Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15

bei uns veröffentlicht am02.12.2015

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagter -

gegen

Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch die Geschäftsführung des Operativen Service der Agentur für Arbeit Nürnberg, Richard-Wagner-Platz 5, 90443 Nürnberg

- Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte -

Der 10. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in Schweinfurt am 2. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Pawlick, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Utz und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa sowie die ehrenamtlichen Richter Schmitt und Meth

für Recht erkannt:

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2015 abgeändert und die Klage gegen die Bescheide vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 abgewiesen.

II.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2015 wird zurückgewiesen.

III.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit im Hinblick auf den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.

Der 1951 geborene Kläger meldete sich am 03.03.2014 mit Wirkung zum 01.06.2014 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg). Im Rahmen eines Altersteilzeitvertrages vom 28.12.2006 (Arbeitsphase 01.02.2007 bis 30.09.2010 und Freizeitphase 01.10.2010 bis 31.05.2014) hatte er sein Arbeitsverhältnis bei der Firma e. K. H. GmbH (E) mit Ablauf des 31.05.2014 beendet. Hierzu gab er an, bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages überzeugt gewesen zu sein, am 01.06.2014 eine vorgezogene Rente mit 63 unter Hinnahme von Abschlägen in Höhe von 7,2% in Anspruch nehmen zu können. Grundlage hierfür sei eine Renteninformation vom 26.11.2003 gewesen. Demzufolge habe er eine Rentenerwartung mindestens in der Mitte zwischen 1.213 € und 1.533 € gehabt, zumal in den Jahren 2004 bis 2006 wegen außertariflichen Lohnabrechnungen mehr als 10% zusätzliche Entgeltpunkte erarbeitet worden seien und er von einem positiven Ausgang des Rechtsstreits um die Anerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe für die Beitragszeit in Russland ausgegangen sei. Ausgehend von einer Rente mit 1.375 € hätte er einen Abschlag verkraften können. Nach Abschluss des Altersteilzeitvertrages habe die Bundesregierung zahlreiche Gesetze und Regelungen verabschiedet, die zu niedrigeren Renten geführt hätten. Nach einer Rentenauskunft vom 24.04.2013 könne er nur eine Rente in Höhe von 1.115 € erwarten, die damit 260 € oder 18,9% geringer sei. Bei einer Berücksichtigung des Abschlages von 7,2% sei er dann auf dem Weg in die Grundsicherung.

Mit Bescheid vom 25.03.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg für die Zeit ab dem 24.08.2014 in Höhe von 19,61 € täglich (Beginn des Anspruchs 01.06.2014). Dabei berücksichtigte sie die mit weiterem Bescheid vom 25.03.2014 festgestellte Sperrzeit für die Zeit vom 01.06.2014 bis 23.08.2014 (zwölf Wochen). Der Anspruch auf Alg ruhe aufgrund des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei E durch Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung selbst gelöst. Ein wichtiger Grund hierfür liege nicht vor. Der Anspruch auf Alg werde um 180 Tage gemindert. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, die Rente sei zwar höher als das Alg, er müsse aber eine Arbeit suchen, um die „geschmolzene Rente“ aufzubessern. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2014 zurück. Durch den Altersteilzeitvertrag habe der Kläger zumindest grob fahrlässig seine Beschäftigungslosigkeit herbeigeführt. Hierfür habe er keinen wichtigen Grund, da er von Anfang an darüber informiert gewesen sei, dass er nur mit Abschlägen mit 63 Jahren in Rente gehen könne. Allein eine geringere Rentenhöhe als ursprünglich vom Kläger angenommen bzw. errechnet stelle keinen wichtigen Grund dar. Es sei anzunehmen, er beabsichtige mit seinem Tun alleine den Bezug einer abschlagsfreien Rente.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er habe 2006 von den Abschlägen gewusst. Es sei aber nicht nachvollziehbar, weshalb er grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt haben soll, wenn er dann ein Alg in Höhe von 588,30 € und nicht eine Rente in Höhe von etwa 1.375 € beziehen könne. Nach einer neuen Rentenauskunft vom 02.04.2014 sei nunmehr die prognostizierte Rente weiter auf 1.090 € gesunken. Er habe sich intensiv um Arbeit bemüht. Keiner habe 2006 eine Senkung des Rentenniveaus um 20% prognostizieren können. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 17.02.2015 die Bescheide vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 teilweise mit der Maßgabe aufgehoben, dass Alg nach dem Ende der Sperrzeit in ungeminderter Dauer zustehe und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe mit Abschluss des Altersteilzeitvertrages sein Beschäftigungsverhältnis zum 31.05.2014 gelöst und die Beschäftigungslosigkeit vorsätzlich herbeigeführt. Ein wichtiger Grund dafür stehe ihm nicht zu. Nach den gesetzgeberischen Gründen zur Einführung der Altersteilzeit sollte die Sozialversicherung und insbesondere die Beklagte durch die Einführung der Altersteilzeit entlastet werden. Daher könne man einem Arbeitnehmer, der sich dementsprechend verhalte, das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht versagen. Dies gelte aber nur dann, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich eine Rente beantragt werden sollte. Nach der Renteninformation 2003 hätte der Kläger nach damaligem Stand eine monatliche Altersrente von 705,95 € zu erwarten gehabt. Ein höherer Betrag von 1.015,27 € wäre nur dann zu erwarten gewesen, wenn der Kläger bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres durchgehend mit einem gleich hohen Arbeitsentgelt weiter beschäftigt gewesen wäre. Ohne Berücksichtigung einer nach Grund und Höhe ungewissen Rentenanpassung hätte bei Abschlägen von 7,2% der sicher erworbene Rentenbetrag ohnehin nur 655,12 € betragen. Ein Betrag von 1.015,27 € oder gar ein Betrag von 1.375 € hätte der Kläger ohne Abschläge nie erreichen können, weil ihm die Beiträge für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.05.2016 (also zwei volle Jahre) gefehlt habe, er in der Altersteilzeitphase sowieso nur etwas niedrigere Beiträge als bisher entrichtet habe und noch der Abschlag von 7,2% hinzu käme. Die von ihm erwartete Rente sei damit objektiv unrealistisch, wenn nicht sogar spekulativ gewesen. Es liege auch keine besondere Härte vor. Allerdings führe die Sperrzeit nicht zur Minderung der Gesamtanspruchsdauer, da die entsprechende Regelung nicht greife, wenn das Ereignis, das die Sperrzeit begründe, bei Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg länger als ein Jahr zurückliegen. Dies sei vorliegend im Hinblick auf den Abschluss des Altersteilzeitvertrages am 28.12.2006 und die Auswirkung dieses Ereignisses erst am 01.06.2014 der Fall.

Hiergegen haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Die Beklagte hat vorgetragen, das SG gehe zu Unrecht davon aus, dass eine Minderung der Anspruchsdauer nicht eingetreten sei, da das die sperrzeitbegründende Ereignis nicht der Tag, an dem der Altersteilzeitvertrag abgeschlossen wurde, sondern der Tag sei, an dem das Beschäftigungsverhältnis durch den Altersteilzeitvertrag aufgelöst worden sei, mithin der 31.05.2014. Bei der Renteninformation über die zukünftige Entwicklung der Rentenanpassungen bzw. Rentenhöhe handle sich um keine verlässliche Prognose. Dies komme in der Renteninformation unmissverständlich zum Ausdruck. Auch sei ein Hinweis auf die Auswirkungen der Inflation enthalten, womit vermieden werden solle, dass die Versicherten den Kaufkraftverlust unterschätzen. Der verständige Versicherte könne daher unzweifelhaft erkennen, dass die hochgerechneten Renten nur modellhaften Charakter hätten und nicht geeignet seien, sie der künftigen Lebensführung zugrunde zu legen. Für die Annahme eines wichtigen Grundes sei die rein subjektive Vorstellung des Klägers nicht ausreichend, da der wichtige Grund objektiv vorliegen müsse. Der Kläger habe sich nicht entsprechend der gesetzlichen Intention bei Einführung der Altersteilzeit verhalten. Vielmehr habe er genau die gegenteilige Situation herbeigeführt. Es sei nämlich eine „Lücke“ zwischen Altersteilzeit und abschlagsfreiem Rentenbezug entstanden, die durch den Bezug von Alg überbrückt werden solle. Es fehle ein wichtiger Grund, wenn der Kläger nur unter der Bedingung nahtlos Rente beantragen wolle, dass ihm Rentenanpassungen zuteil würden, die ihm lediglich modellhaft aufgezeigt worden seien.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2015 abzuändern und die Klage gegen die Bescheide vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 ganz abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.02.2015 abzuändern und den Sperrzeitbescheid vom 25.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 ganz aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 25.03.2014 Alg auch für die Zeit vom 01.06.2014 bis 23.08.2014 zu zahlen sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Ihm sei klar, dass bei seiner Annahme einer mittleren Rente von 1.375 € noch ein Abschlag hätte vorgenommen werden müssen. Dies hätte dann 1.276 € ergeben. Eine Rentenanpassung bei einem sicher erworbenen Rentenbetrag könne nicht berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung der Entgeltpunkte sei der Wert sogar um 9% höher als in der Renteninformation 2003 angegeben. Durch seine Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe sei seine Rente noch erhöht worden. Das Fehlen von zwei Jahren, wie das SG schreibe, führe nur zu einer Differenz von 2,76 €. Seit 2003 habe der Gesetzgeber an der Rentenanpassungsformel zahlreiche Veränderungen vorgenommen. Er habe seinerzeit als vorsichtiger Mensch schon mit der nur mittleren Variante der vorgerechneten Renten gerechnet. Er habe sich nicht spekulativ Verhalten, sondern die Knappschaft habe den Rentenbetrag von 1.213,82 € bis 1.533,60 € errechne. Der Kaufkraftverlust und die Lebensführung hätten auf die Rentenhöhe keine Auswirkung. Ab 2007 habe er jährliche Rentenauskünfte zugeschickt bekommen. Die Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte im Hinblick auf seine Tätigkeit in Russland habe die Rentenversicherung erst 2007 anerkannt. Sein Arbeitgeber habe ihn nicht in die Altersteilzeit gedrängt und sie auch nicht vorgeschlagen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtgesetz - SGG) und begründet. Die Berufung des Klägers ist ebenfalls zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht nicht in vollem Umfang abgewiesen. Die Bescheide vom 25.03.2014 (Sperrzeit- und Bewilligungsbescheid) idG des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat im Zeitraum vom 01.06.2014 bis 23.08.2014 keinen Anspruch auf Zahlung von Alg, denn die Beklagte hat für diesen Zeitraum zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt. Die Bezugsdauer mindert sich um 180 Tage.

Gegenstand des Verfahrens sind die Entscheidungen der Beklagten vom 25.03.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014. Insoweit bilden der „Sperrzeitbescheid“ vom 25.03.2014 sowie der Bewilligungsbescheid vom 25.03.2014 eine Einheit (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 7 AL 14/99 R - BSGE 84, 225; Urteil vom 12.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 23; Urteil des Senats vom 22.04.2015 - L 10 AL 168/14).

Der Kläger hat für die Zeit vom 01.06.2014 bis 23.08.2014 keinen Anspruch auf Zahlung von Alg. Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit (§ 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (§ 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Der Kläger hat mit seinem Arbeitgeber die Altersteilzeit im Blockmodell unter Umwandlung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in ein befristetes vereinbart. Damit hat er sein Beschäftigungsverhältnis beendet, wodurch eine Sperrzeit für den Alg-Bezug eintreten kann (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2009 - B 7 AL 6/08 R - BSGE 104, 90). Mit Abschluss des Altersteilzeitvertrag am 28.12.2006 hat er sich bewusst mit Wirkung zum 01.06.2014 von seinem Beschäftigungsverhältnis gelöst und dabei Kenntnis davon gehabt, dass er kein Anschlussarbeitsverhältnis und auch keine hinreichend konkrete Aussicht hat, ein solches Anschlussarbeitsverhältnis aufnehmen zu können. Damit hat er die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebliche Beschäftigungslosigkeit (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 7 AL 14/99 R - SozR 3-4100 § 119 Nr. 17; Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr. 8) zum 01.06.2014 bewusst in Kauf genommen.

Für dieses Verhalten kann sich der Kläger auch nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes für das Lösen des Beschäftigungsverhältnisses berufen. Er hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III).

Über das Vorliegen eines wichtigen Grunds ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (vgl. BSG, Urteil vom 14.09.2010 - B 7 AL 33/09 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 21; Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154; Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 6/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 23). Für die Beurteilung des wichtigen Grundes ist hierbei auf den Zeitpunkt des Lösungstatbestandes abzustellen, vorliegend den Abschluss des Vertrages vom 28.12.2006, der auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 01.06.2014 abzielte, ohne dass es weiterer Willenserklärungen bedurft hätte. Es wäre mit der Zielsetzung der Sperrzeitregelung nicht vereinbar, würde bei der Prüfung, ob der Versicherte für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte, erst auf ein späteres Verhalten oder Veränderungen abzustellen sein (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 69/04 R - BSGE 95, 232).

Ein in diesem Sinne wichtiger Grund ist vorliegend nicht nachgewiesen. Ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe ist anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss einer Altersteizeitvereinbarung beabsichtigt hatte, nach deren Ende nahtlos aus dem Arbeitsleben auszuscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2009 - B 7 AL 6/08 R - BSGE 104, 90). Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der Überlegungen des Gesetzgebers zur Einführung der Altersteilzeit. Regelungsziel war es, die Praxis der Frühverrentung durch eine sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand (Altersteilzeitarbeit) abzulösen (BR-Drs 208/96, S 1, 22), so dass einem Arbeitnehmer, der sich entsprechend dieser Gesetzesintention verhält, der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung dann aber nicht vorgeworfen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2009 a. a. O.). Dem Ziel des Altersteilzeitgesetzes, eine Nahtlosigkeit zwischen der Altersteilzeitbeschäftigung und dem Rentenbeginn - ohne den Zwischenschritt der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug durch die Bundesagentur für Arbeit - zu erreichen, kann jedoch nur Rechnung getragen werden, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich nahtlos eine Rente beantragt werden sollte (vgl. BSG, Urteil vom 21.07.2009 a. a. O.). Vorliegend gibt es aber weder Nachweise dafür, dass der Kläger bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages am 28.12.2006 tatsächlich die Absicht hatte, am 01.06.2014 aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, um Altersrente in Anspruch zu nehmen, noch finden sich Anhaltspunkte, die bei prognostischer Betrachtung eine entsprechende Annahme stützen würden (vgl. hierzu BSG vom 21.07.2009 a. a. O.; Urteil des Senats vom 22.04.2015 a. a. O.).

Allein das Vorbringen des Klägers, er sei aufgrund der sich zu seinen Lasten veränderten Prognose über die Rentenhöhe gezwungen gewesen, den Renteneintritt zu verschieben, ist nicht geeignet, einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses im Jahr 2006 darzustellen, denn für die Beurteilung des wichtigen Grundes ist auf den Zeitpunkt des Lösungstatbestandes abzustellen, d. h. den Abschluss des Vertrages vom 28.12.2006 (siehe oben).

Das Vorbringen des Klägers erlaubt aber auch keine zuverlässige prognostische Betrachtung dahingehend, dass er ohne die - nach seiner Ansicht für ihn überraschende - Änderung des Rentenniveaus tatsächlich ab dem 01.06.2014 Altersrente mit Abschlägen in Anspruch genommen hätte. So lag die vom Kläger in Bezug genommene Rentenauskunft vom 26.11.2003 bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages bereits mehr als ein Jahr zurück. Dort ist anhand der bis dato erzielten Entgeltpunkte eine monatliche Altersrente von 705,95 € errechnet worden. Zum damaligen Zeitpunkt konnte der Kläger - unabhängig von seinerzeit nicht sicher feststehenden, weiteren günstigeren Entwicklungen - alleine damit sicher rechnen. Die Berücksichtigung der vom Rentenversicherungsträger anhand bestimmter Voraussetzungen prognostizierten Rentenanpassungen beinhalten deutlich erkennbar Unsicherheiten und machen klar, dass es alleine unterstellte Entwicklungen sind, die der Prognose zugrunde liegen. So muss jedem klar sein, dass gesetzgeberische Entwicklungen in andere Richtungen gehen und nur die bis dahin erzielte Rentenanwartschaft, die die Altersrente von 705,95 € ergibt, feststehen lässt. Tatsächlich hat sich dann das Rentenniveau bei ausschließlicher Berücksichtigung der tatsächlichen rentenrechtlichen Zeiten sogar auf 991,94 € (Rentenauskunft vom 24.04.2013) bzw. 1.016,90 € (Rentenauskunft vom 02.04.2014) gesteigert, wenn dort gleichwohl auch die Anerkennung einer höheren Qualifikationsgruppe für Beitragszeiten in Russland berücksichtigt worden ist. Im Hinblick auf die dem Kläger bekannten Abschläge von 7,2% bei der Inanspruchnahme einer Rente ab 01.06.2014 kann nicht davon ausgegangen werden, der Kläger hätte es bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages nicht auch in Betracht gezogen, die Zeit bis zu einer abschlagsfreien Rente mit dem Bezug von Alg zu überbrücken. Insbesondere hat der Kläger durch den Abschluss des Altersteilzeitvertrages am 28.12.2006 (gerade noch) eine Anhebung seiner persönlichen Regelaltersgrenze über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus verhindert. So wird für Versicherte, die vor dem 01.01.1955 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTzG vereinbart haben die Regelaltersgrenze von bisher 65 Jahren nicht angehoben (§ 235 Abs. 2 Satz 3 SGB VI).

Unabhängig vom Vortrag des Klägers, der eine beabsichtigte Inanspruchnahme von Altersrente ab dem 01.06.2014 nicht überzeugend nachvollziehbar macht, gibt es keine objektivierbaren Anhaltspunkte für die Behauptung des Klägers, die jedoch erforderlich wären. Eine rein subjektive Vorstellung des Klägers kann nach der st. Rspr. des BSG in diesem Zusammenhang nämlich nicht genügen. Ein wichtiger Grund muss objektiv vorliegen (BSG, Urteile vom 14.09.2010, 17.10.2007 und 02.05.2012 a. a. O.; so auch Urteil des Senats vom 22.04.2015 a. a. O.). Das Vorbringen des Klägers, er habe ab dem 01.06.2014 Rente unter Hinnahme von Abschlägen in Anspruch nehmen wollen, ist durch nichts eindeutig nachzuvollziehen.

Das Vorbringen in diesem Zusammenhang, allein die anders verlaufende Entwicklung der prognostizierten Rentenhöhe habe ihn gezwungen, nach dem Ende der Altersteilzeit erneut eine Beschäftigung aufzunehmen, um die „geschmolzene Rente“ aufzubessern, erscheint aber auch nicht glaubhaft. So ist nicht ersichtlich, dass der Kläger - trotz der sich abzeichnenden Entwicklung der zu erwartenden Rentenhöhe in den jährlichen Rentenauskünften - vor dem 03.03.2014, dem Tag der Arbeitsuchendmeldung, nachhaltig um einen Anschlussarbeitsplatz für die Zeit ab 01.06.2014 bemüht hat. So hätte er sich beispielsweise bereits vor dem 03.03.2014 arbeitsuchend melden können und nicht die Dreimonatsfrist zur Arbeitsuchendmeldung (§ 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III) voll ausschöpfen müssen. Er hat sich allein auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft verlassen. Seine bloße Behauptung, sich um Arbeit bemüht zu haben, ist weder konkretisiert noch nachgewiesen worden. Andere Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger (ausgehend vom 28.12.2006) bei prognostischer Betrachtung zum 01.06.2014 eine Rente mit Abschlägen ohne den Zwischenbezug von Alg in Anspruch nehmen wollte, sind für den Senat nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht dargelegt. Mangels Nachweises eines wichtigen Grundes, für den der Kläger nach der Regelung des § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III die Feststellungslast zu tragen hat, weil die entscheidungserheblichen Tatsachen seiner Sphäre zuzuordnen sind, ist wegen des Lösens des Beschäftigungsverhältnisses eine Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (wegen Arbeitsaufgabe) eingetreten.

Andere wichtige Gründe, die dem Eintritt dieser Sperrzeit entgegenstünden, sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen. Insbesondere ergeben sich auch weder aus dem Vertrag vom 28.12.2006 noch aus dem Vortrag des Klägers Anhaltspunkte dafür, dass ihm eine rechtmäßige, betriebsbedingte Kündigung zum selben Beendigungszeitpunkt gedroht hätte, wenn die Altersteilzeitvereinbarung nicht abgeschlossen worden wäre. Vielmehr gibt er an, sein Arbeitgeber habe ihn nicht zum Abschluss des Vertrages gedrängt.

Den Beginn und die Dauer der Sperrzeit hat die Beklagte zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III), wobei diese vorliegend jedoch erst mit dem Ende der Freistellungsphase, also ab dem 01.06.2014 zu laufen begonnen hat (so auch Karmanski in Brand, SGB III, 7. Auflage, § 159 Rn. 139 m. w. N.), denn maßgebliches Ereignis ist der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit (vgl. dazu eingehend: BSG, Urteil vom 21.07.2009 a. a. O.; siehe auch Urteil des Senats vom 22.04.2015). Erst nach dem Ende der Freistellungsphase konnte der Kläger uneingeschränkt selbst über seine Arbeitskraft verfügen. Eine mehr als geringfügige Tätigkeit war ihm nach § 9 des Altersteilzeitvertrages bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses untersagt. Eine vollständige Freistellung des Klägers erfolgte damit vor dem 01.06.2014 nicht. Der Arbeitgeberin verblieb nämlich ein „Restdirektionsrecht“ während der Freistellungsphase, auf das sie nicht verzichtet hat; auch hatte sich der Kläger noch nicht von seiner Arbeitgeberin insgesamt gelöst, denn Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger während der Altersteilzeit nicht vertragsgemäß verhalten hätte, gibt es nicht.

Die Dauer der Sperrzeit beträgt gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III zwölf Wochen. Eine Herabsetzung der Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III auf sechs Wochen kommt nicht in Betracht. Diese Regelung entzieht sich zwar grundsätzlich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. BSG Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr. 12), wobei insbesondere Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 13.03.1997 - 11 RAr 25/96 - SozR 3-4100 § 119 Nr. 11). Vorliegend bieten die Gesamtumstände des Einzelfalles jedoch keine Anhaltspunkte dafür, die Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen, denn Gründe, die es rechtfertigen, eine besondere Härte anzunehmen, sind weder vom Kläger vorgetragen noch für den Senat ersichtlich. Dem Kläger waren die finanziellen Auswirkungen der Altersteilzeitvereinbarung bewusst, er unterlag diesbezüglich keinem Irrtum und es ist auch nicht ersichtlich, dass er in diesem Zusammenhang durch Dritte falsch beraten worden wäre. Die Unsicherheit einer Prognose über künftige Rentenhöhen ist offensichtlich und muss jedem einleuchten. Damit hat der Anspruch auf Alg für die Dauer von zwölf Wochen im Zeitraum vom 01.06.2014 bis 23.08.2014 geruht.

Die Minderung der Anspruchsdauer um 180 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) folgt aus § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III. Der Tag des Ereignisses, das die Sperrzeit begründet, ist dabei nicht der Tag des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages, sondern der Tag des Eintrittes der Beschäftigungslosigkeit (vgl. auch BSG, Urteil vom 21.07.2009 a. a. O. m. w. N.). Ein Fall des § 148 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der das Entfallen der Anspruchsminderung vorsieht, wenn das sperrzeitbegründende Ereignis bei Erfüllung des Anspruchs auf Alg länger als ein Jahr zurückliegt, ist demnach nicht gegeben. Die anderweitige Rechtsauffassung des SG ist insofern schlicht nicht nachvollziehbar.

Die Berufung der Beklagten hatte damit Erfolg. Die Klage war insgesamt abzuweisen. Die Berufung des Klägers war dagegen ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15

Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15 zitiert 14 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 235 Regelaltersrente


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Regelaltersgrenze erreicht und2. die allgemeine Wartezeit erfüllthaben. Die Regelaltersgrenze wird frühestens mit Vollendung des 65. Lebens

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 38 Rechte und Pflichten der Ausbildung- und Arbeitsuchenden


(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Ar

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 148 Minderung und Verlängerung der Anspruchsdauer


(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert sich um1.die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit erfüllt worden ist,2.jeweils einen Tag für jeweils zwei Tage, für die ein Anspruch auf Teilarbeitsl

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 02. Dez. 2015 - L 10 AL 52/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 02. Mai 2012 - B 11 AL 6/11 R

bei uns veröffentlicht am 02.05.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Sept. 2010 - B 7 AL 33/09 R

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 ge

Referenzen

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. September 2009 aufgehoben, soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 geändert hat. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 6. Mai 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist (noch), ob in der Zeit vom 31.1.2006 bis 20.2.2006 eine Sperrzeit eingetreten ist und ob der Kläger für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat.

2

Der 1953 geborene Kläger war seit 1968 bei der A GmbH & Co KG (Arbeitgeberin) beschäftigt. Mit Schreiben vom 28.6.2005 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31.1.2006. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage nahm der Kläger im Februar 2006 zurück, nachdem er sich mit der Arbeitgeberin über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 5500 Euro sowie die Zahlung einer Treueprämie geeinigt hatte.

3

Zuvor hatte er mit Schreiben vom 27.1.2006 sein Arbeitsverhältnis zum 30.1.2006 gekündigt, um der Verkürzung seines Alg-Anspruchs von 26 auf 12 Monate auf Grund einer am 1.2.2006 wirksam werdenden Änderung des § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zu entgehen. Die Beklagte, bei der sich der Kläger am 3.11.2005 arbeitslos gemeldet hatte, stellte den Eintritt einer - wegen der ohnedies innerhalb von sechs Wochen endenden Beschäftigung - auf drei Wochen verkürzten Sperrzeit vom 31.1. bis 20.2.2006 fest, weil der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe; außerdem lehnte sie die Gewährung von Alg für die Dauer der Sperrzeit ab und bewilligte dem Kläger erst ab 21.2.2006 Alg für (eine Dauer von) 780 Kalendertagen, die sich allerdings um die 21 Tage der Sperrzeit mindere (Bescheide vom 7. und 8.2.2006; Widerspruchsbescheid vom 28.2.2006). Seit 1.4.2006 ist der Kläger wieder versicherungspflichtig beschäftigt.

4

Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die auf Aufhebung der Sperrzeit und Zahlung von Alg für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2008). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat dieses Urteil auf die Berufung des Klägers geändert; die Verfügung über die Sperrzeit hat es aufgehoben, die Beklagte zur "Gewährung" von Alg aber nur für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt und im Übrigen - hinsichtlich der Zahlung von Alg für den 31.1.2006 - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.9.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger habe für die Vorverlagerung des Beschäftigungsendes ein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil er sich so auf Grund der Übergangsregelung des § 434l Abs 1 SGB III iVm § 127 Abs 1 und 2 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung einen längeren Alg-Anspruch habe erhalten können. Am 31.1.2006 habe sein Anspruch wegen der gezahlten Abfindung geruht.

5

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 144 SGB III. Zur Begründung führt sie aus, der Kläger könne sich auf einen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht berufen. Denn bei Abwägung seiner Individualinteressen mit dem Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe, sei ihm die Hinnahme der Kündigung seiner Arbeitgeberin zum 31.1.2006 zumutbar gewesen. Ein wichtiger Grund für die Kündigung ergebe sich weder aus persönlichen noch aus beruflichen Gründen. Wolle der Kläger durch die vom ihm gewählte arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit in den Genuss des Vorteils der längeren Alg-Anspruchsdauer kommen, müsse er auch die andere - negative - Seite dieser Gestaltungsmöglichkeit, nämlich den Eintritt einer Sperrzeit, akzeptieren. Der geringfügige Nachteil (drei Wochen Sperrzeit) sei im Verhältnis zu dem hieraus folgenden Vorteil (Verlängerung der Anspruchsdauer um 14 Monate) nicht unverhältnismäßig.

6

Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des LSG aufzuheben, soweit dieses das Urteil des SG geändert hat.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten über den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 31.1. bis 20.2.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. bis 20.2.2006 verurteilt.

10

Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG)sind die Verfügungen der Beklagten vom 7.2.2006 betreffend den Eintritt einer Sperrzeit sowie über die Ablehnung der Zahlung von Alg für den bezeichneten Zeitraum. Insoweit bilden der Sperrzeitbescheid vom 7.2.2006 und der Bewilligungsbescheid vom 8.2.2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.2.2006, eine Einheit (stRspr; vgl nur BSGE 84, 225 ff = SozR 3-4100 § 119 Nr 17). Ob in dem Sperrzeitbescheid als eigenständige Verfügung (Verwaltungsakt) iS des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zudem die Minderung der Anspruchsdauer angeordnet und auch diese Gegenstand des Verfahrens ist, bedarf wegen der Klageabweisung insgesamt gegen den Bescheid vom 7.2.2006 keiner Entscheidung. Versteht man die bezeichnete Minderung als eigenständigen Verwaltungsakt innerhalb des Bescheids, wäre dieser ebenso rechtmäßig wie die Feststellung der Sperrzeit; denn die Sperrzeit mindert die Anspruchsdauer - wie von der Beklagten im Bescheid angenommen - gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III(in der Normfassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005 - BGBl I 3676) um 21 Tage.

11

Gemäß § 144 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III(ebenfalls in der Fassung, die die Norm durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze erhalten hat) ist vorliegend eine Sperrzeit von (nur) drei Wochen eingetreten; dies entspricht gemäß § 339 SGB III 21 Tagen(Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 339 RdNr 37, Stand Januar 2005). Der Anspruch des Klägers ruht für die Dauer der Sperrzeit, weil der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) durch seine Kündigung vom 27.1.2006 zum 30.1.2006 das (noch bestehende) Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Allerdings ist - wie von der Beklagten angenommen - nur eine Sperrzeit von drei statt einer Regelsperrzeit von zwölf Wochen eingetreten. Nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB III verkürzt sich nämlich die Sperrzeit, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, wie dies auf Grund der betriebsbedingten Kündigung durch die Arbeitgeberin zum 31.1.2006 (einen Tag später) der Fall gewesen wäre. Dass in dieser Regelung eigentlich das Beschäftigungs-, nicht das Arbeitsverhältnis gemeint ist (vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 491, Stand September 2006), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil das Ende des Arbeitsverhältnisses auch das Ende des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt hätte. Die zentrale Frage für alle eingetretenen Rechtsfolgen ist die nach dem Vorliegen eines wichtigen Grunds; diesen hat die Beklagte zu Recht verneint.

12

Der wichtige Grund ist nach der stRspr des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder deren Behebung er unbegründet unterlässt, zu bestimmen (vgl nur BSGE 84, 225, 230 mwN = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15 S 64 mwN); die Sperrzeit greift dabei Obliegenheitsverletzungen des Versicherten auf (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58 f). Ein wichtiger Grund liegt nach der stRspr des BSG - vereinfacht formuliert - vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte (vgl Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 mwN; Coseriu in Eicher/Schlegel, aaO, § 144 RdNr 167 ff, Stand Juni 2010). Allerdings ist diese allgemeine Umschreibung dahin zu konkretisieren, dass es sich um Umstände handeln muss, die sich auf die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses beziehen (BSGE 21, 205, 207 = SozR Nr 3 zu § 80 AVAVG Bl Ba3 Rücks; BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr 2 S 4; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17 S 80 f; Marx, Absprachen der Arbeitsvertragsparteien zur Vermeidung einer Sperrzeit gemäß § 144 SGB III, 2008, S 55 f), die nach der historischen Entwicklung der Sperrzeitregelungen grundsätzlich entweder der beruflichen oder der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers entspringen müssen.

13

Die heutige Sperrzeitregelung geht auf die Regelungen der §§ 78, 80 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) zurück. Insoweit enthielt § 78 Abs 2 AVAVG eine ausdrückliche Auflistung berechtigter Gründe für die Aufgabe der Arbeitsstelle, die allesamt der beruflichen Sphäre entsprangen; daneben waren (nur) wichtige Gründe nach § 80 Abs 1 Satz 1 AVAVG in Anlehnung an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften zu prüfen(vgl im Einzelnen: Kühl, Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, 2007, S 124 ff; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 337 ff). Mit Inkrafttreten des Arbeitsförderungsrechts (AFG) wurde die Unterscheidung zwischen berechtigtem und wichtigem Grund zwar aufgegeben und durch eine verallgemeinernde Generalklausel ersetzt (vgl Kühl, aaO, S 126 mwN), und das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) hat mit § 144 SGB III inhaltlich ohne wesentliche Änderung die Regelung des § 119 AFG übernommen(Kühl, aaO); trotz der mit der gegenüber dem AVAVG für weitere Fallgestaltungen offenen Neuregelung durch das AFG bzw das SGB III bleibt jedoch weiterhin Bezugspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit das Beschäftigungsverhältnis selbst.

14

Vorliegend war die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Kläger einzig und allein dadurch motiviert, dass er durch eine Vorverlagerung des Beschäftigungsendes günstigere Rechtsfolgen für seinen entstehenden Alg-Anspruch herbeiführen wollte. Gemäß § 434l Abs 1 SGB III konnte sich der Kläger nämlich auf diese Weise wegen des Anspruchserwerbs auf Alg vor dem 1.2.2006 einen (längeren) Alg-Anspruch von 26 Monaten nach dem bis 31.1.2006 geltenden § 127 SGB III gegenüber der ab 1.2.2007 geltenden Neuregelung (12 Monate) durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) erhalten.

15

Ob diese Verkürzung der Anspruchsdauer - auch unter Berücksichtigung der Übergangsvorschrift des § 434r SGB III - verfassungswidrig ist, kann offen bleiben(vgl dazu auch das Senatsurteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 23/09 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); nicht beantwortet werden muss auch die Frage, ob Gesichtspunkte, die außerhalb der beruflichen wie auch der persönlichen Sphäre liegen und wirtschaftlicher Natur sind, zumindest dann beim wichtigen Grund Berücksichtigung finden müssen, wenn die Anwendung des § 144 SGB III ansonsten zu einer unverhältnismäßigen Rechtsbeeinträchtigung führen würde. Jedenfalls gilt dies dann nicht, wenn - wie hier - zu rein wirtschaftlichen Aspekten keine mit der Berufssphäre verbundenen oder sonstigen persönlichen Gründe hinzutreten, die die Fortsetzung der Beschäftigung unzumutbar machen, und die Rechtsfolgen, die sich aus der Eigenkündigung des Klägers ergeben, diesen jedenfalls nicht unverhältnismäßig treffen.

16

Mit § 144 SGB III hat der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung getroffen, mit der er ua deutlich macht, dass sich ein Arbeitnehmer prinzipiell nicht an der Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses beteiligen soll. Zumindest dies belegt die nicht ganz gelungene Formulierung (vgl Eicher, SGb 2005, 553), dass die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses (bereits) ein versicherungswidriges Verhalten sei; nur ausnahmsweise soll keine Sperrzeit eintreten, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher kann aber jedenfalls nicht angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis nur löst, um sich für ihn günstigere arbeitsförderungsrechtliche Rechtsfolgen zu erhalten, die sich aus der Lösung, also dem (normativ) versicherungswidrigen Verhalten, ergebenden Rechtsfolgen jedoch nicht so gravierend sind, dass sie ihn unverhältnismäßig treffen. Dabei spielt bei der von § 144 SGB III gewählten Typisierung und Pauschalierung keine Rolle, ob bzw wann das Beschäftigungsverhältnis ohnedies geendet hätte; denn nach der stRspr des BSG hat die Sperrzeitregelung weder Strafcharakter noch ist sie ein pauschalierter Schadensausgleich (BSGE 84, 225, 230 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 81; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12). Diesem Gesichtspunkt wird vielmehr hinreichend durch die Härteregelungen des § 144 Abs 3 SGB III mit der Verkürzung der Sperrzeit Rechnung getragen. Hierzu hat das BSG bereits entschieden, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 144 SGB III nicht erforderlich ist, die Dreiwochenfrist weiter zu verkürzen, wenn das Ende des Beschäftigungsverhältnisses um weniger als drei Monate - wie vorliegend - vorverlagert wurde(BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 13; vgl im Einzelnen Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 497, Stand September 2006).

17

Dem Anliegen des Klägers (Erhaltung eines längeren Alg-Anspruchs) wird hinreichend durch diese Regelung Rechnung getragen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger das Beschäftigungsverhältnis auf die reine Möglichkeit hin gelöst hat, dass er gegenüber der Neuregelung einen längeren Alg-Anspruch auch benötigte. Dass bzw ob dies der Fall sein würde, also der Kläger individuell durch die Neuregelung überhaupt persönlich betroffen würde bzw noch werden kann, war zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht absehbar; immerhin ist der Kläger bereits seit 1.4.2006 wiederum in einem Beschäftigungsverhältnis. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger, wenn er sich die Möglichkeit erhalten will, nach dem älteren Recht für längere Zeit Alg zu beziehen (26 statt 12 Monate), auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen muss, die darin bestehen, dass sein Alg-Anspruch für die ersten 21 Tage ruht und sich um die entsprechende Anzahl von Tagen mindert.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags.

2

Die am 26.4.1947 geborene schwerbehinderte Klägerin war von 1966 bis Ende November 2005 bei der I. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Sachbearbeiterin/ Sekretärin versicherungspflichtig beschäftigt. Am 10.5.2004 schloss sie mit ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, der das bestehende Arbeitsverhältnis "auf Veranlassung des Unternehmens zur Vermeidung einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung unter Einhaltung der tariflichen bzw einzelvertraglichen Kündigungsfristen zum 30.11.2005" beendete. Als Grund wurde der ersatzlose Wegfall des Arbeitsplatzes infolge von Umstrukturierungsmaßnahmen angegeben; ein anderer Arbeitsplatz stehe nicht zur Verfügung, weil die Einsatzmöglichkeiten der Klägerin aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen begrenzt seien. Sie erhielt eine Abfindung in Höhe von 47 000 Euro.

3

Nach einer Arbeitsuchendmeldung am 17.5.2005 meldete sich die Klägerin am 5.10.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Laut der Arbeitsbescheinigung galt für die Klägerin eine Kündigungsfrist von 18 Monaten. In einer weiteren Bescheinigung der Arbeitgeberin vom 16.11.2004 bestätigte diese, dass der Klägerin entsprechend der Sozialauswahl gekündigt worden wäre, wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben hätte. Eine Sozialauswahl sei entsprechend § 1 Abs 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) durchgeführt worden.

4

Die Beklagte stellte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen sowie das Ruhen des Alg-Anspruchs vom 1.12.2005 bis 22.2.2006 fest und verminderte die Dauer des Leistungsanspruchs um 240 Tage (Bescheid vom 11.11.2005; Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005). Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne wichtigen Grund selbst gelöst.

5

Ab 23.2.2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg für 714 Tage in Höhe eines täglichen Leistungsbetrags von 50,90 Euro (Bescheid vom 4.1.2006 und Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006). Ab 1.5.2007 bezog die Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

6

Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2005 verurteilt, der Klägerin bereits ab 1.12.2005 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen (Urteil vom 18.12.2008). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006 abgeändert wird (Urteil vom 16.2.2011; Berichtigungsbeschluss vom 23.2.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Sperrzeit nach § 144 Abs 1 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei nicht eingetreten. Denn die Klägerin habe für den Abschluss des Aufhebungsvertrags einen wichtigen Grund gehabt, weil ihr zum gleichen Beendigungszeitpunkt eine nicht verhaltensbedingte arbeitgeberseitige Kündigung gedroht habe. Dies gelte trotz der vereinbarten Abfindung. Die zum 1.1.2004 eingeführte Regelung des § 1a KSchG, wonach ein Arbeitnehmer nach den dort genannten Voraussetzungen bei Verstreichenlassen einer Klagefrist für einen Kündigungsschutzprozess eine Abfindung beanspruchen könne, habe nicht nur Auswirkungen auf das Arbeitsrecht, sondern auch auf das Arbeitsförderungsrecht. Entsprechend habe der 11a. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seiner Entscheidung vom 12.7.2006 (B 11a AL 47/05 R - BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13) erwogen, unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG für Streitfälle ab 1.1.2004 auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung zu verzichten, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene nicht überschreite. Das Modell des § 1a KSchG sei auch auf Fallgestaltungen zu übertragen, in denen sich die Arbeitsvertragsparteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hätten und in denen die gewährte Abfindung die finanziellen Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG nicht überschreite; dann sei die Rechtmäßigkeit der drohenden Kündigung nicht zu überprüfen. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn Anhaltspunkte für eine Manipulation zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorlägen (Hinweis auf Senatsurteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17). In Anlegung dieser Maßstäbe könne sich die Klägerin auf einen wichtigen Grund berufen. Die Höhe der erhaltenen Abfindung von 47 000 Euro übersteige den nach § 1a Abs 2 KSchG zu gewährenden Betrag nicht; ebenso wenig bestünden Anhaltspunkte für Manipulationen zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Zwar hätte die Klägerin aufgrund ihres Lebensalters, der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und ihrer Schwerbehinderung nicht ohne Weiteres betriebsbedingt entlassen werden können. Ausnahmsweise sei aber eine außerordentliche Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen sei und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel, ggf durch Umorganisation seines Betriebs, nicht weiter beschäftigen könne (Hinweis auf Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 = AP Nr 143 zu § 626 Bürgerliches Gesetzbuch). Auf dieser Grundlage sei der Klägerin jedenfalls nicht mit einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung gedroht worden. Dies gelte auch angesichts ihrer Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch. Denn die - hypothetische - Kündigung der Klägerin hätte nicht im Zusammenhang mit ihrer Schwerbehinderung gestanden, sodass eine - gleichfalls hypothetische - Zustimmung des Integrationsamts nicht ausgeschlossen gewesen wäre. Auch ein Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Alg wegen der erhaltenen Abfindung (§ 143a SGB III) komme nicht in Betracht, weil die Arbeitsvertragsparteien die bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber vorgesehene gesetzliche Frist von 18 Monaten gewahrt hätten.

7

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 128 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz; sinngemäß auch § 103 S 1 SGG) sowie von materiellem Recht (§ 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III aF). Das LSG habe die Rechtmäßigkeit einer drohenden ordentlichen betriebsbedingten Kündigung im Ergebnis zu Unrecht offengelassen. Das BSG habe zwar in dem genannten Urteil vom 12.7.2006 und ebenso in seinem Urteil vom 8.7.2009 (B 11 AL 17/08 R - BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19) erwogen, künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene Grenze nicht überschreite. Diese Rechtsprechung (Rspr) des BSG könne sich aber jedenfalls nicht auf schwerbehinderte Leistungsempfänger wie die Klägerin beziehen. Dies ergebe sich auch aus § 1 Abs 3 KSchG, der zeitgleich mit der Schaffung des § 1a KSchG die Grunddaten bei der Sozialauswahl ausdrücklich um den Schwerbehindertenschutz erweitert habe. Schließlich bedeute die Sperrzeit von zwölf Wochen für die Klägerin auch keine besondere Härte iS des § 144 Abs 3 S 2 Nr 2 Buchst b SGB III.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.2.2011 sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.12.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zur Seite gestanden hat und deshalb keine Sperrzeit eingetreten ist.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht nur der Sperrzeitbescheid vom 11.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2005, sondern auch der Bewilligungsbescheid vom 4.1.2006 (insoweit ist der Maßgabetenor des Urteils des LSG vom 16.2.2011 zu ergänzen) und der Änderungsbescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.8.2006 (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 10 RdNr 12 mwN). Dass die Nichtberücksichtigung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vom 4.1.2006 durch das LSG im Revisionsverfahren nicht als Verfahrensfehler gerügt worden ist, ist deshalb ohne Bedeutung, weil durch die Einbeziehung des Änderungsbescheids vom 16.3.2006 (nach § 86 SGG) auch der Ausgangsbescheid Gegenstand des Verfahrens geworden ist.

13

2. Nach den unangegriffenen und damit bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG lagen bei der Klägerin im streitigen Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 22.2.2006 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg vor, weil sie in dieser Zeit arbeitslos war, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaft erfüllt hat (vgl § 118 Abs 1 SGB III).

14

3. Rechtsgrundlage einer - allein in Betracht kommenden - Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ist § 144 SGB III(in der hier maßgeblichen, bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung, jetzt: § 159 SGB III). Nach § 144 Abs 1 S 1 SGB III aF ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III aF ua vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

15

a) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Klägerin das Beschäftigungsverhältnis dadurch gelöst hat, dass sie mit ihrer Arbeitgeberin am 10.5.2004 mit Wirkung zum 30.11.2005 einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat (vgl ua BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 31; BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24, mwN). Damit hat sie ihre Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er nach der Rspr des BSG seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 10 RdNr 14 mwN). Eine solche Aussicht hatte die Klägerin, wie vom LSG festgestellt, nicht.

16

b) Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG hatte die Klägerin für ihr Verhalten einen wichtigen Grund. Unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung (hierzu im Folgenden unter aa) steht der Abschluss eines Aufhebungsvertrags bei drohender betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers (hierzu unter bb) auch bei Vereinbarung einer Abfindung der Annahme eines wichtigen Grunds nicht entgegen. Dabei ist in entsprechender Anwendung des § 1a KSchG nicht zu prüfen, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist(hierzu unter cc). Insoweit entwickelt der Senat seine bisherige Rechtsprechung weiter (hierzu unter dd). Allerdings bleibt bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit Abfindung (hierzu unter ee) zu prüfen, ob Anhaltspunkte für eine Gesetzesumgehung zum Nachteil der Versichertengemeinschaft vorliegen (hierzu unter ff).

17

aa) Nach der stRspr des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grunds unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (vgl zuletzt BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 21 RdNr 12; BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 35).

18

bb) Einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer nach der bisherigen Rspr dann, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen ordentlichen Kündigung gedroht hat und dem Arbeitnehmer die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war (vgl ua BSGE 97, 1, 3 f = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 13 ff; BSGE 89, 243, 248 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24).

19

cc) Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hat der Klägerin eine betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Beendigungszeitpunkt gedroht. Die Rechtmäßigkeit der drohenden betriebsbedingten Kündigung, wie sie in der bisherigen Rspr des BSG stets als Voraussetzung für einen wichtigen Grund gefordert worden ist (vgl ua BSGE 89, 243, 246 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24; zuletzt BSGE 104, 57 = BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 20), brauchte das LSG hingegen nicht zu prüfen.

20

Nach § 1a Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 KSchG hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs 2 S 1 KSchG kündigt, der Arbeitgeber in der schriftlichen Kündigungserklärung darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer beim Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann, und der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 4 S 1 KSchG tatsächlich hat verstreichen lassen. Dies führt - arbeitsrechtlich - dazu, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung seinen Arbeitsplatz nach festen Sätzen "abkaufen" kann und die Kündigung des Arbeitgebers nicht auf ihre materielle Rechtmäßigkeit hin (insbesondere in Bezug auf das Merkmal "wegen dringender betrieblicher Erfordernisse" iS des § 1 Abs 3 KSchG) zu überprüfen ist(vgl Eisemann in Küttner, Personalbuch 2011, 18. Aufl 2011, 1 Abfindung, RdNr 3).

21

Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1204 S 9; vgl auch BT-Drucks 15/1587 S 27) wollte der Gesetzgeber mit dieser neuartigen kündigungsschutzrechtlichen Regelung den Arbeitsvertragsparteien im Fall einer betriebsbedingten Kündigung eine einfache, effiziente und kostengünstige vorgerichtliche Klärung der Voraussetzungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses anbieten. Zu § 1a Abs 1 KSchG heißt es weiter: "Der gesetzliche Abfindungsanspruch kommt nur bei betriebsbedingten Kündigungen in Betracht, weil hier der Kündigungsgrund der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Der Abfindungsanspruch ist auf ordentliche Kündigungen beschränkt". Zwar hat der Gesetzgeber mit § 1a KSchG unmittelbar nur das Kündigungsrecht geändert; diese Änderung hat jedoch Auswirkungen auch auf das Arbeitsförderungsrecht. Dass der Gesetzgeber dieses während des Gesetzgebungsverfahrens erkannt hat, wird - wie bereits das LSG zutreffend herausgearbeitet hat - daran deutlich, dass im Blick auf das Sperrzeitrecht von einer ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung deshalb abgesehen worden ist, weil nach der Rspr des BSG die bloße Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung keine Sperrzeit auslöse (vgl BT-Drucks 15/1587 S 27). Demgemäß hat der erkennende Senat in seiner bereits erwähnten Entscheidung vom 12.7.2006 (BSGE 97, 1, 5 f = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 19 bis 20), die eine Fallgestaltung vor Inkrafttreten des § 1a KSchG am 1.1.2004 zum Gegenstand hatte, ausdrücklich erwogen, dass die unmittelbar nur auf das Arbeitsrecht bezogene "Öffnung" für eine Beendigung von Arbeitsverhältnissen "Veranlassung dafür geben (könnte), künftig einen wichtigen Grund bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags ohne die ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung anzuerkennen". Diese Aussage hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8.7.2009 (B 11 AL 17/08 R - BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19) - ebenso wenig entscheidungstragend - wiederholt.

22

dd) Diese Ankündigungs-Rechtsprechung, die in der Literatur weitgehend Zustimmung gefunden hat (vgl ua Winkler in Gagel, SGB III, § 144 RdNr 56, Stand Juli 2009; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 141, Stand Juni 2010) und der auch die Beklagte ansatzweise Rechnung getragen hat (vgl Durchführungsanweisungen der BA, Stand 11/2011 zu § 144 SGB III, Ziff 9.1.2, RdNr 144.103), wird - unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in der Senatsentscheidung vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 161 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 42 und 43) genannten Maßstäbe - dahingehend vom Senat weiterentwickelt, dass bei einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung in den Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG die Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung entfällt und sich der Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn keine Anhaltspunkte (zB offenkundig rechtswidrige Kündigung) für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft vorliegen.

23

Gegen die entsprechende Anwendung des § 1a KSchG kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Gesetzgeber habe mit diesem Modell nur den sich bei einer Kündigung passiv verhaltenden Arbeitnehmer privilegieren wollen und auf eine Regelung im Arbeitsförderungsrecht - wie sich aus den Gesetzesmaterialien(BT-Drucks 15/1587 S 27) entnehmen lasse - auch nur deshalb verzichtet, weil nach der neueren Rechtsprechung des BSG nur die aktive Verursachung der Arbeitslosigkeit eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe auslösen könne; eine aktive Beteiligung des Arbeitnehmers sei jedoch jedenfalls bei einer nicht dem gesetzlichen Abfindungsanspruch entsprechenden Abfindungsangebot erforderlich. Denn dieser Einwand trägt dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 Grundgesetz ) und einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Versichertengemeinschaft einerseits und der Interessen des Versicherten andererseits nicht hinreichend Rechnung.

24

So hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 36 f) entschieden, dass es einem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn er nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage im arbeitsgerichtlichen Verfahren einen gerichtlichen Vergleich schließt (ebenso DA der BA, Stand 11/2011 zu § 144 SGB III, Ziff 1.2.1, RdNr 144.19). In diesem Fall ist der Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der Kündigung nicht weiter nachzugehen, vorausgesetzt, es liegen keine Anhaltspunkte für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft vor. Ebenso wie dort die aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein der Annahme eines wichtigen Grunds entgegensteht, kann es einem Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber bereits vor der Kündigung ein Verfahren nach § 1a KSchG und die Zahlung einer Abfindung in den Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG vereinbart, nicht zum Nachteil gegenüber demjenigen gereichen, bei dem § 1a KSchG unmittelbar zur Anwendung kommt. Auch einem solchen Arbeitnehmer muss deshalb ein wichtiger Grund für die aus einer solchen Vereinbarung resultierenden Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zugestanden werden (vgl Eicher, SGb 2005, 553, 558; Gagel, NZA 2005, 1328, 1329 f; ders ZIP 2005, 332, 334; Voelzke NZS 2005, 281, 287; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 141, Stand Juni 2010). Offenbleiben kann hier, ob dies auch dann gelten soll, wenn der Aufhebungsvertrag nicht anstelle einer bereits ausgesprochenen oder drohenden Kündigung des Arbeitgebers geschlossen wird, sondern schon im Vorfeld eine Vereinbarung über die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung getroffen wird (vgl dazu Peters-Lange/Gagel, NZA 2005, 740, 741, 744; Voelzke, NZS 2005, 281, 287; kritisch Coseriu, aaO, RdNr 141; Eicher, SGb 2005, 553, 558 - unter Hinweis auf das Modell "§ 1a KSchG" und dessen Grenzen).

25

Anders als die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend macht, kann die entsprechende Anwendung des § 1a KSchG bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht auf bestimmte Fallgruppen beschränkt werden und erfordert dies auch nicht der Schutz des schwerbehinderten Leistungsempfängers. Denn dessen Schutz wird - siehe im Folgenden unter ff) Ziff (3) - durch die Prüfung gewährleistet, wie im Fall einer - hypothetischen - Kündigung des Arbeitgebers das Integrationsamt zu entscheiden hätte. Ebenso kann im Anwendungsbereich des § 1a KSchG nicht auf das Alter des Leistungsempfängers und dessen berufliches Fortkommen abgestellt werden. Insofern bedarf es auch keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit bei Aufhebungsverträgen eine Differenzierung bei dem Personenkreis der 58jährigen im Hinblick auf die Regelung des § 428 SGB III aF angezeigt sein könnte(vgl zuletzt BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19 mwN zu Streitfällen vor dem 1.1.2004).

26

ee) Wie bereits durch die - zur Rechtsfrage vor Inkrafttreten der Regelung des § 1a KSchG ab 1.1.2004 ergangene - Rspr des Senats geklärt ist (vgl ua Urteil vom 17.10.2007 - B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 160 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 38; Urteil vom 12.7.2006 - B 11a AL 47/05 R - BSGE 97, 1, 3 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 15 mwN), steht der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungsregelung verknüpft worden ist, grundsätzlich der Annahme eines wichtigen Grunds nicht entgegen. Zwar kann das Interesse am Erhalt der Abfindung für sich allein einen wichtigen Grund nicht rechtfertigen, jedoch schließt umgekehrt eine Abfindung diesen nicht aus. Vielmehr kann auch das Interesse schützenswert sein, sich bei einer ohnehin nicht zu vermeidenden Beschäftigungslosigkeit wenigstens eine Abfindung zu sichern (vgl BSGE 97, 1, 4 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 15).

27

Die vorliegende Fallgestaltung erfordert insoweit keine andere rechtliche Bewertung. Zutreffend ist das LSG von der Anwendung des KSchG ausgegangen, weil mehr als zehn Arbeitnehmer im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin arbeiteten (vgl § 23 Abs 1 S 3 KSchG). Zwar unterschreitet die der Klägerin gezahlte Abfindung in Höhe von 47 000 Euro deutlich den sich nach den Feststellungen des LSG ergebenden Abfindungsanspruch nach § 1a Abs 2 KSchG in Höhe von rund 74 000 Euro. Die gesetzliche Regelung der Abfindung in § 1a KSchG schließt indes die Vereinbarung von höheren oder niedrigeren Abfindungen nicht aus(vgl BAG Urteil vom 10.7.2008 - 2 AZR 209/07 - AP Nr 8 zu § 1a KSchG 1969; Eisemann in Küttner, Personalbuch 2011, 18. Aufl 2011, 1 Abfindung, RdNr 5; auch nach den DA der BA, Stand 11/2011, zu § 144 SGB III, Ziff 9.1.2, RdNr 144.103 steht eine Abfindung von 0,25 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses der entsprechenden Anwendung des § 1a KSchG nicht entgegen). Anders als bei Vereinbarung der gesetzlich vorgesehenen Abfindungshöhe kann allerdings bei frei vereinbarter Abfindungssumme, namentlich dann, wenn die Abfindungssumme die Grenzen des § 1a Abs 2 KSchG deutlich überschreitet, ein Anhaltspunkt für einen "Freikauf" gegeben sein(vgl BSGE 104, 57 = SozR 4-4300 § 144 Nr 20, RdNr 19; BSGE 99, 154, 161 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 42; BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13, RdNr 19). Das LSG hat jedoch insoweit zu Recht auf den niedrigeren Abfindungsanspruch der Klägerin hingewiesen.

28

ff) Ebenso wenig liegt eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft deswegen vor, weil die für den Fall des Nichtabschlusses des Aufhebungsvertrags drohende Kündigung der Klägerin offenkundig rechtswidrig gewesen wäre.

29

Bereits in seiner Entscheidung vom 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R - BSGE 99, 154, 160 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17, RdNr 39) hat der Senat seine bisherige Rechtsprechung dahingehend weiterentwickelt, dass der Frage nach der objektiven Rechtmäßigkeit der Kündigung (dort: arbeitgeberseitige außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist) dann nicht weiter nachzugehen ist, ein wichtiger Grund also auch dann vorliegen kann, wenn die Beteiligten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens die Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Beschäftigungsverhältnisses einvernehmlich außer Streit stellen und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit dem abgeschlossenen Vergleich zu Lasten der Versichertengemeinschaft manipuliert werden soll. Ein Anhaltspunkt für eine Gesetzesumgehung kann danach beispielsweise eine offenkundig rechtswidrige Kündigung sein. Diesen Prüfungsmaßstab hat das LSG zu Recht auch auf den vorliegenden Fall übertragen. Es ist von einer - bereits im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 29.11.2005 angesprochenen - tariflichen Unkündbarkeit der Klägerin, jedoch im Hinblick auf die einschlägige Rspr des BAG von der Berechtigung der Arbeitgeberin zur außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist ausgegangen. Durch die Rspr des BAG ist diese Kündigung weitgehend der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung angenähert worden, sodass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen, aber auch im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der betroffenen Arbeitnehmer, § 1a KSchG entsprechend anzuwenden ist(vgl Wennmacher, Das reformierte Arbeitsrecht, 2005, zu D II 2, S 13 mwN). Dabei ist das LSG im Wege einer Plausibilitätskontrolle rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die der Klägerin in Aussicht gestellte Kündigung auch in Ansehung ihrer Schwerbehinderung nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre und demzufolge insoweit kein Anhaltspunkt für eine Gesetzesumgehung zu Lasten der Versichertengemeinschaft gegeben ist.

30

Dies ergibt sich aus seinen Erwägungen hinsichtlich der geltenden Kündigungsfrist (1), zur Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (2) sowie zur Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin (3).

31

(1) Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist nach der Rechtsprechung des BAG entsprechend § 626 BGB die außerordentliche Kündigung eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers aus betriebsbedingten Gründen ausnahmsweise unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zulässig, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers weggefallen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch unter Einsatz aller zumutbaren Mittel nicht weiter beschäftigen kann(BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 - Juris RdNr 21 ff). Der Arbeitgeber hat auch bei einer danach zulässigen außerordentlichen Kündigung die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist einzuhalten, die gelten würde, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre (BAG, aaO, Juris RdNr 22). Nach den Feststellungen des LSG ist demgemäß der Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der für die Klägerin geltenden ordentlichen Kündigungsfrist von 18 Monaten am 10.5.2004 mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2005 geschlossen worden. Dass der Aufhebungsvertrag seinem Wortlaut nach zur Vermeidung "einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung" geschlossen worden ist, obwohl nur eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist möglich gewesen wäre, steht seiner Wirksamkeit nicht entgegen (vgl Müller-Glöge in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, 230 § 626 BGB RdNr 237 mwN).

32

(2) Die Weiterbeschäftigung der Klägerin war der Arbeitgeberin entsprechend § 626 Abs 1 BGB unzumutbar(vgl zuletzt BAG Urteil vom 18.3.2010 - 2 AZR 337/08 - AP Nr 228 zu § 626 BGB). Denn nach den Feststellungen des LSG ist der damalige Bereich Vertriebstechnik, in dem die Klägerin als Sachbearbeiterin/Sekretärin beschäftigt war, im Zuge von weitreichenden Umstrukturierungsmaßnahmen weggefallen und war keine anderweitige Beschäftigung der Klägerin im Unternehmen möglich.

33

(3) Zwar ist auch bei der nur ausnahmsweise zulässigen außerordentlichen Kündigung tariflich unkündbarer Arbeitnehmer der Arbeitgeber zu einer sozialen Auswahl entsprechend § 1 Abs 3 KSchG verpflichtet(BAG Urteil vom 5.2.1998 - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10 - Juris RdNr 24; Mauer/Schüßler, BB 2001, 466, 468). Das LSG hat jedoch zu Recht Anhaltspunkte für eine offensichtlich unzutreffende Sozialauswahl der Arbeitgeberin, insbesondere im Hinblick auf die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin, verneint. Allerdings weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass durch das Gesetz vom 24.12.2003 (BGBl I 3002) nicht nur § 1a KSchG eingeführt ist, sondern gleichzeitig in § 1 Abs 3 S 1 KSchG die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers ausdrücklich bei den Basisdaten für die Sozialauswahl aufgeführt worden ist. Daraus folgt aber kein absolutes Kündigungsverbot. Vielmehr ist - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - zu prüfen, ob im Falle einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts für die ordentliche bzw hier die außerordentliche Beendigungskündigung erteilt worden wäre. Nach der einschlägigen Vorschrift des § 91 Abs 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Einen solchen Zusammenhang zwischen der - hypothetischen - Kündigung und der Schwerbehinderung der Klägerin hat das LSG verneint. Diese Feststellung ist von der Beklagten nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden und demzufolge für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Gemessen an den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist ist demzufolge das Ergebnis des LSG nicht zu beanstanden, der Klägerin habe ein wichtiger Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrags zur Seite gestanden.

34

4. Schließlich ruht der Anspruch der Klägerin auf Alg in der Zeit vom 1.12.2005 bis 22.2.2006 nicht wegen der erhaltenen Abfindung (§ 143a Abs 1 S 1 SGB III aF).

35

Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist das Ruhen eines Anspruchs auf Alg nicht nur im Hinblick auf die Sperrzeitregelung in § 144 SGB III aF zu überprüfen, sondern auch anhand der Ruhensvorschrift nach § 143a Abs 1 S 1 SGB III aF. Danach ruht der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet wurde. Gemäß § 143 Abs 1 S 3 Nr 2 Alternative 2 SGB III aF gilt die ordentliche Kündigungsfrist - als fiktive Kündigungsfrist - auch dann, wenn die ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist, jedoch die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorliegen(vgl Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 143a RdNr 124, Stand Juni 2006; Düe in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl 2010, § 143a RdNr 19 und 21). Diese Frist ist aber, wie oben dargestellt, im Fall der Klägerin eingehalten worden.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht und
2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
haben. Die Regelaltersgrenze wird frühestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Regelaltersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze wie folgt angehoben:

Versicherte
Geburtsjahr
Anhebung
um Monate
auf Alter
JahrMonat
19471651
19482652
19493653
19504654
19515655
19526656
19537657
19548658
19559659
1956106510
1957116511
195812660
195914662
196016664
196118666
196220668
1963226610.

Für Versicherte, die
1.
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben oder
2.
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
wird die Regelaltersgrenze nicht angehoben.

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

(1a) Die zuständige Agentur für Arbeit soll mit der nach Absatz 1 arbeitsuchend gemeldeten Person unverzüglich nach der Arbeitsuchendmeldung ein erstes Beratungs- und Vermittlungsgespräch führen, das persönlich oder bei Einvernehmen zwischen Agentur für Arbeit und der arbeitsuchenden Person auch per Videotelefonie erfolgen kann.

(2) Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung nach Absatz 1 auch Berufsberatung durchzuführen.

(3) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

(4) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen,

1.
solange die oder der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit oder Transferkurzarbeitergeld beansprucht oder
2.
bis bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 der angegebene Beendigungszeitpunkt des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erreicht ist.
Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Arbeitsvermittlung einstellen, wenn die oder der Arbeitsuchende die ihr oder ihm nach Absatz 3 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Absatz 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die oder der Arbeitsuchende kann die Arbeitsvermittlung erneut nach Ablauf von zwölf Wochen in Anspruch nehmen.

(5) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen,

1.
bis die oder der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder
2.
solange die oder der Ausbildungsuchende dies verlangt.
Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.