei, die Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben.
38Weiterhin missversteht die Beklagte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, soweit dieses in der Einführung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 Kibiz eine - über eine Klarstellung hinausgehende - Gesetzesänderung gesehen hat. Der Wille des Gesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz ging, wie zuvor dargestellt, dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte. Dies hat nichts mit der (Nicht-)Weitergabe von Kindpauschalen zu tun. Ansonsten hat das Verwaltungsgericht zutreffend sinngemäß ausgeführt, dass Eltern von mehreren (Geschwister-)Kindern durch § 23 Abs. 3 Kibiz im Ergebnis im Fall von Geschwisterregelungen der auch hier vorliegenden Gestalt (§ 3 Abs. 4 Satz 1 EBS) - jedenfalls bei rechtskonformer Anwendung einer solchen Regelung - keine weitere Entlastung erfahren hatten. Ohne die oder vor der Befreiung gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz war nur ein Kind beitragspflichtig. Denn insoweit führte die Geschwisterregelung zu einer Entlastung, weil nach ihr - verkürzt - bei mehreren (beitragspflichtigen) Kindern nur für ein Kind ein Beitrag erhoben wurde. Nach der Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz war zwar das ältere (Vorschul-)Kind beitragsfrei. Eine weitere Entlastung trat jedoch nicht ein, weil nunmehr für das jüngere Kind ein Beitrag zu zahlen war, und zwar der eine Beitrag, der nach der Geschwisterregelung bei mehreren gleichzeitig den Kindergarten besuchenden Kindern erhoben wird. An dieser Stelle bewirkt nun, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Korrektur dahingehend, dass bei Anwendung der zuvor genannten Geschwisterregelung bei zwei Kindern faktisch für kein Kind ein Beitrag zu zahlen ist: Das Vorschulkind ist nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfrei, das zweite Kind ist es nach der Geschwisterregelung, weil der nach dieser Regelung zu zahlende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das Vorschulkind fingiert.
39Entgegen dem insoweit sinngemäßen Berufungsvorbringen ist das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch nicht davon ausgegangen, dass sich aus dem sog. Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz für den Satzungsgeber zugleich die Verpflichtung zu einer Geschwisterermäßigung ergibt, und hat sich dementsprechend auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats
40- vgl. u. a. Beschluss vom 24. Januar 2013
41- 12 A 2492/12 -, juris -
42gesetzt. Offensichtlich regelt § 23 Abs. 3 Kibiz lediglich die Freistellung von der Beitragspflicht im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung. Allerdings hatte die Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz, wie zuvor aufgezeigt, Auswirkungen auf die Anwendung von bestehenden Geschwisterregelungen der zuvor genannten Art. Ob der Gesetzgeber mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bewusst darauf reagiert hat oder reagieren wollte, was nun genau Gegenstand der nach der Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte und ob die Klarstellung eine Änderung der Rechtslage bewirkt hat oder nicht, bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn es ergibt sich weder aus der zuvor genannten Vorschrift selbst noch aus den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch aus den Gesetzmaterialien zur Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz, dass ein kommunaler Satzungsgeber verpflichtet ist, neben der Beitragsbefreiung für ein Vorschulkind zugleich auch eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorzusehen. Zwar ist eine solche doppelte Beitragsbefreiung, wie ausgeführt, die Folge aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz, wenn eine Geschwisterregelung in Gestalt von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS (fort-)besteht oder geschaffen wird. Indes besteht keine Verpflichtung des kommunalen Satzungsgebers, eine solche Geschwisterregelung beizubehalten oder zu schaffen.
43Gegen die Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht unter den von der Beklagten problematisierten Gesichtspunkten der hinreichenden Bestimmtheit und des Rechtsstaatsprinzips.
44Was die Bestimmtheit anbelangt, ist nach dem Vorstehenden bereits angesichts des Wortlauts eindeutig, dass die Vorschrift eine (Anwendungs-)Vorgabe für Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen macht. Soweit der Wortlaut den Inhalt der für Geschwisterregelungen vorgegebenen Fiktion nicht eindeutig erkennen lässt, ergibt sich nach den vorstehenden Ausführungen im Wege der Auslegung ein hinreichend bestimmter Inhalt. Ob die Anwendung der danach hinreichend bestimmten Vorschrift im Rahmen von Geschwisterregelungen überhaupt noch die Bestimmtheit betrifft, kann dahinstehen, weil nach den vorstehenden Ausführungen auch insoweit kein Zweifel besteht oder jedenfalls nicht verbleibt: Im Hinblick auf Geschwisterregelungen der hier in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS normierten Art führt § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zur Beitragsfreiheit des (jüngeren) Geschwisterkinds, weil der nach der Geschwisterregelung zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den die Vorschrift für das (ältere) Vorschulkind fingiert. Darüber hinaus ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz als weitere Rechtsfolge, dass alle Geschwisterregelungen in (Eltern-)Beitragssatzungen unwirksam und nichtig sind, welche die gesetzlich fingierte Beitragspflicht und -zahlung des nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfreien Vorschulkinds negieren oder missachten. Das trifft etwa auch in Fällen zu, in denen die Satzung für die von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz erfassten Fälle andere Rechtsfolgen normiert als in Fällen, in denen keine Beitragsfreiheit gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz in Rede steht. Auch dies liegt klar auf der Hand und führt letztlich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, zur Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Dass die Beklagte dieses Ergebnis für untunlich oder misslich hält, stellt die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht in Frage. Zwar mag es sein, dass die Einführung dieser Vorschrift bei Kommunen, welche Satzungsregelungen nach Art von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hatten und sich die insoweit aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende Konsequenz (doppelte Beitragsbefreiung) nicht hinnehmen woll(t)en, (Rechts-) Unsicherheit insoweit ausgelöst hat, mit welcher (neuen anderen) Satzungsregelung sich die doppelte Beitragsbefreiung vermeiden lässt. Dies berührt jedoch nicht die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Entsprechendes gilt für die sich aus der Vorschrift ergebenden Rechtsfolgen. Wie § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu verstehen und zu handhaben ist, hat das Verwaltungsgericht mit stringenter juristischer Argumentation aufgezeigt. Bei einer solchen Vorgehensweise kann auch die kommunale Satzungsautonomie "rechtssicher durchgeführt" werden.
45Zuzugeben ist der Beklagten, dass bei der vom Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommenen Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz das den Kommunen durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen ein Stück weit eingeschränkt wird. Daraus resultieren jedoch keine Bedenken an der Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Da die Beklagte selbst nicht in Abrede stellt, dass der Gesetzgeber zu einer Änderung von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz befugt wäre, ist es ihm auch nicht verwehrt, eine solche Änderung dadurch herbeizuführen, dass er eine andere Vorschrift (§ 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz) einführt, die in der Sache das durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen teilweise beschränkt. Dadurch entstehen auch nicht zwangsläufig Finanzierungslücken bei der Beklagten, da diese nicht gezwungen (gewesen) ist, an den Geschwisterregelungen in § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 EBS festzuhalten. Sollten hier Finanzierungslücken bei der Beklagten entstanden sein oder entstehen, beruht das allein darauf, dass sie- nach dem Vorstehenden unzutreffend - davon ausgegangen ist, § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS werde durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht berührt, und sie es deshalb unterlassen hat, zum Inkrafttreten von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Änderung ihrer Elternbeitragssatzung vorzunehmen, wenn sie die doppelte Beitragsbefreiung, wie sie nach dem Vorstehenden im Zusammenwirken von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS eintritt, nicht hinnehmen wollte.
46Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Kontrollüberlegung juristisch stringent in dem Sinne, dass sie die sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende - nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandende - Leistungsfiktion konsequent zur Anwendung bringt. Zwar trifft der Vortrag der Beklagten zu, dass in den Fällen, in denen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz greift, tatsächlich (faktisch) für das Vorschulkind kein Beitrag gezahlt wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe führt es jedoch zu einer Ungleichbehandlung, wenn der faktischen/tatsächlichen Nichtzahlung mit einer hierauf bezogenen Regelung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 EBS) Rechnung getragen wird. Die Nichtzahlung stellt angesichts der gesetzlichen Fiktion keinen zulässigen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar.
47Die sich angesichts des Vorstehenden stellende verfassungsrechtliche Frage, ob in der Fiktion des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz selbst eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung liegt, ist zu verneinen. Es liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, auch wenn die Fiktion im Rahmen von Geschwisterregelungen hinsichtlich der Beitragsverpflichtung und -leistung zu einer Gleichbehandlung von Vorschulkindern, die rechtlich gesehen beitragsfrei sind und für die dementsprechend tatsächlich kein Beitrag gezahlt wird, mit regulär beitragspflichtigen Kindern, für die tatsächlich Beiträge geleistet werden, zwingt. Dem Gesetzgeber steht nämlich bei der Gewährung von Befreiungen von einer grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst an der Willkürgrenze endet.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1995 - 6 B 73.95 -, juris Rn. 9, m. w. N.
49Dieser Gestaltungsspielraum ist hier eröffnet (gewesen) und nicht überschritten worden. Das grundsätzliche Bestehen einer Leistungspflicht ergibt sich daraus, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann anwendbar ist, wenn sich der kommunale Satzungsgeber gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Kibiz dazu entschlossen hat, Elternbeiträge zu erheben (und sich im Weiteren in der Satzung eine Geschwisterregelung findet). Mit anderen Worten ist der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann eröffnet, wenn aufgrund einer kommunalen Satzung grundsätzlich eine Beitrags- und Leistungspflicht besteht. Darüber hinaus stellt die Vorschrift im Ergebnis auch eine Befreiungsregelung dar. Nach den vorstehenden Ausführungen führt die Vorschrift nämlich im Rahmen von bestimmten Geschwisterregelungen zur Beitragsfreiheit eines Geschwisterkinds. Die in der Vorschrift liegende Fiktion und die damit einhergehende Ungleichbehandlung ist auch nicht willkürlich, weil der sie rechtfertigende sachliche Grund in der zulässigen bildungs- und familienpolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers liegt, eine (schrittweise vorzunehmende) völlige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen.
50Die Beklagte dringt schließlich nicht mit ihrem sinngemäßen Vorbringen durch, es führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz lediglich in den Kommunen Auswirkungen habe, die eine Geschwisterregelung entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hätten. Abgesehen davon, dass diese Überlegung nicht zur Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS führt und die Beklagte im Zusammenhang mit der Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht verpflichtet gewesen ist, § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS aufrecht zu erhalten, macht sie in der Sache eine ungleiche Beitragsbelastung der Eltern geltend, auf die sie sich jedoch von vornherein nicht berufen kann. Soweit sie sich selbst als durch entstehende Finanzierungslücken belastet ansieht, ist bereits aufgezeigt worden, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht zwingend zu Finanzierungslücken führen muss.
51Über die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinaus ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Beitragserhebung auch nicht (allein) auf § 3 Abs. 1 EBS gestützt werden kann. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn die spezielleren Beitragsregelungen für Geschwisterfälle in § 3 Abs. 4 EBS insgesamt nichtig wären, was indes nicht der Fall ist. Die hier bestehende Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS hat nicht die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS zur Folge.
52Vgl. allgemein zur Teil- und Gesamtnichtigkeit von Satzungen BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008 - 9 B 40.08 -, juris Rn. 13, m. w. N.
53Da die Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS für sich genommen wirksam ist, insbesondere nicht gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibz verstößt, in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS abhängig ist und dementsprechend einen eigenständigen und darüber hinaus sinnvollen Anwendungs-/Regelungsbereich hat, besteht unter diesen Gesichtspunkten kein Anhaltspunkt dafür, dass die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS auch § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS erfasst. Darüber hinaus stellt sich die Geschwisterregelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS als bewusste und gewollte (familienpolitische) Entscheidung des Satzungsgebers zur (Beitrags-)Entlastung von Familien mit mehreren Kindern dar. Sie existierte bereits vor der im Jahr 2013 erfolgten Einführung von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Weder aus den diesbezüglichen Satzungs(aufstellungs)vorgängen der Beklagten aus dem Jahr 2013 noch aus ihrem Vorbringen in diesem Verfahren kann geschlossen werden, dass die Geschwisterregelung zur Disposition gestanden hätte, also aufgehoben worden wäre, wenn die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS erkannt worden wäre. Vielmehr spricht der zuvor dargestellte familienpolitische Hintergrund der Geschwisterregelung für die Annahme, dass an ihr auch bei Kenntnis der Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS festgehalten worden wäre.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Fragen zur Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und von Geschwisterregelungen in kommunalen Satzungen betreffen nicht Bundesrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 wird aufgehoben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eltern zweier Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine von der Beklagten geförderte Kindertageseinrichtung besuchen.
3Mit Bescheid vom 15. Juli 2014 wurden unter anderem sämtliche Kinder für das Kindergartenjahr 2014/2015 beitragsfrei gestellt. Im Falle des älteren Kindes beruhte die Beitragsfreiheit auf dem Umstand, dass das Kind zum Ende des Kindergartenjahres eingeschult werden sollte (Vorschulkind). Für das jüngere Kind wurde eine Beitragsfreiheit als Geschwisterkind angenommen.
4Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2014 wurde der Elternbeitrag für das Kindergartenjahr 2014/2015 neu festgesetzt. Während es für das ältere Kind bei der Beitragsfreiheit verblieb, wurde für das jüngere Kind ein Elternbeitrag von monatlich 220 EUR festgesetzt. Dabei wurde eine Betreuungszeit bis 45 Buchungsstunden wöchentlich und ein Einkommen bis 90.000 EUR (Stufe 14) zu Grunde gelegt. Eine Beitragsfreiheit wurde für das jüngere Kind nach § 3 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen für Kinder, die Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten der Offenen Ganztagsschulen, sowie für die Inanspruchnahme von Kindertagespflege vom 26. Februar 2008 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 (Elternbeitragssatzung) verneint.
5In Bezug auf die Beitragsfreiheit enthält die Elternbeitragssatzung in § 3 folgende Regelung:
6„…
7(3) Die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 01. August des Folgejahres schulpflichtig werden, ist in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei.
8(4) Besuchen mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung für Kinder oder wird ein Geschwisterkind in Tagespflege gem. §§ 22 ff SGB VIII betreut, so wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben. Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist.
9(5) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 3 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der niedrigste Beitrag ergibt.
10(6) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 4 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der höchste Beitrag ergibt.
11(7) Liegen bei Beitragspflichtigen die Voraussetzungen für Beitragsbefreiungen sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 vor, gilt Absatz 5 entsprechend. …“
12Am 16. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung § 23 Abs. 5 S. 3 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) nicht beachtet habe. Diese Regelung sei auch für die Beklagte verbindlich. Die Beklagte könne nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz zwar nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie eine Geschwisterregelung einführe. Wenn sie sich aber für eine Geschwisterregelung entschieden habe, sei sie an die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz zwingend gebunden. Soweit sich die Beklagte auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) berufe, verkenne sie, dass sich diese Entscheidungen nicht zu dem ab 1. August 2014 geänderten Recht verhielten. Die Beklagte könne die Gesetzesbegründung zur Neuregelung nicht für ihren Standpunkt heranziehen. Der Landesgesetzgeber habe die Klarstellung in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz wegen der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommen, die der Geschwisterregelung in § 3 der Elternbeitragssatzung der Beklagten zu Grunde liege. Eine gesetzgeberische Klarstellung sei begriffsnotwendig nur dort erforderlich, wo der bisherige Status quo geändert werden solle.
13Die Kläger beantragen,
14den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie macht geltend: Die Kläger könnten sich nicht für beide Kinder auf eine Beitragsfreiheit berufen. Dem stehe § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung entgegen. Diese Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine gesetzliche Vorgabe, auch Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen, bestehe nicht. Nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, ob und in welchem Umfang eine Geschwisterregelung eingeführt werde. Mit Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung sei nur die in der Satzung vorgenommene Ausgestaltung der Geschwisterregelung vereinbar. Eine solche diene unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragsverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastungen der Eltern. Eine vollständige Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie würde im Verhältnis zu Eltern mit nur einem Kind zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung führen. Die Grundkonzeption der Geschwisterregelungen habe sich weder durch die Einführung des Vorschulprivilegs noch durch die Änderungen des KiBiz zum 1. August 2014 verändert. Der Landesgesetzgeber habe es dabei belassen, diese Regelungen ins Ermessen des Jugendamtes zu stellen. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass der Landesgesetzgeber über die Beitragsfreistellung von Vorschulkindern hinaus eine weitere Beitragsfreistellung der Geschwisterkinder nicht beabsichtigt habe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung und der Gesetzesbegründung zum neu eingefügten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz habe sich die Rechtslage durch die Neuregelung nicht geändert. In der Gesetzesbegründung werde lediglich erwähnt, dass die Änderung eine gesetzliche Klarstellung sei und dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entspreche. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber zum 1. August 2014 eine weitere zwingende Geschwisterkindbefreiung habe regeln wollen. Eine andere Auslegung führe zum Widerspruch zwischen dem S. 2 und S. 3 des § 23 Abs. 5 KiBiz. Auf der einen Seite hätten die Jugendämter das Recht, nach ihrem Ermessen über die Einführung einer Geschwisterregelung zu entscheiden. Auf der anderen Seite wären aber alle Geschwisterkinder dann immer beitragsbefreit. Von der Argumentation der Kläger ausgehend, hätte der Landesgesetzgeber eine Beitragsbefreiung nur in denjenigen Gemeinden eingeführt, die sich für eine Geschwisterregelung entschieden hätten. Dies könne aber nicht der gesetzgeberische Wille gewesen sein. Einer zwingenden Beitragsbefreiung stehe auch der Umstand entgegen, dass im Landeshaushalt kein finanzieller Ausgleich für die durch eine solche Regelung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geschaffen worden sei. Dies widerspräche dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip. Schließlich werde die Auffassung der Beklagten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 14. April 2015 – 8 K 154/15 – bestätigt. Darin habe das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage zum Ausdruck gebracht, dass eine zwingende Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern weder nach bundes- noch landesrechtlichen Vorgaben zwingend sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in eigenen Rechten, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
22Entgegen der Annahme der Beklagten sind beide, eine Kindertageseinrichtung besuchende Kinder der Kläger von der Beitragspflicht befreit.
23Für das ältere Kind folgt die Beitragsbefreiung – dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt – aus § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung. Dieser bestimmt in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht (Vorschulkinder), beitragsfrei ist. Diese Voraussetzungen liegen bei dem älteren Kind – unstreitig – vor.
24Das jüngere Kind ist nach § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung beitragsbefreit. Danach wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben, wenn mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Tageseinrichtung für Kinder besuchen. So liegt es hier.
25Im Sinne der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung wird für ein Kind, nämlich das ältere Vorschulkind, bereits ein Elternbeitrag erhoben. Denn nach dem zum 1. August 2014 in § 23 Abs. 5 KiBiz eingefügten S. 3 sind bei Geschwisterregelungen Vorschulkinder, deren Tagesbetreuung – wie hier – nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber fingiert im Falle einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch die Eltern eines Vorschulkindes. Wird aber für das Vorschulkind die Leistung eines Beitrages fingiert und stellt die Elternbeitragssatzung darauf ab, dass „nur“ für ein Kind ein Beitrag erhoben wird, dann ist dieser eine Beitrag bereits durch die fingierte Leistung für das Vorschulkind abgegolten.
26Entgegen der Annahme der Beklagten steht § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung der Beitragsbefreiung nicht entgegen. Danach wird zwar der Beitrag für ein Kind auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht aber nicht vereinbar und daher nichtig.
27Diese Satzungsbestimmung verstößt gegen § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz. Die vorgenannte Norm hat zwei Funktionen: Sie eröffnet zum einen den Anwendungsbereich der Geschwisterregelungen. Denn die Geschwisterregelungen setzen nach ihrer Zweckbestimmung voraus, dass die Beitragspflichtigen für mehrere Kinder Elternbeiträge zu leisten haben. Im Fall einer mehrfachen Leistungspflicht soll sich diese durch die Geschwisterregelung zu Gunsten der Eltern reduzieren. Wird für das Vorschulkind über die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Leistung eines Elternbeitrages fingiert, wird der Anwendungsbereich der Geschwisterregelung eröffnet. Denn nunmehr werden die Elternbeitragspflichtigen mit einem Vorschulkind und mindestens einem weiteren Kind so behandelt als ob eine Belastung mit zwei Elternbeiträgen besteht. Zum anderen steuert die Leistungsfiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Anwendung der konkreten satzungsrechtlichen Geschwisterregelung. Stellt die konkrete Geschwisterregelung – wie hier – auf die Leistung „nur“ eines Beitrages ab,
28wobei andere Ausgestaltungen wegen des dem Satzungsgeber zukommenden Ermessens nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz möglich sind und zu anderen Konsequenzen führen können,
29so hat die Fiktionswirkung die zwingende Konsequenz eines Ausschlusses weiterer Beitragsleistungen für andere Kinder der Beitragspflichtigen. Diese sich aus der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz für Geschwisterregelungen der hier vorliegenden Art zwingend ergebende Konsequenz versucht der Satzungsgeber durch § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung dadurch zu umgehen, dass der Beitrag für ein (anderes) Kind auch dann erhoben wird, falls eine Beitragsfreiheit
30– die aber wegen der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz im Rahmen der Geschwisterkindregelung wieder als aufgehoben anzusehen ist –
31für das Vorschulkind besteht. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zu der vorstehend dargelegten Funktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz.
32Das Ergebnis wird gestützt durch eine Kontrollüberlegung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Eine Differenzierung ist willkürlich, wenn kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung/Gleichbehandlung besteht. So würde es hier liegen, wenn die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung greifen würde. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz sind die Elternbeitragspflichtigen in Bezug auf Geschwisterregelungen so zu stellen, als ob für das beitragsbefreite Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz (entspricht § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung) tatsächlich ein Elternbeitrag geleistet wird. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung ist bei dieser Fallgestaltung zusätzlich für ein weiteres Kind ein weiterer Elternbeitrag zu leisten. Damit werden die Eltern in dieser Fallkonstellation (Vorschulkind/weiteres Kind) nach der Elternbeitragssatzung mit zwei zu leistenden Elternbeiträgen belastet. In allen anderen Fallkonstellationen, in denen mindestens zwei Kinder, von denen keines ein Vorschulkind ist, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden die Elternbeitragspflichtigen aufgrund der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung, für die § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung nicht gilt, hingegen nur mit der Leistung eines Elternbeitrages für ein Kind belastet. Für diese unterschiedliche Behandlung in der Beitragsbelastung ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Wegen der gesetzlichen Fiktion der Leistung eines Beitrages für das Vorschulkind in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz kann nämlich nicht darauf abgestellt werden, dass die Elternbeitragspflichtigen in der Konstellation Vorschulkinder/mindestens ein weiteres Kind in öffentlich geförderter Tagesbetreuung im Ergebnis tatsächlich keine Zahlung an die Beklagte erbringen. Denn dies ist gerade die Folge der vom Landesgesetzgeber angeordneten Leistungsfiktion für das Vorschulkind und ist von diesem so gewollt.
33Die von der Beklagten gegen dieses Auslegungsergebnis vorgebrachten Argumente verfangen nicht:
34Es trifft zwar zu, dass das KiBiz keine gesetzliche Vorgabe enthält, Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen. Denn nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz steht es im Ermessen, ob das Jugendamt ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorsieht. Wenn sich das Jugendamt indes entschließt, eine Geschwisterregelung einzuführen, dann ist es bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz mit der darin angeordneten Leistungsfiktion für das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind und Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Innerhalb dieser Grenzen ist das Jugendamt bei der Ausgestaltung der Geschwisterregelung frei. Dies kann zu unterschiedlichen Ausgestaltungen von Geschwisterregelungen in den kommunalen Satzungen führen. So sieht beispielsweise § 3 S. 2 der Satzung der Stadt E. über die Erhebung von Elternbeiträgen in Kindertageseinrichtungen und Horten in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz vor, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist. Bei einer solchen Ausgestaltung der Geschwisterregelung sind nicht – wie hier – beide Kinder der Elternbeitragspflichtigen von der tatsächlichen Zahlung des Elternbeitrages befreit. Vielmehr ist für mindestens ein Kind ein Elternbeitrag von 25 % tatsächlich zu zahlen.
35Auch Sinn und Zweck der Geschwisterregelung stehen dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Beklagte weist zutreffend unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 17. Mai 2011 – 12 A 642/11 – darauf hin, dass eine Geschwisterregelung unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastung der Eltern dient. Nach diesem Sinn und Zweck ist eine Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie nicht vorgesehen. Eine solche generelle Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie, von denen eines ein Vorschulkind ist, ordnet aber entgegen der Auffassung der Beklagten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz auch nicht an. Die Beklagte verkennt, dass durch § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz nicht alle Kinder einer Familie, die gleichzeitig eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, beitragsbefreit werden. Durch die vorgenannte Regelung wird lediglich in Anknüpfung an Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind gesetzlich fingiert, was im Rahmen der konkreten Geschwisterregelung zu berücksichtigen ist. Durch diese gesetzliche Fiktion sind die Eltern dieser Kinder rechtlich so gestellt, als ob von ihnen ein Elternbeitrag für dieses Kind geleistet wird. Damit ist aber die Konstellation gegeben, dass jedenfalls für ein Kind ein Elternbeitrag geleistet wird und das Konzept der Geschwisterregelung folgerichtig fortgeführt worden.
36Der Ausgangspunkt der Beklagten, wonach durch die Einfügung eines Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz vom Landesgesetzgeber keine generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern gewollt war, ist zutreffend. Diese Annahme rechtfertigt aber nicht den weitergehenden Schluss der Beklagten, durch die Gesetzesänderung habe sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. Eine solche Annahme lässt sich insbesondere nicht auf die Begründung der Gesetzesänderung stützen, wonach es sich bei der Änderung nur um eine gesetzliche Klarstellung handele und diese dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entsprochen habe.
37Mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz hat der Landesgesetzgeber eine Änderung der bisherigen Rechtslage in Bezug auf Geschwisterregelungen herbeigeführt.
38Vgl. Janssen, Dreier, Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand: 69. Ergänzungslieferung, KiBiz-Kommentar zu § 23 S. 42 f.; so wohl auch OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2014 – 12 A 815/14 –, juris, Rn. 72 und 73.
39Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung des OVG NRW geklärt, dass im Falle einer Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz bei einer Geschwisterregelung der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art gleichwohl ein Elternbeitrag zu erheben war, da eine solche Geschwisterregelung lediglich eine Reduzierung der Beitragsleistung auf jedenfalls einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für nur noch ein Kind vorsah.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 A 2492/12 -, juris, und Urteil vom 15. Dezember 2014 - 12 A 815/14 -, juris, insbesondere Rn. 72 und 73 zur neuen Rechtslage.
41Wenn der Landesgesetzgeber es bei dieser gefestigten und eindeutigen Rechtslage hätte belassen wollen, wäre die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz nicht erforderlich gewesen. Einer Klarstellung hätte es insoweit angesichts der eindeutigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch nicht bedurft. Die Gesetzesänderung durch den Landesgesetzgeber stellt vielmehr eine Reaktion auf die gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Bezug auf die Auslegung derartiger Geschwisterregelungen dar. Entgegen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wurde von Anfang an verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwisterregelungen im Falle der gesetzlich vorgesehenen Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz für das Vorschulkind auch kein Elternbeitrag für das andere, ebenfalls in Tagesbetreuung befindliche Kind erhoben werden konnte. In diesem Sinne wurden Geschwisterregelungen der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art von anderen Jugendämtern im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichtes auch ohne die Neuregelung angewandt. Denn nur im Falle einer solchen Interpretation der Geschwisterregelung war das bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz verfolgte Ziel, die Eltern von Elternbeiträgen zu entlasten und einen Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit für die Inanspruchnahme einer Tagesbetreuung zu schaffen, auch für diejenigen Eltern erreichbar, bei denen sich neben dem Vorschulkind mindestens ein weiteres Kind gleichzeitig in Tagesbetreuung befand, das ohne die gesetzliche Beitragsbefreiung aufgrund einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art ohnehin beitragsfrei gewesen wäre. Mit anderen Worten: Vorgenannte Eltern hatten bei einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art durch die in § 23 Abs. 3 KiBiz neu eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung keinen Vorteil, weil aufgrund der Geschwisterregelung in der ständigen Auslegung der Verwaltungsgerichte ohnehin nur ein Beitrag erhoben wurde und sich durch die eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung hieran nichts änderte. Dieses infolge der Geschwisterregelung in der Interpretation der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte herbeigeführte Ergebnis wurde vom Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz korrigiert.
42Im Übrigen kommt es auf die subjektiven Vorstellungen von am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten für die Auslegung einer Norm nicht an. Entscheidend ist vielmehr der objektive Gesetzesinhalt, wie er sich aus seinem Wortlaut und im Sinnzusammenhang ergibt.
43OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2015 – 12 A 1075/14 –, juris Rdn. 35 – 37 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 2 BvE 1/83, 2. BvE 2/83, 2 BvE 3/83, 2 BvE 4/83 –, BVerfGE 62, 1 (45).
44Weder dem Wortlaut noch dem Sinnzusammenhang des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz lässt sich entnehmen, dass keine Änderung der bisherigen Rechtslage bewirkt werden sollte.
45Vor diesem Hintergrund ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 – 8 K 154/15 – keine andere Beurteilung veranlasst. Es ist zwar richtig, dass die Neuregelung des § 23 Abs. 5 KiBiz nicht zwingend zu einer Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern führt. Ob dieser Zustand eintritt, ist allein abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Geschwisterregelung durch den Satzungsgeber. Das belegt bereits die oben angeführte Geschwisterregelung der Stadt E. . Wählt der Satzungsgeber hingegen eine Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art, wonach bei Inanspruchnahme einer öffentlich geförderten Tagesbetreuung durch mehrere Kinder von Elternbeitragspflichtigen nur ein Beitrag zu leisten ist, dann kann er eine Doppelbefreiung aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vermeiden.
46Entgegen der Auffassung der Beklagten wird durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz das verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip in § 78 Abs. 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht berührt. Denn mit der Neuregelung hat das Land keine neuen Aufgaben übertragen oder bestehende und übertragene Aufgaben verändert, die notwendigerweise zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geführt hat. Denn der Landesgesetzgeber hat mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz keine zwingende Beitragsbefreiung angeordnet. Er hat lediglich für eine Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrags für nach § 23 Abs. 3 KiBiz gesetzlich beitragsbefreite Vorschulkinder fingiert, für die im Übrigen das Land nach § 21 Abs. 10 KiBiz den örtlichen Trägern der Jugendhilfe einen pauschalen Ausgleich gewährt. Diese Neuregelung führt nicht gegen den Willen der Gemeinden und Gemeindeverbände zwingend zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass es nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz in ihrem Ermessen steht, ob sie eine Geschwisterregelung einführt. Wie zuvor ausgeführt, steht es ihr unter Beachtung von § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz und dem Gleichheitssatz auch frei, wie sie eine Geschwisterregelung näher ausgestaltet, wenn sie sich nach ihrem freien Willen zur Schaffung einer Geschwisterregelung entscheidet. Durch die Art der Ausgestaltung der Geschwisterregelung kann sie zudem auf die Höhe des Beitragsausfalls nach eigenem Ermessen Einfluss nehmen. So hat beispielsweise die Stadt E. in § 3 S. 2 ihrer Elternbeitragssatzung geregelt, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist, wenn das ältere Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 KiBiz kraft Gesetzes beitragsbefreit ist. Andere gesetzeskonforme Ausgestaltungen sind denkbar, die zu weitaus höheren tatsächlichen Zahlungen der Elternbeitragspflichtigen für weitere neben dem Vorschulkind gleichzeitig eine öffentliche Tagesbetreuung in Anspruch nehmende Kinder führen können. Hat es die Beklagte mithin selbst in der Hand, durch die Ausgestaltung ihres Satzungsrechtes die Höhe der Beitragseinnahmen festzulegen, hat sie den durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz entstehenden Einnahmeausfall bei einer nach ihrem Willen ausgestalteten Geschwisterregelung selbst zu verantworten.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Kläger haben zwei Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine in kirchlicher Trägerschaft befindliche Kindertageseinrichtung auf dem Gebiet der Beklagten besuchten. Das ältere Kind wurde im Anschluss an dieses Kindergartenjahr eingeschult.
3Mit Bescheid vom 21. Juli 2014 setzte die Beklagte auf der Grundlage ihrer Elternbeitragssatzung vom 26. Februar 2008 in der Fassung der Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 - im Folgenden: EBS - die von den Klägern zu entrichtenden Elternbeiträge für das Kindergartenjahr 2014/2015 und die beiden folgenden Kindergartenjahre fest. Einschlägig waren insoweit vor allem § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS, nach dem der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben wird, wenn mehrere Kinder einer Familie gleichzeitig eine Tageseinrichtung besuchen, und § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, nach dem ein Beitrag für ein Kind auch dann erhoben wird, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 EBS (Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres vor der Einschulung) vorzunehmen ist. Für das Kindergartenjahr 2014/2015 nahm der Bescheid für beide Kinder der Kläger im Ergebnis eine Beitragsfreiheit an (einerseits "beitragsfreies Jahr", andererseits "beitragsfrei"), ohne hierfür eine weitergehende Begründung zu geben.
4Mit Änderungsbescheid vom 28. August 2014 setzte die Beklagte den von den Klägern im Kindergartenjahr 2014/2015 für das jüngere Kind zu entrichtenden Elternbeitrag auf 504,00 € monatlich fest. Für das ältere Kind wurde erneut Beitragsfreiheit angenommen. Auch die Festsetzungen für die Kindergartenjahre 2015/2016 und 2016/2017 entsprachen den Festsetzungen im Bescheid vom 21. Juli 2014. Zur Begründung der Änderung wurde ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juli 2014 aufgrund eines Fehlers in der Datenverarbeitung fehlerhaft gewesen sei.
5Am 11. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie sinngemäß im Wesentlichen geltend gemacht haben, dass die für ihr jüngeres Kind erfolgte Beitragsfestsetzung für das Kindergartenjahr 2014/2015 rechtswidrig sei, weil nach der in der Elternbeitragssatzung enthaltenen Geschwisterregelung Beitragsfreiheit bestehe und davon abweichende Regelungen nicht mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu vereinbaren seien.
6Die Kläger haben beantragt,
7den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung ihres Antrags hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die angefochtene Beitragsfestsetzung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS beruhe und die dortige Regelung auch in Ansehung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz wirksam sei, weil diese Vorschrift eine doppelte Befreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern nicht zwingend vorschreibe.
11Mit dem angegriffenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im beantragten Umfang aufgehoben.
12Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht unterstelle eine Verpflichtung gegenüber den Eltern, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts. Dementsprechend könne das Verwaltungsgericht aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch nicht schlussfolgern, dass der Gesetzgeber eine Korrektur bezüglich der finanziellen Entlastung vorgenommen habe, da es ihm mit seiner ersten Änderung nicht gelungen sei, den Vorteil an die Eltern abzugeben. Ferner habe das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass das Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz keine gleichzeitige Verpflichtung zu einer Geschwisterkindermäßigung durch den Satzungsgeber darstelle. Solange der Gesetzgeber es dem Träger der Jugendhilfe freistelle, eine Geschwisterkindregelung zu schaffen, verbiete sich die Annahme, das Geschwisterkindprivileg sei zwingend kumulativ mit dem Vorschulprivileg anzuwenden. Die Fiktionsregelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die Verwaltungsgerichte Düsseldorf und Aachen zu unterschiedlichen Fiktionswirkungen kämen, was den Satzungsgeber hindere, seine Satzungsautonomie rechtssicher durchzuführen, woraus eine Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts resultiere. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf dem Satz 3 des § 23 Abs. 5 Kibiz eine Leistungsfiktion zuschreibe, finde diese Auslegung weder im Wortlaut der Norm noch in der bisherigen Rechtsprechung noch in der Gesetzesbegründung eine Grundlage. Die Leistungsfiktion führe zu einem erheblichen Einschnitt in das ihr (der Beklagten) durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende und generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern haben wollen, hätte er § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz ändern müssen, was nicht geschehen sei. Damit verletze das angefochtene Urteil die zuvor genannte Vorschrift. Eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung der Kläger sei nicht erkennbar. Die diesbezügliche Kontrollüberlegung des Verwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar. Tatsächlich seien die Kläger nicht mit zwei Elternbeiträgen belastet. Zu einer solchen Annahme komme man nur aufgrund einer Leistungsfiktion, die sich jedoch aus der gesetzlichen Regelung nicht ergebe. Dagegen führe das angefochtene Urteil insoweit zu einer gegen Art. 3 GG verstoßenden Ungleichbehandlung, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur in Gemeinden zur Anwendung komme, die eine Geschwisterkindregelung getroffen hätten. Gerade solche Gemeinden bekämen dann Finanzierungslücken, während Gemeinden ohne Geschwisterkindregelung den finanziellen Vorteil durch die Kindpauschalen gar nicht an die Eltern abgeben müssten.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Die Kläger beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Sie machen sich zur Begründung ihres Antrags die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil zu eigen und treten im Übrigen dem Berufungsvorbringen der Beklagten im Wesentlichen wie folgt entgegen: Darauf, was das Verwaltungsgericht Aachen entschieden habe, komme es nicht an, weil dort eine andere Satzung zu beurteilen gewesen sei. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe zudem nicht ausgeschlossen, dass für ein Geschwisterkind ein Beitrag festgesetzt werden könne. Das angegriffene Urteil stehe ferner nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, weil diese Rechtsprechung zur alten Gesetzeslage, als § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz noch nicht existiert habe, ergangen sei. Mit der Einführung der zuvor genannten Vorschrift sei vom Gesetzgeber auch eine Änderung beabsichtigt gewesen dahingehend, den Kommunen die Möglichkeit zu nehmen, die Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Kosten des Landes zum Anlass zu nehmen, ihre Geschwisterkindprivilegien im beitragsfreien Jahr des Vorschulkinds einzuschränken. Im Übrigen sei der Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eindeutig im Sinne der vom Verwaltungsgericht angenommenen Fiktion. Diese Fiktion bewirke die Anwendbarkeit einer kommunalen Geschwisterkindregelung, die nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Beitragsfreiheit des Vorschulkinds nicht gegeben gewesen sei. Angesichts des der Beklagten zustehenden weiten Ermessens sowohl bei der Festsetzung der Beitragshöhe als auch bei der Regelung von Ermäßigungstatbeständen sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in dem hier gegebenen Fall des neben einem Vorschulkind ebenfalls beitragsbefreiten Geschwisterkinds die ihr vorgeschriebene Finanzierungsquote nicht erfüllen könne.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
21Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Diese ist begründet. Der Änderungsbescheid vom 28. August 2014 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Die Beitragsfestsetzung für das jüngere Kind der Kläger für das Kindergartenjahr 2014/2015 kann weder auf § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS gestützt werden, weil der nach dieser Vorschrift zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das ältere (Vorschul-)Kind der Kläger fingiert, noch auf § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS, weil die dortige Regelung nichtig ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 130b Satz 2 VwGO Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung, weil es ganz überwiegend an den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbeigeht.
23Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das von der Beklagten in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 - 8 K 154/15 - entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht im Widerspruch zu dem hier angegriffenen Urteil steht. Insbesondere ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen nicht, dass dieses hinsichtlich der Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine andere Auffassung als das Verwaltungsgericht Düsseldorf vertritt. Dazu, konkret welche andere Auffassung das Verwaltungsgericht Aachen haben soll, trägt die Beklagte nichts vor. Ansonsten hatte das Verwaltungsgericht Aachen der dortigen Beitragserhebung zugrunde liegende Satzungsregelungen einer anderen Kommune zu beurteilen, die mit den hier maßgeblichen nicht übereinstimmen. Soweit die Verwaltungsgerichte Aachen und Düsseldorf bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der jeweils zur Überprüfung gestellten Beitragsbescheide zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt sind, beruht dies im Wesentlichen eben darauf, dass unterschiedliche Satzungsregelungen zu beurteilen waren. Der Versuch des Beklagten, mit aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen gezogenen Schlussfolgerungen die Richtigkeit der hier angegriffenen Entscheidung in Frage zu stellen, schlägt daher fehl. Daran anschließend kommt es auch nicht darauf an, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen inzwischen nach Ablehnung des dagegen gerichteten Berufungszulassungsantrags
24- vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2016- 12 A 1106/15 -
25rechtskräftig ist, zumal die Überprüfung des Urteils durch den Senat nur in den durch das Darlegungsgebot gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gesetzten Grenzen stattgefunden hat.
26Dem Berufungsvorbringen kann allenfalls insoweit gefolgt werden, als das Verwaltungsgericht Aachen sich nicht ausdrücklich damit auseinandergesetzt hat, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion einer Beitragsverpflichtung hinaus auch eine Leistungsfiktion enthält. Allerdings hatte es hierzu angesichts der von ihm konkret beurteilten Satzungsbestimmung auch keine Veranlassung. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es in dem Urteil an einer Stelle sinngemäß heißt, die Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz habe lediglich zur Folge, dass nunmehr auch beitragsbefreite Vorschulkinder "als beitragspflichtig gelten" und damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen komme. Den weiteren Entscheidungsgründen kann mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass mit dem Wort "lediglich" keine Beschränkung auf die Beitragsfiktion vorgenommen und damit zugleich konkludent die Leistungsfiktion ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr sollte mit dem "lediglich" zum Ausdruck gebracht werden, dass sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz über die Fiktion hinaus keine Verpflichtung ergibt, ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei zu stellen. Letztlich kommt es auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Aachen ohnehin nicht an, weil es zutreffend ist, dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Wege der Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz auch eine Leistungsfiktion angenommen hat.
27Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz unmittelbar nicht lediglich eine Fiktion darstellt oder normiert. Angesichts des Wortlauts des ersten Halbsatzes ("Bei Geschwisterregelungen sind Kinder … so zu berücksichtigen, …") handelt es sich in erster Linie um eine regelnde Vorgabe oder (Handlungs-)Anweisung für die Anwendung von Geschwisterregelungen, und zwar in (Eltern-)Beitragssatzungen, weil das Kinderbildungsgesetz selbst keine Geschwisterregelungen enthält. Mit solchen Regelungen sind offensichtlich Beitragsermäßigungen oder -befreiungen für Geschwisterkinder im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz gemeint, die im Ermessen des kommunalen Satzungsgebers stehen. Erst der Inhalt dessen, was durch den zweiten Halbsatz des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz regelnd vorgegeben wird ("… , als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre."), stellt eine Fiktion dar oder enthält inzident eine solche, weil die angesprochenen Vorschulkinder kraft Gesetzes (§ 23 Abs. 3 Kibiz) beitragsfrei sind. Auf eine insoweit gegebene Fiktion deutet auch die Verwendung des Konjunktivs ("wäre") hin.
28Welchen genauen Inhalt die durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz gemachte Vorgabe hat, d. h. welche Fiktion bei Geschwisterregelungen zu beachten ist, lässt sich allein anhand des Wortlauts der Norm nicht eindeutig beantworten. Es erscheint danach offen, ob nur die Beitragspflicht der Vorschulkinder (fiktiv) vorgegeben wird oder daneben auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung) der Eltern. Auf Letzteres deutet die Verwendung des Worts "leisten" hin, da bei einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion die Formulierung näher gelegen hätte"… , als ob sie beitragspflichtig wären.". Unabhängig vom Wortlaut spricht gegen die Annahme einer auf die Beitragsverpflichtung beschränkten Fiktion, dass eine solche Beschränkung wenig sinnhaft erschiene, weil Beitragsverpflichtung und Beitragsleistung (Zahlung) ohnehin zusammengehören und aufeinander aufbauen. Nimmt man eine Leistungsfiktion an, schließt das die Fiktion der Beitragspflicht ein, weil die Fiktion der Leistung ohne gleichzeitige Fiktion einer entsprechenden Beitragspflicht nicht sinnvoll erscheint. Umgekehrt gilt Ähnliches, weil es inkonsequent erschiene, zwar eine Beitragsverpflichtung zu fingieren, die davon abhängige und darauf aufbauende Leistung jedoch nicht zu regeln, also nicht ebenfalls zu fingieren. Dem Gesetz selbst kann ansonsten eine Differenzierung zwischen Beitragspflicht und Leistung(spflicht) nicht entnommen werden. Wenn es eine Beitragspflicht anordnet, versteht es sich von selbst, dass der Beitrag zu erheben und vom Pflichtigen zu leisten (zahlen) ist. Besteht umgekehrt Beitragsfreiheit, versteht es sich ebenfalls von selbst, dass ein Beitrag nicht erhoben werden darf und auch nicht zu leisten (zahlen) ist. Schließlich entspricht die Annahme, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere sowohl die Beitragsverpflichtung als auch die entsprechende Beitragsleistung (Zahlung), am ehesten dem Willen des Gesetzgebers.
29Zwar ist die dem Gesetzentwurf beigefügte Begründung für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eher dürftig und beschränkt sich auf den Satz:
30"Die Änderung ist eine gesetzliche Klarstellung und entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes" (vgl. LT-Drs. 16/5293, S. 102).
31Darüber, was klargestellt werden sollte, kann nur spekuliert werden, weil in der Begründung des Gesetzentwurfs nichts zu eventuellen Unklarheiten gesagt wird und das Kinderbildungsgesetz vor Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 außer der Ermächtigung in § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz keinerlei Vorgaben für Geschwisterregelungen (Ermäßigungen oder Befreiungen) enthielt, hinsichtlich derer ein Klarstellungsbedarf hätte bestehen können. Die Bezugnahme in der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes gibt für die Beantwortung der Frage, was nun mit § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz klargestellt werden sollte, ebenfalls nichts her. Der in Bezug genommene Wille ging im Ergebnis dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte.
32Vgl. LT-Drs. 15/1929, S. 47
33Da sich daraus nicht ergibt, dass sich der Gesetzgeber des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes seinerzeit Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen die neu geschaffene Beitragsbefreiung für Vorschulkinder auf Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen hat, kann aus dem Willen nichts Hinreichendes zur Konkretisierung dessen abgeleitet werden, was nun genau Gegenstand der mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz laut Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte. Äußerungen der Exekutive nach Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz sind insoweit irrelevant.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juli 2012- 12 A 1001/12 -, juris Rn. 9.
35Weitergehender diesbezüglicher Überlegungen bedarf es jedoch nicht, weil unabhängig von dem nach dem Vorstehenden ungeklärten Gegenstand der Klarstellung der Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes einen ausreichenden Anhaltspunkt für die Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage liefert, ob § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nun lediglich eine Fiktion der Beitragsverpflichtung beinhaltet oder auch eine Fiktion der Beitragsleistung. Wenn nämlich für die Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz der Wille des Gesetzgebers des Ersten Kibiz-Änderungsgesetzes eine Rolle spielte oder sogar maßgeblich war und dieser Wille dahin ging, schrittweise eine vollständige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen, dann drängt sich die Auslegung auf, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz fingiere die Beitragsverpflichtung und die Beitragsleistung, weil vor allem bei diesem Verständnis gewährleistet ist, dass, wie vom Verwaltungsgericht aufgezeigt, neben der ohnehin durch Gesetz angeordneten Beitragsbefreiung der Vorschulkinder über Geschwisterregelungen in Form von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS auch die Geschwisterkinder beitragsbefreit sind.
36Siehe auch Janssen/Dreier/Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand September 2015, § 23 Kibiz Nr. 9.2 S. 42 f.
37Das weitere Berufungsvorbringen dringt ebenfalls nicht durch. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht unterstellt hat, dass "es eine Verpflichtung gegenüber den Eltern gibt, die finanzielle Entlastung des Landes nach der Einführung des Vorschulprivilegs in Form der Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben". Abgesehen davon, dass sich bereits nicht hinreichend erschließt, was damit gemeint ist und was sich daraus im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS oder die Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS ergeben sollte, lassen sich weder dem angegriffenen Urteil Ausführungen zur Weitergabe von Kindpauschalen entnehmen noch zeigt die Beklagte in verständlicher Weise auf, aus welchen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil sich das Unterstellte ergibt oder ergeben soll. Angesichts dessen kommt es auf das weitere Berufungsvorbringen nicht an, in dem sich die Beklagte, anknüpfend an ihre zuvor dargestellte eigene Unterstellung, damit auseinandersetzt, dass die ältere Rechtsprechung des Senats keine Grundlage für die Weitergabe der gewährten Pauschalen des Landes an die Kindeseltern gesehen habe und auch der Wille des Landesgesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz nicht dahin gegangen sei, die Kindpauschalen an die Eltern weiterzugeben.
38Weiterhin missversteht die Beklagte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, soweit dieses in der Einführung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 Kibiz eine - über eine Klarstellung hinausgehende - Gesetzesänderung gesehen hat. Der Wille des Gesetzgebers zum Ersten Kibiz-Änderungsgesetz ging, wie zuvor dargestellt, dahin, durch Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs den Zugang von Kindern zu früher Bildung im Kindergarten zu ermöglichen, wobei die Einführung des beitragsfreien Vorschuljahres (§ 23 Abs. 3 Kibiz) einen ersten Schritt darstellte. Dies hat nichts mit der (Nicht-)Weitergabe von Kindpauschalen zu tun. Ansonsten hat das Verwaltungsgericht zutreffend sinngemäß ausgeführt, dass Eltern von mehreren (Geschwister-)Kindern durch § 23 Abs. 3 Kibiz im Ergebnis im Fall von Geschwisterregelungen der auch hier vorliegenden Gestalt (§ 3 Abs. 4 Satz 1 EBS) - jedenfalls bei rechtskonformer Anwendung einer solchen Regelung - keine weitere Entlastung erfahren hatten. Ohne die oder vor der Befreiung gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz war nur ein Kind beitragspflichtig. Denn insoweit führte die Geschwisterregelung zu einer Entlastung, weil nach ihr - verkürzt - bei mehreren (beitragspflichtigen) Kindern nur für ein Kind ein Beitrag erhoben wurde. Nach der Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz war zwar das ältere (Vorschul-)Kind beitragsfrei. Eine weitere Entlastung trat jedoch nicht ein, weil nunmehr für das jüngere Kind ein Beitrag zu zahlen war, und zwar der eine Beitrag, der nach der Geschwisterregelung bei mehreren gleichzeitig den Kindergarten besuchenden Kindern erhoben wird. An dieser Stelle bewirkt nun, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Korrektur dahingehend, dass bei Anwendung der zuvor genannten Geschwisterregelung bei zwei Kindern faktisch für kein Kind ein Beitrag zu zahlen ist: Das Vorschulkind ist nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfrei, das zweite Kind ist es nach der Geschwisterregelung, weil der nach dieser Regelung zu zahlende eine Beitrag derjenige ist, den § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz für das Vorschulkind fingiert.
39Entgegen dem insoweit sinngemäßen Berufungsvorbringen ist das Verwaltungsgericht Düsseldorf auch nicht davon ausgegangen, dass sich aus dem sog. Vorschulprivileg des § 23 Abs. 3 Kibiz für den Satzungsgeber zugleich die Verpflichtung zu einer Geschwisterermäßigung ergibt, und hat sich dementsprechend auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats
40- vgl. u. a. Beschluss vom 24. Januar 2013
41- 12 A 2492/12 -, juris -
42gesetzt. Offensichtlich regelt § 23 Abs. 3 Kibiz lediglich die Freistellung von der Beitragspflicht im letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung. Allerdings hatte die Einführung von § 23 Abs. 3 Kibiz, wie zuvor aufgezeigt, Auswirkungen auf die Anwendung von bestehenden Geschwisterregelungen der zuvor genannten Art. Ob der Gesetzgeber mit der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bewusst darauf reagiert hat oder reagieren wollte, was nun genau Gegenstand der nach der Begründung des Gesetzentwurfs vorgenommenen Klarstellung sein sollte und ob die Klarstellung eine Änderung der Rechtslage bewirkt hat oder nicht, bedarf auch in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn es ergibt sich weder aus der zuvor genannten Vorschrift selbst noch aus den zugehörigen Gesetzesmaterialien noch aus den Gesetzmaterialien zur Einführung des § 23 Abs. 3 Kibiz, dass ein kommunaler Satzungsgeber verpflichtet ist, neben der Beitragsbefreiung für ein Vorschulkind zugleich auch eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorzusehen. Zwar ist eine solche doppelte Beitragsbefreiung, wie ausgeführt, die Folge aus der Einführung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz, wenn eine Geschwisterregelung in Gestalt von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS (fort-)besteht oder geschaffen wird. Indes besteht keine Verpflichtung des kommunalen Satzungsgebers, eine solche Geschwisterregelung beizubehalten oder zu schaffen.
43Gegen die Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht unter den von der Beklagten problematisierten Gesichtspunkten der hinreichenden Bestimmtheit und des Rechtsstaatsprinzips.
44Was die Bestimmtheit anbelangt, ist nach dem Vorstehenden bereits angesichts des Wortlauts eindeutig, dass die Vorschrift eine (Anwendungs-)Vorgabe für Geschwisterregelungen in kommunalen Elternbeitragssatzungen macht. Soweit der Wortlaut den Inhalt der für Geschwisterregelungen vorgegebenen Fiktion nicht eindeutig erkennen lässt, ergibt sich nach den vorstehenden Ausführungen im Wege der Auslegung ein hinreichend bestimmter Inhalt. Ob die Anwendung der danach hinreichend bestimmten Vorschrift im Rahmen von Geschwisterregelungen überhaupt noch die Bestimmtheit betrifft, kann dahinstehen, weil nach den vorstehenden Ausführungen auch insoweit kein Zweifel besteht oder jedenfalls nicht verbleibt: Im Hinblick auf Geschwisterregelungen der hier in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS normierten Art führt § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zur Beitragsfreiheit des (jüngeren) Geschwisterkinds, weil der nach der Geschwisterregelung zu erhebende eine Beitrag derjenige ist, den die Vorschrift für das (ältere) Vorschulkind fingiert. Darüber hinaus ergibt sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz als weitere Rechtsfolge, dass alle Geschwisterregelungen in (Eltern-)Beitragssatzungen unwirksam und nichtig sind, welche die gesetzlich fingierte Beitragspflicht und -zahlung des nach § 23 Abs. 3 Kibiz beitragsfreien Vorschulkinds negieren oder missachten. Das trifft etwa auch in Fällen zu, in denen die Satzung für die von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz erfassten Fälle andere Rechtsfolgen normiert als in Fällen, in denen keine Beitragsfreiheit gemäß § 23 Abs. 3 Kibiz in Rede steht. Auch dies liegt klar auf der Hand und führt letztlich, wie vom Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, zur Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Dass die Beklagte dieses Ergebnis für untunlich oder misslich hält, stellt die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht in Frage. Zwar mag es sein, dass die Einführung dieser Vorschrift bei Kommunen, welche Satzungsregelungen nach Art von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hatten und sich die insoweit aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende Konsequenz (doppelte Beitragsbefreiung) nicht hinnehmen woll(t)en, (Rechts-) Unsicherheit insoweit ausgelöst hat, mit welcher (neuen anderen) Satzungsregelung sich die doppelte Beitragsbefreiung vermeiden lässt. Dies berührt jedoch nicht die Bestimmtheit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Entsprechendes gilt für die sich aus der Vorschrift ergebenden Rechtsfolgen. Wie § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz zu verstehen und zu handhaben ist, hat das Verwaltungsgericht mit stringenter juristischer Argumentation aufgezeigt. Bei einer solchen Vorgehensweise kann auch die kommunale Satzungsautonomie "rechtssicher durchgeführt" werden.
45Zuzugeben ist der Beklagten, dass bei der vom Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommenen Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz das den Kommunen durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen ein Stück weit eingeschränkt wird. Daraus resultieren jedoch keine Bedenken an der Wirksamkeit von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz. Da die Beklagte selbst nicht in Abrede stellt, dass der Gesetzgeber zu einer Änderung von § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz befugt wäre, ist es ihm auch nicht verwehrt, eine solche Änderung dadurch herbeizuführen, dass er eine andere Vorschrift (§ 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz) einführt, die in der Sache das durch § 23 Abs. 5 Satz 2 Kibiz eingeräumte Ermessen teilweise beschränkt. Dadurch entstehen auch nicht zwangsläufig Finanzierungslücken bei der Beklagten, da diese nicht gezwungen (gewesen) ist, an den Geschwisterregelungen in § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 EBS festzuhalten. Sollten hier Finanzierungslücken bei der Beklagten entstanden sein oder entstehen, beruht das allein darauf, dass sie- nach dem Vorstehenden unzutreffend - davon ausgegangen ist, § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS werde durch § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht berührt, und sie es deshalb unterlassen hat, zum Inkrafttreten von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz eine Änderung ihrer Elternbeitragssatzung vorzunehmen, wenn sie die doppelte Beitragsbefreiung, wie sie nach dem Vorstehenden im Zusammenwirken von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS eintritt, nicht hinnehmen wollte.
46Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Kontrollüberlegung juristisch stringent in dem Sinne, dass sie die sich aus § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz ergebende - nach dem Vorstehenden nicht zu beanstandende - Leistungsfiktion konsequent zur Anwendung bringt. Zwar trifft der Vortrag der Beklagten zu, dass in den Fällen, in denen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz greift, tatsächlich (faktisch) für das Vorschulkind kein Beitrag gezahlt wird. Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe führt es jedoch zu einer Ungleichbehandlung, wenn der faktischen/tatsächlichen Nichtzahlung mit einer hierauf bezogenen Regelung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 EBS) Rechnung getragen wird. Die Nichtzahlung stellt angesichts der gesetzlichen Fiktion keinen zulässigen sachlichen Grund für eine Differenzierung dar.
47Die sich angesichts des Vorstehenden stellende verfassungsrechtliche Frage, ob in der Fiktion des § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz selbst eine gegen Art. 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung liegt, ist zu verneinen. Es liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, auch wenn die Fiktion im Rahmen von Geschwisterregelungen hinsichtlich der Beitragsverpflichtung und -leistung zu einer Gleichbehandlung von Vorschulkindern, die rechtlich gesehen beitragsfrei sind und für die dementsprechend tatsächlich kein Beitrag gezahlt wird, mit regulär beitragspflichtigen Kindern, für die tatsächlich Beiträge geleistet werden, zwingt. Dem Gesetzgeber steht nämlich bei der Gewährung von Befreiungen von einer grundsätzlich bestehenden Leistungspflicht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der erst an der Willkürgrenze endet.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 1995 - 6 B 73.95 -, juris Rn. 9, m. w. N.
49Dieser Gestaltungsspielraum ist hier eröffnet (gewesen) und nicht überschritten worden. Das grundsätzliche Bestehen einer Leistungspflicht ergibt sich daraus, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann anwendbar ist, wenn sich der kommunale Satzungsgeber gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Kibiz dazu entschlossen hat, Elternbeiträge zu erheben (und sich im Weiteren in der Satzung eine Geschwisterregelung findet). Mit anderen Worten ist der Anwendungsbereich von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nur dann eröffnet, wenn aufgrund einer kommunalen Satzung grundsätzlich eine Beitrags- und Leistungspflicht besteht. Darüber hinaus stellt die Vorschrift im Ergebnis auch eine Befreiungsregelung dar. Nach den vorstehenden Ausführungen führt die Vorschrift nämlich im Rahmen von bestimmten Geschwisterregelungen zur Beitragsfreiheit eines Geschwisterkinds. Die in der Vorschrift liegende Fiktion und die damit einhergehende Ungleichbehandlung ist auch nicht willkürlich, weil der sie rechtfertigende sachliche Grund in der zulässigen bildungs- und familienpolitischen Zielsetzung des Gesetzgebers liegt, eine (schrittweise vorzunehmende) völlige Beitragsfreiheit des Kindergartenbesuchs zu erreichen.
50Die Beklagte dringt schließlich nicht mit ihrem sinngemäßen Vorbringen durch, es führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz lediglich in den Kommunen Auswirkungen habe, die eine Geschwisterregelung entsprechend § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS hätten. Abgesehen davon, dass diese Überlegung nicht zur Wirksamkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS führt und die Beklagte im Zusammenhang mit der Einführung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht verpflichtet gewesen ist, § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS aufrecht zu erhalten, macht sie in der Sache eine ungleiche Beitragsbelastung der Eltern geltend, auf die sie sich jedoch von vornherein nicht berufen kann. Soweit sie sich selbst als durch entstehende Finanzierungslücken belastet ansieht, ist bereits aufgezeigt worden, dass § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz nicht zwingend zu Finanzierungslücken führen muss.
51Über die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinaus ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Beitragserhebung auch nicht (allein) auf § 3 Abs. 1 EBS gestützt werden kann. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn die spezielleren Beitragsregelungen für Geschwisterfälle in § 3 Abs. 4 EBS insgesamt nichtig wären, was indes nicht der Fall ist. Die hier bestehende Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS hat nicht die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS zur Folge.
52Vgl. allgemein zur Teil- und Gesamtnichtigkeit von Satzungen BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008 - 9 B 40.08 -, juris Rn. 13, m. w. N.
53Da die Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS für sich genommen wirksam ist, insbesondere nicht gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibz verstößt, in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen nicht von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS abhängig ist und dementsprechend einen eigenständigen und darüber hinaus sinnvollen Anwendungs-/Regelungsbereich hat, besteht unter diesen Gesichtspunkten kein Anhaltspunkt dafür, dass die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS auch § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS erfasst. Darüber hinaus stellt sich die Geschwisterregelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 EBS als bewusste und gewollte (familienpolitische) Entscheidung des Satzungsgebers zur (Beitrags-)Entlastung von Familien mit mehreren Kindern dar. Sie existierte bereits vor der im Jahr 2013 erfolgten Einführung von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS. Weder aus den diesbezüglichen Satzungs(aufstellungs)vorgängen der Beklagten aus dem Jahr 2013 noch aus ihrem Vorbringen in diesem Verfahren kann geschlossen werden, dass die Geschwisterregelung zur Disposition gestanden hätte, also aufgehoben worden wäre, wenn die Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS erkannt worden wäre. Vielmehr spricht der zuvor dargestellte familienpolitische Hintergrund der Geschwisterregelung für die Annahme, dass an ihr auch bei Kenntnis der Nichtigkeit von § 3 Abs. 4 Satz 2 EBS festgehalten worden wäre.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
55Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
56Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Fragen zur Auslegung von § 23 Abs. 5 Satz 3 Kibiz und von Geschwisterregelungen in kommunalen Satzungen betreffen nicht Bundesrecht (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 wird aufgehoben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der aufgrund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eltern zweier Kinder, die im Kindergartenjahr 2014/2015 eine von der Beklagten geförderte Kindertageseinrichtung besuchen.
3Mit Bescheid vom 15. Juli 2014 wurden unter anderem sämtliche Kinder für das Kindergartenjahr 2014/2015 beitragsfrei gestellt. Im Falle des älteren Kindes beruhte die Beitragsfreiheit auf dem Umstand, dass das Kind zum Ende des Kindergartenjahres eingeschult werden sollte (Vorschulkind). Für das jüngere Kind wurde eine Beitragsfreiheit als Geschwisterkind angenommen.
4Mit weiterem Bescheid vom 28. August 2014 wurde der Elternbeitrag für das Kindergartenjahr 2014/2015 neu festgesetzt. Während es für das ältere Kind bei der Beitragsfreiheit verblieb, wurde für das jüngere Kind ein Elternbeitrag von monatlich 220 EUR festgesetzt. Dabei wurde eine Betreuungszeit bis 45 Buchungsstunden wöchentlich und ein Einkommen bis 90.000 EUR (Stufe 14) zu Grunde gelegt. Eine Beitragsfreiheit wurde für das jüngere Kind nach § 3 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen für Kinder, die Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten der Offenen Ganztagsschulen, sowie für die Inanspruchnahme von Kindertagespflege vom 26. Februar 2008 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 28. Mai 2013 (Elternbeitragssatzung) verneint.
5In Bezug auf die Beitragsfreiheit enthält die Elternbeitragssatzung in § 3 folgende Regelung:
6„…
7(3) Die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege durch Kinder, die am 01. August des Folgejahres schulpflichtig werden, ist in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht, beitragsfrei.
8(4) Besuchen mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung für Kinder oder wird ein Geschwisterkind in Tagespflege gem. §§ 22 ff SGB VIII betreut, so wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben. Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist.
9(5) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 3 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der niedrigste Beitrag ergibt.
10(6) Ergeben sich ohne die Beitragsbefreiung(en) nach Absatz 4 unterschiedlich hohe Beiträge, so gilt als Beitragskind das Kind, für das sich nach der Betreuungsart und dem Einkommen der höchste Beitrag ergibt.
11(7) Liegen bei Beitragspflichtigen die Voraussetzungen für Beitragsbefreiungen sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 vor, gilt Absatz 5 entsprechend. …“
12Am 16. September 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen vor: Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung § 23 Abs. 5 S. 3 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) nicht beachtet habe. Diese Regelung sei auch für die Beklagte verbindlich. Die Beklagte könne nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz zwar nach ihrem Ermessen entscheiden, ob sie eine Geschwisterregelung einführe. Wenn sie sich aber für eine Geschwisterregelung entschieden habe, sei sie an die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz zwingend gebunden. Soweit sich die Beklagte auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) berufe, verkenne sie, dass sich diese Entscheidungen nicht zu dem ab 1. August 2014 geänderten Recht verhielten. Die Beklagte könne die Gesetzesbegründung zur Neuregelung nicht für ihren Standpunkt heranziehen. Der Landesgesetzgeber habe die Klarstellung in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz wegen der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommen, die der Geschwisterregelung in § 3 der Elternbeitragssatzung der Beklagten zu Grunde liege. Eine gesetzgeberische Klarstellung sei begriffsnotwendig nur dort erforderlich, wo der bisherige Status quo geändert werden solle.
13Die Kläger beantragen,
14den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 aufzuheben, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie macht geltend: Die Kläger könnten sich nicht für beide Kinder auf eine Beitragsfreiheit berufen. Dem stehe § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung entgegen. Diese Regelung sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Eine gesetzliche Vorgabe, auch Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen, bestehe nicht. Nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, ob und in welchem Umfang eine Geschwisterregelung eingeführt werde. Mit Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung sei nur die in der Satzung vorgenommene Ausgestaltung der Geschwisterregelung vereinbar. Eine solche diene unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragsverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastungen der Eltern. Eine vollständige Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie würde im Verhältnis zu Eltern mit nur einem Kind zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung führen. Die Grundkonzeption der Geschwisterregelungen habe sich weder durch die Einführung des Vorschulprivilegs noch durch die Änderungen des KiBiz zum 1. August 2014 verändert. Der Landesgesetzgeber habe es dabei belassen, diese Regelungen ins Ermessen des Jugendamtes zu stellen. In der Rechtsprechung sei geklärt, dass der Landesgesetzgeber über die Beitragsfreistellung von Vorschulkindern hinaus eine weitere Beitragsfreistellung der Geschwisterkinder nicht beabsichtigt habe. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung und der Gesetzesbegründung zum neu eingefügten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz habe sich die Rechtslage durch die Neuregelung nicht geändert. In der Gesetzesbegründung werde lediglich erwähnt, dass die Änderung eine gesetzliche Klarstellung sei und dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entspreche. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber zum 1. August 2014 eine weitere zwingende Geschwisterkindbefreiung habe regeln wollen. Eine andere Auslegung führe zum Widerspruch zwischen dem S. 2 und S. 3 des § 23 Abs. 5 KiBiz. Auf der einen Seite hätten die Jugendämter das Recht, nach ihrem Ermessen über die Einführung einer Geschwisterregelung zu entscheiden. Auf der anderen Seite wären aber alle Geschwisterkinder dann immer beitragsbefreit. Von der Argumentation der Kläger ausgehend, hätte der Landesgesetzgeber eine Beitragsbefreiung nur in denjenigen Gemeinden eingeführt, die sich für eine Geschwisterregelung entschieden hätten. Dies könne aber nicht der gesetzgeberische Wille gewesen sein. Einer zwingenden Beitragsbefreiung stehe auch der Umstand entgegen, dass im Landeshaushalt kein finanzieller Ausgleich für die durch eine solche Regelung betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geschaffen worden sei. Dies widerspräche dem verfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip. Schließlich werde die Auffassung der Beklagten durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 14. April 2015 – 8 K 154/15 – bestätigt. Darin habe das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtslage zum Ausdruck gebracht, dass eine zwingende Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern weder nach bundes- noch landesrechtlichen Vorgaben zwingend sei.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in eigenen Rechten, soweit darin für den Zeitraum vom 1. August 2014 bis zum 31. Juli 2015 ein Elternbeitrag festgesetzt worden ist, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
22Entgegen der Annahme der Beklagten sind beide, eine Kindertageseinrichtung besuchende Kinder der Kläger von der Beitragspflicht befreit.
23Für das ältere Kind folgt die Beitragsbefreiung – dies wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt – aus § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung. Dieser bestimmt in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz, dass die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen durch Kinder, die am 1. August des Folgejahres schulpflichtig werden, in dem Kindergartenjahr, das der Einschulung vorausgeht (Vorschulkinder), beitragsfrei ist. Diese Voraussetzungen liegen bei dem älteren Kind – unstreitig – vor.
24Das jüngere Kind ist nach § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung beitragsbefreit. Danach wird der Elternbeitrag nur für ein Kind erhoben, wenn mehr als ein Kind einer Familie oder von Personen, die nach § 2 Abs. 1 an die Stelle der Eltern treten, gleichzeitig eine Tageseinrichtung für Kinder besuchen. So liegt es hier.
25Im Sinne der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung wird für ein Kind, nämlich das ältere Vorschulkind, bereits ein Elternbeitrag erhoben. Denn nach dem zum 1. August 2014 in § 23 Abs. 5 KiBiz eingefügten S. 3 sind bei Geschwisterregelungen Vorschulkinder, deren Tagesbetreuung – wie hier – nach Abs. 3 elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber fingiert im Falle einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch die Eltern eines Vorschulkindes. Wird aber für das Vorschulkind die Leistung eines Beitrages fingiert und stellt die Elternbeitragssatzung darauf ab, dass „nur“ für ein Kind ein Beitrag erhoben wird, dann ist dieser eine Beitrag bereits durch die fingierte Leistung für das Vorschulkind abgegolten.
26Entgegen der Annahme der Beklagten steht § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung der Beitragsbefreiung nicht entgegen. Danach wird zwar der Beitrag für ein Kind auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsbefreiung nach Abs. 3 vorzunehmen ist. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht aber nicht vereinbar und daher nichtig.
27Diese Satzungsbestimmung verstößt gegen § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz. Die vorgenannte Norm hat zwei Funktionen: Sie eröffnet zum einen den Anwendungsbereich der Geschwisterregelungen. Denn die Geschwisterregelungen setzen nach ihrer Zweckbestimmung voraus, dass die Beitragspflichtigen für mehrere Kinder Elternbeiträge zu leisten haben. Im Fall einer mehrfachen Leistungspflicht soll sich diese durch die Geschwisterregelung zu Gunsten der Eltern reduzieren. Wird für das Vorschulkind über die Regelung des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Leistung eines Elternbeitrages fingiert, wird der Anwendungsbereich der Geschwisterregelung eröffnet. Denn nunmehr werden die Elternbeitragspflichtigen mit einem Vorschulkind und mindestens einem weiteren Kind so behandelt als ob eine Belastung mit zwei Elternbeiträgen besteht. Zum anderen steuert die Leistungsfiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz die Anwendung der konkreten satzungsrechtlichen Geschwisterregelung. Stellt die konkrete Geschwisterregelung – wie hier – auf die Leistung „nur“ eines Beitrages ab,
28wobei andere Ausgestaltungen wegen des dem Satzungsgeber zukommenden Ermessens nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz möglich sind und zu anderen Konsequenzen führen können,
29so hat die Fiktionswirkung die zwingende Konsequenz eines Ausschlusses weiterer Beitragsleistungen für andere Kinder der Beitragspflichtigen. Diese sich aus der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz für Geschwisterregelungen der hier vorliegenden Art zwingend ergebende Konsequenz versucht der Satzungsgeber durch § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung dadurch zu umgehen, dass der Beitrag für ein (anderes) Kind auch dann erhoben wird, falls eine Beitragsfreiheit
30– die aber wegen der Fiktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz im Rahmen der Geschwisterkindregelung wieder als aufgehoben anzusehen ist –
31für das Vorschulkind besteht. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zu der vorstehend dargelegten Funktion des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz.
32Das Ergebnis wird gestützt durch eine Kontrollüberlegung anhand des Art. 3 Abs. 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Eine Differenzierung ist willkürlich, wenn kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung/Gleichbehandlung besteht. So würde es hier liegen, wenn die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung greifen würde. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz sind die Elternbeitragspflichtigen in Bezug auf Geschwisterregelungen so zu stellen, als ob für das beitragsbefreite Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 S. 1 KiBiz (entspricht § 3 Abs. 3 der Elternbeitragssatzung) tatsächlich ein Elternbeitrag geleistet wird. Nach § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung ist bei dieser Fallgestaltung zusätzlich für ein weiteres Kind ein weiterer Elternbeitrag zu leisten. Damit werden die Eltern in dieser Fallkonstellation (Vorschulkind/weiteres Kind) nach der Elternbeitragssatzung mit zwei zu leistenden Elternbeiträgen belastet. In allen anderen Fallkonstellationen, in denen mindestens zwei Kinder, von denen keines ein Vorschulkind ist, gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen, werden die Elternbeitragspflichtigen aufgrund der Geschwisterregelung in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung, für die § 3 Abs. 4 S. 2 der Elternbeitragssatzung nicht gilt, hingegen nur mit der Leistung eines Elternbeitrages für ein Kind belastet. Für diese unterschiedliche Behandlung in der Beitragsbelastung ist ein sachlicher Grund nicht ersichtlich. Wegen der gesetzlichen Fiktion der Leistung eines Beitrages für das Vorschulkind in § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz kann nämlich nicht darauf abgestellt werden, dass die Elternbeitragspflichtigen in der Konstellation Vorschulkinder/mindestens ein weiteres Kind in öffentlich geförderter Tagesbetreuung im Ergebnis tatsächlich keine Zahlung an die Beklagte erbringen. Denn dies ist gerade die Folge der vom Landesgesetzgeber angeordneten Leistungsfiktion für das Vorschulkind und ist von diesem so gewollt.
33Die von der Beklagten gegen dieses Auslegungsergebnis vorgebrachten Argumente verfangen nicht:
34Es trifft zwar zu, dass das KiBiz keine gesetzliche Vorgabe enthält, Geschwisterkinder von der Beitragspflicht freizustellen. Denn nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz steht es im Ermessen, ob das Jugendamt ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsbefreiung für Geschwisterkinder vorsieht. Wenn sich das Jugendamt indes entschließt, eine Geschwisterregelung einzuführen, dann ist es bei deren inhaltlicher Ausgestaltung aber an höherrangiges Recht und damit an § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz mit der darin angeordneten Leistungsfiktion für das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind und Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Innerhalb dieser Grenzen ist das Jugendamt bei der Ausgestaltung der Geschwisterregelung frei. Dies kann zu unterschiedlichen Ausgestaltungen von Geschwisterregelungen in den kommunalen Satzungen führen. So sieht beispielsweise § 3 S. 2 der Satzung der Stadt E. über die Erhebung von Elternbeiträgen in Kindertageseinrichtungen und Horten in Übereinstimmung mit § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz vor, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist. Bei einer solchen Ausgestaltung der Geschwisterregelung sind nicht – wie hier – beide Kinder der Elternbeitragspflichtigen von der tatsächlichen Zahlung des Elternbeitrages befreit. Vielmehr ist für mindestens ein Kind ein Elternbeitrag von 25 % tatsächlich zu zahlen.
35Auch Sinn und Zweck der Geschwisterregelung stehen dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Beklagte weist zutreffend unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 17. Mai 2011 – 12 A 642/11 – darauf hin, dass eine Geschwisterregelung unter dem Aspekt des Familienlastenausgleichs trotz einer gleichzeitigen und mehrfachen Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen nicht der vollständigen Freistellung, sondern nur der Reduzierung der mit einer Mehrzahl von öffentlich-rechtlichen Kostenverpflichtungen einhergehenden finanziellen Belastung der Eltern dient. Nach diesem Sinn und Zweck ist eine Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie nicht vorgesehen. Eine solche generelle Beitragsbefreiung für alle Kinder einer Familie, von denen eines ein Vorschulkind ist, ordnet aber entgegen der Auffassung der Beklagten § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz auch nicht an. Die Beklagte verkennt, dass durch § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz nicht alle Kinder einer Familie, die gleichzeitig eine Tagesbetreuung in Anspruch nehmen, beitragsbefreit werden. Durch die vorgenannte Regelung wird lediglich in Anknüpfung an Sinn und Zweck einer Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrages durch das nach § 23 Abs. 3 KiBiz beitragsbefreite Vorschulkind gesetzlich fingiert, was im Rahmen der konkreten Geschwisterregelung zu berücksichtigen ist. Durch diese gesetzliche Fiktion sind die Eltern dieser Kinder rechtlich so gestellt, als ob von ihnen ein Elternbeitrag für dieses Kind geleistet wird. Damit ist aber die Konstellation gegeben, dass jedenfalls für ein Kind ein Elternbeitrag geleistet wird und das Konzept der Geschwisterregelung folgerichtig fortgeführt worden.
36Der Ausgangspunkt der Beklagten, wonach durch die Einfügung eines Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz vom Landesgesetzgeber keine generelle Kostenbefreiung von Geschwisterkindern gewollt war, ist zutreffend. Diese Annahme rechtfertigt aber nicht den weitergehenden Schluss der Beklagten, durch die Gesetzesänderung habe sich an der bisherigen Rechtslage nichts geändert. Eine solche Annahme lässt sich insbesondere nicht auf die Begründung der Gesetzesänderung stützen, wonach es sich bei der Änderung nur um eine gesetzliche Klarstellung handele und diese dem Willen des Gesetzgebers des Ersten KiBiz-Änderungsgesetzes entsprochen habe.
37Mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz hat der Landesgesetzgeber eine Änderung der bisherigen Rechtslage in Bezug auf Geschwisterregelungen herbeigeführt.
38Vgl. Janssen, Dreier, Selle, Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen, Stand: 69. Ergänzungslieferung, KiBiz-Kommentar zu § 23 S. 42 f.; so wohl auch OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2014 – 12 A 815/14 –, juris, Rn. 72 und 73.
39Wie die Beklagte zutreffend dargestellt hat, war in der obergerichtlichen Rechtsprechung des OVG NRW geklärt, dass im Falle einer Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz bei einer Geschwisterregelung der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art gleichwohl ein Elternbeitrag zu erheben war, da eine solche Geschwisterregelung lediglich eine Reduzierung der Beitragsleistung auf jedenfalls einen öffentlich-rechtlichen Beitrag für nur noch ein Kind vorsah.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2013 - 12 A 2492/12 -, juris, und Urteil vom 15. Dezember 2014 - 12 A 815/14 -, juris, insbesondere Rn. 72 und 73 zur neuen Rechtslage.
41Wenn der Landesgesetzgeber es bei dieser gefestigten und eindeutigen Rechtslage hätte belassen wollen, wäre die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz nicht erforderlich gewesen. Einer Klarstellung hätte es insoweit angesichts der eindeutigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte auch nicht bedurft. Die Gesetzesänderung durch den Landesgesetzgeber stellt vielmehr eine Reaktion auf die gefestigte Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Bezug auf die Auslegung derartiger Geschwisterregelungen dar. Entgegen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wurde von Anfang an verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwisterregelungen im Falle der gesetzlich vorgesehenen Beitragsbefreiung nach § 23 Abs. 3 KiBiz für das Vorschulkind auch kein Elternbeitrag für das andere, ebenfalls in Tagesbetreuung befindliche Kind erhoben werden konnte. In diesem Sinne wurden Geschwisterregelungen der in § 3 Abs. 4 S. 1 der Elternbeitragssatzung normierten Art von anderen Jugendämtern im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichtes auch ohne die Neuregelung angewandt. Denn nur im Falle einer solchen Interpretation der Geschwisterregelung war das bereits mit dem Ersten KiBiz-Änderungsgesetz verfolgte Ziel, die Eltern von Elternbeiträgen zu entlasten und einen Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit für die Inanspruchnahme einer Tagesbetreuung zu schaffen, auch für diejenigen Eltern erreichbar, bei denen sich neben dem Vorschulkind mindestens ein weiteres Kind gleichzeitig in Tagesbetreuung befand, das ohne die gesetzliche Beitragsbefreiung aufgrund einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art ohnehin beitragsfrei gewesen wäre. Mit anderen Worten: Vorgenannte Eltern hatten bei einer bestehenden Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art durch die in § 23 Abs. 3 KiBiz neu eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung keinen Vorteil, weil aufgrund der Geschwisterregelung in der ständigen Auslegung der Verwaltungsgerichte ohnehin nur ein Beitrag erhoben wurde und sich durch die eingeführte gesetzliche Beitragsbefreiung hieran nichts änderte. Dieses infolge der Geschwisterregelung in der Interpretation der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte herbeigeführte Ergebnis wurde vom Landesgesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz korrigiert.
42Im Übrigen kommt es auf die subjektiven Vorstellungen von am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten für die Auslegung einer Norm nicht an. Entscheidend ist vielmehr der objektive Gesetzesinhalt, wie er sich aus seinem Wortlaut und im Sinnzusammenhang ergibt.
43OVG NRW, Urteil vom 22. Mai 2015 – 12 A 1075/14 –, juris Rdn. 35 – 37 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 16. Februar 1983 – 2 BvE 1/83, 2. BvE 2/83, 2 BvE 3/83, 2 BvE 4/83 –, BVerfGE 62, 1 (45).
44Weder dem Wortlaut noch dem Sinnzusammenhang des § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz lässt sich entnehmen, dass keine Änderung der bisherigen Rechtslage bewirkt werden sollte.
45Vor diesem Hintergrund ist durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10. April 2015 – 8 K 154/15 – keine andere Beurteilung veranlasst. Es ist zwar richtig, dass die Neuregelung des § 23 Abs. 5 KiBiz nicht zwingend zu einer Doppelbefreiung von Vorschul- und Geschwisterkindern führt. Ob dieser Zustand eintritt, ist allein abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Geschwisterregelung durch den Satzungsgeber. Das belegt bereits die oben angeführte Geschwisterregelung der Stadt E. . Wählt der Satzungsgeber hingegen eine Geschwisterregelung der hier in Rede stehenden Art, wonach bei Inanspruchnahme einer öffentlich geförderten Tagesbetreuung durch mehrere Kinder von Elternbeitragspflichtigen nur ein Beitrag zu leisten ist, dann kann er eine Doppelbefreiung aus Gründen der Gleichbehandlung nicht vermeiden.
46Entgegen der Auffassung der Beklagten wird durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz das verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip in § 78 Abs. 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht berührt. Denn mit der Neuregelung hat das Land keine neuen Aufgaben übertragen oder bestehende und übertragene Aufgaben verändert, die notwendigerweise zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände geführt hat. Denn der Landesgesetzgeber hat mit der Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz keine zwingende Beitragsbefreiung angeordnet. Er hat lediglich für eine Geschwisterregelung die Leistung eines Beitrags für nach § 23 Abs. 3 KiBiz gesetzlich beitragsbefreite Vorschulkinder fingiert, für die im Übrigen das Land nach § 21 Abs. 10 KiBiz den örtlichen Trägern der Jugendhilfe einen pauschalen Ausgleich gewährt. Diese Neuregelung führt nicht gegen den Willen der Gemeinden und Gemeindeverbände zwingend zu Mehrkosten. Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass es nach § 23 Abs. 5 S. 2 KiBiz in ihrem Ermessen steht, ob sie eine Geschwisterregelung einführt. Wie zuvor ausgeführt, steht es ihr unter Beachtung von § 23 Abs. 5 S. 3 KiBiz und dem Gleichheitssatz auch frei, wie sie eine Geschwisterregelung näher ausgestaltet, wenn sie sich nach ihrem freien Willen zur Schaffung einer Geschwisterregelung entscheidet. Durch die Art der Ausgestaltung der Geschwisterregelung kann sie zudem auf die Höhe des Beitragsausfalls nach eigenem Ermessen Einfluss nehmen. So hat beispielsweise die Stadt E. in § 3 S. 2 ihrer Elternbeitragssatzung geregelt, dass für das zweite und jedes weitere Kind ein Beitrag i.H.v. 25 % des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu entrichten ist, wenn das ältere Vorschulkind nach § 23 Abs. 3 KiBiz kraft Gesetzes beitragsbefreit ist. Andere gesetzeskonforme Ausgestaltungen sind denkbar, die zu weitaus höheren tatsächlichen Zahlungen der Elternbeitragspflichtigen für weitere neben dem Vorschulkind gleichzeitig eine öffentliche Tagesbetreuung in Anspruch nehmende Kinder führen können. Hat es die Beklagte mithin selbst in der Hand, durch die Ausgestaltung ihres Satzungsrechtes die Höhe der Beitragseinnahmen festzulegen, hat sie den durch die Einfügung des Satzes 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz entstehenden Einnahmeausfall bei einer nach ihrem Willen ausgestalteten Geschwisterregelung selbst zu verantworten.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
48Die Berufung wird nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Gründe
- 1
-
1. Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
- 2
-
a) Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
- 3
-
aa) Die Beschwerde meint, es müsse revisionsgerichtlich geklärt werden, ob jeweils das gleiche Ergebnis, nämlich die Besteuerung der Spieler, ausgelöst werde, wenn nach der hier maßgeblichen Satzung das "Halten der Geräte" und in anderen Kommunen das "Benutzen der Geräte" besteuert werde; für eine Besteuerung des Halters der Spielgeräte fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage.
- 4
-
Diese Grundsatzrüge vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Die Beschwerde legt schon nicht nachvollziehbar dar, weshalb die Zulässigkeit der von ihr angenommenen "Halterbesteuerung" davon abhängen sollte, dass die in anderen Kommunen gebräuchliche Besteuerung der Spieler "das gleiche Ergebnis" auslöst. Im Übrigen steht die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Geräteaufsteller dürfe der Vergnügungssteuerpflicht unterworfen werden, wenn die Steuer auf den Steuerträger, nämlich den sich vergnügenden Spieler, abgewälzt werden könne (indirekte Steuererhebung), in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 28). Die Beschwerde zeigt nicht ansatzweise auf, dass und weshalb der vorliegende Fall Gelegenheit zur Fortentwicklung dieser Rechtsprechung geben könnte.
- 5
-
Soweit mit der Grundsatzrüge eine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit geltend gemacht werden sollte, ist ein Klärungsbedarf nicht gegeben. Denn Art. 3 Abs. 1 GG fordert die Gleichbehandlung nur innerhalb des Bereichs eigener Rechtssetzungsgewalt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 113/03 - NVwZ-RR 2005, 297 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 20. April 1990 - BVerwG 7 C 34.89 - Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 103 S. 25). Daher begründet eine abweichende Regelung der Steuererhebung und -bemessung im Zuständigkeitsbereich eines anderen Normgebers grundsätzlich keine Verletzung der steuerlichen Belastungsgleichheit.
- 6
-
bb) Die Beschwerde sieht einen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage,
-
"ob nachgewiesen werden muss, dass die Steuer auf den Preis der Dienstleistung abgewälzt werden kann, damit sie letztendlich vom Verbraucher getragen wird."
- 7
-
Ein solcher Klärungsbedarf ist nicht erkennbar. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die Anforderungen an die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer als indirekte Steuer geklärt. Danach genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8 <20> und vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <22 f.>; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 28; stRspr). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass Anlass zu einer Fortentwicklung dieser Rechtsprechung besteht. Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft habe im Urteil vom 3. März 1988 (Rs. 252/86 - Slg. 1988, 1343) klargestellt, dass die Mehrwertsteuer nachweislich auf den Verbraucher abwälzbar sein müsse. Diese Rechtsprechung müsse aus Gründen der Gleichbehandlung auf die Erhebung der Vergnügungssteuer übertragen werden. Daher könne nicht verlangt werden, dass die Vergnügungssteuer durch Kostensenkung oder Umsatzsteigerung "aufgefangen" werde, vielmehr müsse die Steuer nachweislich in den Spielpreis eingestellt werden können. Dies sei jedoch nicht möglich, weil an den Spielgeräten keine Veränderungen vorgenommen werden dürften, so dass tatsächlich Preisbindung bestehe.
- 8
-
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Vergnügungssteuer nicht den Charakter einer Umsatzsteuer i.S.d. vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft mit Blick auf das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems entwickelten Kriterien aufweist. Sie wird nicht allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte in einer Gemeinde erhoben und ist strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 36 f.). Die Beschwerde legt nicht dar, weshalb es gleichwohl "aus Gründen der Gleichbehandlung" geboten sein sollte, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft bestehenden Anforderungen an die Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Letztverbraucher auf die als Aufwandsteuer erhobene Vergnügungssteuer zu übertragen. Im Übrigen kann auch nicht angenommen werden, dass die Umsatzsteuer nicht kalkulatorisch, sondern nur durch Aufschlagen auf den Nettopreis überwälzt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 2010 - XI R 79/07 - BFHE 231, 373 zur Umsatzsteuerpflicht gewerblicher Betreiber von Geldspielautomaten).
- 9
-
cc) Soweit die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig hält,
-
"ob die Formulierung 'angefangener Kalendermonat' gleichgesetzt werden kann mit einem gesamten Kalendermonat",
-
wendet sie sich gegen die Auslegung von Landesrecht (§ 10 Vergnügungssteuersatzung - VS), die vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird und eine Zulassung der Revision deswegen nicht begründen kann. Bezüge zum revisiblen Recht zeigt die Beschwerde nicht auf.
- 10
-
dd) Ferner will die Beschwerde bezogen auf § 13 Abs. 3 Satz 3 VS, wonach die unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung als Steuerfestsetzung gilt, grundsätzlich geklärt wissen,
-
"ob eine solche Formulierung in einer Steuersatzung zu deren Unwirksamkeit führt oder ob eine solche Formulierung nur zu einer Teilunwirksamkeit führt."
- 11
-
Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Frage der revisionsgerichtlichen Klärung bedarf. Sie betrifft wiederum irrevisibles Recht. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die Auslegung einer - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl. Beschluss vom 20. September 1995 - BVerwG 6 B 11.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 6 S. 8 m.w.N.). Zudem sind die abstrakt-generellen, von der entsprechenden Anwendung des § 139 BGB ausgehenden Fragen der Gesamt- oder Teilnichtigkeit von Satzungen höchstrichterlich bereits geklärt. Danach steht fest, dass die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon abhängt, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 40.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 56 Rn. 13 m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage maßgeblich von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, die einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich sind.
- 12
-
Soweit die Beschwerde der Sache nach auch eine Verletzung des bei der Steuerfestsetzung zu beachtenden Bestimmtheitsgebots rügen sollte, fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung, weshalb die Bestimmtheit der - hier erfolgten - Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid von der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung durch unbeanstandete Entgegennahme der Steueranmeldung abhängen sollte.
- 13
-
ee) Auch die Frage,
-
"ob eine Formulierung, wie sie in § 10a der Satzung angetroffen wird, zu einer vollständigen Nichtigkeit der Satzung führt oder nur zu einer Teilnichtigkeit, wonach eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht wird, wenn die Einspielergebnisse nicht durch Ausdrucke manipulationssicherer elektronischer Zählwerke nachgewiesen und belegt werden können",
-
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Das Oberverwaltungsgericht ist von der Nichtigkeit nur des § 10a VS ausgegangen, der eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab ermöglicht. Es hat angenommen, dass dies keine weiteren Auswirkungen auf die grundsätzlich vorgesehene Steuererhebung aufgrund mitgeteilter Einspielergebnisse habe. Soweit das Einspielergebnis nicht ermittelt werden könne, sei es gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 KAG NW i.V.m. § 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Beschwerde eine Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Belastungsgleichheit darin sieht, dass der Steuerschuldner bei bloßer Teilnichtigkeit die Möglichkeit habe, entweder pauschal nach der Stückzahl oder prozentual nach den Einspielergebnissen besteuert zu werden. Im Übrigen ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar; insoweit wird auf die Ausführungen zur vorstehenden Frage verwiesen.
- 14
-
Soweit die Beschwerde darüber hinaus auf einen - auch vom Oberverwaltungsgericht angenommenen - Verstoß gegen § 162 AO verweist, wird schon keine konkrete fallübergreifende Frage des revisiblen Rechts formuliert.
- 15
-
b) Auch die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können nicht durchdringen.
- 16
-
aa) Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht weiche von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - (BVerfGE 123, 1) sowie dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - (BVerwGE 135, 367) ab, weil es eine Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in den Fällen unterstelle, in denen keine Erdrosselungswirkung vorliege. Damit ist keine Divergenz dargetan. Das Oberverwaltungsgericht ist in Einklang mit den von der Beschwerde in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen davon ausgegangen, dass die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung der Vergnügungssteuer in dem Sinne genüge, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die Behauptung einer fehlerhaften Anwendung höchstrichterlicher Rechtsgrundsätze kann eine Zulassung der Revision wegen Divergenz nicht rechtfertigen.
- 17
-
bb) Soweit die Beschwerde Divergenz hinsichtlich der Annahme des Oberverwaltungsgerichts geltend macht, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt, bezeichnet sie keinen bestimmten, die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, der zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch steht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14).
- 18
-
c) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) darin, dass das Oberverwaltungsgericht keine "Untersuchungen" zur Frage der Abwälzbarkeit der Steuer und deren erdrosselnder Wirkung vorgenommen habe. Dem kann nicht gefolgt werden.
- 19
-
Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine erdrosselnde Wirkung der Steuer dann gegeben ist, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen. Hinsichtlich der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer genüge die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen könne. Die hier in Rede stehende Vergnügungssteuer wirke nicht erdrosselnd. Wäre eine solche Wirkung vorhanden, müsste feststellbar sein, dass die schwächsten Anbieter aus dem Markt ausschieden, ohne dass neue ihren Platz einnähmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufstellerbranche erkennbar sein. Das sei vorliegend nicht der Fall. Vielmehr lasse die Entwicklung des Bestandes von Spielgeräten und Spielhallen seit dem Jahre 2002 bis zum Jahre 2010 hinsichtlich der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte eine gegenteilige Tendenz erkennen (Zunahme von 84 Geräten im Jahre 2002 auf 154 Geräte im Jahre 2010 im Satzungsgebiet). Danach sei noch nicht einmal eine - legitime - Lenkungswirkung zur erwünschten Verminderung des Bestandes eingetreten. Die Tatsache, dass in immer mehr Spielgeräte investiert werde, zeige, dass damit Geld verdient werde. Diese Entwicklung des Bestandes der Geldspielgeräte in Spielhallen stelle ein schlüssiges Indiz für die fehlende Erdrosselungswirkung der Steuer dar. Hinzu komme, dass die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer mit 10 % des Einspielergebnisses im Verhältnis zu anderen Gemeinden in einem unteren, moderaten Bereich liege. Vor diesem Hintergrund sei auch die wirtschaftliche Möglichkeit zur kalkulatorischen Überwälzung der Steuer gegeben.
- 20
-
Danach ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bereits die Entwicklung der Anzahl der in Spielhallen aufgestellten Geldspielgeräte im Satzungsgebiet seit 2002 zusammen mit dem nach seiner Auffassung moderaten Steuersatz den hinreichend sicheren Rückschluss zulasse, dass die Steuer nicht erdrosselnd wirkt und kalkulatorisch abgewälzt werden kann (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 9 B 16.11 - NVwZ-RR 2012, 38). Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, weshalb sich gleichwohl weitere "Untersuchungen" aufgedrängt haben sollten. Der pauschale Hinweis, eine Vergnügungssteuer von 10 % könne zusammen mit der Umsatzsteuer von 19 % nicht erwirtschaftet werden, stellt für sich genommen die Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in Frage. Soweit die Beschwerde meint, im Hinblick auf den effektiven Rechtsschutz der Klägerin hätte untersucht werden müssen, ob sich die Steuer für deren Betrieb existenzvernichtend auswirken könne, übersieht sie, dass die Aufklärungsrüge den materiellen Standpunkt der angefochtenen Entscheidung zugrunde zu legen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14 f.; stRspr). Danach ist für die Beurteilung der erdrosselnden Wirkung nicht auf den individuellen Betrieb, sondern darauf abzustellen, ob die Steuerbelastung es bezogen auf das Gebiet der Beklagten unmöglich macht, den Beruf des Spielautomatenbetreibers wirtschaftlich zu betreiben (vgl. Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 44).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.