Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Apr. 2017 - 1 B 22/17
Gründe
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Die Beschwerde, mit der eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend gemacht wird, ist unzulässig, weil sie bezüglich beider Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
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1. Die Revision ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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1.1 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris).
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Für die Zulassung der Revision reicht, anders als für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO/§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 <26>), eine Tatsachenfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aus. Die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in Bezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen; auch der Umstand, dass das Ergebnis der zur Feststellung und Würdigung des Tatsachenstoffes berufenen Instanzgerichte für eine Vielzahl von Verfahren von Bedeutung ist, lässt für sich allein nach geltendem Revisionszulassungsrecht eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Gesetzgeber hat insoweit auch für das gerichtliche Asylverfahren an den allgemeinen Grundsätzen des Revisionsrechts festgehalten und für das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis eröffnet, Tatsachen(würdigungs)fragen grundsätzlicher Bedeutung in "Länderleitentscheidungen", wie sie etwa das britische Prozessrecht kennt, zu treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 28 - zur Feststellung einer extremen Gefahrenlage) haben sich allerdings die Berufungsgerichte nach § 108 VwGO (erkennbar) mit abweichenden Tatsachen- und Lagebeurteilungen anderer Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auseinanderzusetzen.
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Anderes folgt auch nicht aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 (2 BvR 31/14 - InfAuslR 2017, 75). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss nicht entschieden, dass in Fällen, in denen Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auf der Grundlage (weitestgehend) identischer Tatsachenfeststellungen zu einer im Ergebnis abweichenden rechtlichen Beurteilung kommen, stets und notwendig eine (klärungsbedürftige) Rechtsfrage des Bundesrechts vorliegt, welche eine Rechtsmittelzulassung gebietet, um den Zugang zur Rechtsmittelinstanz nicht in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr als Grund der bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage im Ergebnis unterschiedlichen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen einerseits, des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg andererseits eine unterschiedliche Rechtsauffassung zur Rechtsfrage bezeichnet, ob der Asylbewerber tatsächlich politisch aktiv war oder ob es ausreicht, dass die Behörden des Heimatstaates von einer solchen Betätigung ausgingen. Für Tatsachenfragen - und damit auch für Unterschiede bei der tatsächlichen Bewertung identischer Tatsachengrundlagen - hat es vorab ausdrücklich bestätigt, dass wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) eine weitergehende Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht ausscheidet. Auch in Fällen (weitgehend) identischer Tatsachengrundlagen ist für die Revisionszulassung mithin eine Darlegung erforderlich, dass die im Ergebnis abweichende Bewertung der Tatsachengrundlage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, und diese Frage hinreichend klar zu bezeichnen.
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Im Ergebnis unterschiedliche Bewertungen von Tatsachen bei (weitgehend) identischer Tatsachengrundlage weisen auch nicht auf rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung und Anwendung des § 108 VwGO hin; im Übrigen sind (mögliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Ein - hier nicht geltend gemachter - Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2004 - 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 23. September 2011 - 1 B 19.11 - juris, jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der Beweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat.
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1.2 Nach diesen Grundsätzen ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon nicht dargelegt.
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a) Die Beschwerde hält zunächst - unter Hinweis auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 - 2 BvR 31/14 - (InfAuslR 2017, 75) - für grundsätzlich klärungsbedürftig,
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"ob auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu einem Urteil vom 16.12.2016 nur subsidiärer Schutz, wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz meint, zu gewähren ist, oder aber der Flüchtlingsstatus gemäß Artikel 3 AsylG, z.B. der VGH Baden-Württemberg vom 19.06.2013, AZ A 11 S 927/13, der bei der gleichen Tatsachengrundlage abweichend rechtlich gelangt ist."
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Mit diesem und dem weiteren Vorbringen wird eine grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Von einer grundsätzlichen Bedeutung ist regelmäßig auszugehen, wenn eine bundesrechtliche Rechtsfrage in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte uneinheitlich beantwortet wird und es an einer Klärung des für die materiellrechtliche Subsumtion sowie die Tatsachenfeststellung und -würdigung heranzuziehenden rechtlichen Maßstabes durch das Bundesverwaltungsgericht fehlt.
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Dass sich vor diesem Hintergrund im vorliegenden Verfahren eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage stellt, wird von der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt. Der bloße Hinweis darauf, dass zwei Obergerichte - bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage - zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien, weist gerade nicht auf eine (klärungsfähige) Rechtsfrage des Bundesrechts, wenn und weil es an Darlegungen zur Frage fehlt, auf welchem (klärungsbedürftigen) Unterschied in den der Tatsachenbewertung zugrunde liegenden Rechtsauffassungen die im Ergebnis abweichende Beurteilung beruht. Es fehlen schon nähere Darlegungen, inwiefern mit Blick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus dem Jahre 2013 weiterhin von einer identischen Tatsachengrundlage auszugehen ist. Soweit die Beschwerde behauptet, das Berufungsgericht gehe davon aus, dass sich die Umstände bis in das Jahr 2016 hinein nicht geändert hätten (UA S. 28), bezieht sich diese Feststellung auf den Umgang der syrischen Behörden mit Personen in Syrien, die aus ihrer Sicht verdächtig sind, die Opposition zu unterstützen (UA S. 27). Hinsichtlich der Situation von Syrern, die nach illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt nach Syrien zurückkehren, ist das Berufungsgericht hingegen unter Einbeziehung neuerer Erkenntnisquellen und im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Februar 2017 - 14 A 2316/16.A - juris Rn. 47 ff.; OVG Saarlouis, Urteil vom 2. Februar 2017 - 2 A 515/16 - juris Rn. 21 ff.; VGH München, Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 B 16.30364 - juris Rn. 62 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 23. November 2016 - 3 LB 17/16 - juris Rn. 37) zu dem Ergebnis gekommen, es gebe keine zureichenden tatsächlichen Erkenntnisse, dass die syrischen Sicherheitsbehörden letztlich jeden Rückkehrer, der Syrien verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten habe, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechneten. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass inzwischen fast fünf Millionen Menschen und damit knapp ein Viertel der Bevölkerung aus Syrien geflohen ist. Insoweit sei auch dem syrischen Staat bekannt, dass der Großteil der Ausgereisten das Land nicht als Ausdruck politischer Gegnerschaft zum Regime, sondern aus Angst vor dem Bürgerkrieg verlassen habe (UA S. 15 f.).
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Dessen ungeachtet formuliert die Beschwerde auch keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Maßstabsfrage zum Flüchtlingsrecht. Insbesondere legt sie nicht näher dar, inwiefern in Fällen, in denen ein Staat Rückkehrer nicht generell einer regimefeindlichen Gesinnung verdächtigt, sondern - wie vom Berufungsgericht tatrichterlich und mangels durchgreifender Verfahrensrügen das Bundesverwaltungsgericht bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt - in ihnen allenfalls "potentielle" Gegner und "potentielle" Informationsquellen zur Exilszene sieht, auf die er möglicherweise wahllos routinemäßig zugreift (UA S. 21), um nach möglicherweise verwertbaren Informationen über regimegegnerische Bestrebungen zu "fischen" (UA S. 23), von der Zuschreibung eines Verfolgungsgrundes nach § 3b Abs. 2 AsylG und damit von der nach § 3a Abs. 3 AsylG erforderlichen Verknüpfung zwischen einer möglichen Verfolgungshandlung und einem flüchtlingsrelevanten Verfolgungsgrund auszugehen ist. Der Hinweis auf den "wahllosen" Zugriff des Regimes macht auch deutlich, dass das Berufungsgericht - ungeachtet der Verwendung der Bezeichnung "potentielle" Gegner oder "potentielle" Informationsquellen - nicht im rechtlichen Ansatz verkannt haben könnte, dass für die Verknüpfung von (möglicher) Verfolgungshandlung mit dem Verfolgungsgrund hinreicht, dass das Regime einem Rückkehrer eine bestimmte politische Überzeugung bzw. Regimegegnerschaft lediglich zuschreibt (§ 3b Abs. 2 AsylG) und auch sonst "unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist" (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG).
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b) Ein Klärungsbedarf wird auch nicht hinsichtlich der Frage aufgezeigt,
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"ob [dem Kläger] ..., zumal nach längerem Auslandsaufenthalt und Asylanerkennung im Ausland, wegen der Flucht ins Ausland vor der drohenden Einberufung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgungsmaßnahmen seitens des syrischen Regimes drohen."
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Abgesehen von dem Umstand, dass dem Kläger im Ausland kein Asyl, sondern lediglich subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, zeigt die Beschwerde auch insoweit keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Maßstabsfrage auf, sondern wendet sich lediglich gegen die den Tatsachengerichten vorbehaltene Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung folgt insoweit auch nicht aus der von der Beschwerde herangezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
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aa) Das Berufungsgericht geht bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger wegen der durch seine Flucht möglicherweise bewirkten Wehrdienstentziehung Verfolgung wegen eines in § 3b AsylG normierten Verfolgungsgrundes droht, zutreffend von den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entwickelten Maßstäben aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen die an eine Wehrdienstentziehung geknüpften Sanktionen, selbst wenn sie von totalitären Staaten ausgehen, nur dann eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Verfolgung dar, wenn sie nicht nur der Ahndung eines Verstoßes gegen eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht dienen, sondern darüber hinaus den Betroffenen auch wegen seiner Religion, seiner politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen Merkmals treffen sollen (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. August 1986 - 9 C 322.85 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 54 = DVBl 1987, 47, vom 6. Dezember 1988 - 9 C 22.88 - BVerwGE 81, 41 <44> und vom 25. Juni 1991 - 9 C 131.90 - Buchholz 402.25 § 2 AsylVfG Nr. 21
= InfAuslR 1991, 310 <313>; allgemein zur Anknüpfung an die politische Überzeugung als Grundlage eines zielgerichteten Eingriffs in ein flüchtlingsrechtlich geschütztes Rechtsgut s.a. BVerfG, Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 <335>; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009 - 10 C 52.07 - BVerwGE 133, 55 <60 f.>). Auch für andere Fallgestaltungen wurde eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung dann verneint, wenn die verhängte Sanktion an eine alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Pflicht anknüpft. So hat das Bundesverwaltungsgericht die Ausbürgerung eines türkischen Staatsangehörigen, der der Aufforderung zur Ableistung des Wehrdienstes nicht nachgekommen war, als nicht asylerheblich gewertet (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1995 - 9 C 3.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180 S. 63 f.). Es hat sich dabei auf eine Vorschrift des türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes gestützt, wonach der Ministerrat denjenigen die türkische Staatsangehörigkeit aberkennen kann, die sich im Ausland aufhalten und ohne triftigen Grund drei Monate lang der amtlichen Einberufung zur Ableistung des Militärdienstes nicht nachkommen. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung bestätigt und konkretisiert, in der es um eine Ausbürgerung aufgrund der fehlenden Registrierung in einer ehemaligen Sowjetrepublik ging. Auch hier wurde hervorgehoben, dass eine ordnungsrechtliche Sanktion für die Verletzung einer alle Staatsbürger gleichermaßen treffenden Pflicht nicht als flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung angesehen werden kann (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2009 - 10 C 50.07 - BVerwGE 133, 203 Rn. 24).
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bb) Von diesen rechtlichen Maßstäben geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem von der Beschwerde angeführten Urteil vom 12. Dezember 2016 - 21 B 16.30372 - (juris) aus. Seine im Ergebnis von jener des OVG Rheinland-Pfalz abweichende Bewertung, dass Rückkehrern im militärdienstpflichtigen Alter (Wehrpflichtige, Reservisten), die sich durch Flucht ins Ausland einer in der Bürgerkriegssituation drohenden Einberufung zum Militärdienst entzogen haben, bei der Einreise im Zusammenhang mit den Sicherheitskontrollen von den syrischen Sicherheitskräften in Anknüpfung an eine (unterstellte) oppositionelle Gesinnung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine menschenrechtswidrige Behandlung, insbesondere Folter, droht (Rn. 72), gründet in der in Auswertung der Erkenntnislage gefundenen Überzeugung, dass die Sicherheitskräfte zurückkehrende Personen Maßnahmen nicht wahllos oder allein wegen der Nichterfüllung einer alle Staatsbürger männlichen Geschlechts und einer bestimmten Altersgruppe (wehrfähige Männer) gleichermaßen treffenden Pflicht unterziehen, sondern ihnen durchweg eine illoyale, politisch oppositionelle Haltung unterstellen; diese Einschätzung beruht mit der Zuschreibung einer bestimmten Handlungsmotivation an das syrische Regime und seine Sicherheitskräfte auf einer den Tatsachengerichten vorbehaltenen Sachverhaltswürdigung.
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cc) Weder die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage selbst noch das sie stützende Vorbringen führt in Bezug auf die unterschiedliche Bewertung der Rückkehrgefährdung nach Syrien zurückkehrender wehrpflichtiger Personen die im Ergebnis unterschiedlichen Bewertungen auf unterschiedliche Rechtsauffassungen zur Verknüpfung der (möglicherweise) drohenden Verfolgungshandlung (§ 3a AsylG) mit einem Verfolgungsgrund (§ 3b AsylG) zurück, die einer grundsätzlichen revisionsgerichtlichen Klärung zugänglich sein könnten.
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c) Auch die weiter aufgeworfenen Fragen, insbesondere
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"ob Syrern, die aus einer vermeintlichen regierungsfeindlichen Zone ... stammen, in jedem Fall der hypothetischen Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht"
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"ob aufgrund den vom OVG festgestellten Tatsachengrundlage die genannten Umstände in ihrer Gesamtschau rechtlich als politische Verfolgung zu qualifizieren sind."
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rechtfertigen keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, weil die Beschwerde auch insoweit keine einer grundsätzlichen Klärung bedürftige Rechtsfrage aufzeigt, sondern sich in der Sache lediglich gegen die ihrer Auffassung nach unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts wendet.
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2. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
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2.1 Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers divergierenden Rechtsätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 B 3.15 - juris Rn. 7). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.
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2.2 Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Insbesondere werden die sich angeblich widersprechenden Rechtssätze nicht konkret herausgearbeitet. In dem herangezogenen Kammerbeschluss vom 22. November 1996 (- 2 BvR 1753/96 - AuAS 1997, 6) hatte das Bundesverfassungsgericht - zu Art. 16a GG - dahin erkannt, dass politische Verfolgung auch dann vorliegen kann, wenn der oder die Betroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist; auch wenn sich die Sicherheitskräfte vom Beschwerdeführer in erster Linie Informationen über seine Verwandten und andere PKK-Mitglieder erhofft haben sollten, hätte er doch die ihm zugefügten Misshandlungen und Erniedrigungen wegen seiner Beziehungen zu den Gesuchten, mithin wegen des asylerheblichen Merkmals der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, erdulden müssen. Dem wird aber kein hiervon abweichender, vom Berufungsgericht aufgestellter Rechtssatz gegenübergestellt. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist vielmehr zu entnehmen, dass es von einem wahllosen Zugriff der Sicherheitsbehörden ausgeht, der gerade nicht an ein flüchtlingsrechtlich relevantes Merkmal, etwa die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, anknüpft; allenfalls geht das Berufungsgericht, ohne insoweit von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts abzuweichen, implizit davon aus, dass die Gruppe der nach illegaler Ausreise und Schutzbegehren zurückkehrenden Personen oder doch die Untergruppe der zurückkehrenden wehrfähigen Männer keine "bestimmte soziale Gruppe" im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG bilden. Im Übrigen erging die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 1996 - 2 BvR 1753/96 - (AuAS 1997, 6) zum Begriff der politischen Verfolgung in Art. 16a Abs. 1 GG, während es vorliegend um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG geht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Apr. 2017 - 1 B 22/17
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Urteil einreichenBundesverwaltungsgericht Beschluss, 24. Apr. 2017 - 1 B 22/17 zitiert oder wird zitiert von 22 Urteil(en).
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
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wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
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von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Juli 2016 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Sie habe bis zu ihrer Ausreise Ende September 2015 in Damaskus (...) gelebt. Ihren Reisepass habe sie auf der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland verloren. Ihre Mutter sei bereits verstorben. Sie sei gemeinsam mit dem Vater nach Deutschland geflüchtet. Ein Bruder lebe ebenfalls bereits hier. Lediglich ihre Großmutter sei in Syrien geblieben. Sie sei nicht Mitglied einer nichtstaatlichen, bewaffneten Gruppierung oder einer politischen Partei gewesen. Das sei auch jetzt nicht der Fall. Augenzeuge oder Opfer von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder von Übergriffen (Folter, Vergewaltigungen oder anderen Misshandlungen) durch kämpfende Einheiten sei sie nicht gewesen. Sie habe auf ihrem Weg nach Deutschland und in Deutschland weder Kenntnis von Personen erlangt, die sie als Unterstützer oder Mitglieder von extremistischen oder terroristischen Organisationen eingeschätzt habe, noch von Personen, von denen sie habe annehmen müssen, dass sie für einen Nachrichtendienst arbeiten. Die Lage in Syrien habe sich zunehmend verschlechtert. Zur Schule habe sie noch unter schwierigen Bedingungen gehen können, aber die Universität aufzusuchen, sei ihr nicht mehr möglich gewesen. Es seien Fassbomben geworfen worden. Dort wo sie aufgewachsen sei, sei ab 20:00 Uhr auf der Straße geschossen worden. Die Familie habe sich deshalb zur Ausreiseadresse begeben, wo es auch nicht besser gewesen sei. Hier habe die syrische Armee geherrscht; die Fassbomben, die über sie abgeworfen worden seien, habe man den Gegnern zugeschrieben. Es sei ihr zu gefährlich gewesen, deshalb sei sie ausgereist. Der Vater und ihr Bruder seien aus den gleichen Gründen geflüchtet. Zusätzlich hätten sie bezüglich des Bruders eine Einberufung zur syrischen Armee befürchtet. Für den Fall der Rückkehr befürchte sie Entführungen und Anschläge.
Es begegne Zweifeln, die Verfolgungsgefahr zumeist aus einem allgemeinen „Abschöpfungsinteresse“ hinsichtlich Erkenntnissen zur Exilopposition ableiten zu wollen.
Die erforderliche Verknüpfung zwischen schädigender Handlung und Verfolgungsgrund sei bei der Klägerin nicht gegeben. Die Annahme sei wenig plausibel und letztlich lebensfremd, dass aus dem westlichen Ausland zurückkehrende Syrer bei der in diesem Fall obligatorischen Befragung von den syrischen Sicherheitskräften allein wegen der Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und des Aufenthalts in Deutschland als Oppositionelle betrachtet würden.
Gründe
2.2.1 Eine Auswertung der in beiden Rechtszügen beigezogenen Erkenntnismittel zeigt, dass das Herrschaftssystem des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad durch den seit dem Jahr 2011 anhaltenden militärischen Kampf gegen verschiedene feindliche Organisationen und infolge internationaler Sanktionen militärisch sowie wirtschaftlich zunehmend unter Druck geraten ist. Der syrische Staat setzt deshalb alles daran, seine Macht zu erhalten und geht in seinem Einflussgebiet ohne Achtung der Menschenrechte gegen tatsächliche oder vermeintliche Regimegegner (Oppositionelle) mit größter Brutalität und Rücksichtslosigkeit vor.
„Das erklärte Ziel des syrischen Regimes, das sich für den rechtmäßigen Vertreter des Staates hält, ist die Wiedererrichtung eines Herrschaftsmonopols auf dem gesamten Territorium der Syrischen Arabischen Republik, also gewissermaßen in den Grenzen von 2011. … Wichtiger noch: das Fortbestehen der Machtarchitektur ohne einschneidende Veränderung, die in einer Entmachtung des Präsidenten Assad oder in der Auflösung jenes Machtkomplexes der drei um den Präsidenten gruppierten Clans Assad, Makhlouf und Shalish bestehen könnte. Diesen Kriegszielen ordnete das Regime in den vergangenen fünf Jahren alle anderen Sekundärziele unter - und zu ihrer Verteidigung nahm es nicht nur zehntausende Tote unter der Zivilbevölkerung, sondern auch massive eigene Verluste in Kauf.“
„Das syrische Regime setzt im Kampf gegen die syrische Opposition die Armee und Sicherheitskräfte gezielt gegen zivile Siedlungsgebiete ein. …
„Human Rights Watch kritisierte im Januar 2015, dass trotz der Amnestie noch eine Vielzahl Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger, Medienschaffende sowie Personen, die humanitäre Hilfe geleistet haben, inhaftiert oder in Untersuchungshaft sind. …
„Verläuft die Fahndung nach einem Regierungsgegner bzw. einer Person, die man für einen Regierungsgegner hält, erfolglos, gehen die Sicherheitskräfte Berichten zufolge dazu über, die Familienangehörigen einschließlich der Kinder der betreffenden Person festzunehmen oder zu misshandeln. Dies geschieht entweder zur Vergeltung der Aktivitäten bzw. des Loyalitätsbruchs der gesuchten Person oder zwecks Einholung von Informationen über ihren Aufenthaltsort oder mit der Absicht, die betreffende Person dazu zu bewegen, sich zu stellen bzw. die gegen sie erhobenen Anschuldigungen anzuerkennen.”
„Laut AI hat die in Syrien stationierte Kontrollgruppe Syrian Network for Human Rights über 58.000 Fälle von Zivilisten dokumentiert, die zwischen März 2011 und August 2015 durch die syrische Regierung ´zwangsweise´ verschwunden sind, und am 30. August 2015 immer noch als vermisst gelten (AI, Nov. 2015, 7). Des Weiteren vermerkt dieselbe Quelle, dass alle vier Truppengattungen der syrischen Sicherheitskräfte, bestehend aus dem militärischen Geheimdienst, dem Geheimdienst der Luftwaffe, dem politischen Sicherheitsdienst und dem allgemeinen Geheimdienst (auch Staatsicherheit genannt), Personen zwangsweise verschwinden lassen würden und dass es überall im Land Gefangenenlager gebe (ebd.). AI erklärt, dass diese Gefangenen ´außerhalb des gesetzlichen Schutzes gestellt werden, und dass ihnen die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder ein faires Gerichtsverfahren verwehrt wird´; dass Gefangene in überfüllten Behausungen gehalten und regelmäßig einem Katalog der Folter ausgesetzt werden´(ebd., 8). Human Rights Watch und der UNHCR berichten über die weit verbreitete Anwendung des Verschwindenlassens, der Inhaftierung und Folter durch syrische Behörden (UN, 14. Apr. 2014, 1; Human Rights Watch, 29. Jan. 2015, 2 - 3).“
„Die staatlichen Sicherheitskräfte hielten nach wie vor Tausende Menschen ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft. Viele von ihnen waren unter Bedingungen inhaftiert, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllten. Zehntausende Menschen, die seit Ausbruch des Konflikts im Jahr 2011 inhaftiert worden waren, blieben „verschwunden“. Unter ihnen befanden sich friedliche Regierungskritiker und -gegner sowie Familienangehörige, die anstelle ihrer von den Behörden gesuchten Angehörigen inhaftiert worden waren. …
Die im angefochtenen Gerichtsbescheid in Bezug genommenen (GA S. 7), in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Februar 2012 (3 L 147/12) beschriebenen Fälle von Personen, die bis zum Erlass des generellen Abschiebungstopps im April 2011 aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen europäischen Staaten nach Syrien abgeschoben wurden, sind nicht geeignet, eine allein auf die Asylantragstellung zurückzuführende politische Verfolgung zu belegen. Im Gegenteil, die insoweit ausweislich des vorbezeichneten Urteils von Amnesty International („Menschenrechtskrise in Syrien erfordert Abschiebungsstopp und Aussetzung des Deutsch-Syrischen Rückübernahmeabkommens“ vom 14. März 2012) und von dem kurdischen Informationsdienst „KURDWATCH“ dokumentierten neun Fälle zeigen, dass Verfolgungsmaßnahmen der syrischen Sicherheitskräfte nicht allein durch die Asylantragstellung, sondern durch hinzutretende Umstände ausgelöst wurden. Dazu in der Reihenfolge der Fälle wie sie im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Februar 2012 angeführt sind:
- Der syrische Kurde B. K. hatte in Zypern erfolglos Asyl beantragt und wurde im Juni 2009 bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Damaskus festgenommen und vier Monate ohne Kontakt zur Außenwelt von den Geheimdiensten inhaftiert und offenbar misshandelt und gefoltert. Hier trat zum Asylantrag hinzu, dass B. K. nach den Erkenntnissen von amnesty international bereits Anfang 2005 als Jugendlicher für zweieinhalb Monate u.a. in der Haftanstalt der „Palästinensischen Abteilung“ beim Militärischen Geheimdienst in Haft war. Er war damit bereits vor seiner Ausreise in das Blickfeld der syrischen Dienste geraten.
- Der syrische Kurde K. K. wurde nach abgelehntem Asylantrag am 1. September 2009 nach Syrien abgeschoben. Zwei Wochen nach seiner Rückkehr wurde er bei der Vorsprache beim Geheimdienst festgenommen und drei Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert, verhört und eigenen Angaben zufolge gefoltert und misshandelt. Im Rahmen seiner Verhöre wurden ihm auch Angaben aus seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgehalten (KURDWATCH, Meldung vom 29.08.2010). Gegen Herrn K. wurde Anklage wegen „Verbreitung falscher Informationen im Ausland“ gemäß § 287 des syrischen Strafgesetzbuches vor dem Militärgericht erhoben. Allerdings, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt lässt das unerwähnt, war Gegenstand des geheimdienstlichen Verhörs auch die Teilnahme des Verhafteten an einer Kundgebung gegen das Rückübernahmeabkommen zwischen Deutschland und der Arabischen Republik Syrien. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien hat der Rechtsanwalt des Herrn K. mitgeteilt, dass sich die nachfolgende Anklage auf den Vorwurf gestützt habe, Herr K. habe in Deutschland an dieser Kundgebung teilgenommen. Ein Monitoring durch den Verbindungsbeamten bestätigte, dass Herr K. der Aussage seines Anwaltes entsprechend wegen der Teilnahme an einer Kundgebung in Deutschland verurteilt wurde (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Asylrelevante Informationen, Rückübernahmeabkommen, Identitätspapiere, Asyl-Like-Minded Group und aktuelle Situation, April 2011, S. 11 f.).
- Der syrische Kurde A. al-K. H. wurde im August 2010 aus Norwegen abgeschoben und bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Damaskus festgenommen. Hier tritt hinzu, dass es sich bei Herrn A. al-K. H. um den stellvertretenden Direktor des Vereins syrischer Kurden in Norwegen handelte, einer Nichtregierungsorganisation, die auf die Situation der kurdischen Minderheit in Syrien aufmerksam macht. Er war zwei Wochen ohne Kontakt zur Außenwelt beim Geheimdienst in Damaskus inhaftiert. Berichten zufolge soll er bei der Haftentlassung aufgefordert worden sein, sich beim Geheimdienst in Aleppo zu melden, was ihn zur Flucht aus Syrien veranlasste.
- Nach einem von KURDWATCH dokumentierten Fall hatte die Ausländerbehörde Essen am 27. Juli 2010 eine sechsköpfige (kurdische) Familie nach Damaskus abschieben lassen. H. H. und K. H. wurden bei der Ankunft am Flughafen Damaskus von syrischen Sicherheitskräften festgenommen. In diesem Fall kommt hinzu, dass die beiden festgenommen wurden, weil sie in Deutschland straffällig geworden waren. Der Aussage des H. H. zufolge wurde er an drei unterschiedlichen Orten festgehalten. Begründet wurde seine Festnahme damit, dass er in Deutschland wegen Diebstahls verurteilt worden sei und diese Strafe noch in Syrien ableisten müsse. Tatsächlich, so H. H., sei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden. Darüber hinaus sei ihm, ebenfalls unter Verweis auf seine aus Deutschland stammenden Akten, zu Unrecht Drogenabhängigkeit vorgeworfen worden.
- Der staatenlose Kurde D. A. wurde nach seiner Abschiebung aus Dänemark am 15. November 2010 auf dem Flughafen Damaskus verhaftet. Herr A. war in Dänemark politisch aktiv.
- Mitglieder des Direktorats für politische Sicherheit in Syrien hatten am 4. Dezember 2010 Herrn D. Y. M. vorgeladen und festgenommen. Nach seiner Abschiebung aus Zypern im Juni 2010 hatte er am Flughafen Damaskus seinen Pass abgeben müssen. Es folgten mehrere Verhöre durch verschiedene Geheimdienste. In diesem Fall tritt hervor, dass der Betroffene in Zypern gemeinsam mit anderen kurdischen Flüchtlingen gegen seine Abschiebung demonstriert und an einem mehrtätigen Hungerstreik teilgenommen hatte.
- Die Ausländerbehörde Hildesheim hatte am 1. Februar 2011 die registrierten Staatenlosen B. N. und seinen Sohn A. N. nach Syrien abschieben lassen. Beide wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Damaskus festgenommen und der Auswanderungs- und Passbehörde überstellt. Herrn A. N. wurde vorgeworfen, unrichtige Angaben zu seinem Alter gemacht zu haben. Er wurde bei der Auswanderungs- und Passbehörde festgehalten, wo er auf eine Identitätsbescheinigung aus Al-Hassake warten musste. Sein Vater, Herr B. N, wurde zunächst dem Direktorat für politische Sicherheit vorgeführt und dort verhört. Er wurde am 13. Februar 2011, sein Sohn am 3. März 2011 freigelassen. Unabhängig davon, dass es sich bei den Betroffenen um registrierte Staatenlose handelte, tritt hier die Problematik der Identitätsfeststellung in den Vordergrund.
- Am 8. Februar 2011 wurde Herr A. A. von Dänemark über Wien nach Syrien abgeschoben. Obgleich dem Königreich Dänemark zuvor die Rücknahme des Herrn A. zugesichert worden war, erhielt er am Flughafen Damaskus die Information, er könne nicht einreisen, da es sich bei ihm nicht um einen syrischen Staatsangehörigen handele. Entweder er verlasse das Land oder er werde inhaftiert, bis seine Identität geklärt sei. Die drei dänischen Beamten, die Herrn A. begleiteten, hielten daraufhin Rücksprache mit der dänischen Botschaft und erhielten die Anweisung, noch am selben Tag mit Herrn A. nach Kopenhagen zurückzufliegen. In diesem Moment wurde Herr A. von einem Geheimdienstmitarbeiter erkannt, der einen Beitrag des kurdischen Senders Roj-TV gesehen hatte, in dem der Kurde im September 2010 als Sprecher von Hungerstreikenden aufgetreten war. Der Geheimdienstmitarbeiter nahm Herrn A. mit in sein Büro und warf ihm vor, im Ausland falsche Informationen über Syrien verbreitet zu haben. Herr A. leugnete das und behauptete, es handele sich bei ihm um eine andere Person, es sei doch gerade festgestellt worden, dass er kein syrischer Staatangehöriger sei. Daraufhin, so Herr A. gegenüber KURDWATCH, sei er von dem Geheimdienstmitarbeiter massiv mit Kabeln auf den Rücken geschlagen und gezwungen worden, ein Papier zu unterschreiben, dass er nicht wieder nach Syrien einreisen werde. Schließlich wurde er entlassen und flog noch am selben Tag mit den dänischen Beamten nach Kopenhagen zurück. Es ist auch in diesem Fall ohne Weiteres erkennbar, dass Anlass für die angebliche Misshandlung nicht (allein) ein Asylantrag des abgeschobenen Syrers war.
- Im Fall des Herrn K. H., der im Zuge seiner Abschiebung aus Deutschland am 13. April 2011 am Flughafen Damaskus festgenommen wurde, ergab sich das Interesse des syrischen militärischen Nachrichtendienstes an der Person des Abgeschobenen aus dessen exilpolitischen Aktivitäten, zu denen er im Verlauf einer einwöchigen Haft verhört wurde.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 04. August 2016 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die der Klägerin vom Verwaltungsgericht zuerkannte Eigenschaft eines Flüchtlings im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG.
- 2
Die Klägerin ist syrische Staatsangehörige, arabischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Eigenen Angaben zufolge reiste sie am 1. Oktober 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik ein und stellte am 27. April 2016 einen Asylantrag.
- 3
Die persönliche Anhörung erfolgte am 27. April 2016.
- 4
Das Bundesamt hat der Klägerin mit Bescheid vom 13. Mai 2016 den subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuerkannt (Nr. 1) und den Asylantrag im Übrigen abgelehnt (Nr. 2).
- 5
Die Klägerin hat gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft am 23. Juni 2016 Klage erhoben.
- 6
Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei gemeinsam mit ihrem Ehemann, einem Stabsfeldwebel der Syrischen Armee, aus Syrien im April 2013 geflohen. Zum Nachweis der Armeezugehörigkeit werde eine beglaubigte Übersetzung des Militärführerscheins für Unteroffiziere vorgelegt. Der Ehemann sei im Januar 2013 desertiert und mit ihr und den minderjährigen Kindern in die Türkei ausgereist. Nicht bloß ihrem Ehemann, sondern auch ihr, der Klägerin, drohe bei einer Rückkehr nach Syrien die zu erwartende obligatorische Rückkehrerbefragung durch syrische Sicherheitskräfte; mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sei sie einer menschenrechtswidrigen Behandlung bis hin zur Folter ausgesetzt. Unabhängig hiervon habe sie bereits aufgrund des illegalen Verlassens ihres Heimatlandes, der Asylantragstellung und dem längeren Auslandsaufenthalt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der damit einhergehenden vermuteten regimekritischen Haltung mit massiver Bedrohung und Verfolgung zu rechnen. Deshalb sei ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen. Dass den von ihr aufgezeigten Umständen asylrechtliche Relevanz beigemessen werde, sei mittlerweile in der verwaltungsgerichtlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.
- 7
Die Klägerin hat beantragt,
- 8
den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 2016 in Ziffer 2 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.
- 9
Die Beklagte hat beantragt,
- 10
die Klage abzuweisen.
- 11
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Sie sei aus Furcht vor dem in Syrien herrschenden Bürgerkrieg und somit aus Gründen, die ihre persönliche Sicherheit beträfen, ausgereist, nicht hingegen wegen Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Verfolger. Die von ihr geäußerte Befürchtung, ihr Auslandsaufenthalt könne zu einer Verfolgung führen, lasse keine andere Bewertung zu. Der syrische Staat stelle seit Januar 2015 Pässe in großer Stückzahl aus und ermögliche damit die Ausreise aktiv.
- 12
Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten hierzu durch Gerichtsbescheid vom 4. August 2016 die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben.
- 13
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Klägerin vorverfolgt aus Syrien ausgereist sei, denn ihr stünden beachtliche, den Schutzstatus des § 3 Abs. 1 AsylG auslösende Nachfluchtgründe zur Seite. Mit Blick auf die Erkenntnismittel und die aktuelle Situation in Syrien sei im Einklang mit der mittlerweile ganz überwiegenden Rechtsprechung davon auszugehen, dass der Klägerin bei einer Rückkehr in ihre Heimat ungeachtet individuell geltend gemachter Gründe und deren Glaubhaftigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit staatliche Verfolgung drohe. Es sei anzunehmen, dass der syrische Staat gegenwärtig das Stellen eines Asylantrags im Zusammenhang mit einer (illegalen) Ausreise und dem entsprechenden Aufenthalt im westlichen Ausland als Anknüpfungspunkt und Ausdruck einer politisch missliebigen Gesinnung und damit als Kritik am herrschenden System ansehe, die das Gebot der Loyalität gegenüber diesem verletze. Ein solches Verhalten werde - ungeachtet einer tatsächlichen oppositionellen Haltung des Einzelnen - vom syrischen Staat generell und unterschiedslos als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst. Zumindest Rückkehrer aus dem westlichen Ausland und damit auch aus Deutschland hätten in der Regel mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an ihre tatsächliche oder wohl zumeist nur vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen. An der im Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg (Urt. v. 06.07.2016, - RN 11 K 16.30889 -) dargestellten Lage in Syrien und der gewonnenen asylrechtlichen Einschätzung habe sich nichts verändert.
- 14
Auch die steigende Zahl an Flüchtlingen aus Syrien habe nicht zur Folge, dass der einzelne sich im westlichen Ausland aufhaltende Flüchtling aufgrund dieses Massenphänomens nicht mehr als potentieller politischer Gegner des Regimes angesehen werde. Vielmehr sei mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass rückkehrende Asylbewerber politisch verfolgt werden würden, weil die syrische Regierung den Bürgerkrieg als eine von außen organisierte und finanzierte Verschwörung ansehe. Unter den derzeitigen Umständen werde jeder sich im westlichen Ausland aufhaltende Syrer im Falle seiner Rückkehr als möglicher Oppositioneller angesehen.
- 15
Nach den aktuellen „UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen“ (4. aktualisierte Fassung vom November 2015) sei von einer „immer schwierigeren Sicherheits- und Menschenrechtslage und humanitären Situation in Syrien“ auszugehen. Aufgrund einer weiterhin fehlenden politischen Lösung begrüße der UNHCR die Tatsache, dass viele Regierungen Maßnahmen ergriffen hätten, um die zwangsweise Rückführung von syrischen Staatsangehörigen oder Personen mit gewöhnlichem Aufenthaltsort in Syrien auszusetzen, einschließlich solcher Personen, deren Asylanträge abgelehnt worden seien. Nach Einschätzung des UNHCR sei es wahrscheinlich, dass die meisten asylsuchenden Syrer die Kriterien für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllten, da sie eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen eines oder mehrerer Gründe der GFK hätten. Die Einschätzung, dass sich die Lage in Syrien im Vergleich zu den Jahren 2012/2013 weiter verschlechtert habe, werde von dem Gericht geteilt.
- 16
Auch der Annahme der Beklagten, die vermehrte Ausstellung syrischer Pässe spreche gegen die Annahme staatlicher Verfolgung syrischer Rückkehrer und Rückkehrerinnen, sei nicht zu folgen. Nach Angaben von Pro Asyl verfolge das syrische Regime auch ökonomische Interessen. An der Ausstellung von ca. 800.000 Pässen verdiene es ca. 470 Mio. Euro (Pressemitteilung v. 08.06.2016). Auch nach der vom Verwaltungsgericht Regensburg zitierten Einschätzung des Auswärtigen Amtes sei zu vermuten, dass speziell Einnahmen aus Passgebühren dem allgemeinen syrischen Staatshaushalt zugutekämen.
- 17
Der Klägerin stehe schließlich keine sichere, innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG zur Verfügung; denn es bestehe nur die Möglichkeit einer Einreise über den von syrischen Regierungskräften kontrollierten Flughafen von Damaskus.
- 18
Die Flüchtlingsanerkennung scheide auch nicht aus anderen Gründen aus, so dass die beachtliche Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Klägerin bei einer Rückkehr nach Syrien politische Verfolgung drohe, weil sie die vermutete Systemfeindlichkeit im Rahmen einer Befragung durch die syrischen Sicherheitsbehörden nicht werde widerlegen können.
- 19
Mit der mit Beschluss des Senats vom 27. September 2016 zugelassenen Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage unter Abänderung des Gerichtsbescheides vom 4. August 2016.
- 20
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, es gebe keine gesicherten Anhaltspunkte dafür, dass abgeschobenen Rückkehrern grundsätzlich ungeachtet besonderer persönlicher Umstände oppositionelle Tätigkeit unterstellt werde und die Befragungen und damit teilweise auch einhergehenden Misshandlungen in Anknüpfung an ein asylrechtliches Merkmal erfolgten. Aus den bislang aufgrund der Auskunftslage zur Verfügung stehenden Einzelfällen könne ungeachtet des Unrechtsgehalts dieses staatlichen Handelns keine Motivation des syrischen Staates abgeleitet werden. Eine vorherige Asylantragstellung oder der längerfristige Auslandsaufenthalt seien deshalb für sich allein kein Grund für Verhaftung oder Repressalien. Dass Rückkehrer generell der Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt seien, begründe daher lediglich einen Anspruch auf Abschiebungsschutz. Auch aus der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung ließen sich keine belastbaren Erkenntnisse für das Vorliegen einer asylrechtlich erheblichen Gefahr einer politischen Verfolgung herleiten. Der syrische Staat habe weder Veranlassung noch entsprechende Ressourcen, alle zurückgeführten unpolitischen Asylbewerber ohne erkennbaren individuellen Grund in asylrechtlich relevantem Maße zu verfolgen. Auch die massenhafte Ausstellung von Pässen spreche gegen die Auffassung, dass Rückkehrern wegen eines Auslandsaufenthalts eine regimekritische Gesinnung unterstellt werde.
- 21
Die Beklagte beantragt,
- 22
den Gerichtsbescheid, Az. 12 A 222/16, vom 4. August 2016 des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
- 23
Die Klägerin beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Dass die gegenwärtige Lage in Syrien vom Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt und gewürdigt worden sei, ergebe sich auch aus weiteren Länderberichten. Die eingeholten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes und des Deutschen Orient-Instituts seien hingegen nicht geeignet, die Annahmen des Verwaltungsgerichts zu widerlegen. Im Übrigen sei sie, die Klägerin, vorverfolgt ausgereist. Ihr Ehemann sei Unteroffizier bei der syrischen Armee gewesen und habe in einer Abteilung gearbeitet, die sich mit der Ermordung des Libanesen R. beschäftigt habe. 2012 sei ihr Ehemann, als er an der Front habe kämpfen sollen, desertiert und mit seiner Familie im August von Damaskus zunächst nach Latakia geflohen und von dort aus weiter nach Idlib. Aufgrund der Desertation würde ihr, der Klägerin, mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Rückkehr nach Syrien Verfolgung drohen.
- 26
Der Senat hat mit Beschluss vom 27. September 2017 Beweis erhoben zu der Frage, ob unverfolgt ausgereiste Rückkehrer wegen einer vermuteten oppositionellen Haltung Befragungen seitens des syrischen Staates ausgesetzt sind und, sollte dies der Fall sein, wie hoch die Gefahr einzuschätzen ist, dass sie deshalb Verfolgungsmaßnahmen seitens des syrischen Staates ausgesetzt sein werden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Auswärtigen Amtes und des Deutschen Orient-Instituts. Wegen des Inhalts der Gutachten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten (Bl. 114 f., 118f.).
- 27
Die Klägerin ist im Rahmen der mündlichen Verhandlung informatorisch zu den von ihr geltend gemachten Verfolgungsgründen angehört worden. Wegen der von ihr hierzu geltend gemachten Angaben wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016 (Gerichtsakten Bl. 152ff ) Bezug genommen.
- 28
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakten.
Entscheidungsgründe
- 29
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts vom 4. August 2016 war daher abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 30
Nach § 3 Abs. 1 AsylG (zitiert nach der hier anwendbaren Variante) ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich 1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe 2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 3 Abs. 4, 1. Halbsatz AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
- 31
§ 3a Abs. 1 Satz 1 AsylG definiert den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Begriff der Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention als dauerhafte oder systematische schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte (vgl. Marx, AsylVfG-Komm., 8. Aufl., § 3a Rn. 3); in Absatz 2 werden besondere Beispiele für das Vorliegen einer Verfolgungshandlung bezeichnet. § 3b Abs. 1 AsylG beschreibt abschließend die maßgeblichen Verfolgungsgründe. Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen, § 3a Abs. 3 AsylG. Wer eine ihm geltende Verfolgungshandlung (§ 3a) sowie den Wegfall nationalen Schutzes (§ 3c - § 3e) darlegen kann, wird als Flüchtling anerkannt, wenn die Verfolgung auf einem oder mehreren der in § 3b Abs. 1 bezeichneten Verfolgungsgründen beruht. Kann die Anknüpfung der Verfolgung an einen Verfolgungsgrund nicht dargelegt werden, besteht nach Maßgabe der entsprechenden Voraussetzungen Anspruch auf subsidiären Schutz (§ 4 Abs. 1) (Marx, a.a.O., § 3a Rn. 50).
- 32
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anhand des inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, ob eine spezifische Zielrichtung vorliegt, die Wirkung mithin wegen eines geschützten Merkmals erfolgt (BVerfGE 80, 315, 335; BVerfGE 81, 142, 151; Marx, a.a.O., § 3 a, Rn. 54). Danach wohnt dem Begriff der Verfolgung ein finales Element inne, da nur dem auf bestimmte Merkmale einzelner Personen oder Personengruppen zielenden Zugriff erhebliche Wirkung zukommt. Das Kriterium „erkennbare Gerichtetheit der Maßnahme“ und das Erfordernis, dass die Verfolgung an geschützte Merkmale anknüpfen muss, verdeutlichen, dass es auf die in der Maßnahme objektiv erkennbar werdende Anknüpfung ankommt (Marx, a.a.O., Rn. 54).
- 33
Dabei ist es für die Annahme von Verfolgung nicht erforderlich, dass von politischer Verfolgung Betroffene entweder tatsächlich oder nach der Überzeugung des verfolgenden Staates selbst Träger eines verfolgungsverursachenden Merkmals sind. Politische Verfolgung kann auch dann vorliegen, wenn der oder die Betroffene lediglich der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet wird, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, Kammerbeschluss v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96 -, juris Rn. 5). In diesem Sinne sieht § 3b Abs. 2 AsylG vor, dass es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich ist, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Dafür, dass die Verfolger einen Verfolgungsgrund unterstellen, müssen jedoch Umstände ermittelt werden (vgl. Marx, a.a.O., § 3b Rn. 78).
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Nach der im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchgeführten informatorischen Anhörung der Klägerin ist der Senat davon überzeugt, dass diese unverfolgt ihr Heimatland Syrien verlassen hat. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt der Asylbewerber seiner ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO nur dann, wenn er drohende oder bereits erlittene politische Verfolgung in „schlüssiger“ Form vorträgt. Hierzu ist erforderlich, dass er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildert, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass er bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen hat. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (ständ. Rspr. BVerwG, Urt. v. 24.11.1981 - BVerwG 9 C 251.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 31; v. 22.03.1983 - BVerwG 9 C 68.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44; Beschl. v. 26.10.1989 - 9 B 405/89 -, juris, Rn. 8; Beschl. v. 15.08.2003 - 1 B 107/03, 1 PKH 21 PKH 28/03 -, juris Rn. 5). Diese Anforderungen erfüllt die Klägerin nicht. Sie hat erstmals in der im Rahmen des Berufungsverfahrens durchgeführten persönlichen Anhörung ausgeführt, ihr Ehemann sei nach Erhalt eines Einsatzbefehls aus der syrischen Armee desertiert und habe mit ihr und den gemeinsamen Kindern Damaskus zunächst in Richtung Latakia verlassen. In Idlib sei er, nachdem er sich als Deserteur offenbart gehabt habe und von einer bewaffneten Person als Mitglied des Ausschusses zur Aufklärung der Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri erkannt worden sei, von der Al-Nusra-Front mitgenommen und ca. vierzehn Tage festgehalten worden. Familienangehörige ihres Ehemannes seien ebenfalls festgenommen worden, um den Aufenthaltsort ihres Mannes sowie dessen Familie ausfindig zu machen. Sie selbst seien weiter in die Türkei geflüchtet, von wo sie als einzige weiter nach Deutschland geflüchtet sei. Dieses Vorbringen genügt nicht den Anforderungen an einen schlüssigen, in sich widerspruchsfreien Vortrag. Der Asylbewerber ist gehalten, sich bereits bei der Antragstellung vor dem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration über die Tatsachen zu erklären, die seine Furcht vor politischer Verfolgung begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.06.1991 - 9 C 131/90 -, juris Rn. 9). Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung bei der Beklagten erklärt, sie sei mit ihrer Familie aus Furcht vor dem Bürgerkrieg geflohen. Sie hat trotz gezielter Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht zu erklären vermocht, warum sie die 50 Minuten währende Anhörung bei der Beklagten nicht dazu genutzt hat, sich über ihr im Rahmen des anhängigen gerichtlichen Verfahrens erstmalig vorgetragenes individuelles Fluchtschicksal zu erklären. Auch, wenn es dem Asylbewerber grundsätzlich unbenommen bleibt, sein Verfolgungsschicksal später, das heißt in dem sich anschließenden (Gerichts-)Verfahren, zu ergänzen und zu konkretisieren, muss das Kerngeschehen grundsätzlich - wie ausgeführt - bereits bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration in sich stimmig und widerspruchsfrei geschildert werden. Daran mangelt es hier. Die Klägerin hat ihr Vorbringen gegenüber demjenigen vor dem Bundesamt erheblich verändert und dann deutlich gesteigert. An dieser Einschätzung vermag auch der Umstand nichts zu verändern, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Klagebegründung (kurze) Ausführungen zu der Desertation ihres Ehemannes und der anschließenden Flucht der Familie durch und aus Syrien gemacht hat. Denn auch insoweit handelt es sich bereits um gesteigertes Vorbingen gegenüber der erstmaligen Anhörung. Hinzu kommt, dass die Klägerin ihr schriftsätzlich vorgetragenes und ihr mündliches Vorbringen im Berufungsvorbringen weiter gesteigert hat. Sie hat zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens einen in sich stimmigen widerspruchsfreien Vortrag zu Protokoll erklärt. Vielmehr sind die von der Klägerin vorgebrachten mündlichen Schilderungen zu ihrem Verfolgungsschicksal nicht von persönlichem Erleben getragen. Dies schlussfolgert der Senat insbesondere aus den vage gebliebenen, insgesamt konstruiert wirkenden Angaben zu den Umständen der Flucht aus Latakia und der anschließenden Festnahme des Ehemannes nahe der Stadt Idlib. Welche Motivation hinter der Festnahme gestanden haben soll, bleibt völlig unklar. Auch das vorangegangene Fluchtgeschehen von Latakia nach Idlib mittels eines Lkw, auf dessen Ladefläche der Ehemann der Klägerin versteckt worden sein soll, bleibt in den Schilderungen der Klägerin detailarm und von Zufällen getragen, die ein reales Erleben als eher fernliegend erscheinen lassen. Ebenso bleibt es widersprüchlich, dass der Ehemann nach seiner Desertation und dem Weggang nach Latakia offenbar noch weitere acht Monate bei der Militärpolizei gearbeitet und im Wechsel eine Woche in Damaskus und eine Woche in Latakia gearbeitet haben will. Die Entfernung zwischen beiden Städten beträgt rund 330 km einfache Wegstrecke (Luftlinie gut 227 km).
- 35
Hätten sich die geschilderten Geschehnisse tatsächlich so zugetragen, bleibt umso mehr unverständlich, warum die Klägerin, die auch persönlich bedroht worden sein will, hierzu keinerlei Ausführungen bei ihrer persönlichen Anhörung bei der Beklagten gemacht hat. Weder Nachfragen des Senats in der mündlichen Verhandlung noch solche im Rahmen der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Flüchtlinge und Migration haben es vermocht, Widersprüche aufzulösen und das vorgetragene Verfolgungsschicksal in sich stimmiger zu machen. Im Gegenteil: Dass die Klägerin nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung vor dem Senat ihre informatorische Anhörung dahingehend ergänzt hat, sie sei - obwohl sie bekundet hat, in Syrien keiner Vernehmung ausgesetzt gewesen zu sein - bei der Anhörung vor dem Bundesamt an Vernehmungen in Syrien erinnert gewesen und habe Angst bekommen, ist nicht ansatzweise glaubhaft. Hinzu kommt, dass sie, die zudem keiner politischen Vereinigung angehört und sich auch nicht politisch engagiert hat, auch auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht hat, warum sie die Frage nach ihrer Befürchtung bei einer Rückkehr in ihre Heimat dahingehend beantwortet hat, sie befürchte eine Bestrafung, weil die ausgereisten Syrer als Verräter gelten würden. Es hätte vielmehr nahe gelegen, bei einem von realem Erleben getragenen Geschehen von sich aus das Verfolgungsschicksal vom Beginn der Asylantragstellung an nachvollziehbar zu schildern.
- 36
Bei einer derartigen Sachlage war der Senat im Übrigen nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären und etwa Beweis darüber zu erheben, ob die in Kopie und Übersetzung zu den Gerichtsakten gelangten Dokumente (Unteroffizierausweis und Militärführerschein für Unteroffiziere) echte Urkunden der syrischen Armee darstellen und ob es sich bei der dort abgebildeten Person tatsächlich um den Ehemann der Klägerin handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts findet die Pflicht der Gerichte zur Aufklärung des Sachverhalts ihre Grenze dort, wo das Klagevorbringen des Klägers keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet. Ein solcher tatsächlicher Anlass besteht im Prozess wegen Anerkennung als Asylberechtigter dann nicht, wenn der Kläger unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO seine guten Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht in schlüssiger Form vorträgt (BVerwG, Beschl. v. 26.10.1989, a.a.O., Rn. 8; Beschl. v. 26.11.2007 - 5 B 172/07 - , juris Rn. 3).
- 37
Hat die Klägerin danach ihr Heimatland unverfolgt verlassen, besteht nach der gegenwärtigen Erkenntnislage keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass der totalitäre syrische Staat jeden Rückkehrer pauschal unter eine Art Generalverdacht stellt, der Opposition anzugehören (in diesem Sinne etwa Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 27.01.2014 - 3 A 917/13.Z.A -, juris Rn. 7; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.10.2013 - A 11 S 2046/13 -, juris Rn. 8). In diesem Sinne sind auch die vom Verwaltungsgericht angestellten Erwägungen, die sich im Wesentlichen auf Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe sowie auf die vom Verwaltungsgericht Regensburg herangezogenen „UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen“ (November 2015, Asyldokumentation Nr. 598b) beziehen, nicht geeignet konkrete Anhaltspunkte für eine - pauschal alle Rückkehrer betreffende - Rückkehrgefährdung anzunehmen. Nach den Erwägungen des UNHCR kann aus Syrien ausgereisten syrischen Staatsangehörigen Verfolgung aufgrund einer politischen Überzeugung drohen, die diesen gemäß einer vermeintlichen Verbindung mit einer Konfliktpartei unterstellt wird, oder aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, ihrer ethnischen Identität oder abhängig davon, welche Konfliktpartei die Nachbarschaft oder das Dorf kontrolliert, aus denen die Betroffenen stammen. Diese Einschätzung ist jedoch nicht ausreichend für die Annahme, allen aus Syrien ausgereisten Flüchtlingen würde mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Wiedereinreise asylrelevante Verfolgung drohen.
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Bei Zugrundelegung der oben genannten Maßstäbe fehlt es vielmehr an einer Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund jedenfalls insoweit, als dass sich die Klägerin darauf beruft, sie hätte aufgrund ihrer illegalen Ausreise, der Stellung des Asylantrages und des längeren Aufenthaltes im Bundesgebiet mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanter Verfolgung seitens des syrischen Staates zu rechnen. Aufgrund der im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchgeführten informatorischen Anhörung der Klägerin geht der Senat davon aus, dass diese unverfolgt ausgereist ist, so dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung der Verfolgungsgefahr der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 - 10 C 25/10 -, juris Rn. 23).
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Beachtlich ist die Wahrscheinlichkeit, wenn bei der vorzunehmenden zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für die Annahme einer Gefahr sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Tatsachen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Ausländers nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Ob das der Fall ist, beurteilt sich nicht aufgrund einer quantitativen, sondern aufgrund einer qualifizierenden Betrachtungsweise. Eine theoretische Möglichkeit, dass sich eine Gefahr realisiert, reicht allerdings nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162 (169) m.w.N.; Urt. v. 05.07.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391 (393); Beschl. v. 31.03.1998 - 9 B 843.97 -, juris; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.02.2012 - 14 A 2708/10.A -, juris Rn. 25).
- 40
Nach der gegenwärtigen Erkenntnislage ist zur Überzeugung des Senats nicht davon auszugehen, dass die Klägerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen seitens des syrischen Staates bei einer Rückkehr in ihr Heimatland zu rechnen hätte. Die Klägerin hat sich in Syrien nicht politisch betätigt, so dass es an dem Vorliegen eines Verfolgungsgrundes - in Betracht käme ersichtlich nur derjenige nach § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG - fehlt. Sie ist vielmehr wegen des herrschenden Bürgerkrieges und den sich daraus für sich und ihre Familie ergebenden Folgen ausgereist. Der Senat geht davon aus, dass angesichts der erheblichen Zahl der insbesondere im vergangenen Jahr aus Syrien ausgereisten Menschen (knapp 430.000 Flüchtlinge, vgl. ZEIT ONLINE vom 08.06.2016, Asyldokumentation Nr. 599c, und Mediendienst-Integration, Stand: 01.08.2016, Asyldokumentation Nr. 599e) auch dem syrischen Staat bekannt sein dürfte, dass - wie die Klägerin - die weit überwiegende Anzahl der Flüchtenden aus Angst vor dem Bürgerkrieg und den daraus resultierenden Folgen ihr Heimatland verlassen haben. Allein die illegale Ausreise, die Asylantragstellung und der Auslandsaufenthalt stellen daher keine Anzeichen für politische Gegnerschaft zum syrischen Regime dar (so auch Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.10.2016 - 14 A 1852/16.A -, juris Rn. 18). Diese Einschätzung deckt sich mit der gegenwärtig vorliegenden Auskunftslage, wonach auf Ebene der Bundesregierung keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass Rückkehrer allein aufgrund ihres vorausgegangenen Auslandsaufenthalts Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sind. Ebenfalls liegen keine Erkenntnisse zu systematischen Befragungen von unverfolgt ausgereisten Asylbewerbern nach Rückkehr nach Syrien vor (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht vom 07.11.2016, Asyldokumentation Nr. 602). In Übereinstimmung hiermit steht eine Auskunft des Deutschen Orient-Instituts (vom 08.11.2016 an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht, Asyldokumentation Nr. 603), wonach die syrische Regierung, nachdem in beinahe allen Landesteilen im Frühjahr 2011 Proteste und Unruhen ausgebrochen waren, die Kontrolle über größere Teile des Staatsgebiets verloren hat. Danach werden im Osten nach wie vor weiter besiedelte Gebietsteile durch den sogenannten Islamischen Staat kontrolliert. Die Grenzregionen zu Jordanien und der Türkei werden von verschiedenen oppositionellen Rebellengruppen beherrscht; der mehrheitlich kurdische Teil Syriens, besonders im Norden und Nordosten, hat sich selbst zu föderalen Provinzen erklärt. Die Gebiete zwischen den größten Städten im Westen des Landes (vor allem Damaskus und Umland, Hama, Homs, Aleppo und mit Abstrichen auch Latakia) werden durch verschiedene Gruppierungen oder die Regierung kontrolliert. Die Grenzziehung zwischen diesen Zonen unterliegt einer stetigen Veränderung der Frontverläufe und Kontrolle. Befragungen oder Verfolgung durch die syrische Regierung sind also derzeit zunächst nicht in allen Landesteilen realistisch.
- 41
Diese Auskunft, die sich weiterhin mit der Ausreisegenehmigung und der Einziehung zum Wehrdienst für männliche Staatsangehörige im Alter zwischen 18 und 42 Jahren einschließlich der drohenden Konsequenzen für Deserteure beschäftigt sowie mit der besonderen Gruppe der in Syrien wohnhaften Kurden, bestätigt im Kern die Einschätzung, dass jedenfalls keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass ausschließlich aufgrund des vorausgegangenen Auslandsaufenthalts Rückkehrer nach Syrien, die nicht im Zusammenhang mit oppositionsnahen Aktivitäten stehen wie etwa Journalisten oder Menschenrechtsverteidiger, Übergriffe oder gar Sanktionen zu erleiden haben. Befragungen sind danach bei einer Wiedereinreise über Damaskus zwar nicht unrealistisch; es ist aber wegen der in der Auskunft hervorgehobenen Personengruppen der Deserteure und Kurden jedenfalls nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass mit einer eventuellen Befragung negative Konsequenzen für diejenigen potentiell Betroffenen zu befürchten sind, die lediglich aufgrund des Bürgerkrieges ihr Heimatland verlassen haben. Dies entspricht auch den Erkenntnissen von Menschenrechtsorganisationen, mit denen das Auswärtige Amt bzw. die Botschaft Beirut zusammenarbeitet (so bereits die Auskunft der Botschaft Beirut, Referat 313 vom 03.02.2016 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Asyldokumentation Nr. 598e).
- 42
Somit hat die Beklagte der Klägerin zu Recht (nur) subsidiären Schutz gewährt.
- 43
Die Nebenentscheidungen ergeben sich im Kostenpunkt aus §§ 154 Abs. 1 i. v. m. § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
- 44
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung
- 1.
von Bundesrecht oder - 2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die
- 1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder - 2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
- 1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, - 2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, - 3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, - 4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, - 5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen, - 6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:
- 1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe; - 2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind; - 3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird; - 4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn - a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
- 5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.
(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.