Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 19. Aug. 2013 - 1 BvR 577/13

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2013:rk20130819.1bvr057713
bei uns veröffentlicht am19.08.2013

Tenor

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Kiel vom 25. Oktober 2012 - 120 C 280/10 - und des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2013 - 13 T 170/12 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit sie die Beiordnung eines Prozesspflegers und die Feststellung einer Prozessunfähigkeit der Beschwerdeführerin betreffen.

Der Beschluss des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2013 - 13 T 170/12 - wird in diesem Umfang aufgehoben. Die Sache wird an die 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel in der in § 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorgeschriebenen Besetzung zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 25. Oktober 2012 - 120 C 280/10 -, soweit dieser die Beiordnung eines Prozesspflegers und die Feststellung einer Prozessunfähigkeit betrifft, zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 16.000 € (in Worten: sechzehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Im Ausgangsverfahren ist die Beschwerdeführerin wegen einer Mieterhöhung in Anspruch genommen worden. Nachdem die Klage mittlerweile zurückgenommen wurde, sind noch Wider- und Wider-Widerklagen anhängig. Das Verfahren ist seit fünf Jahren anhängig.

2

1. Durch Beschluss vom 25. Oktober 2012 stellte das Amtsgericht fest, dass die Beschwerdeführerin prozessunfähig sei und ordnete ihr nach § 57 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) einen Prozesspfleger bei. Die Entscheidungsgründe beziehen sich zur Feststellung der Prozessunfähigkeit ausschließlich auf eine sachverständige Stellungnahme eines Stadtarztes des Gesundheitsamtes, die für das Gericht in ihrer Gesamtheit nachvollziehbar und überzeugend sein soll. In dieser Stellungnahme stellte der Stadtarzt auf Grundlage der Akte des Ausgangsverfahrens und weiteren Schriftverkehrs fest, dass die Beschwerdeführerin - vorbehaltlich einer ausführlichen Begutachtung - über die Voraussetzungen der Prozessfähigkeit "aus seelischen Gründen" nicht verfüge. Durch Beschluss vom 19. Januar 2013 bestätigte das Landgericht auf die von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde die amtsgerichtliche Entscheidung unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Feststellungen, die dem entsprächen, was das Landgericht bereits früher aufgrund des Akteninhalts wiederholt festgestellt habe.

3

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juli 2013 teilte der Sachverständige mit, dass er den Geisteszustand der Beschwerdeführerin weder sicher beurteilen noch eine Verdachtsdiagnose stellen könne.

4

2. Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde unter anderem gegen die Beiordnung des Prozesspflegers und die damit verbundene Feststellung, sie sei prozessunfähig. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG.

5

3. Zu dem Verfahren hat die Klägerin des Ausgangsverfahrens Stellung genommen. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa das Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben der Kammer vorgelegen.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zur Entscheidung anzunehmen.

7

1. Die Voraussetzungen für eine Annahme nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor, soweit die Beschwerdeführerin die Ablehnung von Prozesskostenhilfe- und Befangenheitsanträgen durch die angegriffenen Entscheidungen rügt und sich gegen das Schreiben des Landgerichts vom 11. Februar 2013 wendet; von einer Begründung wird insoweit nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8

2. Soweit die Beschwerdeführerin die Feststellung ihrer Prozessunfähigkeit und die Beiordnung eines Prozesspflegers angreift, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage ist durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 42, 64; 71, 122 <136>; 81, 97, <106>). Die Verfassungsbeschwerde ist in dem Umfang, in dem sie zur Entscheidung anzunehmen ist, offensichtlich begründet.

9

a) Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

10

Der materiell-verfassungsrechtliche Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, an dem sich jede Gerichtsentscheidung auch bei Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht (vgl. BVerfGE 42, 64) messen lassen muss, verlangt mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gebundenheit des Richters an Gesetz und Recht eine Begründung der Entscheidung jedenfalls dann und insoweit, als von dem eindeutigen Wortlaut einer Rechtsnorm abgewichen werden soll und der Grund hierfür sich nicht schon eindeutig aus den für die Beteiligten ohne weiteres erkennbaren oder bekannten Besonderheiten des Falles ergibt (vgl. BVerfGE 71, 122 <135 f.>). Weicht ein Gericht von den Normen des einfachen Rechts in der Auslegung ab, die sie durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gewonnen haben, obliegt es ihm darzulegen, dass dies mit verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist, soweit sich dies nicht aus den übrigen Umständen des Falles ergibt (vgl. BVerfGE 81, 97 <106>).

11

Die angegriffenen Beschlüsse weichen ohne ausreichende Begründung und ohne erkennbare Rechtfertigung von der Auslegung der §§ 56, 57 ZPO durch den Bundesgerichtshof ab.

12

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Feststellung mangelnder Prozessfähigkeit voraus, dass alle verfügbaren Beweismittel ausgeschöpft sind (vgl. BGHZ 18, 184; 86, 184 <189>; 143, 122 <125>; BGH, Urteil vom 9. Mai 1962 - IV ZR 4/62 -, NJW 1962, S. 1510; Versäumnis-Urteil vom 14. Juli 1966 - VI ZR 37/65 -, NJW 1966, S. 2210 <2211>; Urteil vom 9. Januar 1996 - VI ZR 94/95 -, NJW 1996, S. 1059 <1060>; Urteil vom 8. Dezember 2009 - VI ZR 284/08 -, FamRZ 2010, S. 548; stRspr). Die Frage, ob eine bestimmte sich anbietende Erkenntnismöglichkeit ungenutzt bleiben darf, bedarf einer besonders sorgfältigen Prüfung. Soll die Frage bejaht werden, erfordert das eine überzeugende Begründung. Von Versuchen, zu einer gesicherten Erkenntnis über den Geisteszustand zu gelangen, darf nur abgesehen werden, wenn ein vom Gericht dazu befragter Sachverständiger diese auch bei Berücksichtigung des Inhalts der vorliegenden Akten mit überzeugender Begründung von vornherein für aussichtslos erklären würde (vgl. BGH, Versäumnis-Urteil vom 14. Juli 1966 - VI ZR 37/65 -, a.a.O., S. 2211).

13

Die Fachgerichte im Ausgangsverfahren haben eine Entscheidung über die Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin getroffen, obgleich die Tatsachengrundlage nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur unzulänglich geklärt war. Die sachverständige Einschätzung allein war schon deshalb keine taugliche Grundlage für eine sichere Feststellung der Prozessunfähigkeit, weil sie äußerst knapp gehalten ist, die psychiatrischen Grundlagen der Prozessfähigkeit nicht erläutert, erhebliche fachliche Vorbehalte enthält und Aussagen trifft, die für den medizinischen Laien zunächst gegen die Annahme von Prozessunfähigkeit sprechen. Durch die ergänzende Stellungnahme vom 24. Juli 2013 hat der Sachverständige zudem selbst klargestellt, dass er sich zu einer Diagnose oder einer Verdachtsdiagnose nicht in der Lage sieht und nur Vermutungen anstellen könne.

14

Mithin liegt ein Abweichen bei der Rechtsanwendung vor, das nur dann verfassungsrechtlichen Bestand haben könnte, wenn sich aus den Entscheidungsgründen oder den sonstigen Umständen hierfür eine Rechtfertigung entnehmen ließe. Eine solche Rechtfertigung fehlt jedoch. Den angegriffenen Beschlüssen lässt sich nicht entnehmen, dass die Gerichte sich mit der einschlägigen Rechtslage eingehend auseinandergesetzt und von sich aus alles getan haben, um die Frage der Prozessfähigkeit soweit wie möglich einer Klärung zuzuführen. Sie erschöpfen sich in der nicht tragfähigen Bezugnahme auf die sachverständige Stellungnahme und - im Fall der landgerichtlichen Entscheidung - einem vagen Hinweis auf frühere Feststellungen. Eine besonders sorgfältige Auseinandersetzung mit der Tatsachengrundlage am Maßstab der einschlägigen Rechtslage, wie sie der Bundesgerichtshof fordert, war auch nicht deshalb entbehrlich, weil der gerichtlich beauftragte Sachverständige weitere Aufklärungsversuche mit überzeugender Begründung für aussichtslos erklärt hätte. Die diesbezüglichen Ausführungen in der den Entscheidungen zugrunde liegenden sachverständigen Stellungnahme erschöpfen sich in der Erklärung, dass er den Geisteszustand der Beschwerdeführerin ohne Explorationsgespräch nicht sicher einschätzen könne, weil die Beschwerdeführerin sich einer Begutachtung entziehe.

15

b) Zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes und zur Beschleunigung des Gesamtverfahrens, die in der Beschwerdeinstanz besonderes Gewicht hat, ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Dieses hat die Frage der Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin grundsätzlich auch bei wesentlichen Verfahrensfehlern durch eigene Sachentscheidung zu klären (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 572 Rn. 27 f.). Wegen der besonderen Schwierigkeiten des Falles hat die Kammer nach § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden zu entscheiden.

16

c) Da die angegriffenen Entscheidungen schon gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, kommt es auf die weiteren Rügen nicht an.

17

3. Die Entscheidung zur Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93a


(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34a


(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 568 Originärer Einzelrichter


Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 56 Prüfung von Amts wegen


(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. (2) Die Partei oder deren gesetzlic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 57 Prozesspfleger


(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 75


Die Zivilkammern sind, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat, mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt.

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Die Zivilkammern sind, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat, mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt.

(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht hat den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen.

(2) Die Partei oder deren gesetzlicher Vertreter kann zur Prozessführung mit Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zugelassen werden, wenn mit dem Verzug Gefahr für die Partei verbunden ist. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beseitigung des Mangels zu bestimmende Frist abgelaufen ist.

(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.

(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

Die Zivilkammern sind, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat, mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.