Bundessozialgericht Urteil, 14. Sept. 2010 - B 7 AL 33/09 R

bei uns veröffentlicht am14.09.2010

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 geändert hat. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch), ob in der Zeit vom 31.1.2006 bis 20.2.2006 eine Sperrzeit eingetreten ist und ob der Kläger für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit 1968 bei der A GmbH & Co KG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.6.2005 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31.1.2006. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage nahm der Kläger im Februar 2006 zurück, nachdem er sich mit der Arbeitgeberin über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 5500 Euro sowie die Zahlung einer Treueprämie geeinigt hatte.

3

Zuvor hatte er mit Schreiben vom 27.1.2006 sein Arbeitsverhältnis zum 30.1.2006 gekündigt, um der Verkürzung seines Alg-Anspruchs von 26 auf 12 Monate auf Grund einer am 1.2.2006 wirksam werdenden Änderung des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zu entgehen. Die Beklagte, bei der sich der Kläger am 3.11.2005 arbeitslos gemeldet hatte, stellte den Eintritt einer - wegen der ohnedies innerhalb von sechs Wochen endenden Beschäftigung - auf drei Wochen verkürzten Sperrzeit vom 31.1. bis 20.2.2006 fest, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe; außerdem lehnte sie die Gewährung von Alg für die Dauer der Sperrzeit ab und bewilligte dem Kläger erst ab 21.2.2006 Alg für (eine Dauer von) 780 Kalendertagen, die sich allerdings um die 21 Tage der Sperrzeit mindere (Bescheide vom 7. und 8.2.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2006). Seit 1.4.2006 ist der Kläger wieder versicherungspflichtig beschäftigt.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die auf Aufhebung der Sperrzeit und Zahlung von Alg für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat dieses Urteil auf die Berufung des Klägers geändert; die Verfügung über die Sperrzeit hat es aufgehoben, die Beklagte zur "Gewährung" von Alg aber nur für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt und im Übrigen - hinsichtlich der Zahlung von Alg für den 31.1.2006 - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger habe für die Vorverlagerung des Beschäftigungsendes ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil er sich so auf Grund der Übergangsregelung des § 434l Abs 1 SGB III iVm § 127 Abs 1 und 2 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung einen längeren Alg-Anspruch habe erhalten können. Am 31.1.2006 habe sein Anspruch wegen der gezahlten Abfindung geruht.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 144 SGB III. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht berufen. Denn bei Abwägung seiner Individualinteressen mit dem Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe, sei ihm die Hinnahme der Kündigung seiner Arbeitgeberin zum 31.1.2006 zumutbar gewesen. Ein wichtiger Grund für die Kündigung ergebe sich weder aus persönlichen noch aus beruflichen Gründen. Wolle der Kläger durch die vom ihm gewählte arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit in den Genuss des Vorteils der längeren Alg-Anspruchsdauer kommen, müsse er auch die andere - negative - Seite dieser Gestaltungsmöglichkeit, nämlich den Eintritt einer Sperrzeit, akzeptieren. Der geringfügige Nachteil (drei Wochen Sperrzeit) sei im Verhältnis zu dem hieraus folgenden Vorteil (Verlängerung der Anspruchsdauer um 14 Monate) nicht unverhältnismäßig.

6

Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben, soweit dieses das Urteil des SG geändert hat.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten über den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG)sind die Verfügungen der Beklagten vom 7.2.2006 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit sowie über die Ablehnung der Zahlung von Alg für den bezeichneten Zeitraum. Insoweit bilden der Sperrzeitbescheid vom 7.2.2006 und der Bewilligungsbescheid vom 8.2.2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2006, eine Einheit (stRspr; vgl nur BSGE 84, 225 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 17). Ob in dem Sperrzeitbescheid als eigenständige Verfügung (Verwaltungsakt) iS des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zudem die Minderung der Anspruchsdauer angeordnet und auch diese Gegenstand des Verfahrens ist, bedarf wegen der Klageabweisung insgesamt gegen den Bescheid vom 7.2.2006 keiner Entscheidung. Versteht man die bezeichnete Minderung als eigenständigen Verwaltungsakt innerhalb des Bescheids, wäre dieser ebenso rechtmäßig wie die Feststellung der Sperrzeit; denn die Sperrzeit mindert die Anspruchsdauer - wie von der Beklagten im Bescheid angenommen - gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III(in der Normfassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005 - BGBl I 3676) um 21 Tage.

11

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III(ebenfalls in der Fassung, die die Norm durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze erhalten hat) ist vorliegend eine Sperrzeit von (nur) drei Wochen eingetreten; dies entspricht gemäß § 339 SGB III 21 Tagen(Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 339 RdNr 37, Stand Januar 2005). Der Anspruch des Klägers ruht für die Dauer der Sperrzeit, weil der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) durch seine Kündigung vom 27.1.2006 zum 30.1.2006 das (noch bestehende) Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Allerdings ist - wie von der Beklagten angenommen - nur eine Sperrzeit von drei statt einer Regelsperrzeit von zwölf Wochen eingetreten. Nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III verkürzt sich nämlich die Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, wie dies auf Grund der betriebsbedingten Kündigung durch die Arbeitgeberin zum 31.1.2006 (einen Tag später) der Fall gewesen wäre. Dass in dieser Regelung eigentlich das Beschäftigungs-, nicht das Arbeitsverhältnis gemeint ist (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 491, Stand September 2006), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil das Ende des Arbeitsverhältnisses auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt hätte. Die zentrale Frage für alle eingetretenen Rechtsfolgen ist die nach dem Vorliegen eines wichtigen Grunds; diesen hat die Beklagte zu Recht verneint.

12

Der wichtige Grund ist nach der stRspr des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder deren Behebung er unbegründet unterlässt, zu bestimmen (vgl nur BSGE 84, 225, 230 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15 S 64 mwN); die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58 f). Ein wichtiger Grund liegt nach der stRspr des BSG - vereinfacht formuliert - vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 mwN; Coseriu in Eicher/Schlegel, aaO, § 144 RdNr 167 ff, Stand Juni 2010). Allerdings ist diese allgemeine Umschreibung dahin zu konkretisieren, dass es sich um Umstände handeln muss, die sich auf die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses beziehen (BSGE 21, 205, 207 = SozR Nr 3 zu § 80 AVAVG Bl Ba3 Rücks; BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr 2 S 4; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17 S 80 f; Marx, Absprachen der Arbeitsvertragsparteien zur Vermeidung einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III, 2008, S 55 f), die nach der historischen Entwicklung der Sperrzeitregelungen grundsätzlich entweder der beruflichen oder der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers entspringen müssen.

13

Die heutige Sperrzeitregelung geht auf die Regelungen der §§ 78, 80 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) zurück. Insoweit enthielt § 78 Abs 2 AVAVG eine ausdrückliche Auflistung berechtigter Gründe für die Aufgabe der Arbeitsstelle, die allesamt der beruflichen Sphäre entsprangen; daneben waren (nur) wichtige Gründe nach § 80 Abs 1 Satz 1 AVAVG in Anlehnung an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften zu prüfen(vgl im Einzelnen: Kühl, Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, 2007, S 124 ff; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 ff). Mit Inkrafttreten des Arbeitsförderungsrechts (AFG) wurde die Unterscheidung zwischen berechtigtem und wichtigem Grund zwar aufgegeben und durch eine verallgemeinernde Generalklausel ersetzt (vgl Kühl, aaO, S 126 mwN), und das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) hat mit § 144 SGB III inhaltlich ohne wesentliche Änderung die Regelung des § 119 AFG übernommen(Kühl, aaO); trotz der mit der gegenüber dem AVAVG für weitere Fallgestaltungen offenen Neuregelung durch das AFG bzw das SGB III bleibt jedoch weiterhin Bezugspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit das Beschäftigungsverhältnis selbst.

14

Vorliegend war die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger einzig und allein dadurch motiviert, dass er durch eine Vorverlagerung des Beschäftigungsendes günstigere Rechtsfolgen für seinen entstehenden Alg-Anspruch herbeiführen wollte. Gemäß § 434l Abs 1 SGB III konnte sich der Kläger nämlich auf diese Weise wegen des Anspruchserwerbs auf Alg vor dem 1.2.2006 einen (längeren) Alg-Anspruch von 26 Monaten nach dem bis 31.1.2006 geltenden § 127 SGB III gegenüber der ab 1.2.2007 geltenden Neuregelung (12 Monate) durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) erhalten.

15

Ob diese Verkürzung der Anspruchsdauer - auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 434r SGB III - verfassungswidrig ist, kann offen bleiben(vgl dazu auch das Senatsurteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 23/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); nicht beantwortet werden muss auch die Frage, ob Gesichtspunkte, die außerhalb der beruflichen wie auch der persönlichen Sphäre liegen und wirtschaftlicher Natur sind, zumindest dann beim wichtigen Grund Berücksichtigung finden müssen, wenn die Anwendung des § 144 SGB III ansonsten zu einer unverhältnismäßigen Rechtsbeeinträchtigung führen würde. Jedenfalls gilt dies dann nicht, wenn - wie hier - zu rein wirtschaftlichen Aspekten keine mit der Berufssphäre verbundenen oder sonstigen persönlichen Gründe hinzutreten, die die Fortsetzung der Beschäftigung unzumutbar machen, und die Rechtsfolgen, die sich aus der Eigenkündigung des Klägers ergeben, diesen jedenfalls nicht unverhältnismäßig treffen.

16

Mit § 144 SGB III hat der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung getroffen, mit der er ua deutlich macht, dass sich ein Arbeitnehmer prinzipiell nicht an der Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Zumindest dies belegt die nicht ganz gelungene Formulierung (vgl Eicher, SGb 2005, 553), dass die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses (bereits) ein versicherungswidriges Verhalten sei; nur ausnahmsweise soll keine Sperrzeit eintreten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann aber jedenfalls nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis nur löst, um sich für ihn günstigere arbeitsförderungsrechtliche Rechtsfolgen zu erhalten, die sich aus der Lösung, also dem (normativ) versicherungswidrigen Verhalten, ergebenden Rechtsfolgen jedoch nicht so gravierend sind, dass sie ihn unverhältnismäßig treffen. Dabei spielt bei der von § 144 SGB III gewählten Typisierung und Pauschalierung keine Rolle, ob bzw wann das Beschäftigungsverhältnis ohnedies geendet hätte; denn nach der stRspr des BSG hat die Sperrzeitregelung weder Strafcharakter noch ist sie ein pauschalierter Schadensausgleich (BSGE 84, 225, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12). Diesem Gesichtspunkt wird vielmehr hinreichend durch die Härteregelungen des § 144 Abs 3 SGB III mit der Verkürzung der Sperrzeit Rechnung getragen. Hierzu hat das BSG bereits entschieden, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 144 SGB III nicht erforderlich ist, die Dreiwochenfrist weiter zu verkürzen, wenn das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um weniger als drei Monate - wie vorliegend - vorverlagert wurde(BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 13; vgl im Einzelnen Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 497, Stand September 2006).

17

Dem Anliegen des Klägers (Erhaltung eines längeren Alg-Anspruchs) wird hinreichend durch diese Regelung Rechnung getragen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger das Beschäftigungsverhältnis auf die reine Möglichkeit hin gelöst hat, dass er gegenüber der Neuregelung einen längeren Alg-Anspruch auch benötigte. Dass bzw ob dies der Fall sein würde, also der Kläger individuell durch die Neuregelung überhaupt persönlich betroffen würde bzw noch werden kann, war zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht absehbar; immerhin ist der Kläger bereits seit 1.4.2006 wiederum in einem Beschäftigungsverhältnis. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger, wenn er sich die Möglichkeit erhalten will, nach dem älteren Recht für längere Zeit Alg zu beziehen (26 statt 12 Monate), auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen muss, die darin bestehen, dass sein Alg-Anspruch für die ersten 21 Tage ruht und sich um die entsprechende Anzahl von Tagen mindert.

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(1) Teilnahmekosten bestimmen sich nach den §§ 49, 64, 73 und 74 des Neunten Buches. Sie beinhalten auch weitere Aufwendungen, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen, sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei anderweitiger auswärtiger Unterbringung.

(2) Die Teilnahmekosten nach Absatz 1 können Aufwendungen für erforderliche eingliederungsbegleitende Dienste während der und im Anschluss an die Maßnahme einschließen.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Sind Menschen mit Behinderungen auswärtig untergebracht, aber nicht in einem Wohnheim, einem Internat oder einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen mit voller Verpflegung, so wird ein Betrag nach § 86 zuzüglich der behinderungsbedingten Mehraufwendungen erbracht.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

Für die Berechnung von Leistungen wird ein Monat mit 30 Tagen und eine Woche mit sieben Tagen berechnet. Bei der Anwendung der Vorschriften über die Erfüllung der für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erforderlichen Anwartschaftszeit sowie der Vorschriften über die Dauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach dem Ersten Abschnitt des Vierten Kapitels dieses Buches entspricht ein Monat 30 Kalendertagen. Satz 2 gilt entsprechend bei der Anwendung der Vorschriften über die Erfüllung der erforderlichen Vorbeschäftigungszeiten sowie der Vorschrift über die Dauer des Anspruchs auf Übergangsgeld im Anschluß an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.

(1) Teilnahmekosten bestimmen sich nach den §§ 49, 64, 73 und 74 des Neunten Buches. Sie beinhalten auch weitere Aufwendungen, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstehen, sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei anderweitiger auswärtiger Unterbringung.

(2) Die Teilnahmekosten nach Absatz 1 können Aufwendungen für erforderliche eingliederungsbegleitende Dienste während der und im Anschluss an die Maßnahme einschließen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).

2

Der im April 1949 geborene Kläger war von 1964 bis November 2006 beschäftigt. Die Beklagte bewilligte ihm (Bescheid vom 16.11.2006; Änderungsbescheid vom 27.11.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2007) antragsgemäß ab 19.12.2006 Alg für die Dauer von zunächst 18 Monaten nach der ab 1.2.2006 geltenden Fassung des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III); während des Berufungsverfahrens verfügte sie aufgrund des mit Wirkung zum 1.1.2008 eingefügten § 434r SGB III die Verlängerung der Alg-Anspruchsdauer um sechs auf nunmehr 24 Monate(Änderungsbescheid vom 28.2.2008).

3

Die zuvor mit dem Ziel erhobene Klage, Alg für die Dauer von insgesamt 32 Monaten nach der früheren Normfassung des § 127 SGB III (vor Rechtsänderung) zu erhalten, ist erst- und zweitinstanzlich erfolglos geblieben(Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5.12.2007; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1.10.2008). Das LSG hat zwar angenommen, das auf Beitragszahlungen beruhende Anwartschaftsrecht auf Alg umfasse die Dauer des möglichen Anspruchs und unterfalle auch insoweit dem Eigentumsschutz des Art 14 Grundgesetz (GG). Es hat aber einen Grundrechtsverstoß durch Kürzung des Alg-Anspruchs ebenso verneint wie eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, weil die in der Kürzung der Anspruchsdauer liegende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums unter Berücksichtigung des in 434l Abs 1 SGB III geregelten Übergangsrechts (Anwendung des alten Rechts für vor dem 1.2.2006 entstehende Ansprüche) nicht zu beanstanden sei. Durch § 434r SGB III sei die Kürzung der Anspruchsdauer für ältere Versicherte zudem in zumutbarer Weise abgemildert worden.

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der Art 14 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG. Die Verkürzung der Anspruchshöchstdauer für ältere Arbeitslose von ursprünglich 32 auf 18 Monate durch § 127 Abs 2 SGB III sei verfassungswidrig. Diese Kürzung werde durch die über § 434r Abs 1 SGB III vorgenommene Verlängerung des Alg-Anspruchs nicht vollständig ausgeglichen. Die Kürzung der Bezugsdauer sei ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das über Art 14 GG geschützte Anwartschaftsrecht, weil der angestrebte Zweck - die Verhinderung der Frühverrentungspolitik der Unternehmen - auf schonendere Weise durch eine Verschärfung der Arbeitgebererstattungspflicht des § 147a SGB III hätte erreicht werden können. Das Fehlen einer Übergangsregelung für das Anwartschaftsrecht (Stichtagsregelung: Anspruchsentstehung vor bzw ab 1.2.2006) verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Zudem sei die Verkürzung der Anspruchsdauer unter dem Gesichtspunkt der Beitragsäquivalenz nicht mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG sowie den Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheids vom 28. Februar 2008 zu verurteilen, ihm für weitere 240 Kalendertage Arbeitslosengeld zu gewähren.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur, ob der Kläger einen zusätzlichen Alg-Anspruch über 240 Kalendertage (= acht Monate, vgl § 339 SGB III) hat. Zwar hat das LSG auch über die Höhe des Anspruchs auf Alg entschieden. Ob dies zu Recht geschehen ist, kann dahinstehen; in der Revisionsbegründung wendet sich der Kläger jedenfalls nur gegen die verkürzte Bezugsdauer, sodass von einer entsprechenden Beschränkung der Revision auszugehen ist. Diese ist zulässig, weil es sich bei der Dauer des Alg-Anspruchs um einen rechtlich und tatsächlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs handelt (zur Beschränkung der Revision allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 160 RdNr 2a; zum Streitgegenstand im Arbeitsförderungsrecht Eicher in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr 9 ff). Es ist nicht entscheidungserheblich, ob sich der Kläger gegen den einen Anspruch auf zusätzliches Alg ablehnenden Bescheid vom 28.2.2008, der die Bescheide der Beklagten vom 16.11.2006, 27.11.2006 und 29.12.2006, jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2007, ersetzt und diese damit erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -), mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 iVm § 56 SGG) oder mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wendet. Der Kläger hat ohnedies keinen 24 Monate übersteigenden Anspruch auf Gewährung von Alg.

10

Die Dauer des Alg-Anspruchs bemisst sich gemäß § 127 Abs 1 SGB III nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der erweiterten Rahmenfrist und dem Lebensalter des Arbeitslosen bei der Entstehung des Anspruchs. Frühestens am 19.12.2006 lagen beim Kläger iS des § 40 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs vor(§ 118 SGB III). Er hatte bei Entstehung des Anspruchs das 55. Lebensjahr vollendet, sodass sich nach der ab 1.2.2006 für ihn maßgebenden Fassung (§ 434l Abs 1 SGB III) des § 127 SGB III(Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 3002) zunächst ein Alg-Anspruch höchstens für die Dauer von 18 Monaten ergab, der sich allerdings durch die zusammen mit der erneuten Änderung des § 127 SGB III ab 1.1.2008 (Siebtes Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze <7. SGB-III-ÄndG> vom 8.4.2008 - BGBl I 681) erlassenen Übergangsvorschrift des § 434r Abs 1 SGB III auf höchstens 24 Monate verlängert hat. Nach § 434r Abs 1 SGB III(in der Normfassung des 7. SGB-III-ÄndG) erhöhte sich die Anspruchsdauer des Alg unter weiteren Voraussetzungen bei am 31.12.2007 noch nicht erschöpften Ansprüchen für mindestens 58-Jährige auf 24 Monate; diese Dauer entspricht der gleichzeitigen Neuregelung des § 127 SGB III, in dem ebenfalls insoweit eine Höchstdauer von 24 Monaten vorgesehen ist.

11

Ein über die Dauer von 24 Monaten hinausgehender Anspruch auf Alg steht dem Kläger nicht zu. Ein solcher kann insbesondere nicht auf § 127 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Neuausrichtung der Bundeswehr vom 20.12.2001 - BGBl I 4013; im Folgenden § 127 SGB III aF)gestützt werden, weil § 127 SGB III aF gemäß § 434l Abs 1 SGB III nur für Personen weiter gilt, deren Alg-Anspruch bis zum 31.1.2006 entstanden ist.

12

Diese Kürzung der Alg-Anspruchsdauer begegnet jedenfalls im vorliegenden Fall keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es kann offen bleiben, ob das von Art 14 GG geschützte Anwartschaftsrecht, das der Versicherte nach §§ 123, 124 SGB III erworben hat, auch die Anspruchsdauer des § 127 SGB III umfasst(zum Meinungsstreit vgl: befürwortend Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 127 RdNr 26 f, Stand Oktober 2005, sowie § 434l RdNr 13, Stand Mai 2008; verneinend Gagel, SGB II/SGB III, § 434l RdNr 3b, Stand Mai 2005, sowie Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 434l RdNr 4, Stand Mai 2008). Die Verkürzung der Anspruchsdauer verletzte den Kläger unter Berücksichtigung des § 434r Abs 1 SGB III auch dann nicht in seinem Eigentumsrecht(Art 14 GG), wenn das Anwartschaftsrecht die Anspruchsdauer erfassen würde. Denn der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz für eine sozialversicherungsrechtliche Anwartschaft schließt deren Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Minderung nicht generell aus (vgl BVerfGE 100, 1 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3; BVerfGE 117, 272 ff = SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Die Verkürzung der Alg-Bezugsdauer wäre für den Kläger - nur auf seine individuelle Betroffenheit kommt es insoweit an - eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG. Mit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung regelt der Gesetzgeber abstrakt-generell die Rechte und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind, und bestimmt somit die Reichweite des Eigentumsrechts vom Inkrafttreten des Gesetzes an (BVerfGE 53, 257 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 72, 9 ff = SozR 4100 § 104 Nr 13; BVerfGE 74, 203 = SozR 4100 § 120 Nr 2; BVerfGE 76, 220 ff = SozR 4100 § 242b Nr 3; BVerfGE 117, 272, 293 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 53 mwN).

13

Der Gesetzgeber hat bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums sowohl die Anerkennung des Privateigentums als auch die Gebote anderer Verfassungsnormen - insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - beachtet (BVerfGE 53, 257 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 74, 203 ff = SozR 4100 § 120 Nr 2; BVerfGE 76, 220 ff, 238 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 15); greift er mit einer Inhalts- und Schrankenbestimmung in durch Art 14 Abs 1 Satz 1 GG geschützte und in der Vergangenheit entstandene Rechtspositionen ein, gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die Regelung zur Durchsetzung legitimer öffentlicher Interessen geeignet und erforderlich sein muss und den Betroffenen unter Berücksichtigung der Sozialbindung des Eigentums (Art 14 Abs 2 GG) nicht übermäßig belasten darf (BVerfGE 72, 9 ff = SozR 4100 § 104 Nr 13 mwN; BVerfGE 74, 203 ff = SozR 4100 § 120 Nr 2; BVerfGE 76, 220 ff, 238 = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 15).

14

Die zum 1.2.2006 vorgenommene Änderung diente der Sicherung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Arbeitslosenversicherung. Ziel der für den Bereich der Arbeitsförderung getroffenen Regelungen des ArbMRefG vom 24.12.2003 war es, angesichts der gestiegenen Arbeitslosigkeit im Allgemeinen Beschäftigungshemmnisse im Arbeits- und Sozialrecht abzubauen und angesichts der im internationalen Vergleich relativ niedrigen Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer im Besonderen die von den Tarifvertragsparteien und der früheren Bundesregierung praktizierte Politik der Frühverrentung zu beenden (BT-Drucks 15/1204, S 1). Die sich abzeichnende demographische Entwicklung mit einer zu erwartenden Verknappung des Arbeitskräfteangebots sowie die vorruhestandsbedingten Belastungen der Beitragszahler veranlassten den Gesetzgeber, dieser Tendenz entgegenzuwirken (BT-Drucks 15/1204, S 1, 10). Mit der Verkürzung der Bezugsdauer für das Alg waren auch Einsparungen im Haushalt der Bundesagentur verbunden. Trotz der mit der Änderung gleichzeitig verknüpften Belastungen in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung schätzte die damalige Bundesregierung die Nettoeinsparungen noch auf 2,2 % im Jahr 2008 (BT-Drucks 15/1204, S 3). Die Vermeidung der sozial- und arbeitsmarktpolitisch unerwünschten Frühverrentung ist ein legitimes Gemeinwohlinteresse (vgl dazu BVerfGE 81, 156 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 1). Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der erstrebten Haushaltseinsparungen.

15

Insoweit stellt die Verkürzung der Alg-Anspruchsdauer keine isolierte Maßnahme dar; sie ist vielmehr nur Teil eines - teilweise bereits bestehenden, teilweise geschaffenen - Gesamtpakets der aktiven Arbeitsförderung und der gesetzlich vorgesehenen Leistungen, die in besonderer Weise die (Re-)Integration älterer Arbeitsloser zum Ziel haben. So wurde etwa durch § 218 SGB III die Möglichkeit eröffnet, iVm § 421f SGB III einen Eingliederungszuschuss (Eingliederungszuschuss für ältere Arbeitnehmer) zu bewilligen. § 421j Abs 1 SGB III sah (und sieht weiterhin) unter im Einzelnen genannten Voraussetzungen eine Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer vor, die ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden. Nachdem Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers aber nicht zu der prognostizierten Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer geführt hatten (vgl BT-Drucks 16/7460, S 9), verlängerte der Gesetzgeber die Bezugsdauer für das Alg wieder für über 50-jährige und über 58-jährige Arbeitnehmer durch das 7. SGB-III-ÄndG und fügte parallel dazu mit § 434r Abs 1 SGB III eine Übergangsvorschrift zur nachträglichen Verlängerung am 31.12.2007 bestehender Ansprüche ein. Ziel dieser Änderung war es, die sich nach wie vor als schwierig gestaltende berufliche Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer zu verbessern (BT-Drucks 16/7460, S 1, 9). Die in Abhängigkeit von Lebensalter und Vorversicherungszeit vorgenommene Verlängerung der Bezugsdauer auf maximal 24 Monate sollte ältere Arbeitnehmer für die Dauer der Bemühungen um ein neues Arbeitsverhältnis materiell absichern (BT-Drucks 16/7460, S 9). Flankiert wurde diese leistungsrechtliche Änderung durch die Einführung eines Eingliederungsgutscheins gemäß §§ 223, 224 SGB III(BT-Drucks 16/7460, S 9 f). Der Gesetzgeber hat mithin unter Auswertung zwischenzeitlich gewonnener Erkenntnis seine ursprüngliche Reduzierung der Anspruchsdauer mit Rücksicht darauf wieder teilweise rückgängig gemacht, dass sich jedenfalls die mit der früheren Gesetzesänderung verbundenen Erwartungen über die Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer nicht realisiert haben (vgl zur Korrekturpflicht nur Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl 2009, Art 20 RdNr 87 mwN). Gleichwohl bleiben als legitime Ziele die Haushaltsersparnis, die ab 2006 genutzt wurde, um den Beitragssatz schrittweise von 6,5 % auf 4,2 %, 3,3 % und 2,8 % abzusenken, und die Abschaffung des Anreizes, ältere Arbeitnehmer zu entlassen.

16

Die Reduzierung der Anspruchsdauer trifft den Kläger auch nicht unverhältnismäßig im weiten Sinn; sie war geeignet, erforderlich und ist dem Kläger auch zumutbar. Die zum 1.2.2006 vorgenommenen Änderungen des § 127 SGB III sind unter Berücksichtigung der Korrektur zum 1.1.2008 zur Erreichung der formulierten gesetzgeberischen Zielvorgaben geeignet. Insoweit steht der Eignung nicht entgegen, dass die Mehrausgaben in der Sozialhilfe aufgrund der bevorstehenden Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem einheitlichen Leistungssystem nicht bezifferbar waren (vgl zum Fehlen einer genauen Bezifferung der Einsparung BVerfGE 50, 290, 332 f; 76, 220 ff = SozR 4100 § 242b Nr 3). Die Kausalität der Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme in bisheriger Form für die von den Unternehmen betriebene Frühverrentungspolitik war durch die Untersuchungen der vom Bundestag eingesetzten Enquête-Kommission "Demographischer Wandel - Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen und die Politik" (Schlussbericht der Kommission vom 28.3.2002 - BT-Drucks 14/8800, S 61 f) bestätigt worden. Die von der Enquête-Kommission ausgewerteten Untersuchungen hatten ergeben, dass Unternehmen die Frühausgliederung älterer Beschäftigter als kostengünstige Maßnahme der Personalumschichtung und des Personalabbaus genutzt und auf diese Weise die Kosten betrieblicher Anpassungsstrategien ua auf die Renten- und Arbeitslosenversicherung übergewälzt haben (BT-Drucks 14/8800, S 61 mwN). Der Übergang älterer Arbeitnehmer in den Vorruhestand beruhte danach in der Regel auf einer freien Entscheidung der Betroffenen, die durch sozialrechtliche Anreize gefördert wurde (BT-Drucks 14/8800, S 62; so auch Bäcker, KrV 2003, 197, 198 f, und Schäfer, SF 2003, 231; kritisch Adamy, SozSich 2003, 218, 221). Die Kürzung der Alg-Bezugsdauer baut diese beschäftigungspolitisch negativen Anreize ab und führte gleichzeitig zu finanzieller Entlastung des Haushalts der Bundesagentur für Arbeit.

17

Die Kürzung der Alg-Bezugsdauer war in Anbetracht der gesetzgeberischen Zielsetzung auch erforderlich. Die von der Beklagten angesprochene Möglichkeit, der Frühverrentung durch eine Verschärfung der Alg-Erstattungspflicht des Arbeitgebers für ausgeschiedene ältere Arbeitnehmer (§ 147a SGB III) entgegenzuwirken, schließt die Erforderlichkeit der Kürzung der Bezugsdauer nicht aus. Zum einen steht dem Gesetzgeber hinsichtlich der Bestimmung der zur Verfolgung seiner Ziele geeigneten und erforderlichen Maßnahmen ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 74, 203 ff = SozR 4100 § 120 Nr 2). Unerheblich ist, ob die notwendigen Einsparungen auch in anderen vom Gesetz erfassten Bereichen hätten erreicht werden können (BVerfGE 72, 9 ff = SozR 4100 § 104 Nr 13; BVerfGE 76, 220 ff = SozR 4100 § 242b Nr 3). Zum anderen wurde die Erstattungsregelung des § 147a SGB III ohnedies bereits durch das ArbMRefG mit dem Ziel verschärft, Arbeitgeber für eine Übergangszeit von der Entlassung älterer Arbeitnehmer abzuhalten, damit diesen der Alg-Anspruch in der bis zum 31.12.2003 maßgeblichen Dauer erhalten bleibt (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 147a RdNr 1, Stand Januar 2009). Eine weitere Verschärfung der Erstattungspflicht des Arbeitgebers wäre mit der Gefahr eines Eingriffs in die Berufsfreiheit der Unternehmer verbunden gewesen.

18

Schließlich belastet die Verkürzung der Alg-Anspruchsdauer den Kläger nicht übermäßig; sie ist ihm also auch zumutbar. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei allenfalls von einem Verlust von (nur) zwei Monaten auszugehen. Auch nach § 127 SGB III aF hätte sich ein möglicher künftiger Anspruch des Klägers nämlich nicht - wovon die Revisionsbegründung ausgeht - auf 32 Monate belaufen. Zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rechtsänderung am 1.2.2006, erst recht zum Zeitpunkt der Rechtsänderung am 24.12.2003, hatte der im April 1949 geborene Kläger allenfalls einen (möglichen künftigen) Anspruch auf Alg für 26 Monate. Das Ausmaß des Eingriffs muss sich an der von dem Zeitpunkt der Rechtsänderung an maßgeblichen, nicht an einer aus der alten Rechtslage sich erst künftig ergebenden Rechtsposition messen; hinzu kommt, dass diese Rechtsposition des Klägers zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes im Dezember 2003 noch schwächer war als am 1.2.2006. Die weitgehende Sozialbindung sozialversicherungsrechtlicher Positionen führt zu einer weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (vgl BVerfGE 101, 54, 75 f mwN); diese verengt sich (nur) in dem Maße, in dem die Anwartschaft durch den personalen Anteil eigener Leistungen des Versicherten geprägt ist (BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr 1; BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Die Anwartschaft älterer Versicherter beruhte zwar nach der bis zum 31.12.2003 geltenden Rechtslage auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung und wies somit einen stärkeren personalen Bezug auf. Dem hat der Gesetzgeber jedoch, soweit es den Kläger betrifft, durch die zum 1.1.2008 vorgenommene Verlängerung der Alg-Anspruchsdauer (§ 434r Abs 1 SGB III) hinreichend Rechnung getragen. Durch die teilweise Reduzierung der vorherigen Kürzung werden Vertrauensschutzgesichtspunkte verstärkt berücksichtigt. Zudem relativiert sich ein denkbarer Vertrauensschutz in eine längere Bezugsdauer angesichts der Tatsache, dass die mögliche Alg-Bezugsdauer aufgrund der Rechtsnatur der "fließenden Anwartschaft" (BSG SozR 3-4100 § 249c Nr 6 S 35 f mwN) nur in begrenztem Umfang mit der Dauer der Beitragszahlung korrespondiert (Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 39 RdNr 27). Die Anwartschaft verschiebt sich bzw entsteht mithin unter Berücksichtigung der §§ 123, 124 SGB III immer wieder neu, sobald die Anwartschaft innerhalb der gesetzlichen Rahmenfrist erfüllt ist. Anders als im Rentenversicherungsrecht beruht das Anwartschaftsrecht also nicht auf der Gesamtheit der im Leben zurückgelegten versicherungsrechtlich relevanten Zeiten. Dem hat der Gesetzgeber schon durch eine Verschiebung des Wirksamwerdens der Änderung des § 127 SGB III um über zwei Jahre Rechnung getragen(§ 434l Abs 1 SGB III). Zudem müssen bei der Bewertung der Beitragsäquivalenz die Leistungen der aktiven Arbeitsförderung mit einbezogen werden.

19

Ob die im Zusammenhang mit der Änderung des § 127 SGB III durch das ArbMRefG eingefügte Übergangsvorschrift des § 434l Abs 1 SGB III allein ausreicht, um das Vertrauen aller Versicherten in den Fortbestand der langjährig unverändert gebliebenen bezugsdauerrelevanten Anwartschaft angemessen zu schützen(bejahend Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 434l RdNr 4, Stand Mai 2008, Mutschler in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2008, § 434l RdNr 15 und Gagel, SGB II/SGB III, § 434l RdNr 3b f, Stand Mai 2005; kritisch Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 434l RdNr 11 ff, Stand Mai 2008, und § 127 RdNr 55 ff, Stand November 2004), muss vom Senat nicht entschieden werden, weil § 434r Abs 1 SGB III - zumindest soweit er die Rechtsstellung des Klägers berührt - einen ausreichenden und schonenden Übergang bewirkt hat. Denn für ihn hat sich die Höchstanspruchsdauer um einen Zeitraum von lediglich zwei Monaten im Vergleich zu der bis 31.1.2006 geltenden Rechtslage reduziert. Nichts anderes gilt, wenn man die Reduzierung der Alg-Anspruchsdauer nicht an Art 14 GG, sondern an Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG misst.

20

Die Kürzung der Alg-Bezugsdauer verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl nur BVerfGE 100, 1 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 mwN; BVerfGE 116, 229, 238). Die für die Kürzung der Bezugsdauer durch § 127 idF des ArbMRefG maßgebliche Übergangsvorschrift in § 434l Abs 1 SGB III differenziert zwar zwischen Versicherten, deren Anspruch (im Sinne eines Stammrechts) bis zum und jenen, deren Anspruch nach dem 31.1.2006 entstanden ist. Eine Stichtagsregelung ist vorliegend durch einen hinreichend gewichtigen Grund gerechtfertigt. An den Differenzierungsgrund werden je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal unterschiedliche Anforderungen gestellt, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz reichen (BVerfGE 113, 167 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 mwN).

21

Zwar unterliegt der Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengeren Bindung (BVerfGE 55, 72, 88; 89, 365 = SozR 3-2200 § 385 Nr 4; BVerfGE 92, 53 ff = SozR 3-2200 § 385 Nr 6; BVerfGE 99, 367, 388). Gemessen an diesen Vorgaben ist die Regelung § 434l Abs 1 SGB III iVm der des § 434r Abs 1 SGB III verfassungsrechtlich aber nicht zu beanstanden. Grund für die vorgenommene Differenzierung ist die Regelung des Inkrafttretens bzw Wirksamwerdens einer belastenden gesetzlichen Regelung in einer die Interessen der von ihr Betroffenen möglichst schonenden Weise. Entsprechende Regelungen zur zeitlichen Geltung sind zulässig, wenn der Gesetzgeber die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt und eine sachlich begründete Entscheidung getroffen hat (BVerfGE 95, 64, 89; 101, 239, 270 mwN). § 434l Abs 1, § 434r Abs 1 SGB III sollen die belastende Wirkung der zum 1.1.2004 vorgenommenen Kürzung der Alg-Bezugsdauer abfedern. Inhaltlich differenziert der Gesetzgeber dabei systemkonform zwischen dem Stammrecht und dem Anwartschaftsrecht (zum Kriterium der Systemgerechtigkeit: BVerfGE 34, 103, 115; BVerfGE 59, 36 ff = SozR 2200 § 1246 Nr 83; BVerfGE 81, 156 ff = SozR 3-4100 § 128 Nr 1).

22

Die Tatsache, dass § 434l Abs 1 SGB III zwar den entstandenen Alg-Anspruch in vollem, die Anwartschaft aber nur in gewissem Umfang schützt, begründet keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung. Der Umstand, dass das Wirksamwerden der belastenden Änderung des § 127 SGB III idF durch das ArbMRefG auch in anderer Weise, zB durch übergangsloses In-Kraft-Setzen des § 127 zum 1.1.2004 für alle unter 45-jährigen Versicherten und den Erhalt der zum 1.1.2004 erworbenen Anwartschaften unter Einschluss der möglichen Alg-Dauer für alle über 45-jährigen Versicherten (so Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, § 434l RdNr 15, Stand Januar 2005), möglich gewesen wäre, führt nicht zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes. Der Gesetzgeber muss nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung wählen (BVerfGE 110, 412, 436 mwN). Darüber hinaus kommt dem Gesetzgeber aufgrund der Spezifität der sozialversicherungsrechtlichen Materie in diesem Bereich eine weite Gestaltungsfreiheit zu (BVerfGE 113, 167 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 mwN). Der Gestaltungsfreiheit werden nur dort engere Grenzen gezogen, wo eine Ungleichbehandlung Auswirkungen auf grundrechtlich gesicherte Freiheiten hat (BVerfGE 92, 53 ff = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 mwN). Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er

1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder
2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.