Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 27. Mai 2010 - 1 BvR 2643/07

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100527.1bvr264307
bei uns veröffentlicht am27.05.2010

Tenor

1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Juli 2007 - 7 UF 288/06 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Juli 2007 - 7 UF 288/06 - wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.

2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zulassung der Revision anlässlich eines sogenannten Scheinvaterregressprozesses nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer war bis 1983 verheiratet. Seine Ehefrau brachte im August 1982 ein Kind zur Welt, dessen rechtlicher Vater der Beschwerdeführer gemäß § 1591 Abs. 1 Satz 1 BGB war. Bis 2001 leistete der Beschwerdeführer dem Kind Unterhalt. Anfang 2002 erfuhr der Beschwerdeführer von gegen seine leibliche Vaterschaft sprechenden Umständen, weshalb er Klage auf Anfechtung seiner Vaterschaft erhob. Aus dem vom Amtsgericht in Auftrag gegebenen Abstammungsgutachten ergab sich, dass der Beschwerdeführer als Vater des Kindes ausgeschlossen werden könne, während die Vaterschaft des in die Begutachtung einbezogenen Mehrverkehrszeugen mit einer statistischen Plausibilität von 99,9999998 % "praktisch erwiesen" sei. Darauf stellte das Amtsgericht mit Urteil vom 1. September 2003 fest, dass der Beschwerdeführer nicht der Vater des Kindes sei. Der Mehrverkehrszeuge anerkannte die Vaterschaft nicht; diese wurde mangels Antrags der Feststellungsberechtigten auch nicht gerichtlich festgestellt.

3

a) Im Ausgangsverfahren wies das Amtsgericht Gladbeck mit Urteil vom 23. Oktober 2006 eine Klage des Beschwerdeführers ab, mit welcher er vom Mehrverkehrszeugen aus übergegangenem Recht gemäß § 1607 Abs. 3 BGB die Zahlung des von ihm als Scheinvater an das Kind geleisteten Unterhalts begehrt hatte. Der Beschwerdeführer habe gegen den Beklagten keinen Regressanspruch, da der Beklagte rechtlich nicht als Vater des Kindes festgestellt sei. Eine Inzidentprüfung der Vaterschaft im Regressprozess sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch § 1600d Abs. 4 BGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1993 - XII ZR 238/91 -, juris).

4

b) Gegen das Urteil wandte sich der Beschwerdeführer mit der Berufung zum Oberlandesgericht Hamm. Gleichzeitig regte er die Zulassung der Revision für den Fall an, dass der Senat die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB für unzulässig erachte, obwohl der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens von dem höchstrichterlich entschiedenen Sachverhalt abweiche und einige Oberlandesgerichte die Rechtsansicht verträten, im Falle einer sachverständig festgestellten Vaterschaft sei die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB zulässig.

5

c) Während der Anhängigkeit der Berufung des Beschwerdeführers beim 7. Senat des Oberlandesgerichts Hamm ließ der 11. Senat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 14. Februar 2007 die Revision in einem Scheinvaterregressprozess zu, in dem eine rechtliche Feststellung der Vaterschaft des Beklagten ebenfalls nicht erfolgt und dessen leibliche Vaterschaft ebenfalls unstreitig war (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 14. Februar 2007 - 11 UF 210/06 -, juris). Zur Begründung führte der 11. Senat aus, der Bundesgerichtshof habe sich nicht dazu verhalten, wie die Fälle zu beurteilen seien, in denen die Kindesmutter einen Mann - letztlich unwidersprochen - als Vater benenne. In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum würden Ausnahmen angenommen, in denen die Berufung auf die Rechtsausübungssperre gegen Treu und Glauben verstoße und die Inanspruchnahme des leiblichen Vaters nicht hindere, etwa wenn die Kindesmutter und das volljährige Kind die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft unterließen und der Erzeuger die Vaterschaft nicht anerkenne. Der Bundesgerichtshof habe insbesondere auf die gemäß Art. 2 Abs. 1 GG anzuerkennenden Belange des Kindes abgestellt, eine Vaterschaft nicht feststellen zu lassen. Diese Argumente hätten aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 2003 an Gewicht gewonnen, in der angenommen worden sei, dass das Kindeswohl durch die Feststellung des wirklichen Vaters in diesen Fällen nicht wesentlich berührt werde (vgl. BVerfGE 108, 82 <109 f.>). Im Hinblick auf diese Feststellung erscheine die Fortgeltung der vom Bundesgerichtshof zugrunde gelegten Erwägung zweifelhaft, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes stehe der inzidenten Feststellung der Vaterschaft innerhalb eines Regressprozesses nach § 1607 Abs. 3 BGB entgegen.

6

d) Auf den Hinweis des erkennenden 7. Senats des Oberlandesgerichts, die Absicht zu haben, die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach wie vor Bestand und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, beantragte der Beschwerdeführer unter Verweis auf die Zulassung der Revision durch den 11. Senat in einem vergleichbaren Verfahren nochmals die Zulassung der Revision im Ausgangsverfahren. Darauf zog der 7. Senat das Urteil des 11. Senats bei.

7

e) Mit Urteil vom 3. Juli 2007 wies der 7. Senat des Oberlandesgerichts Hamm die Berufung des Beschwerdeführers zurück, da eine inzidente Feststellung der Vaterschaft im Rahmen eines sogenannten Scheinvaterregressprozesses ausscheide. Die Revision sei nicht zuzulassen. Dem Rechtsstreit komme keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, nachdem der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage eindeutig mit Urteil vom 17. Februar 1993 (a.a.O.) entschieden und der erkennende Senat sich der dort vertretenen Rechtsansicht angeschlossen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof seine Meinung im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 108, 82 f.) ändern werde.

8

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung seines Rechts auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die Revision nicht zuzulassen.

9

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und der Beklagte des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

10

Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist, § 93c Abs. 1 BVerfGG.

11

1. Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das Oberlandesgericht hat durch eine aus Sachgründen nicht zu rechtfertigende Handhabung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO den Zugang des Beschwerdeführers zur Revisionsinstanz unzumutbar eingeschränkt.

12

a) Für den Zivilprozess ergibt sich das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfGE 85, 337 <345>; 97, 169 <185>).

13

Effektiver Rechtsschutz in diesem Sinne umfasst nicht nur das Recht auf Zugang zu den Gerichten sowie auf eine verbindliche Entscheidung durch den Richter aufgrund einer grundsätzlich umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Streitgegenstandes (vgl. BVerfGE 85, 337 <345>; 97, 169 <185>). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes beeinflusst auch die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Es begründet zwar keinen Anspruch auf eine weitere Instanz; die Entscheidung über den Umfang des Rechtsmittelzuges bleibt vielmehr dem Gesetzgeber überlassen (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 89, 381 <390>; 107, 395 <401 f.>). Hat der Gesetzgeber sich jedoch für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 69, 381 <385>; 74, 228 <234>; 77, 275 <284>; BVerfGK 5, 189 <193>).

14

Diese Grundsätze finden auf das angegriffene oberlandesgerichtliche Urteil Anwendung. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die Revision nicht zuzulassen, war für den Beschwerdeführer gemäß § 26 Nr. 9 EGZPO in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angreifbar, so dass ihm der Weg zur Revision infolge deren Nichtzulassung durch das Oberlandesgericht endgültig versperrt war.

15

b) Das Oberlandesgericht hat § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO (Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung) in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise falsch angewendet und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO kommt einer Sache zu, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, juris, Rn. 19; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 -, juris, Rn. 4; Ball, in: Musielak, Kommentar zur ZPO, 7. Aufl. 2009, § 543 ZPO Rn. 5). Klärungsbedürftig sind solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind. Hat der Bundesgerichtshof eine Rechtsfrage bereits geklärt, kann sich weiterer Klärungsbedarf ergeben, wenn nicht nur einzelne Instanzgerichte oder Literaturstimmen der Auffassung des Bundesgerichtshofs weiterhin widersprechen oder wenn neue Argumente ins Feld geführt werden, die den Bundesgerichtshof zu einer Überprüfung seiner Auffassung veranlassen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, juris, Rn. 19; Ball, in: Musielak, Kommentar zur ZPO, 7. Aufl. 2009, § 543 ZPO Rn. 5a).

17

bb) Für das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm war eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage entscheidungserheblich, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.

18

Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass ein Scheinvater den tatsächlichen Vater erst dann gemäß § 1607 Abs. 3 BGB in Regress nehmen könne, wenn dessen Vaterschaft gemäß § 1600d Abs. 4 BGB rechtlich feststehe. Damit hat es die inzidente Feststellung der Vaterschaft in einem Verfahren nach § 1607 Abs. 3 BGB abgelehnt. Mit dieser Ansicht hat das Oberlandesgericht sich nicht maßgeblich auf Umstände des Einzelfalls gestützt, sondern auf die gesetzliche Vorschrift des § 1600d Abs. 4 BGB und dessen Auslegung. Da die Sachverhaltskonstellation sogenannter Scheinvaterprozesse nicht außergewöhnlich ist, kann sich die vom Oberlandesgericht für maßgebend gehaltene Rechtsfrage in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen, so dass das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist.

19

Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage war klärungsfähig, da sie die Auslegung des § 1600d Abs. 4 BGB, also Bundesrecht und damit revisibles Recht im Sinne des § 545 Abs. 1 ZPO betrifft. Sie war auch klärungsbedürftig. Sie war umstritten und bei Erlass des Urteils des Oberlandesgerichts am 3. Juli 2007 höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärt.

20

So wurde zwar durchaus wie vom Oberlandesgericht in der angegriffenen Entscheidung vertreten, dass die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB die inzidente Feststellung der Vaterschaft in einem Scheinvaterregressprozess ausschließe (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 20. Oktober 2003 - 12 U 1462/02 -, juris, Rn. 11; Saarländisches OLG, Beschluss vom 7. Januar 2005 - 6 WF 91/04 -, juris, Rn. 1; OLG Celle, Urteil vom 9. August 2006 - 15 UF 46/06 -, juris, Rn. 7 ff.). Andernorts wurde dagegen obergerichtlich die Ansicht vertreten, die Inzidentfeststellung der Vaterschaft sei im Regressprozess nach § 1607 Abs. 3 BGB zulässig, wenn dem nicht ausnahmsweise schützenswerte Interessen des Kindes entgegenstünden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 1999 - 3 WF 152/99 -, juris, Rn. 4 ff.). Letzterer Ansicht schlossen sich Stimmen im fachwissenschaftlichen Schrifttum an (vgl. Mutschler, in: Münchner Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 1600a Rn. 15; Rauscher, in: Staudinger, Kommentar zum BGB, 2004, § 1600d Rn. 94; Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl. 2002, Rn. 4077 ff.; Huber, FamRZ 2004, S. 145 ff.; Schwonberg, FamRZ 2008, S. 449 ff.).

21

Der Bundesgerichtshof hatte sich zwar im Urteil vom 17. Februar 1993 (a.a.O.) mit der Frage der inzidenten Feststellung der Vaterschaft im Rahmen eines Scheinvaterregresses befasst, jedoch in einer abweichenden Fallkonstellation. Die Entscheidung betraf ein Verfahren, in welchem der Beklagte seine Vaterschaft bestritten hatte, so dass er sich im Rahmen der inzidenten Feststellung seiner Vaterschaft einer Untersuchung nach § 372a ZPO hätte unterziehen müssen. Dagegen war im Ausgangsverfahren die leibliche Vaterschaft des Beklagten nicht nur unstreitig, sondern aufgrund eines Sachverständigengutachtens, an welchem der Beklagte freiwillig mitgewirkt hatte, mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9999998 % "praktisch erwiesen".

22

Klärungsbedarf ergab sich weiter mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen Zweifel geäußert worden waren, ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung habe (vgl. BVerfGE 108, 82 <108 f.>; 117, 202 <229>). Damit war eine der Grundlagen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar 1993, nämlich das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes nach Art. 2 Abs. 1 GG fließende Recht, selbst über die Feststellung seiner Abstammung zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1993 - XII ZR 238/91 -, juris, Rn. 11), im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einer neuen Beurteilung zuzuführen.

23

Schließlich führte eine Gesetzesänderung zu neuem Klärungsbedarf, der geeignet war, den Bundesgerichtshof zu einer Überprüfung seiner Auffassung zu veranlassen. Bis zum 30. Juni 1998 konnte die alleinsorgeberechtigte Mutter in den alten Bundesländern ihr nichteheliches Kind nicht vertreten, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; die gesetzliche Vertretung stand gemäß §§ 1706, 1709 BGB (a.F.) dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar, den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB (a.F.) darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB (a.F.) in Regress nehmen konnte. Dies führte allenfalls zu einer Verzögerung, nicht aber einer dauernden Vereitelung der Durchsetzung seiner Ansprüche. Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (Beistandschaftsgesetz) wurde die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt. Damit wird der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters immer dann undurchsetzbar, wenn weder der Erzeuger, noch die Kindesmutter von dem allein ihnen zustehenden Recht Gebrauch machen, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.

24

cc) Das Oberlandesgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verneint. Sein Standpunkt beruht nicht lediglich auf einer von dem oben erörterten Verständnis des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zwar abweichenden, verfassungsrechtlich womöglich jedoch noch unbedenklichen Rechtsansicht.

25

Das Oberlandesgericht hat die Nichtzulassung der Revision alleine auf die seiner Ansicht nach gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestützt, weshalb der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.

26

Mit dieser Begründung hat es sich bereits nicht ausreichend damit auseinander- gesetzt, ob ihm zur Beurteilung überhaupt ein der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vergleichbarer Sachverhalt vorlag, was im Hinblick auf die im Ausgangsverfahren feststehende Vaterschaft des Beklagten zweifelhaft war. Das Oberlandesgericht hat sich im Übrigen mit der veränderten Sach- und Rechtslage nicht ausei-nandergesetzt und keine Erwägungen dazu angestellt, ob neuer Klärungsbedarf entstanden war. Dies wäre im Hinblick auf die seit Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar 1993 eingetretene Gesetzesänderung zum 1. Juli 1998 ebenso erforderlich gewesen wie im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, mit der Zweifel geäußert worden waren, ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung habe (vgl. BVerfGE 108, 82 <108 f.>; 117, 202 <229>). Schließlich hätte der erkennende Senat sich mit der ihm bekannten Begründung der Zulassung der Revision durch den 11. Senat des Oberlandesgerichts Hamm in einem vergleichbaren Verfahren inhaltlich auseinandersetzen und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zumindest erwägen müssen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die seitens des 11. Senats des Oberlandesgerichts Hamm geäußerten Bedenken hinsichtlich der Vergleichbarkeit des dem Bundesgerichtshof im Urteil vom 17. Februar 1993 zugrundeliegenden Sachverhalts mit demjenigen des Verfahrens des 11. Senats des Oberlandesgerichts Hamm sowie der nach wie vor divergierenden Rechtsansicht innerhalb der Obergerichte und innerhalb des Schrifttums zur Frage der Zulässigkeit einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung.

27

Auf der Grundlage des dargelegten, einhelligen Verständnisses des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO (s.o.) hätte das Oberlandesgericht bei Beachtung dieser Umstände zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass unter Berücksichtigung der von ihm entscheidungstragend zugrunde gelegten materiellrechtlichen Rechtsauffassung die Revision hätte zugelassen werden müssen. Die Nichtzulassung der Revision stellt daher einen Ausschluss des vorliegend verfassungsrechtlich gebotenen Zugangs zur Revisionsinstanz dar und ist mit dem Gebot wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht mehr zu vereinen.

28

2. Das Urteil des Oberlandesgerichts beruht auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

29

3. Infolge des Grundrechtsverstoßes durch das Oberlandesgericht ist zur Beseitigung des festgestellten Verfassungsverstoßes dessen Entscheidung gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Das Verfahren ist an das Oberlandesgericht als zuständiges Gericht im Sinne des § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 Halbsatz 2 BVerfGG zurückzuverweisen. Mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des oberlandesgerichtlichen Urteils verbunden mit der Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Oberlandesgericht ist dem verfassungsrechtlichen Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers Genüge getan und der Weg zur Selbstkorrektur innerhalb der Fachgerichtsbarkeit eröffnet. Das Oberlandesgericht wird aufgrund der Rückverweisung Gelegenheit haben, unter Einbeziehung der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 -, juris; Urteil vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 46/07 -, juris) über die hier für die Sachentscheidung maßgebliche Frage erneut zu entscheiden, wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass der Rechtsstreit letztlich einen für den Beschwerdeführer günstigeren Ausgang nimmt.

30

4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

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(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.

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(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass die Untersuchung dem zu Untersuchenden nicht zugemutet werden kann.

(2) Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend. Bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann auch unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zur Untersuchung angeordnet werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 144/06 Verkündet am:
16. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1

a) Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB kann im Regressprozess
des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders
gelagerten Einzelfällen mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft
des Beklagten inzident festgestellt werden kann.

b) Nach Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder zum
1. Juli 1998 kommt dies in Betracht, wenn der Kläger andernfalls rechtlos gestellt
wäre, weil weder die Kindesmutter noch der mutmaßliche Erzeuger bereit sind,
dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen (Abgrenzung zu Senatsurteil
BGHZ 121, 299).
BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - OLG Celle
AG Uelzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Einkünfte des Beklagten.
2
Während der 1989 geschlossenen und am 10. August 2004 geschiedenen Ehe des Klägers mit Petra T. hat diese drei Kinder geboren, nämlich 1992 die Tochter Rebecca, 1994 die Tochter Nina und 1995 den Sohn Jan. Mit rechtskräftigem Urteil des Familiengerichts vom 23. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht deren Vater ist. Die Vaterschaft zu den drei Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
3
Der Beklagte ist der Lebensgefährte der Kindesmutter. Der Kläger behauptet , außer ihm selbst habe nur dieser während der gesetzlichen Empfängniszeiten Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt.
4
Der Kläger vertritt die Auffassung, seiner Klage stehe nicht entgegen, dass die Vaterschaft des Beklagten nicht feststehe. Denn sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige Vertreterin der Kinder ist, weigerten sich, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen; auch sei der Beklagte nicht bereit, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNATest mitzuwirken. Unter diesen Umständen sei § 1600d Abs. 4 BGB, demzufolge die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anwendbar. Vielmehr sei die Vaterschaft des Beklagten im vorliegenden Verfahren zu klären.
5
Das Amtsgericht hat die Klage - in der Auskunftsstufe - insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FuR 2006, 574 ff. und OLGR Celle 2007, 138 ff. veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater der drei während der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geborenen Kinder ist, und der Stufenklage insgesamt den Erfolg versagt. Der Kläger sei nämlich nach § 1600d Abs. 4 BGB gehindert , den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
8
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die drei Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgetragen habe, diese sei nicht geklärt. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Weder könne die Vaterschaft im vorliegenden Regressprozess als Vorfrage inzident festgestellt werden, noch sei es unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe. Aus den gleichen Gründen komme auch ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, weil es nicht sittenwidrig sei, wenn der Beklagte seine Vaterschaft weder anerkenne noch deren gerichtliche Feststellung betreibe.
9
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
10
2. Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die drei Kinder vom Beklagten abstammen und der Kläger ihnen über Jahre hinweg als vermeintlicher Vater Unterhalt gewährt hat. Folglich ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass dem Kläger der mit seiner Stufenklage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zusteht (vgl. Erman/Hammermann BGB 12. Aufl. § 1600d Rdn. 38; Staudinger /Rauscher BGB [2004] § 1600d Rdn. 90) und lediglich zu entscheiden ist, ob der Kläger auch dann gemäß § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Anspruch vor Rechtskraft eines die Vaterschaft des Beklagten feststellenden Urteils im Sinne des § 1600d Abs. 1 BGB geltend zu machen, wenn das Kind, seine Mutter oder ein seine eigene Vaterschaft behauptender Mann, die nach § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB allein zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellung befugt sind, die Einleitung eines solchen Verfahrens ablehnen.
11
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600a, 1615b Abs. 2 BGB a.F.). Dem ist die herrschende Meinung weitgehend gefolgt (vgl. Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
12
b) An dieser Entscheidung hält der Senat jedoch aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage nicht mehr uneingeschränkt fest:
13
aa) Soweit er darin offen gelassen hat, ob eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn der Scheinvater seinen Anspruch auf Delikt, namentlich auf § 826 BGB, stützen kann, bedarf dies auch hier keiner Entscheidung.
14
bb) In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat sich bereits mit Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und eine Zulassung einer Inzidentfeststellung in besonders gelagerten Fällen befürworten (vgl. MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. § 1600a Rdn. 15; Raiser FamRZ 1986, 942, 945), und auch darauf hingewiesen , dass die Ausübungssperre nicht uneingeschränkt gilt, sondern § 1600d Abs. 4 BGB Ausnahmen hiervon zulässt, namentlich "soweit sich … aus dem Gesetz anderes ergibt", so etwa im Sozialversicherungsrecht sowie zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche des Kindes oder der Mutter im Wege einstweiliger Verfügung (§1615o BGB, § 641d ZPO). Eine weitere Ausnahme hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (BGHZ 72, 299 ff. = FamRZ 1979, 112 ff.).
15
Der Senat hat sich seinerzeit gleichwohl gehindert gesehen, angesichts der Problematik einer "Anspruchsvereitelung trotz bestehender Anspruchsnorm" (Raiser aaO S. 945) von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer Inzidentfeststellung und dem klaren Wortlaut des § 1600a Satz 2 BGB a.F. abzuweichen , und zwar unter anderem aus folgenden Erwägungen:
16
Erstens dürfe aus den aufgezeigten Ausnahmen von dieser Vorschrift nicht auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden. Zweitens liefe dies dem in § 1600a BGB a.F. als Teil der Reform des Nichtehelichenrechts zum Ausdruck gekommenen Bestreben des Gesetzgebers zuwider, dem nichtehelichen Kind durch die Notwendigkeit eines Abstammungsverfahrens nach § 1600d Abs. 1 BGB, § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Drittens sei das finanzielle Interesse des Scheinvaters nicht höher zu bewerten als die anerkennenswerten und verfassungsrechtlich geschützten Gründe des Kindes, seine Abstammung zu einem Dritten nicht feststellen zu lassen.
17
cc) Diese Erwägungen gelten im Grundsatz nach wie vor, stehen hier aber wegen der besonderen Umstände des Falles einer Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nicht entgegen.
18
Zum einen wird damit nicht in unzulässiger Weise aus einer Ausnahmevorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen. Der Rechtsprechung ist es unbenommen, den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken, wenn und soweit dies erforderlich erscheint, in besonders gelagerten Fällen, deren Auswirkungen der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Dazu bedarf es keiner analogen Erweiterung etwa bestehender Ausnahmevorschriften; deren Existenz kann aber bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob der Gesetzgeber die in der grundlegenden Norm aufgestellte Regelung als unabdingbar angesehen hat oder jedenfalls bestimmte Ausnahmen für möglich hielt.
19
Zum anderen kann eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB dem Bestreben, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen, ausnahmsweise dann nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit ohnehin faktisch nicht erreicht werden kann. Das ist hier beispielsweise der Fall, weil weder die die Kinder allein vertretende Mutter noch der Beklagte als möglicher biologischer Vater bereit sind, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
20
Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen Zweifel geäußert , ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat (BVerfGE FamRZ 2007, 441, 444 unter B I 3 b aa [1]), wie der Senat bislang angenommen hatte (vgl. Senatsurteile BGHZ 121, 299, 303 f. = FamRZ 1993, 696, 697 und BGHZ 162, 1, 5 = FamRZ 2005, 340, 341). Der Senat hält deshalb nicht mehr daran fest, dass demgegenüber das finanzielle Interesse des Scheinvaters gegenüber dem ihm möglicherweise regresspflichtigen Erzeuger stets zurückzustehen habe.
21
dd) Inzwischen hat sich die Rechtslage, vor deren Hintergrund 1993 die Senatsentscheidung BGHZ 121, 299 (= FamRZ 1993, 696 f.) getroffen worden war, in zwei Punkten entscheidend geändert.
22
(1) Zum einen weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass bis zum 30. Juni 1998 in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten konnte, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar , den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB a.F. auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen konnte. Denn dies führte, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, allenfalls zu einer Verzögerung der Durchsetzung seines bereits bestehenden gesetzlichen Anspruchs, nicht aber zu dessen dauernder Vereitelung.
23
Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist jedoch die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Unterlässt sie dies, kann ihr die Vertretung des Kindes auch nicht nach § 1796 BGB durch das Familiengericht entzogen werden, § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB. Der Scheinvater selbst ist für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt, § 1600e Abs. 1 BGB.
24
Damit würde sich bei der vom Senat in BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. bislang vertretenen Auffassung zu § 1600d Abs. 4 BGB der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nunmehr in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen, nämlich immer dann, wenn weder dieser noch die Kindesmutter - aus welchen Motiven auch immer - von dem ihnen allein zustehenden Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, keinen Gebrauch machen.
25
(2) Zum anderen ist diese Entscheidung des Senats vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in dem dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen (§ 640 ZPO) zu klären war und der Grundsatz der Statuswahrheit es verlangte, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Auch dies gilt inzwischen nicht mehr uneingeschränkt. Durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Allerdings steht dieses Verfahren nur dem Kind und seinen Eltern zu, nicht aber einem Dritten.
26
In diesem neuartigen Verfahren wird zwar keine gerichtliche Feststellung über die Abstammung getroffen; sie ermöglicht aber eine gutachterliche Feststellung , deren Beweiswert bei Befolgung der anerkannten Regeln der DNAAnalyse regelmäßig keinen vernünftigen Zweifel mehr zulässt. Es handelt sich mithin um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
27
Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich darauf gründen, dass ein bestehender Status des Kindes nicht außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung hinterfragt werden soll. Denn auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses, und führt deshalb auch nicht zur Feststellung einer "relativen Vaterschaft" (entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 401, 402). Sie ist vielmehr lediglich Vorfrage für das Bestehen des Anspruchs (vgl. Schwonberg aaO S. 453).
28
c) Nach alledem ist eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
29
aa) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn - wie hier - davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Wird eine solche Vaterschaftsfeststel- lungsklage allerdings während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses des Scheinvaters erhoben, wird das Regressverfahren auszusetzen sein.
30
Hingegen ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Darüber wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein, ehe die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens in Betracht kommt. Sind diese Voraussetzungen unstreitig oder reicht die Beweisaufnahme aus, das Gericht gemäß § 286 ZPO von ihrem Vorliegen zu überzeugen , dürfte sich die Einholung eines solchen Gutachtens erübrigen, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt , um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert.
31
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt eine solche Klage regelmäßig auch nicht die Mitwirkung der Mutter und des Kindes an einem (weiteren ) DNA-Test voraus. Ist dem Verfahren - wie hier - ein erfolgreiches Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorausgegangen, liegen die insoweit erforderlichen Untersuchungsergebnisse regelmäßig bereits vor, so dass sich eine etwa erforderliche weitere Begutachtung auf die Analyse der entsprechenden Merkmale des Beklagten und deren Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnissen beschränken kann.
32
bb) Die Beweisaufnahme in einem solchen Regressprozess berührt zwar auch die verfassungsrechtlich geschützten Interessen Dritter, hier der Mutter und des Kindes bzw. der Kinder, sowie Interessen des Beklagten selbst.
33
Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, ist allerdings nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig (vgl. Schwonberg aaO S. 452). Sein Interesse , im Falle der Anordnung eines Sachverständigengutachtens seine genetischen Daten nicht preisgeben zu müssen, ist hinreichend dadurch geschützt , dass er die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern und die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung nach §§ 372a Abs. 2 Satz 1, 387 Abs. 1 ZPO in einem Zwischenstreit geltend machen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283, 290 = FamRZ 2006, 686, 688 und Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 199/05 - FamRZ 2007, 1728, 1729).
34
Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, eine eheliche Untreue nicht offenbaren zu müssen, kommt in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Untreue bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist. Ihr Interesse , einem Dritten keinen weitergehenden Einblick in ihr Sexualleben zu gewähren, kann die Kindesmutter bereits dadurch wahren, dass sie als frühere Ehefrau des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch macht. Für ein Interesse, im Falle der Zeugung des Kindes durch Inzest oder Vergewaltigung eine Feststellung des biologischen Vaters zu vermeiden (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rdn. 95), werden regelmäßig keine Anhaltspunkte vorliegen.
35
Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung geht das Interesse des Kindes regelmäßig auf Kenntnis seines wirklichen Erzeugers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - NJW 1972, 1708) und nicht auf Beibehaltung eines "vaterlosen" Zustandes. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft (oder auch der Nichtvaterschaft) des Beklagten steht dem Interesse des Kindes somit in aller Regel nicht entgegen. Etwas anderes könnte sich allerdings ergeben, wenn der Beklagte - wie hier - mit der Kindesmutter zusammenlebt und beide mit dem Kind eine Familie bilden. Hier könnte eine Inzidentfeststellung mit dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht der Erzeuger des Kindes ist, dessen Interesse an der Wahrung der neuen sozial-familiären Bindung zum Beklagten beeinträchtigen , vor allem, wenn bereits das Vaterschaftsanfechtungsverfahren das Vertrauen des Kindes in den Fortbestand seiner Bindung zu dem Kläger als bisherigem rechtlichen Vater erschüttert hatte und nunmehr seine danach aufgebaute Bindung zu dem Lebensgefährten der Mutter erneut erschüttert zu werden droht.
36
Sollten sich im Einzelfall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass durch die Inzidentfeststellung der Vaterschaft in höherrangige verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter eingegriffen werden könnte, wird das Gericht diesen Bedenken aber von Amts wegen nachgehen können und müssen. Denn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist von Amts wegen zu beachten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 146 f.; Schwonberg aaO S. 453). Ob sie im Einzelfall ausnahmsweise durchbrochen werden kann, ist daher ebenfalls von Amts wegen unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände zu prüfen.
37
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und insbesondere zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsge- richt Gelegenheit, dies nachzuholen, sofern nicht im Rahmen der erneuten Amtsprüfung Umstände im Sinne des vorstehenden Absatzes bekannt werden, die der hier grundsätzlich bejahten Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im vorliegenden Einzelfall entgegenstehen.
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt Dose verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 10.01.2006 - 3b F 1022/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.08.2006 - 15 UF 46/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 46/07 Verkündet am:
22. Oktober 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick und Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 14. Februar 2007 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt für die Monate Juni und Juli 2003 in Anspruch. Ferner verlangt er vom Beklagten Erstattung nicht festsetzungsfähiger außergerichtlicher Anwaltskosten.
2
Während der 1985 geschlossenen Ehe des Klägers mit Maria L. gebar diese am 19. Januar 1990 das Kind Björn L. Als vermeintlicher Vater leistete der Kläger dem Kind Naturalunterhalt.
3
Mit - rechtskräftigem - Urteil vom 18. April 2005 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - Bad Iburg fest, dass Björn L. nicht das Kind des Klägers ist.
4
Der Kläger behauptet, der Beklagte sei der Vater des Kindes. Unstreitig hat der Beklagte während der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindesmutter geschlechtlich verkehrt. Der Kläger hat sich für seine Behauptung, dass die Kindesmutter in dieser Zeit ausschließlich mit den Parteien geschlechtlich verkehrt habe, auf das Zeugnis der Kindesmutter berufen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat diese keine Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten und dies auch dem - inzwischen volljährigen - Kind mitgeteilt.
5
Die Vaterschaft zu dem Kind ist weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt. Die mit der Zusicherung der Kostenübernahme verbundenen Aufforderungen des Klägers mit Schreiben vom 11. April und 9. Dezember 2005, an einem Vaterschaftsgutachten mitzuwirken, lehnte der Beklagte ab.
6
Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

8
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1764 ff. veröffentlicht ist, hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater des Kindes ist. Der Kläger sei nämlich nach § 1600 d Abs. 4 BGB gehindert, den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
9
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte möglicherweise nicht im Interesse des Kindeswohls, sondern vorrangig zur Vermeidung seiner Inanspruchnahme durch den Kläger davon absehe, seine Vaterschaft feststellen zu lassen. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Auch sei es unter den gegebenen Umständen (noch) nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe.

II.

10
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
11
1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600 d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt (vgl. Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600 a, 1615 b Abs. 2 BGB a.F.; Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
12
Aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage hat der Senat an dieser Rechtsprechung jedoch nicht mehr uneingeschränkt festgehalten und - nach Erlass des Berufungsurteils - mit Urteil vom 16. April 2008 (- XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424 ff.) weitere Ausnahmen zugelassen, in denen die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB durchbrochen und eine Vaterschaft im Rahmen des Scheinvaterregresses inzidenter festgestellt werden kann. Nach dieser Entscheidung, auf deren Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, kommt eine solche Ausnahme insbesondere dann in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424, 1426).
13
a) Diese Voraussetzung ist hier - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - gegeben. Der Beklagte lehnt es ab, ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft einzuleiten. Auch die Kindesmutter hat als gesetzliche Vertreterin des Kindes ein solches Verfahren nicht eingeleitet und dies bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 24. Januar 2007 damit begründet, das Kind wolle das nicht. Im Zeitpunkt der (letzten) Tatsachenverhandlung waren auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Kind seine Ansicht ändern und mit Erreichen der Volljährigkeit am 19. Januar 2008 von der Möglichkeit Gebrauch machen würde, seine Abstammung vom Beklagten feststellen zu lassen.
14
Seit der gerichtlichen Feststellung vom 18. April 2005 waren bereits 1 ¾ Jahre vergangen, ohne dass die hierzu Berechtigten eine Vaterschaftsfeststellung betrieben hatten. Dies ist eine "längere Zeit" im Sinne des Senatsurteils vom 16. April 2008 (- XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424, 1426), denn darunter ist jedenfalls ein Zeitraum zu verstehen, der deutlich über die Zeitspanne hinausgeht , innerhalb derer ein Scheinvater nach dem bis zum 30. Juli 1998 geltenden Recht damit hätte rechnen können, dass das Jugendamt als Pfleger gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. namens des Kindes ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet hätte. Sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte ersichtlich sind, die die alsbaldige Einleitung eines solchen Verfahrens erwarten lassen, rechtfertigt dies die Vermutung, dass ein solches Verfahren auch weiterhin auf längere Zeit nicht stattfinden wird.
15
b) Zwar ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600 d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Diese sind im vorliegenden Fall aber unstreitig; die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens erübrigt sich daher, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt, um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424, 1426).
16
c) Im vorliegenden Fall greift eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft des Beklagten auch nicht in verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter ein.
Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, ihre eheliche Untreue nicht offenbar werden zu lassen, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist.
17
Auch die ablehnende Haltung des Kindes gegenüber der gerichtlichen Feststellung seiner Abstammung vom Beklagten steht einer entsprechenden Inzidentfeststellung im vorliegenden Verfahren nicht entgegen, da diese seinen derzeitigen Status nicht verändern würde. Wie die Anhörung der Kindesmutter ergeben hat, möchte das Kind sein Verhältnis zum Kläger erhalten; es solle alles so bleiben wie es ist. Auch wenn das Interesse des Kindes somit ausnahmsweise (vgl. Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - FamRZ 2008, 1424, 1427) auf die Beibehaltung eines statusrechtlich "vaterlosen" Zustandes gerichtet sein sollte und das Kind keinen Wert darauf legt, die ihm von seiner Mutter offenbarte Vaterschaft des Beklagten zur Gewissheit werden zu lassen, greift eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft des Beklagten nicht in seine verfassungsrechtlich geschützten Rechte ein.
18
2. Mit der gegebenen Begründung kann die angefochtene Entscheidung daher keinen Bestand haben. Sie erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig:
19
a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klage nicht etwa deshalb unzulässig, weil der Kläger den gesamten von ihm bis zur Feststellung seiner Nichtvaterschaft geleisteten Unterhalt hätte einklagen können, hier aber nur den Unterhalt für zwei Monate verlangt. Dem Kläger bleibt es unbenommen , mit Rücksicht auf das Kostenrisiko oder aus anderen Gründen nur den Unterhalt für einen beschränkten Zeitraum zum Gegenstand seiner Klage zu machen. Ohne Erfolg beruft die Revisionserwiderung sich insoweit auf die Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 20. Januar 2004 - VI ZR 70/03 - VersR 2004, 1334 und vom 20. März 2001 - VI ZR 325/99 - VersR 2001, 876), die sich mit der Zulässigkeit von Teilklagen allein unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes befasst und auf teilbare Unterhaltsforderungen nicht anwendbar ist.
20
Auch der Umstand, dass der Beklagte für ein von ihm eingeholtes DNAGutachten zur Widerlegung seiner (aufgrund unstreitigen Verkehrs mit der Kindesmutter vermuteten) Vaterschaft Kosten aufwenden müsste, die den hier eingeklagten Betrag übersteigen, steht der Zulässigkeit einer Teilklage nicht entgegen. Abgesehen davon, dass die Höhe der von einem (gegen)beweisbelasteten Beklagten vorzustreckenden Kosten die Zulässigkeit einer Klage nicht in Frage stellen kann, hätte der Beklagte es in der Hand, durch eine negative Feststellungswiderklage auch die weiteren in Betracht kommenden Unterhaltsansprüche des Klägers zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
21
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung weiter geltend, die Durchbrechung der Ausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB führe in Verbindung mit der fehlenden Rechtskraftwirkung der dann möglichen Inzidentfeststellung zu einem nicht hinnehmbaren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Kindes, dem "mit jeder Teilklage ein anderer Vater beschert" werden könne, und der Kindesmutter, die etwa im Falle öffentlicher Zustellung und Aushang an der Gerichtstafel damit rechnen müsse, dass unbeteiligte Dritte sie mit "wechselnden Vätern" in Verbindung bringen würden. Mit einer solchen Gefahr ist vernünftigerweise nicht zu rechnen, da es jeder Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Scheinvater, der seinen Regressanspruch im Wege der Teilklage erfolgreich gegen einen Beklagten verfolgt hat, weil dessen Vaterschaft unstreitig ist oder inzidenter festgestellt wurde, wegen weiterer Teilansprüche nunmehr einen Dritten in Anspruch nimmt.
22
b) Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung weiter, das Berufungsgericht hätte in entsprechender Anwendung des § 640 e Abs. 1 ZPO das inzwischen volljährige Kind beiladen müssen, zumal die im Wege der Amtsermittlung zu prüfende Frage, ob alsbald mit der Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zu rechnen sei, erst nach Beiladung des volljährigen Kindes getroffen werden könne. Für eine entsprechende Anwendung des § 640 e ZPO ist schon deshalb kein Raum, weil es im Scheinvaterregress nicht um eine inter omnes wirkende Feststellung der Vaterschaft geht und das Verfahren allein die Parteien betrifft, ohne den Status des Kindes zu berühren oder sonst in seine Rechte einzugreifen. Sofern Anhaltspunkte bestehen, dass das inzwischen volljährig gewordene Kind seinerseits ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet hat oder dies alsbald zu tun beabsichtigt, bietet die Amtsermittlung auch ohne eine Beiladung hinreichende Möglichkeiten, dies zu klären.
23
c) Auch der Einwand der Revisionserwiderung, das Amtsgericht Bad Driburg als Wohnsitzgericht des Beklagten sei in entsprechender Anwendung des § 640 a ZPO örtlich unzuständig gewesen, kann der Revision schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit im Revisionsverfahren nach § 545 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist, wie auch die Revisionserwiderung im Grundsatz anerkennt. Warum für Verfahren der vorliegenden Art etwas anderes gelten soll, hat sie nicht darzulegen vermocht.
24
3. Der Senat kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu den für die Unterhaltsansprüche maßgeblichen Einkommensverhältnissen des Beklagten getroffen hat. Zur Nachholung dieser Feststellungen muss die Sache daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Die erneute mündliche Verhandlung wird dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit geben , von Amts wegen zu prüfen, ob die Prognose, dass mit der alsbaldigen Ein- leitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens nicht zu rechnen ist, nach wie vor gerechtfertigt ist.
Hahne Sprick Fuchs Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Warendorf, Entscheidung vom 24.07.2006 - 9 F 26/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.02.2007 - 11 UF 210/06 -

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.